TRANSFER PRICING PERSPECTIVE DEUTSCHLAND - PWC

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                        Transfer Pricing
                        Perspective Deutschland
Aktuelles aus der
Praxis für die Praxis

Ausgabe 30,
Mai 2016
Im Fokus | Deutschland | Global | Industrie | Länderbeiträge | Aus unserer Praxis | Veröffentlichungen | Veranstaltungen | Service

Editorial
                                                           Liebe Leserinnen und Leser,                                   Wie in jeder Ausgabe berichten wir in den Länderbeiträgen
                                                                                                                         über aktuelle Entwicklungen in anderen Ländern. Nicht
                                                           mit der zweiten Ausgabe der Transfer Pricing Perspective      zuletzt beinhalten die Neuerungen zahlreiche Informationen
                                                           Deutschland im Jahr 2016 halten wir Sie wie gewohnt über      in Bezug auf die Umsetzung der BEPS-Maßnahmen. Auch
                                                           interessante Entwicklungen im Bereich der Verrechnungs­       Neues zu DBA sowie Erfahrungen in Betriebsprüfungen in
                                                           preise auf dem Laufenden.                                     anderen Ländern werden thematisiert.

                                                           Im Fokus stehen ein Artikel zum Entwurf des BMF-              In der Rubrik „Aus unserer Praxis“ berichten wir über die
                                                           Schreibens zur Betriebsstättengewinnaufteilung sowie ein      PwC-Studie zu unseren Betriebsprüfungserfahrungen im
                                                           Beitrag zum Inkrafttreten des Zollkodex zum 1. Mai 2016       Jahr 2015, die gezeigt hat, dass Verrechnungspreise das
                                                           und den Interdependenzen zur Verrechnungspreispraxis.         Top-Thema in Betriebsprüfungen waren.
                                                           Auf deutscher Ebene werden die aktuellen Entwicklungen
                                                           (BVerfG-Urteil und BMF-Schreiben) zu Treaty Override und      Ebenfalls finden Sie Informationen zu Veröffentlichungen
                                                           Schrankenwirkungen von Doppelbesteuerungsabkommen             unseres Verrechnungspreisteams in Fachzeitschriften sowie
                                                           (DBA) thematisiert. Auch die immer wieder in Betriebs­        interne und externe Veranstaltungshinweise am Ende des
                                                           prüfungen als Streitthema aufkommende Behandlung von          Newsletters.
                                                           Schließungskosten und ein neues BFH-Urteil zur steuerlichen
                                                           Behandlung von Dachmarken werden aufgegriffen.                Wir hoffen, Sie können auch dieser Ausgabe von Transfer
                                                                                                                         Pricing Perspective Deutschland wieder viele nützliche
                                                           Artikel zu globalen Themen wie die Erweiterung der EU-        Anregungen für Ihre tägliche Arbeit entnehmen und
                                                           Amtshilferichtlinie um die CbCR-Regelungen, der Vorstoß       wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.
                                                           der EU-Kommission zur Veröffentlichung von Teilen des
                                                           CbCR im Internet, die Ein­bindung von Entwicklungs­ländern    Wenn Sie Fragen oder Anregungen haben, freuen wir
                                                           in die BEPS-Initiative und der Fokus des EU Joint Transfer    uns über Ihre Nachricht unter
                                                           Pricing Forums auf Vergleichs­unternehmen sind weitere        TPPD_redaktionsteam@de.pwc.com.
                                                           spannende Themen in dieser Ausgabe.

                                                           In der Rubrik Industrie befassen wir uns zum einen mit dem    Ihr Redaktionsteam
                                                           Bankensektor in Bezug auf die Einkunftsabgrenzung bei
                                                           Bankrepräsentanzen und zum anderen mit der Energie­
                                                           industrie und häufigen Verrechnungspreisthemen in dieser
                                                           Branche.

                                                                                                                                  Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   2
Im Fokus | Deutschland | Global | Industrie | Länderbeiträge | Aus unserer Praxis | Veröffentlichungen | Veranstaltungen | Service

Inhalte
Im Fokus                                                                            05   Veröffentlichungen                                                                        22
Entwurf des BMF-Schreibens zur Betriebsstättengewinnaufteilung                      05
Unionszollkodex und Transfer Pricing                                                07   Veranstaltungen                                                                           23

Deutschland                                                                         08   Service                                                                                   25
Nichtanwendungserlass des BMF zu BFH-Urteilen zur Sperrwirkung des OECD-MA          08   Besondere Hinweise                                                                        25
Überschreibung eines DBA durch innerstaatliches Gesetz verfassungskonform           09   Ansprechpartner in Ihrer Nähe                                                             26
Behandlung von Schließungskosten                                                    10   Redaktion                                                                                 26
BFH-Urteil zur Namensnutzung im Konzern                                             11   Bestellung und Abbestellung                                                               27

Global                                                                              12
Erweiterung der EU-Amtshilferichtlinie um CbCR gebilligt                            12
EU-Kommission fordert Offenlegung von Teilen des CbCR                               13
Vergleichsunternehmen im Fokus des EU Joint Transfer Pricing Forum                  14
Einbindung von Entwicklungsländern in die Umsetzung des BEPS-Projekts               15

Industrie                                                                           16
Verrechnungspreisthemen im Energiesektor                                            16
Einkünfteabgrenzung einer Bankrepräsentanz                                          17

Länderbeiträge                                                                      18
Tschechische Republik: Fokus der Betriebsprüfer auf TP                              18
Frankreich: Implementierung des CbCR                                                18
Österreich: Anforderungen an Benchmarks                                             18
Indien: Einführung des Aktionspunkts 13                                             19
USA: Neues DBA-Musterabkommen                                                       19
Polen: Verschärfte TP-Prüfungen                                                     19
Kanada: Behandlung staatlicher Zuschüsse                                            20

Aus unserer Praxis                                                                  21
Zusammenfassung der PwC–Studie Betriebsprüfungen 2015 zu Transfer-Pricing-Themen    21

                                                                                                                               Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   3
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Abkürzungen
AO                Abgabenordnung                                                          GAufzV           Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung
AOA               Authorised OECD Approach                                                GuV              Gewinn-und-Verlust-Rechnung
APA               Advance Pricing Agreement (Vorabverständigungsverfahren)                GewSt            Gewerbesteuer
AStG              Außensteuergesetz                                                       GewStG           Gewerbesteuergesetz
ATAF              African Tax Administration Forum                                        ggf.             gegebenenfalls
BEPS              Base Erosion and Profit Shifting (Gewinnverkürzung und Gewinn-          HGB              Handelsgesetzbuch
                  verlagerung)                                                            IFRS             International Financial Reporting Standards (Internationale
BFH               Bundesfinanzhof                                                                          Rechnungslegungsstandards)
BMF               Bundesministerium der Finanzen                                          IP	Intellectual Property (Geistiges Eigentum/immaterielle
bps               Basispunkte                                                                              Wirtschaftsgüter)
BRIC-Staaten      Brasilien, Russland, Indien, China                                      iWG              Immaterielles Wirtschaftsgut
BRICS-Staaten     Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika                           KStG             Körperschaftsteuergesetz
BS                Betriebsstätte                                                          KStR             Körperschaftsteuerrichtlinien
BsGa              Betriebsstättengewinnaufteilung                                         LRD              Limitied Risk Distributor (Vertriebsgesellschaft mit beschränktem
BsGaV             Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung                                               Funktions- und Risikoprofil)
BStBl.            Bundessteuerblatt                                                       MAP              Mutual Agreement Procedure (Verständigungsverfahren)
BVerfG            Bundesverfassungsgericht                                                MNE              Multinational Enterprise (Multinationales Unternehmen)
BZSt              Bundeszentralamt für Steuern                                            OECD             Organisation for Economic Cooperation and Development (Organisation
CbCR              Country-by-Country-Reporting                                                             für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
CbC-Report        Country-by-Country-Report                                               OECD-MA          OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von
CIAT              Inter-American Centre for Tax Administration                                             Einkommen und Vermögen
GKKB              Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage         OECD-MK          Kommentierung des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung von
DBA               Doppelbesteuerungsabkommen                                                               Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen
EBIT              Earnings before Interests and Taxes (Ergebnis vor Zinsen und Steuern)   OECD-Richtlinien OECD-Verrechnungspreisrichtlinien für multinationale Unternehmen
EBITDA            Earnings before Interests, Taxes, Depreciation and Amortisation                          und Steuerverwaltungen in der Fassung vom 22. Juli 2010
                  (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen)                       TNMM             Transactional Net Margin Method (Geschäftsvorfallbezogene Netto-
EMEA              Europe, Middle East, Africa (Europa, Naher Osten und Afrika)                             margenmethode)
EStG              Einkommensteuergesetz                                                   TP               Transfer Pricing (Verrechnungspreise)
EStR              Einkommensteuerrichtlinien                                              Rn.              Randnummer
EU                Europäische Union                                                       StAnpG           Steueranpassungsgesetz
EuGH              Europäischer Gerichtshof                                                UZK              Unionszollkodex
EU JTPF           EU Joint Transfer Pricing Forum (EU Verrechnungspreisforum)             VCA              Value Chain Analysis
FG                Finanzgericht                                                           vGA              Verdeckte Gewinnausschüttung
FinVerw           Finanzverwaltung                                                        VCT              Value Chain Transformation
FVerlV            Funktionsverlagerungsverordnung                                         VWG              Verwaltungsgrundsätze
                                                                                                                               Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   4
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Im Fokus
                                                             Zuordnungsentscheidungen erfasst (Rn. 13). Dort gilt         •	Betriebsstätten, denen keine Personalfunktionen
Entwurf des BMF-Schreibens zur                               weiterhin das Veranlassungsprinzip.                             zuzuordnen sind, ist kein oder allenfalls ein geringer
Betriebsstättengewinnaufteilung                                                                                              Gewinn zuordenbar (Rn. 49). Dies würde eine – über ein
                                                             Andere innerstaatliche Vorschriften wie beispielsweise die      Minimum hinausgehende – Gewinnallokation zu personal­
Am 18. März 2016 hat das Bundesministerium der               Entstrickungs-/Verstrickungsregelungen sind laut Erlass­        losen Betriebsstätten (z. B. Server- oder Pipeline-
Finanzen (BMF) den Entwurf der Verwaltungs­                  geber neben § 1 Abs. 5 AStG anzuwenden. Dabei wird betont,      Betriebsstätten) ausschließen.
grundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung                   dass Korrekturen anhand von § 1 AStG entsprechend dem        •	Klarstellung, dass §§ 12–14 BsGaV von den inländischen
(VWG BsGa) für die anstehende Verbandsanhörung               Wortlaut des § 1 Abs. 1 AStG nur einkommenserhöhend             Regeln für die steuerliche Gewinnermittlung abweichen
veröffentlicht. Auf 152 Seiten konkretisiert das             wirken können. Dies gilt auch in Fällen, in denen kein DBA      und somit ein Bilanzzusammenhang für die Hilfs- und
Ministerium die Anwendung des sogenannten                    anzuwenden ist (Rn. 20). Inländische Anpassungen zulasten       Neben­rechnung auszuschließen ist (Rn. 52).
Authorised OECD Approach (AOA), der durch                    des deutschen Steueraufkommens aufgrund von aus­             •	Im Zuge der Aufzeichnungspflichten des § 90 Abs. 3 Satz 4
§ 1 Abs. 5 Außensteuergesetz (AStG) und die Betriebs­        ländischen Korrekturen nach Maßgabe des AOA können              Abgabenordnung (AO) muss sichergestellt werden, dass
stättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) in                nur aufgrund des DBA, nicht auf Basis des § 1 Abs. 5 AStG       die Gründe für die Zuordnungsentscheidungen mit Bezug
deutsches Recht transformiert wurde.                         durchgeführt werden (Rn. 21).                                   auf die Bestandteile der Hilfs- und Nebenrechnung
                                                                                                                             dokumentiert werden (Rn. 63). Bestandteile sind im
Allgemeines                                                   Der AOA ist auch im Nicht-DBA-Fall unein­                      Wesentlichen Wirtschaftsgüter, Dotationskapital und
Das BMF erläutert, dass der von der OECD entwickelte AOA      geschränkt anzuwenden.                                         andere Passivposten.
durch § 1 Abs. 5, 6 AStG, die BsGaV sowie die zu ver­                                                                     •	Bei der Zuordnung von immateriellen Wirtschaftsgütern
öffentlichenden VWG BsGa in innerstaatliches Recht um­       Anwendungshinweise                                              gemäß § 6 Abs. 1 BsGaV führt der Erlassgeber widerlegbare
gesetzt wird und Deutschland dadurch an den inter­           Das BMF präzisiert in großen Teilen der VWG BsGa unter          Vermutungsregeln ein, die auf Personalfunktionen im
nationalen Bemühungen teilnimmt, einheitliche Regeln für     häufiger Referenzierung auf den OECD-Betriebs­stätten­          Zusammenhang mit Schaffung (erste Vermutungsregel)
die Betriebsstättengewinnabgrenzung anzuwenden.              bericht von 2010 die einzelnen Regelungen der BsGaV. Unter      und Erwerb (zweite Vermutungsregel) abstellen (Rn. 85).
                                                             Zuhilfenahme von zahlreichen Beispielen und unter Rück­         Immaterielle Vermögenswerte können als einzige auch
Deutschland übernimmt die zentralen Charakteristika des      griff auf die Begründung der BsGaV wird der Versuch             anteilig auf Betriebsstätte und übriges Unternehmen
AOA, die Zuordnung von Personalfunktionen, Wirtschafts­      unternommen, offene Auslegungsfragen zu § 1 Abs. 5 AStG         alloziert werden (Rn. 101).
gütern, Chancen, Risiken und Eigenkapital, die fremd­        und insbesondere zur BsGaV aus Sicht der Finanzverwaltung    •	Bei der Zuordnung von Beteiligungen wird beispielhaft
vergleichskonforme Ermittlung der Einkünfte der verselbst­   zu beantworten.                                                 dargelegt, dass eine Vertriebstochtergesellschaft aufgrund
ständigten Betriebsstätte und die Anerkennung von                                                                            des funktionalen Zusammenhangs einer Produktions­
an­zu­nehmenden schuldrechtlichen Beziehungen zwischen       Zentrale bzw. neue Regelungen hinsichtlich des allgemeinen      betriebsstätte zugeordnet werden kann (Rn. 103).
Betriebsstätte und übrigem Unternehmen (Rn. 1 ff).           Abschnitts der BsGaV (§§ 1–17) sind unter anderem            •	Die Vereinfachungsregel hinsichtlich des Abstellens auf das
                                                             folgende:                                                       nach ausländischem Recht ermittelte Eigenkapital bei der
Geschäftsbeziehungen zwischen Personengesellschaften/        •	Kostenumlagen sind bei Erfüllung der einschlägigen           Anwendung der Kapitalaufteilungsmethode wurde
Mitunternehmerschaften und ihren Gesellschaftern/               Voraussetzungen auch zwischen Betriebsstätte und             konkretisiert. In Übereinstimmung mit §§ 12 und 13 BsGaV
Mitunternehmern sind nicht vom AOA und seinen                   übrigem Unternehmen anzuerkennen (Rn. 5).                    und der Gesetzesbegründung akzeptiert die Finanz­

                                                                                                                                   Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   5
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   verwaltung eine voraussichtliche Abweichung von
                                                                 Das BMF konkretisiert die Anwendung des AOA                  Fazit
   10 Prozent nach Anpassungen im Vergleich zu einer             anhand von zahlreichen Beispielen.                           Die BsGaV hinterließ in vielen Bereichen offene Fragen,
   Ermittlung des ausländischen Eigenkapitals nach                                                                            deren Klärung der Steuerpflichtige sich von den VWG
   deutschen Vorschriften (Rn. 134).                            Übergangsregelungen und Gültigkeit anderer VWG                BsGa erhoffte. Der Erlassgeber versucht, durch einfache
•	Die grundsätzlich asymmetrische Behandlung von               Abschnitt 4 enthält die für den Steuerpflichtigen für die     Beispiele und umfangreiche Erläuterungen Klarheit im
   inländischen und ausländischen Betriebsstätten hin­          Erstellung der Steuererklärungen der Jahre 2013 und 2014      Hinblick auf die Umsetzung des AOA aus Sicht der
   sichtlich eines nur nach oben (inländische Betriebsstätte)   überaus wichtigen Hinweise, wie § 1 Abs. 5 AStG für           Finanz­verwaltung zu schaffen. Nach wie vor fehlen
   bzw. unten (ausländische Betriebsstätte) unterjährig         Wirtschaftsjahre, die zwischen dem 31. Dezember 2012 und      je­doch teilweise konkrete und praxistaugliche Aussagen,
   anzupassenden Dotationskapitals wird mit Verweis auf den     dem 30. Dezember 2014 beginnen, anzuwenden ist, bzw.          die ein verlässliches Bild der Anforderungen der Finanz­
   profiskalischen Charakter des § 1 AStG gerechtfertigt (Rn.   welche Regeln der BsGaV für Wirtschaftsjahre, die vor dem     verwaltung abgeben und somit verdeutlichen, was diese
   143, 151 jeweils mit Verweis auf Rn. 10). Das Merkmal        31. Dezember 2014 beginnen, gegebenenfalls zu beachten        im Rahmen der Steuererklärung und der Dokumentation
   „erheblich“ wird im Zuge der VWG BsGa mit 50 Prozent         sind. Übergangsregelungen für Zuordnungsänderungen            gemäß § 90 Abs. 3 AO von den Unternehmen erwartet.
   bzw. zwei Millionen Euro im Vergleich zu Beginn des          (Abschnitt 5) und für die fortgesetzte bzw. eingeschränkte    Unerfüllt bleibt auch die Hoffnung auf Aussagen des
   Wirtschaftsjahres konkretisiert (Rn. 143, 151).              Anwendung der VWG Betriebsstätten und VWG                     Erlassgebers bezüglich der Art und des Umfangs von
•	Beispielhafte Aufzählung von fiktiven anzunehmenden          Dotationskapital runden den Entwurf der VWG BsGa ab.          durch den Steuerpflichtigen zu erbringenden Nachweisen
   schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Betriebsstätte        Danach sind die bestehenden VWG Betriebsstätten nicht         und Begründungen bei Anwendung der zahlreichen
   und übrigem Unternehmen, insbesondere bei einer              mehr anzuwenden, soweit sie durch § 1 Abs. 5 AStG, die        Rückfall- und Ausnahmeregelungen der BsGaV. Im besten
   Zuordnungsänderung von Vermögenswerten (Rn. 169 f)           BsGaV, die VWG BsGa oder DBA überlagert werden                Fall ist dies als Ermessensspielraum für den Steuer­
   sowie aufgrund einer fiktiven Nutzungsüberlassung oder       (Rn. 460). Insbesondere bei der Frage der Begründung einer    pflichtigen zu werten, der einzelfallbezogen und mit
   Dienstleistung (Rn. 171).                                    Betriebsstätte ist jedoch weiterhin auf die VWG Betriebs­     Augenmaß auszuschöpfen ist. Es bleibt abzuwarten, ob
•	Klarstellung, dass eine Finanzierungsfunktion zwischen       stätten abzustellen (Rn. 463). Die VWG Dotationskapital       der Erlassgeber vor der finalen Veröffentlichung
   Betriebsstätte und übrigem Unternehmen regelmäßig als        sind für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2014     Nachbesserungen vornimmt.
   Dienstleistung (d. h. nicht als Darlehensgewährung)          beginnen, nicht mehr anzuwenden (Rn. 464).
   anzusehen und kostenbasiert zu vergüten ist (Rn. 182).                                                                     Es empfiehlt sich aus Sicht der Steuerpflichtigen,
   Ferner sollen die durch die Finanzierungsfunktion der                                                                      Betriebsstättensachverhalte vor dem Hintergrund des
   Betriebsstätte entstandenen Passiva verursachungsgerecht                                                                   AOA proaktiv zu analysieren und die eigene Steuer­
   den die Finanzierung empfangenden Unternehmensteilen                                                                       funktion frühzeitig auf Kompatibilität zu den neuen
   zugeordnet werden und nicht der die Finanzierungs­                                                                         Maß­gaben zu prüfen.
   funktion ausführenden Betriebsstätte (Rn. 188).
                                                                                                                             Ihr Ansprechpartner
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                                                                                                                                        Dombrowski
                                                                                                                                  PwC Hamburg

                                                                                                                                     Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   6
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Im Fokus
                                                               dem Import vorgelagerten Verkaufs als Zollwert anzumelden.     Markenrechten, die nur unter bestimmten Voraussetzungen
Unionszollkodex und Transfer                                   Folglich konnte somit die Höhe der Einfuhr­abgaben reduziert   hinzuzurechnen waren.
Pricing                                                        werden, da der Zollwert als Bemessungsgrundlage in der
                                                               Regel kleiner ist als der Rechnungspreis eines späteren         Mit dem UZK werden die Voraussetzungen,
Zum 1. Mai 2016 ist der Unionszollkodex (UZK) in               Verkaufs.                                                       unter denen Zahlungen für Lizenzen und/oder
Kraft getreten. Er löst damit den Zollkodex als
                                                                                                                               Markenrechte dem Zoll­wert hinzuzurechnen
grundlegende Rechtsquelle für Importe und Exporte              Nach dem UZK fällt diese Regelung weg. Nach neuer
von Waren ab. Insbesondere im Bereich „Zollwert als            Rechts­lage muss der Transaktionswert auf Grundlage des         sind, weitaus strenger – eine Erhöhung des
Bemessungsgrundlage für die Einfuhrabgaben“ gibt               unmittelbar vor dem Verbringen der Waren in das Zollgebiet      Zollwertes wird damit wahrscheinlich.
es einige Änderungen, die auch bei Konzern­                    erfolgten Verkaufsvorgangs bestimmt werden. Damit ist die
gesellschaften und deren Verrechnungspreisen                   Optimierungsmöglichkeit der Reduzierung des Zollwertes         Verrechnungspreisaspekte
Anwendung finden.                                              und somit der Einfuhrabgaben nur noch gegeben, wenn die        Bei Verkäufen zwischen verbundenen Unternehmen stellen
                                                               vertraglichen Vereinbarungen der Parteien angepasst            Verrechnungspreise die Grundlage für die Ermittlung des
Zollwert oder auch „Transaktionswert“ für die                  werden. Dies kann zum Beispiel beim Vorliegen von              Zollwertes und damit der Einfuhrabgaben dar. Ändert sich
importierten Waren                                             mehreren aufeinander folgenden Verkäufen einer Ware mit        etwas an ihrer Höhe etwa durch nachträgliche Preis­
Bemessungsgrundlage für die Einfuhrabgaben ist der             End­ziel EU bedeuten, dass die vertraglichen Rahmen­           anpassungen, so hat dies regelmäßig auch Auswirkungen
Zoll­wert. Dieser ist in über 95 Prozent der Einfuhrvorgänge   bedingungen so geändert werden sollten, dass die Eigen­        auf die Höhe der Zölle in Form von Nacherhebungen bzw.
der sogenannte Transaktionswert, das heißt der für die Ware    tums­verhältnisse zum Zeitpunkt der Einfuhr andere sind.       Erstattungen. Zollbetriebsprüfungen legen regelmäßig ihren
bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union                                                                     Fokus auf die richtige Ermittlung des Zollwertes bei ver­
tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls    Lizenzen – ein Dauerthema                                      bundenen Unternehmen und fordern Verrechnungs­
nach Hinzurechnungen bzw. Abzügen (Art. 70 UZK).               Zollwertrechtlich sind Lizenzen als Zahlungen definiert, die   preisdokumentationen an. Aus diesem Grund sollte die
Transaktionswert- und die übrigen nachrangigen Methoden        für die Einräumung eines Nutzungsrechts an immateriellen       Zollseite schon beim Erstellen solcher Dokumente über die
zur Ermittlung des Zollwertes ändern sich unter dem UZK        Gütern geleistet werden. Hierzu zählen unter anderem           Ermittlung der Verrechnungspreise bei Warensendungen
nicht. Regelmäßig ist der Verrechnungspreis die Grundlage      Patent- und Markenrechte, Gebrauchs- und Geschmacks­           bzw. die Handhabung von Hinzurechnungen, wie zum
zur Ermittlung des Transaktionswertes. Änderungen des          musterrechte sowie Urheberrechte.                              Beispiel Lizenzen, mit berücksichtigt werden, damit Nach­
Verrechnungspreises haben somit direkte Auswirkungen auf                                                                      erhebungen und Bußgeldern proaktiv entgegen gewirkt
den Zollwert und die Höhe der Einfuhrabgaben. Nach­            Ausschlaggebend für die Zollwertbestimmung ist, wofür die      werden kann.
erhebung bzw. Erstattung von Zöllen können möglich sein.       Zahlungen geleistet werden. Sind diese für die importierten
                                                               Waren geleistet worden (d. h. damit der Käufer die Ver­        Ihre Ansprechpartner
Änderungen beim sogenannten First Sale (Vor­                   fügungsmacht und die Nutzung über die Ware erhält), sind           Eva Rehberg
erwerber­geschäft)                                             sie dem Zollwert hinzuzurechnen, soweit sie nicht bereits im        PwC Hamburg
Grundsätzlich ist der Verkauf (d. h. der Rechnungspreis)       Rechnungspreis enthalten sind. Daneben muss die Lizenz              Nicole
                                                                                                                                         Ring
für die Ermittlung des Zollwertes maßgebend, der zum           nach den Bedingungen des Kaufgeschäfts zu zahlen sein.              PwC Hamburg
physischen Verbringen der Waren in das Zollgebiet der EU       Dies bedeutet, dass die Waren ohne Zahlung nicht an den
führt. Nach der alten Rechtslage war es möglich, bei Vor­      Käufer veräußert und nicht von diesem erworben werden
liegen einer Kette von Verkäufen einen Rechnungspreis eines    können. Besonderheiten gab es nach dem Zollkodex bei                   Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   7
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                                                               In den Urteilen vom 17. Dezember 2014 (I R 23/13) und vom     Ausformung des Art. 9 OECD-MA ist, bleibt weiterhin
Nichtanwendungserlass des BMF zu                               24. Juni 2015 (I R 29/14) erstreckte der BFH die Sperr­       fraglich, ob die These des BMF, dass die Formulierung
BFH-Urteilen zur Sperrwirkung des                              wirkung von Art. 9 OECD-MA auch auf die von der Finanz­       „un­beschadet anderer Vorschriften“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG
OECD-MA                                                        verwaltung bejahte Anwendung von § 1 AStG auf Teil­wert­
                                                               abschreibungen von Darlehen an ausländische Tochter­-
                                                                                                                             einen Treaty Override gegenüber den DBA bedeutet, zutrifft.
                                                                                                                             Gesetzeshistorisch sollte diese Formulierung die
                                                               gesellschaften.1 Diese Urteile wurden nicht veröffentlicht.   Subsidiarität des § 1 AStG gegenüber anderen Normen, die
                                                                                                                             selbst eine Korrektur anordnen (z. B. vGA), regeln. Da Art. 9
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am                Begründungen des BMF zur Nichtanwendung                       OECD-MA aber keine sogenannte „self-executing“-Wirkung –
30. März 2016 einen Erlass zur Nichtanwendung der              Gemäß BMF lassen der Wortlaut des Gesetzes sowie der          das heißt, es bedarf einer innerstaatlichen Umsetzung –
Urteilsgrundsätze der Urteile des Bundesfinanzhofs             Wille der vertragsschließenden Parteien der Doppel­           zukommt, kann Art. 9 OECD-MA hiermit nicht gemeint sein;
(BFH) vom 17. Dezember 2014 (I R 23/13) und vom                besteuerungsabkommen (DBA) die Auslegung, die der BFH         Art. 9 OECD-MA entfaltet Schrankenwirkung, ordnet aber
24. Juni 2015 (I R 29/14) in vergleichbaren Fällen             seinen Urteilen zugrunde legt, nicht zu. Der historische      keine originär eigene Korrektur an.
veröffentlicht. Hierdurch versagt das BMF die                  Gesetzgeber habe „den in Artikel 9 Abs. 1 OECD-MA
Anwendung der Grundsätze der genannten BFH-                    enthaltenen Fremdvergleichsgrundsatz national in § 1 AStG     § 1 AStG sollte deswegen kein Treaty Override sein, da
Urteile über die entschiedenen Einzelfälle hinaus,             umgesetzt und konkretisiert. Einen Widerspruch zwischen       dieser – auch nach Auffassung des BMF-Schreibens –
soweit der BFH eine Sperrwirkung von DBA-Normen,               Art. 9 Abs. 1 OECD-MA und § 1 AStG hat er erkennbar nicht     Art. 9 OECD-MA innerstaatlich mit Leben füllt. An dieser
die inhaltlich Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entsprechen,              gesehen und nicht schaffen wollen. Der BFH hat dagegen        Stelle widerspricht sich das BMF-Schreiben somit.
gegenüber einer Anwendung von § 1 AStG auf                     durch die beiden Urteile, bezogen auf das Verständnis des
Teilwertabschreibungen von grenzüberschreitenden               Fremdvergleichsgrundsatzes, einen Widerspruch zwischen        Eine weitere Frage ist, ob der Nichtanwendungserlass
Darlehensforderungen angenommen hat.                           § 1 AStG und den DBA konstruiert, aus dem er eine Sperr­      Strahlwirkung auf das genannte BFH-Urteil zu den Sonder­
                                                               wirkung der DBA gegenüber § 1 AStG herleitet.“                bedingungen bei vGA an beherrschende Gesellschafter
Vorgeschichte                                                                                                                (I R 75/11) ausübt. Dieses Urteil ist im BStBl. veröffentlicht
Mit Urteil vom 11. Oktober 2012 (I R 75/11, BStBl. II 2013,    Das BMF sieht zudem in der in § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG zu       und über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
1046) stellte der BFH fest, dass der abkommensrechtliche       findenden Formulierung „unbeschadet anderer Vorschriften“     Auch der Nichtanwendungserlass ändert hieran nichts.
Fremdvergleichsgrundsatz des Art. 9 OECD-MA eine „Sperr­       einen Treaty Override des § 1 AStG gegenüber den DBA, da
wirkung“ gegenüber den sogenannten Sonder­bedingungen          „andere Vorschriften“ auch die DBA seien.                     Ihre Ansprechpartner
bei verdeckter Gewinnausschüttung (vGA) an beherrschende                                                                         Dr. Ronald Gebhardt
Gesellschafter (klare, im Voraus getroffene, zivilrechtlich    Auswirkungen auf die (Transfer-Pricing-)Praxis                      PwC Hamburg
wirksame und tatsächlich durchgeführte Ver­einbarung)          Der Nichtanwendungserlass wird dazu führen, dass ähnliche          Dr. Claudia Dahle
entfalte, solange die vereinbarten Preise „der Höhe nach“      Fälle nunmehr weiterhin gerichtlich und damit früher oder           PwC Hamburg
fremdüblich seien. Dieses Urteil ist veröffentlich und damit   später höchstrichterlich geklärt werden müssen.
anerkannt.
                                                               Neben der umstrittenen und nicht abschließend geklärten
                                                               Frage, ob § 1 AStG tatsächlich nur eine innerstaatliche

1
    Vgl. BMF-Schreiben vom 29.3.2011, BStBl. I 2011, 277.                                                                            Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016       8
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                                                                                                   kann. Dies zeige sich auch daran, dass der Gesetzgeber in       Die Tatsache, dass besagte Vorschriften zu verdeckten
Überschreibung eines DBA durch                                                                     § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG seinen Willen zur Abkommens­           Gewinnausschüttungen oder zum Transparenzprinzip keine
innerstaatliches Gesetz                                                                            überschreibung mit der Formulierung „ungeachtet des             explizite Abweichung vom Abkommensrecht enthalten (eine
verfassungskonform                                                                                 Abkommens“ eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.                 Formulierung wie „ungeachtet des Abkommens“ fehlt),
                                                                                                                                                                   könnte als Indiz dafür herangezogen werden, dass diese
                                                                                                   Aspekte und Fragestellungen aus dem Urteil                      Regelungen nicht als Treaty Override im Sinne des Urteils
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2015, 2 BvL 1/12,                                                   Das BVerfG begründet die Zulässigkeit eines Treaty Override     des BVerfG zu sehen sind.
hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts                                                     insbesondere damit, dass der aktuelle Gesetzgeber nach dem
(BVerfG) entschieden, dass die Überschreibung eines                                                lex-posterior-Grundsatz Regelungen einer Vorgänger­             Auch wenn die Finanzverwaltung mittlerweile mit einem
DBA durch innerstaatliches Gesetz (Treaty Override)                                                regierung verändern können muss. Insofern stellt sich die       Nichtanwendungserlass auf zwei der drei besagten BFH-
– hier in § 50d Abs. 8 EStG – verfassungsrechtlich                                                 Frage, ob in Fällen, in denen ein DBA zu einem Zeitpunkt        Urteile reagiert hat, ist weiterhin zu prüfen, ob im Fall von
zulässig ist.                                                                                      ratifiziert wird, zu dem die nationalen Regelungen zu einem     (angedrohten) Einkommenskorrekturen im Rahmen einer
                                                                                                   Treaty Override bereits bestanden, durch das neu ratifizierte   Betriebsprüfung mit Verweis auf die vorrangigen
Kernaussage des Urteils                                                                            DBA ihrerseits überschrieben werden (sozusagen ein              Regelungen des DBA eine Steueranpassung abgewendet
Das BVerfG hat in seiner Entscheidung zu § 50d Abs. 8 EStG                                         „Override“ des Treaty Override), da in diesen Fällen ein        werden kann.
die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Überschreibung                                          Verstoß gegen den besagten lex-posterior-Grundsatz gar
eines DBA durch innerstaatliches Gesetz bejaht. Kernaussage                                        nicht vorliegen kann.
                                                                                                                                                                    Fazit
des BVerfG-Urteils ist, dass einer völkerrechtlichen Ver­
                                                                                                                                                                    Das Urteil des BVerfG führt zu einer Reihe offener Fragen.
einbarung wie zum Beispiel einem DBA der Rang eines                                                Ein weiterer Aspekt ist die Frage, in welchem Verhältnis das
                                                                                                                                                                    Es wirkt vor dem Hintergrund der zunehmenden
einfachen (Bundes-)Gesetzes zukommt. Spätere Gesetzgeber                                           Urteil des BVerfG zu den Urteilen des Bundesfinanzhofs
                                                                                                                                                                    Globalisierung befremdlich und trägt kaum zu einer
müssten diese, innerhalb der Grenzen des Grundgesetzes,                                            (BFH) zur Schrankenwirkung des Artikels 9 des jeweiligen
                                                                                                                                                                    größeren Rechtssicherheit bei. Ähnliche Bedenken schien
revidieren können (lex-posterior-Grundsatz).                                                       DBA stehen. Nach der Rechtsprechung des BFH2 entfalten
                                                                                                                                                                    auch Verfassungsrichterin Prof. Dr. Doris König zu haben,
                                                                                                   nationale Einkommenskorrekturvorschriften wie zum
                                                                                                                                                                    die sich in der Pressemitteilung des BVerfG von besagtem
Daran ändert nach Auffassung des BVerfG auch die Regelung                                          Beispiel die verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3
                                                                                                                                                                    Urteil explizit distanzierte.
des § 2 AO nichts, die besagt, dass Verträge mit anderen                                           Satz 2 KStG dann keine Wirkung, wenn sie nur auf dem
Staaten, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches                                       Grund von Vereinbarungen (z. B. Üblichkeit der Konditionen,
Recht geworden sind, den Steuergesetzen vorgehen. Das                                              fehlende Ernsthaftigkeit) basieren. Vor dem Hintergrund des     Ihr Ansprechpartner
BVerfG führt auch hier aus, dass es sich bei § 2 AO um eine                                        Urteils des BVerfG stellt sich nun die Frage, ob auch                Martin Renz
einfachgesetzliche Regelung handle, die keinen höheren                                             Regelungen wie zur verdeckten Gewinnaus­schüttung oder                PwC Stuttgart
Rang in der Normenhierarchie vermittelt, sondern allenfalls                                        aber das in § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG verankerte Transparenz­
die Subsidarität der nationalen Steuergesetze gegenüber                                            prinzip bei Anwendung des Fremdvergleichs­grundsatzes als
DBA und anderen völkerrechtlichen Verträgen im                                                     zulässige Abkommensüberschreibungen im Sinne des Urteils
Steuerrecht anordnet und insofern durch eine Spezial­                                              des BVerfG zu sehen sind.
regelung wie die des § 50d Abs. 8 EStG ausgehebelt werden

2
    Vgl. BFH-Urteile vom 11.10.2012 (I R 75/11), vom 17.12.2014 (I R 23/13) und vom 24.06.2015 (I R 29/14).                                                                Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016      9
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Deutschland
                                                                Zuordnung von Schließungs­kosten                             Auslastungs­risiko) werden in der Regel vom Prinzipal
Behandlung von Schließungskosten                                Als Ausgangspunkt für die Zuordnung von Schließungs­         getragen, der auch Inhaber der Produktrechte ist. Aufgrund
                                                                kosten innerhalb eines internationalen Konzerns sind         der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Auftrags­fertigers vom
Angesichts sich ändernder wirtschaftlicher Rahmen­              verschiedene Faktoren zu prüfen:                             Prinzipal würden fremde Dritte beim Abschluss einer
bedingungen müssen Unternehmen ihre inter­                      •	Funktions- und Risikoprofil der involvierten Konzern­     Auftragsfertigungsvereinbarung zumindest auf eine ver­
nationalen Liefer- und Wertschöpfungsketten mit­-                  gesellschaften und die daraus folgende Unternehmens­      hältnis­mäßig lange Kündigungsfrist bestehen oder für den
samt der Struktur ihrer Standorte immer wieder                     charakterisierung                                         Fall einer vorzeitigen Kündigung entsprechende Ent­
prüfen und gegebenenfalls anpassen. Aus                         • Ausgestaltung der konzerninternen Verträge                 schädigungsansprüche vertraglich festhalten. Die grund­
wirtschaftlicher Notwendigkeit heraus sind dabei                • Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfristen             sätzliche Abwägung über wirtschaftliche Aspekte des
Stilllegungen einzelner Bereiche eines Standorts                • Ermittlung der Schließungsursache bzw. des Verursachers    Auftragsfertigungsverhältnisses, auch bezüglich der Durch­
oder in Einzelfällen gar die Schließung eines ganzen            •	Prüfung, welche Konzerngesellschaft hieraus gegebenen­    führung einer Restrukturierung oder einer Schließung der
Standorts nicht auszuschließen. In diesen Fällen                   falls einen Vorteil zieht.                                Produktion, trifft in der Regel der Prinzipal. Vor diesem
stellen sich regelmäßig Fragen zur fremdvergleichs­                                                                          Hintergrund ist es häufig sachgerecht, dass die bei einem
konformen Behandlung der oftmals in erheblicher                 Des Weiteren ist unabhängig von vorliegenden Verträgen zu    Auftragsfertiger anfallenden Schließungskosten vom
Höhe anfallenden Schließungskosten.                             prüfen, wie sich fremde Dritte unter vergleichbaren          Prinzipal zu tragen sind.
                                                                Bedingungen verhalten hätten und welche Handlungs­
Schließungs- und Stilllegungskosten                             alternativen für die zu schließende Konzerngesellschaft       Fazit
Zu Stilllegungen kommt es beispielsweise, wenn ein Produkt      bestehen. Im Fall von Funktionsverlagerungen können           Bei einer fremdvergleichskonformen Aufteilung von
am Ende seines Lebenszyklus angekommen ist und die              Schließungs­kosten darüber hinaus Einfluss auf die Höhe       Schließungskosten, die auch gegenüber einer kritischen
Produktion ausläuft, der Produktionsstandort unter-             von Kompensations­zahlungen in Form eines Transferpakets      Betriebsprüfung standhält, sind zahlreiche Faktoren zu
ausgelastet ist, eine Produktion an ihrem bisherigen Standort   haben und den Mindestpreis erhöhen.                           berücksichtigen. Von Bedeutung sind dabei insbesondere
nicht mehr profitabel betrieben werden kann oder wenn                                                                         die Funktions- und Risikoprofile der involvierten Konzern­
wichtige Kunden ihren Standort verlagern und von ihren           Die fremdvergleichskonforme Aufteilung von
                                                                                                                              gesellschaften, die fremdübliche Ausgestaltung von
Zulieferern den Nachzug verlangen.                               Schließungskosten ist häufig Thema in Betriebs­              Ver­trägen sowie die Einhaltung angemessener
                                                                 prüfungen.                                                   Kündigungs­fristen.
Die Stilllegung einzelner Produktionsbereiche oder ganzer
Standorte hat für die übertragende Konzerneinheit häufig        Fallkonstellation Auftragsfertiger
erhebliche Schließungskosten zur Folge. Hierzu gehören          Ein typischer konzerninterner Auftragsfertiger ist als       Ihre Ansprechpartner
nicht nur Mitarbeiterabfindungen oder Sozialplankosten,         Routine­unternehmen zu klassifizieren, das im gewöhnlichen       Dr. Isabel Ruhmer-Krell
sondern auch Kosten für laufende Verträge (z. B. langfristige   Geschäftsablauf regelmäßig geringe, aber stabile Gewinne           PwC Stuttgart
Mietverhältnisse), nicht amortisierte Investitionen, Sonder­    erzielt. Die aus der Auftragsfertigungstätigkeit                  Florian Weidlich
abschreibungen und Kosten für Verschrottungen von               resultierenden Chancen (d. h. der Residualgewinn nach              PwC Stuttgart
Maschinen und Lagerbeständen, Kosten für den Abbruch von        Abzug des Routinegewinns des Auftragsfertigers) und
Gebäuden, die Beseitigung von Umweltschäden oder                unternehmerischen Risiken (z. B. Marktpreisrisiko,
Sanierungs­kosten für Grundstücke etc.
                                                                                                                                     Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   10
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Deutschland
                                                                Begründungen des BFH zum Urteil                                 Besteht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Namens­
BFH-Urteil zur Namensnutzung im                                 Der BFH konstatiert, dass im Streitfall lediglich eine Über­    recht und produktbezogenem Markenrecht und kann ein
Konzern                                                         lassung des Firmennamens durch einen Gesellschafter an die      eigen­ständiger Wert festgestellt werden, ist ein Entgelt zu
                                                                Gesellschaft als Gegenstand der gesellschafts­vertraglichen     leisten.
Der BFH hat bereits am 21. Januar 2016 (I R 22/14)              Vereinbarung i. S. einer Erlaubnis, den Namen als Bestandteil
darüber entschieden, dass eine unentgeltliche                   des eigenen Firmennamens und damit i.S.d. deutschen             Auswirkungen auf die (TP-) Praxis
Namensnutzung zwischen nahestehenden Personen                   Handels­rechts zur Unternehmensunterscheidung (§ 18             Die Verrechnung von Entgelten für die kostenlose Nutzungs­
eines Konzerns steuerlich anzuerkennen und somit                Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) zu nutzen, vorliegt. Für eine    überlassung von Markennamen und -zeichen stellt einen
eine Korrektur nach dem Außensteuergesetz                       solche Erlaubnis sind aber in der Regel Lizenzentgelte          nicht unwesentlichen Inhaltspunkt in zahlreichen Betriebs­
(§ 1 Abs. 1 AStG a. F.) nicht gerechtfertigt ist. Das           steuerlich nicht verrechenbar.                                  prüfungen dar.
Urteil wurde am 18. Mai 2016 veröffentlicht. Damit
hebt der BFH das Urteil des FG Münster vom                       Danach stellt die bloße Nutzung des Konzern­                   Durch das Urteil sollten einige Angriffspunkte seitens der
14. Februar 2014 (4 K 1053/11 E) auf.                            namens keine Geschäftsbeziehung i. S. d.                       Betriebsprüfung bei einer bloßen Nutzungsüberlassung des
                                                                 § 1 Abs. 4 AStG a. F. dar, für die einkommens­                 Konzernnamens und -logos mit Verweis auf das Urteil
Vorgeschichte                                                                                                                   stich­fest widerlegt werden können.
                                                                 erhöhend ein Korrekturbetrag angesetzt werden
Streitgegenstand war der einkommenserhöhende Ansatz
eines Korrekturbetrages gem. § 1 Abs. 1 AStG a. F. für die       könne.                                                         Auch die Ausführungen des BFH in Bezug auf die Not­
kostenlose Nutzungsüberlassung des entwickelten und                                                                             wendigkeit des Vorliegens hinreichender Anhaltspunkte,
eingetragenen Firmenlogos des Klägers an seine polnische        Anders ist es nach dem Urteil mit Verweis auf ein vorheriges    dass ein überlassenes Markenrecht den Absatz tatsächlich
Tochterkapitalgesellschaft in den Streitjahren 2004 bis 2006.   Urteil des BFH (I R 12/99), wenn durch einen Warenzeichen-      fördert, sollte den nicht selten pauschalen Unterstellungen
                                                                Lizenzvertrag, der ein Recht zur Benutzung des Konzern­         der Finanzbehörden, dass lediglich eine Geeignetheit den
Im Rahmen des Gesellschaftsvertrages wurden die Ver­            namens und des Firmenlogos als Warenzeichen für die im          Absatz zu fördern vorhanden sein müsste, einen Riegel
wendung der „Marke“ in der Namensbezeichnung der                Gebiet verkaufte oder zum Verkauf angebotene Produkte           vorschieben.
polnischen Gesellschaft sowie die Erlaubnis zur Nutzung der     einräumt, ein untrennbarer Zusammenhang zwischen
Abkürzung des Firmennamens und ein sie auszeichnendes           Namensrecht und produktbezogenem Markenrecht her­               Ihre Ansprechpartner
graphisches Zeichen geregelt. Ein Entgelt beinhaltete der       gestellt wird. Sofern hierbei ein eigenständiger Wert fest­         Dr. Claudia Dahle
Vertrag nicht.                                                  gestellt werden kann, kann für die Überlassung eines                  PwC Hamburg
                                                                der­artigen Markenrechts (nach Maßgabe der Sorgfalt eines            Gert Wöllmann
Mit Urteil vom 14. Februar 2014 bestätigte das FG Münster       ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters) ein                 PwC Hamburg
(4 K 1053/11 E) die Meinung des Finanzamtes, dass eine          fremdübliches Entgelt gefordert werden. Hieran fehlte es
einkommenserhöhende Gewinnkorrektur nach § 1 Abs. 1             aber in dem jüngsten vom BFH entschiedenen Streitfall.
AStG a. F. wegen „unentgeltlicher Überlassung des Marken­
rechts“ vorliegt.

                                                                                                                                        Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016     11
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 Global
                                                                 Intention der EU-Kommission                                      Kernbestandteil des Kommissionsvorschlags zur Änderung
 Erweiterung der EU-Amtshilfe-                                   Der Kommissionsvorschlag kann in erster Linie als eine           der Richtlinie 2011/16/EU ist eine Verpflichtung der EU-
 richtlinie um CbCR gebilligt                                    Reaktion auf die Ergebnisse der am 5. Oktober 2015 durch         Mitgliedsstaaten zur Etablierung von nationalen CbCR-
                                                                 die OECD veröffentlichten Berichte über ihre Arbeiten am         Vorschriften unter Beachtung der folgenden Maßgaben:
 Die Finanzminister der EU-Mitgliedsstaaten konnten              sogenannten BEPS-Aktionsplan zur Bekämpfung von                  •	Betroffene Unternehmen sollen künftig spätestens
 sich während ihres Treffens am 8. März 2016 in                  Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung aufgefasst                   12 Monate nach dem Ende des Berichtsjahres einen
 Brüssel darauf einigen, steuerrelevante                         werden.                                                             CbC-Report unter Verwendung einer einheitlichen Vorlage
 Informationen nach Maßgabe des von der OECD                                                                                         einreichen.
 entwickelten Ansatzes zum sogenannten Country-                  Eine Vielzahl der EU-Mitgliedsstaaten ist nämlich zugleich       •	Die CbC-Reports sind innerhalb von 15 Monaten an jeden
 by-Country-Reporting (CbCR) künftig automatisch                 Mitglied der OECD und hat sich bereits deshalb zu einer             anderen Mitgliedsstaat zu übermitteln, in dem Einheiten
 auszutauschen. Zu diesem Zweck soll die EU-                     Umsetzung der Ergebnisse des BEPS-Projekts verpflichtet.            der Unternehmensgruppe steuerlich ansässig oder
 Amtshilferichtlinie (2011/16/EU) entsprechend                   Um sicherzustellen, dass diese Umsetzung nun EU-weit in             steuerpflichtig sind.
 erweitert werden.                                               möglichst koordinierter und harmonisierter Art und Weise
                                                                 stattfindet, entschloss sich die EU-Kommission dazu, eine        Die Mitgliedsstaaten sollen bis einschließlich
 Hintergrund: „Anti Tax Avoidance Package“ der EU                Anpassung der bestehenden Richtlinie 2011/16/EU ins Auge         31. Dezember 2016 Gelegenheit erhalten, die in Rede
 Bereits am 28. Januar 2016 hatte die EU-Kommission einen        zu fassen. Hierdurch würden alle Mitgliedsstaaten – gleich,      stehenden Änderungen in ihrem nationalen Recht um­
 Vorschlag zur Erweiterung der Richtlinie 2011/16/EU vor­-       ob OECD-Mitglied oder nicht – dazu verpflichtet werden, die      zusetzen, damit eine Anwendung dieser neuen Vorschriften
 gelegt, der insbesondere die Statuierung einer Ver­pflichtung   in der Richtlinie vorgegebenen Regelungen in ihr jeweiliges      ab dem 1. Januar 2017 erfolgen kann.
 der Mitgliedsstaaten zum automatischen Austausch von            nationales Recht zu überführen.
 Informationen im Bereich der Besteuerung zum Ziel hat.                                                                           Zustimmung der EU-Finanzminister
                                                                  Die Kommission strebt eine möglichst homogene                   Schon wenige Wochen nach der Präsentation des Vorschlags
  Die Bekämpfung von Steuervermeidung hat                         Umsetzung der BEPS-Ergebnisse in das                            zur Modifikation der EU-Amtshilferichtlinie seitens der
  künftig einen besonderen Stellenwert auf Ebene                  nationale Recht der Mitgliedsstaaten an.                        EU-Kommission stand dieser auf der Agenda eines Treffens
  der EU.                                                                                                                         der Finanzminister am 8. März 2016, bei dem diese
                                                                 Maßgebliche Inhalte des Vorschlags                               schließlich einen Konsens darüber erzielen konnten. Dies hat
Der Vorschlag der Kommission stellt gleichzeitig auch einen      Die beabsichtigte Erweiterung der Richtlinie 2011/16/EU          zur Folge, dass die EU-Kommission ihren Vorschlag nunmehr
wesentlichen Bestandteil ihres Maßnahmenpakets zur               zielt inhaltlich in erster Linie darauf ab, die Ergebnisse des   mit Rückendeckung durch die Mitgliedsstaaten finalisieren
Bekämpfung von Steuervermeidung („Anti Tax Avoidance             Abschlussberichts zum BEPS-Aktionspunkt 13 betreffend die        wird. Aller Voraussicht nach darf noch im Laufe des ersten
Package“) dar, durch das sie den Themen Steuervermeidung         Anforderungen an Verrechnungspreisdokumentationen und            Halbjahres 2016 mit dem Inkrafttreten der Änderungen
und „aggressive“ Steuerplanung in Zukunft eine gesteigerte       die neuen Regelungen zum CbCR im EU-Recht zu verankern.          gerechnet werden.
politische Bedeutung einräumen möchte.                           Dabei wird vor allen Dingen gerade den Regelungen zum
                                                                 CbCR sowie dem automatischen Austausch der hierdurch             Ihr Ansprechpartner
                                                                 gewonnenen Informationen ein hoher Stellenwert                        Martin J. Chwalek
                                                                 beigemessen.                                                           PwC Düsseldorf

                                                                                                                                         Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   12
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Global
                                                               ver­pflichten, folgende Inhalte des CbCR auf ihrer Unter­       Einschätzung der EU-Kommission
EU-Kommission fordert                                          nehmens­webseite sowie in einem Register der EU zu              Nach Ansicht der EU-Kommission versetze die obligatorische
Offenlegung von Teilen des CbCR                                veröffentlichen:                                                Veröffentlichung von landespezifischen Informationen die
                                                               1. Art der Tätigkeit;                                           Bürger der Europäischen Union in die Lage, das Steuer­
Mit dem Vorschlag einer Veröffentlichung                       2. Zahl der Beschäftigten;                                      verhalten von multinationalen Konzernen nachzuvollziehen.
bestimmter Teile des CbCR im Internet fordert die              3.	Betrag der Nettoumsatzerlöse, einschließlich des Umsatzes   Dies soll im Umkehrschluss die Unternehmensgruppen dazu
EU-Kommission eine noch weitergehende Steuer­                     mit nahestehenden Unternehmen;                               motivieren, Steuern dort zu zahlen, wo sie ihre Gewinne
transparenz, als dies in dem von der OECD ent­                 4. Betrag des Gewinns oder Verlusts vor Ertragsteuern;          erwirtschaften. Ferner ist die Kommission der Ansicht, dass
wickelten Ansatz vorgesehen ist. Dem Vorschlag                 5. für das laufende Jahr noch zu zahlende Ertragsteuern;        der Vorschlag ein einfaches, verhältnismäßiges Mittel sei, um
zu­folge müssten Unternehmen mit Präsenz in der EU             6. gezahlte Ertragsteuern für das Jahr; und                     die Rechenschaftspflicht der großen multinationalen
und konsolidierten Gesamtumsätzen von mehr als                 7. einbehaltene Gewinne.                                        Unternehmen im Steuerbereich zu verstärken, ohne ihre
750 Mio. Euro pro Jahr bestimmte steuerliche Daten                                                                             Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen oder vertrauliche
aufgeschlüsselt nach EU-Mitgliedsstaaten und                   Die aufgeführten Informationen sollen jährlich ermittelt        Geschäftsinformationen zu veröffentlichen.
„Steuer­oasen“ auf ihrer Homepage veröffentlichen              werden und der Öffentlichkeit fünf Jahre lang zur Verfügung
und dort fünf Jahre vorhalten.                                 stehen. Ferner sind die Daten nicht nur für jeden EU-            Fazit und Ausblick
                                                               Mitgliedstaat, in dem das Unternehmen tätig ist, separat         Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung
Hintergrund                                                    auszuweisen, sondern auch für diejenigen Steuergebiete, die      der EU-Rechnungslegungsrichtlinie geht weit über die
Erst im März 2016 haben die EU-Kommission und die              die Standards für verantwortungsvolles Handeln im Steuer­        bisherigen OECD-Empfehlungen zum CbCR hinaus und
Finanzminister der EU-Mitgliedsstaaten einen Konsens über      bereich nicht erfüllen (sogenannte „Steueroasen“, zu denen       kann durchaus als Reaktion auf die „Panama Papers“
die Etablierung von nationalen CbCR-Vorschriften und den       die Kommission so schnell wie möglich eine gemeinsame            gesehen werden. Da der Vorschlag noch durch das
automatischen Austausch zwischen den Mitgliedsstaaten im       EU-Liste erstellen möchte). Steueroasen sind nach Auf­           Europäische Parlament und den Ministerrat verabschiedet
Rahmen einer Modifikation der EU-Amtshilferichtlinie erzielt   fassung der EU-Kommission insbesondere diejenigen                werden muss, bleibt abzuwarten, inwieweit sich hier­
(vgl. vor­heriger Beitrag). Darüber hinaus hat die EU-         Staaten, die beispielsweise Standards der G20/OECD nicht         durch noch Änderungen ergeben können. Im Falle einer
Kommision am 12. April 2016 vorgeschlagen, mit einer           einhalten, am steuerlichen Informationsaustausch nicht           Verabschiedung müssten alle EU-Mitgliedsstaaten die
Änderung der EU-Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU          teilnehmen oder sich einem fairen Steuerwettbewerb               Richtlinie innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten in
die Steuer­transparenz durch eine vollständige Ver­            verschließen.                                                    innerstaatliches Recht umsetzen.
öffentlichung von Teilen des CbCR weiter zu erhöhen.3
                                                               Für ihre weltweiten Geschäftstätigkeiten in Steuergebieten
Geforderte Publizitätspflichten                                außerhalb der EU bzw. außerhalb der als „Steueroasen“           Ihr Ansprechpartner
Der Kommissionsvorschlag sieht vor, große multinationale       eingestuften Gebiete sollen die Unternehmen nur aggregierte          Dr.
                                                                                                                                       Isabel Ruhmer-Krell
Unternehmensgruppen (mit Hauptsitz oder Tochter­               Zahlen veröffentlichen.                                              PwC Stuttgart
gesellschaften bzw. Betriebsstätten in der EU) mit Gesamt­
umsätzen von mehr als 750 Mio. Euro pro Jahr dazu zu

3
    Vgl. http://ec.europa.eu/news/2016/04/20160412_en.htm.                                                                            Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   13
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Global
                                                              Suche nach externen Vergleichsunternehmen                     weitestgehend anerkannte Vorgehensweise heraus­
Vergleichsunternehmen im Fokus                                Wie das EU JTPF feststellt, gibt es bislang − abgesehen von   kristallisiert hat, sind andere statistische Aspekte, etwa zur
des EU Joint Transfer Pricing Forum                           der Anerkennung paneuropäischer Vergleichsstudien −           Mindestanzahl der Vergleichsunternehmen oder zur
                                                              keine einheitliche Vorgehensweise bei der Suche nach          Anwendung alternativer statistischer Methoden, im EU-
Mit Vorliegen der finalen BEPS Reports beschäftigt            ex­ternen Vergleichsunternehmen. Durch das BEPS Projekt       Kontext noch nicht ausgiebig erörtert worden und sollten aus
sich das EU Joint Transfer Pricing Forum (EU JTPF)            rücke die Qualität der Auswahl der Vergleichsunternehmen      Sicht des EU JTPF untersucht werden.
mit möglichen Implikationen für die Verrechnungs­             in den Vordergrund. Angestrebt wird daher eine Ver­
preisansätze in der EU. In einem Arbeitspapier hat            einheitlichung der Vorgehens­weisen, der qualitativen und     Paneuropäische Vergleichsdaten
das EU JTPF mögliche Punkte bezüglich der Suche               quantitativen Kriterien sowie der Speicherung von Such­       Da der neue OECD-Dokumentationsansatz eine Präferenz für
nach Vergleichs­unternehmen und der Analyse der               strategien und Ergebnissen.                                   lokale Vergleichsunternehmen äußert, will das EU JTPF
Vergleichbarkeit für eine zukünftige Diskussion                                                                             prüfen, inwiefern auch in Zukunft paneuropäische Ver­
angeführt.                                                    Anpassungsrechnungen                                          gleichs­studien anerkannt werden. Ein Update ent­
                                                              Sofern die Vergleichbarkeit konzerninterner Transaktionen     sprechender Studien (siehe u. a. Is Europe One Market? von
BEPS und Vergleichbarkeitsanpassungen                         und Vergleichsunternehmen materiell eingeschränkt ist,        Prof. Dr. Heinz-Klaus Kroppen) zur Anwendbarkeit
Mit den BEPS Reports werden die OECD-Richtlinien hin­         kann sie möglicherweise durch Anpassungsrechnungen            paneuropäischer Ansätze erscheint daher sinnvoll. Das
sichtlich einer Überprüfung und ggf. Um­qualifizierung der    verbessert werden. Es sei daher zu prüfen, ob generelle       Anliegen des EU JTPF, die Gründe für die verschiedenen
Verrechnungspreisstruktur (mehrstufiger Fremdvergleich)       Empfehlungen hinsichtlich unterschiedlicher Rechnungs­        Ansätze zu erörtern sowie Maßnahmen und Tests zu
sowie der Berücksichtigung lokaler Markt­gegebenheiten und    legungspraktiken zu erwägen sind. Bei anderen An­             erstellen, welche die Vergleich­barkeit innerhalb der EU
Standortvorteile (location savings) angepasst. Das EU JTPF    passungen, wie sie etwa für Bestände an Working Capital       fördern, ist somit zu begrüßen. Es wäre wünschenswert, dass
will mit dem Arbeitspapier Comparables in the EU prüfen, ob   empfehlenswert sein mögen, will das EU JTPF eine              auch in Zukunft paneuropäische Ansätze im Sinne einer Best
dies auch zu Änderungen bei Vergleichbarkeits­anpassungen,    Bestandsaufnahme durchführen.                                 Practice an­erkannt bleiben.
der Suche nach Vergleichsunternehmen sowie bei der
Ver­gleich­barkeits­analyse führt.                            Zulässigkeit von Mehrjahresvergleichen                         Ausblick
                                                              Mehrjahresvergleiche sind eine Möglichkeit, die Vergleich­     Im Arbeitspapier wurden Fragen hinsichtlich des zu­
Verwendung interner Vergleichstransaktionen                   barkeit von Transaktionen zu erhöhen. Allerdings gibt es       künftigen Arbeitsprogramms an die Mitglieder des EU
In der Praxis kommen überwiegend externe statt interner       bislang keine einheitliche Vorgehensweise. Leitlinien durch    JTPF gerichtet, um den Rahmen zukünftiger Erörterungen
Vergleichstransaktionen zum Einsatz. Der Grund ist, dass      das EU JTPF – etwa zur Zeitspanne des Vergleichs – könnten     abzustimmen. Anhand der Antworten werden der genaue
potenzielle interne Vergleichstransaktionen regelmäßig        ggf. größere Konsistenz, auch zum Vorteil der Steuer­          Arbeitsumfang und die zu erörternden Einzelfragen zum
Anforderungen hinsichtlich der Vergleichbarkeit und           pflichtigen, er­möglichen.                                     Themenkomplex festgelegt.
Verlässlichkeit nicht erfüllen. Das EU JTPF möchte die
Gründe hierfür klären, Best Practices und Lösungsansätze      Interpretation der Ergebnisse aus Vergleichsstudien           Ihre Ansprechpartner
identifizieren sowie Suchstrategien für interne Vergleichs­   Ergebnis der Vergleichbarkeitsanalyse ist im Allgemeinen           Dr. Roman Dawid
transaktionen entwickeln.                                     eine Bandbreite von Gewinnkennziffern (z. B. Umsatz­                PwC Frankfurt am Main
                                                              renditen, Kostenaufschlagssätze) der Vergleichsunter­             Georg Siegert
                                                              nehmen. Während die Interquartilsbandbreite sich als               PwC Frankfurt am Main
                                                                                                                                    Transfer Pricing Perspective Deutschland Mai 2016   14
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