Jahrgang 2017 Heft Nr. 2 - Deutsches Museum

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18. Jahrgang 2017 · Heft Nr. 2

Editorial
»Das Archiv des Deutschen Museums ist gemäß dem        diesem Spannungsfeld zwischen möglichst unbe-
Bayerischen Archivgesetz ein öffentliches, allgemein   grenzter Zugänglichkeit des Archivguts auf der einen
zugängliches Archiv. Es dient wissenschaftlichen,      Seite und rechtlichen und konservatorischen Hür-
unterrichtlichen, familiengeschichtlichen, heimat-     den auf der anderen Seite ist es als ein bedeutender
kundlichen und publizistischen Zwecken sowie der       Schritt anzusehen, dass in unserem Archivlesesaal
Information der interessierten Öffentlichkeit und      ab 2018 der Einsatz von eigenen Digitalkameras zur
der beruflichen Fortbildung.« Dieser einleitende       Erstellung von Arbeitskopien grundsätzlich gestattet
Abschnitt aus der jetzt neu gefassten und ab 2018      ist. Selbstverständlich müssen hierzu – ebenso wie
in Kraft tretenden Benutzungsordnung verdeutlicht      bei der gewohnten Nutzung des Kopiergeräts im Le-
den vielseitigen Charakter des Archivs und seiner      sesaal – vor allem auch die konservatorischen Bedin-
Benutzergruppen.                                       gungen erfüllt sein. Zudem soll der Lesesaalbetrieb
Unser Anspruch ist es, allen Archivbenutzerinnen       durch diese Maßnahme nicht beeinträchtigt werden.
und -benutzern verlässliche und nachvollziehbare       Nach wie vor sind die selbst erstellten Reprodukti-
Informationen aus unseren Beständen, eine profes-      onen ausschließlich für den jeweiligen persönlichen
sionelle und angenehme Forschungsumgebung und          Forschungszweck bestimmt und dürfen ausdrück-
ein hohes Maß an Service zu bieten. Unsere tägliche    lich nicht zur Veröffentlichung jedweder Art genutzt
Archivarbeit ist zu großen Teilen bestimmt von der     werden. Durch die Unterzeichnung einer Erklärung
möglichst umfassenden Umsetzung dieser vielfälti-      erkennen die Benutzerinnen und Benutzer diese
gen Aufgaben. Ausdruck findet dies in der sorgfälti-   konservatorischen und rechtlichen Vorgaben an.
gen Beantwortung schriftlicher und mündlicher An-      Einige Archive in Deutschland, wie das Bundesar-
fragen und in der intensiven Beratungstätigkeit rund   chiv, das Landesarchiv Hessen oder das Stadtarchiv
um den Archivbesuch. Voraussetzung hierfür ist die     München, lassen die Erstellung von Arbeitskopien
vertiefte Erschließung der Archivbestände, sodass      mit Digitalkameras bereits zu. Andere Kollegen be-
dieser archivarischen Kernaufgabe nach wie vor eine    finden sich in der Vorbereitungsphase, sodass wir
große Bedeutung für das Serviceangebot zukommt.        auch in dieser Frage in einem hilfreichen Erfah-
Hierzu gehört selbstverständlich auch die Weiter-      rungs- und Meinungsaustausch stehen.
gabe von Reproduktionen für Veröffentlichungen         Wir verstehen diese Neuregelung als eine weitere
durch die Bildstelle und – insbesondere für die zu     zeitgemäße Maßnahme zur Umsetzung einer der
einem großen Teil auswärtigen Benutzerinnen und        wichtigsten Aufgaben des Archivs des Deutschen
Benutzer – die Möglichkeit zur direkten Anferti-       Museums, nämlich die Benutzerinnen und Benut-
gung von Arbeitskopien.                                zer bei ihren Forschungen umfassend zu unterstüt-
Bei aller Benutzerorientierung wollen wir jedoch       zen und ihnen die Auswertung des Archivguts so
die unikalen und damit unersetzlichen Archivalien      einfach und komfortabel wie möglich zu machen.
nicht aus den Augen verlieren. Daher wird auch in
der novellierten Benutzungsordnung der Umgang
mit den Originalen im Archivlesesaal ausführlich
geregelt. Neben den konservatorischen Vorkehrun-
gen sind bei der Einsichtnahme in Archivalien und
der Anfertigung von Reproduktion die urheber- und
datenschutzrechtlichen Regularien von Relevanz. In     Wilhelm Füßl              Matthias Röschner

                                                                                                         1
Archivbestände                                           »Erfindungen« schmunzeln mag – so baute der
                                                         Münchner Hoftheater-Maschinist Ferdinand Schütz
im Deutschen Museum                                      1854 eine »Enthauptungsmaschine«, welche die Ver-
                                                         kürzung der »lang andauernden und für den Verbre-
Thema: Quellen zur bayerischen                           cher qualvollen Präliminarien« versprach –, führten
Wissenschafts- und Technik-                              doch viele vom PTV geprüfte Innovationen zu ei-
geschichte                                               nem Aufschwung für das bayerische Handwerk und
                                                         Gewerbe.
Wenngleich das Archiv des Deutschen Museums              Im Bestand des PTV finden sich darüber hinaus Un-
den Sammlungsfokus auf zentrale Innovationen im          terlagen, die nach der Auflösung des Vereins in der
gesamten deutschsprachigen Raum ausrichtet, so fin-      Abteilung Erfinderschutz der Deutschen Arbeits-
det sich doch unter den Beständen eine beeindru-         front entstanden sind. Sie haben bisher in der For-
ckende Fülle von Quellen speziell zur bayerischen        schung kaum Berücksichtigung gefunden.
Landesgeschichte. Exemplarisch sollen hier mehrere
Industriezweige ausgewählt werden, die für die Ent-      Als zweites Beispiel für die industrielle Entwicklung
wicklung Bayerns im 19. und 20. Jahrhundert von          Bayerns sei die optische Industrie herausgehoben.
großer Bedeutung waren.                                  Gerade mit dem 200-jährigen Jubiläum der erstma-
                                                         ligen Veröffentlichung der berühmten dunklen Li-
Der zentrale Bestand für die regionale Wissenschafts-
                                                         nien im Sonnenspektrum durch Fraunhofer, denen
und Technikgeschichte ist zweifellos das Archiv des
                                                         zurzeit auch eine Sonderausstellung im Deutschen
Polytechnischen Vereins für Bayern (PTV). Dieser
                                                         Museum gewidmet ist, rücken die Pioniere der
wurde 1815 gegründet und existierte bis zu seiner Auf-
                                                         bayerischen Optik erneut in den Vordergrund. Zu
lösung im Jahr 1938. Der PTV wirkte als technische
                                                         ihnen zählen Joseph von Fraunhofer (1787-1826),
Begutachtungsstelle staatlicher und kommunaler Be-
                                                         Joseph von Utzschneider (1763-1840), Joseph Lieb-
hörden. Mit einem Umfang von 22 Regalmetern ge-
                                                         herr (1767-1840), Georg (1793-1867) und Sigmund
hören die Unterlagen zu unseren größten Instituti-
                                                         Ritter von Merz (1824-1908) sowie Carl August von
onenarchiven.
                                                         Steinheil (1801-1870). Von allen genannten Perso-
In der Regel beurteilte der PTV Einzelerfindungen,       nen sind im Archiv des Deutschen Museums Nach-
die dem Verein zugeschickt worden waren, oder er         lässe, von G & S Merz sowie von Steinheil auch um-
beschränkte sich auf die Ausstellung von Zeugnissen,     fangreiche Firmenarchive vorhanden. Gerade die
um die Gewerbetreibende nachgesucht hatten. Die          Nachlässe der Pioniere bieten einen hervorragen-
zahlreichen Gutachten des Vereins beschäftigten sich     den Einblick in die Probleme der Glasschmelze im
mit allen Disziplinen, von der Physik, Chemie, dem       ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Allein im Fir-
Berg- und Hüttenwesen, der Bautechnik bis hin zu         menarchiv Merz (FA 015) beziehen sich rund 250
Erfindungen zum Feuer- und Unfallschutz, zur Tex-        Nummern auf Versuche zu Schmelzvorgängen für
til- und Papierindustrie und zum Nahrungsmittel-         Kron- und Flintglas; ähnlich viele Nachweise gibt
gewerbe. Von besonderer Bedeutung ist das Messe-         es im Firmenarchiv Steinheil zur »Optik« (FA 005).
und Ausstellungswesen, das sich in den Akten des         Während Fraunhofer, Reichenbach und seit 2014
PTV abbildet. Beispielhaft sei hier genannt die erste    auch Utzschneider wissenschaftlich gut erforscht
Internationale Elektrotechnische Ausstellung in          sind, fehlt eine vertiefte Auseinandersetzung mit
München 1882, die der Museumsgründer Oskar von           Liebherr noch völlig. Dieser stand im Schatten von
Miller (1855-1934) organisiert hatte. Zu dieser hat      Georg von Reichenbach, der ihn als »Handarbeiter«
sich nahezu der komplette Korrespondenzbestand           oder »Gehülfen« abqualifizierte, eine Einschätzung,
erhalten.                                                die es dringend zu revidieren gilt. Die gemeinsam
Vom PTV ging auch die Initiative zur Gründung            von Reichenbach und Liebherr betriebene Werkstatt
mehrerer Versuchsstationen aus, zuerst 1877 bei der      wurde 1804 um den Partner Utzschneider erweitert,
Schaffung einer »Heizversuchsstation«, dann glück-       bevor Liebherr acht Jahre später im Zwist ausschied.
te im Jahr 1885 – im Anschluss an die Elektrotech-       Im Handschriftenbestand des Archivs und in der
nische Ausstellung – die Errichtung einer »Elektro-      Plansammlung sind zahlreiche Mappen überliefert,
technischen Versuchsanstalt« und schließlich be-         die aus seiner späteren Werkstatt stammen, darunter
gründete der Verein 1888 eine »Kälteversuchssta-         Zeichnungen von geodätischen und astronomischen
tion«. Zudem rief er 1870 den »Bayerischen Dampf-        Instrumenten, aber auch von Drehbänken, hydrau-
kessel-Revisions-Verein«, den Vorläufer des heutigen     lischen Pressen und Uhren.
TÜV, und im Jahr 1900 den »Bayerischen Revisions-        Das dritte Beispiel zielt auf Quellen zur bayerischen
verein für elektrische Anlagen« ins Leben.               Fluggeschichte. Diese ist insgesamt nur in Teilen er-
Auch wenn man bisweilen über die eingereichten           forscht. Das Archiv des Deutschen Museums ver-

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wahrt dazu eine Reihe von Quellen in ganz unter-            zung der Reichswehr in Fili bei Moskau einen Zweig-
schiedlichen Beständen, so z.B. in der Luft- und            betrieb gründeten und dort verschiedene Flugzeug-
Raumfahrtdokumentation (LRD), wo die Anfän-                 typen produzierten. Im Junkersarchiv und im Nach-
ge des Flugsports in Bayern und die frühen »Bay-            lass von Hugo Junkers (1859-1935) sind zahlreiche
erischen Flugzeugwerke« dokumentiert sind. Der              Akten zu diesem für das Unternehmen letztlich fi-
Name der Firma wurde dabei für zwei verschiedene            nanziellen Debakel vorhanden. Aus diesen geht auch
Unternehmen benutzt. Eines ging 1922 in die Bay-            hervor, dass Junkers schon 1923 die Bayerischen Mo-
erischen Motorenwerke auf, das andere wurde 1928            torenwerke zum Bau von Flugmotoren in Fili ge-
von Willy Messerschmitt übernommen und fir-                 winnen wollte. Die Zusammenhänge zwischen der
mierte ab 1938 als Messerschmitt AG. Beide Unter-           Gründung einer Fliegerschule in München in Ver-
nehmen entwickelten eine Reihe von Flugzeugen,              bindung mit der dortigen Technischen Hochschule,
die in der LRD gut belegt sind. Im militärischen Be-        den Aktivitäten in Russland und auch der Gründung
reich stieg Bayern schon 1890 in die Luftfahrt ein,         der Transeuropa-Union als Vereinigung der von Jun-
als eine Luftschiffer-Lehrabteilung gegründet wurde.        kers geführten Luftverkehrsgesellschaften sind noch
Die Führung wurde Karl (später: Ritter von) Brug            nicht genau erforscht.
(1855-1923) übertragen, der 1912 auch das erste bay-        Im Archiv des Deutschen Museums sind auch aus
erische, in Oberschleißheim bei München statio-             der Zeit der Bundesrepublik große Bestände zur bay-
nierte Fliegerkorps-Kommando gründete. Im Laufe             erischen Luftfahrtgeschichte überliefert. Verbunden
seines Lebens trug Brug eine umfangreiche ballon-           sind diese Erwerbungen mit dem Namen von Lud-
historische Sammlung zusammen, welche Grafiken,             wig Bölkow (1912-2003), der 1958 sein Ingenieur-
Fotos, Bücher, aber auch Medaillen umfasst. Nach            büro nach Ottobrunn bei München verlegt hatte. In
seinem Tod konnte das Deutsche Museum diese                 Zusammenarbeit mit den Traditionsfirmen Heinkel
übernehmen. In der Grafiksammlung des Archivs               und Messerschmitt etablierte er den »Entwicklungs-
finden sich über 100 wertvolle Einzelblätter zur            ring Süd«, der sich mit einigen Teileinheiten im
Geschichte von Ballonen und Luftschiffen aus der            Deutschen Museum einmietete. So ergibt sich das
Sammlung Brug. Zudem konnten in den letzten Jah-            Kuriosum, dass sich in den Objektsammlungen ein
ren im Bildarchiv einige sehr frühe Luftaufnahmen           auf der Museumsinsel entwickeltes Flugzeug be-
bayerischer Orte aus der Zeit zwischen 1891 und             findet: der vom Entwicklungsring konstruierte Senk-
1897 identifiziert werden, die die Luftschiffer unter       rechtstarter VJ-101, von dem im Archiv wiederum
Brug zu Übungszwecken angefertigt hatten. Diese             ein umfangreicher Plansatz aufbewahrt wird. Böl-
sind oft gut beschriftet. Dokumentiert sind Anga-           kow war ein besonderer Förderer der Luftfahrt am
ben zu den Orten, die Flughöhe, aus der die Fo-             Deutschen Museum. Er engagierte sich für den Bau
tos aufgenommen wurden, und bisweilen auch die              der neuen Luft- und Raumfahrthalle (errichtet 1978-
Benennung der verwendeten Kameras. Da zahlrei-              1984) und der Zweigstelle in Oberschleißheim; er
che Aufnahmen auf Schmuckkarton mit Goldrah-                setzte sich auch persönlich für den Aufbau eines
men aufgezogen sind, kann man vermuten, dass sie            – wie es damals hieß – »Nationalen Zentrums für
zu repräsentativen Zwecken angefertigt wurden.              die Geschichte der Luft- und Raumfahrt« im Archiv
                                                            ein. Dies führte in der Folge zum Aufbau der sys-
Mit dem Ersten Weltkrieg stieg die Zahl der Luftbil-
                                                            tematisch geordneten »Luft- und Raumfahrtdoku-
der, welche die Königlich Bayerische Fliegertruppe
                                                            mentation« und zur Abgabe von geschlossenen Be-
aufgenommen hat, sprunghaft an. Vorwiegend han-
                                                            ständen wie den Teilarchiven der Firmen Messer-
delt es sich bei den vorhandenen Aufnahmen im Ar-
                                                            schmitt und Junkers an unser Archiv.
chiv des Deutschen Museums um Fotografien von
der Westfront, während die Ostfront praktisch nicht                                              Wilhelm Füßl
vertreten ist. Weitere Luftaufnahmen sind im Nach-
lass des Fliegers und Luftfahrtschriftstellers Peter Supf
(1886-1961) überliefert. Viele Fotografien zeigen die       Neuerwerbungen
Flugzeuge und Bewaffnung seiner Einheit, Flugplät-
ze und abgeschossene Flugzeuge, darüber hinaus              Nachlass Helmut Gröttrup
aber auch private Feiern, Kegelabende und Weih-
nachtsfeste. Ein Album dokumentiert auch die Pra-           »… ein sympathischer Mann, ein fähiger Organisator
xis der Entwicklung der Luftaufnahmen im Feld.              und ein phantasiereicher Ingenieur«, so kenn-
                                                            zeichnete Werner Albring (1914-2007) seinen lang-
Das im Versailler Vertrag fixierte Verbot, dass in          jährigen Weggefährten Helmut Gröttrup. Beide ge-
Deutschland keine Flugzeuge mehr gebaut werden              hörten zu den deutschen Raketenspezialisten um
durften, umgingen beispielsweise die Junkers Flug-          Wernher von Braun in Peenemünde, beide waren von
zeugwerke, indem sie 1922 mit geheimer Unterstüt-           1946 bis 1953 in der Sowjetunion, wo sie russische

                                                                                                             3
Wissenschaftler beim Aufbau eines eigenen Rake-         aus der Zeit in Peenemünde und Bleicherode, na-
tenprogramms für Mittel- und Langstrecken unter-        turgemäß relativ wenige Archivalien aus den Jahren
stützen mussten.                                        in der Sowjetunion – hier sind v.a. die Familien-
                                                        briefe interessant, die unter dem Aspekt strenger
Gröttrup, geboren 1916, früh verstorben 1981,
                                                        russischer Zensurvorschriften gelesen werden müs-
stammte aus einer Ingenieurfamilie. Er studierte das
                                                        sen –, ein Akt zur sogenannten »Interrogation« in
Fach Physik, das er 1939 mit dem Diplom abschloss.
                                                        England 1954, der zahlreiche Hinweise auf seine Ar-
Eine über Jahrzehnte angestrebte Promotion konnte
                                                        beit in Russland, zu russischen Spezialisten und zur
er nicht realisieren. Im Dezember 1939 begann er als
                                                        technischen Entwicklung der jetzt sowjetischen Rake-
Angestellter bei den Elektromechanischen Werken
                                                        ten mit höherer Reichweite liefert. Schließlich ergän-
in Karlshagen an der Entwicklung deutscher Ra-
                                                        zen Unterlagen zu seiner Tätigkeit in der Bundes-
keten zu arbeiten. Schon während des Krieges er-
                                                        republik in den Jahren 1954 bis 1981 den Bestand.
kannte man sein großes organisatorisches Geschick,
sodass er bald zum Stellvertreter von Ernst Steinhoff   Wir sind Frau Professor Ursula Gröttrup sehr zu
(1908-1987) aufstieg. Gröttrups Arbeitsschwerpunkt      Dank verpflichtet, dass sie diesen wissenschaftshis-
war die Entwicklung der Lenk- und Steuersysteme der     torisch spannenden Bestand unserem Archiv gestif-
A4-Rakete. Im März 1944 wurde er gemeinsam mit          tet hat. Er ist hier eine wertvolle Erweiterung zahl-
Wernher und Magnus von Braun sowie Klaus Riedel         reicher Nachlässe anderer Raketenpioniere wie Max
wegen angeblicher Wehrkraftzersetzung verhaftet;        Valier, Reinhold Tiling, Johannes Winkler, Rolf En-
bei der Verlagerung nach Süddeutschland konnte er       gel, Eugen Sänger, Rudolf Nebel und Walter Dorn-
kurz vor Kriegsende fliehen. 1945/46 arbeitete Hel-     berger und eine ideale Ergänzung des umfangreichen
mut Gröttrup im thüringischen Bleicherode als Di-       Bestands der Heeresversuchsanstalt Peenemünde.
rektor der »Zentralwerke« unter dem führenden rus-      Bleibt zu wünschen, dass sich bald ein Wissenschaft-
sischen Raketenpionier Sergej Koroljow mit rund         ler für die Bearbeitung einer Biografie Gröttrups fin-
5500 Spezialisten an der – wie Gröttrup selbst          det, eine Forschungslücke, die dringend geschlossen
schreibt – »Rekonstruktion« der A4. Diese umfasste      werden sollte.
                                                                                               Wilhelm Füßl
auch den Aufbau einer praktischen Fertigung der
Rakete. Von Bleicherode aus wurde er im Oktober
1946 mit einer Gruppe führender deutscher Wissen-       Pionier des Muskelkraftflugs:
schaftler zuerst nach Moskau (»Institut 88«) und
dann auf die Insel Gorodomlia deportiert. Hier wa-      Helmut Haeßler
ren er und die anderen Forscher an verschiedenen        Mit Muskelkraft wäre die Reise wohl nicht zu schaf-
Raketenstarts und der Weiterentwicklung der A4 be-      fen gewesen! Ende Oktober traf aus Kanada ein
teiligt, bevor er nach einer mehrjährigen »Abkühl-      Teilnachlass von Helmut Haeßler (auch: Haessler)
phase« im November 1953 nach Deutschland zu-            ein, einem Pionier des Muskelkraftflugs in Deutsch-
rückkehren konnte. Mit der für Gröttrup typischen       land.
Ironie beschrieb er die Insel Gorodomlia aufgrund
ihrer Naturschönheit als den idealen »Ferienaufent-     Helmut Haeßler (1909-1997), so die Schreibweise
halt, nur dürfen die Ferien nicht 7 Jahre dauern…«.     seines Namens in der Geburtsurkunde, baute ge-
                                                        meinsam mit Franz Villinger (1907-2009) das welt-
Gröttrup ging sofort nach seiner Ankunft in den         weit erste mit Muskelkraft angetriebene Flugzeug in
Westen, wo er u.a. bei Standard Electric Lorenz, der    Deutschland. Auslöser war ein Preisausschreiben der
Siemens AG und schließlich in München bei der           Frankfurter Polytechnischen Gesellschaft in der Zeit-
Gesellschaft für Organisation, die später in Giese-     schrift »Flugsport«. Gefordert war dabei ein Hori-
cke & Devrient (G & D) aufging, arbeitete. Seine für    zontalflug, wobei das Luftgefährt mit Menschen-
die Firma Quelle entwickelte Steuerung der Ver-         kraft angetrieben und einen Kreisflug absolvieren
sandlogistik ist eine sehr frühe kommerzielle An-       sollte. Ausgelobt waren 5000 Mark. Wie der Nach-
wendung der Datenverarbeitung. Bei G & D war er         lass von Oskar Ursinus, der sich seit kurzem im Ar-
entscheidend an der Entwicklung und Einführung          chiv des Deutschen Museums befindet, zeigt, ver-
der Chipkarte beteiligt, ein Patent, das er 1968 als    suchten viele Konstrukteure über Jahre hinweg, den
»Identifizierungsschalter« einreichte.                  Preis zu gewinnen – ohne Erfolg.
Im Vorfeld einer Veranstaltung zum 100. Geburtstag      Haeßler, der sich schon als Kind für Flugversuche
von Helmut Gröttrup war das Archiv des Deutschen        interessierte, ab 1925 sein erstes Gleitflugzeug bau-
Museums mit seiner Tochter Ursula in Verbindung         te und mit 19 Jahren den Flugschein machte, hat
gekommen. Im November dieses Jahres übergab sie         sein ganzes Leben der Luftfahrt gewidmet. Nach
den erhaltenen Teilnachlass unserem Archiv. Die-        Abschluss des Kyffhäusertechnikums in Franken-
ser beinhaltet biografische Dokumente, Unterlagen       hausen mitten in der Weltwirtschaftskrise, die eine

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kurzzeitige Arbeitslosigkeit zur Folge hatte, trat er    Nachlass von Yoji Ito
1934 in die Junkers Flugzeugwerke Dessau ein, wo
er als Flugzeugstatiker arbeitete. Hier lernte er Vil-   Im Jahr 2016 haben wir in dem zweiten Heft von
linger kennen, mit dem er auf das Preisausschrei-        ARCHIV-info über Bestände zu Japan im Archiv
ben hin ein Muskelkraftflugzeug konstruierte, das        des Deutschen Museums berichtet. In diesem Jahr
nach den Familiennamen der beiden Ingenieure als         konnten wir aus dem Land der aufgehenden Sonne
»HV-1 Mufli« bezeichnet wurde. Im August 1935            einen Teilnachlass von Yoji Ito (1901-1955) über-
gelang ihnen der erste kontrollierte Flug mit Men-       nehmen.
schenkraft.                                              Auf den ersten Blick scheint die Erwerbung konträr
Der Start erfolgte als Katapultstart über ein Gummi-     zur Sammlungspolitik unseres Archivs zu liegen,
seil. Haeßler hat in einem zeitgenössischen Artikel      die sich auf den deutschsprachigen Raum fokus-
und später (1961) die Konstruktion des Muskelkraft-      siert. Allerdings muss man dabei wissen, dass das
flugzeugs beschrieben. Da der Pilot mit den Füßen        Deutsche Museum 2016 die einzig erhaltene Bark-
in die Pedalen treten musste, welche den Propeller       hausen-Kurz-Röhre von der Familie Ito aus Japan
antrieben, erfolgte die Steuerung mit den Händen.        gestiftet bekam und im Zuge dieser Schenkung zu-
Pilot war der Segelflieger Karl Dünnebeil, der sich      gleich Dokumente zu der engen Lehrer-Schüler-Be-
beim Erstflug 195 Meter in der Luft halten konnte.       ziehung von Heinrich Barkhausen und Yoji Ito ins
Obwohl der Flug nicht die Bedingungen der Aus-           Haus kamen. Vor diesem Hintergrund fügt sich der
schreibung erfüllte – HV-1 konnte nur geradeaus          neue Bestand gut ein in die Sammlungsstrategie des
fliegen –, löste er ein gewaltiges Medienecho aus.       Archivs, solche Unterlagen zu übernehmen, die in
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft stiftete für     enger Beziehung zu Objekten des Hauses stehen.
die beiden Pioniere eine Summe von 3000 Mark,            Der Dresdener Physiker Heinrich Barkhausen (1881-
Propagandaminister Joseph Goebbels sogar einen           1956) hatte 1917 gemeinsam mit Karl Kurz (1881-
Ehrenpreis.                                              1960) bei Messungen an einer Vakuumröhre elekt-
Der mit Muskelkraft betriebene Menschenflug blieb        romagnetische Schwingungen im Bereich von eini-
für Haeßler allerdings eine kurze Episode. HV-1          gen hundert Megahertz nachgewiesen, eine Entde-
kam 1938 in das Luftfahrtmuseum in Berlin, wo das        ckung, welche für die Hochfrequenztechnik und die
Fluggerät im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurde.         Entwicklung des Radars wichtig wurde. Im Jahr 1941
Haeßler wurde schon 1935 Dozent für Flugzeug-            schenkte er die entscheidende Röhre seinem ehe-
bau an der Ingenieurschule Weimar, wechselte zwei        maligen Schüler Yoji Ito, der sie mitten in den Wir-
Jahre später an das Erla Maschinenwerk GmbH in           ren des Zweiten Weltkriegs über Südamerika nach
Leipzig, bevor er 1940 Konstrukteur bei den Siebel       Japan brachte. Alle anderen in Dresden vorhan-
Flugzeugwerken in Halle wurde, wo er bis Kriegs-         denen Röhren Barkhausens wurden im Krieg ver-
ende tätig war. Da es für Haeßler nach dem Krieg         nichtet.
keine Möglichkeit gab, als Flugzeugingenieur zu ar-      Ito war während seiner Tätigkeit in der kaiserlichen
beiten, betrieb er eine kleine Werkstatt. Aufgrund       japanischen Marine 1926 nach Dresden gekommen,
seiner schwierigen wirtschaftlichen Lage wanderte er     um hier Schwachstromtechnik zu studieren. 1929
1951 nach Kanada aus. Seine erste Stelle fand er         wurde er von Barkhausen promoviert. Ito blieb sei-
bei den Aircraft Industries of Canada. Von 1956 bis      nem Lehrer in der Folge eng verbunden. Er über-
zu seiner Pensionierung 1975 war er dann bei De          setzte 1931 bis 1934 dessen Werk »Elektronen-Röh-
Havilland Canada tätig.                                  ren« ins Japanische und lud Barkhausen und seine
Der jetzt dem Archiv des Deutschen Museums über-         Frau Hilde 1938 zu einer mehrmonatigen Vortrags-
gebene Nachlassteil stammt von dem Sohn Günter           reise in sein Heimatland ein. Mehrfach kam Ito nach
Haessler und ergänzt eine Abgabe von dessen Bruder       Deutschland, so 1941, als er die erwähnte Röhre ge-
Jürgen aus dem Jahr 1994. Beide Bestände wurden          schenkt bekam, und noch einmal 1954.
jetzt zum Nachlass »NL 278 Haeßler« vereint. Vor-        Der Teilnachlass Ito besteht aus Archivalien, die
handen sind biografische Dokumente, flugtech-            sich auf Barkhausen und die enge Beziehung zu
nische Aufzeichnungen, Fotografien, Zeitungsaus-         seinem Schüler konzentrieren. Erhalten haben sich
schnitte zum Muskelkraftflug und eine Autobio-           neben der »Schenkungsurkunde« für die Röhre die
grafie, die auf Wunsch der Familie nur in Teilen         mehrbändige Publikation Barkhausens zu »Elekt-
zugänglich sein wird. Es ist für die Forschung ein       ronen-Röhren« mit persönlicher Widmung an Ito,
glücklicher Umstand, dass nun beide Nachlässe der        dessen japanische Übersetzung, mehrere Briefwech-
Pioniere des Muskelkraftflugs – Haeßler und Villin-      sel zwischen Barkhausen und Ito sowie ein umfang-
ger – in unserem Archiv sind.                            reicher Akt zur Vorbereitung und Realisierung der
                                     Wilhelm Füßl        Japanreise mit einer breiten Korrespondenz, den

                                                                                                           5
Vortragsmanuskripten Barkhausens sowie Aufzeich-           Kurz informiert
nungen Itos. Ergänzt wird der Bestand im Umfang
von drei Archivschachteln durch eine Diasamm-              Neue Benutzungsordnung
lung zu Barkhausen und Ito, die deutsche und japa-
nische Fotografien und Dokumente beinhaltet.
                                                           des Archivs
Wir danken Herrn Yoshimasa Ito, dem Sohn von               Im Januar 2018 tritt die novellierte Benutzungsord-
Yoji Ito, für sein Vertrauen, die lange in Familien-       nung für das Archiv des Deutschen Museums in
besitz verwahrten Dokumente nach Deutschland in            Kraft. Einführend werden einige Grundsätze unseres
unser Archiv zu geben. Die Schenkung der Röhre             Archivs als eine öffentliche, allgemein zugängliche
und die Stiftung der Unterlagen sind – wie es Ge-          Einrichtung festgehalten. Der eigentliche Hauptteil
neraldirektor Professor Wolfgang M. Heckl 2016             regelt nicht nur die Einsichtnahme des Archivguts im
formuliert hatte – »ein Zeichen der Freundschaft           Lesesaal, sondern auch die Beantwortung der schrift-
zwischen Japan und Deutschland.«                           lichen und mündlichen Anfragen, die Vorlage oder
                                                           Weitergabe von Reproduktionen sowie die Ausleihe
                                        Wilhelm Füßl
                                                           von Archivgut für Ausstellungen.

Akten zur TELI                                             Trotz zunehmenden Digitalisierungsgrads wird die
                                                           Nutzung der Archivalien (unter anderem aus Grün-
Die TELI, die »Technisch-Literarische Gesellschaft         den des Urheberrechts) auch künftig zum überwie-
e.V.«, ist weltweit die älteste Journalistenvereinigung.   genden Teil im Lesesaal des Archivs erfolgen. Darauf
Sie wurde 1929 als Zusammenschluss von Journa-             geht die Benutzungsordnung ausführlich ein und be-
listen, Publizisten und Schriftstellern in Berlin ge-      schreibt die Regularien des Nutzungsvorgangs vom
gründet. Zu den bekanntesten Vertretern gehörten           Benutzerantrag über den Umgang mit den Origina-
der Schriftsteller Hans Dominik (1872-1945) sowie          len bis hin zu der Anfertigung von Reproduktionen.
Benno Laskow (1879-1940), der Schriftleiter der            Als Neuerung ist die Zulassung von nutzereigenen
»Münchner Neuesten Nachrichten« und 1925 Mit-              Kameras (z.B. Smartphones) für die Reproduktion
herausgeber des »Amtlichen Führers durch die               von konservatorisch ungefährdeten Archivalien her-
Sammlungen« des Deutschen Museums war.                     vorzuheben. Dieses bestandsschonende Kopieren
Im Jahr 2016 war zwischen dem Deutschen Muse-              ist ausschließlich für die Anfertigung von Arbeits-
um und der TELI ein formeller Übergabevertrag un-          kopien gedacht. Das Fotografieren muss geräuschlos
terzeichnet worden, nachdem ein Teil der Vereinsak-        und ohne Verwendung von Blitzlicht erfolgen; die
ten schon seit einigen Jahren im Archiv des Deut-          Benutzung eines Stativs oder anderer professionel-
schen Museums eingelagert war. Dieses TELI-Archiv          ler Ausrüstung ist nicht gestattet. Die Aufnahmen
konnte vor kurzem um einen weiteren Teilbestand            dürfen nicht publiziert, zur öffentlichen Wieder-
ergänzt werden. Dabei handelt es sich um mehrere           gabe genutzt, vervielfältigt oder verbreitet werden
Umzugskartons mit Akten des ehemaligen Vorsitzen-          (insbesondere nicht über Social Media oder Mes-
den Manfred Bormann. Überraschenderweise fand              senger-Dienste). In einer zusätzlichen Erklärung er-
sich darin eine Reihe von Dokumenten, die in die           kennen die Benutzerinnen und Benutzer die Ein-
Gründungszeit der TELI und in die 1930er Jahre             haltung dieser Grundsätze an. Die bisherigen Ser-
zurückreichen, Quellen, die bisher nicht im Muse-          viceangebote der Bildstelle bleiben ebenso bestehen
umsarchiv vorhanden waren. Eine wertvolle Berei-           wie die Möglichkeit, von konservatorisch gefährde-
cherung für das Archiv des Deutschen Museums!              ten Unterlagen Buchscannerkopien zu bestellen.
In einem Gespräch mit Vertretern des Vorstands             Wir freuen uns, die Benutzerorientierung unseres
(Arno Kral, Nina Eichinger und Wolfgang Goede)             Archivs gerade für die zahlreichen auswärtigen Be-
sowie dem TELI-Mitglied Walter Rathjen, welches            nutzer in puncto Arbeitskopien noch einmal ent-
sich der Übergabe anschloss, betonten beide Seiten,        scheidend ausbauen zu können.
die Suche nach weiteren historischen Quellen inten-                                        Matthias Röschner
sivieren zu wollen, nachdem das Altarchiv vor 1945
bisher verschollen ist. Die TELI hat inzwischen auf
ihren Webseiten einen entsprechenden Aufruf ge-
startet. Abschließend lud Archivleiter Dr. Wilhelm         Gratulation zur Promotion
Füßl alle Mitglieder des Regionalkreises Süd zu ei-        Am 5. Dezember 2017 konnte unsere Kollegin Ste-
nem Besuch in das Archiv des Deutschen Museums             fanie Dufhues ihre Dissertation zu »Fotografie kon-
ein, bei dem Highlights aus den Beständen gezeigt          struierter Sichtbarkeit. Die Bildpraxis der Mikro-
werden sollen.                                             fotografie von den ersten Versuchen bis ins frühe
                                        Wilhelm Füßl       20. Jahrhundert« erfolgreich verteidigen.

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Die Arbeit entstand in Rahmen des Drittmittelpro-      Informationsbesuch der
jekts »Visual History«, das vom Archiv des Deut-
schen Museums gemeinsam mit dem Zentrum für            Konrad-Zuse-Gesellschaft
Zeithistorische Forschung in Potsdam, dem Georg-       Seit Ende Dezember 2005 befindet sich der Nachlass
Eckert-Institut für internationale Schulbuchfor-       des Computerpioniers Konrad Zuse (1910-1995) im
schung in Braunschweig und dem Herder-Institut         Archiv des Deutschen Museums. In den Folgejahren
für historische Ostmitteleuropaforschung in Mar-       konnte er mit der Unterstützung der Deutschen For-
burg durchgeführt wurde. In der Dissertation nähert    schungsgemeinschaft detailliert aufgearbeitet und in
sich Stefanie Dufhues über die Herstellungsprozesse    über 8500 Datensätzen verzeichnet werden. Inzwi-
den Orten und Akteuren der mikroskopischen Bild-       schen sind diese in das Nachweissystem »Kalliope«,
praxis an, um dann Positionen und Aufgaben der         das Portal »Deutsches Museum Digital« und teilwei-
Mikrofotografie als neues Visualisierungsmedium zu     se in »Konrad Zuse Internet Archive« eingespeist.
untersuchen. Gleichzeitig erforscht sie die Bearbei-
                                                       Im November 2017 konnte Archivleiter Dr. Wilhelm
tung und die Distribution von Mikrofotografien in
                                                       Füßl Vorstandsmitglieder der Konrad-Zuse-Gesell-
zeitgenössischen Publikationen. Die Arbeit schließt
                                                       schaft – u.a Professor Michael Fothe, Professor Horst
mit einem Blick auf die Ästhetik der Bildmotive und
                                                       Zuse, den Sohn von Konrad Zuse, und Frau Corne-
auf die Mikroaufnahmen im künstlerischen Kon-
                                                       lia Winter, Gesellschaft für Informatik – zu einem
text.
                                                       Informationsbesuch begrüßen. Nach einer Einfüh-
Mit ihrer Dissertation hat Frau Dufhues eine wich-     rung in die Geschichte des Bestands erläuterte er die
tige Forschungslücke geschlossen. Sie überzeugt        Probleme bei der sachgerechten Erschließung des
durch eine breite Quellenbasis, wobei sie die Mi-      Nachlasses, die v.a. von unklaren Datierungsfragen
krofotografien im Archiv des Deutschen Museums,        bestimmt war. Beim anschließenden Magazinrund-
darüber hinaus aber auch Aufnahmen in deutschen        gang konnten sich die Vorstandsmitglieder auch
und europäischen Archiven herangezogen hat.            physisch von der sachgerechten konservatorischen
Wir gratulieren Stefanie Dufhues zum Abschluss         Unterbringung überzeugen. Nicht fehlen durften
ihrer Promotion mit »summa cum laude« sehr herz-       einige Highlights aus dem Archiv des Deutschen
lich. Besonders freuen wir uns, dass sie Mitte des     Museums.
Jahres an das Deutsche Museum als wissenschaftli-      Wir freuen uns, dass sich der Vorstand der Kon-
che Mitarbeiterin zurückgekehrt ist.                   rad-Zuse-Gesellschaft in mehreren E-Mails ausge-
                                     Wilhelm Füßl      sprochen positiv zu der hohen Erschließungsqualität
                                                       des Nachlasses dieses wichtigen Computerpioniers
                                                       und dem Besuch insgesamt geäußert hat.
Wissenschaftlicher Beirat im Archiv                                                          Wilhelm Füßl

Im Rahmen der Sitzung des Wissenschaftlichen Bei-
rats des Deutschen Museums im November hatten          Projekt »Nachlass Zippe«
wir die Möglichkeit, den (zum Teil neu gewählten)
Beiratsmitgliedern das Archiv und besonders seine      Nachdem das Archiv des Deutschen Museums den
Digitalisierungsprojekte vorzustellen. In einer kur-   umfangreichen Nachlass von Gernot Zippe (1917-
zen Präsentation gingen wir zunächst allgemein auf     2008), des weltweit führenden Pioniers der Zent-
die Grundlagen, das Sammlungskonzept und die           rifugentechnik, übernehmen und später auch die
Drittmittelprojekte des Archivs ein, um anschlie-      Drittmittel für die Erschließung einwerben konnte,
ßend Standards, Normen und Maßnahmen der               startete am 1. Dezember mit der Einstellung von
Qualitätssicherung zu verdeutlichen. Anhand der        Dr. Claus Ludl das Verzeichnungsprojekt. Herr
Internetseite von »DigiPortA« konnten wir exemp-       Ludl hat Neuere Geschichte studiert und seine Dis-
larisch den Mehrwert dieser Methoden demonstrie-       sertation über »Die Geschichte der Vergleichenden
ren. Nach einem kurzen Ausblick auf die künftigen      Verhaltenswissenschaften im internationalen Kon-
Schwerpunkte der Archivarbeit folgte ein Rundgang      text« verfasst. Seine ersten Archivmeriten erwarb er
durch die Magazine. Dabei stellten wir am Bestand      sich vor vielen Jahren als Werkstudent in unserem
das anspruchsvolle Erschließungs- und Digitalisie-     Archiv. Später erschloss er hier mehrere Nachlässe.
rungsprojekt zum Nachlass von Oskar Sala vor.          Insofern sind wir froh darüber, dass wir mit ihm
Dem Beirat konnten wir auf diese Weise ein gutes       einen kompetenten Bearbeiter für das Projekt ge-
Bild von der Vielfalt und Qualität unserer Projekte    funden haben. Wir wünschen Herrn Ludl für seine
vermitteln.                                            anspruchsvolle Arbeit viel Erfolg.
                                Matthias Röschner                                            Wilhelm Füßl

                                                                                                          7
»Faszination Original« –                                        Regisseur Karl G‘schrey 1956 drehte. Die Musik
                                                                stammt von Oskar Sala, die Kameratricks von Fritz
Fortsetzung folgt                                               Brill. Die Nachlässe beider Künstler befinden sich
Dass unsere in früheren Heften von ARCHIV-info                  heute im Archiv. Die wissenschaftliche Beratung
dargestellten Konzepte der archivischen Öffentlich-             des Films hatte der Museumskurator Dr. Rudolf
keitsarbeit erfolgreich sind, verdeutlichen die insge-          Sachtleben. Mit dem Filmabend führen wir ein in
samt gestiegenen Teilnehmerzahlen bei Vorträgen,                die Filmsammlung des Deutschen Museums.
Präsentationen und Archiveinführungen. So konn-
ten wir alleine in der Reihe »Faszination Original.             Di. 06.02.: Dr. Wilhelm Füßl:
Quellen im Archiv des Deutschen Museums« be-                    »Die Welt der Fotografie«
reits rund 350 historisch Interessierte begrüßen.               Im großen Fotobestand des Archivs mit rund 1,4
Einmal im Monat stellen wir anhand von thema-                   Millionen Fotografien finden sich frühe Steinheil-
tischen Schwerpunkten die vielfältigen Original-                Fotografien aus dem Jahr 1839 ebenso wie die erste
quellen und Forschungsmöglichkeiten im Archiv                   »Nanofotografie«. Der Vortrag präsentiert Beispiele
vor. Die Einladungen zu den Vorträgen gehen an                  aus verschiedenen Zeitabschnitten mit eindrucksvol-
Förderer, Stifter und einen festen Verteilerkreis, aber         len Architekturaufnahmen, Bildern aus der Arbeits-
auch themenbezogen an spezifische Zielgruppen,                  welt, wissenschaftlichen Fotografien und kolorierten
sodass sich das Publikum Monat für Monat neu zu-                Stereoaufnahmen. Meist sind die Urheber unbe-
sammensetzt. Dabei gibt es auch »Stammgäste«, die               kannt, manchmal entdeckt man aber auch Aufnah-
bisher fast keinen Vortrag verpasst haben. Wir freu-            men berühmter Fotografen wie Alex Krajewski, Ot-
en uns über den guten Zuspruch und werden im                    tomar Anschütz und Albert Renger-Patzsch.
Jahr 2018 die Reihe fortsetzen. Als Neuerung zei-
                                                                Di. 06.03.: Dipl.-Ing. Marjen Schmidt:
gen wir im Januar einen Film aus unseren Bestän-
                                                                »Fotografien als Objekt«
den. Zudem haben wir für den Märzvortrag mit der
bekannten Fotorestauratorin Marjen Schmidt erst-                Die Sammlung »Foto+Film« im Deutschen Muse-
mals eine externe Referentin eingeladen.                        um besitzt nicht nur einen einzigartigen Bestand
                                                                foto- und filmtechnischer Geräte, sondern auch eine
Die Termine im 1. Quartal 2018                                  fotografische Sammlung mit Bild- und Verfahrens-
(jeweils 18.00 – 19.00 Uhr, Lesesaal des Archivs)               beispielen seit 1839. An ausgewählten Objekten wird
Bitte Anmeldung unter: 089 / 2179 220                           die vielfältige Materialität fotografischer Techniken
                                                                von Anbeginn bis heute präsentiert. Unikate wie Da-
Di. 09.01.: Dr. Wilhelm Füßl: »Film ab!«                        guerreotypie und Ambrotypie, ein manuell bear-
Von 1918 bis in die 1950er Jahre bildeten Kulturfil-            beitetes Glasnegativ von Frank Eugene aus der Posi-
me ein spezifisches Filmgenre. Hier wurden Inhalte              tiv-/Negativtechnik, ein Autochrome, ein Farbdia-
aus verschiedenen Gebieten der Naturwissenschaft,               positiv aus den Anfängen der Farbfotografie und eine
Technik, Medizin und Geschichte populär aufberei-               Uvachromie sind Zeugnisse dieser vielfältigen Ver-
tet und als Lehrfilme im Kino – meist als kürzere               wendung von Metall, Glas, Kunststoff und Farbstof-
Beifilme – gezeigt. Ein spätes Beispiel ist der abend-          fen aus über 150 Jahren Fotografiegeschichte.
füllende Film »Schöpfung ohne Ende«, den der                                                          Matthias Röschner

                                                                IMPRESSUM
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                                                                ARCHIV-info
Hinweise:                                                       Herausgegeben vom Deutschen Museum.
Das nächste Heft von »ARCHIV-info« erscheint im Juli 2018.      Redaktion: Dr. Wilhelm Füßl, Dr. Matthias Röschner M.A.
Die elektronische Version der früheren Hefte von ARCHIV-
info ist abrufbar unter: www.deutsches-museum.de/archiv/        Anschrift:
veroeffentlichungen/archiv-info/                                Deutsches Museum, Archiv
                                                                80306 München
Wir danken allen Stiftern, Freunden, Förderern und den zahl-    Tel. 089/2179-220, Fax 089/2179-465
reichen Projektpartnern des Archivs des Deutschen Museums       E-Mail: archiv@deutsches-museum.de
sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit und die vielfältige
Unterstützung im vergangenen Jahr. Wir wünschen ihnen und       Druck: Deutsches Museum.
allen Kolleginnen und Kollegen im neuen Jahr alles Gute,        Nachdruck nach Zustimmung der Redaktion mit
Gesundheit und Erfolg!                        Die Redaktion     Quellenangabe und Belegexemplar gestattet.

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