KLIMABILANZ - IMPULSE FÜR DIE LOGISTIKIMMOBILIEN-WIRTSCHAFT - CHRISTIANJACOBI DOREENKRUSCHINA ALEXANDERNEHM UWEVERES-HOMM - LOGIX AWARD
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KLIMABILANZ – IMPULSE FÜR DIE LOGISTIKIMMOBILIEN-WIRTSCHAFT Christian Jacobi Doreen Kruschina Alexander Nehm Uwe Veres-Homm
VORWORT Dr. Malte-Maria Münchow, Sprecher der Initiative Logistikimmobilien (Logix), Leitung An- und Verkauf Spezialimmobilien, Deka Immobilien Investment GmbH Die vorliegende Publikation ist bereits das 5. Werk seiner Die hier vorliegende Arbeit, die von einem Experten-Au- Art der Logix Initiative. Mit ihren Studien und Forschungs- torenteam gemeinsam verfasst wurde, widmet sich dem arbeiten zu Logistikimmobilien greift die Initiative zentrale Thema Nachhaltigkeit. Aus unserer Sicht ist der Zeitpunkt Fragen auf, die die Bewertung und Diskussion rund um gekommen, sich diesem viel benutzten Begriff mit einer Logistikansiedlungen objektivieren sollen. So richten sich Einordnung und neuen Impulsen im Sinne einer weiteren diese einerseits an Kommunalentscheider, Behörden und Konkretisierung anzunähern. Wirtschaftsförderungen. Anderseits geben sie Anstöße und Informationen „nach innen“, in Richtung derjenigen, Kernaufgabe der neuen Logix-Publikation ist es, ein ge- die Logistikimmobilien konzipieren, entwickeln, betreiben samtheitliches Bild der Klimabilanzierung bei der Entwick- und nutzen. lung und Nutzung von Logistikimmobilien zu entwerfen und damit einen Überblick über bestehende Standards Mit dem bisherigen Erfolg unserer Studien sind wir sehr und potenzielle Erweiterungsansätze vorzulegen. zufrieden. So hat sich die 1. Logix-Studie inzwischen als Grundlagenwerk zum Verständnis von Logistik und Logis- Unser ausdrücklicher Dank gilt der interdisziplinären Au- tikimmobilien in Deutschland etabliert. Im Mittelpunkt der torengruppe ebenso wie den direkten Unterstützern und 2. Studie standen Trends und Entwicklungen, mit denen den Logix Sponsoren, die diese Publikation ermöglicht ha- Projektentwickler, Nutzer, Investoren, Kommunen und ben. Ich bin davon überzeugt, dass die neue Studie ihren Wirtschaftsförderer bei der Planung und Ansiedlung von Beitrag zu einem besseren Verständnis der Leistungsfä- Logistikimmobilien rechnen müssen. higkeit von Logistikimmobilien in unserer Volkswirtschaft leisten wird, so wie es die früheren Logix Publikationen Der „Standortkompass“, veröffentlicht in unserer 3. Logix bereits getan haben. Studie, untersuchte die 23 Logistikregionen Deutschlands mit Blick auf die Verfügbarkeit von Logistikflächen und Weiterstadt, im Oktober 2020 korrelierte diese erstmals mit der Arbeitskräfteverfügbar- keit in den Regionen. Dr. Malte-Maria Münchow Im Mittelpunkt unserer 4. Publikation standen Erfahrungs- berichte von Logistikansiedlungen aus Sicht von kommu- nalen Entscheidungsträgern und lieferte damit wertvolle Erkenntnisse, wie Logistikansiedlungen gelingen können und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. 3
Jens Hüsgen, agiplan VORWORT DER AUTOREN Uwe Veres-Homm, Fraunhofer SCS Dr. Alexander Nehm, Doreen Kruschina, Dr. Christian Jacobi, Logivest Concept GmbH Planung und Baumanagement agiplan Vor einigen Jahren war die Logistikimmobilie noch ein Ni- Wenngleich es an vielen Stellen an eindeutigen Vorgaben Planung + Baumanagement, Logivest Concept und Fraun- schenprodukt unter den Assetklassen. Dies hat sich mitt- bzgl. der Klimabilanzierung noch fehlt, greifen vor allem hofer SCS beschäftigen sich in unterschiedlichen Schwer- lerweile deutlich verändert. Nicht zuletzt während der Co- Nutzer und Investoren häufig frühzeitig zu ökologischen punkten mit der Logistikimmobilie sowie den Stakeholdern rona-Pandemie hat sich die Anlageklasse vergleichsweise bzw. nachhaltigen Maßnahmen, um spätestens ab der Ein- Nutzer, Investoren/Entwickler, Bau, Politik, Intralogistik krisensicher gezeigt und ist zunehmend in den Fokus von führung der CO2-Bepreisung im Jahr 2021 gerüstet zu sein. oder Kommune. Investoren geraten. Seit einiger Zeit sind hektischer Aktionismus, aber auch eine Reihe ernstzunehmender Aktivitäten und vorzeigba- Diese sind im Grunde auch die Adressaten der vorliegen- Aber auch die breite Öffentlichkeit scheint sich mittlerwei- re Referenzprojekte zu beobachten. Es ist nun an der Zeit, den Veröffentlichung. Alle versuchen ihren Beitrag zu kli- le mit der Spezialimmobilie zu beschäftigen. „Logistik“ war einen Status Quo aufzuzeigen und zu klären, wo sich die maneutralen Logistikimmobilien zu leisten, wenngleich in den vergangenen sechs Monaten in den breiten Medien Logistikimmobilie bzgl. der Klimabilanzierung befindet der jeweilige Antrieb und die möglichen Instrumente und so stark vertreten wie nie zuvor. „Systemrelevant“ war ein und welche Entwicklungen noch zu erwarten sind. Die vor- Maßnahmen durchaus unterschiedlich sind. Wir versuchen häufig genutzter Begriff, der dem nicht immer positiven liegende Untersuchung soll dementsprechend keine neue daher, die Perspektiven der Stakeholder Nutzer, Investor Image der Branche sicher gutgetan hat. Die Aufmerksam- Methode entwickeln, sondern Bestehendes und mögliche und Kommune zu erklären und diesen Handlungsoptio- keit darauf, was die Logistik mit welchem Zweck und wel- Pfade für die jeweiligen Akteure aufzeigen. nen aufzuzeigen, sofern sie an klimaneutralen Logistikim- chem Aufwand leistet, wächst zusehends. mobilien mitwirken. Eines sei jedoch vorausgeschickt: Die Anforderungen an Immobilien wie auch Fahrzeuge sind dabei der sichtba- moderne und nachhaltige Logistikimmobilien werden stei- Dr. Alexander Nehm, Uwe Veres-Homm, re und dementsprechend streitbare Teil des drittgrößten gen. Die Klima- bzw. CO2-Bilanzierung hat sich als grund- Doreen Kruschina, Wirtschaftszweigs in Deutschland. Nicht nur aus diesem sätzliche Methode auf globaler Ebene durchgesetzt, eben- Jens Hüsgen, Dr. Christian Jacobi Grund ist auch die Umweltverträglichkeit zu einem zentra- so wie das Ziel, CO2-Emissionen zu reduzieren oder zu neu- len Kriterium geworden, wenn Logistikimmobilien entwi- tralisieren. Sowohl Unternehmen als auch die öffentliche ckelt werden. Politische Rahmenbedingungen bzgl. Nach- Hand planen Strategien und Prozesse zur Umsetzung der haltigkeit und Klimaschutz auf europäischer, nationaler Ziele. oder regionaler Ebene nehmen drastisch zu und setzen die gesamte Branche zunehmend unter Handlungsdruck. Die Autoren haben sich zusammengetan, um einen aktuellen Stand bzgl. der Klimabilanzierung für Logistik- immobilien zu erarbeiten. Agiplan, Doreen Kruschina 4 5
Bernd Mayer, Marco Wagner, Bereichsleiter Immobilien, Vice President Fleet Solutions, BayernLB internationaler Leasing- und Finanzierungspezialist, DLL Logistikimmobilien waren in den letzten Jahren sowohl Die BayernLB unterstützt mit Nachdruck die Ziele der Nach- Klimaneutrale Logistikimmobilien gelten als zukunftssi- bei vielen Investoren als auch in unserem eigenen Finan- haltigkeit – sowohl im eigenen Betrieb als auch gegenüber cheres Investment. Wir spüren bereits eine erhöhte Nach- zierungsportfolio das Segment mit dem dynamischsten unseren Kunden und Geschäftspartnern. So begleiten wir frage der Kunden nach Finanzierungslösungen, die der Wachstum. In der „Corona-Krise“ hat sich die Bedeutung unsere Kunden auf dem Weg zu einer klimaverträglichen, Klimaneutralität und Nachhaltigkeit einen größeren Wert der Logistikimmobilien nochmals deutlich gezeigt. Sie sind ressourcenschonenden und sozialen Wirtschaft. Die sehr beimessen. Unsere internationalen Großkunden haben Teil von Logistikketten, die die Versorgung der Bevölke- drängende Frage des Klimaschutzes steht dabei an erster Nachhaltigkeit schon lange auf der Agenda, und zuneh- rung sicherstellen und die Kreisläufe von Industrie und Stelle. Die BayernLB trägt dabei schon seit langem auf vie- mend rücken die Themen auch bei führenden Unterneh- Wirtschaft aufrechterhalten. Auch wenn die Renditen für len Ebenen – also als Emittent, Arrangeur oder Investor – men im deutschsprachigen Raum in den Fokus. Das reicht Logistikimmobilien weiter gesunken sind, werden sie noch der Bedeutung von Emissionen Rechnung. von Investitionen in die Elektrifizierung von Transportflot- mehr in den Fokus der Investoren rücken, da die Verunsi- ten und Materialflusstechnik bis zur Wiederverwertung cherung in einigen anderen Objektarten deutlich größer In diesem Kontext hat uns das Thema der Studie „Klima- sowie Aufbereitung von Gebrauchtmaschinen und Materi- geworden ist. bilanz – Impulse für die Logistikimmobilien-Wirtschaft“ alien. Für all diese Investitionen werden individuelle Finan- sofort angesprochen und wir freuen uns, die Studie als zierungslösungen benötigt. Der Bedarf für klimaneutrale Der Online-Handel, der im Zuge der Einschränkungen Sponsor zu unterstützen. Investitionen steigt stetig – auch infolge gesetzlicher Vor- durch die Corona-Pandemie nochmals stärker gewachsen gaben. Und er betrifft alle Branchen. Aus diesem Grund ist, erfordert weitere Ausweisungen von Logistikflächen, unterstützen wir gerne das Ziel der neuen Logix Studie, in damit die Ware noch näher und schneller am Konsumen- diesem umfangreichen Themenfeld einen Überblick zu er- ten ist. Spätestens an dieser Stelle kommen im Vorfeld stellen und wichtige Impulse im Kontext „Klimabilanz“ für einer Ansiedlung regelmäßig kritische Fragen zu Flächen- die Assetklasse Logistikimmobilien zu entwickeln. verbrauch und Klimabilanz auf. 8 9
Jan-Hendrik Goldbeck, Tobias Kotz, Geschäftsführender Gesellschafter, Direktor/Abteilungsleiter GOLDBECK GmbH Kundenbeziehungen und Kapitalfinanzierung, Real I.S. Logistikimmobilien gehören zum Rückgrat unserer moder- Wichtig: Um ein Gebäude hinsichtlich seiner Umweltbilanz Logistikimmobilien wird in Öffentlichkeit und Politik oft- Nachhaltigkeitskriterien stellen zudem einen wichtigen nen Volkswirtschaft, denn modernes Distribuieren ist ohne zu untersuchen, muss eine Betrachtung über den gesam- mals noch nicht die Beachtung geschenkt, die angesichts Baustein in der Zielsetzung der Initiative dar, nämlich die die richtigen räumlichen Voraussetzungen nicht denkbar. ten Lebenszyklus des Gebäudes erfolgen, von der Gewin- ihrer gewachsenen Bedeutung angemessen wäre. Des- Akzeptanz in Öffentlichkeit und Politik zu steigern und Doch die Realisierung und der Betrieb dieser notwendi- nung der Rohstoffe über die Gebäudeherstellung, die Nut- halb schätzen wir die engagierte Arbeit der Logix Initiative ihre wachsende Bedeutung im allgemeinen Bewusstsein gen Gebäude verbraucht erhebliche Ressourcen. Dieser zung, den Abriss des Gebäudes bis zur Entsorgung oder Logistikimmobilien, in der sich namhafte Unternehmen zu verankern. Ihre Systemrelevanz und ihr Potenzial hat Verantwortung müssen wir uns stellen: mit Logistikim- besser: dem Recycling der Baustoffe. Erst dann wird das und Persönlichkeiten dafür einsetzen, diese wichtige Nut- die Branche nicht zuletzt auf dem Höhepunkt des Coro- mobilien, die besonderen Nachhaltigkeitsanforderungen Gesamtbild sichtbar – und nachhaltiges Handeln möglich. zungsart im allgemeinen Bewusstsein zu stärken. na-Lockdowns bewiesen. Beim Strukturwandel des Einzel- gerecht werden. Eine Lösung sind Bausysteme, die nicht handels kommt ihr eine entscheidende Rolle zu. nur energieeffizient sind, sondern auch die Bilanzierung Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir die vorliegende Stu- klimatischer Auswirkungen leichter machen. Gebäude, die unterstützen konnten. Sie liefert wichtige Erkenntnisse die entsprechend vorausschauend geplant und auf einen zu einem Thema, das auch für die Logistikbranche stark an besonders energiesparenden Betrieb ausgelegt werden, Relevanz gewonnen hat und künftig noch viel stärker ge- sind in der Regel deutlich ressourcenschonender als kon- winnen wird: Nachhaltigkeit. Der potenzielle Beitrag von ventionell gebaute Immobilien. Das zeigt zum Beispiel die Logistikimmobilien beim Kampf gegen den Klimawandel Mehrfachzertifizierung des Goldbeck-Logistikbausystems ist sehr vielfältig und nicht zu unterschätzen. Doch bislang auf „Gold“-Niveau durch die DGNB. Nicht zuletzt erleich- fehlt es der Branche an gemeinsamen Standards, Prozes- tert das einfachere Erstellen von Klimabilanzen den Aus- sen und Benchmarks, um die Klimabilanz einer Logistikim- gleich von CO2-Emissionen durch Klimaschutzprojekte. mobilie vergleichbar zu erheben oder Handlungsempfeh- lungen aufzuzeigen. In der Diskussion darüber kann die Studie einen wichtigen Beitrag leisten. 10 11
René Etzdorf, Leiter Vertrieb Segment Logistik, WISAG Facility Management Holding GmbH & Co. KG Investoren, Mieter, Nutzer und auch der Gesetzgeber er- Die WISAG verfolgt bereits seit 2010 das Ziel, ihre Prozes- warten vor dem Hintergrund von Klima- und Umweltzielen se und Dienstleistungen Schritt für Schritt ökologischer zu ein verstärktes Engagement seitens der Immobilienwirt- gestalten. Als Sponsor der Logix-Studie möchten wir dazu schaft. Ein umweltfreundliches Facility Management kann beitragen, das Verständnis für Ökologie in Logistikimmo- im Betrieb von Immobilien an vielen Stellen zum Erreichen bilien zu schärfen, und ökologisches Know-how auch in dieser Ziele beitragen. Doch gerade in der Assetklasse Lo- der Logistikindustrie anwendbar zu machen. Wir verspre- gistik ist die nachhaltige Immobilienbewirtschaftung ein chen uns von der Studie, dass sie den Partnern entlang noch vergleichsweise junges Thema. Gleichzeitig sehen der Wertschöpfungskette einer Logistikimmobilie einen wir als Facility Manager, dass sich immer mehr Marktteil- Anstoß gibt, künftig viel stärker als bisher gemeinsam an nehmer und auch immer mehr unserer Kunden aus der ökologisch sinnvollen Lösungen zu arbeiten. Denn wir sind Logistikbranche mit einem effizienten, nachhaltigen Be- überzeugt: Kräftebündelung ist gefragt, wenn es um den trieb ihrer Gebäude auseinandersetzen. Das ist angesichts Schutz des Klimas und der Umwelt geht. steigender Preise für Energie, Wasser und anderer Res- sourcen schließlich auch ein Gebot kaufmännischer Ver- nunft. 12 13
INHALTSVERZEICHNIS Klimabilanz – Impulse für die Logistikimmobilien-Wirtschaft Vorwort 03 3.2.2. Bilanzierungsmethoden für CO2- 42 Dr. Malte-Maria Münchow, Logix Emissionen im Gebäudebereich Vorwort der Autoren 04 3.2.2.1. DGNB Rahmenwerk für „Klimaneutrale 42 Alexander Nehm, Uwe Veres-Homm, Gebäude und Standorte“ Doreen Kruschina, Jens Hüsgen, 3.2.2.2. LEED „Zero“ 44 Christian Jacobi 3.3. Vermeiden – Vermindern – Kompen- 46 Förderer 07 sieren – Prozess der Klimabilanzierung Bernd Mayer, BayernLB 08 als zentrales Steuerungselement zur Marco Wagner, DLL 09 Reduzierung des CO2-Ausstoßes Jan-Hendrik Goldbeck, GOLDBECK 10 3.4. Einbeziehung weiterer Faktoren abseits 48 Tobias Kotz, Real I.S. 11 der Klimagase als nächster Schritt René Etzdorf, WISAG 12 3.5. Ausblick und Handlungsempfehlung 49 Abbildungsverzeichnis 16 4. Fokus Logistikimmobilien 51 1. Motivation 17 4.1. Funktionalität von Logistikimmobilien 55 CO2-Bilanz als Meilenstein auf dem Weg 4.2. Ansatzpunkte für die CO2-effiziente 58 in die Klimaneutralität Planung und Gestaltung von Logistik- immobilien 2. Thematische Einordung 21 4.3. Ausblick und Handlungsempfehlung 62 CO2-Bilanz im Kontext von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft 5. Perspektiven 63 2.1. Politische Rahmenbedingungen – 23 der Stakeholder von Logistikimmobilien von Empfehlungen zu bindenden 5.1. Nutzer 66 Vorschriften 5.2. Investoren 72 2.2. Handlungsdruck für die Unternehmen 27 5.3. Kommunen 80 als Konsequenz 5.4. Projektentwickler – Zusammenführung 87 2.3. CO2-Bepreisung erhöht den Druck zum 30 der Perspektiven Einsatz von Bilanzierungssystemen 2.4. Ausblick und Handlungsempfehlung 32 6. Unser Fazit 91 „Logistikneubauten sollen CO2-neutral sein“ 3. Klimabilanz von Immobilien 35 3.1. Bedeutung von Klimabilanzierung im 37 7. Literatur 95 Kontext von Nachhaltigkeitszertifikaten Literatur- und Quellenverzeichnis 96 3.2. Status Quo – Vorhandene Methoden der 40 Über Logix 101 Klimabilanzierung bei Gebäuden Sponsoren 101 3.2.1. Berücksichtigung des Klimaschutzes 41 Impressum 102 innerhalb der Zertifizierungssysteme 14 15
ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Abbildung 14: Die Sektorziele im Klimaschutzplan 2050 25 Typische Verbrauchsgruppen und ihr Anteil am Abbildung 2: Energieverbrauch bei Logistikzentren 57 Weltweiter Beitrag zum Treibhauseffekt durch Kohlen- Abbildung 15: dioxid und langlebige Treibhausgase 2020 26 Planungselemente für den energieeffizienten Betrieb Abbildung 3: von Logistikzentren 59 Klimaneutralität: Begriffe, Rahmenbedingungen und Abbildung 16: Methoden 27 Bilanzierung der Treibhausgasemissionen des Bilanz- Abbildung 4: rahmens „Betrieb“ 68 Aufbau des Greenhouse Gas Protocol 29 Abbildung 17: Abbildung 5: Standardliste an ESG-Kriterien im Rahmen einer Treibhausgas-Emissionen in Deutschland nach Immobilien-Due Dilligence 74 Sektoren (in Mio. t CO2-Äquivalente) 31 Abbildung 18: Abbildung 6: Kriterien und Gewichtungen des „atmosphere“- Balance der Ganzheitlichkeit – Zertifizierungssysteme Scorings 76 im Vergleich 37 Abbildung 19: Abbildung 7: UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung 81 Einordnung der CO2-Bilanz in den Kontext von Energie- Abbildung 20: verbrauchssparten und umfassenderen Konzepten Perspektiven und Treiber nachhaltiger Logistikimmo- zur ganzheitlichen Bewertung von Nachhaltigkeit 38 bilien für Projektentwickler 88 Abbildung 8: Schematische Darstellung der Emissionsquellen, die im DGNB Rahmenwerk für „Klimaneutrale Gebäude und MOTIVATION Standorte“ berücksichtigt werden 43 Tabelle 1: Gewichtung gemeinsamer Kriterien (Auswahl) in den Abbildung 9: drei Zertifizierungssystemen und ihr Anteil an der Grundprinzip der Funktionsweise des Rahmenwerks für „Klimanneutrale Gebäude und Standorte“ 43 Gesamtbewertung Tabelle 2: 41 CO2-BILANZ ALS MEILEN- Abbildung 10: Schematische Darstellung der Emissionsquellen, die im LEED-Zero Rahmenwerk berücksichtigt werden 45 Typische Objektmerkmale von Logistikimmobilien Tabelle 3: 56 STEIN AUF DEM WEG IN DIE Abbildung 11: Prozess der Klimabilanzierung 47 Fördermöglichkeiten für Bau- und Modernisierungs- maßnahmen im Bereich Energieeffizienz 70 KLIMANEUTRALITÄT Tabelle 4: Abbildung 12: Stakeholder-Profil für Nutzer 71 Living building challenge als Philosophie, Treiber und Zertifizierungssystem für Projekte, die nicht nur weniger Tabelle 5: nachteilig für die Umwelt sind, sondern im Wortsinn Stakeholder-Profil für Investoren 79 regenerativ wirken 49 Tabelle 6: Abbildung 13: Stakeholder-Profil für Kommunen 86 Bilanzraum der logistischen Leistungserbringung an Logistikimmobilien 55 16 17
02 INVESTOREN Investoren interessieren sich seit Jahren insbesondere für zertifizierte Immobilien, die ihre Nachhaltigkeit nach DGNB-, LEED- oder BREEAM-Richtlinien nachweisen kön- nen. Hinzu kommt der ESG (Environmental, Social, Gover- nance)-Ansatz, der Nachhaltigkeitskriterien bei Investitio- CO2-BILANZ ALS MEILEN- nen vorgibt und sich zunehmend durchsetzt. STEIN AUF DEM WEG IN DIE 03 KOMMUNEN KLIMANEUTRALITÄT Auch die Kommunen, die sich per se um eine nachhaltige Entwicklung kümmern müssen, achten auf CO2-Neutrali- tät oder „Ökobauten“, zumal der gesellschaftliche Konflikt zwischen Ökologie und Ökonomie gerade bei zunehmen- Die Logistik steht unter Druck. Spätestens seit die „Fridays Entstanden ist in diesem Kontext ein Wildwuchs an schwer Die Verbesserung der Klimabilanz ist im Hinblick auf Lo- der Flächenknappheit größer wird. for Future“-Bewegung 2018 das Thema Nachhaltigkeit aus zu überblickenden und teils verwirrenden Begrifflichkeiten gistikimmobilien zwar mittlerweile allgemeiner Konsens, dem Dornröschenschlaf katapultiert hat, vergeht gefühlt unter denen sich jedoch der Terminus „Klima- bzw. CO2-Bi- dennoch können Ziele sowie die jeweiligen Umsetzungs- Hinzu kommt, dass insbesondere für Nutzer, aber auch für kaum eine Woche, ohne dass ein großer Konzern medien- lanz“ als besonders relevant gezeigt hat, da auf dieser strategien bzw. -maßnahmen der unterschiedlichen Ak- Investoren, bindende Vorschriften und daran geknüpfte wirksam eine neue Nachhaltigkeitsstrategie oder Klima- Grundlage konkrete Werte, Verbesserungsmaßnahmen teure innerhalb der Assetklasse völlig unterschiedlich sein. finanzielle Konsequenzen kurz bevorstehen. Im kommu- bzw. CO2-Ziele für das eigene Unternehmen formuliert. und Strategien abgeleitet werden können. nalen Sektor hingegen beruhen Klimathemen noch wei- Aber auch die politischen Rahmenbedingungen haben Bei der Entwicklung einer Logistikimmobilie müssen sich testgehend auf Freiwilligkeit. Die daraus resultierenden sich deutlich verschärft und zwingen die Unternehmen Die vorliegende Untersuchung soll die Begriffe „Klima- primär die Nutzer, die Investoren und die Kommunen ei- Anforderungen an Logistikimmobilien sind dementspre- sukzessive dazu, nicht nur Strukturen zur Klimabilanzie- bzw. CO2-Bilanz“ zum einen fachlich einordnen und nig werden, wie nachhaltig bzw. wie klimaneutral eine Lo- chend unterschiedlich. Vor allem die Logistikimmobili- rung aufzubauen, sondern diese auch zu verbessern. Der zum anderen den diesbezüglichen Status Quo für gistikimmobilie zu sein hat. Jeder dieser Akteure scheint en-Projektentwickler stehen im Zentrum der drei Inte- diesbezügliche Druck wird in Deutschland durch die ge- Logistikimmobilien erklären. Dabei sollen grundsätz- bzgl. der Thematik anders motiviert zu sein, ja sogar ressensgruppen und häufig vor der komplexen Aufgabe, plante Besteuerung von CO2-Emmissonen ab 2021 noch liche methodische Ansätze vorgestellt und diskutiert andere Methoden der Bewertung anzulegen: allen drei Perspektiven gerecht zu werden. erhöht. werden. Die vorliegende Logix-Veröffentlichung unternimmt den Zahlreiche Unternehmen und deren Partner, die diese dafür notwendigen Maßnahmenpakete operativ auf den Es zeigt sich, dass die verschiedenen Bewertungs-, Bilan- zierungs- und Zertifizierungssysteme derzeit durch „One 01 UNTERNEHMEN/NUTZER Versuch, dieses Dilemma zu adressieren, indem für die einzelnen Akteure Handlungsoptionen vorgestellt werden. Weg bringen müssen, sind häufig überfordert – nicht nur size fits all“-Ansätze mit den Folgen einer zu geringen strukturell. Neben dem notwendig geschulten Personal Spezifizierung der Bewertungskriterien für verschiedene Insbesondere börsennotierte und konsumentennahe fehlt es in erster Linie an einem klaren Verständnis, was Anlageklassen, fehlender Objektivität bei der Festlegung Unternehmen mit starken Marken haben erkannt, dass denn nun aktuell und vielmehr künftig unter den Begriffen der Nachhaltigkeitskriterien sowie generell mit mangeln- auch Immobilien einen Beitrag zur Nachhaltigkeitsstra- wie „umweltfreundlich“, „klimaneutral“ oder „CO2-Redu- der Transparenz zu kämpfen haben. Diese Probleme wer- tegie leisten. Sie beantworten dieses Thema häufig mit zierung“ gemeint ist, und welche konkreten Maßnahmen den bei einer so spezifischen Anlageklasse wie Logistik- „CO2-Reduzierung“ oder „CO2-Neutralität“ und geben dazu diesbezüglich ergriffen werden müssen. immobilien besonders deutlich. selbstbewusste Versprechen. Logistikdienstleister werden zunehmend von ihren Auftraggebern aufgefordert, dies- bezügliche Nachweise zu erbringen. Neben Kosten und Qualität ist das Thema CO2-Messung bereits heute eine zusätzliche Dimension bei Ausschreibungen. 18 19
THEMATISCHE EINORDNUNG CO2-BILANZ IM KONTEXT VON POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT 20 21
CO2-BILANZ IM KONTEXT 2.1. VON POLITIK, WIRTSCHAFT POLITISCHE RAHMENBEDINGUNGEN – UND GESELLSCHAFT – VON EMPFEHLUNGEN ZU EINE EINORDNUNG BINDENDEN VORSCHRIFTEN Der Klimawandel ist eine der größten politischen, gesell- Hinter den Begriffen Klimabilanzierung und Klimaneutra- cher Konsens. Basis für die gesetzlichen Regelungen ist schaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen un- lität befinden sich ein komplexes Geflecht an beteiligten das auf der Weltklimakonferenz 2015 beschlossene Über- serer Zeit. Die CO2-Emissionen steigen auf immer neue Akteuren und Methoden. Im Grunde steht dahinter der einkommen von 197 Staaten mit dem gemeinsamen Ziel, Rekordwerte. Die weltweite Durchschnittstemperatur ist Anspruch, dass durch ein Produkt oder eine Dienstleistung die Erderwärmung auf unter zwei Grad gegenüber dem im vergangenen Jahrhundert bereits um etwa ein Grad die Menge an klimaschädlichen Gasen in der Atmosphäre vorindustriellen Niveau zu begrenzen. In Kraft getreten ist gestiegen. Alle gesellschaftlichen Akteure stehen – global, 1 nicht erhöht wird. Mit Blick auf Unternehmen in Produk- das Abkommen am 4. November 2016, mittlerweile wurde national und lokal – in der Pflicht und unter massivem tion und Logistik kann dies entweder durch die Anpassung es von mehr als 180 Staaten und Staatenverbünden ratifi- Druck zu handeln. eigener Prozesse geschehen – etwa durch die Nutzung ziert, darunter auch die Europäische Union und Deutsch- klimafreundlicher Rohstoffe und regenerativer Energie land. Die aktuelle Diskussion um Klima-, Umwelt- und Nachhal- in der Produktion – oder durch Kompensation, indem kli- tigkeitsthemen ist deshalb ein Nährboden für einen Wild- maschädliche Gase nicht am Ort der Entstehung, sondern wuchs an unterschiedlichen Ansätzen, Begrifflichkeiten anderswo in der Welt in gleicher Menge reduziert werden. und Philosophien. Aus diesem Grund dient dieses Kapitel Das gelingt beispielsweise durch die finanzielle Unterstüt- als Übersicht über verschiedene Rahmenwerke, Begriffe zung von entsprechenden Organisationen, die sich um die DAS PARISER KLIMASCHUTZABKOMMEN und Methoden und führt in die politischen Rahmenbedin- Kompensation von Emissionen verdient machen. gungen ein. Dabei wird kein Lexikon oder Glossar entwi- Das Abkommen verfolgt drei grundlegende Ziele: ckelt, sondern es soll vielmehr eine Einordnung und Sortie- Unternehmen, die sich dem Ziel „Klimaneutralität“ ver- rung der zahlreichen Begrifflichkeiten in diesem Kontext schreiben, handeln aus unterschiedlichen Motivationen. D ie Staaten setzen sich das globale Ziel, die Erd- vorgenommen werden. Dies sind zum einen der unmittelbare Druck durch erwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeit- eine entsprechende Kundennachfrage nach Klima- alter auf „deutlich unter“ zwei Grad Celsius zu be- neutralität im B2B- und B2C-Bereich oder der eige- grenzen. Angestrengt wird eine Beschränkung auf ne Anspruch und Nutzen, der sich durch eine Klima- 1,5 Grad Celsius. neutralität ergibt. Darüber hinaus münden politisch D ie Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel definierte Leitlinien und Ziele bzw. Beschlüsse und Ge- soll gestärkt werden und wurde neben der Sen- setze in zunehmenden Ansprüchen von Kapitalgebern. kung der Treibhausgasemissionen als gleichbe- Hierzu existiert – trotz aller immer wieder zu beobachten- rechtigtes Ziel etabliert. 1 Vgl. WMO (2019), S. 6 der Rückschritte – nach wie vor ein breiter gesellschaftli- Z udem sollen die Finanzmittelflüsse mit den 22 Klimazielen in Einklang gebracht werden. 23
DEFINITION KLIMANEUTRALITÄT Der Begriff der „Klimaneutralität“ druck der Treibhausgasneutralität Diese Differenzierung im Klima- gelangte in die fachliche und öf- verwendet – so auch im Ende 2019 schutzgesetz legt nahe, dass die fentliche Diskussion während der in Kraft getretenen Rechtstext des Treibhausgasneutralität Deutsch- Verhandlungen zum Pariser Klima- Klimaschutzgesetzes. Der Begriff lands im Jahr 2050 als rein natio- schutzabkommen, jedoch wird er „klimaneutral“ wird zwar auch im nale Aufgabe ohne Zukäufe Dritter von den Staaten nicht einheitlich Klimaschutzgesetz angewandt, je- zur Kompensation erreicht werden verwendet. Auf EU-Ebene werden doch in anderer Funktion und mit soll, was ein äußerst herausfor- die Begriffe „treibhausgasneutral“ einer anderen Ausrichtung, denn derndes Ziel wäre. und „klimaneutral“ zumeist syn- gemeint ist im Rechtstext die Be- onym verwendet. In Deutschland stimmung des Ziels einer klima- wird für die Gesetzgebung der Aus- neutralen Bundesverwaltung. MEILENSTEINE DES KLIMA- SCHUTZPLANS 2050 Um die Ziele des Klimaschutzabkommens in Deutschland nicht zu betrachten. Der „European Green Deal“, ausge- Während das Leitbild für jedes umzusetzen, wurde der Ende 2016 von der Bundesregie- arbeitet und verabschiedet von der EU-Kommission kurz Handlungsfeld eine Vision für das Dargestellt sind die Sektorziele 2030 aus dem Klimaschutzplan 2050 (in rung beschlossene Klimaschutzplan 2050 erarbeitet. Er vor Ausbruch der Corona-Pandemie, rückt die Themen Kli- Jahr 2050 skizziert, sind die Meilen- Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten) beschreibt eine Modernisierungsstrategie für die notwen- maschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt steine auf das Jahr 2030 ausgerich- dige Transformation zum kohlenstoffarmen Wirtschaften der politischen Agenda. Die EU soll mit dem Plan bis zum tet. Formuliert wurden sie auf Basis 466 in Deutschland und umfasst drei Ebenen. Konkret bietet Jahr 2050 globaler Vorreiter im Kampf um Klimaneutralität einer Auswertung der verfügbaren ENERGIE- 358 WIRTSCHAFT er Leitbilder für die einzelnen Handlungsfelder (darunter werden. Klimaschutzszenarien und Analy- 183 auch für den Gebäude- und Immobilienbereich) mit Blick sen zur notwendigen Transforma- auf die Ziele im Jahr 2050, lässt dabei viel Raum für Inno- Um den „European Green Deal“ langfristig zu verankern, tion in den einzelnen Handlungs- 283 vationen und strebt ein Höchstmaß an Nachhaltigkeit an. ist ein ganzheitlicher, politischer Ansatz gefragt: Von der feldern. Gemäß dem Zwischenziel INDUSTRIE 181 Gleichzeitig beschreibt er für allgemeine Handlungsfel- Handelspolitik über die digitale Agenda, Forschung und für 2030 sollen dabei die gesamten 143 der transformative Pfade, beleuchtet Abhängigkeiten und Innovation, Wirtschafts- und Investitionspolitik bis hin zu Treibhausgasemissionen Deutsch- 209 stellt Zusammenhänge dar. Ein wesentliches Element des einer Industriestrategie soll eine saubere und kreislaufori- lands um mindestens 55 Prozent GEBÄUDE 119 deutschen Klimaschutzplans ist das Leitbild der weitge- entierte Wirtschaft entstehen. Verbunden ist damit die bis spätestens 2030 gegenüber 1990 72 henden Treibhausgasneutralität bis 2050. Hierzu gibt es Basis für einen Wettbewerb um die besten Öko-Technolo- (Ausgangswert: 1.248 Millionen Meilensteine und Ziele bis zum Jahr 2030, die wiederum gien und Verfahren. Ob im Energiesektor, in der Recycling- Tonnen CO2) gemindert werden. 163 mit dem Klimaschutzprogramm 2030 konkretisiert und mit branche oder bei Lieferketten in der Logistik: Integrierte Dafür hat sich die Bundesregierung VERKEHR 160 Projekten unterlegt wurden. Lösungen, z. B. durch Sensorik, Mikrotechnik, Robotik und im Klimaschutzplan erstmals auf 98 KI, können zu emissionsärmeren und energiesparenderen Sektorziele verständigt, die einen 88 Gängige, allerdings nicht bindende Begrifflichkeiten wie Ergebnissen führen, zu klimaneutralen Resultaten führen Rahmen zur anteiligen Verringe- LAND- 72 beispielsweise Green Deal, Green Tech oder Green Buil- sie per se aber nicht. rung der Treibhausgasemissionen WIRTSCHAFT 61 ding stehen dagegen für politische Programme oder wirt- in den jeweiligen Sektoren setzen. 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 schaftlich ausgerichtete Methoden, die darauf zielen, zu einem bestimmten Zeitpunkt klimaneutral zu sein oder da- bei unterstützend wirken. Als einzelne, aufeinander abge- 2030 (vorausgesagter Maximalwert) 2014 1990 stimmte Bausteine auf dem Weg zur Klimaneutralität sind die Begriffe hinter dem zurzeit obligatorischen „Green“ Abbildung 1: Die Sektorziele im Klimaschutzplan 2050. Quelle: Quelle: BMU (2017) 24 25
Trichlorfluormethan (CFC-11) 15 weitere Treibhausgase 1,8% 4,1% Dichloridfluormethan (CFC-12) 5,1% Lachgas (N2O) 6,4% 2.2. GESAMTER HANDLUNGSDRUCK FÜR DIE Methan (CH4) 16,4% EFFEKT TREIBHAUSGASE: UNTERNEHMEN ALS KONSEQUENZ 3,141 W/m2 Angesichts der vielfältigen Interessen unterschiedlicher Die nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick über die Akteure aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft entwickel- in diesem Zusammenhang aufkommenden Begrifflichkei- te sich im Bereich der Nachhaltigkeit eine nur schwer ten und Ansatzpunkte, ohne dabei den Anspruch auf Voll- überschaubare Vielzahl aus Regelungen, Prüfverfahren, ständigkeit zu verfolgen. Kohlendioxid (CO2) Zertifizierungen, energiesparenden Methoden und Pro- 66,1% dukten, die scheinbar auf eine Klimaneutralität zielen, oft- mals jedoch nur bestimmen, wie nah oder fern Produkte, Abbildung 2: Weltweiter Beitrag zum Treibhauseffekt durch Kohlendioxid und langlebige Treibhausgase 2020. Quelle: NOAA Earth Dienstleistungen, Organisationen und Staaten von einer System Research Laboratory (2020) absoluten Neutralität entfernt sind. Das Kernziel des Klimaschutzplans ist es, die Treibhaus- eine Erderwärmung, da abgestrahlte Erdwärme nicht in ÖKOBILANZ gasemissionen, zu denen als wesentlicher Bestandteil die den Kosmos entweichen kann. Je höher die Konzentration, Emission von CO2 gehört, bis 2050 im Vergleich zu 1990 um desto weniger Wärme entweicht, wobei das Prinzip ana- EMISSIONEN GREEN DEAL EPD 80 bis 95 Prozent zu verringern. Denn die Pro-Kopf-Treib- log zu einem Kochtopf mit Deckel betrachtet werden kann. CIRCULAR hausgasemissionen liegen in Deutschland sowohl über Auf diese Weise wirkt sich die Erderwärmung sowohl auf ESG & ECONOMY dem weltweiten Durchschnitt als auch über dem EU-Durch- die Umwelt (Artenvielfalt, Höhe des Meeresspiegels, Wet- GRESB WIEDERVERWERTUNG schnitt. ter) als auch auf die Wirtschaft und die Gesellschaft (Land- wirtschaft, Energieversorgung, Umweltmigration) aus. NACHHALTIGKEIT RECYCLING KLIMABILANZ Daraus ergibt sich für Deutschland als führende Industrie- nation zwangsläufig eine besondere Verantwortung, die CO2- nicht mit dem Hinweis abgetan werden kann, dass seine Treibhausgasemssionen absolut nur rund zwei Prozent BREEAM FOOTPRINT GREEN CO2 EMISSIONSFREI KLIMANEUTRAL NACHHALTIGKEITS-ZERTIFIKATE CO2-MESSUNG der weltweiten Emissionen ausmachen. Schließlich ist BUILDING Deutschland global betrachtet der sechstgrößte Emittent. ENEV LEED DGNB LOGISTICS ENERGIEEFFIZIENZ ENERGIE GHG GREENHOUSE GREEN Bei einem näheren Blick auf alle Treibhausgasemissionen GRAUE zeigt sich, dass CO2 in Deutschland mit 88 Prozent den GAS PROTOCOL größten Anteil ausmacht, weltweit sind es 66,1 Prozent RESSOURCENEFFIZIENZ GREEN SMART BUILDING EMDEDDED CO2 TECH (siehe Abbildung 2). Kohlenstoffdioxid entsteht überwie- gend bei der Verbrennung (beispielsweise von Steinkohle, Holz oder Erdgas) in Anlagen und Motoren beziehungs- weise bei der Umwandlung der Energieträger zum Bei- spiel in Strom oder Wärme. Weitere Treibhausgase sind unter anderem Methan, Lach- gas, Fluorkohlenwasserstoffe und perfluorierte Kohlen- Abbildung 3: Klimaneutralität: Begriffe, Rahmenbedingungen und Methoden. Quelle: eigene wasserstoffe. Diese Gase in der Atmosphäre sorgen für Darstellung 26 27
DOCH WELCHE DIESER BEGRIFFE SIND FÜR Zunächst stellt sich für alle Akteure die Frage, wo die Sys- EINE ANNÄHERUNG AN DAS THEMA KLIMA- temgrenze der Klimabilanzierung zu ziehen ist. Zu berück- NEUTRALITÄT TATSÄCHLICH RELEVANT? sichtigen sind laut DIN EN ISO 14064-1 die so genannten Scope 1 bis 3-Emissionen. Scope 1 (direkte Emissionen) CO2 SF4 CH4 N2O HFC5 PFC5 Die CO2-Bilanz, auch als CO2-Fußabdruck geläufig, ist ein umfasst die Emissionen aus Anlagen, die direkt zu dem Maß für den Gesamtbetrag von Kohlenstoffdioxid-Emissi- betrachteten Unternehmen gehören. Zu Scope 1 zählen onen, der bei der Fertigung und während des gesamten Lebenszyklus von Produkten entsteht und von den betei- außerdem Emissionen durch die Strom- und Wärmebe- reitstellung, falls diese innerhalb des Unternehmens liegt. SCOPE 1 DIRECT ligten Personen verursacht wird. Neben Kohlenstoffdio- Employee xid werden oft weitere Treibhausgase bilanziert, meist in Scope 2 (indirekte Emissionen) sind die Treibhausgase aus Business Tonnen CO2-Äquivalent. An Relevanz gewann der CO2-Fuß- der Wärme- und Strombereitstellung eines externen An- SCOPE 2 SCOPE 3 Travel INDIRECT INDIRECT abdruck in den vergangenen Jahren als ein anerkannter bieters. Unter Scope 3 (weitere indirekte Emissionen) wer- Basiswert, der es erlaubt, gezieltere und messbare Maß- den beispielsweise die Emissionen von Pendlerfahrten und nahmen zu ergreifen, um angestrebte Klimaziele zu errei- Dienstreisen, Abfallentsorgung und Transporte durch Drit- Purchased Production Waste chen. Die Grundlage der meisten Berechnungsverfahren te zusammengefasst. Dementsprechend können die Emis- Electricity Of Purchased Disposal für die CO2-Bilanzierung ist das GHG Protocol (siehe Info- sionen beispielsweise von ein und demselben Immobilien- For Own Use Materials box), auf dem weitere Standards aufbauen, wie beispiels- oder Transportasset in den Klimabilanzen verschiedener weise die DIN EN ISO 14064-1. Unternehmen auftauchen (Verlader und Dienstleister). Company Owned Contractor Vehicles Owned Die DIN EN ISO 14064-1 beschreibt von der Festlegung der In den meisten Fällen werden Emissionen nicht gemessen, Vehicles Systemgrenzen bis hin zur Dokumentation alle notwendi- sondern anhand von Verbräuchen berechnet. Die Umrech- Product Fuel Use Outsourced gen Teilschritte für die Erfassung des unternehmenseige- nung erfasster Verbräuche erfolgt mit Hilfe sogenannter Combustion Activities nen CO2-Fußabdrucks. Emissionsfaktoren: Je nach Brennstoff oder Aktivität wer- den für die verschiedenen freiwerdenden Treibhausgase Abbildung 4: Aufbau des Greenhouse Gas Protocol. Quelle: Greenhouse Gas Protocol (2004) pauschal Emissionsfaktoren angesetzt. Die Klimawirkung der emittierten Treibhausgase (GHG) wird dann einheitlich als Treibhauspotential (Global War- GREENHOUSE GAS PROTOCOL ming Potential, GWP) der äquivalenten Masse Kohlen- KOHLENSTOFFSENKE stoffdioxid angegeben, die über 100 Jahre in etwa gleich viel zur globalen Erwärmung beitragen würde. Einheit ist Das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol Als Kohlenstoffsenke wird ein System bezeich- meist Tonnen CO2-Äquivalent (t CO2-eq). Aktivitäten, die bzw. „Treibhausgasprotokoll“) wurde vom net, das mehr Kohlenstoff aufnimmt als es der Atmosphäre Treibhausgase entziehen, etwa das An- World Resources Institute (WRI) und dem World abgibt. Die wichtigsten natürlichen Kohlenstoff- pflanzen zusätzlicher Wälder, können ein negatives Treib- Business Council for Sustainable Development senken sind Böden, Wälder und Ozeane. Laut hauspotential haben (siehe Infobox „Kohlenstoffsenke“). (WBCSD) entwickelt. Es ist eine private, inter- Schätzungen entfernen natürliche Senken zwi- national angelegte Standardreihe zur Bilan- schen 9,5 und 11 Gigatonnen CO2 pro Jahr. 2017 zierung von Treibhausgasemissionen und dem erreichten die jährlichen globalen CO2-Emis- entsprechenden Berichtswesen für Unterneh- sionen 31,7 Gigatonnen. Bisher gibt es keine men. Darüber hinaus findet es zunehmend im künstlichen Kohlenstoffsenken, die Kohlenstoff öffentlichen Bereich Verwendung. in dem Maße aus der Atmosphäre entfernen können, wie es zur Bekämpfung der globalen Die Standards des GHG Protocol erweitern die Erwärmung notwendig wäre. Vorgaben internationaler Klimapolitik und sol- len staatliche Regelungslücken schließen. 28 29
2.3. CO2-BEPREISUNG ERHÖHT 1.251 90 DEN DRUCK ZUM EINSATZ VON 163 BILANZIERUNGSSYSTEMEN -30,8% 210 866 Die Bundesregierung verabschiedete am 23. Oktober 2019 Diese Lenkungswirkung und die CO2-Einsparungen durch EU-weit ist seit 2005 der Europäische Emissionshandel 70 das Brennstoffemissionshandelsgesetz. Das Herzstück technische Verbesserungen und höhere Effizienz bzw. (EU-ETS) das zentrale Klimaschutzinstrument. Mit ihm sol- 162 des neuen deutschen Klimaschutzprogramms ist die neue sparsameren Verbrauch von Brennstoffen werden jedoch len die Treibhausgas-Emissionen der teilnehmenden Ener- 284 -55% CO2-Bepreisung für Verkehr und Wärme ab 2021. So wie in hohem Maße durch sogenannte Rebound-Effekte wie- giewirtschaft und der energieintensiven Industrie redu- es im Rahmen des europäischen Emissionshandels bereits der aufgehoben. ziert werden. Neben Kohlendioxid sind seit 2013 auch 117 562 für die Energiewirtschaft und die energieintensive Indust- Lachgas und perfluorierte Kohlenwasserstoffe einbezo- 61 rie gilt, wird CO2 nun auch in den Bereichen Verkehr und BEISPIEL FÜR DEN REBOUND-EFFEKT: gen. Zusätzliche zu den damals 28 EU-Mitgliedstaaten 196 98 Immobilie einen Preis erhalten. schlossen sich auch Norwegen, Island und Liechtenstein 466 Durch optimierte Wärmedämmung sinkt zwar der Be- dem EU-Emissionshandel an (EU 31). Im EU-ETS werden 72 Die Bundesregierung bewertet die CO2-Bepreisung als den darf an Heizenergie, ebenso machen sich verstärkt die Emissionen von europaweit rund 11.000 Anlagen der volkswirtschaftlich kosteneffizientesten Weg, um Emissi- eingesetzte emissionsfreie Elektrofahrzeuge positiv Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie er- 311 143 onen zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen. Das bemerkbar. Immer großflächigere Logistikimmobili- fasst. Zusammen verursachen diese Anlagen rund 40 % Landwirtschaft nationale Emissionshandelssystem (nEHS) startet 2021 zu- en und der verstärkte Einsatz von komplexen IT- und der Treibhausgas-Emissionen in Europa. Verkehr 183 nächst mit einem Festpreissystem. Das bedeutet, dass der Automatisierungslösungen verbrauchen aber oftmals Gebäude Preis pro Tonne CO2 fix und politisch festgelegt wird. Das zusätzliche Energie, wodurch der Einspareffekt durch Seit 2008 sammelt sich eine große Menge überschüssiger Industrie Emissionshandelssystem wird erst ab 2026 greifen. Das die Wärmedämmung wieder ausgehebelt wird. Emissionsberechtigungen im EU-ETS an. Diese Überschüs- Energiewirtschaft gestufte Festpreissystem startet anfangs mit einem Wert se trugen wesentlich zu dem zwischen 2011 und 2017 be- 1990 2018 ZIEL von 10 Euro je Tonne CO2 und steigt bis auf 35 Euro je Ton- obachtbaren Preisverfall für Emissionsberechtigungen 2030 ne CO2 im Jahr 2025. Ab 2026 gilt ein Preiskorridor von 35 bei. Seit Mitte 2017 sind die Preise wieder deutlich gestie- Abbildung 5: Treibhausgas-Emissionen in Deutschland nach Sektoren (in bis 60 Euro je Tonne CO2 und Zertifikate können gehandelt gen. Mitte 2019 lag der Preis bei rund 28 Euro. Mio. t CO2-Äquivalente). Quelle: BMWI (2019) werden. Dabei werden Zertifikate an die Unternehmen, EU-ETS die Heiz- und Kraftstoffe in Verkehr bringen, verkauft. Die Wie in Abbildung 5 ersichtlich, entstehen in Deutschland aktiv zu werden, um rentable Investitionen in zukunftssi- Kosten für die Zertifikate trägt der Brenn- und Kraftstoff- etwa 30 Prozent der gesamten Emissionen beim Betrieb chere Gebäude zu lenken und sich auf Systeme zu verlas- Der EU-ETS funktioniert nach dem Prinzip des handel: Wenn Unternehmen Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, von Gebäuden. Zwar sind die Treibhausgasemissionen sen, die Unternehmen unabhängig, objektiv und nachvoll- sogenannten „Cap & Trade“. Die Obergrenze Kohle, Benzin oder Diesel verkaufen, benötigen sie für im Gebäudesektor zwischen 1990 und 2018 bereits um ziehbar einen Eindruck über die Nachhaltigkeit (bis hin zur (Cap) legt fest, wie viele Treibhausgas-Emissio- jede Tonne CO2, die die Stoffe im Verbrauch verursachen rund 44 Prozent zurückgegangen – doch das Ziel ist damit Klimaneutralität) der Gebäude geben. nen von den emissionshandelspflichtigen Anla- werden, ein Zertifikat als Verschmutzungsrecht. noch lange nicht erreicht. Der Schlüssel für einen weite- gen insgesamt ausgestoßen werden dürfen. Die ren Rückgang scheint weiterhin in der Wärmedämmung Mitgliedstaaten verteilen eine entsprechende Die neue Regelung führt zu einem zusätzlichen Preissignal zu liegen, denn zu viele Unternehmen beheizen durch Menge an Emissionsberechtigungen an die für die Wärmeerzeugung im Gebäudesektor und Energie- mangelhafte Dämmungsstoffe und veraltete Heizungs- Anlagen – kostenlos oder über Versteigerun- und Industrieanlagen außerhalb des Europäischen Emissi- systeme das Klima, aber nicht ihre Immobilien. Deshalb gen, wobei eine Berechtigung den Ausstoß onshandels (EU ETS) sowie dem Verkehrssektor (Ausnah- sieht das Klimaschutzprogramm 2030 eine Reihe von Maß- einer Tonne Kohlendioxid-Äquivalent (CO2-Äq) me ist der Luftverkehr). Gegeben ist somit ein Anreiz für nahmen vor, deren Grundlage ein Mix aus verstärkter För- erlaubt. Die Emissionsberechtigungen dürfen den Umstieg von emissionsintensiven auf klimaschonende derung, Information und Beratung, Bepreisung von CO2, und sollen auf dem Markt frei gehandelt wer- Technologien, wie beispielsweise den Einsatz von Wärme- sowie das Ordnungsrecht ist; eine Vorgehensweise, die den (Trade). Hierdurch setzt sich ein Preis für pumpen und Elektromobilität, sowie auf mehr Energieeffi- auch mit dem Prinzip „viel hilft viel“ beschrieben werden den Ausstoß von Treibhausgasen zusammen. zienz und die Nutzung erneuerbarer Energieträger. kann. Denn konkrete, verbindliche Einsparmengen sind Dieser Preis setzt Anreize bei den beteiligten nicht vorgesehen, was eine Validierung der Maßnahmen Unternehmen, ihre Treibhausgas-Emissionen zu schwierig macht und langfristig, also mit Blick auf die Ziele reduzieren. im Jahr 2050, dazu führen könnte, ebendiese doch nicht zu erreichen. Es ist daher sinnvoll und angebracht, selbst 30 31
DREI INTERVIEW BAYERN LB FRAGEN Bernd Mayer, Bereichsleiter Immobilien, BayernLB DREI Q Welche Bedeutung hat das Thema Klima- 2.4. bilanz bei der Finanzierung von Großprojek- ANTWOR- TEN AUSBLICK UND ten wie Logistikimmobilien? Gerade bei Großprojekten ist eine positive HANDLUNGS- Klimabilanz enorm wichtig. In der Beurtei- lung von Projektentwicklungen sind die As- pekte Vermietbarkeit und Vermarktbarkeit EMPFEHLUNG zwei Kernelemente. Für Großprojekte sind in der Regel sehr große Mieter vorgesehen und im des Ressourcenver- brauchs und der Be- Verkauf wird man meist auch auf große institu- lastung des Ökosystems tionelle Investoren abzielen. Gerade diese großen gefordert. Mieter und großen professionellen Investoren haben Die beschriebenen politischen Rahmenbedingungen und Verordnungen haben damit nicht zuletzt durch die anste- Angesichts der nach wie vor hohen CO2-Emissionen spüren auch die Unternehmen der Logistik-Wirtschaft einen aku- eigene Leitbilder für ökologische Kriterien und Q Gibt es in Ihrem Unternehmen eine Nachhal- ESG-Grundsätze („Environmental“, „Social“, „Gover- tigkeitsstrategie? Welchen Einfluss hat diese in hende Bepreisung den Druck auf eine Verbesserung der ten Handlungsdruck. Da der Ausstoß von Treibhausgasen nance“) entwickelt. Wenn ein Objekt diesen Kriteri- Bezug auf die Klimabilanzierung von Logistikim- Klimabilanz insgesamt für alle Akteure deutlich erhöht. zu einem Kostenfaktor wird, sollten Unternehmen prüfen, en nicht entspricht, wird es unter Umständen nicht mobilien? Insbesondere für Unternehmen resultiert daraus eine be- inwiefern ein kurzfristiger Einstieg in die Klimaneutralität angemietet bzw. nicht erworben. Das bedeutet also sondere Komplexität bei der transparenten Erhebung und betriebswirtschaftlich sinnvoll ist. Vor dem Hintergrund Die BayernLB richtet sich strategisch klar auf Nachhal- letztlich ganz klar, dass der Kreis der potentiellen Messung der notwendigen Daten. Im folgenden Kapitel hoher Energiekosten bieten sich jedoch Chancen für sig- tigkeit aus. In der gesamten Geschäftstätigkeit wollen Mieter und Erwerber von Objekten mit einer sehr soll der Fokus insbesondere auf den Status Quo der Kli- nifikante Einsparungen. Um auf der Reise in die Klimaneu- wir als BayernLB gesellschaftliche Verantwortung positiven Klimabilanz, am besten unterlegt mit einer mabilanzierung im Bereich der Immobilien gelegt werden. tralität unnötige Verzögerungen und Missverständnisse übernehmen: bei der Gestaltung der Geschäftsbezie- entsprechenden Zertifizierung, ganz objektiv betrach- zu vermeiden, ist ein frühzeitiger Dialog mit Kommunen hungen mit Kunden und Zulieferern, bei der Entwick- tet größer ist. Ein gutes Argument für eine positive Vor diesem Hintergrund ist es von politischem und sozia- und Investoren als weitere Stakeholder empfehlenswert, lung unserer Produkte und Dienstleistungen, beim Finanzierungsentscheidung. lem Interesse, Gebäude klimaneutral zu gestalten, denn es um deren Interessen und Ziele näher kennenzulernen und Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, beim trägt dazu bei, die europäischen und nationalen Klimaziele zu erreichen und eine nachhaltige Welt zu gestalten. Doch einplanen zu können. Q Mit was muss die (Logistik-)Immobilien-Bran- betrieblichen Umweltschutz sowie bei unserem gesell- schaftlichen Engagement. Dieses Selbstverständnis che durch bspw. den Action Plan on Sustainable auch der Nutzer einer solchen Immobilie genießt mittel- leitet sich aus unserem öffentlichen Auftrag, dem wir Finance der Europäischen Union oder dem Euro- bare und unmittelbare Vorteile. So lässt sich der Mehrwert verpflichtet sind, ab. Seit 2015 sind wir zum Beispiel an pean Green Deal sowie der damit verbundenen durch ein klimaneutrales Gebäude anhand ökonomischer, unseren deutschen Standorten CO2 neutral. Wir sehen Taxonomie künftig rechnen? ökologischer und soziologischer Kennwerte aufzeigen. in der nachhaltigen Transformation von Wirtschaft Praxisrelevante und erprobte Standards sind auf dem Um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, möchte und Gesellschaft eine große Chance, die aber auch He- Markt, interessierte Unternehmen müssen „nur“ noch ei- die EU in den nächsten Jahren verstärkt Kapital in rausforderungen mit sich bringt. Es ist uns ein großes nen individuell sinnvollen Weg einschlagen – beispielswei- nachhaltige Projekte lenken. Als Grundlage dafür hat Anliegen unsere Kunden dabei zu unterstützen, diese se in der Wahl einer adäquaten Zertifizierung. sie eine Taxonomie entwickelt, die beschreibt, welche Herausforderungen zu meistern. Bis 2023 wollen wir Kriterien eine wirtschaftliche Tätigkeit erfüllen muss, unseren Portfolioanteil an ESG (Environment, Social, um nachhaltig zu sein. Neben ambitionierten Energie- Governance)-konformen Finanzierungen nennenswert kennwerten sind bei Logistikimmobilien auch hohe erhöhen. In diesem Zusammenhang spielt die Klima- Standards bezüglich der verwendeten Baumaterialien, bilanz einer Immobilie eine große Rolle. 32 33
KLIMABILANZ VON IMMOBILIEN 34 35
3.1. BEDEUTUNG VON KLIMABILANZIERUNG IM KONTEXT VON NACHHALTIGKEITS- ZERTIFIKATEN 03 BREEAM In den vergangenen 25 Jahren wurden zur Erreichung und Das britische BREEAM (Building Research Establishment Darstellung von Nachhaltigkeit beim Bauen und bei Ge- Environmental Assessment Methodology)-System ist bäuden verschiedene Zertifizierungssysteme entwickelt. ebenfalls in deutscher Sprache und abgestimmt in Bezug Diese dienen dem belegbaren Nachweis, dass das Gebäu- auf deutsche Normen und Gesetze verfügbar. Durch die de nach standardisierten Nachhaltigkeitskriterien geplant internationale Ausrichtung wird hier der Fokus auf die und entwickelt wurde. Eine derartige Auszeichnung wird Übererfüllung der nationalen Mindeststandards gelegt. maßgeblich durch institutionelle Investoren getrieben, die Das BREEAM Schema bezieht auch in stärkerem Umfang KLIMABILANZ VON Logistikimmobilien vor etwa 20 Jahren als eigenständige Assetklasse für sich entdeckt haben. Inzwischen haben das Grundstück, den Standort und die Interaktion mit der Umwelt in die Zertifizierung ein. Eine hohe Gewichtung ha- IMMOBILIEN sich die amerikanische LEED-Zertifizierung, die britische BREEAM-Zertifizierung und die deutsche Zertifizierung ben hier Energieeffizienz und Klimaschutz, was sich in Kri- terien zur CO2-Minimierung, schadstoffarmen Produkten, durch die DGNB auf dem Markt etabliert. dem Immissionsschutz und der Verbesserung der ökologi- schen Qualität des Grundstücks ausdrückt. Nachhaltige Immobilien zeichnen sich durch eine hohe Ressourceneffizienz aus, insbesondere im Bereich der Ökologisch nachhaltig geplante Immobilien sind dement- sprechend nicht zufällige Konstruktionen umweltfreundli- 01 LEED LEED- und BREEAM-Zertifizierungen werden in der Regel von international bzw. amerikanisch oder angelsächsisch Energie. Daneben sollten auch der Einsatz von Wasser und cher Technologien, sondern erfordern eine systematische orientierten Investoren angestrebt, die auf eine Vergleich- Material, sowie schädliche Auswirkungen auf die Umwelt Planung der beim Bau verwendeten Ressourcen hinsicht- Bei LEED (Leadership in Energy and Environmental De- barkeit internationaler Immobilienportfolios Wert legen. adressiert werden. lich der Auswirkungen auf die Umwelt und des Verbrauchs, sign) liegt der Fokus insbesondere auf Energieerzeugung Projekte, die im deutschen Markt angesiedelt sind, werden wie auch der Emissionen über den gesamten Lebenszyklus und -effizienz, Qualitäten im Innenraum (Lüftung, Akustik, überwiegend nach DGNB zertifiziert. Dieser Leitgedanke wird idealerweise über alle Phasen einer Immobilie hinweg. Die Zielmarke sogenannter „grü- Schadstofffreiheit) und dem Kontext des Grundstücks. des Gebäudelebenszyklus von der Projektentwicklung, ner“ Logistikimmobilien ist somit eher eine umweltver- Da die Bautätigkeit in den USA nicht so stringent nach Wie die folgende Abbildung zeigt, adressieren alle drei der Planung und der Konstruktion über den Betrieb, die trägliche Nachhaltigkeit, aber noch nicht Klimaneutralität. nationalen und anerkannten Standards erfolgt, liegt ein Zertifizierungssysteme die klassischen Nachhaltigkeitsas- Wartung und die Demontage verfolgt. Das „ökologische Schwerpunkt der Zertifizierung auf der Qualitätskontrolle pekte Ökologie, Ökonomie und Soziales, unterscheiden Bauen“ folgt einem ähnlichen Konzept, welches Aspekte der Planungsbeteiligten. sich allerdings in der jeweiligen Gewichtung. Während bei- der Nachhaltigkeit in den Neubau von Gebäuden und die spielsweise bei LEED ökologische Aspekte einen Großteil Instandsetzungsmaßnahmen und Sanierung bestehender der betrachteten Kriterien umfassen, sind ökonomische Gebäude überträgt. 02 DGNB Kriterien bei DGNB deutlich stärker berücksichtigt. Die Zertifizierungssysteme werden dennoch als weitgehend Häufig unterschätzt wird die Umweltverträglichkeit von gleichwertig angesehen. Gebäuden, während die Kosten für das „grüne“ Bauen Das DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) oft überschätzt werden. Die Nutzung erneuerbarer Res- -System trägt u.a. der in Deutschland ausgeprägten Pla- sourcen bei Immobilien wird in der öffentlichen Diskussi- on vorrangig betont, wie beispielsweise die Verwendung nungs- und Baukultur, dem hohen Maß an technischem Wissen und dem damit verbundenen Qualitätsverständnis LEED DGNB BREEAM von Sonnenlicht durch passive, aktive und photovoltaische Rechnung. Die DGNB Zertifizierung stellt den gesamten Techniken. Andere, oftmals unkompliziert einsetzbare Me- Lebenszyklus von Gebäuden über die Planungsqualität, thoden, wie etwa der Einsatz von verdichtetem Schotter die Herstellung, die Nutzung und den Rückbau in den Fo- 01 02 03 für Parkplätze anstelle von Beton oder Asphalt, können kus der Bewertung. Die Bewertungsschwerpunkte, die sich ebenfalls als relevant erweisen. sich aus der Gewichtung der Kriterien ergeben, sind die Ökobilanz, die Lebenszykluskosten, die Wertentwicklung sowie die Schadstofffreiheit und Qualitäten im Innenraum. Ökologische Qualität Ökonomische Qualität Soziokulturelle Qualität Abbildung 6: Balance der Ganzheitlichkeit – Zertifizierungssysteme im 36 Vergleich. Quelle: eigene Darstellung 37
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