Wissenschaftsporträts der BMBF Fördermaßnahme Nachhaltiges Landmanagement - Modul A Inhaltsverzeichnis - Forschung für Nachhaltige ...
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Wissenschaftsporträts der BMBF Fördermaßnahme Nachhaltiges Landmanagement - Modul A Inhaltsverzeichnis 1. Die Zukunft des Okavango (The Future Okavango)……..………...Seite 2 2. Landnutzung im Wandel (CC-LandStraD)……………………………….Seite 9 3. Pioniere in Zentral-Vietnam (LUCCi)……………………………….……Seite 16 4. Neue Strategien für Südamazonien (Carbiocial).……….…………Seite 23 5. Neue Strategien für die Waldsteppe (KULUNDA)……………….. Seite 30 6. Neue Wege beim Reisanbau (LEGATO)……………………………….Seite 37 7. Ein Managementplan für den Tarim (SUMARIO)………………....Seite 44 8. Neues Leben für die Steppe (KULUNDA)………………………………Seite 51 9. Wege zu mehr Nachhaltigkeit beim Kautschukanbau (SURUMER)…………………………………………………………………………..…Seite 58 10. Sichere Zukunft für Deutschlands Küsten (COMTESS)…….….Seite 65 11. Mehr Nachhaltigkeit für Madagaskar (SuLaMa)………………...Seite 72 12. Nachhaltige Nutzung von Stauseen (INNOVATE)….…………… Seite 79 13. Globaler Wandel im regionalen Kontext (GLUES)……….………Seite 86
2|3 Wissenschaf tsporträt 1 (Quelle: M. Finckh) (Quelle: TFO) Der Okavango, Namibia. Holzkohlehandel entlang einer Straße, Angola. Der Okavango zählt zu den längsten Strömen im aus den Fugen zu geraten. »Die Natur ist durch Über- südlichen Afrika. Seine Wassermassen sind Lebens nutzung und Privatisierung stark gefährdet«, sagt grundlage vieler Menschen. Doch Übernutzung und Norbert Jürgens. Der Biodiversitätsprofessor an Privatisierung bringen das Ökosystem in Gefahr. der Universität Hamburg ist Sprecher des For- Verhindern wollen das deutsche Forscher. Ihre schungsverbunds »The Future Okavango«, kurz TFO. Expertise soll helfen, vor Ort alternative Nutzungs Das Netzwerk aus sechs Universitäten und zwei modelle umzusetzen. Forschungseinrichtungen aus Deutschland sowie drei afrikanischen Partnerländern (Angola, Bots- wana und Namibia) untersucht in zehn Teilprojekten D er Okavango nimmt sich Zeit: In mehreren Seiten- armen quert er träge das Hochland im Zentrum Angolas, markiert dann über 400 Kilometer die die Nutzung und den Umgang mit natürlichen Res- sourcen im Okavango-Gebiet. Das Bundesforschungs- ministerium fördert das Vorhaben bis 2015 mit Landesgrenze zu Namibia, ehe seine Wassermengen 7,5 Millionen Euro über seine Fördermaßnahme nach 1.600 Kilometern im Nordwesten Botswanas Nachhaltiges Landmanagement. in den Sümpfen des Okavango-Deltas, dem welt- größten Binnendelta, langsam versickern und ver- Globale Probleme befürchtet dunsten. Für rund eine Million Menschen ist das Wer die Gefahr für das Ökosystem Okavango begrei- Einzugsgebiet des Okavangos die wichtigste Lebens- fen will, wird am Oberlauf des Flusses in Angola ader. Sie leben seit Jahrhunderten von dem, was fündig. Dort hinterließen 37 Jahre Bürgerkrieg Chaos und Verwüstung, die Bewohner flüchteten aus der Region. Jetzt zieht es sie wieder in ihre alte Heimat »Die Natur ist durch Übernutzung zurück. Auf zwei Millionen Menschen könnte sich und Privatisierung stark gefährdet.« dort die Bevölkerungszahl in den nächsten 40 Jahren erhöhen, schätzt Jürgens. Das hätte Folgen: Savan- nen und Feuchtgebiete würden intensiver genutzt, die Natur ihnen anbietet: Sie fangen Fische, bauen ökologisch bedeutende Wälder gerodet und in Acker- Getreide an, sammeln Faserstoffe, Brenn- und Bau- flächen umgewandelt. Auch global bliebe das nicht materialien und nutzen Arzneipflanzen. Und das folgenlos: Waldtypen wie die Waldsavannen spei- im Rhythmus der Natur. 500 Vogel-, 128 Säugetier- chern einen erheblichen Teil des weltweiten Kohlen- sowie 150 Reptilien- und Amphibienarten zählten stoffs. Für solche Probleme und Zusammenhänge Forscher allein im Flussdelta in Botswana. Lange will Jürgens über das Forschungsprojekt ein Zeit war das Gleichgewicht intakt, jetzt droht es ökologisches Bewusstsein schaffen, basierend auf
4|5 Wissenschaf tsporträt 1 Wissenschaftsporträt (Quelle: M. Pröpper) (Quelle: M. Finckh) Lokaler Markt in der Nähe von Chitembo, Angola. Arbeitsalltag der Frauen in Cusseque, Angola. wissenschaftlicher Expertise. »Ziel ist, Instrumente abhängig. Subsistenzwirtschaft heißt der Fachbegriff und Szenarien zu liefern, wie Menschen in der Region dafür, wenn die Familien auf ihren Feldern Früchte, mit unterschiedlichen Interessen die Vielzahl von meist Hirse, Mais oder Bohnen, anbauen und Ressourcen dauerhaft nutzen und erhalten können«, diese überwiegend selbst verbrauchen. Viel ist es sagt er. nicht, was die Bauern den kargen Böden abringen. In Namibia, weiß Gröngröft, ernten die Familien pro Basisinformationen fehlen Jahr rund 95 bis 100 Kilogramm Hirse pro Hektar – Diesen Anspruch auf einer Projektfläche von 430.000 Quadratkilometern umzusetzen, ist kein leich- tes Unterfangen. Weil wissenschaftliche Daten »Mit europäischen Verhältnissen ist für das Einzugsgebiet des Okavango insbesondere das nicht zu vergleichen.« in Angola fehlen, müssen die Forscher erst einmal Basisinformationen einholen. Etwa über die Land- wirtschaft. Bodenkundler wie Dr. Alexander Gröngröft ohne dass sie Dünger oder Pestizide einsetzen. von der Universität Hamburg stehen dabei mitunter »Mit europäischen Verhältnissen, wo auf der gleichen vor ungewöhnlichen Problemen: »Die Menge an Fläche im Mittel 7.000 Kilogramm Weizen geerntet Phosphor ist auf den meisten landwirtschaftlichen wird, ist das nicht zu vergleichen«, sagt er. Viele Land- Untersuchungsflächen so gering, dass wir ihn mit wirte sind damit nicht zufrieden. Gibt die Fläche den gängigen Analyseverfahren gar nicht erfassen nicht mehr genug her oder reicht die Ernte nicht aus, können«, sagt er. Die Daten sind eminent wichtig, um die Familie satt zu bekommen, wird deshalb oft da die Phosphor-Verbindungen als Pflanzennährstoff das nächste Stück Naturwald gerodet, um die Anbau- in der Landwirtschaft essentiell sind. Wie kommt fläche zu vergrößern. die Vegetation mit so wenigen Nährstoffen aus? Wie funktionieren die Nährstoffkreisläufe, wenn kaum Nachhaltig ist dieser hohe Flächenbedarf nicht. Um Nährstoffe vorhanden sind? Wie können Menschen die Ernteerträge zu erhöhen, starteten die TFO- in den Kreislauf eingreifen, um den Boden fruchtbarer Wissenschaftler in der Region Kavango an der Grenze zu machen? Das sind einige Fragen, auf die Grön- Namibias zu Angola mit einer lokalen Nicht-Regie- gröft mit Kooperationspartnern über gezielte Messun- rungs-Organisation (NGO) und Bauern einige Modell- gen und Modellierungen Antworten geben möchte. versuche. Conservation Agriculture heißt der An- satz, mit dem sie auf sandigen und nährstoffarmen Von den Erträgen, die die Landwirtschaft abwirft, Flächen mehr Mais oder Hirse als bisher ernten sind die meisten Menschen entlang des Okavangos möchten. Dabei wird in einem Versuch das Saatgut
6|7 Wissenschaf tsporträt 1 Wissenschaftsporträt (Quelle: A. Gröngröft) (Quelle: A. Gröngröft) Illegal gefälltes Holz als Baumaterial, Namibia. Kommerzielle Bewässerungslandschaft in Namibia. nicht wie sonst üblich auf der gesamten Fläche und einen erhöhten Kapitalbedarf, der hauptsächlich verteilt, sondern in aufwändiger Arbeit einzeln in über die natürlichen Ressourcen gedeckt wird. Und kleine vorgebohrte Löcher gesät, die dann mit Kuh- mehr Konsum bedeutet letztendlich auch mehr Müll. mist gedüngt und mit Kompost zugedeckt werden. Im Visier der Konzerne Global agierende Agrarkonzerne sind da weitaus »Ob die Anbaumethode erfolgreich besser informiert, sie haben bereits die fruchtbaren ist, hängt davon ab, wie sehr sich die Flusstäler des Okavangos ins Visier genommen. Landwirte engagieren.« »Die Unternehmen züchten Jatropha-Pflanzen, um sie bei günstigen globalen Brennstoffpreisen groß- flächig anbauen zu können«, weiß Jürgens. Das Erste Ergebnisse zeigen deutlich höhere Erträge. könnte die landwirtschaftliche Nutzung in der Region Doch was in dieser Region positive Folgen hat, muss drastisch verändern, sollten die Flächen in Zukunft anderswo in Botswana oder Angola nicht ebenso von zur Produktion von Energie für den Weltmarkt und Erfolg gekrönt sein: »Ob die Anbaumethode erfolg- nicht mehr für Nahrungsmittel für den heimischen reich ist, hängt auch davon ab, wie sehr sich die Markt verwendet werden. Abgesehen von dem Landwirte engagieren«, sagt Dr. Michael Pröpper. möglichen Wandel der Landnutzung für Energie Der Ethnologe der Universität Hamburg untersucht produktion kann eine Intensivierung der Agrarwirt- anhand von Fallstudien, wie die Bewohner in drei schaft zum Vorteil der Landbevölkerung sein: »Sie ausgesuchten Kommunen entlang des Okavangos kann zu höherer Produktivität und damit zur Ver die natürlichen Ressourcen nutzen. Der technolo besserung der Nahrungssicherung führen«, sagt gische Wandel der Landwirtschaft ist nicht einfach, Wirtschaftswissenschaftler Dr. Thomas Falk von weil Informationen nur tröpfchenweise bei den der Universität Marburg. Wichtig sei, dass die Inter- Landwirten ankommen: »Ein Wissenstransfer von essen der lokalen Bevölkerung berücksichtigt und den Behörden zu den kleinen Farmern findet kaum ihre Land- und Wasserrechte anerkannt werden. statt, da Fortbildungsorganisationen für die Farmer Zudem müssten Konzerne für die Kosten ihrer Nut- nur über wenig Ressourcen und schlecht ausge zung von Dienstleistungen der Natur zahlungspflich- bildetes Personal verfügen«, sagt Pröpper. Eine der tig gemacht werden. Dies würde Anreize für eine vorläufigen Erkenntnisse ist dabei zusätzlich, dass nachhaltigere Nutzung nach sich ziehen. Um verschie- mit neuen Märkten auch neue Konsumanreize für dene Landnutzungsformen vergleichen zu können, Landwirte entstehen. Das bedeutet für die Bauern, nutzen die Wissenschaftler bio-ökonomische Com- die lange Zeit subsistent gelebt haben, neue Wünsche putermodelle. »So erkennen wir, welche Zielkonflikte
8|9 Wissenschaf tsporträt 1 Wissenschaftsporträt (Quelle: TFO) (Quelle: TFO) Ausbeute eines Fischfangs mit traditionellem Okavango Delta, Botswana. Fanggerät, Namibia. sich für die Landnutzer zwischen der Nahrungs gesorgt. Sie gründeten 1994 die Permanent Okavango produktion und dem Umweltschutz wie zum Beispiel River Basin Water Commission (OKACOM). Diese der Bodenqualität ergeben«, sagt Dr. Stephanie soll Konflikte um die Wassernutzung in der Region Domptail, Agrarwissenschaftlerin der Universität verhindern. Ihr Geschäftsführer Ebenizário Chonguica Gießen. Der monetäre Wert für ökologische Dienst- erhofft sich für das nachhaltige Landmanagement leistungen wie zum Beispiel den G ebrauch von Wasser durch Nahrungsmittelproduzenten könne durchaus berechnet werden. »Die ökologische Bedeutung und der wirtschaftliche Wert des Okavangos Vom Wasser abhängig sind immens.« Vom Wasser des Okavangos sind die Menschen ent- lang des Flusses abhängig. Wissenschaftler wissen noch sehr wenig über die hydrologischen Verhält- wichtige Erkenntnisse aus dem TFO-Projekt: »Unsere nisse des Stromes: Welche Qualität hat das Wasser? Informationen über das Okavango-Einzugsgebiet Wo wird es gespeichert? Wie verteilt es sich? Welchen sind immer noch dürftig. Deshalb brauchen wir mehr Einfluss hat die Landnutzung auf das Wasser? Ant- wissenschaftliche Informationen, um einen Manage- worten darauf will der Geograph Dr. Jörg Helmschrot mentplan für das Gebiet zu entwickeln und die Poli- von der Universität Jena mit seinen deutschen und tik zu beraten.« afrikanischen Kollegen in einem TFO-Teilprojekt erarbeiten. »Wir wollen Prozesse modellieren, wie Der TFO-Sprecher Jürgens, der seit vielen Jahren sich die Wasserverteilung ändert, wenn sich in den in Afrika forscht, weiß um die Erwartungen, die die Anrainer-Staaten die Landnutzung ändert und der afrikanischen Projektpartner an das Projekt stellen. Klimawandel Einzug hält«, sagt er. Ein Beispiel: »Die ökologische Bedeutung und der wirtschaft- Die Forscher wollen Szenarien entwickeln, was pas- liche Wert des Okavangos ist für die drei Staaten siert, wenn in Namibia mehr Wasser gebraucht wird immens«, sagt er. Der Ökologe hofft aus dem For- und in Angola sowie Botswana auf großen Flächen schungsvorhaben Rückschlüsse für den ganzen Bewässerungslandwirtschaft oder Stauwerke für Kontinent ziehen zu können, wie man nachhaltiges die Energiegewinnung eingeführt werden. Landmanagement gestalten kann: »Das Projekt hat Modellcharakter, weil es typische Probleme Damit der Streit ums Wasser nicht wie in einigen Afrikas abbildet: Bevölkerungsexplosion, Mangel an anderen Regionen der Erde zu einem gefährlichen Ausbildung, künstlich in der Kolonialzeit gezogene Konflikt wird, haben die drei Anrainer-Staaten vor- Grenzen, ungünstige Klimaprognosen.«
10 | 11 Wissenschaf tsporträt 1 (Quelle: M. Finckh) (Quelle: M. Finckh) Blick ins Tal in der Nähe von Chitembo, Angola. Graslandschaft mit Termitenhügeln, Angola. Die Ergebnisse des TFO-Projekts sollen in den nächs- ten Jahren vor Ort umgesetzt werden. »Wir bieten Projektleitung: wichtige Informationen für Ministerien, Behörden, Biozentrum Klein Flottbek und Botanischer Garten | Universität Hamburg NGO und Landnutzer«, sagt Jürgens. Die wissen- Prof. Dr. Norbert Jürgens schaftlichen Daten seien hilfreiche Leitplanken für Telefon: +49 (0) 40-42816-260 E-Mail: norbert.juergens@t-online.de »Wir bieten wichtige Informationen für Projektkoordination: Ministerien, Behörden, NGOs und Landnutzer.« Biozentrum Klein Flottbek und Botanischer Garten | Universität Hamburg Dr. Alexander Gröngröft Telefon: +49 (0) 40-428384-395 Entscheidungsträger. So sollen zum Beispiel modell– E-Mail: a.groengroeft@ifb.uni-hamburg.de basierte Szenarien, die auf Indikatoren wie Klima, Energiepreise, Nahrungsmittelpreise, Veränderungen Ansprechpartner in der Untersuchungsregion der biologischen Vielfalt oder der Entwicklung der Instituto Superior de Ciências de Educação (ISCED), Lubango, Angola Bevölkerungszahl basieren, bei der Entscheidung Prof. Dr. Fernanda Lages helfen, welche Flächen entlang des Okavangos Telefon: +244 926008674 auf welche Weise genutzt oder geschützt werden E-Mail: f_lages@yahoo.com.br können, ohne dass es etwa durch Rodung von Wäl- dern oder Übernutzung der Wasserressourcen zu Okavango Research Institute (ORI), University of Botswana, Botswana irreversiblen Schäden für das Ökosystem kommt. Prof. Dr. Wellington Masamba Jürgens: »Wenn uns das gelingt, wäre das ein Telefon: +267 6861833 Gewinn für die Natur und für die Menschen.« E-Mail: wmasamba@orc.ub.bw Polytechnic of Namibia (PON), Namibia Dr. Ibo Zimmermann Telefon: +264 612072461 In der Region beforschte Produktionssysteme sind: Landwirtschaft (industriell und extensiv), E-Mail: izimmermann@polytechnic.edu.na Forstwirtschaft Fördersumme: 7,5 Millionen Euro The Future Okavango www.future-okavango.org Laufzeit: September 2010 bis August 2015
»The Future Okavango« ist eines von zwölf Regional- projekten, welches im Rahmen der Fördermaßnahme »Nachhaltiges Landmanagement« (Modul A) vom Projektträger im DLR im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Wissenschaftsporträt 1 erscheint im Rahmen der Fördermaßnahme »Nachhaltiges Landmanagement« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). www.nachhaltigeslandmanagement.de Herausgeber: Wissenschaftliche Begleitung, Koordination & Synthese (GLUES) Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Department Landschaftsökologie Permoserstraße 15 | 04318 Leipzig Redaktion: Andreas Werntze, MSc. E-Mail: andreas.werntze@ufz.de Autor: Benjamin Haerdle, Juni 2012 Gestaltung: Metronom | Agentur für Kommunikation und Design GmbH, Leipzig DLR
2|3 Wissenschaf tsporträt 2 (Quelle: B. Seintsch) (Quelle: J. Fick) Landwirtschaftliche Bewirtschaftung im Heckengäu. Steigende Holzpreise bewirken einer stärkere forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder. Die Fläche in Deutschland wird intensiv genutzt. bei. Die Abkürzung steht für »Climate Change – Nun soll sie auch noch dazu beitragen, Folgen Land Use Strategies in Germany«. Das Projekt will des Klimawandels abzufedern. Wie das gelingen die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen kann, wollen Forscher in einem inter- und trans- Landnutzungsformen und dem Klimawandel unter disziplinären Projekt belegen: Sie arbeiten an suchen. Ziel ist, nachhaltige Strategien für die einer bundesweiten Strategie für ein intelligentes L andnutzung in Deutschland zu entwickeln. Diese Landmanagement. sollen nicht nur den Ausstoß von Kohlendioxid mindern und damit das Klima schützen, sondern auch den gesellschaftlichen Anforderungen genügen. D ie Unterschiede könnten gegensätzlicher nicht sein. Auf der einen Seite die Altmark im Osten Deutschlands: Gering bevölkert, wenig Siedlungs- Rund 3,5 Millionen Euro stellt das Bundesminis terium für Bildung und Forschung für das noch bis zum Jahr 2015 laufende Vorhaben zur Verfügung, und Verkehrsflächen und mehr als 60 Prozent der an dem sich 25 Wissenschaftler aus sechs For- Fläche landwirtschaftlich genutzt. Im Westen da schungseinrichtungen beteiligen. gegen der Rhein-Sieg-Kreis und der Rheinisch- Bergische Kreis: Eine zehnmal höhere Einwohner Starke Flächenkonkurrenz dichte, deutlich mehr Siedlungs-, aber viel weniger Für Deutschland ist der Forschungsansatz, neue Agrarfläche. Die vielfältige land- und forstwirtschaft Nutzungsstrategien für die Landschaft umfassend liche Nutzung von Flächen in den beiden Modell und sektorübergreifend zu entwickeln, ein ehrgei regionen ist typisch für viele der rund 300 Land ziges Unterfangen. Denn die Flächen werden schon kreise in Deutschland, dennoch sind sie besonders jetzt intensiv in Beschlag genommen: Sie liefern und deshalb ins Visier der Wissenschaft geraten. Nahrungsmittel und Holz, werden für Siedlungen, »Wir wollen in den beiden Regionen untersuchen, Straßen oder Industrieansiedlungen gebraucht wie sich Landnutzungsstrategien umsetzen lassen, und vom Menschen zum Zweck der Erholung bean um so dem Klima zu helfen«, sagt Rosemarie sprucht. 52 Prozent der Fläche Deutschlands, das Siebert. Die promovierte Sozialwissenschaftlerin wies das Statistische Bundesamt für das Jahr 2009 forscht am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschafts aus, werden von der Landwirtschaft in Beschlag forschung (ZALF). Vom brandenburgischen Münche genommen. 30 Prozent nehmen die Wälder in berg aus trägt Siebert gemeinsam mit Wibke Anspruch und etwa 14 Prozent werden für Siedlun Crewett mit ihren Ergebnissen aus dem Teilprojekt gen, Verkehr sowie Erholung und Freizeit durch den »Regionaler Beteiligungsprozess« einen wichtigen Menschen genutzt. Nun sollen die Flächen auch Baustein zum Gesamtvorhaben CC-LandStraD noch eine weitere Aufgabe schultern, nämlich die
4|5 Wissenschaf tsporträt 2 (Quelle: S. Hufe / UFZ) (Quelle: J. Fick) Autobahn in Deutschland. Verkehrsflächen wie diese Verschiedene Flächennutzungen der Donau- beanspruchen immer mehr Flächen. niederung bei Ulm. Folgen des Klimawandels abfedern: Sie sollen bei innovative Technologien, müssen nicht nur ökono spielsweise Kohlendioxid stärker in Pflanzen und misch sinnvoll sein, sondern auch gesellschaftlich Boden binden; Landwirte sollen mehr Mais und nachhaltig und von den Menschen unterstützt Raps anbauen und Kurzumtriebsplantagen pflanzen, werden«, sagt Gömann. um fossile Energieträger wie Öl und Kohle sowie Atomstrom zu ersetzen. Für Dr. Horst Gömann, der Regionale Unterschiede zusammen mit Dr. Johanna Fick als einer der beiden Um etwas über die Akzeptanz der Menschen vor wissenschaftlichen Koordinatoren das C C-LandStraD- Ort zu erfahren, haben Siebert und Crewett in den Projekt vom Thünen-Institut (Bundesforschungs beiden Beispielregionen 40 Interviews mit lokalen institut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei) Experten aus Landwirtschaft, Forstwirtschaft, in Braunschweig aus steuert, ist der Faktor Klima Naturschutz, Tourismus sowie Siedlung und Verkehr schutz ein »neuer Anspruch der Gesellschaft geführt. Sie wollten so unter anderem herausfinden, an die nachhaltige Landnutzung«. Diesen umzu wie die Menschen Klimawandel und Landnutzungs setzen, dürfte nicht ganz einfach werden. änderungen wahrnehmen. Dabei zeigen sich Unter schiede: In der Rhein-Region wird der Klimawandel im Unterschied zur Altmark zum Beispiel eher als »Maßnahmen müssen nicht nur ökonomisch Chance erachtet. »Einige Akteure sehen die Klima sinnvoll sein, sondern auch gesellschaftlich änderungen dort auch positiv, weil sich damit unter nachhaltig sein.« anderem die Vegetationsperiode verlängert, sich also die Ernteerträge erhöhen können«, sagt Siebert. In der Altmark, wo die geringe Wasserspeicher Denn die Flächenkonkurrenz ist hierzulande groß, kapazität die Qualität der Böden sinken lässt, würde seitdem die Bundesregierung mit der Energiewende sich die Zunahme der Trockenheit sehr viel negati- landwirtschaftliche Produkte wie Mais oder Raps ver auswirken. Beide Regionen eint wiederum, dass auch zu Energiezwecken nutzen lassen will. Das Änderungen in der Landnutzung sehr aufmerksam hat Folgen: So wird beispielsweise in einigen Gegen registriert werden. Dazu zählen etwa die intensivere den Deutschlands unter dem Schlagwort »Vermai Nutzung von Land- und Forstwirtschaft, der Anstieg sung« heftig diskutiert, ob der Maisanbau für Biogas- der Bodenpreise oder zunehmende Konflikte, ob anlagen nicht die Landschaft verschandelt und dem auf Agrarflächen eher Nahrungsmittel oder Energie Anbau von Nahrungsprodukten wertvolle Acker pflanzen angebaut werden sollten. fläche wegnimmt. Wichtig ist deshalb: »Maßnahmen, Aus Interviews und zahlreichen Workshops wissen wie etwa neue Formen des Landmanagements oder die Soziologinnen mittlerweile auch, wie Landwirte,
6|7 Wissenschaf tsporträt 2 (Quelle: A. Künzelmann / UFZ) (Quelle: J. Fick) Kurzumtriebsplantagen wie diese in Brandenburg Flächennutzung durch Siedlung und Verkehrsinfrastruktur. nehmen zu. Waldbesitzer oder Stadt- und Regionalplaner ihren wichtiger Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis, Teil zum Schutz des Klimas beitragen wollen. Wie sondern wir gewinnen damit auch wesentliche realistisch sich diese Ideen verwirklichen lassen, Erkenntnisse im Umgang mit dem Klimawandel auf bewertet das Projektteam CC-LandStraD. Das Ziel: regionaler Ebene«, sagt Prof. Dr. Peter Weingarten, »Aus den Forderungen soll ein Maßnahmenkatalog Sprecher des Verbundprojektes und am Thünen- entstehen, der die Interessen der Nutzer zusam Institut Leiter des Instituts für Ländliche Räume. menbringt«, sagt Siebert. Dass das ein schwieriger Schritt wird, ist sich die ZALF-Forscherin im Klaren: »Das wird zu heftigen Diskussionen führen, aber »Das CCLandStraD-Projekt ist ein wichtiger Dialog so zeigen wir, dass wir die lokalen Akteure und ihre zwischen Wissenschaft und Praxis.« Forderungen ernst nehmen.« Aufwendige Modellierung Der Maßnahmenkatalog aus dem regionalen Betei Zwar bemühen sich viele Forschungsprojekte zuneh ligungsprozess bildet eine Grundlage für aufwendige mend um praxisnahe Ergebnisse, doch ist der hohe Modellierungen, für die in den kommenden Jahren Aufwand, den die Sozialwissenschaftlerinnen in Form die Rechner am Thünen-Institut, am Potsdam-Institut von Interviews und Workshops in den Dialog mit so für Klimafolgenforschung und am Bundesinstitut vielen Praxispartnern auf regionaler Ebene und Ver- für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) heiß bandsvertretern auf Bundesebene investieren, unge- laufen. Denn die Szenarien sollen zeigen, welche wöhnlich. Aber der Prozess ist wichtig, denn: »Wir Maßnahmen sich nicht nur für den Klimaschutz rech bringen so ein sehr abstraktes Thema wie den Klima nen und von der jeweiligen Nutzergruppe akzeptiert wandel in die Lebenswirklichkeit der Menschen«, werden, sondern eben auch gesellschaftlich ge sagt Dr. Annett Steinführer, die das Teilprojekt wünscht sind. Mögliche Beispiele: Welche Änderun »Nationaler Beteiligungsprozess« in dem Forschungs- gen ergeben sich für die Land- und Forstwirtschaft, verbund koordiniert. Weil in dem Projekt die Praxis wenn Deutschland mehr auf Bioenergie setzt, um partner von Anfang an beteiligt sind, soll das auch so den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren? die Chancen erhöhen, dass die Ergebnisse tatsäch Welche Folgen hat es für die Emission von Treibhaus lich vor Ort umgesetzt werden. »Das schafft eine gasen, wenn aufgrund gestiegener Weltmarkt- gute Vertrauensbasis zwischen Anwendern und preise für Getreide die Landwirte den Anbau inten Forschern«, sagt Steinführer. Die starke gesellschaft sivieren? Wie entwickeln sich Siedlungs- und Ver- liche Beteiligung gilt deshalb als ein Markenzeichen kehrsflächen, wenn Deutschland künftig bestimmte des CC-LandStraD-Projektes. »Das ist nicht nur ein Klimaziele erreichen will? Diese und weitere Fragen
8|9 Wissenschaf tsporträt 2 (Quelle: aid infodienst, Bonn) (Quelle: aid infodienst, Bonn) Erholungssuchende genießen den Blick in eine Schutzgebiete sind bedeutsame Landschaftsbereiche und vielfältige Landschaft. stellen wichtige Ausgleichs- und Erholungsfunktionen bereit. wollen die Forscher des Verbundprojektes nicht und ihrem Umland steigt die Nachfrage nach Sied theoretisch beantworten, sondern mit den regionalen lungsflächen prozentual stärker als in den länd und nationalen Praxispartnern diskutieren. lichen Räumen. In vielen Kreisen sehen wir aber Für die Berechnung der Szenarien ist eine Menge auch eine andere Entwicklung: Hier wird eine von bundesweiten Daten notwendig, etwa zu Böden, deutlich zurückgehende Bevölkerungsdichte bei Biomasse, Klima, Wasserhaushalt oder dem Aus gleichzeitig leichter Zunahme der Siedlungsfläche stoß von Treibhausgasen. Die sind auch vorhanden, erwartet.«, sagt Goetzke. Davon seien beispielsweise zum Beispiel in Form von Agrarstatistiken, Boden- viele ostdeutsche und strukturschwache Land- und Flächennutzungskarten, der Waldzustands kreise in Westdeutschland betroffen. erhebung oder der nationalen Klimaberichterstat tung. Passend sind sie zum Leidwesen der Forscher Landnutzung im Jahr 2030 oft aber noch nicht: Sie müssen an den interdiszi Die BBSR-Wissenschaftler haben zusammen mit plinären Modellansatz angepasst werden oder sind Partnern Trends für die Siedlungsflächenentwicklung nicht kleinräumig genug. Denn die Wissenschaftler auf Ebene der Landkreise modelliert, für die sie wollen in ihren Vorhersagen für die Fläche möglichst etwa Daten zur Entwicklung der Bodenpreise, der präzise sein. Diesen Anspruch hat zum Beispiel Bevölkerung oder zu Wirtschaftsindikatoren genutzt haben. Dieser noch sehr grobe Maßstab reicht aber nicht aus. »Wir wollen noch exaktere Aussagen«, »Vor allem in westdeutschen Kernstädten sagt Goetzke. Ermöglichen soll dies das Simulations steigt die Nachfrage nach Siedlungsflächen modell LandUseScanner, das auf einem Geoinfor stärker als in den ländlichen Räumen.« mationssystem basiert. Mit diesem Modell kann kleinräumig die Entwicklung verschiedener Land nutzungsklassen wie zum Beispiel die Wohnbebau Dr. Roland Goetzke vom BBSR. Er simuliert mit ung oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung seinen Kollegen im Teilprojekt »Landnutzungs berechnet werden. Dabei lässt sich zeigen, wie sich szenarien« Trends zur Entwicklung der Siedlungs bis zum Jahr 2030 die Landnutzung ändern könnte. flächen in Deutschland bis zum Jahr 2030. Erste Das Modell verteilt dabei die zuvor bestimmte Ergebnisse kann Goetzke schon vorweisen: Die Nachfrage der Flächennutzung auf die am besten bereits in der jüngeren Vergangenheit beobachteten dafür geeigneten Flächen. großen räumlichen Unterschiede der Siedlungs Die von Goetzke eingesetzten Landnutzungsmodelle flächenentwicklung werden sich in Zukunft fortset mit sozio-ökonomischen und biologisch-physika zen. »Vor allem in den westdeutschen Kernstädten lischen Modellansätzen aus den anderen Teilprojekten
10 | 11 Wissenschaf tsporträt 2 In der Region beforschte Produktionssysteme sind: Landwirtschaft (industriell), Forstwirtschaft, Siedlung (Quelle: M. Bathke) CC-LandStraD www.cc-landstrad.de Rhein-Main-Region: Landwirtschaftliche Produktion im Ballungsraum. zu einem Modellverbund zu verknüpfen, um deutsch Projektleitung: landweit regionalspezifische Analysen durchzu Johann Heinrich von Thünen-Institut führen, ist aus Sicht von CC-LandStraD-Koordinator Prof. Dr. Peter Weingarten Gömann eine zentrale Herausforderung. Das Ziel sei Telefon: +49 (0) 531-596-5501 dabei klar. Gömann: »Das Projekt soll die bislang E-Mail: peter.weingarten@ vti.bund.de emotional geführte Diskussion, was die Landnutzung für den Klimaschutz erreichen kann, auf eine sach Projektkoordination: liche und wissenschaftliche Grundlage stellen«. Im Johann Heinrich von Thünen-Institut Idealfall könnten sich damit Maßnahmen definieren Dr. Johanna Fick lassen, denen alle Nutzergruppen problemlos zu Telefon: +49 (0) 531-596-5505 stimmen. Anwendung finden dürften die Ergebnisse E-Mail: johanna.fick@ vti.bund.de Johann Heinrich von Thünen-Institut »Das Projekt soll die emotional geführte Dr. Horst Gömann Diskussion auf eine wissenschaftliche Telefon: +49 (0) 531-596-5513 Grundlage stellen.« E-Mail: horst.goemann@ vti.bund.de Fördersumme: 3,47 Millionen Euro des Forschungsverbunds in der Politik, egal ob auf Bundesebene, in den Bundesländern, den Kom Laufzeit: November 2010 bis Oktober 2015 munen oder gar international. »Denn dort«, sagt Sprecher Weingarten, »besteht großer Bedarf an belastbaren Zahlen, wie der Klimawandel die Neben dem Thünen-Institut als federführender Einrichtung sind L andnutzung beeinflussen wird und welche Maß das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, nahmen für den Klimaschutz mit welchen Kosten das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, verbunden sind.« das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die Westfälische Wilhelms-Universität Münster sowie das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung beteiligt. Vom Thünen-Institut wirken die Institute für Ländliche Räume, für Agrarrelevante Klimaforschung, für Ökonomie der Forst- und Holzwirtschaft und für Biodiversität mit.
»CCLandStrad« ist eines von zwölf Regionalprojekten, welches im Rahmen der Fördermaßnahme »nachhaltiges Landmanagement« (modul a) vom Projektträger im dLR im auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BmBF) gefördert wird. Wissenschaftsporträt 2 erscheint im Rahmen der Fördermaßnahme »nachhaltiges Landmanagement« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BmBF). www.nachhaltiges-landmanagement.de Herausgeber: Wissenschaftliche Begleitung, Koordination & Synthese (gLueS) Helmholtzzentrum für umweltforschung – uFz department Landschaftsökologie Permoserstraße 15 | 04318 Leipzig Redaktion: andreas Werntze, mSc. email: andreas.werntze@ufz.de autor: Benjamin Haerdle, September 2012 gestaltung: metronom | agentur für Kommunikation und design gmbH, Leipzig DLR
Wissenschaf tsporträt 3 pioniere in Zentral-Vietnam (Quelle: D. Meinardi)
2|3 Wissenschaf tsporträt 3 (Quelle: D. Meinardi) (Quelle: D. Meinardi) Ananasplantage nach der Ernte im Distrikt Dai Loc, Landtransformation zu überfluteten Reisfeldern im Hoch- Provinz Quang Nam. land, Distrikt Tay Giang, Provinz Quang Nam. Vietnam gilt als einer der Tigerstaaten in Asien, Claudia Raedig ist aber nicht die einzige deutsche denn die Wirtschaft floriert seit Jahren ungebremst. Forscherin, die derzeit auf dem schmalen zentral- Der Aufschwung birgt aber Nachteile für Land- vietnamesischen Landstreifen den Geheimnissen schaft und Natur. Gemeinsam wollen deshalb der Natur auf die Spur kommen will. »Wechsel deutsche und vietnamesische Forscher in Zentral- wirkungen zwischen Landnutzung und Klimawandel Vietnam nachhaltige Nutzungssysteme erarbei- in Zentral-Vietnam«, kurz und bündig LUCCi, heißt ten. Diese scheinen dringend notwendig, denn die das Forschungsprojekt, für das sich ein deutsch- Region könnte zudem unter den Folgen des Klima- vietnamesisches Forscherteam im Einzugsgebiet wandels ganz besonders leiden. der beiden Flüsse Vu Gia und Thu Bon zusammen gefunden hat. Die Wissenschaftler kommen aus den unterschiedlichsten Disziplinen: Von der Agrar- B lutrünstige Egel, lästige Stechmücken, hohe Temperaturen und schwer zugängliches Gelände – Forschung in den Bergwäldern in Zentral-Vietnam und Forstwissenschaft über Klima, Hydrologie und Wassermanagement bis hin zu Sozial- und Politik- wissenschaften. Noch bis Juni 2015 wollen sie Stra- ist schweißtreibend und nicht für jeden ein Vergnü- tegien entwickeln, wie sich Zentral-Vietnam mit gen. Doch die promovierte Biologin Claudia Raedig einer angemessenen Land-, Forst- und Wasserwirt- liebt ihren Job. Sonst würde sich die Wissenschaft- schaft gegen mögliche Folgen des Klimawandels lerin der Fachhochschule (FH) Köln nicht davon wappnen kann. Vier Millionen Euro hat ihnen das abhalten lassen, durch Bergwälder und Mangroven- wälder zu stiefeln, um Baumarten zu bestimmen. »Die Bergregionen Vietnams gehören zu den arten- »Wir wollen für die Region nachhaltige Nutzungs reichsten Regionen weltweit, gleichzeitig fehlen systeme entwickeln, die soziale, ökonomische und aber für die Region präzise Daten«, sagt die Wissen- ökologische Anforderungen in Einklang bringen.« schaftlerin. Wo gibt es welche Baumarten? Welche Höhe und Umfang haben die Bäume? Wie oft kommen die einzelnen Baumarten vor? Diese Wissenslücke Bundesforschungsministerium für das auf fünf Jahre sollen Raedigs Untersuchungen schließen, die angelegte Projekt zur Verfügung gestellt. Geleitet sie zusammen mit Wissenschaftlern der Hue Univer wird das Projekt von Lars Ribbe, Professor für sität für Land- und Forstwirtschaft sowie lokalen integriertes Land- und Wasserressourcenmanage- Rangern in der Projektregion von insgesamt ca. ment am Institut für Technologie und Ressourcen- 12 000 Quadratkilometern macht, einer Fläche mehr management in den Tropen und Subtropen (ITT) an als 14-mal so groß wie Berlin. der FH Köln. Sein Ziel: »Wir wollen für die Region
4|5 Wissenschaf tsporträt 3 (Quelle: D. Meinardi) (Quelle: D. Meinardi) Abschlussarbeiten am Song Tranh 2 Staudamm Brandrodung zur Gewinnung neuer landwirtschaftlicher im Jahr 2011, Distrikt Bac Tra My, Provinz Quang Nam. Flächen, Distrikt Dong Giang, Provinz Quang Nam. nachhaltige Nutzungssysteme entwickeln, die soziale, liche Kärrnerarbeit angesagt. Grundlagendaten, ökonomische und ökologische Anforderungen in wie sie zum Beispiel Claudia Raedig mühsam zum Einklang bringen«, sagt er. Baumbestand erhebt, fehlen für diese Region weitest- In Vietnam werden die Forschungsergebnisse drin- gehend oder entsprechen nicht den Ansprüchen, mit gend benötigt. Denn anders als in Deutschland, denen die internationale Forschergemeinde gewohnt wo der Klimawandel für viele Menschen noch sehr ist zu arbeiten. Während Süd- und Nordvietnam als abstrakt und sehr weit weg erscheint, sind die relativ gut erforscht gelten, stand die Landesmitte Gefahren für den Staat in Südostasien weitaus bislang nicht im Rampenlicht der g lobalen Wissen- realer. Vietnam zählt zu den Ländern der Erde, die schaft. Deshalb gelten die Forscher um den Kölner nach Prognosen des vietnamesischen Ministeriums Professor Lars Ribbe dort als Pioniere. für natürliche Ressourcen und Umwelt (MONRE) Klimawandel spürbar Einer aus Ribbes Team ist der Klimatologe Patrick »Der Meeresspiegel in Zentral-Vietnam Laux. Der promovierte Wissenschaftler des Karls könnte bis zum Jahr 2050 um bis zu ruher Instituts für Technologie forscht zum Klima- 40 Zentimeter steigen.« wandel und hat mit Kollegen im Untersuchungs gebiet unter anderem Daten aus Klimastationen zwischen den Jahren 1980 und 2009 ausgewertet. enorm unter den Folgen der Klimaerwärmung Sein Befund: Die Niederschläge sind über den leiden könnten. So soll die Jahresdurchschnitts- gesamten Zeitraum insbesondere an der Küste temperatur bis zum Jahr 2020 um 1,5 Grad Celsius gestiegen. »Dieser Trend ist besonders deutlich in steigen, die Niederschlagsmenge zur Monsunzeit den Wintermonaten«, sagt Laux, der das auf eine bis 2070 um bis zu 19 Prozent nach oben schnellen, Intensivierung der Regenzeit in Zentral-Vietnam und für die Trockenzeiten rechnet das Ministerium zurückführt. Auch bei den Temperaturen lässt sich mit einer deutlichen Zunahme von Dürren. Gefahr eine Erhöhung feststellen, was der Klimaforscher droht auch vom Meer: Nach MONRE-Angaben könnte als weitere Auswirkung des Klimawandels deutet. der Meeresspiegel bis zum Jahr 2050 um bis zu »Wissenschaftlich ganz gesichert sei das aber nicht, 40 Zentimeter steigen. weil die Datengrundlage der Stationsdaten zu gering sei«, sagt Laux. Endgültige Klarheit werde von den Doch um wissenschaftliche Modelle und Szenarien Ergebnissen der am Steinbuch Centre for Compu- am Computer berechnen zu lassen und Strategien ting (SCC) in Karlsruhe laufenden hochaufgelösten entwickeln zu können, ist fürs Erste wissenschaft- regionalen Klimasimulationen erwartet.
6|7 Wissenschaf tsporträt 3 (Quelle: A. Havemann) (Quelle: D. Meinardi) Landwirtschaflich genutzte Flächen vor dem Viet An Za Hung Staudamm zur Wasserkraftnutzung im Zufluss Reservoir, Distrikt Hiep Duc, Provinz Quang Nam. des Vu Gia Fluss, Distrikt Dong Giang, Provinz Quang Nam. Auch der Forstwirtschaftler Valerio Avitabile, der als beeinflussen können und wie sich das auf die Bio- Postdoc am Lehrstuhl für Fernerkundung der Uni masse und die Speicherung von Kohlenstoff in Bäu- Jena arbeitet, ist regelmäßig im Einzugsgebiet des men und Böden auswirken könnte. »Die Zukunft der Vu Gia-Thu Bon unterwegs. Er nimmt dort die Entwick Wälder hängt von mehreren Parametern ab«, erklärt lung und Verteilung der Wälder unter die Lupe. Denn Avitabile. Beispielsweise davon, wie sich der glo- der Wald übernimmt wichtige Funktionen: Er speichert bale Bedarf für Akazien und Kautschuk entwickelt: Kohlenstoff, hält die Niederschläge zurück und ist nicht zuletzt Heimat vieler seltener Tier- und Pflan- zenarten. Als Ergebnis seiner Untersuchungen hat »Staudämme verringern im Sommer deutlich der Forscher Karten zur land- und forstwirtschaft die Verfügbarkeit von Wasser für Landwirtschaft lichen Nutzung erstellt. Demnach ist der Waldanteil und Trinkwasser.« in den mittleren Lagen gestiegen, zumindest offiziellen Statistiken zufolge. Der Grund: »Die Zahl der Akazien- und Kautschukplantagen, die für den Export nach Steigt die Nachfrage, werden die Bauern noch mehr China bestimmt sind, hat enorm zugenommen«, sagt Plantagen anbauen. Wie viel Wald gerodet wird, der Forstler. Aber die Zahlen sind trügerisch, denn hängt aber auch unter anderem davon ab, wie schnell ökologisch wertvoll sind diese angepflanzten Wälder die Bevölkerung in der Region wächst, wie hoch der kaum noch: Die Biodiversität und die Fähigkeit, Koh- Flächenbedarf ist und welche wirtschafts- und ener- lenstoff zu speichern, sind in diesen Wäldern deutlich giepolitischen Ziele die Regierung vorgibt. geringer. Bedroht sind die Urwälder, weil die lokale Bevölkerung neue Flächen für Siedlungen und für Vietnam setzt nämlich darauf, den steil steigenden die Landwirtschaft in Beschlag nehmen will und die Bedarf an Energie durch Wasserkraft zu stillen. Eine Regierung für Umsiedlungen neue Flächen braucht. Folge: Die Politik forciert den Ausbau von Staudäm- Nachhaltig ist der Ackerbau nicht. »Fünf, sechs Jahre men, wo immer es in den höheren Lagen möglich ist. lang werden die Felder bewirtschaftet, dann ist der Insgesamt neun Dämme plant die nationale Regie- Boden ausgelaugt und die Fläche fällt brach«, sagt rung im Vu Gia Thu Bon Einzugsgebiet, fünf hat sie Avitabile. Die danach wachsenden Wälder sind längst bereits bauen lassen. Aber der Bau ist umstritten. nicht so artenreich wie ein unberührter Primärwald. Denn die Staudämme verändern den Wasserhaushalt in der gesamten Region. »Wir können nachweisen, Staudämme bringen Probleme dass die Staudämme im Sommer die Verfügbar- Der Forstexperte arbeitet nun an Modellen, wie keit von Wasser für Landwirtschaft und Trinkwas- bestimmte Faktoren die forstliche Nutzung künftig ser in den Tieflagen deutlich verringern«, weiß
8|9 Wissenschaf tsporträt 3 (Quelle: D. Meinardi) (Quelle: D. Meinardi) Junger überfluteter Reis, Direktsaat im Vu Gia und Thu Bon Reisbauern mit Wasserbüffeln nach der Reisernte Flussdelta nahe Hoi An, Provinz Quang Nam. in den Lowlands in Tam Ky, Provinz Quang Nam. Alexandra Nauditt, die vom ITT aus das LUCCi-Pro- Geschuldet sind zurzeit viele der Probleme in jekt koordiniert. Damit steige in der Trockenzeit die Zentral-Vietnam der rasanten Entwicklung, der Gefahr von Dürren. die Region und das gesamte Land unterliegen. Die Auch die Regenzeit von September bis Dezember Wirtschaft des Tigerstaates brummt seit einigen treibt der lokalen Bevölkerung die Sorgenfalten auf Jahren, die Bevölkerung nimmt vor allem in den die Stirn: »Die Stauseen werden mit einer Kapazität Städten kontinuierlich zu. Damit schwillt der Bedarf von maximal 330 Millionen Kubikmetern allein zur an Energie, Wohnflächen, Infrastruktur und Agrar- Energieerzeugung genutzt und bieten keinen Reten- flächen an. Eine Situation, die für den Leiter des tionsraum für Hochwasserschutz oder Speicher für LUCCi Projektes Lars Ribbe durchaus wissenschaft- die Bewässerung in der Trockenzeit«, sagt sie. Bei liche Reize entfaltet. »Für uns Forscher sind solche Starkniederschlägen trete das Wasser in großen dynamischen Systeme eine große Herausforderung, Mengen über die Überlaufrinnen und verstärke erheb- weil sich die Voraussetzungen rasant ändern«, lich das Hochwasserrisiko im Unterlauf. In den sagt Ribbe. Hinzu kommt die Nähe zur Praxis: »Wir Küstenlagen gibt es ein weiteres Problem: Die Land- wollen bewusst sehr praxisnah arbeiten und mes- wirte klagen in den vergangenen Jahren über hohe sen unseren Erfolg nicht daran, wie viele Publika tionen wir am Ende vorweisen, sondern inwieweit unsere vietnamesischen Partner unsere gemeinsam »Bauern müssen die zweite Ernte erarbeiteten Empfehlungen und Strategien umge- im September oft aufgeben.« setzt haben«, sagt er. Schwieriger Brückenschlag Ernteverluste, da von März bis August nicht aus Dass das Projekt Forscher aus verschiedensten reichend Niederschlagswasser über die Flussläufe Disziplinen aus Vietnam und Deutschland sowie zahl- in das Deltagebiet vordringt, um für die Reisfeldbe- reiche lokale Akteure aus Zentral-Vietnam wie Be- wässerung zur Verfügung zu stehen. Weil das Fluss- hörden und Unternehmen an einen Tisch bringt, um wasser durch die Speicherung in den Reservoirs gemeinsam über nachhaltige Landnutzung zu disku- nicht ins Delta hervordringen kann, presst sich tieren, ist für Ribbe denn auch eines der besonderen das salzige Meerwasser landeinwärts in die Reis Merkmale des Projekts. »Es ist nicht immer leicht, bewässerungskanäle. »Vor allem die zweite Ernte eine gemeinsame Sprache zu finden«, sagt er, gerade im September müssen die Bauern oft aufgeben«, dann, wenn Wissenschaftler aus vielen verschie berichtet Nauditt. Deshalb wanderten Landwirte aus denen Disziplinen am Tisch sitzen. »Die Begriffe betroffenen Distrikten wie Dien Ban ab in die Städte. Klimawandel oder Boden haben für Wissenschaftler
10 | 11 Wissenschaf tsporträt 3 vordringt«, sagt Ribbe. Oder das Thema Landnut- zung: Ribbe und seine Forscherkollegen wollen anhand von Modellrechnungen prognostizieren, welche negativen Folgen etwa Plantagenpflanzun- gen von Akazienbäumen oder Ölpalmen für den Boden und den Wasserhaushalt haben. »Wenn wir diese Wechselwirkungen hier in Zentral-Vietnam (Quelle: D. Meinardi) verstehen, lassen sich die von uns entwickelten Methoden auch auf andere Gegenden der Welt an- wenden«, sagt Ribbe. Einer nachhaltigen Land nutzung könnte damit sehr viel geholfen sein. Gummibaum-Plantage, Distrikt Hiep Duc, Provinz Quang Nam. In der Region be- eine ganz unterschiedliche Konnotation, je nach- forschte Produktions systeme sind: Land- dem aus welcher Fachrichtung sie kommen«, sagt wirtschaft (industriell Ribbe. Geduld für die Kollegen sei da angebracht. und extensiv), Forst- wirtschaft, Tourismus, Das gilt auch für die Kooperation mit den vietna Kautschukanbau, mesischen Partnern. »Diesen Brückenschlag des LUCCi Reisanbau Verstehens und Kennenlernens wollen wir schaf- www.lucci-vietnam.info fen, das ist unser Anspruch.« Der Professor sieht das Projekt dabei auf einem guten Weg: »Wir haben die Partner aus Vietnam Projektleitung: seit Beginn des Projekts umfassend informiert und Institut für Technologie und Ressourcenmanagement dazu gebracht, ihre Bedürfnisse für uns zu formu in den Tropen und Subtropen | Fachhochschule Köln lieren«, sagt er. Nguyen Dinh Hai, Vize-Direktor des Prof. Dr. Lars Ribbe Bewässerungsverbands IMC, das die Infrastruktur Telefon: +49 (0) 221-8275-2773 der Bewässerung und die Pumpstationen im Ein- E-Mail: lars.ribbe@fh-koeln.de zugsgebiet der beiden Flüsse kontrolliert, kann das gute internationale Miteinander nur bestätigen: Projektkoordination: »Mit dem LUCCi-Projekt fließt viel Wissen in unsere Institut für Technologie und Ressourcenmanagement Region, das wir für das Management der Fließge- in den Tropen und Subtropen | Fachhochschule Köln wässer gut umsetzen können«, sagt Hai. So legten Alexandra Nauditt die Forscher den Fokus auf den Einfluss der Klima- Telefon: +49 (0) 221-8275-2125 variabilität auf Wasser- und Landwirtschaft. Das, E-Mail: alexandra.nauditt@fh-koeln.de sagt der Vize-Direktor, sei in Zentral-Vietnam bislang so nicht beachtet worden. Ansprechpartner in der Untersuchungsregion Vietnam Academy for Water Resources, Empfehlungen an die Politik Center for Training and International Cooperation (CTIC) Münden soll die deutsch-vietnamesische Koopera- Ass. Prof. Dr. Nguyen Tung Phong tion in wissenschaftlichen Empfehlungen an die Telefon: +84 (0) 0912278959 Politik. Zum Beispiel, wie die lokalen Behörden das E-Mail: phongicd@gmail.com Problem der Versalzung in den Griff bekommen können. »Wir wollen sagen können, wo konkret in Fördersumme: 4 Millionen Euro der Region Versalzung stattfindet und wo Wasser- wehre verhindern könnten, dass die Salzfront weiter Laufzeit: Juli 2010 bis August 2015
»lUCCi« ist eines von zwölf regionalprojekten, welches im rahmen der Fördermaßnahme »nachhaltiges land- management« (modul a) vom projektträger im Dlr im auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BmBF) gefördert wird. Wissenschaftsporträt 3 erscheint im rahmen der Fördermaßnahme »nachhaltiges landmanagement« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BmBF). www.nachhaltiges-landmanagement.de Herausgeber: Wissenschaftliche Begleitung, Koordination & Synthese (GlUeS) HelmholtzZentrum für Umweltforschung – UFZ Department landschaftsökologie permoserstraße 15 | 04318 leipzig redaktion: andreas Werntze, mSc. e-mail: andreas.werntze@ufz.de Autor: Benjamin Haerdle, Oktober 2012 Gestaltung: metronom | agentur für Kommunikation und Design GmbH, Leipzig DLR
Wissenschaf tsporträt 4 Neue Strategien für Südamazonien (Quelle: S. Hohnwald)
2|3 Wissenschaf tsporträt 4 (Quelle: S. Hohnwald) (Quelle: S. Hohnwald) Regenwälder werden in Pará zuerst meist Baumwollballen in der ausgeräumten Agrarlandschaft in Weiden umgewandelt. Zentral-Brasiliens. Die Wälder im Amazonasgebiet spielen eine wickelt. 6,15 Millionen Euro stellt das Bundesminis- wichtige Schlüsselrolle, um die weltweiten terium für Bildung und Forschung zur Verfügung, Auswirkungen des Klimawandels abzufedern. damit deutsche und brasilianische Forscher unter Entscheidend ist deshalb, wie vor Ort Land- Gerolds Leitung fünf Jahre lang in Südamazonien wirte ihre Flächen bewirtschaften. Ein inter- Landmanagementstrategien erarbeiten. Ihr Auftrag: nationales Forschungsteam unter Feder- Sie sollen im tropischen Regenwald und den Savan- führung der Universität Göttingen will helfen, nen neue Möglichkeiten der Landnutzung entwickeln, für mehr Nachhaltigkeit bei der Nutzung der damit die Böden mehr Kohlenstoff speichern und Böden zu sorgen. dadurch der Ausstoß von Treibhausgasen sinkt. Denn auch wenn schon seit Jahren zum Klimawan- del geforscht wird: Immer noch mangelt es an präzi- I n den Himmel ragende verkohlte Baumriesen, abgeholzte Wälder, riesige monotone Äcker – Eindrücke wie diese hat Gerhard Gerold oft genug sen regionalen Modellrechnungen, wie sich Wald- rodungen und die verstärkte Bodennutzung im Amazonasgebiet auf das Weltklima auswirken. Der gesammelt auf seinen Exkursionen durch das negative Trend vermehrter Treibhausgasemissionen Amazonasgebiet im Herzen Brasiliens. Stärker als ließe sich umkehren, wenn durch geeignete land- diese persönlichen Erlebnisse beeindrucken wirtschaftliche Technologien Kohlenstoff auf den den Geographieprofessor der Universität Göttingen riesigen Ackerflächen Brasiliens gespeichert würde. jedoch die Daten über die Freisetzung von klima- wirksamen Kohlenstoffverbindungen durch Abholzung und Landwirtschaft. Grund genug, »Es mangelt an regionalen Modellrechnungen, daran etwas zu ändern. wie sich Rodungen und die Bodennutzung im Amazonasgebiet auf das Weltklima auswirken.« Als Sprecher steht Gerold an der Spitze des Verbund- projektes Carbiocial. Das Kürzel steht für das Kon- zept, Trends im Bodenkohlenstoff, in der Biodiversi- Die Zeichen dafür stehen gut. Zehn deutsche Univer- tät und sozialen Prozessen im südlichen Amazonien sitäten, das Helmholtz-Zentrum für Umweltfor- interdisziplinär zu untersuchen. Gerold und sein schung, das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschafts- Kollege Professor Karl M. Wantzen haben das Pro- forschung (ZALF), die Universitäten Innsbruck und jekt g emeinsam mit Eduardo Couto, Leiter des Insti- Tours sowie mehrere brasilianische Universitäten tuts für Bodenkunde und Präzisionslandwirtschaft und Forschungseinrichtungen, darunter die nationale der Staatlichen Universität von Mato Grosso, ent- Agrarbehörde Embrapa, wollen daran arbeiten.
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