Januskinasen-Inhibitoren bei rheumatoider Arthritis
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1 Januskinasen-Inhibitoren bei rheumatoider Arthritis Signalkaskade des Immunsystems als Angriffspunkt Januskinasen-Inhibitoren – kurz JAK-Inhibitoren – stellen eine relativ neue Substanzgruppe dar. Sie wurden 2012 durch die US-amerikani- sche Food and Drug Administration (FDA) erstmals zugelassen. Seither gewinnen sie zunehmend an Bedeutung. Durch die Hemmung des JAK/ STAT-Signalweges nehmen sie Einfluss auf gleich mehrere Zytokine und finden dadurch nicht nur Anwendungsfelder bei den immunvermittel- ten Erkrankungen wie zum Beispiel der rheumatoiden Arthritis, sondern auch bei den myeloproliferativen Neoplasien. Beim Menschen besteht die JAK-Fa- den „nicht-Rezeptor-Tyrosin-Kinasen“ logie-2-Abschnitt (SH2), welcher die milie aus vier Isoenzymen, JAK1, JAK2, (nRTKs). Die JAKs sind große Proteine, Verbindungen mit den verschiedenen JAK3 und Tyrosinkinase 2 (TYK2). Die bestehend aus sieben homologen (JH1 Zytokinrezeptoren ermöglicht. [1-2] Januskinasen (siehe Abbildung 1), wel- bis JH7) Abschnitten (Abbildung 2). che zur Gruppe der Tyrosin-Protein- Der JAK/STAT-Signalweg kinasen (TPKs) gehören, sind mit den Der JH1-Abschnitt ist der Kinase-Ab- intrazellulären Bereichen von Typ-I- schnitt, welcher eine katalytische Aktivi- Die Januskinasen liegen im Zytosol und Typ-II-Zytokinrezeptoren verge- tät aufweist und als Ansatzpunkt für die nahe der Zellmembran und sind an sellschaftet und gehören damit zu JAK-Inhibitoren dient. Daran anschlie- Typ-I- und Typ-II-Zytokinrezeptoren ßend liegt die Pseudokinase JH2, wel- angelagert (Abbildung 3) [1]. Die Sig- che spezifisch für die JAKs ist. Obwohl nalkaskade wird durch die Bindung ei- diese keine katalytischen Eigenschaf- nes Typ-I- oder Typ-II-Zytokins (siehe Zytokin ten aufweist, hat sie eine essenzielle nächsten Abschnitt) an ihren assoziier- regulatorische Funktion. Dies kommt ten Rezeptor ausgelöst (1) [2]. zum Beispiel bei einer Punktmutati- Diese Bindung führt zuerst zu einer Typ-I- bzw. on innerhalb dieser Pseudokinase von Dimerisierung des Rezeptors, was die -II-Rezeptor JAK2 zum Tragen, welche unter ande- JAKs zusammenführt. Die aktivierten Zellmembran rem bei einem Großteil der Patientin- Januskinasen trans- und autophos- nen und Patienten mit Polycythaemia phorylieren sich zunächst gegenseitig JAK JAK vera, essenzieller Thrombozythämie (2) und anschließend die intrazellulä- oder idiopathischer Myelofibrose zu ren Tyrosinreste (3). Diese dienen als finden ist. Die Abschnitte JH5 bis JH7 Andockstelle für den SH2-Abschnitt entsprechen dem FERM-Abschnitt, der von Mitgliedern der Familie der „Sig- die Interaktionen mit den Zytokinrezep- naltransduktoren und Aktivatoren der Abb. 1: Schematische Darstellung eines tor-Untereinheiten vermittelt. Zwischen Transkription“ (STATs) (4). Aktuell sind Typ-I- beziehungsweise Typ-II-Rezeptors mit dem FERM-Abschnitt und der Pseudo- sieben STAT-Proteine beschrieben, zwei angelagerten Januskinasen (JAK). kinase liegt schließlich der Src-Homo- STAT1-4, STAT5A, STAT5B und STAT6. N-Terminus JH7 JH6 JH5 JH4 JH3 JH2 JH1 C-Terminus Pseudokinase- Kinase- JAKi FERM-Abschnitt SH2-Abschnitt Abschnitt Abschnitt Abb. 2: Schematische Darstellung der Proteinstruktur einer Janus-Tyrosin-Kinase. Darstellung des Ansatzpunktes der JAK-Inhibitoren (JAKi); FERM (Protein 4.1, Ezrin, Radixin und Moesin), SH2 (Src Homologie 2); Modifizierte Abbildung [1]
2 3 Kategorisierung der Zytokine Zytokine sind regulatorische Proteine (Botenstoffe), die ihre Wirkung über Zytokinrezeptoren auslösen. Zu dieser Gruppe von strukturell unterschiedli- chen Proteinen gehören Interleukine (IL), Chemokine (CCL oder CXCL), Kolonie-stimulierende Faktoren (colo- ny stimulating factor, CSF), Interferone (IFN), der Transformierende Wachs- Nachdem diese durch eine Phosphori- Anschließend wandern diese STAT-Di- tumsfaktor (transforming growth factor, lierung aktiviert wurden, lösen sie sich mere vom Zytoplasma in den Zellkern TGF) und verschiedene Tumornekrose- vom Rezeptor und bilden entweder und induzieren oder unterdrücken die faktoren (tumor necrosis factor, TNF). Homodimere oder Heterodimere (5). Transkription von Genen (6). [1] Ein gebräuchlicher Ansatz, um diese Zytokin Typ-I- bzw. -II-Rezeptor Zellmembran JAK JAK P JAK JAK P P JAK JAK P ATP ATP ATP ATP P P 1. Bindung eines Zytokins an einen 2. Gegenseitige Trans- und Auto- 3. Phosphorilierung der intrazellulären Typ-I- oder Typ-II-Rezeptor phosphorilierung der aktivierten JAKs Tyrosinreste P JAK JAK P P JAK JAK P P JAK JAK P ATP ATP ATP ATP ATP ATP P P P P P P P P Zellkern P P P STAT-Dimer P P P 6. Wandern des STAT-Dimers vom Zyto- 5. Lösen der STATs vom Rezeptor und plasma in den Zellkern und Induktion oder 4. Aktivierung der STATs Bildung von Homo- oder Heterodimeren Unterdrückung der Transkription Abb. 3: Schematische Darstellung des JAK/STAT-Signalweges; Januskinase (JAK), Phosphat (P), Adenosintriphosphat (ATP), Signaltransdukto- ren und Aktivatoren der Transkription (STAT)
3 JAK-abhängige Zytokinrezeptoren und Liganden mit ihren vergesellschafteten Januskinasen Rezeptor-Familie Ligand/Zytokin Assoziierte Januskinase Typ I gemeinsame γ-Kette IL-2, IL-4, IL-7, IL-9, IL-15, IL-21 JAK1, JAK3 IL-4Rα-Untereinheit IL-13 JAK1, JAK2, JAK3, TYK2 gemeinsame β-Kette IL-3, IL-5, GM-CSF JAK2 gp-130 IL-6, IL-11, IL-27 JAK1, JAK2, TYK2 IL-12, IL-23 JAK2, TYK2 GH, EPO, TPO, Leptin, G-CSF JAK2 Typ II IFN-Rezeptor Typ I IFNα, IFNβ JAK1, TYK2 IFN-Rezeptor Typ II IFNγ JAK1, TYK2 IFN-Rezeptor Typ III IL-28, IL29 JAK1, TYK2 IL-10-Familie IL-10, IL-19, IL-20, IL-22 JAK1, JAK2, TYK2 IL-24 JAK1 Abb. 4: Auszug von JAK-abhängigen Rezeptoren und Liganden mit ihren vergesellschafteten Januskinasen; Interleukin (IL), Growth Hormone (GH), Erythropoetin (EPO), Thyreoperoxidase (TPO), Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor (GM-CSF), Granulozyten- Kolonie-stimulierender Faktor (G-CSF), Interferon (IFN); Modifizierte Tabelle [2] große Gruppe von Zytokinen zu kate- ren binden [3]. Abbildung 4 zeigt eine Typ-II-Rezeptoren entweder abhängig gorisieren, betrifft den entsprechenden Übersicht der Typ-I- und -II-Zytokinre- von JAK1 beziehungsweise von JAK2. Rezeptor, an den sie sich binden. Dabei zeptorfamilien, mit einem Auszug von TYK2 tritt dahingegen nur gemeinsam weisen von den verschiedenen Rezep- Liganden und ihren assoziierten Janus- mit JAK1 oder JAK2 auf. JAK3 ist im Ver- torgruppen die Typ-I- und die Typ-II-Re- kinasen. gleich zu den anderen drei Mitgliedern zeptorfamilie eine JAK-Abhängigkeit relativ selten. [1] auf. [1] Die Typ-I- und -II-Zytokinrezeptoren können entweder eines oder verschie- Signalkaskade Zytokine, die sich an Typ-I- und Typ-II- dene Isoenzyme der JAK-Familie für die als Ansatzpunkt Zytokinrezeptoren binden, lösen durch Signalübermittlung benötigen (Abbil- ihre Rezeptorbindung einen JAK/ dung 5). Die Bedeutung der JAKs und STATs in STAT-Signalweg aus. Aktuell sind ins- der Signalkaskade des Immunsystems gesamt 29 Faktoren beschrieben, die Die Januskinasen treten dabei entweder sowie der bereits erfolgreiche Einsatz an Typ-I-Zytokinrezeptoren und 28 als Homodimer oder als Heterodimer von Biologika zur Hemmung von Zyto- Faktoren, die an Typ-II-Zytokinrezepto- auf. Generell sind aber alle Typ-I- und kinen sind zwei der Gründe, warum die Schematische Darstellung der Typ-I- (grün) und Typ-II- (orange) Zytokinrezeptoren mit den verschiedenen Mitgliedern der JAK-Familie JAK 1 JAK 3 JAK 1 TYK 2 JAK 2 JAK 2 TYK 2 JAK 2 TYK 2 JAK 1 JAK 2 JAK 1 JAK 2 Abb. 5: Schematische Darstellung der Typ-I- (grün) und Typ-II- (orange) Zytokinrezeptoren mit den verschiedenen Mitgliedern der JAK-Fa- milie; Modifizierte Abbildung [2, 3]
4 Übersichtstabelle über JAK-Inhibitoren Wirkstoff (Handelsname) Studienlage/Zulassung (EU) Assoziierte Januskinase Erste Generation Ruxolitinib (Jakavi) [8] Zugelassen für MF, PV JAK1, JAK2 Tofacitinib (Xeljanz) [9] Zugelassen für RA, PsA, CU JAK1, JAK2, JAK3 Baricitinib (Olumiant) [10] Zugelassen für RA, AD JAK1, JAK2 Zweite Generation Upadacitinib (Rinvoq) [11] Zugelassen für RA, PsA, SpA JAK1 Filgotinib (Jyseleca) [12] Zugelassen für RA JAK1 Itacitinib Phase III JAK1 Abrocitinib Phase III JAK1 Ritlecitinib Phase III JAK3 BMS-986165 Phase III TYK2 Brepocitinib Phase II JAK1, TYK2 Ausblick: Auszug von weiteren Indikationen, die in Studien geprüft werden Juvenile Arthritis Alopecia areata Leukämie Vaskulitis Vitiligo Sklerodermie Morbus Crohn Lupus erythematodes Graft-versus-Host-Erkrankung Uveitis Sjögren-Syndrom Malignom solider Organe Acne inversa Chron. Handekzem Psoriasis Abb. 6: Übersichtstabelle über JAK-Inhibitoren; Myelofibrose (MF), Polycythaemia vera (PV), rheumatoide Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA), Colitis Ulcerosa (CU), Atopische Dermatitis (AD), Spondylitis ankylosans (SpA), grün: in der EU zugelassen, gelb: es gibt mindestens eine laufende Phase-III-Studie, orange: es gibt mindestens eine laufende Phase-II-Studie Hemmung des JAK/STAT-Signalweges Gegensatz zu Biologika, die gentech- pan-JAK-Inhibitoren bezeichnet (Ab- als Ansatzpunkt bei der Behandlung nisch hergestellt werden und in der Re- bildung 6). Mit den JAK-Inhibitoren von Autoimmunerkrankungen sowie gel subcutan oder intravenös appliziert der zweiten Generation wird versucht, entzündlichen Erkrankungen dient, werden. durch eine isoformselektivere Hem- bzw. Gegenstand von aktuellen For- mung Nebenwirkungen zu reduzieren schungsprojekten ist (Abbildung 6). [3] Selektive Wirkung und dabei die Behandlungseffektivität zu erhalten bzw. zu verbessern. Das Potenzial, die Hemmung der Ja- Von den sieben homologen Abschnit- nuskinasen als Therapieansatz zu ver- ten (JH1 bis JH7) der Januskinase dient Kontrollen vor wenden, wurde bereits in den 1990ern aktuell der Abschnitt JH1 als Hauptan- Therapiebeginn erkannt. 2011 und 2012 wurden die ers- satzpunkt der JAK-Inhibitoren. Die ten zwei JAK-Inhibitoren von der FDA meisten JAK-Inhibitoren hemmen dort Vor dem Beginn einer Therapie mit ei- zugelassen, Ruxolitinib für die Behand- kompetitiv die Bindungsstellen der nem JAK-Inhibitor muss unter anderem lung der Myelofibrose und Tofacitinib Adenosintriphosphate. Da die JH1-Ab- auf gewisse Faktoren geachtet werden. für die Behandlung der rheumatoiden schnitte der JAK-Isoformen eine große Zum einen sollten eine virale Hepatitis, Arthritis (RA). [2] Wobei Tofacitinib erst Homologie untereinander aufweisen, eine aktive oder latente Tuberkulosein- 2017 die EU-Zulassung erhielt. Bis heu- wirken die JAK-Inhibitoren zwar selektiv fektion sowie eine bestehende Schwan- te folgten viele weitere Phase-II- und aber nicht spezifisch. [4] gerschaft ausgeschlossen werden und Phase-III-Studien zu neuen JAK-In- zum anderen ist es wichtig, dass bei hibitoren. Aktuell sind insgesamt fünf Die ersten JAK-Inhibitoren weisen eine den Patientinnen und Patienten keine JAK-Inihibitoren (Tofacitinib, Baricitinib, hemmende Wirkung auf jedes der vier aktiven Infektionen – einschließlich lo- Ruxolitinib, Upadacitinib und Filgotinib) JAK-Mitglieder auf, jedoch in unter- kaler Infektionen – bestehen. Weiters in der EU zugelassen (Abbildung 6). schiedlicher Intensität. Diese ist abhän- müssen vor Beginn und dann regelmä- gig von der Dosierung, dem Zelltyp, der ßig während der Therapie die absolute Während Biologika spezifisch den Gewebsdurchgängigkeit sowie von der Lymphozyten- sowie Neutrophilenzahl, JAK-Signalweg komplett hemmen, re- Genetik des Individuums. [4] Dadurch das Hämoglobin und die Leberparame- duzieren JAK-Inhibitoren reversibel ergeben sich unterschiedliche Wir- ter kontrolliert werden. Ergänzend sollte die Aktivität von einem oder mehre- kungen sowie Nebenwirkungen. Die davor der Impfstatus überprüft und ent- ren JAK-Isoformen [4]. JAK-Inhibito- JAK-Inhibitoren der ersten Generation sprechend den aktuellen Impfempfeh- ren werden chemisch hergestellt und werden aufgrund der Hemmung von lungen die erforderlichen Impfungen können oral eingenommen werden, im gleich mehreren Januskinasen auch als nachgeholt werden. Ergänzend muss
5 TYP-I-Zytokine TYP-II-Zytokine JAK- unabhängige Zytokine IL-2, IL-4, IL-7, IL-6 EPO, TPO, IL-12, IL-23 IFNα, IFNβ IFNγ TNFα, TNFβ, IL-9, IL-15, IL-21 GM-CSF, GH, TGFβ, EGF, CCL, IL-3, IL-5 IL-1, IL-17, IL-18 JAK1 JAK3 JAK1 TYK2 JAK2 JAK2 TYK2 JAK2 TYK2 JAK1 JAK2 JAK1 JAK2 T-Zellen- Akute-Phase- Hämatopoese Th-1- und Th-17- Antivirale Th-1- Wirkung über Wachstum, Reaktion Wachstum Differenzierung Antwort Differenzierung andere -Differenzierung Lymphozyten- Anabolismus NK zytolytische Makrophagen- Signalwege und -Gedächtnis Wachstum und Aktivität Aktivierung NK-Wachstum -Aktivierung NK und CD8 und zytolytische Katabolismus zytolytische Aktivität Fettstoffwechsel Aktivität B-Zellen- Knochenresorption Funktion Potenzielle Nebenwirkungen: Infektionen, thrombembolische Ereignisse, Blutbildveränderungen, Leberwerterhöhung, Dyslipidämien, Maligne Erkrankungen Abb. 7: Schematische Darstellung von wichtigen Typ-I- und Typ-II-Zytokine gemeinsam mit ihren Signalwegen sowie ein Auszug von einigen JAK-unabhängigen Zytokinen; Chemokine (CCL), Cluster of Differentiation (CD), Epidermal-Growth-Factor (EGF), Erythropoetin (EPO), Growth Hormone (GH), Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor (GM-CSF), Interferon (IFN), Interleukin (IL), natürliche Killerzelle (NK), Transformierender Wachstumsfaktor (TGF), T-Helferzelle (Th), Tumornekrosefaktor (TNF), Thyreoperoxidase (TPO); Modifi- zierte Abbildung[1-3]. bei der Anwendung von zweimal täglich tion und Fertilität bei Männern bzw. de- ventional synthetic Disease Modifying 10 mg Tofacitinib (Indikation: Colitis Ul- ren Reversibilität sind aktuell noch unbe- Antirheumatic Drugs). [7] cerosa) ein erhöhtes Risiko für eine Lun- kannt. Daher sollte das potentielle Risiko genembolie ausgeschlossen werden. einer verringerten Fertilität oder Infertili- Blutbild und Veränderungen tät mit den Patienten vor Therapiebeginn der Leberwerte Nebenwirkungen besprochen werden. [12] Diese Thematik ist Gegenstand laufender Studien. Durch die Therapie mit einem JAK-In- Die Nebenwirkungen der für die RA zu- hibitor kann es zu Veränderungen des gelassenen JAK-Inhibitoren lassen sich Infektionen Blutbildes sowie zu einer Erhöhung der teilweise von der Hemmung der ent- Leberwerte kommen. Zwischen den sprechenden Zytokine ableiten (siehe Durch die Hemmung mehrerer Zytokine einzelnen Inhibitoren zeigen sich in den Abbildung 7). Für den klinischen Alltag sind Infektionen eine zu erwartende Ne- Zulassungsstudien Unterschiede. Ins- spielen unter anderem Infektionen, benwirkung von JAK-Inhibitoren. Dabei gesamt konnte bei allen zugelassenen Blutbildveränderungen, Leberwerter- ist zu beachten, dass die Anzahl an In- JAK-Inhibitoren Lymphopenien vom höhungen (Cave: Leberzirrhose), Dysli- fektionen in Studien abhängig von Do- Grad 4 sowie Anämien beobachtet wer- pidämien, maligne Erkrankungen sowie sis, Erkrankung und Patientenpopulati- den, daher werden diesbezüglich Kont- thromboembolische Ereignisse eine on ist. Insgesamt werden am häufigsten rollen empfohlen. Eine Neutropenie vom wichtige Rolle. [9-12] Infektionen der oberen Atemwege fest- Grad 3 wurde bei Tofacitinib, Baricitinib gestellt. Die am häufigsten beobachtete sowie Filgotinib gelegentlich und bei Zudem zeigten sich bei Filgotinib in schwerwiegende Infektion ist bei Filgo- Upadacitinib häufig beschrieben. Zu- tierexperimentellen Studien eine ver- tinib und Upadacitinib die Pneumonie, dem konnte bei allen für die Indikation ringerte Fertilität, eine eingeschränkte welche bei Tofacitinib sowie Baricitinib RA zugelassenen JAK-Inhibitoren, außer Spermatogenese sowie histopathologi- ebenso zu den häufigsten zählt. [9-12] bei Filgotinib, gelegentlich bis häufig ein sche Auswirkungen auf die männlichen Zudem scheint, dass die Inzidenz von Transaminasenanstieg (GPT und GOT) Fortpflanzungsorgane. Die potentiellen Herpes Zoster höher ist als bei den ak- über das Dreifache des oberen normalen Auswirkungen auf die Spermienproduk- tuellen Biologika oder csDMARDs (con- Grenzwertes beobachtet werden. [9-12]
6 Keine Kontraindikation gegen MTX Kontraindikation gegen MTX Klinische Diagnose einer RA Beginn mit MTX + Kurzzeitige Kombination mit GC + Beginn Leflunomid oder Sulfasalazin PHASE I Verbesserung nach 3 Monaten oder Zielerreichung ja Therapie beibehalten nach 6 Monaten? Bei anhaltender Remission Dosisreduktion nein JAKi Ungünstige Keine ungünstigen Prognosefaktoren* Prognosefaktoren* bDMARD oder JAKi Zweites csDMARD dazugeben (Wechsel oder Zugabe) PHASE II Verbesserung nach 3 Monaten oder Zielerreichung ja Therapie beibehalten nach 6 Monaten? Bei anhaltender Remission Dosisreduktion/Intervalls- Verlängerung nein JAKi Wechsel auf bDMARD Verbesserung nach 3 Monaten oder JAKi oder Zielerreichung ja fortsetzen (andere oder selbe Substanzklasse) nach 6 Monaten? PHASE III Bei anhaltender Remission Dosisreduktion/Intervalls- nein Verlängerung Abb. 8: Vereinfachte Darstellung des Therapiealgorithmus für die rheumatoide Arthritis (RA) aus dem 2020 veröffentlichten EULAR-Update [17]; * siehe angegebene Quelle [17], biologisches DMARD (bDMARD), konventionell synthetisches DMARD (csDMARD), Glucocorticoide (GC), Januskinasen-Inhibitoren (JAKi), Methotrexat (MTX) Venöse Thromboembolie citinib bei Personen, die ein erhöhtes Eine aktuelle Meta-Analyse zeigte, dass Risiko für Lungenembolien aufweisen, es unwahrscheinlich ist, dass die aktuell In einem Review der EMA zeigte sich, kontraindiziert [9]. Es wurden auch die für die bei RA zugelassenen JAK-Inhibi- dass Patientinnen und Patienten, die mit anderen JAK-Inhibitoren auf ein erhöh- toren im Vergleich zu Placebo das Risiko Tofacitinib behandelt werden, dosisab- tes Thromboembolierisiko untersucht. einer venösen Thromboembolie (VTE) hängig ein erhöhtes Risiko haben eine In den Studien zeigten sich zwar throm- substanziell erhöhen [18]. Inwieweit die schwere venöse Thromboembolie, ein- boembolische Ereignisse, man muss JAK-Inhibitoren das Risiko nun tatsäch- hergehend mit einer Pulmonalembolie, aber beachten, dass auch die Grunder- lich erhöhen, bleibt aber noch offen. zu entwickeln [13]. Daher ist die Anwen- krankung, z. B. eine aktive rheumatoide Bei allen vier JAK-Inhibitoren wurde ein dung von zweimal täglich 10 mg Tofa- Arthritis, das Thromboserisiko erhöht. Warnhinweis in der Fachinformation
7 nisch-entzündliche systemische Au- toimmunerkrankung mit Synovialitis und konsekutiver Polyarthritis sowie ex- traartikulären Manifestationen an inne- ren Organen, Augen und Gefäßen [16]. Der Krankheitsverlauf und die Ausprä- gung der Symptomatik können dabei sehr unterschiedlich sein. Entscheidend für die weitere Prognose sind dabei eine frühzeitige Erkennung und eine leitlini- engerechte Therapie. Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über den Einsatz der JAK-Inhibitoren in der rheumatoi- den Arthritis. Kurzer Rückblick vermerkt und es wird empfohlen, die die mit einem TNFα-Hemmer behandelt Patientinnen und Patienten auf Zeichen wurden, erhöht. Unter zweimal täglich In den späten 1990ern setzte Me- einer Thromboembolie zu überwachen. 5 mg erkrankten 62 von 1.455 (4,26 %) thotrexat (MTX), welches bereits seit bzw. bei zweimal täglich 10 mg 60 von 1950 als Chemotherapeutikum An- Maligne Erkrankungen 1.456 (4,12 %) der Patientinnen und Pa- wendung fand, als konventionell syn- tienten an Krebs im Vergleich zu 42 von thetisches DMARD (csDMARD) einen Studien zeigten, dass Patientinnen und 1.451 (2,89 %) unter den TNFα-Hemmern. Meilenstein in der Therapie der rheu- Patienten mit rheumatoider Arthritis im (Hazard Ratio lag bei der gemeinsamen matoiden Arthritis. In den Folgejahren Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ei- Auswertung beider Dosierungen bei erweiterten Biologika (bDMARD) wie nerseits ein mäßig erhöhtes Risiko haben 1,48; 95 % Konfidenzintervall 1,04-2,09 TNFα-Blocker, IL-1-Rezeptor-Antago- generell eine maligne Erkrankung zu ent- im Vergleich zu TNFα-Hemmern). [14] nisten, IL-6-Rezeptor-Antikörper und wickeln, speziell ein erhöhtes Risiko für ein Bei Baricitinib, Upadacitinib sowie Fil- Antikörper gegen das CD20-Oberflä- Lungenkarzinom und Lymphom, ande- gotinib laufen derzeit Langzeitevaluie- chenantigen von B-Zellen sowie deren rerseits aber unter anderem ein vermin- rungen zur Sicherheit. [10-12] Biosimilars die therapeutischen Opti- dertes Risiko für kolorektale Karzinome. onen. [5] MTX als Monotherapie sowie Gastrointestinale als Kombinationstherapie mit einem Um die zugrundeliegenden Mechanis- Perforationen bDMARD bilden hierbei wichtige Säulen men für das erhöhte bzw. verminderte in der Therapie der RA. Malignomrisiko besser zu verstehen, In klinischen Studien zeigten sich bei Die JAK-Inhibitoren stellen nun als werden weitere Studien benötigt, wel- Tofacitinib und Baricitinib Fälle von zielgerichtete synthetische DMARDs che spezifischen Aspekte wie zum gastrointestinalen Perforationen. Daher (tsDMARD) eine weitere Substanzgrup- Beispiel Behandlungen, Rauchen und sollten diese Wirkstoffe bei Patientin- pe für die Behandlung der rheumatoiden andere Lifestyle-Faktoren berücksich- nen und Patienten mit einem erhöhten Arthritis dar. Sie sind die erste oral einzu- tigen. [19] Risiko für gastrointestinale Perforati- nehmende Langzeittherapie, die von der onen bzw. einer bereits bestehenden Wirksamkeit vergleichbar mit den bereits Nun zeigten Ende Jänner 2021 Ergeb- Divertikel-Erkrankung mit Vorsicht an- bekannten bDMARDs ist. Aktuell sind mit nisse der ORAL-Surveillance-Studie, gewendet werden. [9, 10] den Wirkstoffen Baricitinib (Medikament: dass Tofacitinib das Krebsrisiko (mit Olumiant), Tofacitinib (Medikament: Xel- Ausnahme von nicht melanozytärem Rheumatoide Arthritis janz), Filgotinib (Medikament: Jyseleca) Hautkrebs) bei Patientinnen und Pati- sowie Upadacitinib (Medikament: Rin- enten mit rheumatoider Arthritis im Ver- Die rheumatoide Arthritis (RA) ist voq) vier JAK-Inhibitoren für die Therapie gleich zu Patientinnen und Patienten, eine ätiologisch noch unklare, chro- der RA in der EU zugelassen worden.
8 EULAR-Empfehlungen Das American College of Rheumatolo- gy (ACR) sowie die European League Fazit Against Rheumatism (EULAR) haben übereinstimmende Leitlinien für die JAK-Inhibitoren bieten durch die Hemmung des JAK/STAT-Signalweges und Therapie der RA erarbeitet, die auf Da- einer damit einhergehenden Reduktion von multiplen Zytokinen eine neue, ten systemischer Literaturrecherchen vielversprechende Therapieoption für immunvermittelte Erkrankungen, und daraus resultierender Experten- wie z. B. rheumatoide Arthritis, myeloproliferative Neoplasien, Atopische meinungen basieren (Abbildung 8) [5]. Dermatitis, Spondylitis ankylosans, Psoriasis-Arthritis oder Colitis Ulcerosa. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine relativ neue Medikamenten- 2020 erhielten die JAK-Inhibitoren gruppe handelt, fehlen im Vergleich zu bereits etablierten Medikamenten im veröffentlichten Update der EU- Langzeitdaten für ein noch besseres Verständnis über deren Wirkungen LAR-Empfehlungen im Vergleich zu und Nebenwirkungen. 2016 einen höheren Stellenwert. Unter anderem gab es zwei wichtige Ände- JAK-Inhibitoren werden chemisch hergestellt und können oral eingenom- rungen, welche für Patientinnen und men werden. Patienten mit ungünstigen Prognosefak- Im 2020 veröffentlichten EULAR-Update werden JAK-Inhibitoren in der toren gelten. Wenn im Falle einer unge- Indikation rheumatoide Arthritis Biologika gleichgestellt. nügenden Zielerreichung unter einem konventionell synthetischen DMARD Folgende Kontrollen müssen unter anderem vor der JAK-Therapie durchge- (csDMARD) ein biologisches DMARD führt werden: (bDMARD) oder ein zielgerichtetes • Ausschluss einer viralen Hepatitis sowie einer aktiven oder latenten synthetisches DMARD (tsDMARD) da- Tuberkulose zugegeben wird, wird nun keinem der • Ausschluss aktiver Infektionen neuen Kombinationspartner Priorität • Ausschluss einer bestehenden Schwangerschaft gegenüber dem jeweils anderen einge- • Kontrolle der absoluten Lymphozyten- und Neutrophilenzahl, des räumt. Als zweite Neuerung wird nun die Hämoglobins und der Leberparameter Zugabe eines bDMARD oder tsDMARD • Leitliniengerechte Überprüfung des Impfstatus explizit empfohlen anstatt wie bisher nur „erwogen“ und stützt daher die Kombi- Die einzelnen JAK-Inhibitoren unterscheiden sich durch die unterschiedli- nationstherapie stärker, als dies zuvor der che Hemmung des JAK/STAT-Signalweges in ihren Nebenwirkungen. Fall war. [17] Wichtige potenzielle Nebenwirkungen sind: Aktuell gibt es aber noch keine direkten • Infektionen Vergleichsstudien zwischen den einzel- • thromboembolische Ereignisse nen JAK-Inhibitoren. Die Zulassungsstu- • Blutbildveränderungen dien belegen aber die Wirksamkeit im • Leberwerterhöhung Vergleich zu Placebo, MTX (csDMARD) • Dyslipidämien sowie Adalimumab (bDMARD) [5]. • gastrointestinale Perforationen (Tofacitinib und Baricitinib) Insgesamt zeigen alle vier JAK-Inhi- • maligne Erkrankungen bitoren, Tofacitinib (ORAL-Strategy), • Infertilität (Filgotinib) Baricitinib (RA-BEAM), Upadacitinib (SELECT-COMPARE) und Filgotinib Die JAK-Inhibitoren unterscheiden sich im Preis (Abbildung 9). Bitte ver- (FINCH 1), die aktuell für die rheuma- wenden Sie bei der Verordnung von JAK-Inhibitoren das Ökotool. toide Arthritis zugelassen sind in Kombi- TNFα-Blocker sind in der Indikation rheumatoide Arthritis mit Ausnahme nation mit MTX, zu Adalimumab + MTX von Cimzia, Simponi kostengünstiger als JAK-Inhibitoren. vergleichbare Ansprechraten. [9-12]
9 Ökonomietabelle modellen ökonomisch gereiht. Die aktu- Rezeptiersoftware-Lösungen berück- elle Reihung finden Sie auch im Ökotool sichtigt und monatlich aktualisiert. In der unten angeführten Tabelle wer- des Dachverbandes der Sozialversiche- Aktuell ist die Gruppe der JAK-Inhibito- den die in der EU für die Indikation RA rungsträger (www.erstattungskodex.at). ren auf Basis des Preisstandes Mai 2021 zugelassenen JAK-Inhibitoren auf Basis Seit dem 01.10.2020 werden Preismo- in der Indikation rheumatoide Arthritis des Preisstandes Mai 2021 sowie unter delle im Ökotool und den auf Daten- teurer als die TNFα-Blocker (Ausnah- Berücksichtigung von aktuellen Preis- basis des Dachverbandes beruhenden men: Cimzia und Simponi). Ökonomietabelle zu JAK-Inhibitoren Medikamente im EKO Wirkstoff Stärke Packungsgröße Dosierung Preisreihung Jyseleca PM Filgotinib 200 mg 30 Stk. 1 x tägl. Olumiant PM Baricitinib 4 mg 28 Stk. 1 x tägl. Rinvoq PM Upadacitinib 15 mg 28 Stk. 1 x tägl. Xeljanz PM Tofacitinib 5 mg 56 Stk. 2 x tägl. teurer Abb. 9: Ökonomietabelle über die für die rheumatoide Arthritis zugelassenen JAK-Inhibitoren; Preisstand: 05/2021, Preismodell (PM) Lecture Board: [6] Kerschbaumer A, Sepriano A, Smolen JS, et [15] Baker KF, Isaacs JD. Novel therapies for al. Efficacy of pharmacological treatment in immune-mediated inflammatory diseases: Priv.-Doz. Dr. Rudolf Puchner, MSc MBA rheumatoid arthritis: a systematic literature What can we learn from their use in rheu- FA für Innere Medizin, Rheumatologie und research informing the 2019 update of the matoid arthritis, spondyloarthritis, systemic Gastroenterologie EULAR recommendations for management lupus erythematosus, psoriasis, Crohn‘s of rheumatoid arthritis. Ann Rheum Dis disease and ulcerative colitis? Ann Rheum Dis Dr. Manfred Linkesch 2020;79:744–59. 2018;77:175–87. FA für Innere Medizin und Rheumatologie [7] Sunzini F, McInnes I, Siebert S. JAK [16] Pschyrembel online. Rheumatoide Arthritis, Assoz. 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Zusammenfas- matisch auf Ihr ÖÄK-Online-Fortbil- sung der Merkmale des Arzneimittels Rinvoq (Upadacitinib). 2021. (https://www.ema. dungskonto gutgeschrieben. europa.eu/en/documents/product- information/rinvoq-epar-product- Quellen: information_de.pdf) [12] European Medicines Agency. Zusammen- [1] Garrido-Trigo A, Salas A. Molecular Structure fassung der Merkmale des Arzneimittels and Function of Janus Kinases: Implications Jyseleca (Filgotinib). 2021. (https://www.ema. for the Development of Inhibitors. J Crohns europa.eu/en/documents/product- Colitis 2020;14:S713-S724. information/jyseleca-epar-product- [2] Banerjee S, Biehl A, Gadina M, Hasni S, information_de.pdf) Schwartz DM. JAK-STAT Signaling as a Target [13] European Medicines Agency. Wissenschaft- for Inflammatory and Autoimmune Disea- liche Schlussfolgerungen (Xeljanz Article-20 ses: Current and Future Prospects. Drugs procedure - Annex IV (PASS)). 2021. 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