Institutsbericht 2022 - ZHAW
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Die rechte Bildhälfte zeigt den 900 Kubikmeter grossen Heissluftballon HB-QZT Homebuilt, der vom international bekannten Schweizer Heissluft- ballonfahrer Stefan Zeberli 2020 selbst gebaut wurde. Die linke Bildhälfte zeigt die von Jessica Stoll im Rahmen ihrer Masterarbeit simulierte Luft- strömung im Ballon 30 Sekunden nach Bren- nerstart.
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics Vorwort Ich nutze dieses Vorwort, um in eigener Sache zu informieren: Endlich sind meine F&E-Projekte um- fangreich genug, um diese als eigenständigen thematischen Schwerpunkt zu präsentieren. Erste Re- sultate werden in diesem Forschungsbericht sowie auch auf der ICP-Website gezeigt. Darüber hinaus beschreibt Kapitel 6 meine Vision, wie wir am ICP die Simulation im Gebäudebereich in den nächsten Jahren noch weiterentwickeln möchten. Ich bin überzeugt, dass wir damit einen Mehrwert schaffen und dass Computersimulationen für Gebäudeplanung und -betrieb auch aus ökologischer Sicht Sinn erge- ben. Die Sichtbarkeit ist wichtig für die weitere Akquisition und hat auch eine positive Ausstrahlung in die Lehre. Es gibt den Projekten zusätzlichen Schwung, wenn die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Aktivitäten erkennbar werden und die Themen in den Auftritt des Instituts eingebettet sind. Es freut mich dabei sehr, dass einige Forschungstätigkeiten, die schon vor meiner Zeit am ICP begonnen und in den letzten Jahren weiter vertieft wurden, nun sehr gut in das neue Feld passen: So wurde die Simulation von Personenströmen nun auch auf Innenräume erweitert (lesen Sie dazu den Beitrag 5.1). Weiter un- terstützt das Thermolabor die Gebäudesimulation mit wichtigen Beiträgen im Zusammenhang mit dem digitalen Zwilling und der Validierung der Modellierung. Der Aufbau eines eigenen thematischen Schwerpunkts hat seit meinem Start an der ZHAW im Oktober 2015 nun einige Jahre gedauert. Einerseits war es meine Absicht, zu warten, bis die kritische Masse überschritten wurde. Andererseits sind im mehrfachen Leistungsauftrag die Prioritäten oft von aussen gegeben. Es ist schwierig, neben dem Tagesgeschäft und der Lehre die Intensität aufrechtzuerhalten, die es fürs Antragschreiben braucht, und mit der man die eigenen Projekte vorantreiben kann. Es ist aber typisch ICP, dass die F&E neben der Lehre eine sehr wichtige Rolle einnimmt, und ich bin stolz darauf, dass sich dies in meiner eigenen Tätigkeit nun auch so zeigt. Ich möchte an dieser Stelle meinen Kolleginnen und Kollegen am ICP danken, die mich immer grossartig unterstützt haben. Sie haben mich jederzeit darin bestärkt, diesen Weg weiterzuverfolgen, und ich freue mich darauf, mit Multiphysik- Simulationen im Gebäudesektor aktiv zu sein. Andreas Witzig, Institutsleiter ICP Link: https://www.zhaw.ch/de/engineering/institute-zentren/icp/gebaeudesimulation/ Zürcher Fachhochschule I www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics Inhaltsverzeichnis Vorwort I Inhaltsverzeichnis II 1 Multiphysik-Modellierung 1 1.1 Multiphysik-simulationsgestütze Entwicklung einer aktiven Magnetfeldsteuerung für industrielle Anwendungen mit schwebenden Körpern ........................................................ 2 1.2 Evaluation von Cloud-Computing-Anbietern im Hinblick auf Massive Simultaneous Cloud Computing (MSCC), Effizienz und Usability aus Sicht eines Ingenieurs ................. 3 1.3 Simulation des Pumpmechanismus von Schlauchpumpen ................................................ 4 1.4 Das hydromechanische Verhalten von Brüchen in Opalinuston: Kombination von Rauheitsmessungen und Computersimulationen ............................................................... 5 1.5 Massive Simultaneous Cloud Computing (MSCC) für datengetriebene Optimierung von SOFC-Elektroden ......................................................................................................... 6 1.6 Modellbasierte Optimierung von MIEC-SOFC-Anoden ...................................................... 7 1.7 Digitales Mikrostruktur Repository (DMR) für Daten-basierte Entwicklung von Energiematerialien .............................................................................................................. 8 1.8 PhysioCath: Verbesserter Mikrokatheter-Blutflusssensor .................................................. 9 1.9 Simulation der Hüllentemperatur eines Heissluftballons .................................................. 10 1.10 Schlierenfotografie: Strömungsanalyse beim WIG-Schweissen ...................................... 11 1.11 Nichtlineare Thermomechanik des Oberflächenwachstums für additive Fertigungsanwendungen................................................................................................... 12 2 Elektrochemische Zellen und Mikrostrukturen 13 2.1 Makroskopische Zellmodelle für organische Redox-Flow-Batterien ................................. 14 2.2 Bestimmung des Einflusses der porösen Elektrodenmesostruktur auf die elektro- chemische Leistung von Redox-Flow-Batterien ............................................................... 15 2.3 3-D-Modell des Wasser- und Wärmetransports in PEMFCs bei Verdunstungskühlung und Befeuchtung ............................................................................................................... 16 3 Organische Elektronik und Photovoltaik 17 3.1 Neuartige Halbleiterbauelemente ..................................................................................... 18 3.2 Neue Tools für die Charakterisierung von Quantenpunkt-Displays .................................. 19 3.3 Untersuchung des Ladungstransports in organischen Halbleitern mit elektro- chemischen Methoden und theoretischen Modellen ........................................................ 20 3.4 Multispektrale Bildanalyse und maschinelles Lernen für PV-Qualitätssicherung ............. 21 3.5 Organische Terahertz-Photonik ........................................................................................ 22 3.6 Dynamik von Ladungstransferzuständen in organischen Halbleiterbauelementen: Kombination von Experiment und Simulation (CTDyn) ..................................................... 23 4 Sensorik und Messsysteme 24 4.1 Entwicklung eines Thermotherapiegeräts für die Behandlung der kutanen Leishmaniose .................................................................................................................... 25 Zürcher Fachhochschule II www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 4.2 Eine neue thermografische Methode zur Quantifizierung der Schweissdrüsen- aktivität in vivo ................................................................................................................... 26 4.3 Design und Entwicklung von künstlichen Hautmodellen für taktile Sensoranwen- dungen .............................................................................................................................. 27 4.4 Tragbares Gerät zur Frühdiagnose von Lymphödemen ................................................... 28 5 Gebäudesimulation 29 5.1 Simulation von Personenströmen und der damit verbundenen Ausbreitung von Infektionskrankheiten ........................................................................................................ 30 5.2 ThermoPlaner3D - Detaillierte Energiebeurteilung von Gebäuden aus gross- flächiger 3D-Thermografie ................................................................................................ 31 5.3 3D-Architektenpläne für Gebäudesimulation zugänglich gemacht ................................... 32 5.4 Raumklima-Optimierung aus dem digitalen Zwilling ......................................................... 33 5.5 Digitaler Zwilling II: Livedaten in der Mivune Building Cloud ............................................ 34 5.6 Digitaler Zwilling III: Messtechnik in Cloudanwendungen ................................................. 35 5.7 Vergleich zwischen Konvektions- und Strahlungsheizung in Bezug auf die Feuchtig- keit in einer Backsteinwand mit EPS-Dämmung .............................................................. 36 5.8 Schlanke Gebäudetechnik mit Simulation unterstützen ................................................... 37 6 Multiphysik-Simulationen für Gebäude und Quartiere 38 Anhang 42 A.1 Studierendenprojekte ........................................................................................................ 42 A.2 Wissenschaftliche Publikationen ....................................................................................... 43 A.3 Buchkapitel ........................................................................................................................ 47 A.4 Konferenzen und Workshops ............................................................................................ 47 A.5 Vorlesungen ...................................................................................................................... 48 A.6 ICP-Spin-off-Firmen .......................................................................................................... 50 A.7 ICP-Mitarbeitende ............................................................................................................. 52 A.8 Standort ............................................................................................................................. 53 Zürcher Fachhochschule III www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1 Multiphysik-Modellierung Multiphysik-Modelle sind wirksame Werkzeuge, um eine grosse Bandbreite an physikalischen Phäno- menen zu erkunden, und so die Energieflüsse, Strukturen, elektromagnetische, thermodynamische, chemische und akustische Effekte miteinander zu verbinden. Auf diesem Gebiet gab es in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte und die potenzielle Reichweite der Anwendungen wurde stetig ausge- weitet. Zudem wurden numerische Methoden immer ausgefeilter und an die verfügbaren, wachsenden Rechnerkapazitäten angepasst. Heutzutage sind detaillierte physisch-chemische Modelle kombiniert mit belastbaren numerischen Lösungsmethoden beinahe zu einer Notwendigkeit für die Planung und Optimierung multifunktionaler technischer Apparate und Prozesse geworden. Am ICP machen wir angewandte Forschung auf dem Gebiet der Multiphysik-Modelle und entwickeln Finite-Elemente- ebenso wie Finite-Volumen-Simulationssoftware. Unsere weitläufige Erfahrung in numerischer Analyse, Modellierung und Simulation erlaubt es uns, si- mulationsbasierte Optimierung in vielen Fachgebieten erfolgreich anzuwenden. Dabei sind wir mit einer grossen Bandbreite an physikalischen Gleichungen vertraut und finden auch dann numerische Lösun- gen, wenn die Effekte in enger Wechselwirkung zueinander stehen. Wir entwickeln auch Ein-Zweck- Werkzeuge, die auf die Bedürfnisse unserer Partner spezifisch zugeschnitten sind, und wir nutzen kom- merzielle Software dort, wo sie besser geeignet ist. Zu unseren Spezialitäten auf diesem Gebiet gehören die Anwendung, Erweiterung und Entwicklung gekoppelter Modelle mittels unserer eigenen Finite-Element-Software SESES, der Fluiddynamik-Soft- ware OpenFoam (Open Source) und kommerziell angebotener Produkte wie COMSOL. G. Boiger M. Boldrini V. Buff S. Ehrat L. Hocker L. Holzer M. Hostettler L. Keller V. Lienhard P. Marmet J. Michel Rivero Y. Safa A. Schubiger D. Sharman B. Siyahhan J. Stoll Zürcher Fachhochschule 1 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.1 Multiphysik-simulationsgestütze Entwicklung einer aktiven Magnet- feldsteuerung für industrielle Anwendungen mit schwebenden Kör- pern Mechanische Körper in Prozessströmen sind für viele industrielle Anwendungen eine Notwen- digkeit. Solche Körper können Prozesssteuerungsanforderungen erfüllen oder werden als Sen- soren benötigt. Die Begrenzung des Einflusses dieser Körper auf den Prozess selbst ist ein häu- figes Optimierungsziel. Aus diesem Grund wurde eine aktive Magnetfeldsteuerung entwickelt, die das freie Schweben solcher Körper in Prozessströmen ermöglicht. Mitwirkende: G. Boiger, A. Schubiger, M. Boldrini, V. Buff Partner: Vertraulich Finanzierung: Innosuisse Dauer: 2019–2021 In vielen industriellen Anwendungen muss die Die Dauermagnete des Systems dienen dazu, den Schnittstelle zwischen Sensoren oder Prozesssteue- Gravitationskräften auf den schwebenden Körper rungsteilen mit dem Prozess selbst, begrenzt wer- entgegenzuwirken und sind so konfiguriert, dass der den. Da diese Körper Strömungen beeinflussen, schwebende Magnet in zwei Raumrichtungen stabili- Druckverluste oder Strömungsstillstände verursa- siert wird. Um den Schwebemagneten in der dritten chen, ist es wünschenswert, sie auf nicht-intrusive Raumrichtung aktiv zu steuern, werden Magnetspu- Weise zu implementieren. Um dies zu erreichen, len eingesetzt (Abbildung 2). wurde eine aktive Magnetfeldsteuerung entwickelt, Das System verwendet Hallsonden, die die Position die es einem mechanischen Körper ermöglicht, in ei- des Schwebemagneten mit einer hohen Frequenz ner stabilen Position innerhalb einer Strömung zu überwachen. Dies ermöglicht es dem Steuerungsal- schweben. Durch die Vermeidung von jeglichem gorithmus des Systems, den Strom der aktiven Spu- Kontakt mit der Umgebung kann der Einfluss auf die lenmagnete anzupassen. Durch diese schnelle An- Strömung minimiert und gleichzeitig jegliche Strö- passung ist es möglich, die Position des Schwebe- mungsstillstände vollständig vermieden werden. Die magneten innerhalb eines Zehntelmillimeters um den Entwicklung eines solchen Systems wurde auf der Kraftnullpunkt zu halten und zu steuern. Durch diese Grundlage von Multiphysik-Modellen abgeschlossen, genaue und schnelle Steuerung ist das System die mit OpenFoam und Comsol erstellt wurden (Ab- äusserst energieeffizient. Da die Schwerkraft durch bildung 1). die Permanentmagnete ausgeglichen wird und das Steuersystem den Schwebemagneten am Kraftnull- punkt hält, kann das System mit einem minimalen (
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.2 Evaluation von Cloud-Computing-Anbietern im Hinblick auf Mas- sive Simultaneous Cloud Computing (MSCC), Effizienz und Usabi- lity aus Sicht eines Ingenieurs Im Rahmen dieses intern finanzierten Projektes wird eine Evaluation unterschiedlicher HPC- Cloud-Computing-Anbietern in Bezug auf Effizienz und Benutzerfreundlichkeit bzw. User Expe- rience durchgeführt. Hauptanwendung sind COMSOL Multiphysics und die Möglichkeiten, wel- che die Cloud für grosse Simulationen und Parameterstudien in Anbetracht von Skalierbarkeit und Flexibilität bietet. Besonderes Augenmerk wird auf Massive Simultaneous Cloud Computing (MSCC) gelegt. Mitwirkende: A. Schubiger, G. Boiger Partner: Intern Finanzierung: Intern Dauer: 2022 Der Bereich der numerischen Simulation ist heute mit - Datenübertragung steigenden Anforderungen an datenintensive Unter- - Speicherung von Daten suchungen konfrontiert. Einerseits erfordern ingeni- - Automatisierung eurwissenschaftliche Aufgabenstellungen Parame- - Dokumentation / Support terstudien, Sensitivitätsanalysen und Optimierungs- - Preisgestaltung läufe in immer größerem Umfang. Zum anderen drängt der Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) mit seinem notorischen Datenhunger dazu, immer um- fangreichere, numerisch abgeleitete Lern-, Test- und Validierungsdaten für das Training von z. B. künstli- chen neuronalen Netzen (KNN). Andererseits hat das aktuelle Zeitalter des Cloud Computing die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass heutzutage jeder Nutzer von Simulationssoft- ware Zugang zu potenziell unbegrenzten Hardware- ressourcen hat [1]. Hat man sich entschieden, seine Applikationen bzw. Simulationen in die Cloud auszulagern, steht man vor der Herausforderung, welcher der vielen momentan verfügbaren Anbieter die eigenen Geschäftsbedürf- nisse und -anforderungen erfüllt. Die Anbieter unter- scheiden sich stark im Angebot und in der Art und Weise, wie mit der Cloud interagiert wird. Diese Studie fokussiert sich auf COMSOL Multiphy- iscs. COMSOL Multiphysics unterstützt mit Hilfe ihrer Partner, ihre Software in einer Virtual Private Cloud (VPC) auszuführen. Zu diesen offiziellen Partnern Abb. 1: Parameterstudie mit 30 simultanen COMSOL Simulationen gehören Nimbix, rescale, TotalCAE, CPU 24/7, Pen- mit dem Kaleidosim Cloud-Companion. guin Computing und Compute Canada. Zusätzlich zu diesen offiziellen Partnern soll der von Kaleidosim Literatur: spezifisch für COMSOL Multiphysics neu entwickelte [1] Boiger, Gernot Kurt, et al. "A massive simultaneous cloud com- Cloud-Companion (Abb. 1) getestet werden. puting platform for OpenFOAM." 9th OpenFOAM Conference, on- line, 19-20 October 2021. ZHAW Zürcher Hochschule für Ange- Die unterschiedlichen Anbieter werden sowohl unter wandte Wissenschaften, 2021. technischen Aspekten als auch unter dem Aspekt der [2] Laugwitz, B., Schrepp, M. und Held, T. (2006): Konstruktion eines Fragebogens zur Messung der User Experience von Softwarepro- Benutzerfreundlichkeit bzw. der User Experience [2] dukten. In: Heinecke, A. M. und Paul, H. (Hrsg.): Mensch & Compu- bewertet und es soll der gesamte Workflow der Erst- ter 2006 – Mensch und Computer im Strukturwandel. Oldenbourg Verlag, S. 125–134 einrichtung und der täglichen Ingenieurarbeiten be- rücksichtigt werden. Die Studie beinhaltet Aspekte wie: - Erstellung eines Kontos - Lizenzeinbindung Zürcher Fachhochschule 3 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.3 Simulation des Pumpmechanismus von Schlauchpumpen Schlauchpumpen werden bei der Förderung von Flüssigkeiten von kleinen Volumenströmen ein- gesetzt. Ihr Vorteil gegenüber anderen Pumptypen liegt unter anderem darin, dass die Förder- menge idealerweise proportional zur Pumpdrehzahl und unabhängig von den Betriebsbedingun- gen eingestellt werden kann. Dies bedingt jedoch, dass die mechanischen Effekte des Schlau- ches vernachlässigbar klein sind. Bei höheren Pumpraten oder dem anwendungsbedingten Ein- satz von suboptimalen Schlauchmaterialien können diese Effekte das Fördervolumen jedoch massgeblich beeinträchtigen. Im Rahmen eines Innosuisseprojekts wurde ein Simulationsmo- dell erarbeitet, welches das Pumpenkennfeld unter Berücksichtigung der dynamischen Eigen- schaften des Schlauches bestimmt. Mitwirkende: M. Hostettler, G. Boiger Partner: Vertraulich Finanzierung: Innosuisse Dauer: 2019–2022 Für die Förderung von Flüssigkeiten steht eine Viel- bislang rein experimentell aus einer Vielzahl von auf- zahl von unterschiedlichen Pumptypen zur Verfü- wändigen Messungen ermittelt. gung. Jedes Pumpenprinzip bietet dabei individuelle Im Rahmen dieses Projektes wurde nun ein physika- Vor- und Nachteile. Da die Auswahl eines Pumpsys- lisches Modell erstellt, um die komplexen viskoelasti- tems oftmals anwendungsspezifisch eingeschränkt schen Materialeffekte abzubilden und den Pumppro- ist, gilt es, den Schwächen und Limitierungen der ein- zess einer spezifischen Peristaltikpumpe mittels nu- gesetzten Pumpe Rechnung zu tragen. merischer Simulation nachzubilden. Dies ermöglicht So werden zum Beispiel Schlauchpumpen einge- eine weitaus kostengünstigere Charakterisierung des setzt, wo das geförderte Medium nicht in Kontakt mit Pumpsystems. der Umwelt kommen darf. Sie beruhen auf dem Prin- zip, dass das in einem Schlauch geführte Medium durch gezieltes, mechanisches Zerquetschen des Schlauches entlang diesem gefördert wird (siehe Abb. 1). Dies geschieht durch externe Rollen oder Schieber, welche einen zyklischen Bewegungsablauf ausführen. Im Idealfall ist das geförderte Volumen pro Zyklus dabei konstant, da es durch die Geometrie der äusseren Peristaltik vorgegeben wird. Das be- dingt jedoch, dass der Schlauch diesem Bewegungs- ablauf gleichbleibend folgt und es nicht zu einem Ab- heben der Peristaltik kommt. Dies kann aber je nach Materialeigenschaften und Fördergeschwindigkeit durchaus vorkommen und führt direkt zu einer Durch- satzeinbusse. Abb. 2: Vergleich Messungen (Kreuze) und Simulation für drei un- terschiedliche Pumpraten. Aufgetragen ist das geförderte Volumen pro Zyklus über die Zeit. Basierend auf den Erkenntnissen von aufwändigen 3D-Fluid-Struktur-Interaktionssimulationen, der Ana- lyse von konstitutiven Materialmodellen und unter Abb. 1: Querschnitt durch die Pumpenperistaltik mit den externen Schiebern in rot und dem zerquetschten Schlauch in blau. Einbezug analytischer Fluiddynamik konnte ein ver- einfachtes Pumpenmodell bestimmt werden, wel- Die Prognose solcher Durchflussverluste bedingt ein ches das mechanische Verhalten des Schlauches in Verständnis der komplexen dynamischen Eigen- der Peristaltik beschreibt. Des Weiteren wurden spe- schaften des Schlauchmaterials unter dem Einfluss zifische Messverfahren entwickelt für die Erhebung von äusseren Rahmenbedingungen wie Pumprate der relevanten Schlaucheigenschaften. und Schlauchinnendruck. Zusätzlich unterliegen die Für die Validierung der Ergebnisse wurden Verglei- mechanischen Eigenschaften des Schlauchmaterials che mit Durchflussmessungen an realen Schlauch- noch Temperatur- und Ermüdungseffekten. Die Cha- pumpen herangezogen (siehe Abb. 2). rakterisierung des Pumpenkennfeldes wurde daher Zürcher Fachhochschule 4 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.4 Das hydromechanische Verhalten von Brüchen in Opalinuston: Kombination von Rauheitsmessungen und Computersimulationen Im Zusammenhang mit der Lagerung von gefährlichen Stoffen in Gesteinseinheiten ist das Vor- handensein von Rissen von besonderem Interesse, da sie die Transporteigenschaften des Ge- steins grundlegend verändern können. Bei der Lagerung radioaktiver Abfälle in Tongesteinen bilden sich durch die Bautätigkeit Bruchzonen; es ist aber auch möglich, dass sich während der langen Lagerung Scherzonen bilden, die die Transporteigenschaften lokal verändern. Es ist da- her von grundlegender Bedeutung, den Materialtransport in Klüften, die sich in Tongesteinen bilden, zu verstehen. Die vorliegende Studie untersucht die Wandrauhigkeit natürlicher Scher- brüche im Opalinuston, einem jurassischen Schiefer, der in der Schweiz als Wirtsgestein für radioaktive Abfälle vorgesehen ist. Die Höhenverteilung der Bruchflächen wurde optisch gemes- sen und charakteristische Größen wie die mittlere quadratische Höhe und die fraktale Dimension wurden aus dem Rauhigkeitsspektrum bestimmt. Die gemessenen Rauhigkeitsleistungsspek- tren wurden dann als Input für die Erstellung von künstlichen Bruchmodellen verwendet, die wiederum für virtuelle Kompressionsexperimente und numerische Strömungssimulationen zur Vorhersage der hydromechanischen Eigenschaften in einzelnen Brüchen des Opalinustons ein- gesetzt wurden. Mitwirkende: L. Keller Partner: Nagra, EURAD Finanzierung: Nagra, EURAD Dauer: 2020–2023 Die Rolle der Oberflächenrauhigkeit von Brüchen in das wiederum die hydromechanischen Eigenschaf- Opalinuston und in Gesteinen im Allgemeinen ist ten steuert (Abb. 1). Je niedriger hrms und Df sind, wichtig für das Verständnis des hydromechanischen desto höher ist die Bruchsteifigkeit bzw. desto gerin- Verhaltens von Brüchen. Trotz umfangreicher For- ger ist die Bruchnachgiebigkeit. Vergleichsweise klei- schungsarbeiten auf diesem Gebiet ist die detaillierte nere Werte von hrms und Df führen zu einer größeren Beziehung zwischen Rauheitsparametern, Bruch- Anzahl von Kontaktflächen, was die Bruchsteifigkeit kontaktverhalten, mechanischen Eigenschaften von erhöht und die Durchlässigkeit verringert. Darüber Brüchen und Transporteigenschaften noch nicht ab- hinaus beeinflusst die Kontaktbildung die Verteilung schließend geklärt. Es wurden zwei verschiedene des Restwassers während der Entwässerung. Mit zu- Bruchflächen von Scherbrüchen im Opalinuston un- nehmender Kompression und der damit verbunde- tersucht. Die Bruchflächen (Abb. 1) wurden auf der nen Bildung neuer Kontaktbereiche werden die Regi- Grundlage ihres Rauhigkeitsspektrums charakteri- onen der angeschlossenen Wasserkörper grösser. siert. Es wurde festgestellt, dass die glatten Bruchflä- chen bis zur längsten Skala fraktal-ähnlich sind, mit einer fraktalen Dimension Df ~ 2,1 und keinem Roll- off-Bereich bei langen Wellenlängen. Im Gegensatz dazu weisen die glasartigen Bruchflächen einen Roll- off-Bereich auf, der für eine flache Oberfläche mit eher kleinen und lokalen topografischen Höhenunter- schieden charakteristisch ist. Die glasartige Bruchflä- che ist nahezu fraktal mit Df ~ 2,0. Die beiden Ober- flächen unterscheiden sich signifikant in ihrer mittle- ren quadratischen Höhe (hrms), die im Fall der Sli- ckensides im Bereich von einigen Dutzend Mikrome- tern (abhängig von der Größe des untersuchten Be- reichs) und im Fall des glasartigen Bruchs bei einigen Mikrometern liegt. Das gemessene Rauheitsleis- tungsspektrum wurde zur Erstellung von Bruchmo- Abb. 1: Gemessene Topographie der Scherflächen (a), die zur Er- stellung von Bruchmodellen (b) verwendet wurde. Diese wiederum dellen verwendet, die als Input für virtuelle Druckver- wurden virtuell durch Kompression geschlossen (b) und die sich än- suche dienten (Abb. 1). Die Rauheitsparameter hrms dernden Transporteigenschaften berechnet (c). und Df beeinflussen das Kontaktbildungsverhalten, . Zürcher Fachhochschule 5 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.5 Massive Simultaneous Cloud Computing (MSCC) für datengetrie- bene Optimierung von SOFC-Elektroden Digital Materials Design (DMD) ermöglicht eine systematische modellbasierte Entwicklung und Optimierung von Materialsystemen und Mikrostrukturen. Die Anwendung von DMD für die Ent- wicklung von Solid Oxide Fuel Cell (SOFC)-Elektroden führt zu einem sehr grossen Parameter- raum, der mit konventionellen Rechenressourcen sehr zeitaufwändig ist. Das Konzept des Mas- sive Simultaneous Cloud Computing (MSCC) ermöglicht den Zugriff auf nahezu unbegrenzte Re- chenressourcen auf Abruf. Diese drastische Reduktion der Rechenzeiten ermöglicht die volle Nutzung des DMD-Ansatzes für die Entwicklung der nächsten Generation von SOFC-Elektroden. Mitwirkende: L. Holzer, P. Marmet, T. Hocker, G. Boiger, J. M. Brader, J. G. Grolig, H. Bausinger, A. Mai, S. Reeb, M. Fingerle Partner: Hexis AG, Math2Market GmbH, Kaleidosim Technologies AG Finanzierung: Bundesamt für Energie (BFE), Eurostars Dauer: 2019–2023 Digital Materials Design (DMD) ist ein moderner An- Ein Beispiel für eine Parameterstudie ist in Abb. 2 satz zur modellbasierten Materialoptimierung. In un- dargestellt, wobei die Zusammensetzung und Poro- serem DMD-Ansatz zur Optimierung von SOFC- sität einer Titanat/CGO-Anode variiert werden. Elektroden kombinieren wir stochastische Mikro- strukturmodellierung (d. h. Simulation der Auswir- kung von Fertigungsparametern auf 3D-Morpholo- gien), virtuelle Tests von 3D-Mikrostrukturen und ein Multiphysik-Elektrodenmodell. Damit kann ein gros- Porosity → ser Parameterraum als Basis für die datengetriebene Mikrostrukturoptimierung untersucht werden. a) b) Composition → Abb. 2: Beispiel einer Parameterstudie für verschiedene Porositäten und Zusammensetzungen einer Titanat/CGO-Anode. Die virtuellen Mikrostrukturen werden mit einer Kom- bination von 3D-Analysen und numerischen Simula- tionen charakterisiert. Anschliessend werden die Abb. 1: a) Virtuelle Titanat/CGO-Struktur einer SOFC-Anode mit si- Mikrostruktureigenschaften als Input für ein Elektro- muliertem Potentialabfall, b) Vergleich der Rechenzeit mit klassi- schem und MSCC-Ansatz. denmodell verwendet, welches die Leistungsfähig- Allerdings begrenzen lange Rechenzeiten oft den keit der Elektroden berechnet (Abb. 3). Die Analyse Einsatz von grossen Parameterstudien. In einer Zu- dieser Ergebnisse führt schliesslich zu neuen De- sammenarbeit von der ZHAW, der Kaleidosim AG signrichtlinien für optimierte SOFC-Elektroden. und der Math2Market GmbH wurden kürzlich neue Konzepte für Massive Simultaneous Cloud Compu- ting (MSCC) entwickelt, die den Zugang zu nahezu unbegrenzten Rechenressourcen ermöglichen. Tau- sende von Mikrostrukturen können parallel berechnet werden. Für eine Parameterstudie mit beispielsweise 103 -104 3D-Szenarien, wie in Abb. 1 b) visualisiert, beträgt die Rechenzeit für stochastische Simulatio- nen und zugehörige virtuelle Tests mit einem klassi- schen Ansatz auf einem lokalen Server typischer- weise mehr als 1 Jahr. Im Gegensatz dazu ist die Re- chenzeit mit MSCC nahezu unabhängig von der An- zahl der Parameterkombinationen und reduziert sich Abb. 3: Flächenspezifischer Anodenwiderstand als Funktion der Po- rosität und Zusammensetzung einer Titanat/CGO-Anode. daher auf nur 1–2 Tage. Zürcher Fachhochschule 6 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.6 Modellbasierte Optimierung von MIEC-SOFC-Anoden Kosten und Lebensdauer sind zurzeit die limitierenden Faktoren für den breiteren Einsatz von Festoxid-Brennstoffzellen (SOFC) mit Erdgas zur kombinierten Erzeugung von elektrischem Strom und Wärme. Darum ist eine systematische Optimierung von Materialien und Zell-Design erforderlich, um die Effizienz und Lebensdauer zu steigern. In unserem Ansatz setzen wir auf digitales Materialdesign (DMD), wobei Methoden der Multiphysik-Simulation, 3D-Mikrostruktur- charakterisierung (Tomographiedaten), und elektrochemische Impedanzspektroskopie (EIS) kombiniert werden. Basierend auf dem DMD-Ansatz werden die Beziehungen zwischen Materi- aleigenschaften, Mikrostruktur, Zell-Design und Performance auf einem quantitativen Level er- arbeitet. Dieser Ansatz ermöglicht die Definition von Design-Richtlinien für optimierte Elektro- den und beschleunigt den Innovationszyklus für zukünftige SOFC-Geräte. Mitwirkende: P. Marmet, L. Holzer, T. Hocker, J. Brader, J. Grolig, H. Bausinger, A. Mai Partner: Hexis AG Finanzierung: Bundesamt für Energie (BFE) Dauer: 2019–2022 Für die nächste Generation von SOFC (Solid Oxide Simulation der EIS-Spektren sowie des DC-Verhal- Fuel Cells) verlangt der Markt nach höherem Wir- tens während des normalen Zellbetriebs. Damit wer- kungsgrad, längerer Lebensdauer und niedrigeren den ein grundlegendes Verständnis der komplexen Systemkosten. Um diesen Anforderungen gerecht zu Prozesse und eine Separierung der EIS-Spektren er- werden, arbeiten wir an neuen Anodenkonzepten, reicht. Mit dem digitalen Materialdesign-(DMD)-An- die auf Mischleitern (mixed ionic and electronic satz kann der Effekt von Mikrostrukturvariationen er- conductors, MIEC) wie dotiertem Ceroxid und Tita- fasst werden. Reale Mikrostrukturen werden dazu mit nat-Materialien basieren. Aufgrund der komplexen FIB-Tomographie für eine kleine Anzahl von fabri- physikalisch-chemischen Prozesse, die den Gas- zierten Zellen mit unterschiedlicher Zusammenset- transport in den Poren, den Transport von Ionen und zung und Porosität erfasst (Abb. 1 links). Stochasti- Elektronen in der Ceroxidphase, die Brennstoffoxida- sche digitale Zwillinge mit passenden Mikrostruktur- tionsreaktion an der Oberfläche des Ceroxids usw. parametern werden für jede reale Struktur konstru- beinhalten, gibt es zahlreiche entgegengesetzte An- iert, wie in Abb. 1 (rechts) und Abb. 2 dargestellt. Auf forderungen, welche den Entwicklungsprozess er- dieser Basis können Mikrostrukturen auf eine realis- schweren. Für eine systematische Optimierung des tische Weise virtuell variiert werden. Die Mikrostruk- Systems sind daher ausgefeilte Methoden erforder- turanalyse ermöglicht die Quantifizierung morpholo- lich, die sowohl mathematische Modelle als auch ex- gischer Merkmale (Tortuosität, Porosität usw.) und perimentelle Methoden umfassen. der damit verbundenen Transporteigenschaften. Mit dem Multiphysik-Simulationsmodell kann schliesslich der Einfluss der Mikrostrukturvariation auf die Zellen- leistung berechnet werden. Abb. 1: Stochastische digitale Zwillinge mit passenden Mikrostruk- turparametern werden für eine kleine Anzahl realer Mikrostrukturen konstruiert und ermöglichen eine virtuelle, aber realistische Mikro- strukturvariation für einen grossen Parameterraum. Abb. 2: Visueller Vergleich der realen Mikrostrukturen mit den zuge- hörigen digitalen Zwillingen. In der SOFC-Forschung ist die elektrochemische Im- pedanzspektroskopie (EIS) ein wesentliches Charak- Indem die Beziehung zwischen Materialeigenschaf- terisierungswerkzeug, das als Grundlage für die Ma- ten, Mikrostruktur, Zelldesign und Leistung herge- terialoptimierung auf Elektroden-, Zellen- und Stack- stellt wird, können Richtlinien für ein neues Anoden- Level dient. Am ICP entwickelte Multiphysik-Simula- materialdesign abgeleitet werden. Dies ermöglicht tionsmodelle mit AC- und DC-Modi ermöglichen die eine schnellere und systematischere Entwicklung neuer SOFC-Elektroden. Zürcher Fachhochschule 7 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.7 Digitales Mikrostruktur Repository (DMR) für Daten-basierte Ent- wicklung von Energiematerialien Die zunehmende Digitalisierung in der modernen Materialentwicklung auf Mikrostrukturebene generiert einen immer grösser werdenden Bedarf an 3D-Bilddaten aus Mikro-Tomographie. Um diesen Bedarf besser abzudecken, hat die ZHAW in Zusammenarbeit mit der Math2Market GmbH angefangen, ein Digitales Mikrostruktur Repository (DMR) aufzubauen. Dieses soll der For- schungsgemeinschaft für die Speicherung, den Austausch und die Organisation von Tomogra- phiedaten zur Verfügung stehen. Das DMR fokussiert insbesondere auf Bilddaten von Energie- materialien, wie beispielsweise Elektroden von Batterien oder Brennstoffzellen. Mitwirkende: L. Holzer, P. Marmet, V. C. Klaas, A. Fürholz Partner: Math2Market GmbH Finanzierung: Eurostars Dauer: 2021–2023 Konventionelle Materialentwicklungen basieren typi- tige Rolle im DMD-Arbeitsablauf, um die Speiche- scherweise auf der Analyse von experimentellen Da- rung, Organisation und den Austausch von allen re- ten. Dabei ist jedoch meistens der Parameterraum, levanten Input- und Output-Daten sicherzustellen. welcher mit einem vertretbaren zeitlichen und finan- Experimentelle 3D-Daten, welche die systematische ziellen Aufwand abgedeckt werden kann, stark ein- Variation von Herstellparametern repräsentieren, geschränkt. Eine interessante Alternative stellt das werden benutzt, um stochastische Modelle aufzu- Digitale Material Design (DMD) dar, wobei moderne bauen, welche ihrerseits die effiziente Generierung Methoden wie Tomographie, Bildanalyse, stochasti- von zahlreichen virtuellen 3D-Mikrostrukturen mit re- sche Geometrie und multi-physikalische Simulation alistischen Eigenschaften ermöglichen. Die entspre- miteinander kombiniert werden. Abbildung 1 zeigt ein chenden Elektrodenleistungen können dann mit ge- Beispiel einer DMD-Methoden-Kombination, welche eigneten multiphysikalischen Modellen vorhergesagt u.a. bei der Mikrostruktur-Optimierung von Brenn- werden. Basierend darauf können mit modernen Op- stoffzellen-Elektroden eingesetzt wird. Mit dieser Me- timierungsmethoden (z. B. KI) neue Rezepturen für thodenkombination wird eine Reihe von quantitativen die Materialherstellung definiert werden. Zusammenhängen beschrieben, beginnend mit den Parametern der Materialherstellung, über die ent- sprechenden Mikrostruktur- und Materialeigenschaf- ten bis hin zur Elektrodenleistung. Im Unterschied zum konventionellen Ansatz kann mit DMD ein viel grösserer Parameterraum effizient beschrieben wer- den. Dabei muss aber beachtet werden, dass eine realistische Vorhersage der Elektrodenleistung nur gewährleistet ist, wenn die entsprechenden Modelle vorgängig mit experimentellen Daten kalibriert und validiert worden sind. Für DMD-basierte Mikrostruk- turoptimierungen ist es besonders wichtig, dass die stochastischen Mikrostrukturmodelle gestützt auf ex- perimentellen 3D-Daten aufgebaut werden. Tomo- graphiemethoden werden heute zwar standardmäs- Abbildung 1: Das Digitale Mikrostruktur Repository (DMR) spielt eine zentrale Rolle im Arbeitsablauf für Digitales Material Design (DMD). sig eingesetzt für Mikrostrukturuntersuchungen. Trotzdem stehen die erzeugten 3D Bilddaten oft nicht Die wichtigsten Merkmale des Digitalen Mikrostruktur für eine allgemeine Weiterverwendung durch die For- Repository (DMR) sind wie folgt: schungsgemeinschaft zur Verfügung. Dieser Mangel - Öffentliches Repository für 3D-Mikrostrukturdaten an Datenaustausch stellt eine wichtige Einschrän- - Fokus auf Energiematerialien kung dar für eine breite und erfolgreiche Anwendung - Mit Metadaten (Herstellung, Charakterisierung etc.) von Mikrostrukturoptimierungen mit DMD-Methoden. - Vollständig kompatibel mit den FAIR-Prinzipien Um diesem Problem entgegenzuwirken, soll nun ein - Easy Upload, Auffind- und Wiederverwendbarkeit digitales Mikrostruktur Repository (DMR) aufgebaut - Besonders geeignet als Basis für DMD-Studien werden. Wie auf Abbildung 1 dargestellt, spielt das . Digitale Mikrostruktur Repository (DMR) eine wich- Zürcher Fachhochschule 8 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.8 PhysioCath: Verbesserter Mikrokatheter-Blutflusssensor Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) sind weltweit die häufigste Todesursache und betreffen jährlich 422,7 Millionen Menschen. Ischämie mit nicht-obstruktiver Koronararterie (INOCA) er- höht das Risiko schwerer kardialer Ereignisse mit einer 1,5-fach erhöhten Sterblichkeitsrate. Der Mangel an effektiven und genauen Instrumenten zur rechtzeitigen Bewertung von koronaren Be- einträchtigungen schafft einen ungedeckten Bedarf mit einer erheblichen Marktchance. Dieses Projekt zielt darauf ab, eine Blutflussgeschwindigkeit namens PhysioCath zu entwickeln, die auf dem Thermokonvektionsprinzip basiert und für eine effektive Diagnose von INOCA verwendet werden soll. Mitwirkende: M. Battaglia, S. Ehrat, T. Hocker, C. Kirsch, E. Knapp, G. Sartoris Partner: Medyria AG, Ente Ospedaliero Cantonale (EOC), Universitätsspital Zürich (USZ) Finanzierung: Innosuisse Dauer: 2021–2023 Die Medyria AG entwickelt einen proprietären Sen- zwischen brauchbaren und unbrauchbaren Sensor- sor zur Messung lokaler, zeitaufgelöster Blutflussge- signalen unterscheiden, um den Bediener aufzufor- schwindigkeiten auf Basis des Prinzips der thermi- dern, die Position der PhysioCath-Spitze entspre- schen Konvektion. Der Sensor kann klein genug für chend anzupassen. Auf diese Weise können Ärzte ein mikro-endovaskuläres Gerät sein und wird mit ei- weiterhin ihre Standardinstrumente und -verfahren nem handelsüblichen Drucksensor in einem speziell für die Angiographie verwenden, während sie vom entwickelten Mikrokatheter, dem sogenannten Phy- PhysioCath zusätzliche Daten über mögliche sioCath, kombiniert. Das System ist so einfach, dass INOCA-Beeinträchtigungen erhalten, die für eine es während einer Angiographie verwendet werden frühe und genaue Diagnose von entscheidender Be- kann, sodass der Bediener die verschiedenen Herz- deutung sind. indizes in Echtzeit auf einem tragbaren Monitor se- Am ICP war die Anfangsphase des Projekts der Ent- hen kann. wicklung eines FE/CFD-Modells des PhysioCath- Basierend auf Messungen mit einem PhysioCath- Systems gewidmet, um eine große Menge an Simu- Prototyp wurde festgestellt, dass unter externen lationsdaten zum Trainieren des maschinellen Ler- Flussbedingungen übliche Herzindizes, die in der nens bereitzustellen. Die größte Herausforderung INOCA-Diagnostik verwendet werden, mit einer viel dieses Wärmeströmungsmodells liegt in seiner Be- höheren Genauigkeit und Zuverlässigkeit im Ver- triebsweise. Der Geschwindigkeitssensor basiert auf gleich zum aktuellen Stand der Technik erhalten wer- dem Anemometer-Prinzip. Bei einer Wärmequelle den konnten. Aufgrund des leistungsfähigeren Ge- und einem Temperatursensor, die beide in oder in schwindigkeitsmessprinzips konnten auch verfei- der Nähe einer Flüssigkeit eingetaucht sind, hängt nerte Herzindizes erhalten werden, was auf grosses die dem Heizgerät zugeführte elektrische Energie Interesse bei den klinischen Partnern USZ und Car- von der Strömungsgeschwindigkeit ab, indem eine diocentro Ticino gestossen ist. konstante Temperatur über der Umgebungstempera- Die Berechnung physiologischer Indizes erfordert die tur am Sensor gehalten wird. Die Besonderheit des Messung von Strömungsgeschwindigkeit und Druck. Medyria-Systems besteht darin, dass die Heizquelle Auf den ersten Blick scheinen diese Messungen ein- auch als Temperatursensor verwendet wird, was re- fache Aufgaben zu sein. Der pulsierende Blutfluss in- alisiert werden kann, wenn die elektrische Leitfähig- nerhalb des Koronararteriensystems ist jedoch sehr keit des Heizwiderstands eine gewisse Temperatur- dynamisch und komplex. Auch die lokale Morpholo- abhängigkeit aufweist. Wenn man diese Abhängig- gie der Arterie beeinflusst dir Strömung. keit kennt, können wir die Temperatur des Sensors Für eine präzise Geschwindigkeits- und Druckmes- steuern und die Verlustleistung ergibt die Strömungs- sung ist es daher notwendig, den Blutfluss und seine geschwindigkeit. physikalischen Wechselwirkungen mit dem Sensor Die numerische Herausforderung besteht darin, dass auf quantitativer Ebene zu beschreiben. Experimen- die Sensortemperatur nicht konstant ist und ihr Mit- telle Blutflussdaten zusammen mit Simulationsdaten telwert extern geregelt wird und bis zu sechs Durch- werden an der ZHAW verwendet, um maschinelle flusssensoren zur Kompensation von Signalfehlern Lernalgorithmen zu trainieren, um die Sensorsignale verwendet werden können. Daher ist die Berechnung von Messfehlern zu kompensieren. Wenn eine Kom- einer konsistenten Wärmeflusslösung alles andere pensation nicht möglich ist, sollten diese Algorithmen als Standard. Zürcher Fachhochschule 9 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.9 Simulation der Hüllentemperatur eines Heissluftballons Dieses Projekt hat zum Ziel, ein detailliertes physikalisches Modell eines Heissluftballons zu entwickeln, das seine Bewegung basierend auf realen Wetterdaten beschreibt. In einem vorgän- gigen Projekt wurde ein Modell zur Fahrtensimulation erstellt. In diesem Unterprojekt wird mit- tels computer-fluiddynamischen Simulationen die Temperatur-, Geschwindigkeits- und Druck- verteilung ermittelt und eruiert, welche Parameter einen grossen Einfluss auf die genannten Ver- teilungen haben. Mitwirkende: J. Stoll, T. Hocker, S. Ehrat Partner: Air Ballonteam Stefan Zeberli GmbH Dauer: 2021 Das computer-fluiddynamische (CFD) Modell basiert Ein weiteres Ziel ist das Eruieren derjenigen Input- auf den Ballonangaben des HB-QZT Homebuilt von grössen, die die Wärmeverluste über Ballonhülle und Stefan Zeberli. Da ein Heissluftballon achsensym- Opening am stärksten beeinflussen und so die maxi- metrisch ist, kann zur Vereinfachung und Reduzie- mal mögliche Fahrdauer des Ballons verändern. Un- rung der Simulationsdauer das System auf ein Tor- tersucht wird das Luft-Brennstoffgemisch, die Bren- tenstück reduziert werden. Als Umgebungsbedin- nerleistung, der Wärmeübergangskoeffizient an der gung wird der Umgebungsdruck verwendet. Zusätz- Ballonhülle und der Durchmesser des Brenners. liche Modell-Inputs für den Brenner sind dessen adia- Durch das Erhöhen des Luft-Brennstoffgemischs re- bate Flammentemperatur und basierend auf der duziert sich die Flammentemperatur und erhöht die Brennerleistung die Einströmgeschwindigkeit der Ab- Einströmgeschwindigkeit. Die Reduzierung der Bren- gase. nerleistung führt zu einer kleineren Wärmemenge. Wichtige Grössen für die Performance eines Heiss- Durch den höheren Wärmeübergangskoeffizient luftballons sind die Temperatur-, Druck- und die Ge- werden die Wärmeverluste über die Ballonhülle er- schwindigkeitsverteilung der Heissluft. Aus dem In- höht. Durch das Erweitern des Brennerdurchmessers nendruck folgt die Auftriebskraft, wohingegen die Ge- reduziert sich die Eintrittsgeschwindigkeit, was zu ei- schwindigkeit sich auf die Temperaturverteilung und ner homogeneren Verteilung der Temperatur führt. damit auf die Wärmeverluste auswirkt. Die Verteilung Durch die CFD-Simulationen ist es möglich, die Tem- der Grössen können durch transiente Simulationen peratur-, Druck- und Geschwindigkeitsverteilungen zeitabhängig dargestellt werden. Aufgrund grossräu- der Heissluft so zu verändern, dass daraus optimierte miger Naturkonvektionsströmungen wird kein statio- Fahreigenschaften resultieren. Zusätzlich können närer Zustand erreicht. Dies ist bei der Betrachtung wichtige unbekannte Grössen, wie beispielsweise der Temperaturverteilungen in Abbildung 1 gut zu er- Isolationseffekte, nah an der Hülleninnenseite be- kennen. stimmt und in weitere Berechnungen berücksichtigt werden. Abbildung 1: Darstellung der Temperaturverteilung in einem Heissluftballon über einen Zeitraum von 30s bis 120s. Zürcher Fachhochschule 10 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.10 Schlierenfotografie: Strömungsanalyse beim WIG-Schweissen Die Schlierenfotografie bildet die örtliche Schwankung des Brechungsindex einer Flüssigkeit oder eines Gases ab. Hierbei lassen sich kleinste Luftströmungen, welche durch unterschiedli- che Gasdichten und -temperatur hervorgehen, visualisieren. Mit diesem Verfahren soll die Schutzgasströmung beim WIG-Schweissen quantitativ untersucht und für zukünftigen Anwen- dungen optimiert werden. Mitwirkende: S. Ehrat, T. Hocker Partner: Wolfram Industrie GmbH Finanzierung: Innosuisse Dauer: 2021–2022 Beim Wolfram-Inertgas-Schweissverfahren, kurz WIG, entsteht ein Lichtbogen zwischen der Wolfram- Elektrode und dem zu schweissenden Bauteil. Beim gesamten Schweissprozess ist die Wolfram-Elekt- rode von einem Schutzgas, meist Argon, umgeben, um diese vor einer Oxidation durch den Luftsauer- stoff zu schützen. In der Theorie bleibt somit die Abbildung 2: Schlierenfotografie einer Schutzgasströmung aus einer WIG-Düse über eine flache Platte, ohne Lichtbogen und ohne Elektrode intakt. Bestromung der Elektrode. Trotzdem führen unterschiedlichste Einflüsse dazu, Seit wenigen Jahren bieten algorithmische Analysen dass die Wolfram-Elektrode eine Oxidation erfährt. In von Schlierenvideos, die sogenannte quantitative Abbildung 1 sind drei Schweisselektroden abgebil- Schlierenfotografie [2], nun die Möglichkeit, aus det, welche sich für unterschiedliche Zeiten im Ein- Schlierenvideos lokale, vektorielle Strömungsge- satz befanden. Hierbei ist deutlich zu sehen, dass die schwindigkeiten sowie lokale Temperaturen zu extra- Elektrode mit zunehmender Einsatzzeit eine deutli- hieren. Mit PIVlab [3], einem open-source Matlab-Ad- chere Oxidation an der Spitze aufweist. Folglich liegt don für particle image velocimetry, soll in einem ers- die Vermutung nahe, dass das Schutzgas die Elek- ten Schritt versucht werden, diese Schlierenvideos trode nicht perfekt gegen die Umgebungsluft ab- auszuwerten. schirmt. Hierfür wurde das Schlierenvideo aus Abbildung 2 Somit soll versucht werden, mittels Schlierenfotogra- mithilfe von PIVlab ausgewertet und über die ge- fie [1] die Schutzgasströmung während dem samte Aufnahmezeit ein Mittelwert gebildet (siehe Schweissprozess zu visualisieren. Hierfür hat die Abbildung 3). Diese Auswertung zeigt ein hervorra- Wolfram Industrie GmbH ein Testsetup aufgebaut, gendes Bild der mittleren Strömungsgeschwindigkeit mit dem die ersten Schlierenvideos entstanden sind und deren Verlauf (rote Strömungslinien) auf. (siehe Abbildung 2). Solche Schlierenvideos liefern Somit ist dieses Tool für die Auswertung der Schutz- aber nur eine qualitative Aussage über die Schutz- gasströmungen für die unterschiedlichsten Umge- gasströmung. bungen ideal. Daher kann dieses Verfahren bei der Gestaltung zukünftiger Gasdüsen und deren Einsatz- gebiet behilflich sein. Abbildung 3: Auswertung der Schlierenfotografie aus Abbildung 2 mittels PIVlab [3]. Die Abbildung zeigt die mittlere Strömungsge- schwindigkeit über einen Aufnahmezeitraum von 145 Millisekunden bei 8'000 Frames pro Sekunde. Die Geschwindigkeiten sind farblich und einige Strömungslinien rot dargestellt. Abbildung 1: Von links nach rechts TIG-Schweisselektroden nach 30, 60 sowie 90 Minuten Einsatzzeit. Deutlich sichtbar sind die Oxi- Literaturverzeichnis: dationsspuren an der Elektrodenspitze. [1] G. S. Settles, https://www.springer.com/de/book/9783540661559 [2] G. S. Settles and M. J. Hargather, https://doi.org/10.1088/1361- 6501/aa5748 [3] PIVlab: https://pivlab.blogspot.com Zürcher Fachhochschule 11 www.zhaw.ch
Institutsbericht 2022 Institute of Computational Physics 1.11 Nichtlineare Thermomechanik des Oberflächenwachstums für addi- tive Fertigungsanwendungen Die additive Fertigung ist eine revolutionär entwickelte Technologie, die in verschiedenen Bran- chen eine immer größere Rolle spielt. Wir erstellen ein allgemeines Modell des thermoelasti- schen Oberflächenwachstums, bei dem der Vorgang des Hinzufügens von Material an die Grenze des Werkstücks mit den Erwärmungseffekten während der Erstarrung des hinzugefügten Mate- rials gekoppelt wird Mitwirkende: Y. Safa Partner: A. Yavari, Georgia Tech Institute, USA Finanzierung: Schweizerischer Nationalfonds (SNF) Scientific Exchange Programme Dauer: 2019–2022 Die additive Fertigung, meist bekannt als 3D-Druck, hat bereits zahlreiche Anwendungen gefunden, die von der Hobbykunst bis zur Präzisionsfertigung in verschiedenen Branchen wie Maschinenbau, Luft- und Raumfahrt und Medizin reichen. Die Kontrolle der Eigenspannungen ist von entscheidender Be- Abbildung 1: Nichtlinearer elastischer Körper, der einer Akkretion unterliegt. Die Referenzkonfiguration ist ein zeitabhängiger Satz und deutung, um die Prozessparameter so zu gestalten, die Materialmetrik ist nicht a priori bekannt. dass das hergestellte Teil die erforderlichen Eigen- Später wurde sie auf nicht-symmetrische Akkretion in schaften unter den jeweiligen Arbeitsbedingungen Verbindung mit der Wärmegleichung verallgemeinert erfüllt. Die hohen Temperaturen und die natürliche [3]. In dem vorgeschlagenen Forschungsprogramm Abkühlung, denen das Teil während des additiven wird die Theorie von [1,2] erweitert, um das Twist-Fit- Fertigungsprozesses ausgesetzt ist, verursachen Problem der nichtlinearen Elastizität zu analysieren grosse Dehnungen und können zu einem hohen (siehe Abbildung 2). Genauer gesagt, betrachten wir Mass an Eigenspannungen führen. Dies kann zu ei- eine endliche kreisförmige Welle aus einem inkom- ner starken Verformung des Teils, Massungenauig- pressiblen Festkörper, der im entspannten Zustand keiten und sogar zu Rissen im fertigen Objekt führen. isotrop, transversal isotrop oder orthotrop sein kann. Unter solchen Bedingungen sprengt das Problem der Wir nehmen an, dass diese Welle unter einem zeit- additiven Fertigung den Rahmen der Anwendung der abhängigen Drehmoment T(t) steht, während span- linearisierten Elastizität. Wir erstellen ein allgemei- nungsfreie Schichten auf den zylindrischen Rand der nes Modell des thermoelastischen Oberflächen- Welle gedruckt werden. Wir interessieren uns für i) wachstums, bei dem das Oberflächenwachstum mit die Eigenspannungsverteilung in der Welle, ii) ihre der maschineninduzierten Erwärmung und der natür- entspannte Form nach der Entlastung, iii) ihre Reak- lichen Abkühlung während des Erstarrungsprozes- tion (Spannungsverteilung und Verdrehungswinkel) ses des hinzugefügten Materials gekoppelt ist. Für unter einem gegebenen statischen Drehmoment, solche Strukturen ist die Kenntnis der mechanischen nachdem sie additiv hergestellt wurde. Eigenschaften der Bestandteile in ihrer spannungs- freien Konfiguration nicht ausreichend. Die Vertei- lung der Eigenspannungen hängt ausdrücklich vom Akkretionsprozess ab, z. B. von der Anfangstempe- ratur des hinzugefügten Materials zum Zeitpunkt des Anbringens, der Akkretionsgeschwindigkeit, der Vor- geschichte der Belastung usw. (Abbildung 1). In [1] wurde eine geometrische Theorie der nichtlinearen Akkretionsmechanik für ein symmetrisches Oberflä- Abbildung 2: Die Torsionspassung: Ein zylindrischer Stab wird ent- chenwachstum von zylindrischen und kugelförmigen fernt (Schritt 1.) und durch einen Stab gleicher Höhe und gleichen Radius ersetzt, der jedoch verdreht ist (Schritt 2.). Nach dem Lösen Körpern eingeführt. Diese Theorie wurde für die Ana- (Schritt 3) entwickelt der Verbundstab Eigenspannungen. lyse mehrerer Modellprobleme verwendet. [1] F. Sozio and A. Yavari. Nonlinear mechanics of surface growth for cylindrical and spherical elastic bodies. Journal of the Mechanics and Physics of Solids, 98:12 – 48, 2017. [2] F. Sozio and A. Yavari, Nonlinear mechanics of accretion, Jour- nal of Nonlinear Science 29(4), 2019, 1813-1863 [3] F. Sozio, M. F. Shojaei, S. Sadik, and A. Yavari, Nonlinear me- chanics of thermoelastic accretion, Zeitschrift für Angewandte Math- ematik und Physik (ZAMP) 71(3), 2020, 87. Zürcher Fachhochschule 12 www.zhaw.ch
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