Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit - austrian cooperative research
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Eine Studie im Auftrag der austrian cooperative research c a Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU r
Diese Studie wurde im Auftrag der ACR — Austrian Mit freundlicher Unterstützung von Cooperative Research und mit Unterstützung des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirt- schaftsstandort (BMDW) durchgeführt. Verfasser der Studie Philipp Brunner, Thomas Oberholzner Fotos: ACR/schewig-fotodesign Für Rückfragen zur Studie KMU Forschung Austria Tel.: +43 1 505 97 61 office@kmuforschung.ac.at www.kmuforschung.ac.at Wien, Oktober 2020
c 5 9 10 KEY RESULTS Zusammenfassung KAPITEL 1 Einleitung KAPITEL 2 Innovation, Wettbewerbs- a und Zukunftsfähigkeit KAPITEL 3 15 Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung KAPITEL 4 27 Barrieren, Hemmnisse und Voraussetzungen für Innovation und Digitalisierung in KMU KAPITEL 5 32 Schlussfolgerungen für die Förderung von Innovation und Digitalisierung in KMU 34 Literaturverzeichnis Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU r
Kleine und mittlere Unternehmen Die Innovationsfähigkeit von bei großen Unternehmen mehr als (KMU) bilden das Rückgrat der KMU ist entscheidend für ihre doppelt so hoch wie bei kleinen österreichischen Wirtschaft. Sie Zukunftsfähigkeit Unternehmen. spielen deshalb für die Innovati- ons- und Wettbewerbsfähigkeit Für Unternehmen bedeutet Zu- Kleinere Unternehmen betrei- des Landes eine zentrale Rolle. kunftsfähigkeit, sich an ein von ben für ihre Innovationen weni- Die vorliegende Kurzstudie gibt ständigen und raschen Verände- ger Forschung und Entwicklung einen Überblick über die Innovati- rungen gekennzeichnetes Umfeld und kooperieren seltener mit onsleistung und das Innovations- — was derzeit besonders durch Forschungseinrichtungen verhalten von KMU sowie über Vo- die Covid-19 Pandemie zum Aus- raussetzungen und Hemmnisse für druck kommt — anzupassen. Dies Innovationen kleinerer Unterneh- Innovationen in diesen Unterneh- erfordert Lernfähigkeit, Wissen men basieren in geringerem men. Besonderes Augenmerk wird und Innovation. Vor allem die Inno- Ausmaß auf eigener F&E und sind auf die Digitalisierung als Innovati- vationsfähigkeit ist zum Schlüssel- verhältnismäßig stärker auf den onstreiber gelegt. faktor für langfristigen wirtschaft- Zukauf bestehender Lösungen an- lichen Erfolg (Resilienz) von Unter- gewiesen als dies bei großen Un- Von der Wettbewerbsfähigkeit nehmen, insbesondere KMU, und ternehmen der Fall ist. Kleinere zur Zukunftsfähigkeit damit für die Schaffung und Siche- Unternehmen kooperieren auch rung von Arbeitsplätzen gewor- deutlich seltener mit universitären Der Begriff der Wettbewerbsfähig- den. und außeruniversitären For- keit hat sich im Zeitverlauf von der schungseinrichtungen. In der vorrangigen Betonung der Produk- Die Innovationsneigung Regel wirkt sich jedoch ein breiter tionskosten hin zu einem wesent- kleiner Unternehmen hat in den Wissenstransfer mit Hochschulen lich komplexeren Konzept für die vergangenen Jahren kontinuier- und Forschungseinrichtungen po- Fähigkeit zur Erzeugung von Wohl- lich zugenommen, aber sitiv auf die Innovationsleistung fahrt, zur Erhöhung des Lebens- deutlicher Rückstand bei von KMU aus. standards und somit allgemein für Produktinnovationen die Zukunftsfähigkeit einer Region Innovationen auf Basis von oder eines Landes entwickelt. Zu- Der Anteil der kleinen Unterneh- anwendungsbezogenem Erfah- nehmend wurden und werden die men (10 bis 49 Beschäftigte) mit rungswissen und spezifische vielfältigen Bestimmungsgrößen Innovationsaktivitäten ist im Zeit- Problemlösungen in KMU sind des längerfristigen Wachstums verlauf kontinuierlich angestiegen wesentliche Säulen der nationa- wie Innovation und Qualifikation, und nähert sich der Innovations- len Innovationsperformance aber auch die Erreichung sozialer neigung größerer Unternehmen und ökologischer Ziele berücksich- an. Bei einer wirtschaftlich sehr KMU mit technologischen Innova- tigt. zentralen Innovationsart, den Pro- tionsaktivitäten ohne systemati- duktinnovationen, hinken KMU sche, interne F&E sowie KMU mit größeren Betrieben allerdings nicht-technologischen Innovatio- noch deutlich nach. Der Anteil des nen stellen die größten Gruppen Umsatzes der regelmäßig mit innovativer KMU dar. Innovationen neuen Produkten erzielt wird, ist basieren dabei auf informellen Zusammenfassung 5 KEY RESULTS
Lern- und Erkenntnisprozessen, in Verbindung mit anderen Innova- → fehlende Kompetenzen bzw. auf anwendungsnahem Erfah- tionsinhalten. Im Zusammenhang fehlende Qualifikationen der rungswissen, entstehen aus dem mit der Covid-19 Pandemie wird Mitarbeiter_Innen normalen Produktionsprozess die Relevanz digitaler Innovationen → zu hohe Kosten bzw. fehlende heraus und in Interaktion mit weiter steigen. Finanzierung Kunden und Zulieferern. Es han- → bürokratische, regulatorische delt sich meist um schrittweise Digitalisierung muss für Hürden Optimierungen und sehr spezifi- KMU einen konkreten wirt- sche Problemlösungen. Diese Un- schaftlichen Nutzen haben Kooperationen und effektives In- ternehmen erzielen durch diese novationsmanagement als Art der Innovation signifikante Rd. drei Viertel der Kleinstunter- Erfolgsfaktoren Wachstumseffekte. nehmen und fünf Sechstel der Klein- und Mittelunternehmen Als Erfolgsfaktor für die Innovati- Innovationen weisen heute zielen mit ihren Digitalisierungs- onsleistung von KMU gilt zum überwiegend eine digitale maßnahmen auf einen konkreten einen — vor allem für KMU ohne Komponente auf — aber die strategischen Wettbewerbsvorteil eigene F&E - ein effektives Innova- Digitalisierung steht nicht im ab, wie z. B. auf die Steigerung der tionsmanagement und eine effek- Vordergrund der Innovation Kosteneffizienz oder den Zugang tive Innovationskultur. Dies um- zu neuen Kunden und Märkten. fasst die Planung, Organisation Der Digitalisierungsgrad der öster- Eine Minderheit der KMU — und Steuerung der internen Pro- reichischen KMU nimmt kontinu- Kleinstunternehmen häufiger als zesse zur Entwicklung und Ver- ierlich zu und fällt im EU-Vergleich kleine und mittlere Unternehmen wertung von Innovation sowie die in vielen Bereichen (z. B. Nutzung — kann als „passive Digitalisierer“ Förderung der Kreativität, Motiva- von Websites, ERP, CRM) über- bezeichnet werden, sie setzen tion und Teamkooperation im Un- durchschnittlich hoch aus. In eini- Digitalisierungsmaßnahmen ledig- ternehmen. gen Bereichen liegen österrei- lich um Erwartungen und Anforde- Zum anderen sind KMU auf chische KMU noch zurück, etwa rungen anderer zu erfüllen und Grund ihrer Ressourcenrestriktio- bei der Nutzung von Big Data und mit dem allgemeinen Trend mitzu- nen für einen erfolgreichen Inno- Cloud Computing. gehen. vationsprozess auf Kooperationen Die überwiegende Mehrheit mit Kunden, Zulieferern, Partner- aller Innovationen in KMU weist KMU sind mit vielfältigen unternehmen und wissenschaftli- heute zumindest in gewissem Innovationshemmnissen chen Einrichtungen angewiesen. Ausmaß eine digitale Komponente konfrontiert Die Zusammenarbeit mit Hoch- auf. Allerdings ist die Digitalisie- schulen oder Forschungseinrich- rung bzw. die digitale Technologie KMU sind mit einer Reihe von be- tungen ermöglicht u. a. den Zug- meist nicht der Hauptaspekt oder triebsexternen und -internen ang zu innovationsrelevantem -bestandteil der Innovation, son- Hemmnissen für die Innovations- Know-how, personellen Ressour- dern ist sehr häufig mit anderen tätigkeit konfrontiert. Dazu zählen cen und spezialisierten Kompeten- Technologien oder Methoden ver- insbesondere: zen. schränkt oder unterstützt diese. Die Digitalisierung steht also meist Zusammenfassung | Key Results 6
Die Digitalisierung wird auch Zu den wesentlichen Strategien und Ansätzen zur Förderung der durch fehlende Ziele und einen Innovationsperformance und Digitalisierung von KMU zählen u. a.: unklaren Nutzen gebremst Neben den Hemmnissen wie sie → eine starke Berücksichtigung Angebot unterschiedlicher für Innovationen im Allgemeinen von anwendungsnahen Inno- Finanzierungsmodelle, und gelten, werden speziell Digitalisie- vationen im Innovationsförder- die Optimierung rechtlicher rungsmaßnahmen auch durch system; Rahmenbedingungen; einen oftmals unklaren Nutzen für → ein besonderes Augenmerk im → die stärkere Verbreitung einer das Unternehmen und fehlende Rahmen der Fördersysteme auf innovationsförderlichen Orga- konkrete Ziele vereitelt. spezifische Innovationsarten nisationskultur und innovati- (z. B. Produktinnovationen, onsförderlicher Management- Marktneuheiten), bei denen praktiken in KMU; KMU ihr Potenzial derzeit nicht → die Berücksichtigung und ausschöpfen; Integration der Digitalisie- → die Förderung und der Ausbau rungskomponente und der von Kooperationen zwischen Digitali-sierungspotenziale in KMU und Hochschulen sowie allen Ausformungen und The- Forschungseinrichtungen, menfeldern der Innovations- wobei Forschungseinrichtun- und Technologieförderung; gen in die Lage versetzt werden → eine starke Verknüpfung der müssen, mit KMU effektiv zu Förderung der Digitalisierung kommunizieren und auf sie mit den konkreten, unterneh- zugeschnittene Leistungen er- mensbezogenen Zwecken, bringen zu können; Motiven und dem möglichen → die Unterstützung der Qualifi- Nutzen von Digitalisierungs- zierung der Beschäftigten, das maßnahmen. BILD 7 Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
Innovation und Innovationsfähig- dafür und zeigt die wesentlichen keit spielen in den heutigen globa- Ansätze zur Förderung und Unter- len Wirtschaftssystemen eine zen- stützung von KMU auf. Besondere trale Rolle für die Wettbewerbsfä- Berücksichtigung findet dabei ein higkeit und den ökonomischen gegenwärtig sehr wesentlicher Erfolg von Unternehmen, Regio- „Enabler“ oder Hebel für Innova- nen und Ländern. Dies gilt umso tionen: die Digitalisierung. mehr in Krisen- und Umbruchpha- Die Studie beruht zunächst auf sen, wie etwa der derzeitigen einer umfassenden Analyse von Covid-19 Pandemie. Die volkswirt- bestehenden relevanten Datenbe- schaftliche bzw. gesellschaftliche ständen und einschlägiger Litera- Innovationsperformance und ihre tur. Des Weiteren erfolgte im Jahr Wirkung hängen von einer Vielzahl 2019 eine Erhebung von spezifi- von Faktoren auf unterschiedli- schen Daten zur Innovationstätig- chen System- und Handlungsebe- keit und Digitalisierung im klein- nen ab, jedoch nehmen Unterneh- und mittelbetrieblich strukturier- men freilich eine Schlüsselposition ten Gewerbe und Handwerk. ein, da sie es sind, die Innovation Zudem fließen in die Studie Ergeb- unmittelbar in Wertschöpfung, nisse aus dem Strategischen ACR- Einkommen und Arbeitsplätze Projekt „KMU 4.0“ ein. übersetzen. Bei über 99 % der Un- Das folgende Kapitel 2 zeigt zu- ternehmen in Österreich handelt nächst auf, weshalb Innovation für es sich um kleine und mittlere den Erhalt und die Steigerung der Unternehmen (KMU), die für etwa Wettbewerbsfähigkeit, oder weiter zwei Drittel der Beschäftigung gefasst für die „Zukunftsfähig- und rd. 60 % der Wertschöpfung keit“, von entscheidender Bedeu- im Bereich der marktorientierten tung ist. Daran anschließend Wirtschaft verantwortlich sind. werden in Kapitel 3 Ausmaß und Zugleich stehen jedoch KMU mit Form der Innovationstätigkeit — Blick auf die Innovationstätigkeit sowie der Digitalisierung — spe- auf Grund ihrer strukturellen und ziell in KMU näher beleuchtet. In organisatorischen Voraussetzun- Kapitel 4 liegt der Fokus auf den gen im Vergleich zu größeren Or- Voraussetzungen und Hemm- ganisationseinheiten vor besonde- nissen für (digitale) Innovationen ren Herausforderungen. in KMU. Kapitel 5 widmet sich Die vorliegende Studie widmet schließlich wesentlichen Ansätzen sich einer systematischen Analyse für die Förderung von Innovation und Aufarbeitung der Innovations- und Digitalisierung in KMU. leistung und des Innovationserfol- ges von KMU sowie den Voraus- setzungen und Einflussfaktoren Innovationsfähigkeit als Schlüsselfaktor 9 KAPITEL 1 — EINLEITUNG
Wettbewerbsfähigkeit ist ein geren Wirtschaft bzw. einer auf 1 https://www.consilium.europa.eu/de/ press/press-releases/2019/06/20/a-new- zentrales Ziel der Wirtschafts- Wissen und Innovation gestützten strategic-agenda-2019-2024/ politik Entwicklung3. Mit einer erneuten 2 http://www.europarl.europa.eu/ Europäischen Agenda für For- summits/lis1_de.htm Hinter dem Fokus auf Wettbe- schung und Innovation wurden 3 vgl. Europäische Kommission (2010) werbsfähigkeit, insbesondere Maßnahmen vorgestellt, die zu 4 vgl. Europäische Kommission (2018), auch auf EU-Ebene, steht die einer erhöhten Innovationsfähig- Gretschmann, K. (2018) Überzeugung, dass Europas Wohl- keit und damit zu einer Wahrung 5 vgl. Europäische Kommission (2020) stand, seine Arbeitsplätze und der weltweiten Wettbewerbsfähig- 6 vgl. u.a. Kušić, S. / Grupe, C. (2004), seine Rolle auf der Weltbühne von keit Europas führen sollen.4 Auch Breuss, F. (2006), Aiginger, K. (2008), Tichy, G. (2013) einer soliden wirtschaftlichen die neue Industriestrategie der Eu- 7 Für Industrieländer und insbesondere für Basis sowie der Wettbewerbsfä- ropäischen Kommission vom März jene mit den höchsten Pro-Kopf-Einkommen higkeit der europäischen Regionen 2020 setzt auf die Innovations- — wie z.B. Österreich — sind vor allem die und Mitgliedstaaten abhängen.1 und Schaffenskraft Europas und wirtschaftliche Struktur, die institutionellen Rahmenbedingungen und Investitionen in die Die EU als größter Wirtschafts- die „Förderung des Innovations- Bestimmungsgrößen des langfristigen raum der Welt, der von offenen geistes in der Industrie“.5 Wachstums wie Innovation und Ausbildung Märkten und damit Wettbewerb wichtig. Wenn soziale und ökologische Ziele an Bedeutung gewinnen, müssen diese lebt, widmet sich dieser Thematik Von der Wettbewerbsfähigkeit ebenfalls in das Konzept einbezogen werden seit Jahren mit zahlreichen Kon- zur Zukunftsfähigkeit (vgl. Aiginger, K. / Vogel, J. (2014)). zepten und Strategien. Bereits im 8 vgl. u.a. Aiginger, K. (2008, 2017) Jahr 2000 entwickelte der EU-Rat Der Begriff der Wettbewerbsfä- 9 https://cohesiondata.ec.europa.eu/ grundlegende Ideen zur Stärkung higkeit wird heute durchgängig stories/s/Regional-Competitiveness-Index- 2019/363v-4uq6/ der Wettbewerbsfähigkeit in der komplexer diskutiert und definiert 10 Im Rahmen des Konzepts der so genannten Lissabon-Strategie. als früher, vor allem vor dem Hin- Zukunftsfähigkeit wird verstärkt die Ziel war die Union „zum wettbe- tergrund der Übertragung des Perspektive der nächsten Generation(en) werbsfähigsten und dynamischs- Konzepts auf Regionen oder Län- mitgedacht (vgl. u.a. Klimaschutzdiskussion). ten wissensbasierten Wirtschafts- der.6 So entwickelte sich der Be- 11 vgl. u.a. IWI (2019, 2004-2019), Bundesministerium für Digitalisierung und raum in der Welt zu machen — griff von der alleinigen Betonung Wirtschaftsstandort (2018) einem Wirtschaftsraum, der fähig der Kosten („Wettbewerbsfähig- 12 https://ec.europa.eu/regional_policy/ ist, ein dauerhaftes Wirtschafts- keit 1.0“) über die Analyse von de/policy/themes/sme-competitiveness/ wachstum mit mehr und besseren Strukturen und Triebkräften der 13 vgl. Europäische Kommission (2020b) Arbeitsplätzen und einem größe- Wettbewerbsstärke („Wettbe- 14 vgl. Breuss, F. (2006) ren sozialen Zusammenhalt zu er- werbsfähigkeit 2.0“) und über die 15 vgl. u.a. KMU Forschung Austria (2018), zielen“2. Europa 2020, die Nach- Beurteilung der Ergebnisse des https://www.zukunftsinstitut.de/dossier/meg atrends/ folgestrategie der Lissabon-Stra- Wettbewerbes hinsichtlich Ein- 16 Gretschmann, K. (2018) tegie, skizziert eine Vision der kommen und Beschäftigung europäischen sozialen Marktwirt- („Wettbewerbsfähigkeit 3.0“) hin schaft des 21. Jahrhunderts u. a. zur Messung der Erreichung von mit der Priorität der Förderung Beyond-GDP-Zielen („Wettbe- einer ressourcenschonenden, öko- werbsfähigkeit 4.0“).7 Neuere logischeren und wettbewerbsfähi- Strömungen gehen also dahin, die Innovation, Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit KAPITEL 2 10
Wettbewerbsfähigkeit eines Lan- keit insbesondere von KMU ist Umgang mit zentralen Zukunfts- des oder einer Region über die daher auch ein prioritäres Ziel der und Megatrends (u.a. Digitalisie- Fähigkeit zur Erzeugung von Wohl- EU-Kohäsionspolitik.12 Sie sind rung).15 Auch kurzfristig auftre- fahrt oder zur Erhöhung des Le- laut Europäischer Kommission tende Krisensituationen, wie aktu- bensstandards zu definieren8. „von zentraler Bedeutung für den ell die globale Covid-19 Pandemie, Gemäß EU-Kommission ist regio- doppelten Übergang der EU hin zu fordern Unternehmen, insbeson- nale Wettbewerbsfähigkeit „the einer nachhaltigen und zu einer di- dere KMU, zur Veränderung und ability of a region to offer an at- gitalen Wirtschaft“ und spielen Anpassung heraus. Covid-19 hat tractive and sustainable environ- auch „hinsichtlich der Wider- für zahlreiche Unternehmen aller ment for firms and residents to live standsfähigkeit gegenüber exter- Branchen erhebliche Auswirkun- and work“.9 Letztendlich dient nen Schocks“ eine entscheidende gen, auf die es rasch zu reagieren Wettbewerbsfähigkeit als Kon- Rolle.13 gilt. zept, um die vielfältigen Einfluss- Ein Unternehmen ist verein- Um im Wettbewerb überle- faktoren zusammenzufassen, facht gesprochen wettbewerbsfä- bensfähig zu bleiben oder idealer- welche die Zukunftsfähigkeit einer hig, „wenn es überlebt“.14 Dieses weise zu wachsen, bedarf es Region oder eines Landes bestim- „Überleben“ ist in einer globalisier- neben der Fähigkeit auf Heim- und men.10 ten, digitalisierten und vernetzten Fremdmärkten zu verkaufen und Welt zunehmend heraus- die erforderlichen Produktionsfak- Innovative und anpassungs- fordernder. Das Umfeld, in dem toren zu akquirieren auch der Fä- fähige Unternehmen als sich Unternehmen bewegen, ist higkeit zu lernen, Wissen zu akti- Schlüsselfaktor ständigen Veränderungen ausge- vieren, sich an veränderte Umfeld- setzt, deren Verständnis und Be- bedingungen anzupassen und sich Für (zukünftig) starke und wettbe- herrschung zentral ist für ihre zu vernetzen16. Es benötigt Qualifi- werbsfähige europäische Regio- Überlebens- und Zukunftsfähig- kation, Know-how, Flexibilität, nen und Länder braucht es starke keit. Dies trifft auf herrschende Kooperation und Innovation. Vor und wettbewerbsfähige Unterneh- (nationale und internationale) Rah- allem die Innovationsfähigkeit ist men bzw. Unternehmensnetz- menbedingungen in wirtschaftli- entscheidend für die Wettbe- werke11, in denen Kooperation eine cher, rechtlicher, politischer und werbs- und Zukunftsfähigkeit wesentliche Rolle einnimmt. Die gesellschaftlicher Hinsicht zu, eines Unternehmens (im etwas Steigerung der Wettbewerbsfähig- sowie insbesondere auf den überspitzt formulierten Sinne von 11 Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
„innovate or die“). Innovation ist (F&E) erfolgen. Zahlreiche Studien 17 vgl. u.a. https://www.ffg.at/ über die Jahre zum zentralen belegen, dass auch Unternehmen arbeitsplaetze, KMU Forschung Austria (2019), Thomä, J. / Zimmermann, V. (2016) Schlüsselfaktor für langfristigen (häufig KMU), die selbst keine 18 vgl. u.a. Som, O. / Dachs, B. (2018) wirtschaftlichen Erfolg von Unter- F&E-Aktivitäten aufweisen, den- 19 vgl. u.a. Maaß, F. / May-Strobl, E. (2016), nehmen, insbesondere KMU, noch erfolgreich innovieren Astor, M. / Rammer, Ch. / Klaus, C. / Klose, avanciert und zählt somit auch zu können. Dies ist vor allem für das G. (2016), Welter, F. (2019) den wichtigsten Faktoren für Wirt- Verstehen des Innovationsverhal- 20 vgl. Bundesministerium für Digitalisie- schaftswachstum, Wettbewerbs- tens und der Innovationsmuster rung und Wirtschaftsstandort (2018) fähigkeit und Wohlstand und die von KMU sowie für die Gestaltung 21 vgl. Schneider, Ch. (2017), OECD (2019) Schaffung und Sicherung von Ar- adäquater Maßnahmen der Inno- 22 vgl. OECD (2019) beitsplätzen auf gesamtwirt- vations- und Technologiepolitik schaftlicher Ebene, wie eine Reihe wichtig. Sowohl F&E-aktive als von nationalen und internationalen auch nicht-F&E-aktive Unterneh- Untersuchungen (z.B. OECD, men tragen durch unterschiedli- WIFO) zeigen.17 che, funktionale Innovationsfor- men zur Leistungsfähigkeit des Die Innovationsfähigkeit von nationalen Innovationssystems KMU ist entscheidend für ihre (NIS) bei.18 Auch eine oftmalige Zukunftsfähigkeit — aber die In- Einschränkung auf technologische novationsformen in KMU sind Innovationen zeigt nur ein unvoll- sehr vielfältig ständiges Bild des Innovationsge- schehens bei Unternehmen. Zahl- Dabei müssen Innovationen nicht reiche Unternehmen bringen Inno- notwendigerweise auf der Basis vationen im „nicht-technologi- von Forschung und Entwicklung schen“ Bereich hervor, die oftmals Abbildung: Zukunftsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Digitalisierung Anm.: Stark vereinfachte Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung Zukunftsfähigkeit Wirtschaftsräume Länder Regionen (Inter-)nationale Unternehmen (KMU) Zukunfts- und Rahmenbedingungen Megatrends (Innovationstreiber) → Wettbewerbsfähigkeit Innovation ← Krisensituationen Digitalisierung (bspw. Covid 19) Qualifikation Flexibilität Kooperation (Wissenstransfer) Innovation, Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit 12
auch der Vorbereitung technologi- Die OECD hat in einer aktuellen Analyse vier charakteristische scher Innovationen dienen, diese Trends für Innovationen im digitalen Zeitalter herausgearbeitet:22 begleiten und eine Steigerung der Unternehmenseffizienz ermögli- chen.19 1 Die Verfügbarkeit von Daten 3 Innovationen beschleunigen als ein entscheidender sich selbst: Durch digitale Die Digitalisierung ist ein we- Faktor für Innovationen: Innovationen wird der Innovations- sentlicher Innovationstreiber Für die Erschließung und Entwick- prozess für andere Produkte eben- lung neuer Produkte, Einblicke in falls beschleunigt. Im Kontext von Innovation rückt Markttrends und das Verbrau- heute zunehmend auch die Digita- cherverhalten werden Daten und 4 Der Innovationsprozess lisierung in den Mittelpunkt, einer deren Verfügbarkeit immer wichti- wird kollaborativer: der wesentlichen Innovationstrei- ger — auch, um schnell auf Trends Die Unternehmen arbeiten mit ber des 21. Jahrhunderts. In den und Marktveränderungen reagie- einer Vielzahl an anderen Akteuren kommenden Jahren wird sich der ren zu können. in einem Innovations-Ökosystem digitale Wandel weiter beschleuni- zusammen. Dazu gehören das gen und wird weitreichende Aus- 2 Dienstleistungen als ein Teilen von Daten, aber auch stra- wirkungen auf unternehmerische zentraler Innovations- tegische Partnerschaften mit an- Prozesse und die Arbeitsorganisa- schwerpunkt: Digitale Technolo- deren Firmen, Universitäten und tion mit sich bringen. Die Digitali- gien vereinfachen das Anbieten Forschungszentren. sierung schafft nicht nur neue von Dienstleistungen. Für produ- technische Möglichkeiten, son- zierende Unternehmen wird der dern auch gänzlich neue Ge- Wandel hin zu einer Kombination schäftsmodelle, führt zu Verände- aus Sachgütern und Dienstleis- rungen auf den Märkten und in tungen — Servitization — immer Folge auch zu Änderungen des wichtiger. Wettbewerbsgefüges.20 Digitali- sierung öffnet viele neue Wege für Innovationen bzw. „dynamische Anpassungen“ (im Schumpeter- schen Sinn) und ist zunehmend Bestandteil von Innovations- prozessen.21 Dementsprechend kommt ihr im Kontext von Innova- tion und damit für die Zukunftsfä- higkeit und (Krisen-)Resilienz von KMU eine hohe Bedeutung zu. 13 Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
Die Innovationsneigung bzw. sind, war der Anstieg der Innovati- auch dadurch zum Ausdruck, dass Innovationshäufigkeit vor onsneigung in diesem Zeitraum der Anteil des Umsatzes, der mit allem kleiner Unternehmen hat weniger deutlich und weniger kon- innovativen Produkten erzielt wird, in den vergangenen Jahren zuge- tinuierlich. Gezählt werden dabei mit der Unternehmensgröße sinkt nommen sowohl Produkt- als auch alle (siehe Tabelle 1). Während große Arten von (Geschäfts-)Prozessin- Unternehmen im Durchschnitt Die Daten des Community Innova- novationen. rd. 17 % ihres Umsatzes mit neuen tion Survey in Grafik 1 zeigen, dass Im Bereich der Produktinno- Produkten erzielen, beträgt dieser der Anteil der kleinen Unterneh- vationen (inkl. Dienstleistungsin- Anteil bei den kleinen Unterneh- men (10 bis 49 Beschäftigte) mit novationen) ist der Unterschied men nur 7 %. Innovationsaktivitäten zwischen in der Innovationshäufigkeit 2012 und 2018 stetig von rd. 49 % zwischen den Größenklassen — Die Innovationen kleinerer auf rd. 58 % angestiegen ist. Bei kleinen, mittleren und großen Un- Unternehmen basieren in gerin- den mittleren Unternehmen (50 bis ternehmen — am stärksten ausge- gerem Ausmaß auf (interner) 249 Beschäftigte) und den großen prägt (siehe Tabelle 1). Das gerin- Forschung und Entwicklung Unternehmen (ab 250 Beschäf- gere Innovationsausmaß auf der tigte), die freilich bereits zu einem Produktseite bei kleineren Unter- Kleine und mittlere Unternehmen sehr hohen Anteil innovationsaktiv nehmen kommt insbesondere betreiben weniger eigene F&E und Grafik 1 | Anteil der Unternehmen mit Innovationsaktivitäten, in % Quelle: Statistik Austria, Community Innovation Survey 100 89 90 90 84 86 80 70 75 77 75 71 60 50 57 58 54 49 40 30 2012 2014 2016 2018 Kleine Unternehmen (10 bis 49 Beschäftigte) Mittlere Unternehmen (50 bis 249 Beschäftigte) Große Unternehmen (ab 250 Beschäftigte) Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung 15 KAPITEL 3
Tabelle 1 | Anteil der Unternehmen mit unterschiedlichen Innovationsarten in %, sowie Anteil der Umsätze mit Produktinnovationen am Gesamtumsatz, 2018. Quelle: Statistik Austria, Community Innovation Survey Kleine Mittlere Große Unternehmen Unternehmen Unternehmen Unternehmen mit… (10 bis 49 B.) (50 bis 249 B.) (ab 250 B.) Produktinnovationen 30 % 48 % 70 % Innovationen im Herstellungsprozess 25 % 38 % 60 % Innovationen in Logistik und Vertrieb 17 % 26 % 44 % Innovationen im Bereich IKT 31 % 44 % 64 % Innovationen in der Verwaltung 25 % 33 % 45 % Innovationen bei Geschäftsabläufen (intern/extern) 28 % 40 % 55 % Innovationen in Arbeitsorganisation/Personalwesen 30 % 42 % 57 % Innovationen im Marketing 21 % 32 % 47 % Umsätze mit Produktinnovationen 7% 16 % 17 % Grafik 2 | Struktur der Innovationsausgaben, 2018, in % Quelle: Statistik Austria, Community Innovation Survey 100% 13 90% 22 32 7 80% 8 70% 60% 15 50% 80 40% 70 30% 53 20% 10% 0% Kleine U. (10 bis 49 B.) Mittlere U. (50 bis 249 B.) Große U. (ab 250 B.) interne Forschungs- und Entwicklungsarbeit Vergabe von F&E-Leistungen an Dritte sonstige Innovationsausgaben Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung 16
23 vgl. Eickelpasch, A. (2012) sind im Gegenzug verhältnismäßig und Kooperationen mit Zulieferern, stärker auf den Zukauf bestehen- Kunden, Beratern, Forschungsein- der Lösungen in Form von Ausrüs- richtungen, etc. eine wesentliche tung, Software, Wissen u. ä. im Rolle. In der Regel sind KMU, die Rahmen ihrer Innovationstätigkeit einen breiten Wissenstransfer mit angewiesen (siehe Grafik 2). Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen durch- KMU kooperieren bei Inno- führen, innovativer als andere.23 vationen seltener als große Hinsichtlich der Kooperations- Unternehmen — insbesondere häufigkeit sowie der Kooperations- mit Forschungseinrichtungen muster unterscheiden sich jedoch kleinere und größere innovative Für die Innovationstätigkeit von Unternehmen (siehe Grafik 3). Ins- Unternehmen spielen Netzwerke besondere kooperieren kleine und Grafik 3 | Unternehmen, die im Rahmen ihrer Innovationstätigkeit mit bestimmten Partnern kooperieren, jeweils in % aller Unternehmen mit Innovationskooperationen, 2018*. Quelle: Statistik Austria, Community Innovation Survey 80 80 71 70 64 65 61 60 54 53 50 47 43 62 40 34 30 30 20 10 0 Koop. mit Koop. mit priv. F&E- Koop. mit Koop. mit Kunden Universitäten / Einrichtungen, Zulieferern Fachhochschulen Labors, Beratern Kleine U. (10 bis 49 B.) Mittlere U. (50 bis 249 B.) Große U. (ab 250 B.) * Es werden nur ausgewählte Partnerkategorien dargestellt. ** in % aller Unternehmen mit technologischen Innovationen. 17 Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
mittlere Unternehmen deutlich sel- terscheidung von Innovationsty- 24 vgl. u.a. ZEW (2016) tener mit universitären und nicht- pen innerhalb der KMU herangezo- 25 vgl. Astor, M. / Rammer, Ch. / Klaus, C. / universitären Forschungsein- gen werden. KMU können etwa Klose, G. (2016) richtungen. Ähnliches gilt für inno- eingeteilt werden in jene mit eige- 26 Sie können als wenig anspruchsvolle innovative KMU bezeichnet werden, die sich vationsbezogene Kooperationen ner F&E und jene ohne eigene F&E vorrangig auf kundenspezifische mit Zulieferern und in geringerem bzw. in jene mit technologischen Anpassungen oder die Übernahme von Grad für die Zusammenarbeit mit und solche mit ausschließlich Innovationsideen und technologischen Lösungen anderer konzentrieren. Kunden. nicht-technologischen Innovatio- Die Innovationsart auf der Output- nen (bspw. Organisations- und seite und die F&E-Intensität auf Marketinginnovationen).24 Um die der Inputseite sind nicht nur wich- Vielfalt der Innovationswege tige Merkmale, die KMU von wiederzugeben, lassen sich auf großen Unternehmen unterschei- dieser Basis sechs Gruppen von den, sondern können auch zur Un- innovativen KMU unterscheiden:25 F&E-basierte, technologische Innovatoren 1. Hightech-Startups 2. KMU mit kontinuierlicher F&E (ohne Hightech-Startups) 3. KMU mit gelegentlicher F&E (ohne Hightech-Startups) Nicht F&E-basierte, technologische Innovatoren 4. KMU mit Marktneuheiten (d. h. originären Innovationen), die jedoch nicht selbst forschen (d. h. ohne eigene F&E) 5. KMU, die sich mit Produkt- und Prozessinnovationen befassen, ohne selbst zu forschen und ohne Marktneuheiten hervorzu- bringen26 Nicht F&E-basierte, nicht-technologische Innovatoren 6. KMU, die Innovationen im Bereich von Organisation und Marketing eines Unternehmens hervorbringen (Innovationen im „nicht-technischen“ Bereich) Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung 18
27 vgl. Astor, M. / Rammer, Ch. / Klaus, C. / Unternehmen, die sich mit Pro- von Innovationsideen und techno- Klose, G. (2016) dukt- und Prozessinnovationen be- logischen Lösungen.27 fassen, ohne selbst zu forschen Ein internationaler Vergleich zu und ohne Marktneuheiten hervor- Innovationstätigkeiten von KMU in zubringen (Gruppe 5), stellen in ausgewählten europäischen Län- der Analyse der Zusammenset- dern zeigt auch für Österreich eine zung von KMU in Deutschland große Anzahl an KMU mit techno- (2008-2014) mit knapp einem Drit- logischen Innovationsaktivitäten tel die größte Gruppe innovativer ohne interne F&E, ebenso wie eine KMU dar. Sie befassen sich vor- große Gruppe von KMU, die nur rangig mit kundenspezifischen An- nicht-technologische Innovationen passungen oder der Übernahme hervorbringt (siehe Grafik 4). Grafik 4 | Innovationstätigkeit von KMU (10-249 Beschäftige) in ausgewählten europäischen Ländern, 2012 Quelle: ZEW (2016) auf Basis Eurostat, Community Innovation Survey 2012 kontinuierliche FuE gelegentliche FuE technologische Innovationsaktivitäten ohne interne FuE nur nicht-technologische keine Innovationstätigkeit Innovationen NLD FIN SWE DEU BEL GBR FRA DNK AUT ITA ESP POL 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Anteil an allen Unternehmen in % Anm.: „Nicht-technologische Innovationen“: Organisations- und Marketinginnovationen. BEL und DNK: keine Differenzierung zwischen kontinuierlicher und gelegentlicher FuE; GBR: keine Differenzierung innovationsaktiver Unternehmen nach FuE-Tätigkeit. 19 Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
Berechnungen auf Basis des Com- Dieser Modus gründet auf er- 28 vgl. ZEW (2016) munity Innovation Survey 2012 fahrungsbasierten Fertigkeiten. 29 vgl. Thomä, J. / Zimmermann, V. (2016) verdeutlichen die hohe Bedeutung Durch die zentrale Bedeutung von KMU ohne interne F&E und von anwendungsbezogenen auch „nicht-technologischer“ In- Fertigkeiten dominieren hier novation für die nationale Innovati- informelle Lern- und Erkennt- onsperformance.28 nisprozesse beim Hervorbrin- gen von Innovationen. Sie ent- Anwendungsbezogenes Erfah- stehen aus dem normalen Pro- rungswissen und spezifische duktionsprozess heraus oder in Problemlösungen in KMU tragen enger Interaktion mit Kunden wesentlich zur Innovationsper- und Zulieferern. Die Fähigkeit, formance bei Innovationen hervorzubringen, basiert stark auf (über die Eine weitere Studie29 zu Typen in- Jahre angesammeltem) anwen- novativer KMU bezieht sich eben- dungsnahem und personenge- falls auf das Kriterium der eigenen bundenem Erfahrungswissen. F&E und unterscheidet das: Die dabei entstehenden Inno- vationen sind oftmals inkre- → stark F&E-orientierte Segment mentelle und sehr spezifische (STI-Modus „Science, Techno- Problemlösungen. Sie werden logy and Innovation”): häufig im Zuge von schrittwei- Innovationen entstehen vorran- sen Optimierungen und Weiter- gig im Rahmen einer systemati- entwicklungen auf den jeweili- schen und formalisierten Tätig- gen Bedarf zugeschnitten. keit von unternehmensinternen Auch diese Unternehmen erzie- F&E-Abteilungen. Dabei wird len durch ihre Innovationstätig- neues wissenschaftlich-techni- keit positive Wachstumsef- sches Wissen geschaffen, wel- fekte. Es handelt sich um ein ches die Grundlage für die In- relativ großes Segment. novationen der betreffenden Unternehmen bildet. Darüber Das vom deutschen Ministerium hinaus tragen auch Kooperatio- für Bildung und Forschung geför- nen mit Wissenschaftseinrich- derte Forschungsprojekt „VIVA- tungen zur Entwicklung der KMU“ hat auf Basis repräsentati- Neuerungen bei. Es handelt ver Betriebsdaten des European sich um ein relativ kleines Seg- Manufacturing Survey (EMS) für ment. Deutschland erstmals unter- → weniger F&E-orientierte Seg- schiedliche Innovationsmuster ment (DUI-Modus „Learning by nicht F&E-treibender Industrieun- Doing, Using and Interacting“): ternehmen mit 20 bis 2.000 Be- Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung 20
Grafik 5 | Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien 2019, Anteile der kleinen und mittleren Unternehmen (10 – 249 Beschäftigte), Österreich und EU 100 Internetzugang 97 98 Breitbandverbindung 96 89 Website 76 Tragbare Geräte mit mobilem 79 Internetzugang für Beschäftigte 59 Soziale Medien 50 42 ERP-Softwarepakete 35 Sprach- oder Videotelefonie 41 über Internet 40 Customer Relationship Management 32 Austausch multimedialer Inhalte 26 (z.B. über YouTube, Flickr, Picasa) 20 Online-Bestellungs- oder 23 Reservierungssysteme auf Website KMU in Österreich 18 KMU im EU-Durchschnitt (EU-27) 19 Online-Verkäufe 17 13 Wiki-basierte Anwendungen 5 9 Blogs 10 0 20 40 60 80 100 Anmerkungen: EU-Wert für Breitbandverbindungen aus 2017, keine EU-Werte verfügbar für tragbare Geräte mit mo- bilem Internetzugang für Beschäftigte sowie Sprach- oder Videotelefonie über Internet. Quelle: Eurostat, Erhebung zum Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in Unternehmen, Aufbereitung: KMU Forschung Austria 21 Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
schäftigten umfassend analysiert. Die identifizierten Innovationsmus- 30 vgl. Som, O. / Dachs, B. (2018) Die identifizierten Innova- ter sind durch ein variables Zu- 31 vgl. Som, O. / Dachs, B. (2018); Anm.: Für tionsmuster nicht F&E-treibender sammenspiel von materiellen und eine detaillierte Beschreibung der Innovationsmuster siehe dort Seite 549ff. Unternehmen in der deutschen immateriellen Ressourcen im Sachgüterproduktion können grob Sinne einer „Innovations-DNA“ ge- in den folgenden vier Gruppen zu- kennzeichnet. Keines der Innovati- sammengefasst werden:30 onsmuster konstituiert sich aus- → Wissensintensive Produkt- schließlich durch strukturelle entwickler Merkmale wie Branchenzu- → Kundengetriebene, technische gehörigkeit oder Unternehmens- Problemlöser größe — im Gegenteil: alle identifi- → Spezialisierte Zulieferer zierten Innovationsmuster finden → Spezialisierte Endprodukt- sich zu relevanten Anteilen in allen hersteller Wirtschaftszweigen und Unterneh- mensgrößenklassen wieder. Aus der Heterogenität der empirisch Grafik 6 | Bedeutung digitaler Technologien bei Innovationen im Gewerbe und Handwerk, in % aller Unternehmen mit der jeweiligen Innovationsart, 2019. Quelle: KMU Forschung Austria 100% 90% 20 29 26 80% 70% 60% 50% 55 40% 59 68 30% 20% 10% 25 12 0% 6 Produkt- / Dienstleistungsinnov. Verfahrens- / Marketing- / Vertriebs- / Geschäftsprozessinnov. Absatzinnov. kein Bestandteil in geringem Ausmaß Bestandteil in hohem Ausmaß Bestandteil Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung 22
identifizierten Innovationsmuster lichkeiten für alle Arten von Inno- die IKT einsetzen, in vielen Berei- ohne F&E erwächst zunächst noch vationen, seien es Produkt-, Pro- chen überdurchschnittlich hoch keine Fördernotwendigkeit, aller- zess-, organisatorische oder Mar- ausfällt. dings sollte eine zukunftsgerich- ketinginnovationen. Im Jahr 2019 lagen viele Indika- tete Innovationspolitik in Öster- Grundsätzlich steigt die Adop- toren zur Nutzung von Informati- reich vor diesem Hintergrund tion aller Arten digitaler Technolo- ons- und Kommunikations- einen breiteren Innovationsbegriff gien (Digitalisierungsgrad) mit der technologien über dem EU-Durch- zugrunde legen.31 Unternehmensgröße an, d. h. klei- schnitt. Österreichs KMU konnten nere Unternehmen weisen einen u. a. auch im Bereich E-Commerce Digitale Innovationen — öster- geringeren Digitalisierungsgrad aufholen und hier erstmals etwas reichische KMU holen auf auf. Im Zeitverlauf werden Öster- besser abschneiden als die KMU reichs KMU aber zunehmend digi- im EU-Durchschnitt. Der Anteil der Ein wesentlicher Ansatzpunkt für taler und eine Betrachtung des Di- kleinen und mittleren Betriebe unternehmerische Innovationen ist gitalisierungsgrads im EU-Ver- (Unternehmen mit 10 bis 249 Be- gegenwärtig die Digitalisierung. gleich (siehe Grafik 5) zeigt, dass schäftigten), die online verkaufen, Sie bietet eine Vielzahl von Mög- der Anteil österreichischer KMU, lag 2019 bei 19 %, während im Jahr Grafik 7 | Beweggründe für erfolgte oder geplante zunehmende Digitalisierung im Gewerbe und Handwerk, in % der Unternehmen, 2019*. Quelle: KMU Forschung Austria 40 Mit dem Trend mitgehen 52 Erwartungen/Anforderungen v. 45 Partner/Kunden erfüllen 45 36 Abheben von der Konkurrenz 30 42 Zugang zu neuen Kunden/Märkten 48 57 Steigerung der Kosteneffizienz 35 0 10 20 30 40 50 60 Kleine u. mittlere Unternehmen (10 bis 249 B.) Kleinstunternehmen (bis 9 B.) * Bezugsgröße für die Beweggründe sind nur Unternehmen mit (erfolgter oder geplanter) zunehmender Digitalisierung. 23 Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
davor erst 13 % der KMU ihre Pro- Österreich ihren Beschäftigten als die KMU in der EU insgesamt. dukte online vertrieben. EU-weit tragbare Geräte mit mobilem In- Der Prozentsatz österreichischer verkauften 2019 17 % der KMU ternetzugang zur Verfügung. Mehr KMU, die über eine eigene Web- über das Internet. Auch der Anteil als 40 % nutzten Sprach- oder site verfügen liegt mit 89 % deut- heimischer KMU mit Online Be- Videotelefonie über Internet. In der lich über dem EU-Durchschnitt stell- oder Reservierungssystemen aktuellen Situation, in der viele (76 %). Auch soziale Medien (59 % auf ihrer Website hat sich im Zeit- KMU aufgrund der Maßnahmen vs. 50 % in der EU insgesamt) inkl. verlauf leicht erhöht und liegt mit zur Eindämmung der Corona-Pan- beispielsweise der Austausch mul- einem Anteil von 23 % über dem demie auf Telearbeit umstellen timedialer Inhalte über Youtube, EU-Durchschnitt von 18 %. mussten, ist davon auszugehen, Flickr, Picasa, o.ä. (26 % vs. 20 %) Die Digitalisierung der Organi- dass sich diese Indikatoren für das werden von österreichischen KMU sation bzw. der Geschäftspro- Jahr 2020 weiter erhöhen werden. im EU-Vergleich häufiger genutzt. zesse in KMU ist 2019 ebenfalls Bei der Nutzung von Big Data und Rund ein Zehntel der österrei- weiter vorangeschritten. 42 % der Cloud Computing, wofür allerdings chischen und europäischen KMU Klein- und Mittelunternehmen in nur Daten aus 2018 vorliegen, betreibt eigene Blogs (inkl. Mikro- Österreich verwenden ERP-Soft- liegen österreichische KMU mit blogs). warepakete und 40 % Customer 6 % (vs. 12 % EU-weit) bzw. 23 % Daten aus der IKT-Erhebung Relationship Management. EU- (vs. 25 %) allerdings noch zurück. 2018 zeigen, dass die Anwendung weit liegen die Anteile bei jeweils Im Bereich Außenauftritt/PR von IKT-Technologien in der rund einem Drittel. Im Jahr 2019 setzen KMU hierzulande zumeist Produktion noch geringe Verbrei- stellten knapp 80 % der KMU in häufiger Digitalisierungsschritte tung hat. So werden sowohl der Grafik 8 | Anteil der strategischen und passiven Digitalisierer im Gewerbe und Handwerk, in % der Unternehmen, 2019. Quelle: KMU Forschung Austria Klein- und Mittelunternehmen 16 84 Kleinstunternehmen 25 75 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% passive Digitalisierer strategische Digitalisierer Die Innovationstätigkeit österreichischer KMU und die Rolle der Digitalisierung 24
3D-Druck als auch Industrie- und die Digitalisierung bzw. die digitale men genannt wird. Aber auch der Service-Roboter erst von jeweils Technologie meist nicht der Zugang zu neuen Märkten und 4 % der österreichischen KMU ein- Hauptaspekt oder -bestandteil der Kunden stellt für Kleinstunterneh- gesetzt. Innovation, sondern ist sehr häufig men ein wichtiges Motiv dar. Ge- mit anderen Technologien oder nerell einen hohen Stellenwert Innovationen weisen heute über- Methoden verschränkt oder unter- nimmt als Motiv auch die Erfüllung wiegend eine digitale Kompo- stützt diese. Dies bedeutet, dass von Erwartungen von Lieferanten, nente auf — die Digitalisierung es bei betrieblichen Innovationen Kunden und anderen Stakeholdern steht aber nicht im Vordergrund i. d. R. nicht um reine Digitalisie- ein, wie auch die Befragung von rungsprojekte geht, sondern die kleinen Unternehmen im Rahmen Eine Erhebung der KMU For- Digitalisierung meist in Verbin- des Projektes „KMU 4.0“ der ACR schung Austria im österreichi- dung mit anderen Innovationsin- gezeigt hat. schen Gewerbe und Handwerk halten steht. (siehe Textbox) erlaubt es, die Vor diesem Hintergrund sind Digitalisierung muss für KMU Rolle und Bedeutung digitaler auch die spezifischen Beweg- einen konkreten wirtschaftli- Technologien bzw. der Digitalisie- gründe/Motive für Digitalisie- chen Nutzen haben rung im Rahmen von Innovations- rungsprozesse in Unternehmen aktivitäten genauer zu bewerten. von Interesse. Zunächst ist festzu- Das Erfüllen von Erwartungen und Unternehmensbefragung im stellen, dass nur die Hälfte der Anforderungen anderer sowie das österreichischen Gewerbe und Kleinstbetriebe (bis 9 Beschäf- Mitgehen mit dem Trend können Handwerk. Befragungszeitraum: tigte) im Gewerbe und Handwerk als „passive“ Handlungsmotive Juli–September 2019. Befragungs- von erfolgten oder beabsichtigten verstanden werden. Rd. 25 % der methode: schriftlicher Fragebo- Digitalisierungsschritten berich- Kleinstunternehmen und rd. 16 % gen. Stichprobenumfang: rd. 2.100 ten. Bei Klein- und Mittelbetrieben der Klein- und Mittelunternehmen KMU, davon Unternehmen mit In- ist dies hingegen bei zwei Drittel digitalisieren ausschließlich aus novationen in den vergangenen der Unternehmen der Fall. Die diesen Gründen und könnten als zwei Jahren: rd. 50 %. Motive und Zwecke für die Digitali- „passive Digitalisierer“ bezeichnet Die Ergebnisse zeigen insge- sierungsschritte unterscheiden werden. Hingegen zielen 75 % bzw. samt, dass die überwiegende sich ebenfalls zwischen den Grö- 84 % der Betriebe mit ihren Digita- Mehrheit aller Innovationen zumin- ßenklassen (siehe Grafik 7). Die lisierungsmaßnahmen auf einen dest in gewissem Ausmaß eine Steigerung der Kosteneffizienz konkreten strategischen Wettbe- digitale Komponente aufweist liegt bei den etwas größeren Be- werbsvorteil ab. (siehe Grafik 6). Vor allem bei In- trieben an erster Stelle und ist we- novationen im Bereich Marketing, sentlich wichtiger (häufiger ge- Vertrieb, Absatz und Kundenkom- nannt) als bei den Kleinstbetrie- munikation sind heute fast immer ben. Kleinstbetriebe nehmen of- digitale Technologien involviert. fensichtlich häufig insofern eine Bei Produkt- und Dienstleistungs- passive Position gegenüber der innovationen kommt rd. ein Viertel Digitalisierung ein, als „mit dem der Neuerungen ohne eine digitale Trend mitgehen“ oftmals als Komponente aus. Andererseits ist Grund für entsprechende Maßnah- 25 Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU 26
Mangel an qualifizierten negativen Einfluss auf die Durch- Mitarbeitern und Mitarbeiterin- führung von Innovationen (siehe nen ist das größte Innovations- Grafik 9). hemmnis Daten auf Basis der Europäi- schen Innovationserhebung (CIS Das in mancher Hinsicht geringere 2018) bestätigen diesen Befund. Innovationsausmaß kleiner Unter- In innovationsaktiven KMU ist vor nehmen ist mit einer Reihe von allem der Hindernisfaktor „Mangel betriebsexternen und -internen an qualifizierten Mitarbeitern und Hemmnissen und mangelnden Mitarbeiterinnen“ von großer Be- Voraussetzungen für die Innovati- deutung. Es folgen Finanzierungs- onstätigkeit dieser Unternehmen hemmnisse, insbesondere bei den verbunden. Ähnliches gilt für den Kleinunterneh-men (10–49 Be- Einsatz digitaler Technologien. schäftigte). Daten des WKÖ-Wirtschaftsbaro- Diese nennen in diesem Zusam- meters zu den größten Hürden menhang u. a. „fehlende Geldmit- bei der Durchführung von Innova- tel für Innovationen im eigenen tionen zeigen, dass personelle Unternehmen“, „Schwierigkeiten, und finanzielle, kostenmäßige staatliche Zuschüsse oder Beihil- Hemmnisse im Vordergrund fen für Innovationen zu bekom- stehen. Auch bürokratische, men“ oder auch „hohe Innovati- regulatorische Hürden haben onskosten“ als Hürden. Grafik 9 | Die größten Hürden bei der Durchführung von Innovationen. Anm.: Mehrfachnennungen möglich. Quelle: WKO (2019): Wirtschaftskraft KMU, auf Basis von Daten gemäß WKÖ Wirtschaftsbarometer, Herbst 2018 Mangel an qualifizierten Mitarbeitern 59 % Hohe Kosten des Projekts 48% Bürokratische Hürden 37 % Steuerliche Belastung und daher kein Spielraum für Investitionen 30 % Fehlende finanzielle Anreize (z.B. Förderungen) 24 % Fehlende Eigemittel 17 % Risiko in Bezug auf die Etablierung der Neuerung am Markt 16 % Risiko in Bezug auf die technische Durchführbarkeit 13 % Probleme innerhalb der Unternehmensorganisation 11 % Leichte Kopierbarkeit der Neuerung durch Mitbewerber 11 % Barrieren, Hemmnisse und Voraussetzungen für Innovation und Digitalisierung in KMU 27 KAPITEL 4
Insgesamt bleibt der Mangel an herbeigeführt werden. Folglich neller Ressourcen und speziali- sehr gut qualifizierten Fachkräften sind neben den technischen Po- sierter Kompetenzen ausgleichen auch in der gegenwärtigen, von tenzialen und Kompetenzen auch und eröffnen die Möglichkeit für der Covid-19 Pandemie geprägten Potenziale wie Motivation, Team- Test- und Experimentierphasen, Situation eine generelle Heraus- und Kooperationsfähigkeit etc. von für die kleine Unternehmen übli- forderung für Unternehmen. Auf- Bedeutung. Zudem gilt es, Innova- cherweise weder Zeit noch Mitar- grund der besonderen Bedeutung tionsprozesse adäquat zu organi- beiter_Innen abstellen können. von qualifiziertem Personal für die sieren, systematisch zu planen Innovationsfähigkeit von innovati- und zu steuern. Die oben genann- Fehlende finanzielle Ressourcen ven KMU sind diese jedoch beson- ten (finanziellen und personellen) und fehlendes Umsetzungs- ders von entsprechenden Engpäs- Ressourcendefizite in KMU behin- Know-how sind große Heraus- sen betroffen. Für innovative Un- dern häufig ein effektives Innovati- forderungen bei der digitalen ternehmen kommt neben einer onsmanagement. Innovationsma- Transformation formalen naturwissenschaftlich- nagement ist besonders für KMU technischen Qualifikation auch ohne eigene F&E relevant. Digitale Technologien sind heute den informalen Fähigkeiten der ein wichtiger Teil vieler, wenn Mitarbeiter_innen (Berufs-, Kooperationen als Schlüssel zu nicht der meisten Innovationen. Markt-, Management-, und Pro- Innovationen — insbesondere für Die Herausforderungen und zesserfahrung) eine besondere KMU Hemmnissen im Zusammenhang Bedeutung zu.32 mit der Digitalisierung in heimi- KMU sind auf Grund ihrer Res- schen Unternehmen wurden u. a. Effektives Innovationsmanage- sourcenrestriktionen gerade auch von Arthur D. Little35 (2019) erho- ment als Erfolgsfaktor für KMU auf Kooperationen (mit Kunden, ben (siehe Grafik 10). Abseits der Zulieferern, Partnerunternehmen immer noch spürbaren Herausfor- In der Literatur werden mitunter oder wissenschaftlichen Einrich- derungen durch die DSGVO 2018 auch Hemmnisse im Bereich des tungen) für einen erfolgreichen In- (die allerdings schon im Abneh- Innovationsmanagements hervor- novationsprozess angewiesen. So men begriffen sind), waren 2019 gehoben, d. h. Hemmnisse bei der ist beispielsweise die Zusammen- vor allem fehlende finanzielle Res- Ausgestaltung der internen Pro- arbeit mit Hochschulen oder For- sourcen (41 %) und fehlendes zesse zur Entwicklung und Ver- schungseinrichtungen einerseits Know-how zur Umsetzung (37 %) wertung von Innovation.33 Dieser ein wichtiger Transferkanal zu in- digitaler Transformationen rele- interne Faktor wird in Unterneh- novationsrelevantem Know-how, vant. Dies entspricht grundsätzlich mensbefragungen oft unterbewer- andererseits erleichtert sie den den Hemmnissen für Innovationen tet. Innovationserfolge brauchen Zugang zu Fördergeldern bzw. im Allgemeinen (die DSGVO kann eine Unternehmenskultur, die zu Fremdkapital. Forschungs- dem oben erwähnten regulatori- Ideen und Kreativität anregt. Um einrichtungen übernehmen häufig schen Bereich zugeordnet das kreative Potenzial der Mitar- auch das Management der Förde- werden). Fehlende bzw. schwer beiter_Innen als Quelle für Innova- radministration.34 Kooperationen definierbare Ziele (32 %) sind ein tion zu erschließen, müssen Frei- (mit Forschungseinrichtungen) weiteres signifikantes Hemmnis. räume geschaffen, Risikobereit- können vor allem auch Innovati- Gemäß KMU-MARKETMIND- schaft gefördert und Austausch onshemmnisse im Bereich perso- Umfrage (2018) von aws und WKO Barrieren, Hemmnisse und Voraussetzungen für Innovation und Digitalisierung in KMU 28
32 vgl. Astor, M. / Dorn, F. / Gerres, S. / liegen die Herausforderungen der versus 39 %).36 Knapp über 30 % Glöckner, U. / Hühnermund, P. / Rammer, Ch. Digitalisierung für rund 59 % der der Unternehmen bezeichnen die / Riesenberger, D. / Schindler, E. (2013) Unternehmen im Unternehmen Finanzierung der Digitalisierung 33 vgl. Astor, M. / Dorn, F. / Gerres, S. / Glöckner, U. / Hühnermund, P. / Rammer, Ch. selbst (z. B. technische und orga- als Herausforderung, insbeson- / Riesenberger, D. / Schindler, E. (2013) nisatorische Aspekte und Kompe- dere Kleinstunternehmen (36 %). 34 vgl. Astor, M. / Dorn, F. / Gerres, S. / tenzen der Beschäftigten). Angebotsseitige Probleme, d. h. Glöckner, U. / Hühnermund, P. / Rammer, Ch. Grafik 11 zeigt, dass dieser Faktor ein Mangel an auf dem Markt ver- / Riesenberger, D. / Schindler, E. (2013) von mittleren Unternehmen (65 %) fügbaren Lösungen (z. B. Zuver- 35 Österreichweite Umfrage bei mehr als 800 KMU. überdurchschnittlich häufig lässigkeit und Komplexität, Ska- 36 Die Häufigkeit der Nennung dieser Punkte genannt wird, allerdings sind in- lierbarkeit, Standardisierungs- ist aber auch auf die Einführung der DSGVO terne Faktoren auch die von anforderungen usw.) werden von 2018 zurückzuführen. Kleinstunternehmen am häufigs- 24 % der Unternehmen erwähnt. 37 vgl. Hölzl, W. (2019) ten genannte Herausforderung (58 Überdurchschnittlich oft nennen 38 Befragt wurden 900 mittelständische %). Datenschutz und Rechtsrah- Kleinstunternehmen (26 %) (nicht kapitalmarktorientierte) Unternehmen in Österreich mit 30 bis 2.000 men nennen 47 % aller Unterneh- diese Herausforderung.37 Auch MitarbeiterInnen. men als Herausforderungen, eine Studie von Ernst & Young Kleinstunternehmen häufiger als (2017)38 zeigt vor allem begrenzte mittlere Unternehmen (49 % finanzielle Möglichkeiten sowie Grafik 10 | Die größten Herausforderungen der Digitalen Transformation für KMU, Nennungen in % der befragten KMU. Quelle: Arthur D. Little (2019) Datenschutzgrundverordnung 2018 43 % Fehlende finanzielle Ressourcen 41 % Fehlendes Know-how zur Umsetzung 37 % Fehlende bzw. schwer definierbare Ziele 32 % Fehlender Umsetzungsplan 25% Leistungsstarke Internetverbindung 25 % Zu wenig Information 25 % Gesetzliche Vorgaben als Hürden 24 % Fehlendes Verständnis der Mitarbeiter 16 % Veraltete Infrastruktur 10 % Mangelnde Unterstützung durch Führung 7% 29 Innovation und Digitalisierung für die Zukunftsfähigkeit von KMU
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