Israel und die extreme Rechte in Europa: eine unheilige Allianz
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Israel und die extreme Rechte in Europa: eine unheilige Allianz Ksenia Svetlova Europas illiberale und rechtsextreme Parteien und die israelische Regierung teilen die Werte des Ethnonationalismus und hegen eine tiefe Aversion gegen Geflüchtete und Menschenrechte. Sie gehen eine immer engere Allianz ein. Sie geben sich die Hand und statten einander freundschaft- Premierminister Israels. Die Beziehungen zwischen Israel liche Besuche ab; sie würdigen die Justiz und die liberalen und der extremen Rechten in Europa scheinen heute en- Werte herab und äußern ähnliche Ansichten; hauptsäch- ger als jemals zuvor, trotz der offiziellen Politik des israeli- lich jedoch teilen sie die Werte des Ethnonationalismus schen Außenministeriums, viele der rechtsextremen Par- und eine tiefe Abneigung gegen Geflüchtete, den Islam teien in Europa zu meiden. und die EU. Allein im letzten Jahr hat Premierminister Netanjahu sich Im letzten Jahrzehnt haben die rechtsextremen und -po- mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán ge- pulistischen Parteien in Europa, von denen einige ihre Wur- troffen, die Beziehungen zu der nationalistischen polni- zeln in nationalsozialistischen und faschistischen Bewe- schen Regierung gestärkt und Matteo Salvini, den um- gungen der Vergangenheit haben, einen überraschenden strittenen Chef der rechtsextremen Lega Nord, zu einem Bettgenossen im Nahen Osten gefunden – die von Ben- Besuch empfangen. Zugleich bringen seine Berater*innen jamin Netanjahu (Likud) geführte israelische Regierung. und Knesset-Abgeordnete seiner Partei ihre Unterstützung Am Anfang der Annäherung, vor etwa 20 Jahren, gab es für die spanische Vox und für Marine Le Pen in Frankreich noch geheime Treffen. Zu der Zeit galt die extreme Rechte zum Ausdruck und trafen sich mit Heinz-Christian Stra- in Europa als Paria und der Likud in Israel hatte noch rote che, dem ehemaligen Chef der Freiheitlichen Partei Ös- Linien, die er nicht überschritt. Die Parteien nahmen da- terreichs (FPÖ). mals erste Fühlung miteinander auf. Heute erlangt die ex- Es gibt viele Gründe für die gegenseitige Anziehung zwi- treme Rechte in Europa immer mehr Einfluss und Macht schen Netanjahus Regierung und der extremen Rechten in und Netanjahu ist mittlerweile der am längsten amtierende Europa. Die extreme Rechte in Europa braucht Legitimität
und versucht, diese durch eine Verbindung mit Israel zu Unterstützung für Israel pries. Im Jahr 2010 war der stell- erlangen. Die israelische Rechte wiederum sucht europäi- vertretende Minister für die Entwicklung des Negevs und sche Verbündete, die ihre Ansichten in Bezug auf Geflüch- Galiläas, Ayoob Kara (Likud), von der FPÖ nach Wien ein- tete, Menschenrechte und Nationalismus teilen und Israel geladen worden. Er hatte dort einen vielbeachteten Me- vor Kritik der EU an der Situation in den besetzten paläs- dienauftritt, bei dem er verkündete, dass Strache ein groß- tinensischen Gebieten schützen. artiger Partner im Kampf gegen den Terrorismus sei. Es gibt jedoch noch einen weiteren Aspekt in dieser un- Als die FPÖ im Jahr 1999 Teil der Regierungskoalition heiligen Allianz. Jetzt, da Ultra-Nationalismus in der globa- wurde, reagierte Israel damals unter der Regierung von len Politik an Zuspruch gewinnt und die extreme Rechte Premierminister Ehud Barak (Arbeitspartei) noch schnell immer mehr Wähler*innen an sich bindet, entwickelt sich und entschlossen. Es rief seinen Botschafter aus Öster- die taktische Zusammenarbeit zwischen Israel und der ex- reich zurück und stufte seine Beziehungen mit Wien he- tremen Rechten in Europa zu einem strategischen Bünd- rab. In dieser Zeit war in Europa die Kritik an der Beteili- nis mit regionalen und globalen Auswirkungen. gung der FPÖ an der Regierungskoalition in Österreich so Im Laufe der Jahre ist es der Opposition in Isra- stark, dass sich die EU einige Monate von dem Land dis- el, der Holocaust-Überlebende, Linke und professionel- tanzierte. Es war damals unvorstellbar, dass sich irgend- le Diplomat*innen angehören, nicht gelungen, die neue ein israelische Politiker mit FPÖ-Chef Jörg Haider treffen Ausrichtung der Europapolitik von Netanjahus Regierung würde, der Konzentrationslager «Straflager» nannte und in zu verhindern oder zu korrigieren. Es gibt nur wenig Kon- hanebüchenen Äußerungen Teile der Nazi-Politik guthieß. takte zwischen der israelischen Zivilgesellschaft und den Just zu dieser Zeit begann sich alles zu ändern. Im Jahr in Europa lebenden Juden und Jüdinnen und so wurde 2003 kam der italienische Postfaschist Gianfranco Fini zu- der Aufschrei der israelischen Opposition auf der anderen sammen mit Amos Luzzatto, dem Vorsitzenden der jüdi- Seite des Mittelmeers nicht gehört. Die scharfe, oft het- schen Gemeinde in Italien, zu einem offiziellen Besuch zerische Kritik in der Knesset seitens der israelischen Re- nach Israel. Fini war damals darum bemüht, das proble- gierung und in den Medien an der EU hat es ermöglicht, matische Image seiner Partei Alleanza Nazionale loszuwer- den Feind des Feindes in einen Freund zu verwandeln. Das den. 2004 kam er erneut nach Israel und traf sich mit Pre- geschah wie folgt. mierminister Ariel Scharon (damals Likud). Im Dezember 2010 reiste eine Delegation, bestehend aus etwa 30 führenden Mitgliedern der Europäischen Allianz für Von Gianfranco Fini über Matteo Salvini Freiheit, nach Tel Aviv. Darunter waren Geert Wilders aus zu Heinz-Christian Strache den Niederlanden, Filip Dewinter aus Belgien, Heinz-Chris- tian Strache aus Österreich und Politiker*innen aus Partei- Im Februar 2018 traf sich Jehuda Glick, damals noch ein en, denen Holocaust-Leugner*innen, Neo-Faschist*innen Knesset-Abgeordneter des Likud, mit dem österreichi- und Antisemit*innen angehören. Sie waren vom Likud schen Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Chef der FPÖ, eingeladen worden, um über «den Krieg gegen den Ter- und der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl. Er ror» zu sprechen. hatte sich zu diesem Schritt entschieden trotz der offiziel- Im Jahr 2014 traf sich Ofir Akunis (Likud) mit einer De- len Anweisung, keine Kontakte zu FPÖ-Funktionär*innen legation der Partei Vlaams Belang (Flämische Interessen) zu pflegen, die von keinem anderen als seinem Parteichef unter der Führung von Filip Dewinter, obwohl diese Par- und Premierminister, der damals auch Außenminister war, tei vonseiten der israelischen Botschaft in Belgien sowie nämlich Benjamin Netanjahu, erteilt worden war. auch der dortigen jüdischen Gemeinde boykottiert wird. Glick, eine schillernde Figur, der hauptsächlich für sein Akunis veröffentliche Details dieses Treffens in den sozia- Engagement für jüdisch-messianische Gruppen, die auf len Medien und erwähnte, dass er sich gefreut habe, «wei- dem Tempelberg beten wollen, bekannt ist, ignorierte auch terhin ein Sprecher Israels zu sein, ohne sich zu entschul- den Aufschrei der jüdischen Gemeinde in Österreich, die digen oder zu winden.».2 Im Jahr 2017 gab ein weiterer ihn drängte, das Treffen abzusagen. Sie schickte ihm Do- Knesset-Abgeordneter des Likud, Oren Hazan, bekannt, kumente, die belegen, dass die «Freiheitliche» Partei zu- er unterstütze die Präsidentschaftskandidatur von Mari- mindest an ihren Rändern offen antisemitisch ist und dass ne Le Pen in Frankreich. sie sich immer noch nicht von ihrer dunklen Vergangen- Israels Regierung bemüht sich ebenfalls um enge Be- heit gelöst hat. ziehungen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Vik- Glick tat diese Informationen als irrelevant und mani- tor Orbán. Während seines Besuchs in Budapest im Juli puliert ab. Später verteidigte er seine Entscheidung und 2018 pries Netanjahu Orbán und nannte ihn einen wahren schrieb in seinem privaten Twitter-Account: «Israel stellt Freund Israels. Später wurde öffentlich, dass Netanjahus po- die Welt auf den Kopf, um gegen den Boykott gegen Is- litische Berater*innen Orbán bei seiner aggressiven politi- rael zu kämpfen», und argumentiert, dass auch Produk- schen Kampagne gegen den US-amerikanischen jüdischen te aus «Judäa und Samaria» [das heißt der Westbank] un- Philanthropen und Geschäftsmann George Soros geholfen ter diesen Boykott fallen. «Zugleich boykottiert Israel eine hatten. Selbst als Orbán Miklós Horthy, der (mit)verantwort- Partei in Österreich, die von 25 Prozent der Wähler ge- lich für antisemitische Gesetze und die Deportation von zir- wählt wurde und die 40 Prozent der Minister in der Re- ka 400.000 ungarischen Juden und Jüdinnen ins KZ war, gierung stellt.»1 Glick war nicht der erste israelische Po- als einen «außergewöhnlichen Staatsmann» bezeichnete, litiker, der sich mit Strache traf und ihn für seine offene legte das israelische Außenministerium keinen Protest ein. 2
Ein weiterer Staat der Visegrád-Gruppe3, mit dem Ne- gab es bereits vereinzelte inoffizielle Kontakte mit diesen tanjahu enge Beziehungen pflegte, ist Polen. Es kam erst Randgruppen, aber während Avigdor Liebermans Amts- dann zu Unstimmigkeiten in den neu geknüpften engen zeit kam es zu einer völligen Kongruenz zwischen den po- Beziehungen, als in Polen Anfang 2018 ein Gesetz verab- litischen Interessen der Regierungskoalition und der Au- schiedet wurde, das die Behauptung einer polnischen Be- ßenpolitik», sagt Etzion.6 teiligung am Holocaust unter Strafte stellt. Weder Lieberman noch Netanjahu änderten die offiziel- Im Dezember 2018, 16 Jahre nach Finis erstem Besuch le Linie des israelischen Außenministeriums in Bezug auf in Israel, empfing Netanjahu aufs Herzlichste den damali- neofaschistische und rechtsextreme politische Parteien gen italienischen Innenminister und stellvertretenden Mi- und Bewegungen in Europa. Inoffiziell allerdings arbeite- nisterpräsidenten Matteo Salvini, der nicht bereit ist, den ten sie intensiv daran, Verbindungen mit ihnen auf- und Sieg über den Faschismus als Anlass zum Feiern zu sehen. auszubauen. Während einige Knesset-Abgeordnete und Am Tag der Parlamentswahlen 2019 in Spanien tweete- Minister*innen des Likud sich in den letzten Jahren ohne te Eli Hazan, der Chef der Abteilung für Auswärtige An- Zögern in die offenen Arme der rechtsextremen Parteien gelegenheiten in Netanjahus Likud, dass er die rechtsext- in Europa warfen und selbst der Premierminister sich um reme Partei Vox unterstütze. (Später löschte er den Tweet gute Beziehungen zur Visegrád-Gruppe bemühte, behielt und entschuldigte sich für dessen Inhalt.) Erst im März das israelische Außenministerium seine Zurückhaltung 2019 hatte Vox Fernando Paz als Kandidaten für die Par- und seinen skeptischen Ansatz gegenüber einer Annähe- lamentswahlen in der Stadt Albacete aufgestellt. Paz hat rung an die extreme Rechte in Europa bei. Die Beamten den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbre- des Ministeriums wurden einige Male von Knesset-Abge- cher als Farce bezeichnet; er stellt die akzeptierte histori- ordneten des Likud, wie zum Beispiel Jehuda Glick, dafür sche Darstellung des Holocausts offen infrage und pflegt kritisiert, dass sie zu vorsichtig seien. Nach Glicks Ansicht enge Beziehungen mit La Falange, einer faschistischen schade dies israelischen Interessen. und antisemitischen Partei. Die Knesset-Abgeordneten, Nach den Wahlen in Österreich entschied sich das is- Minister*innen und führenden Persönlichkeiten des Likud raelische Außenministerium gegen eine Kontaktaufnah- behaupten, dass sie lediglich eine realpolitische Strategie me zur FPÖ und machte deutlich, was es von der FPÖ- verfolgen, um Israels Interessen bestmöglich zu wahren. Führung an Änderungen als Voraussetzung für normale Neben dem Likud ist die Lobby der Siedler*innen ein ge- Beziehungen erwartet. Im April 2019 veröffentlichte das wichtiger Akteur, der auf engere Beziehungen zwischen Is- israelische Außenministerium eine Direktive, in der es rael und der extremen Rechten in Europa drängt. Dies liegt Minister*innen davon abriet, sich mit einem Mitglied ei- daran, dass die rechtsextremen Parteien in Europa nicht ner rechtsextremen schwedischen Partei zu treffen, das Is- die Meinung des Mainstreams in der EU in Bezug auf die rael mit einer Delegation europäischer und US-amerikani- israelischen Siedlungen in der Westbank teilen. Während scher Parlamentarier*innen besuchte. Die Justizministerin eines Besuchs Israels und der israelischen Siedlungen im Ajelet Schaked und die stellvertretende Außenministerin Jahr 2017 verurteilte Heinz-Christian Strache die von der Tzipi Hotovely sagten eine Zusammenkunft mit dem Jeru- EU beschlossene Kennzeichnung von Waren aus den Sied- salem Leaders Summit ab, weil Kristina Winberg, Abge- lungen.4 Er sagte, dass seine FPÖ diesen Beschluss «nicht ordnete der Schwedendemokraten im Europäischen Parla- tolerieren kann».5 Das Treffen zwischen dem stellvertre- ment, an diesem Treffen teilnehmen sollte. Zudem wurde tenden Minister Ofir Akunis und den führenden Mitglie- Winberg gebeten, nicht bei einem Briefing des stellver- dern der Partei Vlaams Belang wurde von dem Vorsitzen- tretenden Direktors des Außenministeriums, Jeremy Iss- den des Regionalrats im Norden der besetzten Westbank, acharoff, anwesend zu sein. Eine Sprecherin des Außen- Gerschon Mesika, und seinem Stellvertreter Yossi Dagan ministeriums sagte, dass man sich aufgrund der extremen organisiert. Die beiden repräsentieren das «nationale La- Ideologie und Ansichten von Winbergs Partei zu diesen ger», das heißt die Lobby der Siedler*innen, im Likud. Schritten entschlossen hätte. Zugleich nahm das israeli- sche Außenministerium im Jahr 2018 auf Anordnung von Netanjahu seine Kritik am Antisemitismus in Ungarn zu- Richtungskämpfe innerhalb des rück und wetterte stattdessen gegen George Soros. israelischen Außenministeriums Es gibt anscheinend einen offenen Konflikt zwischen pro- fessionellen Diplomat*innen, die in der Regel sehr vorsich- In den letzten Jahren war Benjamin Netanjahu auch Au- tig in Bezug auf eine Annäherung an die extreme Rechte ßenminister und gab so diesen wichtigen Posten nicht aus in Europa sind, und Mitgliedern der israelischen Regie- der Hand. Der vorhergehende Außenminister, Avigdor Lie- rungskoalition, die engere Beziehungen zu diesen befür- berman, Chef der rechten Partei «Unser Zuhause Israel», worten, falls damit wesentliche politische Vorteile für Is- hatte eine Reihe von inoffiziellen Treffen mit führenden rael einhergehen. Mitgliedern der extremen Rechten in Europa, in denen er In den letzten vier Jahren seiner Amtszeit als Außenminis- die Möglichkeiten solcher Allianzen auslotete. Nach An- ter unterstützte Netanjahu einerseits die Entscheidungen gaben von Eran Etzion, ehemaliger stellvertretender Vor- der Beamten seines Ministeriums, erlaubte aber zugleich sitzender des Nationalen Sicherheitsrats und ehemaliger Mitgliedern seiner Partei, die Lage auszuloten und sich Vorsitzender der politischen Planungsabteilung des isra- mit europäischen Rechtsextremist*innen zu treffen. Trotz elischen Außenministeriums, begann die politische Neu- der alarmierenden Zunahme von Antisemitismus in Euro- orientierung bereits in Liebermans Amtszeit. «Auch vorher pa und in den USA hat das israelische Außenministerium 3
kaum etwas unternommen, um gegen Hassreden und an- verabschieden. Und es scheint in Europa immer schwie- tisemitische Angriffe vonseiten der extremen Rechten zu riger zu werden, den für eine bedeutsame Entscheidung protestieren. Der Notlage der jüdischen Gemeinden und in dieser Angelegenheit erforderlichen Konsens zu erzie- Organisationen in Europa und Nordamerika schenkt es len. Die von Brüssel häufig geäußerte Kritik an der israeli- keine Beachtung. schen Politik teilt die Führung der Visegrád-Gruppe nicht, in wichtigen Fragen stimmt sie mit Israel überein, was etwa den Umgang mit Geflüchteten oder Sicherheitsangelegen- Kampfgenossen heiten betrifft. Wenn in der Vollversammlung der Verein- ten Nationen Abstimmungen zum israelisch-palästinensi- Während in den frühen 2000er Jahren die rechtsextremen schen Konflikt anstehen, enthalten sich die Regierungen Parteien in Europa geächtet wurden, sind sie im Jahr 2019 der Länder der Visegrád-Gruppe häufig oder blockieren dabei, zum Mainstream in vielen Teilen des Kontinents zu Beschlüsse, die sich gegen Israels offizielle Politik richten. werden. Dies ist bereits in Ungarn, Österreich und Italien Es lässt sich darüber diskutieren, ob diese Entwicklun- der Fall. In vielen anderen europäischen Ländern ist es ih- gen Israel letztendlich nützen oder schaden werden. Es ist nen gelungen ist, in erheblichem Maße Unterstützung in jedoch zweifellos so, dass die führende Regierungspar- der Öffentlichkeit zu erlangen, auch wenn sie (noch) nicht tei sowie ein beträchtlicher Teil der israelischen Bevölke- die Regierung bilden oder an Regierungskoalitionen betei- rung, der die EU-Haltung im israelisch-palästinensischen ligt sind. Wie der in Israel regierende Likud sind viele die- Konflikt kritisiert, davon überzeugt sind, dass eine Annä- ser Parteien ethnozentrisch eingestellt, feindselig gegen- herung an die extreme Rechte in Europa gut für Israel ist. über Geflüchteten und äußerst kritisch gegenüber der EU. Nach Mitvim, dem «Israeli Institute for Regional Foreign Policies» hat die Mehrheit der Israelis ein negatives Bild Der große Umzug nach Jerusalem von der EU. In einer von Mitvim in Auftrag gegebenen Um- frage antworteten 55 Prozent der Befragten, dass sie die Und dann gibt es da noch den Konflikt um den Umzug der EU «eher als einen Feind» betrachten. Viele Menschen in Botschaften nach Jerusalem. Bisher hat noch kein euro- Israel sind sich nicht bewusst, dass die EU aufgrund des päischer Staat beschlossen, den USA zu folgen und sei- hohen Handelsvolumens Israels wichtigster Wirtschafts- ne Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Es gibt jedoch partner ist, und haben noch nie von wichtigen EU-Pro- viele politische Parteien und Politiker*innen in der EU, die grammen gehört, wie zum Beispiel Erasmus+ oder Ho- beteuern, dass sie sich für eine solche Verlegung der offi- rizon 2020, die das Bildungs- und Wissenschaftssystem ziellen Vertretung ihres Landes einsetzen würden, falls sie in Israel fördern. Hingegen wissen sie, dass die EU eine in entsprechende Machtpositionen kämen. Heinz-Christi- klare Position im israelisch-palästinensischen Konflikt ein- an Strache war der erste, der Trumps Vorstoß befürworte- nimmt und eine Zwei-Staaten-Lösung unterstützt, die von te und beteuerte, dass er alles in seiner Macht Stehende der israelischen Regierung seit etlichen Jahren abgelehnt tun werde, um eine Verlegung der österreichischen Bot- wird. Sie haben davon gehört, dass in der EU Waren aus schaft nach Jerusalem in die Wege zu leiten. Im Mai 2018 den israelischen Siedlungen einer Kennzeichnungspflicht gelang es Ungarn, der Tschechischen Republik und Rumä- unterliegen und dass «Europa an den radikalen Islam und nien, eine gemeinsame EU-Erklärung, mit der der Umzug muslimische Flüchtlinge verloren ist».7 der US-amerikanischen Botschaft nach Jerusalem verur- Die gegen die EU gerichtete Hetz-Rhetorik in der Knes- teilt werden sollte, zu blockieren. set und in den Medien hat Spuren im Bewusstsein der Anfang 2019 nahm sich das israelische Außenministe- Menschen hinterlassen. Sie resultierte in einer weit ver- rium als Teil seines Jahresarbeitsplans vor, mindestens ei- breiteten Ablehnung der EU und ihrer Politik. Zugleich wer- nen EU-Staat dazu zu bekommen, seine Botschaft nach den Akteure begrüßt, die anti-islamisch und pro-israelisch Jerusalem zu verlegen. In der Zwischenzeit hat die Tsche- erscheinen. Die Einstellung zum israelisch-palästinensi- chische Republik eine elegante Lösung gefunden und be- schen Konflikt und zu den israelischen Siedlungen wur- schlossen, ein Tschechisches Kulturzentrum in Jerusalem de zum Prüfstein im Umgang mit Parteien, Bewegungen zu eröffnen. Ungarn folgte mit der Eröffnung eines Han- und Politiker*innen in Europa. Jedwede Kritik an der isra- delsbüros in der Stadt. Beide waren nicht zu einem offe- elischen Politik im Gazastreifen und in der Westbank wird nen Bruch mit den EU-Institutionen bereit. Vor Kurzem sofort als Antisemitismus gebrandmarkt, während man bei bestätigte Rumänien, dass es sich «weiterhin dem Ver- denjenigen, die bereit sind, den israelischen Siedlungsbau sprechen, seine Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, zu unterstützen, alle antisemitischen Äußerungen und so- verpflichtet» fühlt.8 Somit ist das Thema noch nicht vom gar die Leugnung des Holocaust durchgehen lässt. Tisch. Bisher ist nur Guatemala den USA gefolgt und hat Israels Annäherung an die Visegrád-Gruppe war be- seine Botschaft neu in Jerusalem eröffnet. sonders erfolgreich, was das angestrebte Ergebnis an- geht: Die EU soll daran gehindert werden, folgenschwere Entscheidungen in Bezug auf die israelischen Siedlungen Die Verbindung zu Trump oder Menschenrechtsfragen in den besetzten palästinen- sischen Gebieten zu treffen. In den letzten Jahren ist es Da Netanjahu den Iran als Gefahrenherd Nummer eins dem Außenministerrat der EU nicht gelungen, irgendei- auf Israels nationale Agenda gesetzt hat, ist es nur fol- ne bindende Entscheidung in Bezug auf Israel/Palästina zu gerichtig, dass er in Europa um Unterstützer*innen für 4
seine Politik wirbt. Er sucht Partner, mit denen er gegen verurteilen nach außen die Leugnung des Holocaust und die EU, die trotz Donald Trumps Ausstieg im Jahr 2018 antisemitische Vorfälle. Ein gutes Beispiel für diese Stra- immer noch am Atomabkommen (JCPOA) mit dem Iran tegie ist Heinz-Christian Strache in Österreich. festhält, vorgehen kann. Hier befinden sich die Staaten Die österreichische Tageszeitung Die Presse berichtete der Visegrád-Gruppe in einer Zwickmühle: Sie könnten im Jahr 2016, dass Strache mit seinem Besuch in Israel Ärger in Teheran und Brüssel bekommen, wenn sie zu beabsichtige, «sich in Israel koscher zu machen»,10 in der eng mit Israel und den USA gegen den Iran zusammen- Annahme, dass wenn der jüdische Staat ihn akzeptiere, arbeiten. Nicht alle unterstützen Netanjahus und Trumps Politiker*innen andernorts dies auch tun würden. Er spricht Behauptung, wonach der Iran eine Gefahr für die globa- sich auch für die Verlegung der österreichischen Botschaft le Stabilität ist. Zum Beispiel unterhält Viktor Orbán gute von Ramat Gan (bei Tel Aviv) nach Jerusalem aus und ist Beziehungen mit Teheran und hat niemals das iranische davon überzeugt, dass Israel berechtigt sei, Siedlungen Regime offen kritisiert. Orbán war gegen die Sanktionen, in der Westbank zu bauen. Wie viele andere rechtsextre- die die USA und die Vereinten Nationen gegen Iran ver- me Parteien in Europa, einschließlich der AfD in Deutsch- hängten, und freute sich darüber, dass Iran diese «über- land, gibt sich die FPÖ als philosemitisch und pro-israe- lebt» hat. Der ungarische Wirtschaftsminister Mihály Var- lisch, um ihre gegen Muslim*innen und Immigrant*innen ga ging sogar noch einen Schritt weiter und erklärte seine gerichtete Agenda zu verfolgen. Unterstützung für die iranische Position während der Ver- Nach dem Ausschluss von Repräsentant*innen der AfD handlungen über das Atomabkommen. Israel prangerte aus einer Delegation von Kommunalpolitiker*innen, die verschiedene EU-Staaten wegen ihrer weiterbestehen- nach Israel eingeladen waren, sagte Christin Thüne, Frak- den Handelsbeziehungen zu Teheran an, wetterte aber tionsvorsitzende der AfD im Stadtrat von Offenbach: «Die- nie gegen Budapest. se Entscheidung ist umso erstaunlicher, als sich die AfD Andere benutzen die Iran-Karte, um ihre eigenen Inte- in der Vergangenheit konsequent für die Interessen des ressen zu verfolgen, insbesondere um ihre Beziehungen Staats Israel eingesetzt und sich dem steigenden Antise- mit den USA auszubauen. Im Februar 2019 fand auf Initi- mitismus, der nach Deutschland importiert wurde, wider- ative der USA ein Anti-Terror-Gipfel in Warschau statt. Es setzt hat.»11 Führende Mitglieder der AfD machen oft äu- war im Grunde ein gegen den Iran gerichtetes Gipfeltref- ßert irritierende Äußerungen zum Holocaust und zu den fen, das den Deckmantel einer allgemeinen Anti-Terror-Ver- Nazis, die sie als «Vogelschiss in der mehr als tausend- anstaltung nutzte. Europäische Spitzenpolitiker*innen blie- jährigen deutschen Geschichte» bewerten. Dennoch er- ben dem Treffen fern, was hochrangige Teilnehmer*innen hält die Partei Unterstützung von einigen deutschen Ju- aus den USA dazu nutzten, um diese direkt anzugreifen. den und Jüdinnen, insbesondere russischer Herkunft, weil «Sie nennen dieses Programm ein ‹Vehikel für Sonderein- diese in der Zuwanderung muslimischer Menschen eine sätze›; wir nennen es einen unklugen Schritt, der nur den Bedrohung für sich sehen. Iran stärken, die EU schwächen und die Kluft zwischen Die ultranationalistische Vox in Spanien, die eine multi- Europa und Amerika weiter vergrößern wird», sagte der kulturelle Gesellschaft und Einwanderung ablehnt, scheint US-amerikanische Vizepräsident Mike Pence in Bezug auf auch von Israel fasziniert zu sein, insbesondere von des- den Mechanismus, den Europa verwendet, um den Han- sen fragwürdiger Form der Demokratie sowie dem Kampf del mit Iran weiterzuführen und damit das Atomabkom- der Regierung gegen illegale Einwanderung. Vox glaubt, men zu retten.9 Israel sei die einzige Bastion des Lichts im Meer des ra- Polen entschied sich, das Gipfeltreffen auszurichten, trotz dikalen Islam. des Risikos, sowohl Brüssel als auch Teheran damit vor Aber sind diese Parteien wirklich pro-israelisch? In einem den Kopf zu stoßen. Stärker wog wohl die Hoffnung, sich Interview mit der Zeitung Times of Israel kam der nieder- die US-amerikanische Unterstützung im Fall von russi- ländische Politikwissenschaftler Cas Mudde zu folgender schen Vorstößen in der Region zu sichern. Mitte Mai 2019 Einschätzung: «Mit einigen auffälligen Ausnahmen […] gelang den polnischen und US-amerikanischen Verteidi- sind diese populistischen, rechtsradikalen Parteien nicht gungsministern ein Durchbruch in den Verhandlungen wirklich pro-israelisch und setzen sich in der Regel nicht über die Anhebung der Anzahl der auf polnischem Territo- für das umfassendere Ziel eines liberalen, demokratischen rium stationierten US-Truppen. Die Entscheidung, sich mit Israel ein. Israel wurde zum ‹cause célèbre› für anti-isla- den USA und Israel gegen den Iran zu verbünden, stell- mische Politiker auf der ganzen Welt. Die FPÖ hofft auch, te sich für dieses europäische Land als ein erfolgreicher dass eine pro-israelische Haltung ihr in Österreich dabei Schachzug heraus. helfen wird, normaler zu erscheinen, und sie von ihrem ‹braunen› Stigma befreit. Und letztlich erhofft sie sich Un- terstützung und Wählerstimmen von einigen österreichi- Persilschein für die extreme Rechte schen Juden.»12 Beziehungen zwischen Politiker*innen einer liberalen De- Viele der rechtsextremen Parteien in Europa sprechen öf- mokratie und solchen aus rechtsextremen ultranationalisti- fentlich über ihre Sympathie für Israel, insbesondere für die schen Bewegungen und Parteien sind in der Tat problema- Politik der israelischen Regierung. Einige von ihnen, vor- tisch. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass sich nehmlich diejenigen, die ihren Ursprung in der Nazi-Ver- Israel in den letzten Jahren immer mehr in Richtung einer gangenheit und im Antisemitismus haben, bemühen sich illiberalen Demokratie entwickelt hat. Somit wird die ge- deutlich, sich von dieser Vergangenheit zu distanzieren. Sie meinsame Basis zwischen dem jüdischen Staat und seinen 5
rechtsextremen Freunden auf der ganzen Welt mit jedem und simplifizierende Lösungen auf ihre Fahnen geschrie- Tag, der vergeht, immer größer. ben haben, immer mehr an Einfluss gewinnen. Somit wird Israels Romanze mit der extremen Rechten wohl nicht nur andauern, sondern auch blühen und gedeihen. Einige der Gegen den Strom Parteien und Bewegungen, die eine Annäherung an Isra- el suchen, werden in Zukunft als «koscher» geadelt wer- Nicht alle in Israel freuen sich über diese neuen Verbin- den, insbesondere, wenn sie Machtpositionen innehaben. dungen. Der verstorbene israelische Präsident Schimon Zugleich gibt es auch gegenläufige Tendenzen. Einer ist Peres vermied es, sich mit führenden Mitgliedern euro- der Umstand, dass noch keiner der europäischen Partner päischer rechtsextremer Parteien zu treffen. Kürzlich sag- sein Versprechen wahrgemacht hat, seine Botschaft nach te Präsident Reuven Rivlin, dass sich Israel von der extre- Jerusalem zu verlegen. Hinzu kommt, dass die Unterstüt- men Rechten fernhalten sollte. Er umging es auch, sich mit zung in Europa für Trumps Iran-Politik bestenfalls zurück- Matteo Salvini sowie dem brasilianischen Präsidenten Jair haltend ausfällt. Bolsonaro zu treffen. Die Opposition in Israel hat vielfach Ein weiterer Faktor, der die Beziehung zwischen israe- ihre Ablehnung der zunehmenden und enger werdenden lischer Regierung und europäischen Rechtsextremen be- Beziehungen mit der extremen Rechten im Knesset-Aus- lasten könnte, ist die beachtliche Zunahme von Antise- schuss für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung mitismus. Obwohl israelische Politiker*innen wesentlich zum Ausdruck gebracht. Verschiedene in der Knesset agie- lieber den Antisemitismus in der radikalen Linken und un- rende Lobbygruppen haben darauf hingewiesen, dass die- ter Muslim*innen in Europa aufgreifen und kritisieren, lässt se «neuen Freunde» für Antisemitismus, Leugnung des sich das Problem traditioneller Formen des Antisemitis- Holocaust, extremen Nationalismus und Xenophobie ste- mus, die mit der hetzerischen Identitätspolitik der extre- hen oder zumindest damit sympathisieren. men Rechten immer größere Ausmaße annimmt, kaum Für recht lange Zeit haben die jüdischen Gemeinden in mehr leugnen. Wenn jüdische Gräber geschändet wer- Europa zu der Annäherung zwischen Israel und rechts- den und Tausende sich an Fackelzügen in europäischen extremen Gruppen und Parteien aus ihren Ländern ge- Städten beteiligen, wird es für die israelische Regierung schwiegen. Sie meinten, dass die meisten der antisemiti- schwierig, an ihrer Behauptung festzuhalten, die Rechts- schen Verbrechen in Europa von der dortigen Linken und extremen in Europa seien Israels beste Freunde. Ein gu- den muslimischen Communities begangen werden. Füh- tes Beispiel ist die komplizierte Situation in Polen, wo Ne- rende Rabbiner und Mitglieder der jüdischen Gemeinden tanjahu in eine «Geschichtsfalle» getappt ist und mit den machen sich neuerdings jedoch Sorgen. «Es gibt einige Grenzen seiner eigenen Realpolitik konfrontiert war. Juden, die dazu neigen, für die extreme Rechte zu stim- Trotz einiger gegenläufiger Entwicklungen wird die in die- men, aber als Gott den Verstand verteilt hat, hat sich nicht sem Beitrag beschriebene unheilige Allianz vorläufig Be- jeder angestellt, um diesen zu bekommen. Ich habe ein stand haben. Da auch in den nächsten Jahren eine rechte Problem mit Menschen, die mit einer großen Kippa her- Koalition Israels Außenpolitik bestimmen wird, ist davon umlaufen, deren Großeltern Holocaust-Überlebende sind auszugehen, dass bestimmte politischen Interessen wie und die bereit sind, sich mit Menschen zusammenzuset- das Scheitern jeglicher EU-Initiativen zur Beilegung des is- zen, sie zu küssen und zu umarmen, die auf ihr Erbe des raelisch-palästinensischen Konflikts oder gar eine grundle- Völkermords und des Zweiten Weltkriegs sehr stolz sind», gende Änderung der diesbezüglichen EU-Politik sehr viel sagte Rabbiner Pinchas Goldschmidt, Vorsitzender der Eu- dominanter sein werden als moralische Erwägungen. ropäischen Rabbinerkonferenz im Mai 2019.13 Er nannte die AfD in Deutschland, die FPÖ in Österreich und Ras- Übersetzt von Ursula Wokoeck Wollin semblement National in Frankreich rechtsextreme Partei- en, die nicht von europäischen Juden und Jüdinnen und Ksenia Svetlova ist eine israelische nicht von Israel unterstützt werden sollten. Journalistin und politische Analystin. Sie wurde in Russland geboren und wanderte als Schülerin mit ihrer Familie nach Israel aus. Svetlova hat an der Hebräischen Aussichten Universität Jerusalem Nahoststudien und Publizistik studiert – ihr Spezialgebiet ist das Es lässt sich wohl sicher voraussagen, dass die Bezie- moderne Ägypten. Svetlova arbeitete beim israelischen Sender «Channel 9» als hungen zwischen Israel und der extremen Rechten in Eu- Nahost-Korrespondentin und politische ropa in den nächsten Jahren noch enger zu werden dro- Nahostexpertin. 2015 wurde sie als hen. Überall in Europa erlebt der Rechtspopulismus einen Kandidatin der Partei «Zionistische Union» in Aufschwung, überall scheinen sich rechtsextreme Partei- die Knesset gewählt. Sie war Mitglied des Ausschusses für Auswärtige Angelegenhei- en außerordentlich großer Beliebtheit zu erfreuen und ten und Verteidigung sowie des Ausschus- ihre Führungsleute in Machtpositionen zu gelangen. Das ses für Einwanderung und Absorption. sieht man in den nationalen Parlamenten als auch im Eu- Svetlova ist derzeit wissenschaftliche ropäischen Parlament. Solange Einwanderung, die ange- Mitarbeiterin am interdisziplinären Zentrum Herzliya. Sie ist verheiratet, hat drei Töchter spannten Beziehungen zu Russland und wirtschaftliche und lebt mit ihrer Familie in Modi’in. Stagnation weiterhin den Kontinent erschüttern, werden diejenigen Kräfte, die sich besonders radikale Ideologien 6
8 Kahana, Ariel: Romania ‹remains committed Anmerkungen: to relocating embassy to Jerusalem›, in: Israel Hayom, 16.5.2019, unter: www. 1 Vgl. Lis, Jonathan: Israeli Lawmakers to israelhayom.com/2019/05/16/ Discuss Boycott of Austrian Far-right Cabinet romania-remains-committed-to-relocating- Ministers, in: Haaretz, 19.2.2018, unter: embassy-to-jerusalem/. www.haaretz.com/israel-news/ israeli-lawmakers-to-discuss-boycott-of-aust- 9 https://www.bloomberg.com/news/ rian-far-right-cabinet-min-1.5828684. articles/2019-02-14/ pence-says-europe-pushing-u-s-away-by-ba- 2 https://www.haaretz.com/. cking-iran-nuclear-deal. premium-likud-official-welcomes-anti-semi- tic-belgian-1.5341235. 10 https://www.jpost.com/Israel-News/ Politics-And-Diplomacy/ 3 Die Visegrád-Gruppe, gelegentlich auch Peres-refuses-to-meet-with-leader-of-far- Visegrád-Staaten genannt und unter der right-Austrian-Freedom-Party-450996. Bezeichnung V4 bekannt, besteht aus den mitteleuropäischen Staaten Polen, Tschechi- 11 Garaev, Polina: German politician disinvited en, Slowakei und Ungarn. Sie besitzt keine from trip to Israel due to AfD membership, formale oder institutionelle Struktur, sondern in: i24New, 5.1.2019, unter: www.i24news. erscheint als «halboffizielles Binnenbündnis» tv/en/news/international/ in der EU und bemüht sich um den europe/192538-190105-member-of-german- Austausch von Informationen sowie um die far-right-afd-party-disinvited-from-trip-to-isra- Koordination politischer Positionen. el-by-ngo 4 Dabei müssen Waren, die aus den israeli- 12 Ahren, Raphael: In Austria, rise of pro-Israel, schen Siedlungen in den besetzten Palästi- far right faction forces Israel into corner, in: nensergebieten stammen, als solche The Times of Israel, 11.10.2017, unter: www. gekennzeichnet werden und nicht als aus timesofisrael.com/ Israel stammende Produkte. in-austria-rise-of-pro-israel-far-right-faction- forces-israel-into-corner/. 5 https://www.i24news.tv/en/news/internatio- nal/ 13 Sharon, Jeremy: Top European rabbi about europe/157739-171015-head-of-austria-s-far- far-Right: Enemy of my enemy isn’t my right-has-neo-nazi-past-complex-history- friend, in: The Jerusalem Post, 16.5.2019, with-israel. unter: www.jpost.com/Diaspora/ Enemy-of-my-enemy-isnt-my-friend-says- 6 In einem von der Autorin mit ihm am 17. Mai top-European-rabbi-of-far-Right-589775. 2019 geführten Interview. 7 http://www.mitvim.org.il/images/Hebrew_re- port_-_2018_Israeli_Foreign_Policy_Index_of_ the_Mitvim_Institute.pdf, S. 3 (Hebräisch). 7
Glossar Ariel Scharon und Armeelager) im Mai 1994 der Staates Israel wurden. Nach dem Krieg von palästinensischen Autonomiebehörde 1948 stand die Westbank unter jordani- — (1928–2014) übergeben. Doch Israel kontrolliert bis scher Kontrolle und wurde 1950 von war am Krieg von 1948 (1947–1949) heute den Luftraum und die Küstengewäs- Jordanien annektiert (was allerdings zunächst als Soldat, dann als Offizier ser sowie die Grenzübergänge zu Israel. international kaum anerkannt wurde). Im beteiligt; gründete 1953 auf Anweisung Nach der Regierungsübernahme durch die Krieg von 1967 eroberte Israel unter von David Ben-Gurion die Einheit 101, die Hamas 2007 verschärfte Israel (in Zusam- anderem auch die Westbank, deren „Vergeltungsanschläge“ auf Ziele jenseits menarbeit mit Ägypten) eine Reihe von Besatzung bis heute fortbesteht. der israelischen Grenze durchführte auferlegten Sanktionen und begann eine bis heute andauernde Abriegelung des (einschließlich des Massakers von Qibya in Gazastreifens, die den Zu- und Ausgang Zweistaatenlösung der Westbank). Spielte eine zentrale Rolle in den Kriegen von 1956 und 1967, im von Waren und Personen stark beschränkt In der Debatte um die Lösung des sogenannten Abnutzungskrieg (1967– und zu großer Not unter der Bevölkerung israelisch-palästinensischen Konflikts 1970) und im Krieg von 1973. Nach seinem führte. Seit der vollständigen Abriegelung bezeichnet der Begriff die Konzeption, Ausscheiden aus der Armee trat er dem kam es zu mehreren bewaffneten Ausein- wonach Israel die 1967 besetzten Gebiete Likud bei und hatte seit 1977 verschiedene andersetzungen zwischen der israelischen räumt und sich in seine international Ministerämter inne. In seiner Eigenschaft Armee und Bewohner*innen des Gazastrei- anerkannten Grenzen zurückzieht, während als Verteidigungsminister war er federfüh- fen mit Tausenden von Toten, zum großen im Gazastreifen und in der Westbank rend im ersten Libanonkrieg 1982. Die von Teil palästinensische Zivilist*innen, und (einschließlich Ost-Jerusalem) ein palästi- der israelischen Regierung eingesetzte enormen Zerstörungen im Gazastreifen. nensischer Staat entsteht. Diese Konzepti- Kahan-Kommission kam zu dem Ergebnis, on kann als eine revidierte Version des dass Scharon persönlich durch Unterlas- Knesset UNO-Teilungsplans von 1947 angesehen sung für das Massaker in Sabra und werden, die die historischen Entwicklun- Schatila verantwortlich sei. Er musste (hebräisch für: Versammlung; nimmt Bezug gen berücksichtigt. Es werden/wurden zurücktreten, übernahm aber eine Reihe auf die Große Versammlung, das heißt auch Varianten der Zweistaatenlösung weiterer Ministerposten. Während seiner dem nach Überlieferung aus 120 Mitglie- vertreten: So wird unter anderem von politischen Tätigkeit förderte Scharon dern bestehenden Obersten Rat der israelischer Seite oft die Teilung Jerusalems besonders die israelische Siedlungstätigkeit jüdischen Gemeinden nach der Rückkehr abgelehnt sowie die Räumung der in den besetzten palästinensischen aus dem babylonischen Exil) bezeichnet sogenannten Siedlungsblöcke, wobei Gebieten. 1999 wurde Scharon Likud-Chef, das israelische Parlament in Jerusalem, mitunter angeboten wird, andere Gebiete 2000 war sein provokativer Besuch auf dem 120 Abgeordnete angehören, die nach Israels dem zu entstehenden palästinensi- dem Tempelberg/al-Haram al-Scharif ein Verhältniswahlrecht mit einer Sperrklausel schen Staat als Ersatz zu überlassen. Im Grund für den Ausbruch der Zweiten von derzeit 3,25 Prozent gewählt werden, Zusammenhang mit einem eventuellen Intifada. In den Jahren 2001 bis 2006 war wobei sich Parteien oder Wahllisten zur Landtausch wird von rechten israelischen er Premierminister. Angesichts des Wahl stellen können. Eine Legislaturperio- Politiker*innen zuweilen gefordert, Widerstands im Likud gegen seinen de dauert in der Regel vier Jahre (siehe: palästinensische Bürger*innen Israels Entflechtungsplan für den Gazastreifen http://knesset.gov.il/main/eng/home.asp). zusammen mit dem Land „abzutreten“. (2004) trat Scharon 2005 aus dem Likud aus und gründete Kadima. Im Januar 2006 erlitt er einen Schlaganfall und fiel in ein Likud Koma, aus dem er nicht mehr aufwachte. (hebräisch für: Vereinigung) entstand 1973 als gemeinsame Wahlliste der von Menachem Begin geführten Cherut-Partei Gazastreifen und einer Reihe von rechten und liberalen Mit rund 360 Quadratkilometern und einer Bewegungen/Parteien in Reaktion auf die Bevölkerung von fast 1,9 Millionen gemeinsame Wahlliste von Arbeitspartei Palästinenser*innen ist der Gazastreifen und Mapam. Der Likud gewann die eines der am dichtesten besiedelten Wahlen 1977, womit die Mapai-Vorherr- Gebiete der Welt. Er befindet sich an der schaft zu Ende ging. 1988 lösten sich die Mittelmeerküste und grenzt im Süden an an der Wahlliste beteiligten Parteien auf Ägypten und im Norden sowie Osten an und der Likud wurde als Partei neu Israel. Der Gazastreifen und die Westbank konstituiert. Ihr derzeitiger Vorsitzender ist sind die Gebiete des historischen Palästi- Benjamin Netanjahu. nas, die im Krieg von 1948 nicht Teil des neu gegründeten Staates Israel wurden. Nach 1948 befand sich der Gazastreifen, in Westbank den sich viele palästinensische Flüchtlinge Die Westbank, auf Deutsch auch Westjord- gerettet hatten, unter ägyptischer Kontrolle. anland genannt, ist ein fast 5.900 Quadrat- Während des Krieges von 1956 eroberte kilometer großes Gebiet, in dem heute um die israelische Armee den Gazastreifen die 2,8 Millionen Palästinenser*innen sowie (und die Sinai-Halbinsel), musste allerdings etwa 550.000 israelische Siedler*innen aufgrund des internationalen Drucks leben. Im Norden, Westen und Süden wieder abziehen. Im Krieg von 1967 grenzt die Westbank (zu der auch Ost-Jeru- eroberte Israel den Gazastreifen erneut. Im salem gehört) an Israel und im Osten, Zuge der Oslo-Abkommen wurde die entlang des Jordan-Flusses, an Jordanien. Verwaltung des Gazastreifens (mit Die Westbank und der Gazastreifen sind Ausnahme der bis zu deren Aufgabe in die Gebiete von Palästina, die im Krieg von 2005 bestehenden israelischen Siedlungen 1948 nicht Teil des neu gegründeten 8 rosalux.org.il
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