INTEGRATION GESTALTEN - MITEINANDER ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
62. Jahrgang 1 W I S S E N INTEGRATION GESTALTEN Macht mit bei Mit spannenden der bundesweiten digitalen Ausstellung! Weitere Inhalten über Schickt uns Informationen Augmented eure Ideen bis im Heft und Reality! zum 31.12.2020! unter www. integration- gestalten.de Digitale Inhalte über Augmented Reality entdecken! Dieses Projekt wird aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds kofinanziert.
2 INHALT 3 Grußwort n gestalten oj ek t: M IT EI N A NDER. Integratio 4 Das Pr den Unterricht 6 Hinweise für ng 7 Die Ausstellu en en und Definition 8 Migration: Dat der Migration 10 Geschichte sforderungen 12 Neue Herau nd ngsland Deutschla 14 Einwanderu Glaube 16 Religion und d Vielfalt 18 Identität un 20 Integration gration im B erei ch Ei nwanderung und Inte litik 22 Deutsche Po nterricht ät te r fü r de n praxisorientierten U tsbl 24 Sieben Arbei pressum 31 Linktipps, Im ENTDECKEN SIE DIGITALE INHALTE Dieses Heft arbeitet mit 1. Gratis-App „Xtend“ für iOS und Android App zur Nutzung der Technik Augmented herunterladen! von Augmented Reality Reality. Auf allen Seiten, 2. Scannen! Öffnen Sie im Hauptmenü die auf denen Sie das AR-Symbol Funktion Scannen und halten Sie die Kamera finden, sind digitale Inhalte auf die mit dem AR-Symbol markierte Seite. Symbol für digitale Inhalte über Aug- hinterlegt, die Sie mit 3. Entdecken! Videos, Interviews und vieles mehr ... mented Reality Ihrem Smartphone oder 4. Mehr wissen! Auf Inhalte, die sich direkt auf Tablet entdecken können! Stellen im Text beziehen, weisen wir mit dem Hinweis AR hin. Sie können dieses Zeitbild WISSEN kostenlos hier als PDF herunterladen: www.integration-gestalten.de. Oder bestellen Sie weitere Exemplare unter miteinander@zeitbild-stiftung.de.
3 LIEBE heute hat jede und jeder Vierte in Deutschland eine familiäre Einwanderungsgeschichte. Das sind 20,8 Millionen Menschen LEHRERINNEN und 20,8 Millionen Geschichten. Wir müssen diese Geschich- ten viel öfter erzählen, sie machen unser Land stark, und wir können stolz auf unsere Einwanderungsgeschichte sein. UND LEHRER, Migration nach Deutschland hat es schon immer gegeben. Heute ist gesellschaftliche Vielfalt längst Realität. Ja, Vielfalt ist nicht immer einfach, sie kann anstrengend sein. Darum ist es umso wichtiger, dass sich alle für die Integration ent- scheiden. Eingewanderte, Geflüchtete und jede und jeder von uns. Dann ist Vielfalt eine Chance und Bereicherung für uns alle. Integration heißt, dass alle im Land ihre Potenziale einbringen können und das auch tun. Alle – egal welcher Herkunft, von Anfang an, in der Schule, in der Berufsbildung oder am Arbeitsmarkt. Das müssen wir fordern und fördern. Die Bundesregierung hat sich entschieden: Wir sagen JA zur Integration, auch mit dem Nationalen Aktionsplan Integration. Dort arbeiten Politik und Zivilgesellschaft an Maßnahmen für mehr Integration und Zusammenhalt. Ich würde mich freuen, wenn auch Sie und Ihre Schülerinnen und Schüler JA zur Integration sagen und das Projekt „MITEINANDER. Integration gestalten“ unterstützen. Wir brauchen gerade in diesen Zeiten, in denen Hetzer und Rassisten den Frieden und Zusammenhalt in unserer Gesell- schaft angreifen wollen, den Schulterschluss. Deutschland ist vielfältig, aber wir sind eine Einheit. Herzlichst Ihre Annette Widmann-Mauz Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
4 Weitere Informationen zum Projekt auf www.integration- DAS PROJEKT: Interaktiv und mit viel Kreativität die Themen Migration und Integration in die gestalten.de MITEINANDER. Schulen bringen – das möchte das Projekt „MITEINANDER. Integration gestalten“. Das vorliegende Wissensmagazin richtet sich an Lehrkräfte und INTEGRATION Jugendliche der Sekundarstufen I und II an allgemein- und be- rufsbildenden Schulen. Neben Sachinformationen und Aufgaben GESTALTEN für den Unterricht werden die Schülerinnen und Schüler dazu angeregt, eigene Beiträge für die bundesweite Wanderausstel- lung zu erarbeiten. Die Teams der 15 besten Beiträge werden zur großen Eröffnungsfeier in Berlin im Frühjahr 2021 eingeladen. DIE AUSSTELLUNG Ab Frühjahr 2021 geht die Wanderausstellung „MITEINANDER. Integration gestalten“ auf Tour. Das Besondere dabei: Neben zehn informativen Tafeln über die Hintergründe von Migration und Integration werden 15 Tafeln von Schülerinnen und Schülern selbst gestaltet! Mehrsprachig: Über die Technik Augmented Reality können die Texte in mehreren Sprachen gelesen werden. Innovativ: Über die Technik Augmented Reality werden auch digitale Inhalte eingebunden. Partizipativ: Ein Großteil der Ausstellungsinhalte wird von Jugendlichen selbst erstellt. DIE AUFGABE Der zweite Teil der Ausstellung wird von Jugendlichen selbst er- stellt: Schülerinnen und Schüler recherchieren und porträtieren Menschen, die über ihre Erfahrungen mit Integration berichten möchten. Das können Neuzugewanderte sein, Personen mit einer besonderen Herkunftsgeschichte, die ihre Identität prägt, oder Menschen, die beruflich oder ehrenamtlich im Bereich Integra- tion aktiv sind. Diese Menschen können aus dem persönlichen Umfeld der Jugendlichen sein, engagierte Personen aus der Region oder Prominente. Bei der Erstellung der Porträts stehen den Jugendlichen unter- schiedliche Formate zur Verfügung: Sie können ganze Ausstel- lungstafeln einreichen oder Interviews führen, Texte entwerfen, Filme drehen, Fotos machen oder Blogs schreiben. Die 15 Ge- winnerbeiträge werden anschließend professionell gelayoutet und für die Ausstellung finalisiert. Hinweise zum Datenschutz: Alle Pers onen, die namentlich oder mit Foto in den eingereichten Materialien vork ommen, müssen eine unterschrieb Einverständniserklärung einreichen. ene Hier finden Sie eine Vorlage dafür.
5 KREATIV IM TEAM Einsendungen an: Ihre Ausstellungsinhalte erarbeiten die Jugendlichen in Zweier- Zeitbild-Stiftung bis Fünferteams, die aus Schülerinnen und Schülern verschiede- Rumfordstraße 9 ner Herkunft und Zuwanderungsgeschichte zusammengesetzt 80469 München sind. Die Projektarbeit in Teams fördert den interkulturellen miteinander@ Austausch und die Jugendlichen bekommen die Möglichkeit, zeitbild-stiftung.de neue Seiten an sich selbst und anderen zu entdecken. Tel. 089 260 64 40 Fax 089 26 82 79 DIE JURY Eine Expertenjury mit Vertreterinnen und Vertretern aus Bil- Die Arbeitsblätter dung, Wissenschaft, Politik, Migrantenorganisationen und im hinteren Teil Medien wählt aus allen eingereichten Ausstellungsbeiträgen geben Anleitung und der Schülerinnen und Schüler die 15 besten Beiträge aus. Ideen für kreative Die ausgewählten Beiträge werden anschließend professi- Einsendungen! onell grafisch aufbereitet und für die Druckproduktion der Ausstellung vorbereitet. Einsende- schluss: UNTERWEGS IN GANZ DEUTSCHLAND 31.12.2020 Die 15 ausgezeichneten Teams werden zur feierlichen Ausstel- lungseröffnung nach Berlin eingeladen, an der auch Vertrete- rinnen und Vertreter aus Politik, Bildung, Wirtschaft, Migran- tenorganisationen und Medien teilnehmen. Danach beginnt die bundesweite Tour der Wanderausstellung an Gewinnerschulen und in öffentlichen Einrichtungen.
6 HINWEISE Im ersten Teil des Magazins finden Sie Hintergrundinformationen zum Themenkomplex Migration und Integration. FÜR DEN Die Fragen in den Denk mal!-Kästen auf den Doppelseiten sollen die Schülerinnen und Schüler dazu anregen, über eigene UNTERRICHT Erfahrungen, Gefühle, Sorgen und Wünsche nachzudenken. Sie eignen sich besonders für eine Diskussionsrunde in Kleingruppen oder im Plenum. Ab Seite 24 finden Sie sieben Arbeitsblätter, die Ihnen helfen, mit Ihrer Klasse Beiträge für die große Wanderausstellung zu erstellen. Eine kurze Einführung in das Thema Integration, eine Anleitung zur detaillierten Projektplanung sowie viele kreative Ideen geben Ihnen für eine erfolgreiche Teilnahme Werkzeug an die Hand. LERNZIELE UND KOMPETENZEN Die Schülerinnen und Schüler ... • lernen, dass historische und gegenwärtige Migra- tion integraler Bestandteil unserer Gesellschaft ist. • setzen sich kritisch mit dem Begriff Integration und LEHRPLANANBINDUNG Bezeichnungspraxen von Gruppen auseinander. Zu den Themen Migration, Integration, Parti- • lernen die wichtigsten Migrationsbewegungen der zipation und Teilhabe lassen sich in den Lehr- letzten Jahrhunderte kennen. plänen der Sekundarstufe I und II zahlreiche • lernen die verschiedenen Arten der Einwanderung Bezüge herstellen. nach Deutschland kennen. Unter anderem eignen sich die folgenden • setzen sich mit ihrer eigenen Identität und der Themen der Rahmenlehrpläne verschiedener Vielfalt unserer Gesellschaft auseinander. Fächer: • erfahren, welche Angebote es für die Integration neu zugewanderter Menschen gibt. • Erdkunde/Geografie/Geschichte: Migration • werden angeregt, eigene kreative Beiträge für die und Bevölkerung, Europa in der Welt Wanderausstellung zu erstellen und einzureichen. • Wirtschaft/Politik: Migration und Bevölke- • werden angeregt, selbst im Bereich Integration rung, Europa in der Welt aktiv zu werden und sich in Projekten oder privat • Gesellschaftskunde/Sozialwissenschaften: zu engagieren. Europa – grenzenlos?, Vielfalt in der Gesellschaft – Herausforderung und/oder Chance?, Religionen in der Gesellschaft – Miteinander oder Gegeneinander?, Eigenes VIOLA B. GEORGI, PRO- Leben – Identitätsfindung heute FESSORIN FÜR DIVERSITY • Ethik/Religion: Friedlich zusammenleben, EDUCATION AN DER Zusammenhalt in der Gesellschaft, Fremdes kennenlernen, Respekt und Toleranz UNIVERSITÄT HILDESHEIM • Fachübergreifende Themen: Bildung zur Die hier aufbereiteten und an Akzeptanz von Vielfalt (Diversity), Inter- der Lebenswelt von Jugend- kulturelle Bildung und Erziehung lichen orientierten Materia- • Kunst: Wir freuen uns auch und besonders lien regen dazu an, sich mit über kreative und künstlerische dem Zusammenleben in ei- Einsendungen! ner pluralen Einwanderungs- gesellschaft zu beschäftigen.
7 DIE Die Zeitbild-Stiftung erstellt zehn Tafeln mit Hintergrundin- formationen zu den Themen Migration und Integration. Diese AUSSTELLUNG Tafeln sind bereits jetzt unter www.integration-gestalten.de als Download erhältlich und können im Unterricht genutzt werden. MITEINANDER. Integration gestalten Deutschland – traditionelles Einwanderungsland?! Migration: 17. Jahrhundert bis 1949 Migration: 1949 bis heute Asylsuchende Der „Masterplan Migration“ Was Menschen bewegt Zusammen leben Laden Sie die Vielfalt Inhalte der Teilhaben Ausstellung für Ihren Unterricht herunter! Reservieren Sie schon jetzt die Wanderausstellung für Ihre Schule! Alle Tafeln können auch über Augmented Reality eingesehen werden!
8 MIGRATION: DIE FÜNF HÄUFIGSTEN AUSLÄNDISCHEN STAATSANGEHÖRIGKEITEN IN DEUTSCHLAND DATEN UND (in Prozent) DEFINITIONEN 13,1 7,7 7,0 6,7 5,8 Türkei Polen Syrien Rumänien Italien Quelle: Ausländerzentralregister, Stichtag: 31.12.2019 Anmerkung: Da Aussiedlerinnen und Aussiedler die deutsche Staats- AUSLÄNDER angehörigkeit besitzen, sind sie in dieser Statistik nicht enthalten. Ausländer/innen sind Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind. Ausländer/ innen gehören zu den Personen mit ZUZÜGE NACH DEUTSCHLAND UND FORTZÜGE Migrationshintergrund. Sie können in Deutschland geboren oder (nach den häufigsten Herkunfts- und Zielländern, 2018) zugewandert sein. 238.824 Rumänien 176.451 MIGRATIONS- 146.209 HINTERGRUND Polen 127.041 Eine in Deutschland lebende Person 81.793 hat dann einen Migrationshintergrund, Bulgarien 56.703 wenn sie selbst oder mindestens ein Eltern- teil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit 64.852 geboren ist. Zu den Personen mit Migrationshin- Italien 41.318 tergrund gehören somit alle Ausländer/innen, (Spät-)Aussiedler/innen und Eingebürgerten. 51.450 Ebenso dazu gehören Personen, die zwar mit Kroatien 26.324 deutscher Staatsangehörigkeit geboren 47.449 sind, bei denen aber mindestens ein Elternteil Ausländer/in, (Spät-) Türkei 29.735 Aussiedler/in oder einge- 41.925 bürgert ist. Ungarn 37.396 31.699 Vereinigte Staaten 28.143 30.723 Indien 15.700 30.498 Griechenland 19.047 30.415 Zuzüge Syrien 1.601 Fortzüge Quelle: Migrationsbericht 2018
Die definierten Begriffe sind offizielle Bezeichnungen, 9 DENK die in der Politik verwendet werden. Findest du sie passend? Fallen dir noch weitere Begriffe MAL! Warum? Was empfindest du als unpassend oder verletzend? ein und wie würdest du sie defi- Schau dir die Statistiken an. Entsprechen sie deinen Ein- nieren (z. B. Biodeutsche/r, schätzungen oder hattest du andere Zahlen erwartet? Deutschtürkin bzw. Deutsch- türke, Herkunftsdeutsche/r, Alman, Fremde/r ...)? Wie würdest FLÜCHTLING/ du gerne bezeichnet GEFLÜCHTETER werden? Ein Flüchtling bzw. Geflüchteter ist nach der Genfer Flüchtlingskonvention eine Person, die sich aufgrund einer „begründeten Furcht vor Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörig- keit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung außerhalb des Landes der EINBÜRGERUNG eigenen Staatsangehörigkeit befindet“. Allerdings können Von Geburt an besitzen Kinder auch andere Gründe Menschen zur Flucht bewegen. die deutsche Staatsbürgerschaft, Deshalb wird der Begriff Flüchtling auch auf Menschen (SPÄT-) wenn eines oder beide Elternteile angewandt, die vor Krieg, Armut und verheerenden AUSSIEDLER deutsch sind. Durch eine neuere Klima- und Umweltbedingungen fliehen. Begriffe Aussiedler/innen und Spät- Gesetzesänderung kann aber wie Asylbewerber/innen oder Schutzsuchende aussiedler/innen sind Einwanderer auch der Geburtsort eine werden oft als Synonym benutzt. aus Drittstaaten, die deutscher Rolle spielen. Abstammung sind. Ihre Vorfahren sind teilweise schon vor vielen Generationen aus Deutsch- land ausgewandert. BEVÖLKERUNG IN DEUTSCHLAND* DRITTSTAATS- (in Prozent) ANGEHÖRIGER Drittstaatsangehörige sind Ohne Migrationshintergrund alle Menschen, die nicht die Deutsche mit Migrationshintergrund Staatsangehörigkeit eines EU-Landes, eines Landes des Europäischen Ausländer/innen Wirtschaftsraums (EU-Mitglieds- staaten, Island, Liechtenstein, Ausländer/innen Norwegen) oder der 9,9 Mio. Schweiz besitzen. Deutsche mit Migrationshintergrund 10,9 Mio. Menschen ohne Migrationshintergrund 60,8 Mio. Bevölkerung gesamt 81,6 Mio. 60,3 27,9 11,8 67,0 19,0 14,0 66,9 13,4 19,7 66,1 14,2 19,7 78,0 12,2 82,7 88,1 9,8 9,4 7,9 6,3 5,6 Alter von ... bis Unter 15 15–25 25–35 35–45 45–55 55–65 65–85 unter ... Jahren * in Privathaushalten (Zahlen gerundet); Quelle: Statistisches Bundesamt, Ergebnisse Mikrozensus 2018 Quelle der Begriffsdefinitionen: Statistisches Bundesamt
10 GESCHICHTE Ohne Wanderungsbewegungen ist die Menschheitsgeschichte nicht denkbar. Migration ist integraler Bestandteil unserer biologischen und kulturellen Ent- DER wicklungsgeschichte. Ob auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen, auf der Flucht vor Krieg und Vertreibung, zur Familiengründung oder schlicht aus Neugier: Schon immer waren Menschen auf der ganzen Welt unterwegs auf der MIGRATION Suche nach einer neuen Heimat. Deutschland bildet da keine Ausnahme, seine Geschichte ist ohne Ein- und Auswanderung nicht denkbar. MIGRATION VOR 1933 Deutschland als vereinigter Nationalstaat besteht erst seit 1871. Schon lange vorher gab es Wanderungsbewegungen sowohl zwischen den einzelnen deutschen Staaten als auch aus anderen Teilen Europas und, in geringer Zahl, der Welt. Bis zum Ersten Weltkrieg verließen allerdings weit mehr Menschen Deutschland, als durch Ein- SCHON GEWUSST? wanderung nachzogen: Mehr als fünf Millionen meist arme Auswanderer reisten in Im klassischen Einwan- ein neues Leben in den USA oder anderen Ländern des amerikanischen Kontinents. derungsland USA machen Auch nach Osteuropa zog es immer wieder Gruppen von Auswanderern. Gleich- Deutschstämmige die zeitig kamen Ende des 19. Jahrhunderts viele Menschen aus polnischen Gebieten größte ethnische ins Ruhrgebiet, weil dort im Bergbau viele Arbeitskräfte gebraucht wurden. Gruppe aus. Die beiden Weltkriege, das nationalsozialistische Unrechtsregime, Flucht, Vertrei- bung und Umsiedlungen machten bis Mitte des 20. Jahrhunderts mehrere Millio- nen Europäerinnen und Europäer zu unfreiwilligen Migrantinnen und Migranten. 1933–1949 Bundes- 1954 1955–1968 1973 republik Deutschland Während des Zweiten Weltkriegs und Die Zahl der Gastar- in Folge der Gebietsabtretungen und Die Bun- Wegen des Arbeits- beiter erreicht mit Grenzverschiebungen im Osten fliehen desrepublik kräftemangels schließt 2,6 Millionen ihren rund 14 Millionen Menschen in Richtung Deutschland Deutschland Anwerbe- Höhepunkt. Anwerbe- westlich der Oder über die spätere unterzeichnet abkommen mit Italien, stopp – Migranten, die Grenze zwischen der DDR und Polen. die Genfer Spanien, Griechenland, sich entscheiden, in In der 1949 gegründeten DDR wurden Flüchtlings- der Türkei, Marokko, Deutschland zu bleiben, diese Migrantinnen und Migranten konvention. Südkorea, Portugal, dürfen trotzdem ihre „Umsiedler“ genannt. Tunesien und Jugosla- Familien nachholen. wien. 1949–1961 1961 Etwa 3,1 Millionen Menschen ziehen Mauerbau: Der Flüchtlings- aus der DDR in die Bundesrepublik, strom von der DDR in 500.000 Menschen ziehen vom die Bundesrepublik kommt Westen in den Osten. fast zum Erliegen. DDR 1963–1986 Die DDR schließt mit befreundeten „sozialistischen Bruderstaaten“ Ver- träge zur Anwerbung von Arbeits- kräften: Polen, Ungarn, Algerien, Kuba, Mosambik, Vietnam, Angola, Mongolei, China und Nordkorea.
Gibt es Migrationsgeschichten in naher oder ferner 11 DENK Vergangenheit in deiner eigenen Familie, innerhalb MAL! Deutschlands oder international? Haben diese Einfluss auf dein Heimat- oder Zugehörigkeitsgefühl? Kann man nur eine Heimat haben? GEKOMMEN UND GEBLIEBEN ZURÜCK IN DIE Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die DDR schlos- FREMDE HEIMAT sen Verträge mit anderen Ländern zur Anwerbung von Arbeits- Seit dem Mittelalter gab es kräften. Dies nannte man in Westdeutschland Gastarbeit und in immer wieder Auswanderun- der DDR Vertragsarbeit. „Gastarbeiter“ wurden als Arbeitskräfte gen deutschsprachiger Siedler verstanden, die nach einigen Jahren als in vorwiegend osteuropäi- Arbeitnehmer in Deutschland wieder Als millionster sche Länder. Aus diesen Ge- in ihre Heimat zurückkehrten. Dafür Gastarbeiter meinden, meist in Russland, sollte auch das Rotationsprinzip sorgen, bekam der Kasachstan und der Ukraine, das bestimmte, dass Arbeiterinnen und Portugiese kamen seit Ende des Zweiten Arbeiter nach zwei Jahren wieder heim- Armando Weltkriegs mehr als vier Mil- kehren mussten. Dieses Prinzip wurde Rodrigues de lionen Menschen als sogenann- 1964 in der Bundesrepublik Deutschland Sá ein Moped te (Spät-)Aussiedler oder de- wieder abgeschafft, und es begann der geschenkt. ren Familienangehörige nach Familiennachzug. Viele der Gastarbeiter Deutschland (Bezeichnung in brachten Ehefrauen und Kinder mit nach Deutschland und wurden hier heimisch. Spätestens der DDR: Übersiedler). Durch jetzt war klar, dass die Zuwanderer keine „Gäste“ bleiben würden, sondern gekommen waren, Artikel 116 des Grundgesetzes um zu bleiben. Deutschland verstand sich allerdings noch immer nicht als Einwanderungsland. ist ihnen die problemlose An- Erst Jahrzehnte später, nach vielen politischen Diskussionen, weiterer Migration und rassisti- nahme der deutschen Staats- schen Anschlägen, bekennt die Bundesrepublik sich mit einer Reform des Staatsbürgerschafts- bürgerschaft möglich. rechts zu dem, was eigentlich schon lange klar war: Deutschland ist ein Einwanderungsland, dessen Geschichte, Gegenwart und Zukunft eng mit Migration verknüpft sind. 1990 2000 2004 2015 2018 Nach der Wiederver- Beginn der Die Bundes- einigung Deutschlands EU-Osterweiterung: regierung und der Auflösung des Zwischen 2004 bringt den viel Ostblocks steigt die und 2013 bekommt diskutierten Zuwanderung aus dem die EU 13 neue „Masterplan Osten und Südosten Mitgliedsstaaten. Migration“ Europas. auf den Weg. Ein neues „Flüchtlingskrise“: 1989 Staatsangehörig- Ab 2015 steigt keitsrecht tritt in die Zahl von Kraft. Die Gesetze Flüchtlingen, die Mauerfall vereinfachen die nach Europa kom- Einbürgerung von men, stark an. Ausländerinnen und Ausländern.
12 NEUE GEFLÜCHTETE IN DEUTSCHLAND UND DER EU AB 2015 HERAUSFOR- In der zweiten Hälfte des Jahres 2015 stieg die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl beantragten, stark an. Dies lag hauptsächlich an Menschen, DERUNGEN die aus Syrien vor dem seit 2011 andauernden Bürgerkrieg flohen. Die meisten Asylanträge von Syrerinnen und Syrern werden inzwischen in wenigen Mona- ten genehmigt, denn in dem Land herrscht ein Krieg, der schon viele Leben gekostet hat. Auch aus dem Irak und Afghanistan erreichen viele Menschen Europa, sie fliehen vor Terror und Bürgerkrieg. Der rasante Anstieg der Flüchtlingszahlen ging als „Flüchtlingskrise“ in die Ge- schichte ein. Er war monatelang vorherrschendes Thema in Politik und Medien. Damit verbunden wurden neue Konzepte diskutiert, wie die Flüchtlinge gerecht auf die EU-Staaten verteilt werden können. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Türkei, über deren Grenzen viele Flüchtlinge nach Europa gelangen. Das Land verpflichtete sich im sogenannten Flüchtlingspakt dazu, seine Grenzen besser zu sichern und so zu verhindern, dass Menschen nach Europa einreisen. Im Gegenzug dazu erhält es unter anderem finanzielle Unterstützung bei der Versorgung der Flüchtlinge. Dieser Pakt funktioniert allerdings nicht prob- lemlos. Im Frühling 2020 öffnete die Türkei ihre Grenzen. Noch ist nicht klar, wie sich die Situation weiter entwickeln wird und ob wieder mehr Flüchtlinge nach Europa kommen werden. FAKT ODER FAKE? EN FLÜCHTLINGE AUF DEUTSCHLAND NIMMT DIE MEIST wohnen, , in dem die meisten Flüchtlinge Deutschland ist zwar das EU-Land tand ist es die Türkei, rs aus. Mit riesigem Abs weltweit sehen die Zahlen aber ande ding s Men sche n, die t. Betrachtet man aller die die meisten Menschen aufnimm das süda mer ikan ische Der Libanon der Flucht sind, ist es innerhalb ihres Heimatlandes auf an der Spit ze steh t. beherbergt die größ- onen Binnenvertrieben en Kolumbien, das mit fast acht Milli die Nac hbar länd er, in te Zahl von Flüchtlingen sen, schaffen es nur in Viele Menschen, die flüchten müs Uganda. relativ zu seiner Einwoh- ents tehen, wie etwa im Sudan oder in denen riesige Flüchtlingscamps nerzahl: Einer von sechs Menschen ist hier Flüchtling. (in Millionen) DIE FÜNF GRÖSSTEN HERKUNFTS- LÄNDER VON FLÜCHTLINGEN DIE FÜNF GRÖSSTEN AUFNAHME- Syrien Afghanistan Südsudan Myanmar Somalia LÄNDER VON FLÜCHTLINGEN 6,7 2,7 2,3 1,1 0,9 Türkei Pakistan Uganda Sudan Deutschland 3,7 1,4 1,2 1,1 1,1 DIE FÜNF LÄNDER MIT DEN Kolumbien Syrien Kongo Somalia Äthiopien 7,8 6,2 4,5 2,6 2,6 MEISTEN BINNENVERTRIEBENEN Quelle: Global Trends 2018
Immer wieder werden in Deutschland Forderungen nach 13 DENK einer „Obergrenze“ für Flüchtlinge laut. Wie passt das zum MAL! Recht auf Asyl, das im deutschen Grundgesetz festgeschrie- ben ist? Welche Wirkung hat die Benutzung von Begriffen wie „Flüchtlingskrise“ oder „Flüchtlingsstrom“? SCHAFFEN WIR DAS? „Wir schaffen das!“ ist ein berühmtes Zitat von Bundeskanzlerin Angela Merkel aus dem Jahr 2015. Die große Zahl Menschen, die als Flüchtlinge in Deutschland FUADA, 22, AUS ankommen, stellt das Land vor Herausforderungen. Die ersten Aufgaben sind die ALEPPO, SYRIEN Organisation der Unterkunft sowie die Bearbeitung der Asylanträge. Insgesamt werden knapp 30 Prozent aller Anträge abgelehnt, meist betrifft dies Menschen Vor drei Jahren bin ich aus den Balkanländern wie Serbien, Bosnien oder dem Kosovo. Sie müssen dann mit meiner Familie nach wieder in ihre Heimat zurückreisen. Deutschland gekommen. Wir sind so froh, endlich sicher Menschen, deren Schutzstatus anerkannt wird, dürfen in Deutschland bleiben. Hier vor dem Krieg zu sein! Es ist beginnt die zweite große Aufgabe: die Integration in eine für die Angekommenen nicht einfach, sich in einem völlig fremde Gesellschaft. Sprache, Alltagskultur, politische und gesellschaftliche neuen Land zurechtzufinden, Struktur – der gesamte Alltag ist anders als gewohnt. Oft kommen dazu trauma- besonders, wenn Sprache tische Erfahrungen, die verarbeitet werden müssen, wie der Verlust von Familie und Kultur so unterschiedlich und Freunden im Herkunftsland. Vor diesem Hintergrund fragen sich manche sind. Aber ich bin ehrgeizig Menschen, ob Deutschland diese Aufgaben überhaupt bewältigen kann. Sind nicht und möchte viel erreichen. die Kosten zu hoch? Kann Integration überhaupt gelingen? Als wirtschaftlich sta- Seit einem Jahr studiere ich biles Land hat Deutschland die Möglichkeit, Flüchtlingen, die vor Krieg und Gewalt Wirtschaftsinforma- fliehen, Sicherheit und Stabilität zu bieten. Das Recht auf Asyl ist außerdem in der tik. Ich vermisse Menschenrechtscharta und im deutschen Grundgesetz festgeschrieben. Wer vor meine Hei- Krieg und Verfolgung flieht, muss die Möglichkeit haben, Schutz zu beantragen. matstadt und Familie und RÜCKKEHR Freunde, den- Nicht alle nach Deutschland Geflüchteten wollen oder dürfen auf Dauer hier blei- noch bin ich ben. Sollte sich die Lage in den Herkunftsländern bessern, kehren einige freiwillig glücklich und wieder zurück. Andere werden nach Jahren in Deutschland heimisch und nach dankbar, mir hier Möglichkeit hier bleiben. Wer keine Aufenthaltsgenehmigung bekommt, muss in in Frieden ein neues sein Herkunftsland zurückkehren. Leben aufbauen zu können.
14 EINWANDERUNGS- Betrachtet man die Zahlen der nach Deutschland einwandernden Menschen und bedenkt, dass inzwischen rund 25 Prozent der LAND Gesamtbevölkerung Migrationshintergrund haben, ist die Sache klar: Deutschland ist heute ein Einwanderungsland. Das bedeutet nicht nur, dass Eingewanderte von Sicherheit und guten Chan- DEUTSCHLAND cen auf dem Arbeitsmarkt profitieren, sondern auch, dass die deutsche Gesellschaft dazugewinnt. Die rasant alternde Gesell- schaft wird durch die zumeist jungen einwandernden Menschen verjüngt. Die wachsende arbeitende Bevölkerung sorgt für eine Reduzierung des Fachkräftemangels und durch Steuern für die Sicherung der Sozialsysteme. NICHTS WIE RAUS AUS EUROPA SEHNSUCHTSZIEL EUROPA Im 19. Jahrhundert sind Menschen aus Mitteleuro- Heute ist Europa das Ziel vieler Einwanderer aus pa massenhaft ausgewandert. Sie kehrten einem der ganzen Welt. Auf der Suche nach Frieden und Kontinent den Rücken, in dem sie in großer Armut wirtschaftlicher Stabilität verlassen Menschen ihre lebten, in schweren Jahren Hunger litten und keine Heimat. Manche kommen aus Kriegsgebieten, Chance auf eine Verbesserung ihres Lebensstan- andere lassen Armut und Gewalt in ihren Heimat- dards sahen. Ihr Ziel: Übersee, der amerikanische ländern hinter sich oder sehen gute Chancen, in Kontinent, mit so vielversprechenden Ländern wie ihrem Fachgebiet arbeiten zu können. Besonders den USA, Brasilien, Chile oder Argentinien. Gleich- in Deutschland herrscht in vielen Bereichen gro- zeitig nahm Europa im Zeitalter des Kolonialismus ßer Mangel an Fachkräften für den Arbeitsmarkt. Gebiete auf anderen Kontinenten (insbesondere Europa – ein Versprechen von Sicherheit und in Afrika) in Besitz, erbeutete Rohstoffe und un- Arbeit. Deutschland – ein Einwanderungsland. terdrückte die ansässige Bevölkerung. Europäer wanderten aus und sahen sich als der heimischen Bevölkerung überlegen an. LI PHAN, 32, ALTENPFLEGERIN IN RECKLINGHAUSEN Ich bin nach Deutschland gekommen, weil hier die Arbeitsbedingungen und der Verdienst besser sind als in meinem Heimatdorf in Vietnam. Jeden Tag sehe ich, wie dringend Pflegefachkräfte gebraucht werden. Mehr als die Hälfte des Personals in der Seniorenresidenz, in der ich arbeite, sind wie ich zugewandert, und wir sind immer auf der Suche nach neuen Mit- arbeiterinnen und Mitarbeitern. Inzwischen spreche ich auch fließend deutsch. Das öffnet mir viele Türen, nicht nur beruflich, sondern auch privat: Ich habe viele Freunde aus verschiedenen Ländern und Kulturen!
Aus welchen Gründen verlassen Menschen ihre Heimat? 15 DENK Hast du Ängste und Sorgen, die mit Migration zu tun MAL! haben? Sprecht darüber und überlegt, wie man negativen Gefühlen gegenüber Einwanderung begegnen kann. LIEBE OHNE GRENZEN Moderne Kommunikationsmöglichkeiten, Reisen und Auslandsaufenthalte führen dazu, dass es immer mehr binationale Paare gibt. In einer Partnerschaft kann es spannend und anstrengend zugleich sein, zwei oder mehr Sprachen und Kulturen zu vereinen. Dinge, die in einer Kultur als selbstverständlich gelten, sind für die Partnerin oder den Partner vielleicht unverständlich oder schwer zu akzeptieren. Andererseits bereichern die unterschiedlichen Erfahrungen und Traditionen das Familienleben. Kinder aus diesen Familien wachsen mit dem Bewusstsein auf, dass mehrere Kulturen friedlich neben- und miteinander leben können. DIE BLAUE KARTE EU Mit der Blauen Karte EU dür- fen Angehörige von Nicht-EU- INGO KRAMER, Staaten legal zur Aufnahme einer ARBEITGEBERPRÄSIDENT Arbeit in die EU einreisen. Er- worben werden kann sie nur von Der Fachkräftemangel ist Menschen mit einem Hochschul- die größte Herausforderung abschluss, die mehr als ein festge- ASHOK KUMAR, 39, für die Wirtschaft. Wenn wir setztes Mindestgehalt verdienen. IT-SPEZIALIST IN HAMBURG unsere volkswirtschaftliche Besonders erwünscht ist die Leistung erhalten wollen, Einwanderung von Personen, die Ich hatte bereits drei Jahre in müssen wir ihn auch durch in sogenannten Mangelberufen den USA gelebt, als ich ein gutes Zuwanderung von Fachkräften arbeiten. Dazu gehören zurzeit Angebot einer Hamburger Fir- aus dem Ausland bewältigen. Ärztinnen und Ärzte, Ingenieurin- ma bekam. Zuerst war ich sehr nen und Ingenieure, IT-Fachkräfte unsicher, ob ich es annehmen und Naturwissenschaftlerinnen sollte, denn ich konnte kein Wort und Naturwissenschaftler. Deutsch sprechen. Ich habe den Schritt trotzdem gewagt. Da es in Deutschland an IT-Fachkräften mangelt, habe ich ohne große Komplikationen eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis bekommen. Ich habe mehrere Sprachkurse gemacht und fühle mich in- zwischen recht sicher, auch wenn ich wohl nie ganz ABER ... perfekt deutsch spre- chen werde. Hamburg Nicht alle Menschen sind mit einer Politik einverstanden, die Ein- ist eine tolle Stadt, nur wanderung in großer Zahl ermöglicht und Flüchtlingen die Asylsuche an eine Sache werde ich erleichtert. Oft stehen Ängste und Vorurteile hinter der abwehrenden mich wohl nie gewöhnen: Haltung. Menschen haben Befürchtungen, der Sozialstaat könne die Der Winter in Deutschland ist Zuwanderung finanziell nicht bewältigen, und Zuwanderung würde ihre einfach zu kalt! Heimat und bekannte Kultur verändern. Oft spielen auch subjektive Empfindungen eine Rolle, die objektiv nicht nachvollziehbar sind, etwa die Sorge vor hoher Kriminalität (siehe AR) oder mangelnder Integra- tionsbereitschaft. In den letzten Jahren sind in vielen Ländern Europas rechtspopulistische Parteien erstarkt, die Zuwanderung negativ sehen und teilweise mit hetzerischen Parolen um Zustimmung werben.
16 RELIGION SIND WIR WIRKLICH SO VERSCHIEDEN? Viele Menschen fühlen sich einer der großen Weltreligionen zugehörig. Wie sie UND GLAUBE ihren Glauben konkret gestalten, ist aber ganz unterschiedlich. Die drei Religionen, die Deutschland durch ihre Geschichte und die Zahl der Gläubigen am meisten prägen, sind Christentum, Islam und Judentum. Alle drei sind monotheistisch, das heißt, sie erkennen einen einzigen Gott. Ihre ethischen Grundsätze sind sich ähn- RELIGIONSZUGEHÖRIGKEITEN IN lich und auch sonst gibt es viele Gemeinsamkeiten: Islam und Christentum kennen eine mehrwöchige Fastenzeit, Muslime und Juden essen kein Schweinefleisch, DEUTSCHLAND (in Prozent) und das Alte Testament der Christen ist mit der jüdischen Thora fast identisch. Gleichzeitig gibt es innerhalb der einzelnen Religionen große Unterschiede. Bei allen gibt es sehr traditionelle Gemeinden und solche, die modernen Reformen römisch- offen gegenüberstehen. katholische Kirche Rund 38 Prozent der Bevölkerung in Deutschland gehören keiner Religion an. 27,7 Moralische Werte, Lebenssinn, Gemeinschaft – diese für alle Menschen wichtigen Dinge kann man nicht nur in der Religion finden. Konfessionsfreie/ohne Religionszugehörigkeit Religion und Glaube (oder auch das Nicht-Glauben) sind elementarer Bestandteil evangelische Kirche menschlicher Identität. Gleichzeitig sind sie in vielen Regionen der Welt Grund für 37,8 25,5 gewaltsame Konflikte und Kriege. Auch in Deutschland gelingt das friedliche Zusammenleben nicht immer. Der Staat garantiert Religionsfreiheit, trotzdem kommt es immer wieder zu Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten. Judentum 0,1 sonstige Religions- orthodoxe Kirchen 1,9 zugehörigkeit 1,9 konfessionsgebundene Muslime 5,1 Quelle: Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland 2018 DJAMAL, 17 Vor zwei Jahren habe ich zum ersten Mal im Ramadan gefastet. Es war ein gutes Gefühl, so als würde ich endlich ganz dazugehören. Seitdem sind mir islamische Regeln und Traditionen viel wichtiger geworden. Ausnahmen darf es aber ruhig geben. Ich glaube nicht, dass man ein schlechter Mensch ist, wenn man mal eine Regel nicht ganz ELLA, 15 korrekt einhält. Ich bin Muslimin, aber ich trage kein Kopftuch. Für mich gehören Klei- ben dungsvorschriften nicht zum Glau ist es wich tige r, mich rich tig dazu. Mir n, hilfs bere it und ehrl ich zu zu verhalte auf trad ition elle Wei se, sein. Ich bete t. aber spreche auch viel frei mit Got nde rs in schw ierig en Das hilft mir beso Situationen zu erke nne n, was für mich wirklich wichtig ist im Leben.
Würdest du dich einer Religionsgemeinschaft zuordnen? 17 DENK Wie wichtig sind Glaube und/oder Spiritualität in MAL! deinem Leben? Welche Rolle spielt Glaube für moralische und ethische Fragen? Fallen dir Beispiele ein? ANTI-MUSLIMISCHER RASSISMUS UND ANTISEMITISMUS Vorurteile führen zu Ausgrenzung und manchmal sogar zu tödlicher Gewalt gegen Minderheiten. So war das Atten- tat in Hanau vom 19. Februar 2020, bei dem neun Menschen aus Einwan- dererfamilien ermordet wurden, auch Ausdruck von Islamfeindlichkeit (anti- muslimischem Rassismus), und der An- schlag auf die Synagoge in Halle vom 9. Oktober 2019 Ausdruck von Juden- feindlichkeit (Antisemitismus). Alle Menschen in Deutschland tragen Ver- antwortung dafür, der Diskriminierung von (religiösen) Minderheiten im Alltag entgegenzutreten und für ein friedliches Zusammenleben einzustehen. DAS „HOUSE OF ONE“ IN BERLIN Ab 2020 wird gebaut: Im alten Zentrum Berlins ent- steht ein Gebäude, unter SARA, 16 dessen Dach sich eine Kir- JIN, 16 Meine Familie ist jüdisch. Wir gehören che, eine Synagoge und eine Mein Glaube als Christ ist mir wichtig, einer Reformgemeinde an, in der auch Moschee befinden werden. er gehört untrennbar zu mir. Aber Frauen Rabbinerinnen sein können. Das Haus soll Raum bieten um ihn zu leben, muss ich nicht jeden Das gefällt mir gut. Und ich liebe unse- für Begegnung, Kennen- Sonntag in die Kirche gehen oder in re vielen Traditionen, das gemeinsame lernen und Austausch, für Ge- der Fastenzeit auf Fleisch verzichten. Feiern in der Familie. Mit meinem bete und Lehre. Als gemeinsa- Viel wichtiger ist es für mich, anderen ganz persönlichen Glauben bin ich mer Ort kann das „House of zu helfen und ganz persönliche Ge- allerdings noch auf einem langen Weg. One“ eine Quelle des Friedens spräche mit Gott zu führen. Trotzdem Viele Fragen zum Leben und zu Gott werden, wo Juden, Christen ist mir auch Gemeinde wichtig, denn sind für mich noch offen, und ich bin und Muslime Hass und Gewalt es macht mich stärker, mit anderen nicht sicher, ob Religionen mir Ant- ein harmonisches Miteinander Gläubigen zusammen zu sein. wort geben können. entgegensetzen.
18 Zeichne deinen eigenen Stammbaum auf! DENK Was gehört zu deiner Identität? Welche Identität wird MAL! dir von außen zugeschrieben? Passt beides zusammen? IDENTITÄT DIE PATCHWORK-METAPHER DER IDENTITÄT UND Ein eingängiges Bild, wie man Identität verstehen kann, stammt von dem Sozialpsychologen Heiner Keupp. Identität besteht VIELFALT ihm zufolge aus verschiedenen Teilen, die wie bei einem Flicken- teppich (englisch: Patchwork) ein großes Ganzes bilden. Diese Teilidentitäten können sich sogar gegenseitig widersprechen. So kann jemand sich zugleich als Deutscher und Türke fühlen, Atheist Je unterschiedlicher die Identitäten der einzelnen Mitglieder ei- mit jüdischem Familienhintergrund sein oder mehrere Sprachen ner Gesellschaft sind, desto vielfältiger ist sie als Ganzes. Vielfalt als Muttersprache ansehen. Die Identitätsentwicklung ist ein nie kann sich dabei auf verschiedene Bereiche beziehen: Sprache, abschließender Prozess. Alle Lebenserfahrungen finden Eingang Religion, Kultur, Normen und Werte – alles, was die Identität in den Flickenteppich und er wird bis zum Tod stetig umgestaltet. Einzelner ausmacht, wird auch Teil der vielfältigen Gesellschaft. VIELFALT ÜBERALL WAS UNS ZUSAMMENHÄLT Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Deutschland haben Eine kollektive Identität, das sogenannte Wir-Gefühl, entsteht Wurzeln in allen Teilen der Welt, sprechen über 100 verschiedene leichter dann, wenn sich alle Mitglieder einer Gruppe besonders Sprachen, haben die unterschiedlichsten religiösen Überzeugun- ähnlich sind. Sie können dann auf einen gemeinsamen Schatz an gen und kulturellen Traditionen. Allein aus der Türkei kommen Fähigkeiten, Erfahrungen und Traditionen zurückgreifen. Aber Muslime, Aleviten, Jesiden, Christen, Juden und natürlich auch Gesellschaften halten Vielfalt nicht nur aus, sondern profitie- Atheisten. In den meisten afrikanischen Ländern werden neben ren von ihr. Das Zusammenleben erhöht Kreativität, Toleranz einer Verkehrssprache (oft englisch oder französisch) mehrere und das Bewusstsein der eigenen Stärken und Schwächen. Es afrikanische Sprachen gesprochen. Menschen mit Zuwande- bedarf aber auch klarer Regeln. Unabdingbar für ein Leben in rungsgeschichte sind so unterschiedlich, dass es keinen Sinn Deutschland sind die Beachtung der gesetzlichen Regelungen ergibt, sie als einheitliche Gruppe zu bezeichnen. und die Anerkennung der Gleichberechtigung der Geschlechter, der Meinungs- und Religionsfreiheit und des Selbstbestimmungs- rechts jedes Einzelnen. Burak Werner geb. in Istanbul geb. in Margarita Mira Chemnitz geb. in Königsberg geb. in Diyarbakir EINE TYPISCH DEUTSCHE FAMILIE Petra geb. in Essen Hasan geb. in Dortmund Açelya, geb. in Würzburg
19 Diese Zitate spiegeln die Meinungen und Gefühle einiger bekannter Persönlichkeiten zu den Themen Migration, Integration und Identität wider. Welches Zitat passt zu dir? Fällt dir ein kurzer Satz ein, der deine Meinung pointiert wiedergibt? „Wenn ein deutsch-türkischer Comedian auf die Bühne gehen kann, ohne zu thematisieren, dass er Deutschtürke ist – das ist vollendete Integration.“ Kaya Yanar, Kabarettist „Es gibt ein neues deutsches ‚Wir‘, die Einheit der Verschiedenen.“ Joachim Gauck, ehemaliger Bundespräsident „Polnisch, deutsch, mit den Händen. Hauptsache, der Pass kommt, und der Ball ist im Tor.“ Lukas Podolski, deutscher Fußballspieler polnischer Herkunft „Migrantenkinder sind unsere Zukunft.“ „Das Christentum gehört zweifels- Ursula von der Leyen, deutsche frei zu Deutschland. Das Judentum Politikerin und Präsidentin gehört zweifelsfrei zu Deutschland. der Europäischen Kommission Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ Christian Wulff, ehemaliger Bundespräsident „Sei ein Panda. Er ist schwarz, er ist weiß und er ist Asiate. Rassismus ist bescheuert.“ Cro, Rapper und Musikproduzent „Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht wegen der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden. Ich habe einen Traum!“ Martin Luther King †, US-amerikanischer Bürgerrechtler
20 INTEGRATION Ziel der staatlichen Integrationspolitik ist es, Zugewanderten mit einer langfristigen Bleibeperspektive die gleichen Chancen auf Teilhabe im wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Bereich wie der einheimischen Bevölkerung zu ermöglichen. Zu- gewanderte haben die Pflicht, die deutsche Sprache zu erlernen sowie die Verfassung und die Gesetze zu kennen, zu respektieren und zu befolgen. Quelle: BMI-Lexikon 2020 Bedeutet Integration, dass Zugewanderte ihre Kultur aufgeben müssen? Nein! Menschen können an mehreren Kulturen teilhaben und Teil einer vielfältigen Gesellschaft sein. WER IST DAFÜR VERANTWORTLICH, DASS INTEGRATION FUNKTIONIERT? Integration kann nur funktionieren, wenn alle beteiligten Menschen und Institutionen mitwirken. Der Staat muss An- gebote machen, damit Zugewanderte die Möglichkeit haben, die deutsche Sprache zu erlernen und soziale und politische Strukturen kennenzulernen. Zugewanderte müssen die Grund- werte der Aufnahmegesellschaft anerkennen und Regeln des Zusammenlebens beachten. Als aktive und gleichberechtigte Mitglieder können sie die Gesellschaft durch Partizipation und Teilhabe selbst mitgestalten. Dabei ist es wichtig, dass die Auf- nahmegesellschaft anderen Lebensweisen offen und tolerant begegnet. Nur wenn alle gleichberechtigt leben können, kann Integration gelingen. Offenheit und die Bereitschaft zu lernen – das sind zwei wich- tige Voraussetzungen dafür, dass Integration funktioniert, und zwar von beiden Seiten. Gleichzeitig müssen aber auch einige formelle Bedingungen erfüllt sein: Manchmal treffen Zuwanderinnen und Zuwanderer auf bürokratische Hürden, die es ihnen erschweren, im Ankunftsland Fuß zu fassen. Wenn Geflüchtete monatelang auf die Bearbeitung ihres Asylgesuchs warten müssen oder Menschen keine Arbeitserlaubnis erhalten, erschwert das Integration.
Was bedeutet für dich der Begriff „Integration“? 21 DENK Ist er noch zeitgemäß oder sollte man ihn durch MAL! ein anderes Konzept ersetzen? Recherchiere und diskutiere dazu auch die Begriffe „Partizipation“ und „Teilhabe“! EIN SCHWIERIGER BEGRIFF? Von Integration spricht man nicht nur beim Thema Migration, sondern immer, wenn jemand Teil einer Gesellschaft oder Gemeinschaft wird. Ein neuer Schüler integriert sich in eine Klasse, eine Straftäterin fasst nach der Zeit im Gefängnis wieder Fuß im Leben in Freiheit oder ein Arbeitsuchender schafft durch eine neue Stelle den Schritt zurück in den Arbeitsmarkt. In Bezug auf Zugewanderte wird der Begriff Integration manchmal kritisiert. Mit ihm wird die Forderung verbunden, allein die Zugewan- derten müssten sich um Anpassung bemühen. Zudem kann er mit Ängsten besetzt sein, diese Anpassungsleistung würde mit dem Verlust der Herkunftskultur einhergehen. Deshalb bevorzu- gen einige Menschen die Begriffe Partizipation SCHON GEWUSST? und Teilhabe, die andere Bedeutungsnuancen Die meisten Menschen auf der Welt haben. Sie betonen, dass es nicht (nur) darum wachsen mehrsprachig auf und erlernen geht, sich in eine bestehende Gesellschaft ein- schon im Kindesalter mühelos zwei oder zufügen, sondern darum, dass man ein aktiver sogar mehr Sprachen. In manchen Ländern Teil wird, der selbst mitgestalten kann. wie zum Beispiel der Schweiz, Serbien oder Indien ist Mehrsprachigkeit ganz normal. Auch in Deutschland sind etwa 20 Prozent der Einwohner bilingual (lateinisch: bis – zweimal; lingua – Zunge; Sprache). Dies macht einen Teil ihrer Identität aus und ermöglicht ihnen das Zurechtfinden in ver- schiedenen Kulturen.
22 DEUTSCHE POLITIK EINREISE UND AUFENTHALT Je nach Herkunftsland müssen Menschen, die nach Deutsch- IM BEREICH land kommen, vor ihrer Einreise ein Visum beantragen. Visa werden für verschiedene Zwecke ausgestellt, zum Beispiel für EINWANDERUNG Tourismus, zur Aufnahme einer Arbeit, zum Studium oder zur Familienzusammenführung, wenn Teile der engen Familie be- reits in Deutschland leben. Um ein Visum zu erhalten, müssen UND INTEGRATION verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Häufig sind zumin- dest geringe Deutschkenntnisse notwendig. Menschen, die als Schutzsuchende nach Deutschland kommen, können vor ihrer Einreise meist kein Visum beantragen. Sie melden sich direkt nach ihrer Ankunft bei einer Anlaufstelle für Neuankömmlinge, wo sie als Asylbewerber registriert werden. Danach stellen sie einen Asylantrag, über den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entscheidet. INTEGRATIONSKURSE UND DEUTSCH LERNEN Damit Einwanderern das Ankommen in Deutschland leichter fällt, haben sie in vielen Fällen einen gesetzlichen Anspruch auf einen Integrationskurs. Hierzu gehört nicht nur Sprachunterricht, sondern auch das Vermitteln der Grundlagen von Geschichte, Kultur und Rechtsordnung. Um das „Zertifikat Integrationskurs“ zu erhalten, müssen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Deutschprüfung und den Test „Leben in Deutschland“ ablegen. Die Teilnahme am Integrationskurs ist in manchen Fällen ver- pflichtend. T „LEBEN IN DEUTSCHLAND“ BEISPIELFRAGEN AUS DEM TES Was zeigt dieses Bild? In Deutschland dürfen Menschen offen etwas gegen die Regierung sagen, weil ... hier Religionsfreiheit gilt. die Menschen Steuern zahlen. die Menschen das Wahlrecht haben. den Bundestagssitz in Berlin hier Meinungsfreiheit gilt. das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das Bundesratsgebäude in Berlin das Bundeskanzleramt in Berlin Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Findest du Integrationskurse für Zuwanderer wichtig? 23 DENK Für wie wichtig hältst du das Erlernen der deutschen MAL! Sprache? Gibt es an deiner Schule Integrationsprojekte oder Initiativen? Kannst du dir vorstellen, selbst aktiv zu werden? TIPP INTEGRATIONSPROJEKTE Integrationsprojekte In Deutschland ankommen – das geht am besten, wenn man bei gemeinsamen Aktionen Menschen gibt es überall. Hier findet kennenlernt. Viele Projekte bieten dafür Raum und zählen dabei nicht nur auf die Mitarbeit von ihr viele interessante und Ehrenamtlichen, sondern auch auf das Interesse und die offenen Arme der Aufnahmegesellschaft. engagierte Menschen, die ihr für die Wanderausstellung porträtieren könnt! Bundesweit „INTEGRATION DURCH SPORT“ In diesem Programm erhalten Sportvereine Unterstützung und Finanzierung, um Köln für Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete maßgeschneiderte „THEATER IM PULS“ Programme anzubieten. Dabei handelt es sich meist nicht um reine Sportkurse, Hier erobern Kinder und Ju- sondern auch um Ange- gendliche die Bühne! Junge bote wie Hilfe bei Behör- Menschen mit und ohne Zu- dengängen, Hausaufgaben wanderungsgeschichte ver- und Bewerbungen. Sport arbeiten ihre Erfahrungen, eignet sich hervorragend Wünsche und Hoffnungen auf für Integrationsinitiati- kreative Art und Weise und ven, denn unabhängig präsentieren die Ergebnisse von Kultur, Schicht und vor Publikum. Sprachkenntnissen stiftet er ein wertvolles Gemein- schaftsgefühl. Digital Frankfurt am Main INTEGRATION VON „BRIDGES – MUSIK VERBINDET“ FLÜCHTLINGEN Die Initiative „Bridges – Musik verbindet“ bringt Musikerinnen In dieser Videoreihe veröffentlicht und Musiker mit und ohne Migrationsgeschichte zusammen. In das Bundespresseamt Porträts von Orchestern, verschiedenen Ensembles und im Chor musizieren Geflüchteten, die in Deutschland eine Profimusiker und Laien zusammen und erleben, wie sich verschie- neue Heimat gefunden haben: dene Musiktraditionen zu neuen Stilen verbinden. www.bundesregierung.de/breg-de/ aktuelles/integration-von-fluechtlin- gen-393684 Bundesweit „ÜBER DEN TELLERRAND“ – WELTWEITES NETZWERK Bei dem in Berlin gegründeten Netzwerk treffen sich Menschen verschiedener Herkunft und kochen gemeinsam Gerichte aus aller Welt. Dabei werden auch immer Geschichten erzählt und kulturelles Wissen weitergegeben. Beim gemütlichen Beisam- mensein werden ganz nebenbei Sprachkenntnisse verbessert und Freundschaften geschlossen.
24 1 INTEGRATION – EIN SCHWIERIGER BEGRIFF? Integration – was ist das überhaupt? Wo findet sie statt? Ist sie eine Notwen- digkeit? Habt ihr euch schon einmal irgendwo integriert? Das Wort Integration kommt ursprünglich aus dem Lateinischen und bedeutet eine „Wiederherstellung eines Ganzen“. Viele Menschen meinen unterschiedliche Dinge, wenn sie von Integration sprechen. „Für mich bedeutet Integration, dass Menschen, die neu in ein Land kommen, sich mit der Kultur der neuen Heimat auseinandersetzen. Außerdem ist es wichtig, die Sprache zu „Integration ist in erster Linie eine sprechen. Sowohl die Menschen, die neu in ein Land kom- Bringschuld der Zugewanderten.“ men, als auch diejenigen, die dort beheimatet sind, sollten Ahmad Mansour, Islam-Experte einander helfen und offen für die andere Lebensweise sein.“ Gerald Asamoah, Fußballprofi „Integration müssen sowohl die Migranten als auch die Urdeutschen, die sich im Alltag jeden Tag sehen, irgendwie „Integration ist kein hinkriegen. Denkanstöße von der Politik – sehr gerne. Aber Kleidungsstück, das wir lösen müssen das Ganze Normalsterbliche wie Sie und ich ...“ einfach überziehen und Abdelkarim, Comedian und Moderator – voilà – auf einmal sind wir Deutsche. Integration „Integration ist die messbare Teilhabe von Menschen mit und ohne bedeutet stattdessen vor Migrationshintergrund an den zentralen Bereichen des gesellschaft- allem, kulturelle Unter- lichen Lebens wie z. B. frühkindliche Erziehung, schulische Bildung, schiede zu akzeptieren berufliche Ausbildung, Zugang zum Arbeitsmarkt, Teilhabe an den und nach Gemeinsam- rechtlichen und sozialen Sicherungs- und Schutzsystemen, bis hin zur keiten zu suchen.“ (statusabhängigen) politischen Teilhabe.“ Widad Nabi, Schriftstellerin Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration „Dort, wo Integration nicht gelingt, stehen vor allem Bilder, Stereotype und Gefühle im Vordergrund, die aus der Geschichte stammen und noch immer Vorstellungen von einer homogenen deutschen Gesellschaft betonen. Diese Vorstellungen von ,wir‘ und ,die‘ sind meist gegen die Neuen, die anderen und Fremden gerichtet.“ Prof. Dr. Wolfgang Kaschuba, Integrationsforscher 1. Welchen der oben stehenden Aussagen stimmst du eher zu und warum? Diskutiert anschließend eure Meinungen in der Klasse: Was gehört zu Integration dazu? Was versteht ihr unter Integration? Notiert weitere Aspekte, die für euch dazugehören. 2. Verfasst ein Fazit, in dem ihr für euch selbst festhaltet, was euch beim Thema Integration wichtig zu erwähnen ist.
25 2 PROJEKTPLANUNG – EUER WEG ZUR AUSSTELLUNG Jetzt geht es los! Schickt uns euren Beitrag für die große Wanderausstellung „MITEINANDER. Integration gestalten“ und werdet selbst ein Teil davon! Recherchiert und porträtiert Menschen, die über ihre Erfahrungen mit Integra- tion berichten möchten. Das können Menschen sein, die neu nach Deutschland gekommen sind, Personen mit einer besonderen Herkunftsgeschichte, die ihre Identität prägt, oder Menschen, die sich beruflich oder ehrenamtlich im Bereich Integration engagieren. Zusätzlich zum Porträt schickt ihr uns das ausgefüllte Formular mit eurer Anmeldung und Einverständniserklärung ein – abrufbar über Augmented Reality (AR) oder unter www.integration-gestalten.de. 1. Bildet Arbeitsgruppen von drei bis fünf Personen. Wo findet ihr weitere Informa- tionen zum Thema Integration? Schaut in Büchern, im Internet, in Fachzeitschriften oder Zeitungen nach. Gibt es wichtige Begriffe, die euch unklar sind? Recherchiert ihre Definitionen und diskutiert in der Gruppe. 2. Überlegt euch, was ihr mithilfe eures Porträts über Integration erzählen möchtet. Wollt ihr ein ehrenamtliches Engagement in den Vordergrund rücken oder eine persönliche Herkunftsgeschichte erzählen? Druckt euch das Teilnahmeformular (über AR oder www. integration-gestalten.de) aus. 3. Schaut euch in eurem Umfeld einmal um. Vielleicht findet ihr in eurem Sportverein, eurer Musikgruppe, in der Schule, im Freundeskreis, in der Familie oder in der Nachbarschaft den Menschen, den ihr unbedingt porträtieren möchtet? Was findet ihr spannend an dieser Person im Zusammenhang mit Integration? 4. Für euer Porträt stehen euch verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Wir wünschen Ihr könnt mit der Person beispielsweise ein Videointerview führen, ein Fototage- euch viel Spaß beim buch erstellen oder eine Insta-Story machen, oder oder oder ... Seid kreativ! Sobald Erstellen eurer Porträts ihr euch für eine Möglichkeit entschieden habt, überlegt, welche Ausrüstung ihr und freuen uns auf benötigt. Die folgenden Arbeitsblätter geben euch weitere Ideen und Inspirationen. eure Einsendungen! 5. Loslegen! Überlegt euch, wer in eurem Team welche Aufgaben übernehmen soll, und wie euer Zeitplan aussieht. Behaltet dabei die Einsendefrist im Auge. 6. Absenden! Schickt uns euer Porträt zusammen mit dem ausgefüllten Teilnahmeformular und der Einverständniserklärung an: Zeitbild-Stiftung, Rumfordstraße 9, 80469 München, E-Mail: miteinander@zeitbild-stiftung.de
Sie können auch lesen