Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research

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Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
Eine Studie im Auftrag der

austrian
cooperative
research

                             c
a
Innovation und
Digitalisierung für
die Zukunftsfähigkeit
von KMU
                                 r
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
Diese Studie wurde im Auftrag der ACR — Austrian   Mit freundlicher Unterstützung von
Cooperative Research und mit Unterstützung des
Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirt-
schaftsstandort (BMDW) durchgeführt.

Verfasser der Studie
Philipp Brunner, Thomas Oberholzner
Fotos: ACR/schewig-fotodesign

Für Rückfragen zur Studie
KMU Forschung Austria
Tel.: +43 1 505 97 61
office@kmuforschung.ac.at
www.kmuforschung.ac.at

Wien, Oktober 2020
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
c   5
             9

             10
                  KEY RESULTS
                  Zusammenfassung
                  KAPITEL 1
                  Einleitung
                  KAPITEL 2
                  Innovation, Wettbewerbs-

a
                  und Zukunftsfähigkeit
                  KAPITEL 3
             15   Die Innovationstätigkeit österreichischer
                  KMU und die Rolle der Digitalisierung
                  KAPITEL 4
             27   Barrieren, Hemmnisse und Voraussetzungen
                  für Innovation und Digitalisierung in KMU
                  KAPITEL 5
             32   Schlussfolgerungen für die Förderung von
                  Innovation und Digitalisierung in KMU
             34 Literaturverzeichnis

Innovation und
Digitalisierung für
die Zukunftsfähigkeit
von KMU
                                           r
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
Kleine und mittlere Unternehmen         Die Innovationsfähigkeit von           bei großen Unternehmen mehr als
(KMU) bilden das Rückgrat der           KMU ist entscheidend für ihre          doppelt so hoch wie bei kleinen
österreichischen Wirtschaft. Sie        Zukunftsfähigkeit                      Unternehmen.
spielen deshalb für die Innovati-
ons- und Wettbewerbsfähigkeit           Für Unternehmen bedeutet Zu-           Kleinere Unternehmen betrei-
des Landes eine zentrale Rolle.         kunftsfähigkeit, sich an ein von       ben für ihre Innovationen weni-
Die vorliegende Kurzstudie gibt         ständigen und raschen Verände-         ger Forschung und Entwicklung
einen Überblick über die Innovati-      rungen gekennzeichnetes Umfeld         und kooperieren seltener mit
onsleistung und das Innovations-        — was derzeit besonders durch          Forschungseinrichtungen
verhalten von KMU sowie über Vo-        die Covid-19 Pandemie zum Aus-
raussetzungen und Hemmnisse für         druck kommt — anzupassen. Dies         Innovationen kleinerer Unterneh-
Innovationen in diesen Unterneh-        erfordert Lernfähigkeit, Wissen        men basieren in geringerem
men. Besonderes Augenmerk wird          und Innovation. Vor allem die Inno-    Ausmaß auf eigener F&E und sind
auf die Digitalisierung als Innovati-   vationsfähigkeit ist zum Schlüssel-    verhältnismäßig stärker auf den
onstreiber gelegt.                      faktor für langfristigen wirtschaft-   Zukauf bestehender Lösungen an-
                                        lichen Erfolg (Resilienz) von Unter-   gewiesen als dies bei großen Un-
Von der Wettbewerbsfähigkeit            nehmen, insbesondere KMU, und          ternehmen der Fall ist. Kleinere
zur Zukunftsfähigkeit                   damit für die Schaffung und Siche-     Unternehmen kooperieren auch
                                        rung von Arbeitsplätzen gewor-         deutlich seltener mit universitären
Der Begriff der Wettbewerbsfähig-       den.                                   und außeruniversitären For-
keit hat sich im Zeitverlauf von der                                           schungseinrichtungen. In der
vorrangigen Betonung der Produk-        Die Innovationsneigung                 Regel wirkt sich jedoch ein breiter
tionskosten hin zu einem wesent-        kleiner Unternehmen hat in den         Wissenstransfer mit Hochschulen
lich komplexeren Konzept für die        vergangenen Jahren kontinuier-         und Forschungseinrichtungen po-
Fähigkeit zur Erzeugung von Wohl-       lich zugenommen, aber                  sitiv auf die Innovationsleistung
fahrt, zur Erhöhung des Lebens-         deutlicher Rückstand bei               von KMU aus.
standards und somit allgemein für       Produktinnovationen
die Zukunftsfähigkeit einer Region                                             Innovationen auf Basis von
oder eines Landes entwickelt. Zu-       Der Anteil der kleinen Unterneh-       anwendungsbezogenem Erfah-
nehmend wurden und werden die           men (10 bis 49 Beschäftigte) mit       rungswissen und spezifische
vielfältigen Bestimmungsgrößen          Innovationsaktivitäten ist im Zeit-    Problemlösungen in KMU sind
des längerfristigen Wachstums           verlauf kontinuierlich angestiegen     wesentliche Säulen der nationa-
wie Innovation und Qualifikation,       und nähert sich der Innovations-       len Innovationsperformance
aber auch die Erreichung sozialer       neigung größerer Unternehmen
und ökologischer Ziele berücksich-      an. Bei einer wirtschaftlich sehr      KMU mit technologischen Innova-
tigt.                                   zentralen Innovationsart, den Pro-     tionsaktivitäten ohne systemati-
                                        duktinnovationen, hinken KMU           sche, interne F&E sowie KMU mit
                                        größeren Betrieben allerdings          nicht-technologischen Innovatio-
                                        noch deutlich nach. Der Anteil des     nen stellen die größten Gruppen
                                        Umsatzes der regelmäßig mit            innovativer KMU dar. Innovationen
                                        neuen Produkten erzielt wird, ist      basieren dabei auf informellen

                                   Zusammenfassung
5                                                          KEY RESULTS
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
Lern- und Erkenntnisprozessen,         in Verbindung mit anderen Innova-      → fehlende Kompetenzen bzw.
auf anwendungsnahem Erfah-             tionsinhalten. Im Zusammenhang           fehlende Qualifikationen der
rungswissen, entstehen aus dem         mit der Covid-19 Pandemie wird           Mitarbeiter_Innen
normalen Produktionsprozess            die Relevanz digitaler Innovationen    → zu hohe Kosten bzw. fehlende
heraus und in Interaktion mit          weiter steigen.                          Finanzierung
Kunden und Zulieferern. Es han-                                               → bürokratische, regulatorische
delt sich meist um schrittweise        Digitalisierung muss für                 Hürden
Optimierungen und sehr spezifi-        KMU einen konkreten wirt-
sche Problemlösungen. Diese Un-        schaftlichen Nutzen haben              Kooperationen und effektives In-
ternehmen erzielen durch diese                                                novationsmanagement als
Art der Innovation signifikante        Rd. drei Viertel der Kleinstunter-     Erfolgsfaktoren
Wachstumseffekte.                      nehmen und fünf Sechstel der
                                       Klein- und Mittelunternehmen           Als Erfolgsfaktor für die Innovati-
Innovationen weisen heute              zielen mit ihren Digitalisierungs-     onsleistung von KMU gilt zum
überwiegend eine digitale              maßnahmen auf einen konkreten          einen — vor allem für KMU ohne
Komponente auf — aber die              strategischen Wettbewerbsvorteil       eigene F&E - ein effektives Innova-
Digitalisierung steht nicht im         ab, wie z. B. auf die Steigerung der   tionsmanagement und eine effek-
Vordergrund der Innovation             Kosteneffizienz oder den Zugang        tive Innovationskultur. Dies um-
                                       zu neuen Kunden und Märkten.           fasst die Planung, Organisation
Der Digitalisierungsgrad der öster-    Eine Minderheit der KMU —              und Steuerung der internen Pro-
reichischen KMU nimmt kontinu-         Kleinstunternehmen häufiger als        zesse zur Entwicklung und Ver-
ierlich zu und fällt im EU-Vergleich   kleine und mittlere Unternehmen        wertung von Innovation sowie die
in vielen Bereichen (z. B. Nutzung     — kann als „passive Digitalisierer“    Förderung der Kreativität, Motiva-
von Websites, ERP, CRM) über-          bezeichnet werden, sie setzen          tion und Teamkooperation im Un-
durchschnittlich hoch aus. In eini-    Digitalisierungsmaßnahmen ledig-       ternehmen.
gen Bereichen liegen österrei-         lich um Erwartungen und Anforde-           Zum anderen sind KMU auf
chische KMU noch zurück, etwa          rungen anderer zu erfüllen und         Grund ihrer Ressourcenrestriktio-
bei der Nutzung von Big Data und       mit dem allgemeinen Trend mitzu-       nen für einen erfolgreichen Inno-
Cloud Computing.                       gehen.                                 vationsprozess auf Kooperationen
    Die überwiegende Mehrheit                                                 mit Kunden, Zulieferern, Partner-
aller Innovationen in KMU weist        KMU sind mit vielfältigen              unternehmen und wissenschaftli-
heute zumindest in gewissem            Innovationshemmnissen                  chen Einrichtungen angewiesen.
Ausmaß eine digitale Komponente        konfrontiert                           Die Zusammenarbeit mit Hoch-
auf. Allerdings ist die Digitalisie-                                          schulen oder Forschungseinrich-
rung bzw. die digitale Technologie     KMU sind mit einer Reihe von be-       tungen ermöglicht u. a. den Zug-
meist nicht der Hauptaspekt oder       triebsexternen und -internen           ang zu innovationsrelevantem
-bestandteil der Innovation, son-      Hemmnissen für die Innovations-        Know-how, personellen Ressour-
dern ist sehr häufig mit anderen       tätigkeit konfrontiert. Dazu zählen    cen und spezialisierten Kompeten-
Technologien oder Methoden ver-        insbesondere:                          zen.
schränkt oder unterstützt diese.
Die Digitalisierung steht also meist

      Zusammenfassung | Key Results                                                                             6
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
Die Digitalisierung wird auch
                                         Zu den wesentlichen Strategien und Ansätzen zur Förderung der
durch fehlende Ziele und einen
                                         Innovationsperformance und Digitalisierung von KMU zählen u. a.:
unklaren Nutzen gebremst

Neben den Hemmnissen wie sie           → eine starke Berücksichtigung            Angebot unterschiedlicher
für Innovationen im Allgemeinen          von anwendungsnahen Inno-               Finanzierungsmodelle, und
gelten, werden speziell Digitalisie-     vationen im Innovationsförder-          die Optimierung rechtlicher
rungsmaßnahmen auch durch                system;                                 Rahmenbedingungen;
einen oftmals unklaren Nutzen für      → ein besonderes Augenmerk im           → die stärkere Verbreitung einer
das Unternehmen und fehlende             Rahmen der Fördersysteme auf            innovationsförderlichen Orga-
konkrete Ziele vereitelt.                spezifische Innovationsarten            nisationskultur und innovati-
                                         (z. B. Produktinnovationen,             onsförderlicher Management-
                                         Marktneuheiten), bei denen              praktiken in KMU;
                                         KMU ihr Potenzial derzeit nicht       → die Berücksichtigung und
                                         ausschöpfen;                            Integration der Digitalisie-
                                       → die Förderung und der Ausbau            rungskomponente und der
                                         von Kooperationen zwischen              Digitali-sierungspotenziale in
                                         KMU und Hochschulen sowie               allen Ausformungen und The-
                                         Forschungseinrichtungen,                menfeldern der Innovations-
                                         wobei Forschungseinrichtun-             und Technologieförderung;
                                         gen in die Lage versetzt werden       → eine starke Verknüpfung der
                                         müssen, mit KMU effektiv zu             Förderung der Digitalisierung
                                         kommunizieren und auf sie               mit den konkreten, unterneh-
                                         zugeschnittene Leistungen er-           mensbezogenen Zwecken,
                                         bringen zu können;                      Motiven und dem möglichen
                                       → die Unterstützung der Qualifi-          Nutzen von Digitalisierungs-
                                         zierung der Beschäftigten, das          maßnahmen.

                                                 BILD

7                                               Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
Innovation und Innovationsfähig-       dafür und zeigt die wesentlichen
      keit spielen in den heutigen globa-    Ansätze zur Förderung und Unter-
      len Wirtschaftssystemen eine zen-      stützung von KMU auf. Besondere
      trale Rolle für die Wettbewerbsfä-     Berücksichtigung findet dabei ein
      higkeit und den ökonomischen           gegenwärtig sehr wesentlicher
      Erfolg von Unternehmen, Regio-         „Enabler“ oder Hebel für Innova-
      nen und Ländern. Dies gilt umso        tionen: die Digitalisierung.
      mehr in Krisen- und Umbruchpha-            Die Studie beruht zunächst auf
      sen, wie etwa der derzeitigen          einer umfassenden Analyse von
      Covid-19 Pandemie. Die volkswirt-      bestehenden relevanten Datenbe-
      schaftliche bzw. gesellschaftliche     ständen und einschlägiger Litera-
      Innovationsperformance und ihre        tur. Des Weiteren erfolgte im Jahr
      Wirkung hängen von einer Vielzahl      2019 eine Erhebung von spezifi-
      von Faktoren auf unterschiedli-        schen Daten zur Innovationstätig-
      chen System- und Handlungsebe-         keit und Digitalisierung im klein-
      nen ab, jedoch nehmen Unterneh-        und mittelbetrieblich strukturier-
      men freilich eine Schlüsselposition    ten Gewerbe und Handwerk.
      ein, da sie es sind, die Innovation    Zudem fließen in die Studie Ergeb-
      unmittelbar in Wertschöpfung,          nisse aus dem Strategischen ACR-
      Einkommen und Arbeitsplätze            Projekt „KMU 4.0“ ein.
      übersetzen. Bei über 99 % der Un-          Das folgende Kapitel 2 zeigt zu-
      ternehmen in Österreich handelt        nächst auf, weshalb Innovation für
      es sich um kleine und mittlere         den Erhalt und die Steigerung der
      Unternehmen (KMU), die für etwa        Wettbewerbsfähigkeit, oder weiter
      zwei Drittel der Beschäftigung         gefasst für die „Zukunftsfähig-
      und rd. 60 % der Wertschöpfung         keit“, von entscheidender Bedeu-
      im Bereich der marktorientierten       tung ist. Daran anschließend
      Wirtschaft verantwortlich sind.        werden in Kapitel 3 Ausmaß und
      Zugleich stehen jedoch KMU mit         Form der Innovationstätigkeit —
      Blick auf die Innovationstätigkeit     sowie der Digitalisierung — spe-
      auf Grund ihrer strukturellen und      ziell in KMU näher beleuchtet. In
      organisatorischen Voraussetzun-        Kapitel 4 liegt der Fokus auf den
      gen im Vergleich zu größeren Or-       Voraussetzungen und Hemm-
      ganisationseinheiten vor besonde-      nissen für (digitale) Innovationen
      ren Herausforderungen.                 in KMU. Kapitel 5 widmet sich
          Die vorliegende Studie widmet      schließlich wesentlichen Ansätzen
      sich einer systematischen Analyse      für die Förderung von Innovation
      und Aufarbeitung der Innovations-      und Digitalisierung in KMU.
      leistung und des Innovationserfol-
      ges von KMU sowie den Voraus-
      setzungen und Einflussfaktoren

    Innovationsfähigkeit
      als Schlüsselfaktor
9                                           KAPITEL 1 — EINLEITUNG
Wettbewerbsfähigkeit ist ein        geren Wirtschaft bzw. einer auf       1 https://www.consilium.europa.eu/de/
                                                                          press/press-releases/2019/06/20/a-new-
zentrales Ziel der Wirtschafts-     Wissen und Innovation gestützten
                                                                          strategic-agenda-2019-2024/
politik                             Entwicklung3. Mit einer erneuten
                                                                          2 http://www.europarl.europa.eu/
                                    Europäischen Agenda für For-          summits/lis1_de.htm
Hinter dem Fokus auf Wettbe-        schung und Innovation wurden          3 vgl. Europäische Kommission (2010)
werbsfähigkeit, insbesondere        Maßnahmen vorgestellt, die zu         4 vgl. Europäische Kommission (2018),
auch auf EU-Ebene, steht die        einer erhöhten Innovationsfähig-      Gretschmann, K. (2018)
Überzeugung, dass Europas Wohl-     keit und damit zu einer Wahrung       5   vgl. Europäische Kommission (2020)
stand, seine Arbeitsplätze und      der weltweiten Wettbewerbsfähig-      6 vgl. u.a. Kušić, S. / Grupe, C. (2004),
seine Rolle auf der Weltbühne von   keit Europas führen sollen.4 Auch     Breuss, F. (2006), Aiginger, K. (2008), Tichy,
                                                                          G. (2013)
einer soliden wirtschaftlichen      die neue Industriestrategie der Eu-
                                                                          7 Für Industrieländer und insbesondere für
Basis sowie der Wettbewerbsfä-      ropäischen Kommission vom März        jene mit den höchsten Pro-Kopf-Einkommen
higkeit der europäischen Regionen   2020 setzt auf die Innovations-       — wie z.B. Österreich — sind vor allem die
und Mitgliedstaaten abhängen.1      und Schaffenskraft Europas und        wirtschaftliche Struktur, die institutionellen
                                                                          Rahmenbedingungen und Investitionen in die
Die EU als größter Wirtschafts-     die „Förderung des Innovations-       Bestimmungsgrößen des langfristigen
raum der Welt, der von offenen      geistes in der Industrie“.5           Wachstums wie Innovation und Ausbildung
Märkten und damit Wettbewerb                                              wichtig. Wenn soziale und ökologische Ziele
                                                                          an Bedeutung gewinnen, müssen diese
lebt, widmet sich dieser Thematik   Von der Wettbewerbsfähigkeit          ebenfalls in das Konzept einbezogen werden
seit Jahren mit zahlreichen Kon-    zur Zukunftsfähigkeit                 (vgl. Aiginger, K. / Vogel, J. (2014)).
zepten und Strategien. Bereits im                                         8 vgl. u.a. Aiginger, K. (2008, 2017)
Jahr 2000 entwickelte der EU-Rat    Der Begriff der Wettbewerbsfä-        9 https://cohesiondata.ec.europa.eu/
grundlegende Ideen zur Stärkung     higkeit wird heute durchgängig        stories/s/Regional-Competitiveness-Index-
                                                                          2019/363v-4uq6/
der Wettbewerbsfähigkeit in der     komplexer diskutiert und definiert
                                                                          10 Im Rahmen des Konzepts der
so genannten Lissabon-Strategie.    als früher, vor allem vor dem Hin-    Zukunftsfähigkeit wird verstärkt die
Ziel war die Union „zum wettbe-     tergrund der Übertragung des          Perspektive der nächsten Generation(en)
werbsfähigsten und dynamischs-      Konzepts auf Regionen oder Län-       mitgedacht (vgl. u.a. Klimaschutzdiskussion).

ten wissensbasierten Wirtschafts-   der.6 So entwickelte sich der Be-     11 vgl. u.a. IWI (2019, 2004-2019),
                                                                          Bundesministerium für Digitalisierung und
raum in der Welt zu machen —        griff von der alleinigen Betonung     Wirtschaftsstandort (2018)
einem Wirtschaftsraum, der fähig    der Kosten („Wettbewerbsfähig-        12 https://ec.europa.eu/regional_policy/
ist, ein dauerhaftes Wirtschafts-   keit 1.0“) über die Analyse von       de/policy/themes/sme-competitiveness/
wachstum mit mehr und besseren      Strukturen und Triebkräften der       13 vgl. Europäische Kommission (2020b)
Arbeitsplätzen und einem größe-     Wettbewerbsstärke („Wettbe-           14 vgl. Breuss, F. (2006)
ren sozialen Zusammenhalt zu er-    werbsfähigkeit 2.0“) und über die     15 vgl. u.a. KMU Forschung Austria (2018),
zielen“2. Europa 2020, die Nach-    Beurteilung der Ergebnisse des        https://www.zukunftsinstitut.de/dossier/meg
                                                                          atrends/
folgestrategie der Lissabon-Stra-   Wettbewerbes hinsichtlich Ein-
                                                                          16 Gretschmann, K. (2018)
tegie, skizziert eine Vision der    kommen und Beschäftigung
europäischen sozialen Marktwirt-    („Wettbewerbsfähigkeit 3.0“) hin
schaft des 21. Jahrhunderts u. a.   zur Messung der Erreichung von
mit der Priorität der Förderung     Beyond-GDP-Zielen („Wettbe-
einer ressourcenschonenden, öko-    werbsfähigkeit 4.0“).7 Neuere
logischeren und wettbewerbsfähi-    Strömungen gehen also dahin, die

      Innovation,
      Wettbewerbs- und
      Zukunftsfähigkeit
       KAPITEL 2                                                                                                       10
Wettbewerbsfähigkeit eines Lan-        keit insbesondere von KMU ist             Umgang mit zentralen Zukunfts-
des oder einer Region über die         daher auch ein prioritäres Ziel der       und Megatrends (u.a. Digitalisie-
Fähigkeit zur Erzeugung von Wohl-      EU-Kohäsionspolitik.12 Sie sind           rung).15 Auch kurzfristig auftre-
fahrt oder zur Erhöhung des Le-        laut Europäischer Kommission              tende Krisensituationen, wie aktu-
bensstandards zu definieren8.          „von zentraler Bedeutung für den          ell die globale Covid-19 Pandemie,
Gemäß EU-Kommission ist regio-         doppelten Übergang der EU hin zu          fordern Unternehmen, insbeson-
nale Wettbewerbsfähigkeit „the         einer nachhaltigen und zu einer di-       dere KMU, zur Veränderung und
ability of a region to offer an at-    gitalen Wirtschaft“ und spielen           Anpassung heraus. Covid-19 hat
tractive and sustainable environ-      auch „hinsichtlich der Wider-             für zahlreiche Unternehmen aller
ment for firms and residents to live   standsfähigkeit gegenüber exter-          Branchen erhebliche Auswirkun-
and work“.9 Letztendlich dient         nen Schocks“ eine entscheidende           gen, auf die es rasch zu reagieren
Wettbewerbsfähigkeit als Kon-          Rolle.13                                  gilt.
zept, um die vielfältigen Einfluss-       Ein Unternehmen ist verein-                Um im Wettbewerb überle-
faktoren zusammenzufassen,             facht gesprochen wettbewerbsfä-           bensfähig zu bleiben oder idealer-
welche die Zukunftsfähigkeit einer     hig, „wenn es überlebt“.14 Dieses         weise zu wachsen, bedarf es
Region oder eines Landes bestim-       „Überleben“ ist in einer globalisier-     neben der Fähigkeit auf Heim- und
men.10                                 ten, digitalisierten und vernetzten       Fremdmärkten zu verkaufen und
                                       Welt zunehmend heraus-                    die erforderlichen Produktionsfak-
Innovative und anpassungs-             fordernder. Das Umfeld, in dem            toren zu akquirieren auch der Fä-
fähige Unternehmen als                 sich Unternehmen bewegen, ist             higkeit zu lernen, Wissen zu akti-
Schlüsselfaktor                        ständigen Veränderungen ausge-            vieren, sich an veränderte Umfeld-
                                       setzt, deren Verständnis und Be-          bedingungen anzupassen und sich
Für (zukünftig) starke und wettbe-     herrschung zentral ist für ihre           zu vernetzen16. Es benötigt Qualifi-
werbsfähige europäische Regio-         Überlebens- und Zukunftsfähig-            kation, Know-how, Flexibilität,
nen und Länder braucht es starke       keit. Dies trifft auf herrschende         Kooperation und Innovation. Vor
und wettbewerbsfähige Unterneh-        (nationale und internationale) Rah-       allem die Innovationsfähigkeit ist
men bzw. Unternehmensnetz-             menbedingungen in wirtschaftli-           entscheidend für die Wettbe-
werke11, in denen Kooperation eine     cher, rechtlicher, politischer und        werbs- und Zukunftsfähigkeit
wesentliche Rolle einnimmt. Die        gesellschaftlicher Hinsicht zu,           eines Unternehmens (im etwas
Steigerung der Wettbewerbsfähig-       sowie insbesondere auf den                überspitzt formulierten Sinne von

11                                                Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
„innovate or die“). Innovation ist       (F&E) erfolgen. Zahlreiche Studien       17 vgl. u.a. https://www.ffg.at/
über die Jahre zum zentralen             belegen, dass auch Unternehmen           arbeitsplaetze, KMU Forschung Austria
                                                                                  (2019), Thomä, J. / Zimmermann, V. (2016)
Schlüsselfaktor für langfristigen        (häufig KMU), die selbst keine
                                                                                  18 vgl. u.a. Som, O. / Dachs, B. (2018)
wirtschaftlichen Erfolg von Unter-       F&E-Aktivitäten aufweisen, den-
                                                                                  19 vgl. u.a. Maaß, F. / May-Strobl, E. (2016),
nehmen, insbesondere KMU,                noch erfolgreich innovieren              Astor, M. / Rammer, Ch. / Klaus, C. / Klose,
avanciert und zählt somit auch zu        können. Dies ist vor allem für das       G. (2016), Welter, F. (2019)
den wichtigsten Faktoren für Wirt-       Verstehen des Innovationsverhal-         20 vgl. Bundesministerium für Digitalisie-
schaftswachstum, Wettbewerbs-            tens und der Innovationsmuster           rung und Wirtschaftsstandort (2018)

fähigkeit und Wohlstand und die          von KMU sowie für die Gestaltung         21 vgl. Schneider, Ch. (2017), OECD (2019)

Schaffung und Sicherung von Ar-          adäquater Maßnahmen der Inno-            22 vgl. OECD (2019)

beitsplätzen auf gesamtwirt-             vations- und Technologiepolitik
schaftlicher Ebene, wie eine Reihe       wichtig. Sowohl F&E-aktive als
von nationalen und internationalen       auch nicht-F&E-aktive Unterneh-
Untersuchungen (z.B. OECD,               men tragen durch unterschiedli-
WIFO) zeigen.17                          che, funktionale Innovationsfor-
                                         men zur Leistungsfähigkeit des
Die Innovationsfähigkeit von             nationalen Innovationssystems
KMU ist entscheidend für ihre            (NIS) bei.18 Auch eine oftmalige
Zukunftsfähigkeit — aber die In-         Einschränkung auf technologische
novationsformen in KMU sind              Innovationen zeigt nur ein unvoll-
sehr vielfältig                          ständiges Bild des Innovationsge-
                                         schehens bei Unternehmen. Zahl-
Dabei müssen Innovationen nicht          reiche Unternehmen bringen Inno-
notwendigerweise auf der Basis           vationen im „nicht-technologi-
von Forschung und Entwicklung            schen“ Bereich hervor, die oftmals

   Abbildung: Zukunftsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Digitalisierung
   Anm.: Stark vereinfachte Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung

                                                  Zukunftsfähigkeit

                                                 Wirtschaftsräume
                                                      Länder
                                                     Regionen
               (Inter-)nationale                Unternehmen (KMU)                    Zukunfts- und
             Rahmenbedingungen                                                        Megatrends
                                                                                  (Innovationstreiber)

                              →                 Wettbewerbsfähigkeit

                                                       Innovation            ←
                          Krisensituationen
                                                                          Digitalisierung
                             (bspw. Covid 19)

                                                    Qualifikation
                                                       Flexibilität
                                                       Kooperation
                                                  (Wissenstransfer)

      Innovation, Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit                                                                           12
auch der Vorbereitung technologi-
                                            Die OECD hat in einer aktuellen Analyse vier charakteristische
scher Innovationen dienen, diese
                                            Trends für Innovationen im digitalen Zeitalter herausgearbeitet:22
begleiten und eine Steigerung der
Unternehmenseffizienz ermögli-
chen.19                                 1   Die Verfügbarkeit von Daten             3     Innovationen beschleunigen
                                            als ein entscheidender                        sich selbst: Durch digitale
Die Digitalisierung ist ein we-        Faktor für Innovationen:                    Innovationen wird der Innovations-
sentlicher Innovationstreiber          Für die Erschließung und Entwick-           prozess für andere Produkte eben-
                                       lung neuer Produkte, Einblicke in           falls beschleunigt.
Im Kontext von Innovation rückt        Markttrends und das Verbrau-
heute zunehmend auch die Digita-       cherverhalten werden Daten und               4    Der Innovationsprozess
lisierung in den Mittelpunkt, einer    deren Verfügbarkeit immer wichti-                 wird kollaborativer:
der wesentlichen Innovationstrei-      ger — auch, um schnell auf Trends           Die Unternehmen arbeiten mit
ber des 21. Jahrhunderts. In den       und Marktveränderungen reagie-              einer Vielzahl an anderen Akteuren
kommenden Jahren wird sich der         ren zu können.                              in einem Innovations-Ökosystem
digitale Wandel weiter beschleuni-                                                 zusammen. Dazu gehören das
gen und wird weitreichende Aus-        2     Dienstleistungen als ein              Teilen von Daten, aber auch stra-
wirkungen auf unternehmerische               zentraler Innovations-                tegische Partnerschaften mit an-
Prozesse und die Arbeitsorganisa-      schwerpunkt: Digitale Technolo-             deren Firmen, Universitäten und
tion mit sich bringen. Die Digitali-   gien vereinfachen das Anbieten              Forschungszentren.
sierung schafft nicht nur neue         von Dienstleistungen. Für produ-
technische Möglichkeiten, son-         zierende Unternehmen wird der
dern auch gänzlich neue Ge-            Wandel hin zu einer Kombination
schäftsmodelle, führt zu Verände-      aus Sachgütern und Dienstleis-
rungen auf den Märkten und in          tungen — Servitization — immer
Folge auch zu Änderungen des           wichtiger.
Wettbewerbsgefüges.20 Digitali-
sierung öffnet viele neue Wege für
Innovationen bzw. „dynamische
Anpassungen“ (im Schumpeter-
schen Sinn) und ist zunehmend
Bestandteil von Innovations-
prozessen.21 Dementsprechend
kommt ihr im Kontext von Innova-
tion und damit für die Zukunftsfä-
higkeit und (Krisen-)Resilienz von
KMU eine hohe Bedeutung zu.

13                                                  Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
Die Innovationsneigung bzw.                 sind, war der Anstieg der Innovati-      auch dadurch zum Ausdruck, dass
Innovationshäufigkeit vor                   onsneigung in diesem Zeitraum            der Anteil des Umsatzes, der mit
allem kleiner Unternehmen hat               weniger deutlich und weniger kon-        innovativen Produkten erzielt wird,
in den vergangenen Jahren zuge-             tinuierlich. Gezählt werden dabei        mit der Unternehmensgröße sinkt
nommen                                      sowohl Produkt- als auch alle            (siehe Tabelle 1). Während große
                                            Arten von (Geschäfts-)Prozessin-         Unternehmen im Durchschnitt
Die Daten des Community Innova-             novationen.                              rd. 17 % ihres Umsatzes mit neuen
tion Survey in Grafik 1 zeigen, dass            Im Bereich der Produktinno-          Produkten erzielen, beträgt dieser
der Anteil der kleinen Unterneh-            vationen (inkl. Dienstleistungsin-       Anteil bei den kleinen Unterneh-
men (10 bis 49 Beschäftigte) mit            novationen) ist der Unterschied          men nur 7 %.
Innovationsaktivitäten zwischen             in der Innovationshäufigkeit
2012 und 2018 stetig von rd. 49 %           zwischen den Größenklassen —             Die Innovationen kleinerer
auf rd. 58 % angestiegen ist. Bei           kleinen, mittleren und großen Un-        Unternehmen basieren in gerin-
den mittleren Unternehmen (50 bis           ternehmen — am stärksten ausge-          gerem Ausmaß auf (interner)
249 Beschäftigte) und den großen            prägt (siehe Tabelle 1). Das gerin-      Forschung und Entwicklung
Unternehmen (ab 250 Beschäf-                gere Innovationsausmaß auf der
tigte), die freilich bereits zu einem       Produktseite bei kleineren Unter-        Kleine und mittlere Unternehmen
sehr hohen Anteil innovationsaktiv          nehmen kommt insbesondere                betreiben weniger eigene F&E und

     Grafik 1 | Anteil der Unternehmen mit Innovationsaktivitäten, in %
     Quelle: Statistik Austria, Community Innovation Survey

         100
                                                    89                                       90
          90                  84                                           86

          80

          70                                        75                     77                75
                              71
          60

          50                                                               57                58
                                                    54
                              49
          40

          30
                             2012                  2014                   2016              2018

               Kleine Unternehmen (10 bis 49 Beschäftigte)            Mittlere Unternehmen (50 bis 249 Beschäftigte)
               Große Unternehmen (ab 250 Beschäftigte)

                  Die Innovationstätigkeit
                   österreichischer KMU
                              und die Rolle
                        der Digitalisierung
15                                                                                                   KAPITEL 3
Tabelle 1 | Anteil der Unternehmen mit unterschiedlichen Innovationsarten in %, sowie Anteil der Umsätze mit
Produktinnovationen am Gesamtumsatz, 2018. Quelle: Statistik Austria, Community Innovation Survey

                                                                   Kleine          Mittlere       Große
                                                               Unternehmen       Unternehmen Unternehmen
Unternehmen mit…                                               (10 bis 49 B.)   (50 bis 249 B.) (ab 250 B.)

Produktinnovationen                                                30 %              48 %              70 %
Innovationen im Herstellungsprozess                                25 %              38 %             60 %
Innovationen in Logistik und Vertrieb                              17 %              26 %             44 %
Innovationen im Bereich IKT                                        31 %              44 %             64 %
Innovationen in der Verwaltung                                     25 %              33 %              45 %
Innovationen bei Geschäftsabläufen (intern/extern)                 28 %              40 %              55 %
Innovationen in Arbeitsorganisation/Personalwesen                  30 %              42 %              57 %
Innovationen im Marketing                                          21 %              32 %              47 %
Umsätze mit Produktinnovationen                                     7%               16 %              17 %

Grafik 2 | Struktur der Innovationsausgaben, 2018, in %
Quelle: Statistik Austria, Community Innovation Survey

        100%
                                                                                             13
         90%                                                 22
                             32                                                              7
         80%
                                                             8
         70%

         60%                 15
         50%
                                                                                             80
         40%                                                 70
         30%
                             53
         20%

         10%

          0%
                    Kleine U. (10 bis 49 B.)      Mittlere U. (50 bis 249 B.)        Große U. (ab 250 B.)

                   interne Forschungs- und Entwicklungsarbeit      Vergabe von F&E-Leistungen an Dritte
                   sonstige Innovationsausgaben

   Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung                             16
23 vgl. Eickelpasch, A. (2012)                   sind im Gegenzug verhältnismäßig               und Kooperationen mit Zulieferern,
                                                 stärker auf den Zukauf bestehen-               Kunden, Beratern, Forschungsein-
                                                 der Lösungen in Form von Ausrüs-               richtungen, etc. eine wesentliche
                                                 tung, Software, Wissen u. ä. im                Rolle. In der Regel sind KMU, die
                                                 Rahmen ihrer Innovationstätigkeit              einen breiten Wissenstransfer mit
                                                 angewiesen (siehe Grafik 2).                   Unternehmen, Hochschulen und
                                                                                                Forschungseinrichtungen durch-
                                                 KMU kooperieren bei Inno-                      führen, innovativer als andere.23
                                                 vationen seltener als große                    Hinsichtlich der Kooperations-
                                                 Unternehmen — insbesondere                     häufigkeit sowie der Kooperations-
                                                 mit Forschungseinrichtungen                    muster unterscheiden sich jedoch
                                                                                                kleinere und größere innovative
                                                 Für die Innovationstätigkeit von               Unternehmen (siehe Grafik 3). Ins-
                                                 Unternehmen spielen Netzwerke                  besondere kooperieren kleine und

     Grafik 3 | Unternehmen, die im Rahmen ihrer Innovationstätigkeit mit bestimmten Partnern kooperieren, jeweils in
     % aller Unternehmen mit Innovationskooperationen, 2018*. Quelle: Statistik Austria, Community Innovation Survey

                                 80
     80
                                                             71
     70                64                                                                  65
                                                       61
     60          54                                                                   53
     50                                          47
                                                                                43                                     62
     40                                                                                                      34
                                                                                                                  30
     30

     20

     10

      0
                 Koop. mit                   Koop. mit priv. F&E-                Koop. mit                 Koop. mit Kunden
               Universitäten /                 Einrichtungen,                    Zulieferern
              Fachhochschulen                 Labors, Beratern

                            Kleine U. (10 bis 49 B.)        Mittlere U. (50 bis 249 B.)        Große U. (ab 250 B.)

     * Es werden nur ausgewählte Partnerkategorien dargestellt.
     ** in % aller Unternehmen mit technologischen Innovationen.

17                                                            Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
mittlere Unternehmen deutlich sel-        terscheidung von Innovationsty-               24 vgl. u.a. ZEW (2016)
tener mit universitären und nicht-        pen innerhalb der KMU herangezo-              25 vgl. Astor, M. / Rammer, Ch. / Klaus, C. /
universitären Forschungsein-              gen werden. KMU können etwa                   Klose, G. (2016)

richtungen. Ähnliches gilt für inno-      eingeteilt werden in jene mit eige-           26 Sie können als wenig anspruchsvolle
                                                                                        innovative KMU bezeichnet werden, die sich
vationsbezogene Kooperationen             ner F&E und jene ohne eigene F&E              vorrangig auf kundenspezifische
mit Zulieferern und in geringerem         bzw. in jene mit technologischen              Anpassungen oder die Übernahme von
Grad für die Zusammenarbeit mit           und solche mit ausschließlich                 Innovationsideen und technologischen
                                                                                        Lösungen anderer konzentrieren.
Kunden.                                   nicht-technologischen Innovatio-
Die Innovationsart auf der Output-        nen (bspw. Organisations- und
seite und die F&E-Intensität auf          Marketinginnovationen).24 Um die
der Inputseite sind nicht nur wich-       Vielfalt der Innovationswege
tige Merkmale, die KMU von                wiederzugeben, lassen sich auf
großen Unternehmen unterschei-            dieser Basis sechs Gruppen von
den, sondern können auch zur Un-          innovativen KMU unterscheiden:25

  F&E-basierte, technologische Innovatoren
  1. Hightech-Startups
  2. KMU mit kontinuierlicher F&E (ohne Hightech-Startups)
  3. KMU mit gelegentlicher F&E (ohne Hightech-Startups)

  Nicht F&E-basierte, technologische Innovatoren
  4. KMU mit Marktneuheiten (d. h. originären Innovationen), die
     jedoch nicht selbst forschen (d. h. ohne eigene F&E)
  5. KMU, die sich mit Produkt- und Prozessinnovationen befassen,
     ohne selbst zu forschen und ohne Marktneuheiten hervorzu-
     bringen26

  Nicht F&E-basierte, nicht-technologische Innovatoren
  6. KMU, die Innovationen im Bereich von Organisation und
     Marketing eines Unternehmens hervorbringen (Innovationen
     im „nicht-technischen“ Bereich)

      Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung                                               18
27 vgl. Astor, M. / Rammer, Ch. / Klaus, C. /    Unternehmen, die sich mit Pro-                   von Innovationsideen und techno-
Klose, G. (2016)                                 dukt- und Prozessinnovationen be-                logischen Lösungen.27
                                                 fassen, ohne selbst zu forschen                     Ein internationaler Vergleich zu
                                                 und ohne Marktneuheiten hervor-                  Innovationstätigkeiten von KMU in
                                                 zubringen (Gruppe 5), stellen in                 ausgewählten europäischen Län-
                                                 der Analyse der Zusammenset-                     dern zeigt auch für Österreich eine
                                                 zung von KMU in Deutschland                      große Anzahl an KMU mit techno-
                                                 (2008-2014) mit knapp einem Drit-                logischen Innovationsaktivitäten
                                                 tel die größte Gruppe innovativer                ohne interne F&E, ebenso wie eine
                                                 KMU dar. Sie befassen sich vor-                  große Gruppe von KMU, die nur
                                                 rangig mit kundenspezifischen An-                nicht-technologische Innovationen
                                                 passungen oder der Übernahme                     hervorbringt (siehe Grafik 4).

     Grafik 4 | Innovationstätigkeit von KMU (10-249 Beschäftige) in ausgewählten europäischen Ländern, 2012
     Quelle: ZEW (2016) auf Basis Eurostat, Community Innovation Survey 2012

                    kontinuierliche FuE                                                 gelegentliche FuE
                    technologische Innovationsaktivitäten ohne interne FuE              nur nicht-technologische
                    keine Innovationstätigkeit                                          Innovationen

         NLD
          FIN
        SWE
         DEU
         BEL
        GBR
         FRA
        DNK
         AUT
          ITA
         ESP
         POL

                0        10          20         30        40         50         60         70         80          90        100
                Anteil an allen Unternehmen in %

     Anm.: „Nicht-technologische Innovationen“: Organisations- und Marketinginnovationen. BEL und DNK: keine Differenzierung
     zwischen kontinuierlicher und gelegentlicher FuE; GBR: keine Differenzierung innovationsaktiver Unternehmen nach FuE-Tätigkeit.

19                                                             Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
Berechnungen auf Basis des Com-               Dieser Modus gründet auf er-              28 vgl. ZEW (2016)
munity Innovation Survey 2012                 fahrungsbasierten Fertigkeiten.           29 vgl. Thomä, J. / Zimmermann, V. (2016)
verdeutlichen die hohe Bedeutung              Durch die zentrale Bedeutung
von KMU ohne interne F&E und                  von anwendungsbezogenen
auch „nicht-technologischer“ In-              Fertigkeiten dominieren hier
novation für die nationale Innovati-          informelle Lern- und Erkennt-
onsperformance.28                             nisprozesse beim Hervorbrin-
                                              gen von Innovationen. Sie ent-
Anwendungsbezogenes Erfah-                    stehen aus dem normalen Pro-
rungswissen und spezifische                   duktionsprozess heraus oder in
Problemlösungen in KMU tragen                 enger Interaktion mit Kunden
wesentlich zur Innovationsper-                und Zulieferern. Die Fähigkeit,
formance bei                                  Innovationen hervorzubringen,
                                              basiert stark auf (über die
Eine weitere Studie29 zu Typen in-            Jahre angesammeltem) anwen-
novativer KMU bezieht sich eben-              dungsnahem und personenge-
falls auf das Kriterium der eigenen           bundenem Erfahrungswissen.
F&E und unterscheidet das:                    Die dabei entstehenden Inno-
                                              vationen sind oftmals inkre-
→ stark F&E-orientierte Segment               mentelle und sehr spezifische
  (STI-Modus „Science, Techno-                Problemlösungen. Sie werden
  logy and Innovation”):                      häufig im Zuge von schrittwei-
  Innovationen entstehen vorran-              sen Optimierungen und Weiter-
  gig im Rahmen einer systemati-              entwicklungen auf den jeweili-
  schen und formalisierten Tätig-             gen Bedarf zugeschnitten.
  keit von unternehmensinternen               Auch diese Unternehmen erzie-
  F&E-Abteilungen. Dabei wird                 len durch ihre Innovationstätig-
  neues wissenschaftlich-techni-              keit positive Wachstumsef-
  sches Wissen geschaffen, wel-               fekte. Es handelt sich um ein
  ches die Grundlage für die In-              relativ großes Segment.
  novationen der betreffenden
  Unternehmen bildet. Darüber             Das vom deutschen Ministerium
  hinaus tragen auch Kooperatio-          für Bildung und Forschung geför-
  nen mit Wissenschaftseinrich-           derte Forschungsprojekt „VIVA-
  tungen zur Entwicklung der              KMU“ hat auf Basis repräsentati-
  Neuerungen bei. Es handelt              ver Betriebsdaten des European
  sich um ein relativ kleines Seg-        Manufacturing Survey (EMS) für
  ment.                                   Deutschland erstmals unter-
→ weniger F&E-orientierte Seg-            schiedliche Innovationsmuster
  ment (DUI-Modus „Learning by            nicht F&E-treibender Industrieun-
  Doing, Using and Interacting“):         ternehmen mit 20 bis 2.000 Be-

      Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung                                               20
Grafik 5 | Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien 2019, Anteile der kleinen und mittleren
     Unternehmen (10 – 249 Beschäftigte), Österreich und EU

                                                                                                                               100
                                  Internetzugang
                                                                                                                               97

                                                                                                                               98
                           Breitbandverbindung
                                                                                                                              96

                                                                                                                        89
                                         Website
                                                                                                               76

                   Tragbare Geräte mit mobilem                                                                     79
                Internetzugang für Beschäftigte

                                                                                                       59
                                  Soziale Medien
                                                                                                50

                                                                                          42
                            ERP-Softwarepakete
                                                                                     35

                    Sprach- oder Videotelefonie                                           41
                                  über Internet

                                                                                          40
            Customer Relationship Management
                                                                                    32

                 Austausch multimedialer Inhalte                               26
               (z.B. über YouTube, Flickr, Picasa)                        20

                       Online-Bestellungs- oder                               23
             Reservierungssysteme auf Website                                                  KMU in Österreich
                                                                         18
                                                                                               KMU im EU-Durchschnitt (EU-27)
                                                                      19
                                 Online-Verkäufe
                                                                     17

                                                                13
                    Wiki-basierte Anwendungen
                                                           5

                                                               9
                                            Blogs
                                                               10

                                                     0              20              40            60          80             100

     Anmerkungen: EU-Wert für Breitbandverbindungen aus 2017, keine EU-Werte verfügbar für tragbare Geräte mit mo-
     bilem Internetzugang für Beschäftigte sowie Sprach- oder Videotelefonie über Internet.
     Quelle: Eurostat, Erhebung zum Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in Unternehmen,
     Aufbereitung: KMU Forschung Austria

21                                                       Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
schäftigten umfassend analysiert.         Die identifizierten Innovationsmus-           30 vgl. Som, O. / Dachs, B. (2018)
Die identifizierten Innova-               ter sind durch ein variables Zu-              31 vgl. Som, O. / Dachs, B. (2018); Anm.: Für
tionsmuster nicht F&E-treibender          sammenspiel von materiellen und               eine detaillierte Beschreibung der
                                                                                        Innovationsmuster siehe dort Seite 549ff.
Unternehmen in der deutschen              immateriellen Ressourcen im
Sachgüterproduktion können grob           Sinne einer „Innovations-DNA“ ge-
in den folgenden vier Gruppen zu-         kennzeichnet. Keines der Innovati-
sammengefasst werden:30                   onsmuster konstituiert sich aus-
→ Wissensintensive Produkt-               schließlich durch strukturelle
    entwickler                            Merkmale wie Branchenzu-
→ Kundengetriebene, technische            gehörigkeit oder Unternehmens-
    Problemlöser                          größe — im Gegenteil: alle identifi-
→ Spezialisierte Zulieferer               zierten Innovationsmuster finden
→ Spezialisierte Endprodukt-              sich zu relevanten Anteilen in allen
    hersteller                            Wirtschaftszweigen und Unterneh-
                                          mensgrößenklassen wieder. Aus
                                          der Heterogenität der empirisch

  Grafik 6 | Bedeutung digitaler Technologien bei Innovationen im Gewerbe und Handwerk, in % aller Unternehmen mit
  der jeweiligen Innovationsart, 2019. Quelle: KMU Forschung Austria

          100%
           90%                  20
                                                                29                                  26
           80%
           70%
           60%
           50%                  55

           40%                                                  59                                  68
           30%
           20%
           10%                  25
                                                                12
            0%                                                                                       6
                  Produkt- / Dienstleistungsinnov.        Verfahrens- /                 Marketing- / Vertriebs- /
                                                      Geschäftsprozessinnov.                Absatzinnov.

                      kein Bestandteil    in geringem Ausmaß Bestandteil       in hohem Ausmaß Bestandteil

      Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung                                              22
identifizierten Innovationsmuster                 lichkeiten für alle Arten von Inno-             die IKT einsetzen, in vielen Berei-
ohne F&E erwächst zunächst noch                   vationen, seien es Produkt-, Pro-               chen überdurchschnittlich hoch
keine Fördernotwendigkeit, aller-                 zess-, organisatorische oder Mar-               ausfällt.
dings sollte eine zukunftsgerich-                 ketinginnovationen.                                 Im Jahr 2019 lagen viele Indika-
tete Innovationspolitik in Öster-                     Grundsätzlich steigt die Adop-              toren zur Nutzung von Informati-
reich vor diesem Hintergrund                      tion aller Arten digitaler Technolo-            ons- und Kommunikations-
einen breiteren Innovationsbegriff                gien (Digitalisierungsgrad) mit der             technologien über dem EU-Durch-
zugrunde legen.31                                 Unternehmensgröße an, d. h. klei-               schnitt. Österreichs KMU konnten
                                                  nere Unternehmen weisen einen                   u. a. auch im Bereich E-Commerce
Digitale Innovationen — öster-                    geringeren Digitalisierungsgrad                 aufholen und hier erstmals etwas
reichische KMU holen auf                          auf. Im Zeitverlauf werden Öster-               besser abschneiden als die KMU
                                                  reichs KMU aber zunehmend digi-                 im EU-Durchschnitt. Der Anteil der
Ein wesentlicher Ansatzpunkt für                  taler und eine Betrachtung des Di-              kleinen und mittleren Betriebe
unternehmerische Innovationen ist                 gitalisierungsgrads im EU-Ver-                  (Unternehmen mit 10 bis 249 Be-
gegenwärtig die Digitalisierung.                  gleich (siehe Grafik 5) zeigt, dass             schäftigten), die online verkaufen,
Sie bietet eine Vielzahl von Mög-                 der Anteil österreichischer KMU,                lag 2019 bei 19 %, während im Jahr

      Grafik 7 | Beweggründe für erfolgte oder geplante zunehmende Digitalisierung im Gewerbe und Handwerk, in %
      der Unternehmen, 2019*. Quelle: KMU Forschung Austria

                                                                                                            40
                          Mit dem Trend mitgehen
                                                                                                                               52

                  Erwartungen/Anforderungen v.                                                                       45
                        Partner/Kunden erfüllen                                                                      45

                                                                                                       36
                     Abheben von der Konkurrenz
                                                                                               30

                                                                                                                42
              Zugang zu neuen Kunden/Märkten
                                                                                                                          48

                                                                                                                                    57
                   Steigerung der Kosteneffizienz
                                                                                                      35

                                                         0          10          20          30             40         50            60

                                Kleine u. mittlere Unternehmen (10 bis 249 B.)           Kleinstunternehmen (bis 9 B.)

     * Bezugsgröße für die Beweggründe sind nur Unternehmen mit (erfolgter oder geplanter) zunehmender Digitalisierung.

23                                                             Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
davor erst 13 % der KMU ihre Pro-         Österreich ihren Beschäftigten                als die KMU in der EU insgesamt.
dukte online vertrieben. EU-weit          tragbare Geräte mit mobilem In-               Der Prozentsatz österreichischer
verkauften 2019 17 % der KMU              ternetzugang zur Verfügung. Mehr              KMU, die über eine eigene Web-
über das Internet. Auch der Anteil        als 40 % nutzten Sprach- oder                 site verfügen liegt mit 89 % deut-
heimischer KMU mit Online Be-             Videotelefonie über Internet. In der          lich über dem EU-Durchschnitt
stell- oder Reservierungssystemen         aktuellen Situation, in der viele             (76 %). Auch soziale Medien (59 %
auf ihrer Website hat sich im Zeit-       KMU aufgrund der Maßnahmen                    vs. 50 % in der EU insgesamt) inkl.
verlauf leicht erhöht und liegt mit       zur Eindämmung der Corona-Pan-                beispielsweise der Austausch mul-
einem Anteil von 23 % über dem            demie auf Telearbeit umstellen                timedialer Inhalte über Youtube,
EU-Durchschnitt von 18 %.                 mussten, ist davon auszugehen,                Flickr, Picasa, o.ä. (26 % vs. 20 %)
   Die Digitalisierung der Organi-        dass sich diese Indikatoren für das           werden von österreichischen KMU
sation bzw. der Geschäftspro-             Jahr 2020 weiter erhöhen werden.              im EU-Vergleich häufiger genutzt.
zesse in KMU ist 2019 ebenfalls           Bei der Nutzung von Big Data und              Rund ein Zehntel der österrei-
weiter vorangeschritten. 42 % der         Cloud Computing, wofür allerdings             chischen und europäischen KMU
Klein- und Mittelunternehmen in           nur Daten aus 2018 vorliegen,                 betreibt eigene Blogs (inkl. Mikro-
Österreich verwenden ERP-Soft-            liegen österreichische KMU mit                blogs).
warepakete und 40 % Customer              6 % (vs. 12 % EU-weit) bzw. 23 %                  Daten aus der IKT-Erhebung
Relationship Management. EU-              (vs. 25 %) allerdings noch zurück.            2018 zeigen, dass die Anwendung
weit liegen die Anteile bei jeweils           Im Bereich Außenauftritt/PR               von IKT-Technologien in der
rund einem Drittel. Im Jahr 2019          setzen KMU hierzulande zumeist                Produktion noch geringe Verbrei-
stellten knapp 80 % der KMU in            häufiger Digitalisierungsschritte             tung hat. So werden sowohl der

   Grafik 8 | Anteil der strategischen und passiven Digitalisierer im Gewerbe und Handwerk, in % der Unternehmen,
   2019. Quelle: KMU Forschung Austria

    Klein- und Mittelunternehmen         16                                  84

             Kleinstunternehmen               25                                  75

                                   0%    10%       20%   30%   40% 50%       60%        70%   80%   90% 100%

                                   passive Digitalisierer   strategische Digitalisierer

      Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung                                    24
3D-Druck als auch Industrie- und      die Digitalisierung bzw. die digitale     men genannt wird. Aber auch der
Service-Roboter erst von jeweils      Technologie meist nicht der               Zugang zu neuen Märkten und
4 % der österreichischen KMU ein-     Hauptaspekt oder -bestandteil der         Kunden stellt für Kleinstunterneh-
gesetzt.                              Innovation, sondern ist sehr häufig       men ein wichtiges Motiv dar. Ge-
                                      mit anderen Technologien oder             nerell einen hohen Stellenwert
Innovationen weisen heute über-       Methoden verschränkt oder unter-          nimmt als Motiv auch die Erfüllung
wiegend eine digitale Kompo-          stützt diese. Dies bedeutet, dass         von Erwartungen von Lieferanten,
nente auf — die Digitalisierung       es bei betrieblichen Innovationen         Kunden und anderen Stakeholdern
steht aber nicht im Vordergrund       i. d. R. nicht um reine Digitalisie-      ein, wie auch die Befragung von
                                      rungsprojekte geht, sondern die           kleinen Unternehmen im Rahmen
Eine Erhebung der KMU For-            Digitalisierung meist in Verbin-          des Projektes „KMU 4.0“ der ACR
schung Austria im österreichi-        dung mit anderen Innovationsin-           gezeigt hat.
schen Gewerbe und Handwerk            halten steht.
(siehe Textbox) erlaubt es, die            Vor diesem Hintergrund sind          Digitalisierung muss für KMU
Rolle und Bedeutung digitaler         auch die spezifischen Beweg-              einen konkreten wirtschaftli-
Technologien bzw. der Digitalisie-    gründe/Motive für Digitalisie-            chen Nutzen haben
rung im Rahmen von Innovations-       rungsprozesse in Unternehmen
aktivitäten genauer zu bewerten.      von Interesse. Zunächst ist festzu-       Das Erfüllen von Erwartungen und
    Unternehmensbefragung im          stellen, dass nur die Hälfte der          Anforderungen anderer sowie das
österreichischen Gewerbe und          Kleinstbetriebe (bis 9 Beschäf-           Mitgehen mit dem Trend können
Handwerk. Befragungszeitraum:         tigte) im Gewerbe und Handwerk            als „passive“ Handlungsmotive
Juli–September 2019. Befragungs-      von erfolgten oder beabsichtigten         verstanden werden. Rd. 25 % der
methode: schriftlicher Fragebo-       Digitalisierungsschritten berich-         Kleinstunternehmen und rd. 16 %
gen. Stichprobenumfang: rd. 2.100     ten. Bei Klein- und Mittelbetrieben       der Klein- und Mittelunternehmen
KMU, davon Unternehmen mit In-        ist dies hingegen bei zwei Drittel        digitalisieren ausschließlich aus
novationen in den vergangenen         der Unternehmen der Fall. Die             diesen Gründen und könnten als
zwei Jahren: rd. 50 %.                Motive und Zwecke für die Digitali-       „passive Digitalisierer“ bezeichnet
    Die Ergebnisse zeigen insge-      sierungsschritte unterscheiden            werden. Hingegen zielen 75 % bzw.
samt, dass die überwiegende           sich ebenfalls zwischen den Grö-          84 % der Betriebe mit ihren Digita-
Mehrheit aller Innovationen zumin-    ßenklassen (siehe Grafik 7). Die          lisierungsmaßnahmen auf einen
dest in gewissem Ausmaß eine          Steigerung der Kosteneffizienz            konkreten strategischen Wettbe-
digitale Komponente aufweist          liegt bei den etwas größeren Be-          werbsvorteil ab.
(siehe Grafik 6). Vor allem bei In-   trieben an erster Stelle und ist we-
novationen im Bereich Marketing,      sentlich wichtiger (häufiger ge-
Vertrieb, Absatz und Kundenkom-       nannt) als bei den Kleinstbetrie-
munikation sind heute fast immer      ben. Kleinstbetriebe nehmen of-
digitale Technologien involviert.     fensichtlich häufig insofern eine
Bei Produkt- und Dienstleistungs-     passive Position gegenüber der
innovationen kommt rd. ein Viertel    Digitalisierung ein, als „mit dem
der Neuerungen ohne eine digitale     Trend mitgehen“ oftmals als
Komponente aus. Andererseits ist      Grund für entsprechende Maßnah-

25                                               Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU   26
Mangel an qualifizierten              negativen Einfluss auf die Durch-
                                           Mitarbeitern und Mitarbeiterin-       führung von Innovationen (siehe
                                           nen ist das größte Innovations-       Grafik 9).
                                           hemmnis                                   Daten auf Basis der Europäi-
                                                                                 schen Innovationserhebung (CIS
                                           Das in mancher Hinsicht geringere     2018) bestätigen diesen Befund.
                                           Innovationsausmaß kleiner Unter-      In innovationsaktiven KMU ist vor
                                           nehmen ist mit einer Reihe von        allem der Hindernisfaktor „Mangel
                                           betriebsexternen und -internen        an qualifizierten Mitarbeitern und
                                           Hemmnissen und mangelnden             Mitarbeiterinnen“ von großer Be-
                                           Voraussetzungen für die Innovati-     deutung. Es folgen Finanzierungs-
                                           onstätigkeit dieser Unternehmen       hemmnisse, insbesondere bei den
                                           verbunden. Ähnliches gilt für den     Kleinunterneh-men (10–49 Be-
                                           Einsatz digitaler Technologien.       schäftigte).
                                           Daten des WKÖ-Wirtschaftsbaro-        Diese nennen in diesem Zusam-
                                           meters zu den größten Hürden          menhang u. a. „fehlende Geldmit-
                                           bei der Durchführung von Innova-      tel für Innovationen im eigenen
                                           tionen zeigen, dass personelle        Unternehmen“, „Schwierigkeiten,
                                           und finanzielle, kostenmäßige         staatliche Zuschüsse oder Beihil-
                                           Hemmnisse im Vordergrund              fen für Innovationen zu bekom-
                                           stehen. Auch bürokratische,           men“ oder auch „hohe Innovati-
                                           regulatorische Hürden haben           onskosten“ als Hürden.

     Grafik 9 | Die größten Hürden bei der Durchführung von Innovationen. Anm.: Mehrfachnennungen möglich.
     Quelle: WKO (2019): Wirtschaftskraft KMU, auf Basis von Daten gemäß WKÖ Wirtschaftsbarometer, Herbst 2018

                                Mangel an qualifizierten Mitarbeitern                                         59 %

                                           Hohe Kosten des Projekts                                           48%

                                               Bürokratische Hürden                                           37 %

     Steuerliche Belastung und daher kein Spielraum für Investitionen                                         30 %

                      Fehlende finanzielle Anreize (z.B. Förderungen)                                         24 %

                                                 Fehlende Eigemittel                                          17 %

          Risiko in Bezug auf die Etablierung der Neuerung am Markt                                           16 %

                 Risiko in Bezug auf die technische Durchführbarkeit                                          13 %

                  Probleme innerhalb der Unternehmensorganisation                                             11 %

              Leichte Kopierbarkeit der Neuerung durch Mitbewerber                                            11 %

                      Barrieren, Hemmnisse
                       und Voraussetzungen
                           für Innovation und
                      Digitalisierung in KMU
27                                                                                                KAPITEL 4
Insgesamt bleibt der Mangel an       herbeigeführt werden. Folglich           neller Ressourcen und speziali-
sehr gut qualifizierten Fachkräften     sind neben den technischen Po-           sierter Kompetenzen ausgleichen
auch in der gegenwärtigen, von          tenzialen und Kompetenzen auch           und eröffnen die Möglichkeit für
der Covid-19 Pandemie geprägten         Potenziale wie Motivation, Team-         Test- und Experimentierphasen,
Situation eine generelle Heraus-        und Kooperationsfähigkeit etc. von       für die kleine Unternehmen übli-
forderung für Unternehmen. Auf-         Bedeutung. Zudem gilt es, Innova-        cherweise weder Zeit noch Mitar-
grund der besonderen Bedeutung          tionsprozesse adäquat zu organi-         beiter_Innen abstellen können.
von qualifiziertem Personal für die     sieren, systematisch zu planen
Innovationsfähigkeit von innovati-      und zu steuern. Die oben genann-         Fehlende finanzielle Ressourcen
ven KMU sind diese jedoch beson-        ten (finanziellen und personellen)       und fehlendes Umsetzungs-
ders von entsprechenden Engpäs-         Ressourcendefizite in KMU behin-         Know-how sind große Heraus-
sen betroffen. Für innovative Un-       dern häufig ein effektives Innovati-     forderungen bei der digitalen
ternehmen kommt neben einer             onsmanagement. Innovationsma-            Transformation
formalen naturwissenschaftlich-         nagement ist besonders für KMU
technischen Qualifikation auch          ohne eigene F&E relevant.                Digitale Technologien sind heute
den informalen Fähigkeiten der                                                   ein wichtiger Teil vieler, wenn
Mitarbeiter_innen (Berufs-,             Kooperationen als Schlüssel zu           nicht der meisten Innovationen.
Markt-, Management-, und Pro-           Innovationen — insbesondere für          Die Herausforderungen und
zesserfahrung) eine besondere           KMU                                      Hemmnissen im Zusammenhang
Bedeutung zu.32                                                                  mit der Digitalisierung in heimi-
                                        KMU sind auf Grund ihrer Res-            schen Unternehmen wurden u. a.
Effektives Innovationsmanage-           sourcenrestriktionen gerade auch         von Arthur D. Little35 (2019) erho-
ment als Erfolgsfaktor für KMU          auf Kooperationen (mit Kunden,           ben (siehe Grafik 10). Abseits der
                                        Zulieferern, Partnerunternehmen          immer noch spürbaren Herausfor-
In der Literatur werden mitunter        oder wissenschaftlichen Einrich-         derungen durch die DSGVO 2018
auch Hemmnisse im Bereich des           tungen) für einen erfolgreichen In-      (die allerdings schon im Abneh-
Innovationsmanagements hervor-          novationsprozess angewiesen. So          men begriffen sind), waren 2019
gehoben, d. h. Hemmnisse bei der        ist beispielsweise die Zusammen-         vor allem fehlende finanzielle Res-
Ausgestaltung der internen Pro-         arbeit mit Hochschulen oder For-         sourcen (41 %) und fehlendes
zesse zur Entwicklung und Ver-          schungseinrichtungen einerseits          Know-how zur Umsetzung (37 %)
wertung von Innovation.33 Dieser        ein wichtiger Transferkanal zu in-       digitaler Transformationen rele-
interne Faktor wird in Unterneh-        novationsrelevantem Know-how,            vant. Dies entspricht grundsätzlich
mensbefragungen oft unterbewer-         andererseits erleichtert sie den         den Hemmnissen für Innovationen
tet. Innovationserfolge brauchen        Zugang zu Fördergeldern bzw.             im Allgemeinen (die DSGVO kann
eine Unternehmenskultur, die zu         Fremdkapital. Forschungs-                dem oben erwähnten regulatori-
Ideen und Kreativität anregt. Um        einrichtungen übernehmen häufig          schen Bereich zugeordnet
das kreative Potenzial der Mitar-       auch das Management der Förde-           werden). Fehlende bzw. schwer
beiter_Innen als Quelle für Innova-     radministration.34 Kooperationen         definierbare Ziele (32 %) sind ein
tion zu erschließen, müssen Frei-       (mit Forschungseinrichtungen)            weiteres signifikantes Hemmnis.
räume geschaffen, Risikobereit-         können vor allem auch Innovati-              Gemäß KMU-MARKETMIND-
schaft gefördert und Austausch          onshemmnisse im Bereich perso-           Umfrage (2018) von aws und WKO

      Barrieren, Hemmnisse und Voraussetzungen für Innovation und Digitalisierung in KMU                         28
32 vgl. Astor, M. / Dorn, F. / Gerres, S. /       liegen die Herausforderungen der           versus 39 %).36 Knapp über 30 %
Glöckner, U. / Hühnermund, P. / Rammer, Ch.       Digitalisierung für rund 59 % der          der Unternehmen bezeichnen die
/ Riesenberger, D. / Schindler, E. (2013)
                                                  Unternehmen im Unternehmen                 Finanzierung der Digitalisierung
33 vgl. Astor, M. / Dorn, F. / Gerres, S. /
Glöckner, U. / Hühnermund, P. / Rammer, Ch.       selbst (z. B. technische und orga-         als Herausforderung, insbeson-
/ Riesenberger, D. / Schindler, E. (2013)         nisatorische Aspekte und Kompe-            dere Kleinstunternehmen (36 %).
34 vgl. Astor, M. / Dorn, F. / Gerres, S. /       tenzen der Beschäftigten).                 Angebotsseitige Probleme, d. h.
Glöckner, U. / Hühnermund, P. / Rammer, Ch.       Grafik 11 zeigt, dass dieser Faktor        ein Mangel an auf dem Markt ver-
/ Riesenberger, D. / Schindler, E. (2013)
                                                  von mittleren Unternehmen (65 %)           fügbaren Lösungen (z. B. Zuver-
35 Österreichweite Umfrage bei mehr als 800
KMU.                                              überdurchschnittlich häufig                lässigkeit und Komplexität, Ska-
36 Die Häufigkeit der Nennung dieser Punkte       genannt wird, allerdings sind in-          lierbarkeit, Standardisierungs-
ist aber auch auf die Einführung der DSGVO        terne Faktoren auch die von                anforderungen usw.) werden von
2018 zurückzuführen.                              Kleinstunternehmen am häufigs-             24 % der Unternehmen erwähnt.
37 vgl. Hölzl, W. (2019)                          ten genannte Herausforderung (58           Überdurchschnittlich oft nennen
38 Befragt wurden 900 mittelständische            %). Datenschutz und Rechtsrah-             Kleinstunternehmen (26 %)
(nicht kapitalmarktorientierte) Unternehmen
in Österreich mit 30 bis 2.000                    men nennen 47 % aller Unterneh-            diese Herausforderung.37 Auch
MitarbeiterInnen.                                 men als Herausforderungen,                 eine Studie von Ernst & Young
                                                  Kleinstunternehmen häufiger als            (2017)38 zeigt vor allem begrenzte
                                                  mittlere Unternehmen (49 %                 finanzielle Möglichkeiten sowie

     Grafik 10 | Die größten Herausforderungen der Digitalen Transformation für KMU, Nennungen in % der
     befragten KMU. Quelle: Arthur D. Little (2019)

                               Datenschutzgrundverordnung 2018                                               43 %

                                  Fehlende finanzielle Ressourcen                                           41 %

                             Fehlendes Know-how zur Umsetzung                                        37 %

                           Fehlende bzw. schwer definierbare Ziele                              32 %

                                       Fehlender Umsetzungsplan                               25%

                               Leistungsstarke Internetverbindung                             25 %

                                               Zu wenig Information                           25 %

                                 Gesetzliche Vorgaben als Hürden                              24 %

                            Fehlendes Verständnis der Mitarbeiter                   16 %

                                              Veraltete Infrastruktur           10 %

                      Mangelnde Unterstützung durch Führung                   7%

29                                                            Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
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