JAHRES 2017 BERICHT - ISAS
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VORWORT Liebe Leserinnen und Leser Das Jahr, über das wir in diesem Heft berichten, war eines mit besonderer Bedeutung für unser Institut. Alle sieben Jahre werden Leibniz-Einrichtungen evaluiert, und für uns war es im Dezember 2017 soweit: Unsere Wissenschaft, unsere Infrastruktur, unser Konzept wurden von einer elfköpfigen Evaluierungskommission auf Herz und Nieren geprüft. Die Vorbereitungen haben das gesamte Jahr in Anspruch genommen, aber wir haben in dieser Zeit natürlich nicht unsere gewohnte Arbeit eingestellt: Auch 2017 gab es am ISAS spannende Projekte und Ergebnisse, womöglich sogar mehr als vorher, weil in den vergangenen Jahren bei uns so viel Neues entstanden ist. Wir glauben, dass das ISAS nach dieser Neuausrichtung nun besser aufgestellt ist als jemals zuvor. Wir haben unsere Forschungsprog ramme neu sortiert, Projekte überdacht und an die neuen Ideen angepasst und uns ein gemeinsames Ziel gegeben: neue Analytik für die Gesundheitsforschung, das ist unser Angebot. Was genau das bedeutet, können Sie auf den folgenden Seiten nachlesen. Neben dem Herausgeber üblichen Bericht aus unseren Forschungsprojekten finden Sie Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften – ISAS – e. V. diesmal außerdem ein Interview mit Christin Lorenz und Sebastian Vorstand Malchow aus der Arbeitsgruppe Standardisierung, die künftig eine Prof. Dr. Albert Sickmann wichtige Brückenfunktion für den Transfer von ISAS-Technologien Prof. Dr. Norbert Esser Jürgen Bethke in die klinische Anwendung innehaben wird. Dazu gibt es Mitarbei- Amtsgericht Dortmund VR 1724 terportraits, einen kurzen Jahresrückblick und ein wenig Statistik, St.-Nr.: 317/5940/0866 verpackt in hübsche Grafiken. USt.-Id.-Nr.: DE 124913007 Postfach 101352, 44013 Dortmund Wir hoffen, dass auch der J ahresbericht 2017 Ihnen wieder eine Bunsen-Kirchhoff-Straße 11, 44139 Dortmund interessante und aufschlussreiche Lektüre bietet! P +49 (0)231.1392 - 0 F +49 (0)231.1392 - 120 Prof. Dr. Albert Sickmann www.isas.de info@isas.de Design www.laborb.de
INHALT ÜBER DAS ISAS 62 HIGHLIGHTS 2017 4 Unsere Mitarbeiter stellen sich vor 64 Jahresrückblick 6 Organisation 70 Unser Jahr in Zahlen 8 Organigramm 71 Immer gleich und doch niemals langweilig 10 Gremien 72 WISSENSCHAFT AKTIVITÄTEN 2017 76 UND FORSCHUNG 20 Publikationen 78 Das ISAS im Profil 22 Vorträge 84 Forschungsprogramm Veranstaltungen 90 Krankheitsmechanismen und Targets 26 Drittmittelprojekte 94 Forschungsprogramm Schutzrechte 96 Biomarker 36 Highlights 2017 Absolventen 100 Forschungsprogramm Imaging 44 Stipendien 102 Forschungsprogramm Preise 102 Wissenschaft und Forschung BioGrenzflächen 48 ISAS-Mitgliedschaften Strategiefonds 58 in Fachverbänden 103 Über das ISAS Integrative Research 59 Fördermittelgeber 105 Early Independence 60 Aktivitäten 2017
JAHRES- RÜCKBLICK Juni In Berlin findet die Lange Nacht der Wissenschaften statt. Zum ersten Mal öffnet das ISAS Oktober November Im Rahmen der Leibniz-Jahres- tagung wird Albert Sickmann dabei seine eigenen Türen an der zum Sprecher der Sektion D der Schwarzschildstraße und lädt Dr. Ayten Kalfe wird in die Global Leibniz-Gemeinschaft gewählt. Er die Besucher zu Vorträgen und Young Faculty aufgenommen: die übernimmt das Amt am 1. Januar Experimenten ein. junge Wissenschaftlerin gehört April 2018 für zunächst zwei Jahre. zum fünften Jahrgang des For- Beim Girls‘ Day besuchen junge In Dortmund veranstaltet das schernetzwerks. Die Global Young Das ISAS beteiligt sich, wie fast Mädchen zwischen 12 und 15 ISAS das erste Neuromuskuläre Faculty (GYF) bringt besonders jedes Jahr, am Dortmunder Jahren das ISAS, wo sie einen Tag Symposium (NMS). Die Konferenz herausragende Wissenschaftle- Wissenschaftstag: Auf geführten lang in den Laborkittel schlüpfen dient vor allem auch als Fort- rinnen und Wissenschaftler aus Bustouren können interessierte und experimentieren dürfen. bildungsveranstaltung für Ärzte dem Ruhrgebiet zusammen, damit Besucher an diesem Tag die und ist von der Ärztekammer diese zwei Jahre lang gemeinsam wissenschaftlichen Einrichtungen Anfang März findet in Potsdam entsprechend zertifiziert. August an verschiedenen interdisziplinä- in der Stadt erkunden. Februar das Proteomics Forum statt, das ren Themen arbeiten können. Das ISAS hat ein umweltfreund- Jahrestreffen der Mitglieder der Nur noch ein halbes Jahr bis zur liches Elektroauto angeschafft. Nach dem Gesamt-Design und In einer Studie im Fachblatt PNAS DGPF. Das ISAS ist an der Organi- Evaluierung! Am ISAS Campus Im August wird der schwarze Das ISAS tritt als Aussteller auf der Website räumt auch noch der nehmen ISAS-Wissenschaftlerin- sation der Konferenz maßgeblich in Dortmund treffen sich die e-Golf geliefert und gleich der Karrieremesse ScieCon in ISAS-Jahresbericht 2015 einen nen und Wissenschaftler zusam- beteiligt. Wissenschaftlerinnen und von den Mitarbeitern in Besitz Berlin auf. eigenen Designpreis ab. Der men mit Kollegen aus den USA Bericht erhält den renommierten Wissenschaftler mit dem Wis- genommen. Das Auto mit dem sowie aus Würzburg und Essen iF Design Award 2017, eine der senschaftlichen Beirat zu einer unübersehbaren ISAS-Design wird einen wichtigen zellulären Signal- wichtigsten internationalen Probeevaluierung. für Pendelfahrten zwischen den mechanismus unter die Lupe und Design-Auszeichnungen. Dortmunder ISAS-Standorten und können damit teilweise klären, zur Universität Duisburg-Essen wie Konformationsänderungen verwendet. in Proteinen auch über größere Entfernungen funktionieren. JANUAR FEBRUAR MÄRZ APRIL MAI JUNI JULI AUGUST SEPTEMBER OKTOBER NOVEMBER DEZEMBER September Albert Sickmann vertritt Mitte September das ISAS beim beim Januar »HUPO2017 Global Leadership Gala Dinner« in Dublin, wo er den ehe- Wissenschaftlerinnen und maligen US-Vizepräsidenten Joe Wissenschaftler vom ISAS, Biden trifft. Das Event wurde von vom John Walton Muscular der »Cancer Moonshot«-Initiative Dystrophy Research Centre unter der Schirmherrschaft von in Newcastle (UK) und vom Juli Joe Biden angestoßen. Dezember Friedrich-Baur-Institut in Mai München haben ein neues März Es ist soweit: Das ISAS stellt sich Der Juli steht ganz im Zeichen Ebenfalls Mitte September findet Gen für eine Gruppe von erb- Im März treffen sich alle Zur weiteren Evaluierungsvorbe- der turnusmäßigen Evauierung der bevorstehenden Evaluierung: am ISAS Campus in Dortmund ein lichen Muskelerkrankungen ISAS-Wissenschaftlerinnen und reitung treffen sich die ISAS- durch die Leibniz-Gemeinschaft Wissenschaftlerinnen und Hands-On-Workshop zum Thema (kongenitale Muskeldys- Wissenschaftler zum internen Wissenschaftlerinnen und und empfängt Mitte Dezember die Wissenschaftler sowie die Stabs Multiple Reaction Monitoring trophiene, CMD) entdeckt. Ostersymposium, um die aktuelle Wissenschaftler bei einem Re- Evaluierungskommission am ISAS abteilungen arbeiten unter (MRM) und Parallel Reaction Im Januar stellen sie ihre Forschungsstrategie gemeinsam treat in Bochum-Langendreer. Im Campus in Dortmund. Hochdruck an der Fertigstellung Monitoring (PRM) für die Protein- Erkenntnisse im »American weiterzuentwickeln. Mittelpunkt des Treffens stehen der Evaluierungsunterlage. quantifizierung statt. In Berlin Journal for Human Genetics« das Teambuilding und die lockere, verständliche Präsentation von beteiligt sich das ISAS an einem vor. Wissenschaft. deutsch-japanischen Workshop zum Thema »Advanced Materials Das ISAS tritt als Aussteller auf Science«. der Karrieremesse bonding in Bochum auf. Im Düsseldorfer Landtag findet zum achten Mal »Leibniz im Landtag« statt, organisiert von den Leibniz-Instituten in NRW. ← 6 HIGHLIGHTS 2017 JAHRESBERICHT 2017 7
18 UNSER JAHR 11 Wissenschaftliche Doktorarbeiten Abschlüsse Dazu gehörten elf IN ZAHLEN 76 abgeschlossene Doktorarbeiten... Im Jahr 2017 konnte das ISAS insgesamt 18 Abschlüsse verzeichnen. Publikationen wurden im Jahr 2017 am ISAS in referierten 6 1 Zeitschriften veröffentlicht. Ihr durchschnitt licher Impact-Faktor lag bei 4,9. B.Sc., M.Sc., Diplom Habilitation ... sowie sechs weitere Abschlüs- ... und eine Habilitation. se wie Bachelor, Master oder Diplom... Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter ISAS City ISAS Campus ISAS Berlin 90 86 31 207 100 12,8 Mio. € Mitarbeiter an allen Standorten Nichtwissenschaftliche hatte das ISAS am 31. Dezember 2017. Die 207 Personen Mitarbeiter Fördersumme für das ISAS verteilen sich auf alle drei Standorte: ISAS City und Unter den 207 Personen sind 100 ISAS Campus in Dortmund sowie ISAS Berlin. Das ISAS erhielt von Bund und Ländern im nichtwissenschaftliche Mitarbeite- Jahr 2017 insgesamt 12,8 Millionen Euro an rinnen und Mitarbeiter. Zuwendungen zum Kernhaushalt. Zusätzlich warb das Institut 1,9 Millionen Euro an Dritt- 107 mitteln ein. Wissenschaftliche Mitarbeiter 116 Die restlichen 107 Personen sind die Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler des ISAS. 66 23 9 41 Vorträge Eingeladene Kolloquien am ISAS Konferenzen ISAS-Doktoranden haben Wissenschaftlerinnen Vorträge Im Jahr 2017 haben 23 externe Die ISAS-Mitarbeiterinnen und und Wissenschaftler des ISAS Wissenschaftlerinnen und Wis- Mitarbeiter organisierten oder Zu 66 von den 116 Vorträgen Zu diesen 107 Wissenschaftlern insgesamt im Jahr 2017 auf senschaftler Kolloquien am ISAS co-organisierten insgesamt neun wurden die ISAS-Referenten zählen auch 41 Doktorandinnen und Konferenzen und an anderen gehalten, davon 16 in Dortmund wissenschaftliche Konferenzen im eingeladen. Doktoranden. Institutionen gehalten. und 7 in Berlin. Jahr 2017. ← 8 HIGHLIGHTS 2017 JAHRESBERICHT 2017 9
Die Arbeitsgruppe Standardisierung IMMER GLEICH UND DOCH macht aus neu entwickelten Messmethoden so genannte standardisierte Verfahren, damit NIEMALS LANGWEILIG die Messungen immer gleich und zuverlässig ablaufen. Wir haben die Gruppenleiterin und ihren Qualitätsmanager gefragt, warum diese Aufgabe so wichtig ist, dass das Land NRW das Pilotprojekt der Gruppe, die Entwicklung eines standardisierten Assays für das Blutplättchen-Proteom, mit 3,6 Millionen Euro fördert – und warum sie beide so für ihre Arbeit brennen. Auf den folgenden Seiten stellen sich Christin Lorenz und Sebastian Malchow im Doppelinterview unseren Fragen. ←
Christin Lorenz und Sebastian Malchow, Sie beide arbeiten am Herr Malchow, Sie sind in Ihrer Position als Qualitätsmanager ISAS daran, neue Analysemethoden zu standardisieren. Was sehr nah dran an der Laborarbeit. Wie sieht ein typischer genau ist Ihre jeweilige Aufgabe? Arbeitsablauf bei Ihnen aus? Christin Lorenz: Ich bin seit Ende 2016 am ISAS beschäftigt, und ich Malchow: Wir erhalten von unseren Kooperationspartnern aus leite die Arbeitsgruppe Standardisierung. Blutproben isolierte Blutplättchen. Die werden erst einmal in der Probenvorbereitung aufbereitet, das heißt, die Proteine in diesen Sebastian Malchow: Ich bin seit Anfang 2013 am ISAS und aktuell in Proben werden durch eine Protease zerschnitten in kleinere Peptide. der Position als Qualitätsmanager. Diese Peptide werden durch ein massenspektrometrisches Verfah- Und womit genau beschäftigt sich Ihre Arbeitsgruppe? ren quantifiziert. Durch die Quantifizierung der Proteinbruchstücke kann man dann auf die Proteinkonzentrationen zurückrechnen, Malchow: Wir entwickeln neue analytische Verfahren, um Protein- was uns wiederum Informationen über die Proteine in den Blut- konzentrationen in verschiedenen Proben, in diesem Fall natürlich plättchen liefert. Blut, zu bestimmen und dadurch die Diagnostik zu ermöglichen. Zunächst bauen wir ein akkreditierbares Prüflabor auf, um massen- spektrometrische Analytik von Proteinen durchführen zu können. Lorenz: Um eine hohe Qualität und Zuverlässigkeit unserer Analytik zu gewährleisten, ist es essentiell, dass wir standardisierte Verfahren anwenden. »Wir bauen ein akkreditierbares Prüflabor auf, um massenspektrometrische Analytik von Proteinen durchführen zu können.« Ihre Gruppe wird ja sogar vom Land NRW gefördert. Warum ist Ihre Arbeit denn so wichtig für die Gesellschaft? Lorenz: Die gesellschaftliche Relevanz unserer Arbeit lässt sich eigentlich ganz einfach erklären, indem man sich die Todesstatis tiken in Deutschland anschaut: Etwa 40 Prozent aller Todesfälle bei uns sind auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen, zum Beispiel auf Thrombose, Schlaganfall oder Herzinfarkt. Eine ent- scheidende Rolle bei diesen Erkrankungen spielen Blutplättchen, die so genannten Thrombozyten. Bei gesunden Menschen sorgen Thrombozyten dafür, dass bei einer Gefäßverletzung, zum Beispiel einer Schnittverletzung, die Wunde verschlossen wird. Entsteht ein Ungleichgewicht von regulatorischen Prozessen in diesen Throm- bozyten, dann kann es zu einer unkontrollierten Gerinnung im Körper kommen; und dies kann letztendlich zur Entstehung von Herzinfarkt, Schlaganfall oder auch Thrombose führen. Genau an diesem Punkt setzt unser Verfahren an, wir wollen früh- zeitig solche Veränderungen auf der Oberfläche und auch im Inne- ren von Thrombozyten detektieren und messbar machen. ← 12 HIGHLIGHTS 2017 JAHRESBERICHT 2017 13
Lorenz: Um zwischen gesunden und erkrankten Blutplättchen zu unterscheiden, müssen wir zunächst diagnostische R eferenzwerte ermitteln. Dazu wenden wir unser Verfahren auf eine große Patienten- und Kontrollkohorte von mindestens 1.000 Probanden an, die es uns ermöglicht, diese Referenzwerte zu definieren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich die Proteinkomposition, aber auch der Gehalt der Proteine in Blutplättchen aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen – zum Beispiel bei sehr jungen oder sehr alten Personen und zwischen Männern und Frauen – sehr stark unterscheiden. Deshalb ist es essentiell, zunächst diese Grenzwerte zu definieren, damit wir unser Verfahren in der Klinik anwenden können. »Um eine hohe Qualität und Zuverlässigkeit unserer Analytik zu gewährleisten, ist es essentiell, dass wir standardisierte Verfahren anwenden.« Was bedeutet »Standardisierung« im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit denn eigentlich genau? Malchow: Der Begriff »Standardisierung« an sich bedeutet erst einmal nur, dass ein Verfahren immer nach den gleichen Maßstä- ben oder in der gleichen Art und Weise durgeführt wird. Für uns ist wichtig, dass eine externe Stelle, in diesem Fall die Deutsche Akkreditierungsstelle [kurz DAkkS, Anmerkung der Redaktion], uns bescheinigt, dass unsere Analytik von hoher Qualität ist und immer dieselben und vor allem auch richtigen Werte liefert. Lorenz: Letztendlich ermöglicht uns diese Akkreditierung den Transfer unseres Verfahrens in die Anwendung, da sie die Akzep- tanz der künftigen Kunden – zum Beispiel andere Forschungspart- ner, verschiedene Kliniken oder auch Diagnostiklabore – erhöht. Die Arbeitsgruppe Standardisierung fungiert damit auch als ein Bindeglied zwischen Theorie und Praxis – nicht nur allgemein, sondern auch innerhalb des ISAS. Wie sieht Ihre Zusammenar- beit mit anderen Arbeitsgruppen aus? Lorenz: Wir arbeiten sehr eng mit verschiedenen Arbeitsgruppen zusammen. Hauptsächlich sind diese Arbeitsgruppen in den For- schungsprogrammen Biomarker sowie Krankheitsmechanismen und Targets angesiedelt. In diesen Forschungsprogrammen werden viele Fragestellungen aus der Grundlagenforschung bearbeitet. ← JAHRESBERICHT 2017 15
Thrombozyten aggregieren, um Wunden zu schließen. »Mich interessieren am meisten die technischen und Unkontrollierte Aggregation kann zu Gefäßverschluss führen. analytischen Komponenten der Arbeit. Ich interessiere Aktivierender Stimulus (z. B. Thrombin) mich schon seit langer Zeit für Massenspekrometrie und finde es toll, dass wir jetzt diese Verfahren auch wirklich in die Anwendung bringen können.« Was hat Ihr Interesse an dieser Thematik geweckt? Lorenz: Was mich interessiert, ist vor allem die gesellschaftliche Relevanz der Fragestellung: Wie können wir Herz-Kreislauf-Erkran kungen frühzeitig erkennen und somit einen Beitrag zu einer gesünderen Bevölkerung liefern? Zum andern interessiert mich die Nähe zur Anwendung, denn was wir in unserem Projekt machen, ist nicht nur reine Forschung. Natürlich beantworten wir auch eine Forschungsfrage, aber zum Großteil beschäftigt sich unsere Arbeit damit, wie wir den Transfer in die Klinik schaffen, um ein neues diagnostisches Verfahren zu etablieren. Malchow: Mich interessieren am meisten die technischen und ana- lytischen Komponenten der Arbeit. Ich interessiere mich schon seit langer Zeit für Massenspekrometrie und finde es toll, dass wir jetzt diese Verfahren auch wirklich in die Anwendung bringen können. Aktivierte Thrombozyten ändern ihre Form Im Blut zirkulierende Thrombozyten (inaktiv) Nach Abschluss einer Studie werden zum Beispiel Biomarker iden- tifiziert, die für eine bestimmte Erkrankung charakteristisch sind. Diese Biomarker können wir dann in einen massenspektrometrie- basierten Assay überführen, um ihn in der Routine anzuwenden. Malchow: Zurzeit arbeiten wir an der Quantifizierung von Proteinen aus Thrombozyten. Am Institut gibt es allerdings noch viele andere Forschungsgruppen, die sich mit anderen Geweben beschäftigen... Lorenz: Genau, Schwerpunkt unserer Arbeit ist bislang natürlich die Quantifizierung von Thrombozytenbiomarkern. Wir möchten aber auch unsere Analytik – und zwar unsere standardisierte Analytik mit hohen Anforderungen an Qualität und Zuverlässigkeit – den anderen Arbeitsgruppen zugänglich machen. Dazu treten wir häufig in Kontakt mit anderen Arbeitsgruppen, oder die Arbeits- gruppen mit uns. Wir tauschen uns über aktuelle Forschungsergeb- nisse aus, und interessante Biomarker können letztendlich dann von uns in einen entsprechenden Assay überführt werden. ← 16 HIGHLIGHTS 2017 JAHRESBERICHT 2017 17
»Als Kind hatte ich natürlich noch keine Vorstellung davon, was Forschung bedeutet, aber mich haben schon immer die P rozesse des Lebens interessiert. Wie entsteht was? Wie wachsen Blumen? Wie entstehen vielleicht auch Krankheiten?« Wollten Sie denn schon als Kind Forscher oder Wissenschaftler werden? Lorenz: Als Kind hatte ich natürlich noch keine Vorstellung davon, was Forschung eigentlich bedeutet, aber mich haben schon immer die Prozesse des Lebens interessiert. Wie entsteht was? Wie wach- sen Blumen? Wie entstehen vielleicht auch Krankheiten? Das hat mich eigentlich immer motiviert, weiter Fragen zu stellen, wie alles zusammenhängt. Und was mich jetzt auch an meiner Arbeit faszi- niert, ist einfach die Anwendung von Wissen, das man sich durch verschiede Forschungsfragen aneignet, um letztendlich einen Bei- trag für die Medizin zu leisten. Malchow: Ich habe mich schon immer für Natur und naturwissen schaftliche Themen interessiert, zum Beispiel wie die Materie gene- rell und rundherum aufgebaut ist. Und das führte im Endeffekt zu meiner Professionalisierung im Bereich der Analytik. Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft, sowohl bezogen auf das ISAS als auch auf die gesamte Gesellschaft? Lorenz: Ich wünsche mir für die Zukunft, dass unsere innovativen Technologien – die ja nicht nur in unserer Arbeitsgruppe entstanden sind, sondern auch in anderen Arbeitsgruppen des ISAS – in die Anwendung transferiert werden und sich vor allem im Gesundheits- sektor langfristig etablieren können. Malchow: Für mich ist es ähnlich. Ich möchte die Arbeit der letzten Jahre weiter professionalisieren und im Endeffekt dann zur Anwen- dung bringen. ← 18 HIGHLIGHTS 2017
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG ←
DAS ISAS 4D-Analytik Wir wollen möglichst parallel und zu jedem beliebigen Zeitpunkt die Menge und Art eines untersuchten Stoffes sowie seine Lokali IM PROFIL sation bestimmen. Deshalb haben wir uns die Entwicklung und Verfeinerung »vierdimensionaler« Analysemethoden zur Aufgabe gemacht. Sie bilden die Basis für die umfassende Aufklärung pathologischer Prozesse. Um herauszufinden, wann und wie die »biologische Entscheidung« zwischen Gesundheit und Krankheit fällt, brauchen wir analytische Verfahren, die simultan Informa tionen von verschiedenen Molekülklassen (etwa Proteinen, Lipiden und Metaboliten) erfassen. Solche simultanen Verfahren werden völlig neue Datentypen hervorbringen, die ihrerseits neue Strategien bei der Auswertung erfordern. Die Schwerpunktbereiche unserer Tätigkeit liegen in der Aufklärung von Krankheitsmechanismen, der Entdeckung möglicher Medika- menten-Targets und Biomarker sowie der Entwicklung von neuar tigen Abbildungs- und Detektionsverfahren für Biomoleküle. Leitziele Die Leitziele des ISAS sind exzellente interdisziplinäre Forschung, die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie der Transfer unserer Ergebnisse in Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Forschungsleistung Als Indikatoren für die Forschungsleistung zieht das Institut seine → Seite 76 ff. Publikationen, insbesondere in referierten Fachzeitschriften, ebenso Aktivitäten 2017 heran wie seine Präsenz durch wissenschaftliche Fachvorträge und die Einwerbung neuer drittmittelgeförderter Projekte im interna- tionalen Wettbewerb. Bei der Auswahl der Wettbewerbe und Förder- linien, in denen wir uns um Drittmittel bewerben, streben wir nach bestmöglichen Synergien mit unseren langfristig verfolgten For- Das Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften – ISAS – e. V. schungsprogrammen und stellen komplementäre Fragestellungen entwickelt schnelle, präzise und kostengünstige analytische Ver- in den Vordergrund. fahren für die Gesundheitsforschung, um die Möglichkeiten zur Prävention, Frühdiagnostik und Therapie von Erkrankungen zu Nachwuchsförderung verbessern. Durch eine Kombination von Fachwissen aus Chemie, Biologie, Physik und Informatik machen wir messbar, was heute Zur Förderung unseres wissenschaftlichen Nachwuchses haben noch nicht gemessen werden kann. Dabei steht vor allem eine Frage wir Programme etabliert, die alle Stufen der wissenschaftlichen im Vordergrund: Wieviel von welcher Substanz ist wann an Laufbahn umfassen: von Angeboten für Bachelor- und Masterstu- welchem Ort? dierende über eine strukturierte Doktorandenausbildung bis hin ← 22 Wissenschaft und Forschung JAHRESBERICHT 2017 23
zu Weiterbildungsangeboten für Postdoktoranden und Nachwuchs führungskräfte in der Wissenschaft. Zur Förderung der Karriere chancen exzellenter Nachwuchswissenschaftler sind am Institut zudem Nachwuchsgruppen etabliert. Zusätzlich bietet das ISAS jun- gen Wissenschaftlern weitere Entwicklungsmöglichkeiten durch die Leitung von Forschungsprojekten. Die möglichst frühe Profilierung als Führungskraft soll insbesondere Nachwuchskräfte unterstützen, die eine spätere Berufslaufbahn in der Wissenschaft anstreben. Transfer und Service Unsere Transfer- und Serviceangebote reichen von Beratungsak tivitäten für Wissenschaftler, Unternehmen, Medien und Politik über Auftragsforschung und -messungen bis hin zur Bereitstellung analytischer Standards. Patentgeschützte Innovationen stellt das Institut zur Lizensierung bereit, und es vermarktet sein Angebot mit Unterstützung externer Partner. Das ISAS fördert außerdem Aus- gründungsvorhaben seiner Mitarbeiter und macht seine Arbeiten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich, indem es sich regelmäßig auf Fach- und Karrieremessen präsentiert, an öffentlichkeitswirk samen Veranstaltungen wie zum Beispiel Wissensnächten oder dem bundesweiten Girls‘ Day teilnimmt, Forschungsergebnisse aktiv an die Medien kommuniziert und im Rahmen der jährlichen Ver- anstaltung »Leibniz im Landtag« einen regen Austausch zwischen Wissenschaft und Landespolitik organisiert. Kooperationen Ein weiterer wichtiger Faktor für die Umsetzung unserer Ziele ist die Interaktion mit Wissenschaftlern verschiedener Fachdisziplinen weltweit. Daher treibt das ISAS nicht nur den Ausbau seiner eigenen interdisziplinären Kompetenzen, sondern auch seine Vernetzung im nationalen und internationalen Wissenschaftsumfeld weiter v oran. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Zusammenarbeit mit den regional ansässigen Universitäten: der TechnischenUniversität Dort- mund, der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Duisburg-Essen und der Technischen Universität Berlin. Die nationale Vernetzung wird durch die Einbindung des ISAS in Netzwerke der Leibniz- Gemeinschaft, etwa die Forschungsverbünde »Gesundheitstechno- logien« und »Wirkstoffe und Biotechnologie«, und in vom Bundes- ministerium für Bildung und Forschung geförderte Verbundvorhaben verstärkt. Internationale Partner unterstützen uns bei langfristigen Forschungsvorhaben, etwa im »International Cardiovascular Disease Network« und in EU-geförderten Forschungskonsortien. ← 24 Wissenschaft und Forschung
Proteomweite Detektion KRANKHEITSMECHANISMEN von Protein-Protein-Interaktionen Dieses Projekt konzentriert sich auf die Untersuchung von Protein Arbeitsgruppe UND TARGETS Structural Proteomics strukturen und Protein-Interaktionsnetzwerken in ihrer natürlichen Prof. Dr. Christoph Borchers Umgebung in Zellen und Geweben (in vivo). Erkenntnisse zur Struk- UVic Genome BC Proteomics Centre, University of Victoria, tur von Proteinen und Proteinkomplexen, die in vivo gewonnen Kanada christoph@proteincentre.com wurden, ermöglichen die Identifizierung von Protein-Protein-Inter- Prof. Dr. Albert Sickmann aktionen, die wiederum entscheidend wichtig für die Aufklärung von T: +49 (0)231 1392-100 albert.sickmann@isas.de Krankheitsmechanismen sind. Dazu gehört auch die Bestimmung von Interaktionsflächen als potenzielle Angriffpunkte für Medikamen- te. Um allerdings solche Strukturstudien auf einem proteomweiten Level durchzuführen, ist ein enormer Fortschritt im Bereich der ent- sprechenden Structural-Proteomics-Techniken nötig, etwa bei Cross- linking, Oberflächenmodifikation und HDX (Wasserstoff-Deuterium- Austausch, hydrogen-deuterium exchange). Die Weiterentwicklung solcher Techniken bis auf ein Level, auf dem sie für In-vivo-Protein- strukturstudien eingesetzt werden können, passt gut in das Gesamt- konzept des ISAS. Das Projekt begann Anfang 2016 mit der Einrichtung der internatio- nalen Arbeitsgruppe Structural Proteomics. Zunächst untersuchte das Projektteam experimentelle Ansätze für proteomweite In-vivo- Crosslinking-Analysen, wobei der Fokus auf der Optimierung von Crosslinking-Reaktionen, Probenvorbereitung, Fraktionierung und Datengewinnung lag. Der Ansatz wurde an Proben aus intakten Bakterienzellen (Escherichia coli) und Hefemitochondrien getestet. Die Projekte im Forschungsprogramm Krankheitsmechanismen Dabei zeigte sich, dass die Verdaumethoden in Lösung oder im Gel und Targets konzentrieren sich auf einen zentralen Aspekt der komplementär sind; außerdem demonstrierte das Team die Wichtig- Gesundheitsforschung: die Untersuchung molekularer Mechanismen, keit von Affinitätsanreicherung und Vorfraktionierung der verlinkten die in die Entstehung von Krankheiten involviert sind. Diese Peptide mittels Kationenaustausch (strong cation exchange). In einem Arbeiten sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung weiteren Schritt wurde ein Vergleich verschiedener Datenerfassungs- von Krankheiten, da neue Diagnose- und Therapiekonzepte auf methoden durchgeführt, und die Wissenschaftler stellten einen der Identifizierung entsprechender Zielmoleküle beruhen. Zusammenhang her zwischen Probenkomplexität und Arbeitszyk- lus, sowohl bei datenunabhängigen als auch bei datenabhängigen Um ein detailliertes Bild von solchen molekularen Krankheitsmecha- MS / MS-Methoden (basierend auf den isotopischen Signaturen der nismen zu gewinnen, wird in diesem Forschungsprogramm ein Multi- crossverlinkten Peptide). Zudem wurden die Performance-Charak- methodenansatz genutzt, der Daten aus Proteomics, Lipidomics teristiken der verwendeten Massenspektrometer bestimmt. und Metabolomics zu einem umfassenden Überblick über Pathome- chanismen integriert. Die so entstehenden Multiomics-Technologien Im Jahr 2017 entwickelte das Projektteam einen kompletten experi- werden in enger Zusammenarbeit der Forschungsabteilungen mentellen und rechnerischen Workflow für proteomweite In-vivo- und -gruppen am ISAS mit biochemischen, physiologischen, spek- Crosslinking-Analysen mittels isotopenmarkierter, über Affinität troskopischen und bildgebenden Verfahren kombiniert. Ein wich- anreicherbarer und durch CID (collision-induced dissociation) spalt- tiger Schwerpunkt in diesem Programm sind kardiovaskuläre barer Crosslinking-Reagenzien. Diese Eigenschaften der Crosslinker Erkrankungen und die dahinterstehenden Mechanismen, von der ermöglichen eine optimierte Probenverarbeitung, Datenerhebung Herzinsuffizienz bis zur Thrombozytenfunktionsstörung. und Datenanalyse. Isotopencodierung und auf Spaltung basierende ← 26 Wissenschaft und Forschung JAHRESBERICHT 2017 27
MS-Signaturen wurden als zusätzliches Feature dem Tool »Percola- Photocrosslinkern begonnen, die an verschiedene Moleküle gekoppelt tor« hinzugefügt, das auf maschinellem Lernen beruht und über- werden können. Mit diesen Sonden sollen langfristig potenzielle einstimmende Peptidspektren validiert. Dieses Feature konnte die Wirkstoffe in einem proteomikbasierten Workflow analysiert wer- Anzahl von zuverlässig identifizierten Crosslinks drastisch steigern. den können. Das Team erstellte außerdem einen vollständig automatisierten Datenanalyse-Workflow und testete den Ansatz an intakten Hefemito- Multiomics: Ein systembiologischer Ansatz chondrien. Dabei zeigte sich, dass mit der Methode proteomweit für die kardiovaskuläre Forschung mehr als 600 Protein-Protein-Interaktionen verlässlich identifiziert werden konnten. Der Ansatz ist leicht auf andere Modellsysteme In den letzten Jahrzenten ist die Anzahl von verfügbaren Omics- Arbeitsgruppe Lipidomics wie zum Beispiel Zellen übertragbar. Analysen für unterschiedliche Moleküle stetig gestiegen. Die Metho- Dr. Robert Ahrends T: +49 (0)231 1392-4173 den wurden zu wichtigen Werkzeugen einer modernen Analytik robert.ahrends@isas.de und trugen wesentlich zur Aufklärung komplexer biologischer Molekulare Werkzeuge für die Untersuchung Systeme bei. Wenn die Ergebnisse dieser Techniken jedoch einzeln von Proteasen In Kooperation mit: Arbeitsgruppe Kardiovaskuläre Pharmakologie betrachtet werden, bleiben oft wichtige Beziehungen und kausale In diesem Projekt entwickelt die Arbeitsgruppe Chemical Proteomics Arbeitsgruppe Protein Dynamics Zusammenhänge zwischen den Molekülklassen verborgen. Daher Arbeitsgruppe Miniaturisierung Arbeitsgruppe Chemical Proteomics Werkzeuge, mit denen Proteine markiert werden können, um ihre wird ein kombinierter Ansatz benötigt, der durch die Integration Prof. Dr. Steven Verhelst Analyse zu ermöglichen oder zu vereinfachen. Dabei konzentrierte der korrespondierenden Daten ein allumfassendes Bild von biolo steven.verhelst@isas.de sich die Gruppe bislang vor allem auf Rhomboid-Proteasen. Obwohl gischen Prozessen wie crosstalk in und über Signaltransduktions- deren Funktion in vielen Organismen noch unbekannt ist, scheinen wegen hinweg gewinnen kann. Die Kombination von zwei oder sie bei zahlreichen wichtigen biologischen Prozessen eine Rolle zu mehr Omics-Methoden wird als Multiomics-Ansatz bezeichnet. spielen, und es gibt bislang kaum selektive Inhibitoren und Sonden Die Analyseplattform SIMPLEX (simultaneous metabolite, protein, für diese Enzymklasse. Daher hat die Gruppe bereits 2015 dieses lipid extraction), die in den vergangenen Jahren von der Arbeits- Projekt initiiert, um entsprechende Tools zu entwickeln und zu unter- gruppe Lipidomics entwickelt und aufgebaut wurde, ist ein solcher suchen. Im vergangenen Jahr konnte das Team die neu etablierte Multiomics-Ansatz: Sie kombiniert verschiedene Omics-Methoden markerfreie Bestimmung der Substratspezifität mittels ChaFRAtip- für unterschiedliche Molekülklassen und wertet die Daten anschlie- Methode – ChaFRAdic (charge-based fractional diagonal chromatog- ßend mit entsprechenden Algorithmen aus. Das Ziel ist eine schnelle, raphy) in der Pipettenspitze – optimieren und verschiedene Sonden umfassende und effektive Analyse zellulärer Systeme und Gewebe, auf Basis von nicht spaltbaren Peptiden erzeugen, die das aktive Zent- um die gegenseitigen Wechselwirkungen zwischen Lipiden, Prote rum der Protease binden, ohne vom Enzym verarbeitet zu werden. inen und Metaboliten nachvollziehen zu können. SIMPLEX wurde So konnte bereits die Verwendung verschiedener Photocrosslinker ursprünglich für die Analyse von Zellkulturmodellen entwickelt, implementiert werden; diese Crosslinker können Moleküle verbinden soll im Multiomics-Projekt aber an komplexe Gewebe wie das Herz und durch Licht gespalten werden. Zudem fand die Gruppe eine angepasst werden. Das Projekt ist erst Anfang 2018 gestartet, greift neue Spezifitätspräferenz von menschlichem Cathepsin G für Aspa- allerdings auf die umfangreichen Vorarbeiten im Projekt »Lipidom- ragin in direkter Nachbarschaft der spaltbaren Bindung, die durch → Seite 38 analyse« aus den vergangenen Jahren zurück. So wurde der SIMPLEX- den Einsatz synthetischer Substrate bestätigt werden konnten. Projekt »Lipidomanalyse« Workflow bereits auf verschiedene Gewebetypen wie unterschied Künftig will das Projektteam sich verstärkt darauf konzentrieren, liche Muskelgewebe und Herzmuskel ausgeweitet. mit Hilfe der in der Gruppe entwickelten Methoden und Tools die In einem Teilprojekt von »Multiomics« geht es außerdem darum, Bindungsstellen von Medikamenten oder Medikamentenkandidaten eine neue kombinierte Injektions- und Ionisierungstechnik zu zu ihren Zielproteinen und Off-Targets zu identifizieren. Dieser entwickeln, um die Empfindlichkeit und Nachweisgrenze von Ansatz ist direkt relevant für die Arzneimittelentwicklung und kann Lipiden zu verbessern sowie ein neues Fragmentierungswerkzeug nicht nur dazu verwendet werden, den Wirkungsmechanismus von für intakte Proteine, Peptide und synthetisch modifizierte Peptide Arzneimitteln und Naturstoffen zu identifizieren, sondern auch die bereitzustellen. Die Arbeiten für dieses Teilprojekt haben im März Proteinpartner zu finden, durch die diese Moleküle ihre Funktion 2017 begonnen, und das Projektteam konnte bereits erfolgreich ein ausüben. Die ersten Arbeiten zu diesem neuen Projektansatz haben Nano-ESI (Elektrospray-Ionisierung) mit einem Plasmajet koppeln, Ende 2017 mit der Synthese von Sondenbausteinen mit Diarizin- ← 28 Wissenschaft und Forschung JAHRESBERICHT 2017 29
um so die Vorteile beider Methoden in einem Arbeitsschritt zu Proteogenomics für neue Strategien zur Krebserkennung vereinen. In ersten Messungen mit einem Gesamtextrakt aus Im Jahr 2016 hat sich das ISAS mit einigen führenden Forschungs Rinderleber konnten die Wissenschaftler zeigen, dass das nESI Arbeitsgruppe Protein Dynamics instituten Nordamerikas zusammengeschlossen, um neue Strate nur polare Moleküle ionisiert, während unpolare oder sehr Prof. Dr. Albert Sickmann T: +49 (0)231 1392-100 gien für die Krebserkennung und -behandlung zu entwickeln. Zu schwach polare Moleküle mit dem Plasmajet nachionisiert werden albert.sickmann@isas.de den Partnern zählen neben dem ISAS das US-amerikanische natio können. So konnte zum Beispiel das zunächst sehr schwache In Kooperation mit: nale Krebsinstitut NCI (National Cancer Institute) der NIH sowie Signal für Cholesterol durch die Nachionisierung massiv erhöht Arbeitsgruppe Structural Proteomics die kanadischen Universitäten McGill in Montreal, UVic (University werden. Durch eine entsprechende Einstellung des Plasmajets of Victoria) in Victoria und UBC (University of British Columbia) in konnte das Projektteam auch erhöhte Signalwerte für verschie- Vancouver. Gemeinsam wollen die Kooperationspartner Projekte dene Lipidspezies erreichen. Im nächsten Schritt will das Team zur Kopplung von Proteom- und Genomanalysen durchführen, um das nESI durch ein Injektionssystem ersetzen, das auf einem Daten zwischen Gen- und Proteinebene zu korrelieren, die Ursachen miniaturisierten Thermospray basiert. Ziel der Arbeiten ist es, der Erkrankung aufklären und neue Ansatzpunkte für Therapien neuartige informationsreiche Fragment-Ionen zu erzeugen, die aufzuzeigen. Die Zusammenarbeit ist eine von mehreren neu bislang nicht zuverlässig hergestellt werden konnten. entstandenen, weltweiten Kooperationen renommierter Forschungs- einrichtungen, Universitäten und Kliniken im Rahmen der »Cancer Moonshot«-Initiative der US-Regierung, die die Krebsforschung ent- scheidend voranbringen soll. Die Ergebnisse der Zusammenarbeit im Konsortium sollen umgehend international zugänglich gemacht werden, um die Krebsforschung global voranzutreiben. Das ISAS steuert zum »Cancer Moonshot« insbesondere seine Exper- tise bei Untersuchungen im Bereich Proteinabbau und Signalweiter- leitung bei, die im Prozess der Krebsentstehung und -entwicklung von großer Bedeutung sind: In Tumorzellen häufen sich in der Regel Mutationen an, die das Expressionslevel von Proteinen verändern oder Abbau- und Modifikationsprozesse beeinflussen können. Für diese Modifikationen gibt es häufig keine antikörperbasierten Assays; stattdessen greift das ISAS auf massenspektrometrische Assays zurück, um diese Prozesse zu untersuchen. Das Proteogenomics-Projekt startete im Jahr 2016, die benötigten Technologien wurden jedoch bereits in den Vorjahren im Rahmen eines Vorläuferprojekts aufgebaut, das von 2014 bis 2017 im Leib- niz-Wettbewerb gefördert wurde (»(Reverse) Proteomics as novel tool for biodiversity research«). Im Jahr 2017 konnten bereits ver- schiedene Entwicklungen zur Annotation von Proteogenomics- Datensätzen veröffentlicht werden. Die Grundidee liegt darin, Massen- spektren, die mit den verfügbaren Algorithmen nicht zugeordnet werden können, mit bereits identifizierten Spektren zu clustern und so einer bekannten Sequenz zuzuordnen. Ein weiterer Ansatz berücksichtigt Algorithmen zur De-novo-Sequenzierung von S pekt- ren mit anschließender Annotation der zugrundeliegenden Genom informationen. Mit dieser Strategie können neben Punktmuta- tionen auch Splicevarianten und falsche Exon-Intron-Zuordnungen beziehungsweise Startcodons aufgeklärt werden. So wird die Analyse der Daten zusätzlich validiert. ← 30 Wissenschaft und Forschung JAHRESBERICHT 2017 31
Das Projekt liefert zudem neue Methoden und Ansätze für weitere beeinflusst werden können, da das Peptid keinen negativen Einfluss Projekte innerhalb des ISAS, zum Beispiel Assays zur einfachen auf das Überleben der Herzmuskelzellen hat. Zudem wurden die und quantitativen Darstellung von Signalkaskaden. Diese ermög molekularen Hintergründe der RKIP-Effekte weiter aufgeklärt und lichen die Analyse der Signalübertragung unter anderem im Herz, die Interaktion der G-Protein-gekoppelten Rezeptorkinase GRK2 im Skelettmuskel sowie in Thrombozyten und Adipozyten, aber mit RKIP genauer definiert. Aus diesen Studien konnte in Zusammen- auch den direkten Zugriff auf die Daten vieler zentraler Signal arbeit mit Wissenschaftlern der Universität Chicago und der Universität kaskaden bei Tumorerkrankungen und damit potenziell interes- Würzburg auch ein genereller Salzbrücken-Aktivierungsmechanis- santer Kandidaten für andere Erkrankungen. mus abgeleitet werden, der zur Freilegung neuer Protein-Protein- Interaktionsflächen führt. Die Expressionslevel von RKIP wurden in verschiedenen Patientengruppen mit Herzinsuffizienz untersucht, um Molekulare Mechanismen der Herzinsuffizienz einen Einblick in die Regulationsmechanismen von RKIP zu bekom- Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehen mit einer hohen Mortalität und men. Für die weiteren Schritte im Projekt wurden ähnliche Sig- Arbeitsgruppe Kardiovaskuläre Pharmakologie Morbidität einher. Die oft schweren und chronischen Krankheits- nalwege in anderen experimentellen kardiovaskulären Ansätzen Prof. Dr. Kristina Lorenz verläufe belasten die Patienten, das Gesundheitssystem und letztlich untersucht und so neue Regulationsmechanismen beta-adrenerger T: +49 (0)231 1392-103 kristina.lorenz@isas.de auch die Gesellschaft, da sie zu häufigen Krankheitsausfällen, Rezeptoren (β-AR) im Zusammenhang vor allem mit Arrhythmie Krankenhausaufenthalten und damit auch hohen Kosten führen. und Blutdruckregulation gefunden. In Kooperation mit: Arbeitsgruppe Miniaturisierung Trotz aller pharmakologischen Fortschritte steigt die Zahl von Herz- Kreislauf-Patienten zudem nach wie vor an. Um diesem Trend effektiv entgegenzuwirken, müssen die molekularen Ursachen und Marker identifiziert werden, die es ermöglichen, eine Krankheit frühzeitig zu erkennen und effektiv in den Krankheitsprozess einzu- greifen. Die Arbeitsgruppe Kardiovaskuläre Pharmakologie hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, die molekularen Schlüsselsignale bei der Entstehung und Kompensation von Herz-Kreislauf-Erkran- kungen zu identifizieren und zu charakterisieren; ein besonderer Fokus der Arbeiten liegt dabei auf der Herzinsuffizienz. Durch eine Kombination aus klassischen Methoden der Molekulargenetik 001 Herzinsuffizienz kann viele Ursachen haben. Ganz oben auf der Liste der Verursacher steht allerdings, wie bei allen kardiovasku- und Biochemie mit am ISAS bereits etablierten Hochdurchsatzme- lären Erkrankungen, das so genannte »tödliche Quartett«: Hoher Blutdruck, starkes Übergewicht, Diabetes und hohe Blutfettwerte. thoden deckt die Gruppe die ganze Bandbreite der Analyse ab – von Diese Faktoren wirken entweder direkt aufs Herz – wie zum Beispiel der Blutdruck – oder schädigen die Gefäße durch Ablagerungen. der detaillierten Untersuchung einzelner Komponenten bis zur Das »tödliche Quartett« wird wiederum von einer ungesunden Lebensweise begünstigt. Fast genauso schlecht für das Herz ist Betrachtung ganzer zellulärer Systeme. aber auch übertriebener Gesundheitswahn, etwa zu viel Ehrgeiz beim Sport: Wer zum Beispiel mit einem grippalen Infekt joggen Diabetes geht, riskiert eine Myokarditis, eine Herzmuskelentzündung, die Das Projekt startete Anfang 2016 mit der Einrichtung der Arbeits- das Herz im schlimmsten Fall auf Dauer schwächt. Und auch Herzrhythmusstörungen oder schwere Vorerkrankungen wie ein gruppe Kardiovaskuläre Pharmakologie. Zunächst führte das Projekt- Hohe Blutfettwerte Herzinfarkt können eine Herzinsuffizienz verursachen. team einige Arbeiten fort, die Projektleiterin Kristina Lorenz und ihre ehemalige Gruppe an der Universiät Würzburg begonnen hatten: Herzrhythmusstörungen So untersuchten die Wissenschaftler zwei extrazellulär regulierte Kinasen namens ERK 1 / 2, die adaptive und maladaptive Funktionen im Herzen übernehmen, und erforschte ein Protein namens RKIP Herzinfarkt (Raf-Kinase-Inhibitorprotein) sowie dessen Effekte auf das Herz. Beide Fragestellungen wurden auch im Jahr 2017 weiter verfolgt: Im Starkes Übergewicht Rahmen der Arbeiten zu ERK 1 / 2 konnte das Projektteam ein Peptid charakterisieren, das selektiv mit einer Protein-Protein-Interaktion Übertriebener Ehrgeiz beim Sport interferiert, die für die ERKThr188-Phosphorylierung notwendig und für das das pathologische Wachstum des Herzens verantwort- Hoher Blutdruck lich ist. Diese Studie zeigt, dass einzelne Kinasefunktionen selektiv ← 32 Wissenschaft und Forschung JAHRESBERICHT 2017 33
Weitere Teilvorhaben des Projekts sind im Verlauf des vergangenen zellbiologische In-vitro- und In-vivo-Systeme zur Identifikation Jahres gestartet; dazu gehört etwa die Charakterisierung von ver- pathophysiologischer Kaskaden. Die Kooperationen mit nationalen schiedenen Patientenentitäten mit Aortenklappenstenose, die der und internationalen Partnern in Grundlagenforschung und Suche nach einem diagnostischen Biomarker dient und für die das Klinik ermöglichten eine effiziente Ursachenforschung an diesen Team unter anderem mit der Universität Würzburg und am ISAS seltenen Erkrankungen, deren Ergebnisse wiederum als Grund- mit der Arbeitsgruppe Protein Dynamics kooperiert. Mit Hilfe von lage für therapeutische Interventionskonzepte dienen sollen. Das Laser-Mikrodissektion und LC-MS-Analysen wurden Aortenklappen Projektteam testete unter anderem die Pathogenität möglicher aus verschiedenen Patientenentitäten untersucht und die ersten »ungünstiger« (maladaptiver) Protein-Mutationen, zum Beispiel immunhistologischen Validierungen abgeschlossen. Zudem werden die G56S-Mutation in Caveolin-3. Caveolin-3 ist ein Membran- zusammen mit den Arbeitsgruppen Standardisierung und Protein protein, in dem Mutationen die sogenannte Caveolae-Funktion Dynamics quantitative und qualitative massenspektrometrische und damit die Signaltransduktion in Muskelzellen stören können, Assays für Schlüsselsignalwege der Hypertrophie und Herzinsuffi was wiederum Rippling-Muskelerkrankung (rippling muscle zienz und auch neuromuskuläre Erkrankungen aufgebaut. disease, RMD), Muskeldystrophie, Lipodystrophie und kardiale Funktionsstörungen verursachen kann. Für die G56S-Mutation in In einem weiteren Teilprojekt dieses Vorhabens wollen die Wissen- Caveolin-3 wurde ein erhöhtes Risiko für myopathische Änderun- schaftler die Nutzung kalter atmosphärisher Plasmen (CAPs) bei der gen gezeigt. Außerdem gelang dem Team die Identifikation patho- Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erforschen. Solche Plas- physiologischer Kaskaden, unter anderem beim Marinesco-Sjörgren- men wurden bislang vor allem auf dem Gebiet der Wundheilung, Syndrom, sowie die Identifikation krankheitsmodifizierender der Behandlung von infektiösen Hauterkrankungen, der Zahnheil- Faktoren wie zum Beispiel SIL1 als neuroprotektives Protein. Im kunde und der Anti-Krebs-Behandlung erprobt; sie könnten jedoch Jahr 2017 wurde zudem ein integratives Forschungsprojekt initiiert auch dazu dienen, die Nitritkonzentration im Blut durch eine Blut- (siehe Strategiefonds, Projekt »Integration von Proteomics und plasmabehandlung zu erhöhen und damit einen kardiovaskulären → Seite 60 Projekt »Integration von Lipidomics zur Aufklärung abberanter Lipidmetabolismen und Risikofaktor zu verringern. Die Arbeiten zu diesem Teilprojekt haben Proteomics und Lipidomics zur geeigneter Biomarker für neuromuskuläre Erkrankungen«), das Anfang 2017 begonnen; zunächst hat das Team in Zusammenarbeit Aufklärung abberanter Lipid- metabolismen und geeigneter klinische und internationale Kooperationen auf dem Gebiet der mit dem Institut für Pathophysiologie des Universitätsklinikums Biomarker für neuromuskuläre Erkrankungen« neuromuskulären Erkrankungen stärken und die Weiterführung des Essen erste Versuche mit simulierten Herzinfarkten an isolierten Projekts »Pathologie neuromuskulärer Erkrankungen« auf Dritt- Rattenherzen durchgeführt, die erste vielversprechende Ergebnisse mittelbasis ermöglichen soll. In diesem Projekt wird ein Assay zeigten. In den kommenden Jahren sollen diese Untersuchungen entwickelt, der es gestatten soll, Biomarker für neuromuskuläre systematisch fortgesetzt und dabei auch das am besten geeignete Leiden gezielt in einem einzigen Tropfen getrockneten Blutes zu Plasma für die Behandlung von Blut gesucht werden. detektieren. Diese Arbeiten werden durch massenspektrometrische Screening-Analysen von Serumproben weiterer Patienten mit Pathologie neuromuskulärer Erkrankungen neuromuskulären Leiden unterstützt. Dieses Projekt konzentriert sich auf die Entschlüsselung der mole- Arbeitsgruppe Kardiovaskukäre Pharmakologie kularen Ursachen von neuromuskulären Erkrankungen und Dr. Andreas Roos nutzt dafür massenspektrometriebasierte Omics-Technologien. Da andreas.roos@isas.de Prof. Dr. Kristina Lorenz zahlreiche neuromuskuläre Erkrankungen wie zum Beispiel die T: +49 (0)231 1392-103 Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) mit einer erhöhten Häufigkeit kristina.lorenz@isas.de kardialer Begleiterkrankungen einhergehen, sind auch gemein same Therapieansätze bei kardiovaskulären und neuromuskulären Erkrankungen denkbar. Seit dem Jahr 2014 wurden in diesem Projekt proteomische Arbeits- verfahren aufgebaut und molekulargenetische Untersuchungen von Patientenproben zusammen mit klinischen Kooperationspartnern begonnen. Außerdem etablierte das Projektteam biochemische und ← 34 Wissenschaft und Forschung JAHRESBERICHT 2017 35
Targeted und non-targeted Metabolomics BIOMARKER Arbeitsgruppe Grenzflächenprozesse Dr. Roland Hergenröder T +49 (0)231 1392-178 NMR-Spektroskopie (nuclear magnetic resonance) ist eine wichtige und zukunftsweisende chemische Charakterisierungsmethode. Sie eignet sich insbesondere für Metabolomstudien, da mit ihr eine Viel- roland.hergenroeder@isas.de zahl unterschiedlicher Molekülarten bestimmt werden kann. Die Arbeitsgruppe Grenzflächenprozesse entwickelt und optimiert NMR- In Kooperation mit: Arbeitsgruppe Lipidomics Methoden sowohl für zielgerichtete Ansätze (targeted metabolomics) als auch für nicht gerichtete Ansätze (non-targeted metabolomics). Gezielte Analysen von festgelegten Metaboliten-Sets können etwa zur Frühdiagnose von Krankheiten oder zur Überwachung von Thera- pieerfolgen nützlich sein, während nicht zielgerichtete Analysen bei der Untersuchung biochemischer Netzwerke und unbekannter Stoffwechselwege Anwendung finden. In den vergangenen Jahren entwickelte das Projektteam unter anderem einen Mikrostreifenleiterprobenkopf zur Durchführung zeitaufgelöster NMR-Experimente an Zellkulturmodellen. Für die Analyse von metabolischen Störungen, die durch exzessive Fett akkumulation in der Leber hervorgerufen werden, nutzten die Wissenschaftler ein Mausmodell für die Fettlebererkrankung und quantifizierten die Metabolite mittels HR-MAS-NMR (hochauflö sende Magic-Angle-Spinning-NMR). 2017 standen weitere Arbeiten im Bereich Non-targeted Metabolo- mics im Vordergrund des Projekts. Unter anderem konnte das Team anhand einer Metabolit- und Lipidquantifizierung zeigen, dass für viele Metabolite die Unterschiede zwischen Tumoren größer sind als die Unterschiede innerhalb eines Tumors, so dass die Analyse Die molekulare Grundlage von Krankheiten zu verstehen und zu einiger weniger Proben eines Tumors ausreicht, um zu verlässlichen erklären, ist nur der erste Schritt, um Diagnostik- und Therapiekon- Aussagen über das Tumormetabolom zu kommen. Außerdem ent- zepte zu verbessern. Eine weitere wichtige Herausforderung ist es, wickelten die Wissenschaftler einen weiteren Probenkopf mit einem zuverlässige Marker zu finden, um unterschiedliche Krankheiten Mikrostreifenleiter als Sender und Detektor, der über eine dreiecks- sicher zu identifizieren und zu unterscheiden. Wegen der enormen förmige Erweiterung in seiner Struktur verfügt. Diese Struktur Menge an potenziellen Analyten in biologischen Systemen ist es generiert wegen der Ortsabhängigkeit der Stromdichte ein linear mit zudem notwendig, höchst präzise Messmethoden im Bereich der dem Ort veränderliches B1-Feld. Mit diesem Probenkopf wird ein Biomarkerforschung anzuwenden. Bereich von Feldstärken abgedeckt, der das Zwölffache des nomina Deswegen konzentrieren sich die Projekte im Forschungsprogramm len B1-Feldes abdeckt. Derzeit arbeitet das Projektteam unter anderem Biomarker sowohl auf die Identifikation und Validierung von Biomar- an einer mikrofluidischen Vorrichtung zur Fixierung und Vitalisie- kern als auch auf die Detektion solcher Moleküle in einer komplexen rung von Sphäroiden sowie an Messungen der Konzentrationsver- biologischen Matrix. Die Ergebnisse dieser Forschung werden ergänzt teilungen von Metaboliten in Sphäroiden aus HT29-Adenokarzinom- durch die entsprechenden Techniken, die in den Forschungsprogram- Kolonzellen mit dem neuentwickelten Probenkopf. men Imaging und Biogrenzflächen entwickelt werden, um zukünftig validierte Biomarker in kleinsten Probenvolumen und in Point-of- Care-Situationen zu identifizieren. ← 36 Wissenschaft und Forschung JAHRESBERICHT 2017 37
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