Jahrgang 2017 Heft Nr. 2 - Deutsches Museum
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18. Jahrgang 2017 · Heft Nr. 2 Editorial »Das Archiv des Deutschen Museums ist gemäß dem diesem Spannungsfeld zwischen möglichst unbe- Bayerischen Archivgesetz ein öffentliches, allgemein grenzter Zugänglichkeit des Archivguts auf der einen zugängliches Archiv. Es dient wissenschaftlichen, Seite und rechtlichen und konservatorischen Hür- unterrichtlichen, familiengeschichtlichen, heimat- den auf der anderen Seite ist es als ein bedeutender kundlichen und publizistischen Zwecken sowie der Schritt anzusehen, dass in unserem Archivlesesaal Information der interessierten Öffentlichkeit und ab 2018 der Einsatz von eigenen Digitalkameras zur der beruflichen Fortbildung.« Dieser einleitende Erstellung von Arbeitskopien grundsätzlich gestattet Abschnitt aus der jetzt neu gefassten und ab 2018 ist. Selbstverständlich müssen hierzu – ebenso wie in Kraft tretenden Benutzungsordnung verdeutlicht bei der gewohnten Nutzung des Kopiergeräts im Le- den vielseitigen Charakter des Archivs und seiner sesaal – vor allem auch die konservatorischen Bedin- Benutzergruppen. gungen erfüllt sein. Zudem soll der Lesesaalbetrieb Unser Anspruch ist es, allen Archivbenutzerinnen durch diese Maßnahme nicht beeinträchtigt werden. und -benutzern verlässliche und nachvollziehbare Nach wie vor sind die selbst erstellten Reprodukti- Informationen aus unseren Beständen, eine profes- onen ausschließlich für den jeweiligen persönlichen sionelle und angenehme Forschungsumgebung und Forschungszweck bestimmt und dürfen ausdrück- ein hohes Maß an Service zu bieten. Unsere tägliche lich nicht zur Veröffentlichung jedweder Art genutzt Archivarbeit ist zu großen Teilen bestimmt von der werden. Durch die Unterzeichnung einer Erklärung möglichst umfassenden Umsetzung dieser vielfälti- erkennen die Benutzerinnen und Benutzer diese gen Aufgaben. Ausdruck findet dies in der sorgfälti- konservatorischen und rechtlichen Vorgaben an. gen Beantwortung schriftlicher und mündlicher An- Einige Archive in Deutschland, wie das Bundesar- fragen und in der intensiven Beratungstätigkeit rund chiv, das Landesarchiv Hessen oder das Stadtarchiv um den Archivbesuch. Voraussetzung hierfür ist die München, lassen die Erstellung von Arbeitskopien vertiefte Erschließung der Archivbestände, sodass mit Digitalkameras bereits zu. Andere Kollegen be- dieser archivarischen Kernaufgabe nach wie vor eine finden sich in der Vorbereitungsphase, sodass wir große Bedeutung für das Serviceangebot zukommt. auch in dieser Frage in einem hilfreichen Erfah- Hierzu gehört selbstverständlich auch die Weiter- rungs- und Meinungsaustausch stehen. gabe von Reproduktionen für Veröffentlichungen Wir verstehen diese Neuregelung als eine weitere durch die Bildstelle und – insbesondere für die zu zeitgemäße Maßnahme zur Umsetzung einer der einem großen Teil auswärtigen Benutzerinnen und wichtigsten Aufgaben des Archivs des Deutschen Benutzer – die Möglichkeit zur direkten Anferti- Museums, nämlich die Benutzerinnen und Benut- gung von Arbeitskopien. zer bei ihren Forschungen umfassend zu unterstüt- Bei aller Benutzerorientierung wollen wir jedoch zen und ihnen die Auswertung des Archivguts so die unikalen und damit unersetzlichen Archivalien einfach und komfortabel wie möglich zu machen. nicht aus den Augen verlieren. Daher wird auch in der novellierten Benutzungsordnung der Umgang mit den Originalen im Archivlesesaal ausführlich geregelt. Neben den konservatorischen Vorkehrun- gen sind bei der Einsichtnahme in Archivalien und der Anfertigung von Reproduktion die urheber- und datenschutzrechtlichen Regularien von Relevanz. In Wilhelm Füßl Matthias Röschner 1
Archivbestände »Erfindungen« schmunzeln mag – so baute der Münchner Hoftheater-Maschinist Ferdinand Schütz im Deutschen Museum 1854 eine »Enthauptungsmaschine«, welche die Ver- kürzung der »lang andauernden und für den Verbre- Thema: Quellen zur bayerischen cher qualvollen Präliminarien« versprach –, führten Wissenschafts- und Technik- doch viele vom PTV geprüfte Innovationen zu ei- geschichte nem Aufschwung für das bayerische Handwerk und Gewerbe. Wenngleich das Archiv des Deutschen Museums Im Bestand des PTV finden sich darüber hinaus Un- den Sammlungsfokus auf zentrale Innovationen im terlagen, die nach der Auflösung des Vereins in der gesamten deutschsprachigen Raum ausrichtet, so fin- Abteilung Erfinderschutz der Deutschen Arbeits- det sich doch unter den Beständen eine beeindru- front entstanden sind. Sie haben bisher in der For- ckende Fülle von Quellen speziell zur bayerischen schung kaum Berücksichtigung gefunden. Landesgeschichte. Exemplarisch sollen hier mehrere Industriezweige ausgewählt werden, die für die Ent- Als zweites Beispiel für die industrielle Entwicklung wicklung Bayerns im 19. und 20. Jahrhundert von Bayerns sei die optische Industrie herausgehoben. großer Bedeutung waren. Gerade mit dem 200-jährigen Jubiläum der erstma- ligen Veröffentlichung der berühmten dunklen Li- Der zentrale Bestand für die regionale Wissenschafts- nien im Sonnenspektrum durch Fraunhofer, denen und Technikgeschichte ist zweifellos das Archiv des zurzeit auch eine Sonderausstellung im Deutschen Polytechnischen Vereins für Bayern (PTV). Dieser Museum gewidmet ist, rücken die Pioniere der wurde 1815 gegründet und existierte bis zu seiner Auf- bayerischen Optik erneut in den Vordergrund. Zu lösung im Jahr 1938. Der PTV wirkte als technische ihnen zählen Joseph von Fraunhofer (1787-1826), Begutachtungsstelle staatlicher und kommunaler Be- Joseph von Utzschneider (1763-1840), Joseph Lieb- hörden. Mit einem Umfang von 22 Regalmetern ge- herr (1767-1840), Georg (1793-1867) und Sigmund hören die Unterlagen zu unseren größten Instituti- Ritter von Merz (1824-1908) sowie Carl August von onenarchiven. Steinheil (1801-1870). Von allen genannten Perso- In der Regel beurteilte der PTV Einzelerfindungen, nen sind im Archiv des Deutschen Museums Nach- die dem Verein zugeschickt worden waren, oder er lässe, von G & S Merz sowie von Steinheil auch um- beschränkte sich auf die Ausstellung von Zeugnissen, fangreiche Firmenarchive vorhanden. Gerade die um die Gewerbetreibende nachgesucht hatten. Die Nachlässe der Pioniere bieten einen hervorragen- zahlreichen Gutachten des Vereins beschäftigten sich den Einblick in die Probleme der Glasschmelze im mit allen Disziplinen, von der Physik, Chemie, dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Allein im Fir- Berg- und Hüttenwesen, der Bautechnik bis hin zu menarchiv Merz (FA 015) beziehen sich rund 250 Erfindungen zum Feuer- und Unfallschutz, zur Tex- Nummern auf Versuche zu Schmelzvorgängen für til- und Papierindustrie und zum Nahrungsmittel- Kron- und Flintglas; ähnlich viele Nachweise gibt gewerbe. Von besonderer Bedeutung ist das Messe- es im Firmenarchiv Steinheil zur »Optik« (FA 005). und Ausstellungswesen, das sich in den Akten des Während Fraunhofer, Reichenbach und seit 2014 PTV abbildet. Beispielhaft sei hier genannt die erste auch Utzschneider wissenschaftlich gut erforscht Internationale Elektrotechnische Ausstellung in sind, fehlt eine vertiefte Auseinandersetzung mit München 1882, die der Museumsgründer Oskar von Liebherr noch völlig. Dieser stand im Schatten von Miller (1855-1934) organisiert hatte. Zu dieser hat Georg von Reichenbach, der ihn als »Handarbeiter« sich nahezu der komplette Korrespondenzbestand oder »Gehülfen« abqualifizierte, eine Einschätzung, erhalten. die es dringend zu revidieren gilt. Die gemeinsam Vom PTV ging auch die Initiative zur Gründung von Reichenbach und Liebherr betriebene Werkstatt mehrerer Versuchsstationen aus, zuerst 1877 bei der wurde 1804 um den Partner Utzschneider erweitert, Schaffung einer »Heizversuchsstation«, dann glück- bevor Liebherr acht Jahre später im Zwist ausschied. te im Jahr 1885 – im Anschluss an die Elektrotech- Im Handschriftenbestand des Archivs und in der nische Ausstellung – die Errichtung einer »Elektro- Plansammlung sind zahlreiche Mappen überliefert, technischen Versuchsanstalt« und schließlich be- die aus seiner späteren Werkstatt stammen, darunter gründete der Verein 1888 eine »Kälteversuchssta- Zeichnungen von geodätischen und astronomischen tion«. Zudem rief er 1870 den »Bayerischen Dampf- Instrumenten, aber auch von Drehbänken, hydrau- kessel-Revisions-Verein«, den Vorläufer des heutigen lischen Pressen und Uhren. TÜV, und im Jahr 1900 den »Bayerischen Revisions- Das dritte Beispiel zielt auf Quellen zur bayerischen verein für elektrische Anlagen« ins Leben. Fluggeschichte. Diese ist insgesamt nur in Teilen er- Auch wenn man bisweilen über die eingereichten forscht. Das Archiv des Deutschen Museums ver- 2
wahrt dazu eine Reihe von Quellen in ganz unter- zung der Reichswehr in Fili bei Moskau einen Zweig- schiedlichen Beständen, so z.B. in der Luft- und betrieb gründeten und dort verschiedene Flugzeug- Raumfahrtdokumentation (LRD), wo die Anfän- typen produzierten. Im Junkersarchiv und im Nach- ge des Flugsports in Bayern und die frühen »Bay- lass von Hugo Junkers (1859-1935) sind zahlreiche erischen Flugzeugwerke« dokumentiert sind. Der Akten zu diesem für das Unternehmen letztlich fi- Name der Firma wurde dabei für zwei verschiedene nanziellen Debakel vorhanden. Aus diesen geht auch Unternehmen benutzt. Eines ging 1922 in die Bay- hervor, dass Junkers schon 1923 die Bayerischen Mo- erischen Motorenwerke auf, das andere wurde 1928 torenwerke zum Bau von Flugmotoren in Fili ge- von Willy Messerschmitt übernommen und fir- winnen wollte. Die Zusammenhänge zwischen der mierte ab 1938 als Messerschmitt AG. Beide Unter- Gründung einer Fliegerschule in München in Ver- nehmen entwickelten eine Reihe von Flugzeugen, bindung mit der dortigen Technischen Hochschule, die in der LRD gut belegt sind. Im militärischen Be- den Aktivitäten in Russland und auch der Gründung reich stieg Bayern schon 1890 in die Luftfahrt ein, der Transeuropa-Union als Vereinigung der von Jun- als eine Luftschiffer-Lehrabteilung gegründet wurde. kers geführten Luftverkehrsgesellschaften sind noch Die Führung wurde Karl (später: Ritter von) Brug nicht genau erforscht. (1855-1923) übertragen, der 1912 auch das erste bay- Im Archiv des Deutschen Museums sind auch aus erische, in Oberschleißheim bei München statio- der Zeit der Bundesrepublik große Bestände zur bay- nierte Fliegerkorps-Kommando gründete. Im Laufe erischen Luftfahrtgeschichte überliefert. Verbunden seines Lebens trug Brug eine umfangreiche ballon- sind diese Erwerbungen mit dem Namen von Lud- historische Sammlung zusammen, welche Grafiken, wig Bölkow (1912-2003), der 1958 sein Ingenieur- Fotos, Bücher, aber auch Medaillen umfasst. Nach büro nach Ottobrunn bei München verlegt hatte. In seinem Tod konnte das Deutsche Museum diese Zusammenarbeit mit den Traditionsfirmen Heinkel übernehmen. In der Grafiksammlung des Archivs und Messerschmitt etablierte er den »Entwicklungs- finden sich über 100 wertvolle Einzelblätter zur ring Süd«, der sich mit einigen Teileinheiten im Geschichte von Ballonen und Luftschiffen aus der Deutschen Museum einmietete. So ergibt sich das Sammlung Brug. Zudem konnten in den letzten Jah- Kuriosum, dass sich in den Objektsammlungen ein ren im Bildarchiv einige sehr frühe Luftaufnahmen auf der Museumsinsel entwickeltes Flugzeug be- bayerischer Orte aus der Zeit zwischen 1891 und findet: der vom Entwicklungsring konstruierte Senk- 1897 identifiziert werden, die die Luftschiffer unter rechtstarter VJ-101, von dem im Archiv wiederum Brug zu Übungszwecken angefertigt hatten. Diese ein umfangreicher Plansatz aufbewahrt wird. Böl- sind oft gut beschriftet. Dokumentiert sind Anga- kow war ein besonderer Förderer der Luftfahrt am ben zu den Orten, die Flughöhe, aus der die Fo- Deutschen Museum. Er engagierte sich für den Bau tos aufgenommen wurden, und bisweilen auch die der neuen Luft- und Raumfahrthalle (errichtet 1978- Benennung der verwendeten Kameras. Da zahlrei- 1984) und der Zweigstelle in Oberschleißheim; er che Aufnahmen auf Schmuckkarton mit Goldrah- setzte sich auch persönlich für den Aufbau eines men aufgezogen sind, kann man vermuten, dass sie – wie es damals hieß – »Nationalen Zentrums für zu repräsentativen Zwecken angefertigt wurden. die Geschichte der Luft- und Raumfahrt« im Archiv ein. Dies führte in der Folge zum Aufbau der sys- Mit dem Ersten Weltkrieg stieg die Zahl der Luftbil- tematisch geordneten »Luft- und Raumfahrtdoku- der, welche die Königlich Bayerische Fliegertruppe mentation« und zur Abgabe von geschlossenen Be- aufgenommen hat, sprunghaft an. Vorwiegend han- ständen wie den Teilarchiven der Firmen Messer- delt es sich bei den vorhandenen Aufnahmen im Ar- schmitt und Junkers an unser Archiv. chiv des Deutschen Museums um Fotografien von der Westfront, während die Ostfront praktisch nicht Wilhelm Füßl vertreten ist. Weitere Luftaufnahmen sind im Nach- lass des Fliegers und Luftfahrtschriftstellers Peter Supf (1886-1961) überliefert. Viele Fotografien zeigen die Neuerwerbungen Flugzeuge und Bewaffnung seiner Einheit, Flugplät- ze und abgeschossene Flugzeuge, darüber hinaus Nachlass Helmut Gröttrup aber auch private Feiern, Kegelabende und Weih- nachtsfeste. Ein Album dokumentiert auch die Pra- »… ein sympathischer Mann, ein fähiger Organisator xis der Entwicklung der Luftaufnahmen im Feld. und ein phantasiereicher Ingenieur«, so kenn- zeichnete Werner Albring (1914-2007) seinen lang- Das im Versailler Vertrag fixierte Verbot, dass in jährigen Weggefährten Helmut Gröttrup. Beide ge- Deutschland keine Flugzeuge mehr gebaut werden hörten zu den deutschen Raketenspezialisten um durften, umgingen beispielsweise die Junkers Flug- Wernher von Braun in Peenemünde, beide waren von zeugwerke, indem sie 1922 mit geheimer Unterstüt- 1946 bis 1953 in der Sowjetunion, wo sie russische 3
Wissenschaftler beim Aufbau eines eigenen Rake- aus der Zeit in Peenemünde und Bleicherode, na- tenprogramms für Mittel- und Langstrecken unter- turgemäß relativ wenige Archivalien aus den Jahren stützen mussten. in der Sowjetunion – hier sind v.a. die Familien- briefe interessant, die unter dem Aspekt strenger Gröttrup, geboren 1916, früh verstorben 1981, russischer Zensurvorschriften gelesen werden müs- stammte aus einer Ingenieurfamilie. Er studierte das sen –, ein Akt zur sogenannten »Interrogation« in Fach Physik, das er 1939 mit dem Diplom abschloss. England 1954, der zahlreiche Hinweise auf seine Ar- Eine über Jahrzehnte angestrebte Promotion konnte beit in Russland, zu russischen Spezialisten und zur er nicht realisieren. Im Dezember 1939 begann er als technischen Entwicklung der jetzt sowjetischen Rake- Angestellter bei den Elektromechanischen Werken ten mit höherer Reichweite liefert. Schließlich ergän- in Karlshagen an der Entwicklung deutscher Ra- zen Unterlagen zu seiner Tätigkeit in der Bundes- keten zu arbeiten. Schon während des Krieges er- republik in den Jahren 1954 bis 1981 den Bestand. kannte man sein großes organisatorisches Geschick, sodass er bald zum Stellvertreter von Ernst Steinhoff Wir sind Frau Professor Ursula Gröttrup sehr zu (1908-1987) aufstieg. Gröttrups Arbeitsschwerpunkt Dank verpflichtet, dass sie diesen wissenschaftshis- war die Entwicklung der Lenk- und Steuersysteme der torisch spannenden Bestand unserem Archiv gestif- A4-Rakete. Im März 1944 wurde er gemeinsam mit tet hat. Er ist hier eine wertvolle Erweiterung zahl- Wernher und Magnus von Braun sowie Klaus Riedel reicher Nachlässe anderer Raketenpioniere wie Max wegen angeblicher Wehrkraftzersetzung verhaftet; Valier, Reinhold Tiling, Johannes Winkler, Rolf En- bei der Verlagerung nach Süddeutschland konnte er gel, Eugen Sänger, Rudolf Nebel und Walter Dorn- kurz vor Kriegsende fliehen. 1945/46 arbeitete Hel- berger und eine ideale Ergänzung des umfangreichen mut Gröttrup im thüringischen Bleicherode als Di- Bestands der Heeresversuchsanstalt Peenemünde. rektor der »Zentralwerke« unter dem führenden rus- Bleibt zu wünschen, dass sich bald ein Wissenschaft- sischen Raketenpionier Sergej Koroljow mit rund ler für die Bearbeitung einer Biografie Gröttrups fin- 5500 Spezialisten an der – wie Gröttrup selbst det, eine Forschungslücke, die dringend geschlossen schreibt – »Rekonstruktion« der A4. Diese umfasste werden sollte. Wilhelm Füßl auch den Aufbau einer praktischen Fertigung der Rakete. Von Bleicherode aus wurde er im Oktober 1946 mit einer Gruppe führender deutscher Wissen- Pionier des Muskelkraftflugs: schaftler zuerst nach Moskau (»Institut 88«) und dann auf die Insel Gorodomlia deportiert. Hier wa- Helmut Haeßler ren er und die anderen Forscher an verschiedenen Mit Muskelkraft wäre die Reise wohl nicht zu schaf- Raketenstarts und der Weiterentwicklung der A4 be- fen gewesen! Ende Oktober traf aus Kanada ein teiligt, bevor er nach einer mehrjährigen »Abkühl- Teilnachlass von Helmut Haeßler (auch: Haessler) phase« im November 1953 nach Deutschland zu- ein, einem Pionier des Muskelkraftflugs in Deutsch- rückkehren konnte. Mit der für Gröttrup typischen land. Ironie beschrieb er die Insel Gorodomlia aufgrund ihrer Naturschönheit als den idealen »Ferienaufent- Helmut Haeßler (1909-1997), so die Schreibweise halt, nur dürfen die Ferien nicht 7 Jahre dauern…«. seines Namens in der Geburtsurkunde, baute ge- meinsam mit Franz Villinger (1907-2009) das welt- Gröttrup ging sofort nach seiner Ankunft in den weit erste mit Muskelkraft angetriebene Flugzeug in Westen, wo er u.a. bei Standard Electric Lorenz, der Deutschland. Auslöser war ein Preisausschreiben der Siemens AG und schließlich in München bei der Frankfurter Polytechnischen Gesellschaft in der Zeit- Gesellschaft für Organisation, die später in Giese- schrift »Flugsport«. Gefordert war dabei ein Hori- cke & Devrient (G & D) aufging, arbeitete. Seine für zontalflug, wobei das Luftgefährt mit Menschen- die Firma Quelle entwickelte Steuerung der Ver- kraft angetrieben und einen Kreisflug absolvieren sandlogistik ist eine sehr frühe kommerzielle An- sollte. Ausgelobt waren 5000 Mark. Wie der Nach- wendung der Datenverarbeitung. Bei G & D war er lass von Oskar Ursinus, der sich seit kurzem im Ar- entscheidend an der Entwicklung und Einführung chiv des Deutschen Museums befindet, zeigt, ver- der Chipkarte beteiligt, ein Patent, das er 1968 als suchten viele Konstrukteure über Jahre hinweg, den »Identifizierungsschalter« einreichte. Preis zu gewinnen – ohne Erfolg. Im Vorfeld einer Veranstaltung zum 100. Geburtstag Haeßler, der sich schon als Kind für Flugversuche von Helmut Gröttrup war das Archiv des Deutschen interessierte, ab 1925 sein erstes Gleitflugzeug bau- Museums mit seiner Tochter Ursula in Verbindung te und mit 19 Jahren den Flugschein machte, hat gekommen. Im November dieses Jahres übergab sie sein ganzes Leben der Luftfahrt gewidmet. Nach den erhaltenen Teilnachlass unserem Archiv. Die- Abschluss des Kyffhäusertechnikums in Franken- ser beinhaltet biografische Dokumente, Unterlagen hausen mitten in der Weltwirtschaftskrise, die eine 4
kurzzeitige Arbeitslosigkeit zur Folge hatte, trat er Nachlass von Yoji Ito 1934 in die Junkers Flugzeugwerke Dessau ein, wo er als Flugzeugstatiker arbeitete. Hier lernte er Vil- Im Jahr 2016 haben wir in dem zweiten Heft von linger kennen, mit dem er auf das Preisausschrei- ARCHIV-info über Bestände zu Japan im Archiv ben hin ein Muskelkraftflugzeug konstruierte, das des Deutschen Museums berichtet. In diesem Jahr nach den Familiennamen der beiden Ingenieure als konnten wir aus dem Land der aufgehenden Sonne »HV-1 Mufli« bezeichnet wurde. Im August 1935 einen Teilnachlass von Yoji Ito (1901-1955) über- gelang ihnen der erste kontrollierte Flug mit Men- nehmen. schenkraft. Auf den ersten Blick scheint die Erwerbung konträr Der Start erfolgte als Katapultstart über ein Gummi- zur Sammlungspolitik unseres Archivs zu liegen, seil. Haeßler hat in einem zeitgenössischen Artikel die sich auf den deutschsprachigen Raum fokus- und später (1961) die Konstruktion des Muskelkraft- siert. Allerdings muss man dabei wissen, dass das flugzeugs beschrieben. Da der Pilot mit den Füßen Deutsche Museum 2016 die einzig erhaltene Bark- in die Pedalen treten musste, welche den Propeller hausen-Kurz-Röhre von der Familie Ito aus Japan antrieben, erfolgte die Steuerung mit den Händen. gestiftet bekam und im Zuge dieser Schenkung zu- Pilot war der Segelflieger Karl Dünnebeil, der sich gleich Dokumente zu der engen Lehrer-Schüler-Be- beim Erstflug 195 Meter in der Luft halten konnte. ziehung von Heinrich Barkhausen und Yoji Ito ins Obwohl der Flug nicht die Bedingungen der Aus- Haus kamen. Vor diesem Hintergrund fügt sich der schreibung erfüllte – HV-1 konnte nur geradeaus neue Bestand gut ein in die Sammlungsstrategie des fliegen –, löste er ein gewaltiges Medienecho aus. Archivs, solche Unterlagen zu übernehmen, die in Die Deutsche Physikalische Gesellschaft stiftete für enger Beziehung zu Objekten des Hauses stehen. die beiden Pioniere eine Summe von 3000 Mark, Der Dresdener Physiker Heinrich Barkhausen (1881- Propagandaminister Joseph Goebbels sogar einen 1956) hatte 1917 gemeinsam mit Karl Kurz (1881- Ehrenpreis. 1960) bei Messungen an einer Vakuumröhre elekt- Der mit Muskelkraft betriebene Menschenflug blieb romagnetische Schwingungen im Bereich von eini- für Haeßler allerdings eine kurze Episode. HV-1 gen hundert Megahertz nachgewiesen, eine Entde- kam 1938 in das Luftfahrtmuseum in Berlin, wo das ckung, welche für die Hochfrequenztechnik und die Fluggerät im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurde. Entwicklung des Radars wichtig wurde. Im Jahr 1941 Haeßler wurde schon 1935 Dozent für Flugzeug- schenkte er die entscheidende Röhre seinem ehe- bau an der Ingenieurschule Weimar, wechselte zwei maligen Schüler Yoji Ito, der sie mitten in den Wir- Jahre später an das Erla Maschinenwerk GmbH in ren des Zweiten Weltkriegs über Südamerika nach Leipzig, bevor er 1940 Konstrukteur bei den Siebel Japan brachte. Alle anderen in Dresden vorhan- Flugzeugwerken in Halle wurde, wo er bis Kriegs- denen Röhren Barkhausens wurden im Krieg ver- ende tätig war. Da es für Haeßler nach dem Krieg nichtet. keine Möglichkeit gab, als Flugzeugingenieur zu ar- Ito war während seiner Tätigkeit in der kaiserlichen beiten, betrieb er eine kleine Werkstatt. Aufgrund japanischen Marine 1926 nach Dresden gekommen, seiner schwierigen wirtschaftlichen Lage wanderte er um hier Schwachstromtechnik zu studieren. 1929 1951 nach Kanada aus. Seine erste Stelle fand er wurde er von Barkhausen promoviert. Ito blieb sei- bei den Aircraft Industries of Canada. Von 1956 bis nem Lehrer in der Folge eng verbunden. Er über- zu seiner Pensionierung 1975 war er dann bei De setzte 1931 bis 1934 dessen Werk »Elektronen-Röh- Havilland Canada tätig. ren« ins Japanische und lud Barkhausen und seine Der jetzt dem Archiv des Deutschen Museums über- Frau Hilde 1938 zu einer mehrmonatigen Vortrags- gebene Nachlassteil stammt von dem Sohn Günter reise in sein Heimatland ein. Mehrfach kam Ito nach Haessler und ergänzt eine Abgabe von dessen Bruder Deutschland, so 1941, als er die erwähnte Röhre ge- Jürgen aus dem Jahr 1994. Beide Bestände wurden schenkt bekam, und noch einmal 1954. jetzt zum Nachlass »NL 278 Haeßler« vereint. Vor- Der Teilnachlass Ito besteht aus Archivalien, die handen sind biografische Dokumente, flugtech- sich auf Barkhausen und die enge Beziehung zu nische Aufzeichnungen, Fotografien, Zeitungsaus- seinem Schüler konzentrieren. Erhalten haben sich schnitte zum Muskelkraftflug und eine Autobio- neben der »Schenkungsurkunde« für die Röhre die grafie, die auf Wunsch der Familie nur in Teilen mehrbändige Publikation Barkhausens zu »Elekt- zugänglich sein wird. Es ist für die Forschung ein ronen-Röhren« mit persönlicher Widmung an Ito, glücklicher Umstand, dass nun beide Nachlässe der dessen japanische Übersetzung, mehrere Briefwech- Pioniere des Muskelkraftflugs – Haeßler und Villin- sel zwischen Barkhausen und Ito sowie ein umfang- ger – in unserem Archiv sind. reicher Akt zur Vorbereitung und Realisierung der Wilhelm Füßl Japanreise mit einer breiten Korrespondenz, den 5
Vortragsmanuskripten Barkhausens sowie Aufzeich- Kurz informiert nungen Itos. Ergänzt wird der Bestand im Umfang von drei Archivschachteln durch eine Diasamm- Neue Benutzungsordnung lung zu Barkhausen und Ito, die deutsche und japa- nische Fotografien und Dokumente beinhaltet. des Archivs Wir danken Herrn Yoshimasa Ito, dem Sohn von Im Januar 2018 tritt die novellierte Benutzungsord- Yoji Ito, für sein Vertrauen, die lange in Familien- nung für das Archiv des Deutschen Museums in besitz verwahrten Dokumente nach Deutschland in Kraft. Einführend werden einige Grundsätze unseres unser Archiv zu geben. Die Schenkung der Röhre Archivs als eine öffentliche, allgemein zugängliche und die Stiftung der Unterlagen sind – wie es Ge- Einrichtung festgehalten. Der eigentliche Hauptteil neraldirektor Professor Wolfgang M. Heckl 2016 regelt nicht nur die Einsichtnahme des Archivguts im formuliert hatte – »ein Zeichen der Freundschaft Lesesaal, sondern auch die Beantwortung der schrift- zwischen Japan und Deutschland.« lichen und mündlichen Anfragen, die Vorlage oder Weitergabe von Reproduktionen sowie die Ausleihe Wilhelm Füßl von Archivgut für Ausstellungen. Akten zur TELI Trotz zunehmenden Digitalisierungsgrads wird die Nutzung der Archivalien (unter anderem aus Grün- Die TELI, die »Technisch-Literarische Gesellschaft den des Urheberrechts) auch künftig zum überwie- e.V.«, ist weltweit die älteste Journalistenvereinigung. genden Teil im Lesesaal des Archivs erfolgen. Darauf Sie wurde 1929 als Zusammenschluss von Journa- geht die Benutzungsordnung ausführlich ein und be- listen, Publizisten und Schriftstellern in Berlin ge- schreibt die Regularien des Nutzungsvorgangs vom gründet. Zu den bekanntesten Vertretern gehörten Benutzerantrag über den Umgang mit den Origina- der Schriftsteller Hans Dominik (1872-1945) sowie len bis hin zu der Anfertigung von Reproduktionen. Benno Laskow (1879-1940), der Schriftleiter der Als Neuerung ist die Zulassung von nutzereigenen »Münchner Neuesten Nachrichten« und 1925 Mit- Kameras (z.B. Smartphones) für die Reproduktion herausgeber des »Amtlichen Führers durch die von konservatorisch ungefährdeten Archivalien her- Sammlungen« des Deutschen Museums war. vorzuheben. Dieses bestandsschonende Kopieren Im Jahr 2016 war zwischen dem Deutschen Muse- ist ausschließlich für die Anfertigung von Arbeits- um und der TELI ein formeller Übergabevertrag un- kopien gedacht. Das Fotografieren muss geräuschlos terzeichnet worden, nachdem ein Teil der Vereinsak- und ohne Verwendung von Blitzlicht erfolgen; die ten schon seit einigen Jahren im Archiv des Deut- Benutzung eines Stativs oder anderer professionel- schen Museums eingelagert war. Dieses TELI-Archiv ler Ausrüstung ist nicht gestattet. Die Aufnahmen konnte vor kurzem um einen weiteren Teilbestand dürfen nicht publiziert, zur öffentlichen Wieder- ergänzt werden. Dabei handelt es sich um mehrere gabe genutzt, vervielfältigt oder verbreitet werden Umzugskartons mit Akten des ehemaligen Vorsitzen- (insbesondere nicht über Social Media oder Mes- den Manfred Bormann. Überraschenderweise fand senger-Dienste). In einer zusätzlichen Erklärung er- sich darin eine Reihe von Dokumenten, die in die kennen die Benutzerinnen und Benutzer die Ein- Gründungszeit der TELI und in die 1930er Jahre haltung dieser Grundsätze an. Die bisherigen Ser- zurückreichen, Quellen, die bisher nicht im Muse- viceangebote der Bildstelle bleiben ebenso bestehen umsarchiv vorhanden waren. Eine wertvolle Berei- wie die Möglichkeit, von konservatorisch gefährde- cherung für das Archiv des Deutschen Museums! ten Unterlagen Buchscannerkopien zu bestellen. In einem Gespräch mit Vertretern des Vorstands Wir freuen uns, die Benutzerorientierung unseres (Arno Kral, Nina Eichinger und Wolfgang Goede) Archivs gerade für die zahlreichen auswärtigen Be- sowie dem TELI-Mitglied Walter Rathjen, welches nutzer in puncto Arbeitskopien noch einmal ent- sich der Übergabe anschloss, betonten beide Seiten, scheidend ausbauen zu können. die Suche nach weiteren historischen Quellen inten- Matthias Röschner sivieren zu wollen, nachdem das Altarchiv vor 1945 bisher verschollen ist. Die TELI hat inzwischen auf ihren Webseiten einen entsprechenden Aufruf ge- startet. Abschließend lud Archivleiter Dr. Wilhelm Gratulation zur Promotion Füßl alle Mitglieder des Regionalkreises Süd zu ei- Am 5. Dezember 2017 konnte unsere Kollegin Ste- nem Besuch in das Archiv des Deutschen Museums fanie Dufhues ihre Dissertation zu »Fotografie kon- ein, bei dem Highlights aus den Beständen gezeigt struierter Sichtbarkeit. Die Bildpraxis der Mikro- werden sollen. fotografie von den ersten Versuchen bis ins frühe Wilhelm Füßl 20. Jahrhundert« erfolgreich verteidigen. 6
Die Arbeit entstand in Rahmen des Drittmittelpro- Informationsbesuch der jekts »Visual History«, das vom Archiv des Deut- schen Museums gemeinsam mit dem Zentrum für Konrad-Zuse-Gesellschaft Zeithistorische Forschung in Potsdam, dem Georg- Seit Ende Dezember 2005 befindet sich der Nachlass Eckert-Institut für internationale Schulbuchfor- des Computerpioniers Konrad Zuse (1910-1995) im schung in Braunschweig und dem Herder-Institut Archiv des Deutschen Museums. In den Folgejahren für historische Ostmitteleuropaforschung in Mar- konnte er mit der Unterstützung der Deutschen For- burg durchgeführt wurde. In der Dissertation nähert schungsgemeinschaft detailliert aufgearbeitet und in sich Stefanie Dufhues über die Herstellungsprozesse über 8500 Datensätzen verzeichnet werden. Inzwi- den Orten und Akteuren der mikroskopischen Bild- schen sind diese in das Nachweissystem »Kalliope«, praxis an, um dann Positionen und Aufgaben der das Portal »Deutsches Museum Digital« und teilwei- Mikrofotografie als neues Visualisierungsmedium zu se in »Konrad Zuse Internet Archive« eingespeist. untersuchen. Gleichzeitig erforscht sie die Bearbei- Im November 2017 konnte Archivleiter Dr. Wilhelm tung und die Distribution von Mikrofotografien in Füßl Vorstandsmitglieder der Konrad-Zuse-Gesell- zeitgenössischen Publikationen. Die Arbeit schließt schaft – u.a Professor Michael Fothe, Professor Horst mit einem Blick auf die Ästhetik der Bildmotive und Zuse, den Sohn von Konrad Zuse, und Frau Corne- auf die Mikroaufnahmen im künstlerischen Kon- lia Winter, Gesellschaft für Informatik – zu einem text. Informationsbesuch begrüßen. Nach einer Einfüh- Mit ihrer Dissertation hat Frau Dufhues eine wich- rung in die Geschichte des Bestands erläuterte er die tige Forschungslücke geschlossen. Sie überzeugt Probleme bei der sachgerechten Erschließung des durch eine breite Quellenbasis, wobei sie die Mi- Nachlasses, die v.a. von unklaren Datierungsfragen krofotografien im Archiv des Deutschen Museums, bestimmt war. Beim anschließenden Magazinrund- darüber hinaus aber auch Aufnahmen in deutschen gang konnten sich die Vorstandsmitglieder auch und europäischen Archiven herangezogen hat. physisch von der sachgerechten konservatorischen Wir gratulieren Stefanie Dufhues zum Abschluss Unterbringung überzeugen. Nicht fehlen durften ihrer Promotion mit »summa cum laude« sehr herz- einige Highlights aus dem Archiv des Deutschen lich. Besonders freuen wir uns, dass sie Mitte des Museums. Jahres an das Deutsche Museum als wissenschaftli- Wir freuen uns, dass sich der Vorstand der Kon- che Mitarbeiterin zurückgekehrt ist. rad-Zuse-Gesellschaft in mehreren E-Mails ausge- Wilhelm Füßl sprochen positiv zu der hohen Erschließungsqualität des Nachlasses dieses wichtigen Computerpioniers und dem Besuch insgesamt geäußert hat. Wissenschaftlicher Beirat im Archiv Wilhelm Füßl Im Rahmen der Sitzung des Wissenschaftlichen Bei- rats des Deutschen Museums im November hatten Projekt »Nachlass Zippe« wir die Möglichkeit, den (zum Teil neu gewählten) Beiratsmitgliedern das Archiv und besonders seine Nachdem das Archiv des Deutschen Museums den Digitalisierungsprojekte vorzustellen. In einer kur- umfangreichen Nachlass von Gernot Zippe (1917- zen Präsentation gingen wir zunächst allgemein auf 2008), des weltweit führenden Pioniers der Zent- die Grundlagen, das Sammlungskonzept und die rifugentechnik, übernehmen und später auch die Drittmittelprojekte des Archivs ein, um anschlie- Drittmittel für die Erschließung einwerben konnte, ßend Standards, Normen und Maßnahmen der startete am 1. Dezember mit der Einstellung von Qualitätssicherung zu verdeutlichen. Anhand der Dr. Claus Ludl das Verzeichnungsprojekt. Herr Internetseite von »DigiPortA« konnten wir exemp- Ludl hat Neuere Geschichte studiert und seine Dis- larisch den Mehrwert dieser Methoden demonstrie- sertation über »Die Geschichte der Vergleichenden ren. Nach einem kurzen Ausblick auf die künftigen Verhaltenswissenschaften im internationalen Kon- Schwerpunkte der Archivarbeit folgte ein Rundgang text« verfasst. Seine ersten Archivmeriten erwarb er durch die Magazine. Dabei stellten wir am Bestand sich vor vielen Jahren als Werkstudent in unserem das anspruchsvolle Erschließungs- und Digitalisie- Archiv. Später erschloss er hier mehrere Nachlässe. rungsprojekt zum Nachlass von Oskar Sala vor. Insofern sind wir froh darüber, dass wir mit ihm Dem Beirat konnten wir auf diese Weise ein gutes einen kompetenten Bearbeiter für das Projekt ge- Bild von der Vielfalt und Qualität unserer Projekte funden haben. Wir wünschen Herrn Ludl für seine vermitteln. anspruchsvolle Arbeit viel Erfolg. Matthias Röschner Wilhelm Füßl 7
»Faszination Original« – Regisseur Karl G‘schrey 1956 drehte. Die Musik stammt von Oskar Sala, die Kameratricks von Fritz Fortsetzung folgt Brill. Die Nachlässe beider Künstler befinden sich Dass unsere in früheren Heften von ARCHIV-info heute im Archiv. Die wissenschaftliche Beratung dargestellten Konzepte der archivischen Öffentlich- des Films hatte der Museumskurator Dr. Rudolf keitsarbeit erfolgreich sind, verdeutlichen die insge- Sachtleben. Mit dem Filmabend führen wir ein in samt gestiegenen Teilnehmerzahlen bei Vorträgen, die Filmsammlung des Deutschen Museums. Präsentationen und Archiveinführungen. So konn- ten wir alleine in der Reihe »Faszination Original. Di. 06.02.: Dr. Wilhelm Füßl: Quellen im Archiv des Deutschen Museums« be- »Die Welt der Fotografie« reits rund 350 historisch Interessierte begrüßen. Im großen Fotobestand des Archivs mit rund 1,4 Einmal im Monat stellen wir anhand von thema- Millionen Fotografien finden sich frühe Steinheil- tischen Schwerpunkten die vielfältigen Original- Fotografien aus dem Jahr 1839 ebenso wie die erste quellen und Forschungsmöglichkeiten im Archiv »Nanofotografie«. Der Vortrag präsentiert Beispiele vor. Die Einladungen zu den Vorträgen gehen an aus verschiedenen Zeitabschnitten mit eindrucksvol- Förderer, Stifter und einen festen Verteilerkreis, aber len Architekturaufnahmen, Bildern aus der Arbeits- auch themenbezogen an spezifische Zielgruppen, welt, wissenschaftlichen Fotografien und kolorierten sodass sich das Publikum Monat für Monat neu zu- Stereoaufnahmen. Meist sind die Urheber unbe- sammensetzt. Dabei gibt es auch »Stammgäste«, die kannt, manchmal entdeckt man aber auch Aufnah- bisher fast keinen Vortrag verpasst haben. Wir freu- men berühmter Fotografen wie Alex Krajewski, Ot- en uns über den guten Zuspruch und werden im tomar Anschütz und Albert Renger-Patzsch. Jahr 2018 die Reihe fortsetzen. Als Neuerung zei- Di. 06.03.: Dipl.-Ing. Marjen Schmidt: gen wir im Januar einen Film aus unseren Bestän- »Fotografien als Objekt« den. Zudem haben wir für den Märzvortrag mit der bekannten Fotorestauratorin Marjen Schmidt erst- Die Sammlung »Foto+Film« im Deutschen Muse- mals eine externe Referentin eingeladen. um besitzt nicht nur einen einzigartigen Bestand foto- und filmtechnischer Geräte, sondern auch eine Die Termine im 1. Quartal 2018 fotografische Sammlung mit Bild- und Verfahrens- (jeweils 18.00 – 19.00 Uhr, Lesesaal des Archivs) beispielen seit 1839. An ausgewählten Objekten wird Bitte Anmeldung unter: 089 / 2179 220 die vielfältige Materialität fotografischer Techniken von Anbeginn bis heute präsentiert. Unikate wie Da- Di. 09.01.: Dr. Wilhelm Füßl: »Film ab!« guerreotypie und Ambrotypie, ein manuell bear- Von 1918 bis in die 1950er Jahre bildeten Kulturfil- beitetes Glasnegativ von Frank Eugene aus der Posi- me ein spezifisches Filmgenre. Hier wurden Inhalte tiv-/Negativtechnik, ein Autochrome, ein Farbdia- aus verschiedenen Gebieten der Naturwissenschaft, positiv aus den Anfängen der Farbfotografie und eine Technik, Medizin und Geschichte populär aufberei- Uvachromie sind Zeugnisse dieser vielfältigen Ver- tet und als Lehrfilme im Kino – meist als kürzere wendung von Metall, Glas, Kunststoff und Farbstof- Beifilme – gezeigt. Ein spätes Beispiel ist der abend- fen aus über 150 Jahren Fotografiegeschichte. füllende Film »Schöpfung ohne Ende«, den der Matthias Röschner IMPRESSUM Archiv ARCHIV-info Hinweise: Herausgegeben vom Deutschen Museum. Das nächste Heft von »ARCHIV-info« erscheint im Juli 2018. Redaktion: Dr. Wilhelm Füßl, Dr. Matthias Röschner M.A. Die elektronische Version der früheren Hefte von ARCHIV- info ist abrufbar unter: www.deutsches-museum.de/archiv/ Anschrift: veroeffentlichungen/archiv-info/ Deutsches Museum, Archiv 80306 München Wir danken allen Stiftern, Freunden, Förderern und den zahl- Tel. 089/2179-220, Fax 089/2179-465 reichen Projektpartnern des Archivs des Deutschen Museums E-Mail: archiv@deutsches-museum.de sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit und die vielfältige Unterstützung im vergangenen Jahr. Wir wünschen ihnen und Druck: Deutsches Museum. allen Kolleginnen und Kollegen im neuen Jahr alles Gute, Nachdruck nach Zustimmung der Redaktion mit Gesundheit und Erfolg! Die Redaktion Quellenangabe und Belegexemplar gestattet. 8
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