Jugend und Arbeit in Österreich - Berichtsjahr 2020/2021
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Impressum Medieninhaber, Verleger und Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit (BMA), Taborstraße 1-3, 1020 Wien Autorinnen und Autoren: Ingrid Nagl, Valerie Bösch (Abteilung III/A/3) unter Mitarbeit von Kai Hartig, Renate Schirmbrand und Sonja Schmöckel (Abteilung III/B/4a) Gesamtumsetzung: Sektion III/A/3 Übersetzung: Eva Holzmair-Ronge Fotonachweis: ©istockphoto.com/Delphine Poggianti Wien, 2021 Copyright und Haftung: Auszugsweiser Abdruck ist nur mit Quellenangabe gestattet, alle sonstigen Rechte sind ohne schriftliche Zustimmung des Medieninhabers unzulässig. Es wird darauf verwiesen, dass alle Angaben in dieser Publikation trotz sorgfältiger Bear beitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Bundeskanzleramtes und der Auto rin/des Autors ausgeschlossen ist. Rechtausführungen stellen die unverbindliche Meinung der Autorin/des Autors dar und können der Rechtsprechung der unabhängigen Gerichte keinesfalls vorgreifen. Rückmeldungen: Ihre Überlegungen zu vorliegender Publikation übermitteln Sie bitte an valerie.boesch@bma.gv.at und ingrid.nagl@bma.gv.at. Jugend und Arbeit in Österreich 2 von 87
Inhalt Einleitung ................................................................................................................ 4 1 Zahlen, Daten, Fakten ........................................................................................... 5 1.1 Demografische Entwicklung ....................................................................................... 5 1.2 Bildungsstand.............................................................................................................. 9 1.3 Jugendbeschäftigung und -arbeitslosigkeit .............................................................. 11 1.4 Jugendliche nach Beendigung der Ausbildung: Bildungsbezogenes Erwerbskarrierenmonitoring ........................................................................................... 21 1.5 Lehrlingsstatistik und Lehrstellenmarkt ................................................................... 22 2 Das österreichische Bildungs- und Ausbildungssystem ......................................... 28 2.1 Schule und Lehre ...................................................................................................... 28 2.2 Tertiäre Bildung ........................................................................................................ 34 2.3 Bildungs- und schulpolitische Schwerpunkte ........................................................... 39 3 Berufsbildung und Unterstützung am Übergang ................................................... 48 3.1 Berufs- und Bildungsinformation.............................................................................. 48 3.2 Die Lehre ................................................................................................................... 51 3.3 Übergangsmanagement Schule–Beruf ..................................................................... 65 3.4 Angebote für bestimmte Zielgruppen ...................................................................... 72 4 Aktivitäten der Europäischen Union..................................................................... 78 4.1 Der Europäische Sozialfonds..................................................................................... 78 4.2 Europäische Jugendgarantie ..................................................................................... 80 4.3 ERASMUS+ ................................................................................................................ 81 Tabellenverzeichnis................................................................................................. 83 Abbildungsverzeichnis............................................................................................. 84 Abkürzungen........................................................................................................... 85 Jugend und Arbeit in Österreich 3 von 87
Einleitung Die Angebote der österreichischen Arbeitsmarktpolitik unterstützen Jugendliche und junge Erwachsene dabei, die für sie passende Ausbildung und einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden. Die 2016 beschlossene Ausbildungspflicht und das flankierende Programm der Aus Bildung bis 18 ist dabei ein besonders wichtiges Projekt. Seither schließt an die allgemeine Schulpflicht eine Ausbildungspflicht an, um Jugendliche weiterführend zu qualifizieren und ihnen damit bessere Zukunftschancen zu ermöglichen. Um dies zu gewährleisten, reicht die Palette an unterstützenden, beratenden und qualifizierenden Angeboten von Berufsbera tung und Jugendcoaching über die überbetriebliche Berufsausbildung bis hin zu nieder schwelligen Angeboten zur Heranführung an die Lehre wie AusbildungsFit. Diese Programme werden laufend adaptiert und erweitert, um den Jugendlichen benötigte Qua lifikationen und Kompetenzen zu vermitteln und eine individuellere Unterstützung zu bie ten. Aber auch für junge Erwachsene (19- bis 25-jährige) hat die Arbeitsmarktpolitik insbesondere mit der Umsetzung der Ausbildungsgarantie bis 25 reagiert. Die Folgen der Corona Krise sind gerade für junge Menschen spürbar. Die Angebote der Arbeitsmarktpoli tik, insbesondere die Möglichkeit, junge Menschen direkt zu kontaktieren, wenn sie von einem (Aus-)Bildungsabbruch gefährdet sind oder ihnen auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten eine Lehrausbildung garantieren zu können, haben sich in den Krisenjahren 2020 und 2021 als wichtige Anker bewährt. Ziel der Broschüre „Jugend und Arbeit in Österreich“ ist es, über Bildung, Ausbildung und Beschäftigung von Jugendlichen in Österreich zu informieren. Sie stellt insbesondere das breite arbeitsmarktpolitische Angebot für Jugendliche dar und beschreibt Neuerungen und Veränderungen. Wir danken allen, die an dieser Broschüre mitgewirkt und uns Informatio nen zur Verfügung gestellt haben und für ihre Unterstützung! Das erste Kapitel der Broschüre gibt einen Überblick über die demografische Situation sowie über Daten zu Bildung und Arbeit. Im zweiten Kapitel werden das österreichische Bildungs system und aktuelle Schwerpunkte im Bereich der Bildungspolitik beschrieben. Im dritten Teil „Berufsbildung und Unterstützung am Übergang“ werden zunächst die Angebote zur Berufsinformation sowie das Lehrsystem und hier insbesondere die Förderungen und neuen Entwicklungen dargestellt. Dann wird das Übergangsmanagement Schule-Berufe mit den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Jugendliche und bestimmte Zielgruppen be schrieben. Das vierte Kapitel „Aktivitäten der Europäischen Union“ behandelt Initiativen und Programme, die von europäischer Ebene ausgehen. Jugend und Arbeit in Österreich 4 von 87
1 Zahlen, Daten, Fakten Bevölkerung, Bildungsstand, Beschäftigung: Dieses Kapitel gibt einen Einblick zur Entwick lung der Bevölkerung, zur Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation von Jugendlichen sowie zu Übergängen von Ausbildung zu Beruf. Dazu ziehen wir einerseits nationale Daten zu Be völkerung, Arbeitslosigkeit, Beschäftigung, Bildung und Lehrstellen heran. Andererseits ver wenden wir internationale Befragungsdaten, um die Situation Österreichs mit anderen Ländern im Vergleich darstellen zu können. 1.1 Demografische Entwicklung Am 1. Jänner 2021 lebten in Österreich 8.932.664 Menschen. Das bedeutet einen leichten Zuwachs um 0,36% gegenüber dem Jahresbeginn 2020. Im Jahr 2000 waren es noch 8 Mio. Personen. Rund 49% der Bevölkerung sind im Jahr 2021 männlich und 51% weiblich. Der Anteil der unter 20-Jährigen liegt im Jahr 2021 auch bei 19,3% wie im Vorjahr und ist seit dem Jahr 2000 (23,1%) kontinuierlich zurückgegangen. 61,5% sind Personen im Erwerbsal ter von 20 bis 64 Jahren. Der Anteil der Personen ab 65 Jahren beträgt 19,2% (2000: 15,4%).1 Der Grund für die leichte Zunahme der Bevölkerung in diesem Jahr ist ausschließlich die internationale Zuwanderung. Im Jahr 2020 wanderten 40.064 Menschen mehr aus dem Ausland zu als das Land verlassen haben. Die Geburtenbilanz fiel 2020 aufgrund des starken Anstiegs der Sterbefälle negativ aus, daher war das Bevölkerungswachstum in diesem Jahr deutlich gedämpft.2 Der Wanderungssaldo bei Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft war 2020 mit einem Minus von 1.837 deutlich kleiner als 2019, blieb jedoch negativ. Bei ausländischen Staatsbürgern ergab sich dagegen unverändert zu 2019 auch im Jahr 2020 ein Wanderungs gewinn. Mit +41.901 Personen war dieser aber um rund 7% niedriger als 2019.2 Am 1. Jänner 2021 lebten insgesamt 1.531.072 Menschen mit ausländischer Staatsangehö rigkeit in Österreich. Das entspricht einem Anteil von 17,1% an der Gesamtbevölkerung Ös terreichs 3 . Unter den nicht-österreichischen Staatsangehörigen Anfang des Jahres 2021 1 Quelle: Statistik Austria, Tabelle Bevölkerung seit 1869 nach Geschlecht, breiten Altersgruppen und Staatsange hörigkeit 2 Quelle: Statistik Austria, Pressemitteilung: 12.529-120/21 3 Quelle: Statistik Austria, Pressemitteilung: 12.529-120/21 Jugend und Arbeit in Österreich 5 von 87
stammte etwas mehr als die Hälfte (53,2%) aus anderen EU- und EFTA-Ländern, inklusive des Vereinigten Königreiches. Den größten Anteil unter dieser Gruppe bilden mit 25,6% Per sonen aus Deutschland. Den zweitgrößten Anteil an allen nicht-österreichischen Staatsan gehörigen bildet die Gruppe der Drittstaatsangehörigen mit 46,8%, darunter sind 17% Serben und Serbinnen, 16,4% Türken und Türkinnen und 13,5% sind Personen aus Bosnien- Herzegowina. 32,6% stammen aus den EU-Beitrittsländern ab 2004. Den größten Anteil un ter dieser Gruppe bilden Staatsangehörige aus Rumänien mit 26,4%, aus Ungarn mit 18,3% und Kroatien mit 17,8%.4 Österreichs Bevölkerung wird in Zukunft stärker wachsen als zuletzt prognostiziert. Schon ab 2030 wird Österreich bei anhaltender Entwicklung ca. 9,2 Mio. Einwohner und Einwoh nerinnen haben. Bis zum Jahr 2080 wird die Bevölkerung in Österreich weiterhin wachsen, und zwar auf 9,9 Mio. Menschen und bis zum Jahr 2100 wird die Bevölkerungszahl von Ös terreich bei etwa 10,1 Mio. Einwohnern bzw. Einwohnerinnen liegen. Parallel dazu wird sich die Altersstruktur deutlich hin zu den Älteren verschieben. Die Zahl der unter 20-jährigen wird zwar weiterhin steigen, aber deren Anteil an der Bevölkerung zurückgehen (von 19,3% im Jahr 2020 auf 18,6% bis 2100), während der Anteil der Bevölkerung im Alter von 65 und mehr Jahren von 19,1% im Jahr 2020 auf 29,6% im Jahr 2100 steigen wird5 (siehe auch Ab bildung 1 auf Seite 7). 4 Quelle: Statistik Austria, Tabelle: Bevölkerung zu Jahresbeginn 2002 bis 2021 nach detaillierter Staatsangehörig keit; eigene Berechnungen des BMA 5 Quelle Statistik Austria, Tabelle: Vorausberechnete Bevölkerungsstruktur für Österreich 2019 bis 2100 laut Hauptszenario Jugend und Arbeit in Österreich 6 von 87
Abbildung 1: Bevölkerung nach breiten Altersgruppen 1950 bis 2080 (mittlere Variante) Quelle: Statistik Austria, Bevölkerungsprognose 2019 Die Zahl der Lebendgeborenen lag in den 1980er und 90er Jahren bei durchschnittlich 90.000 pro Jahr, wobei Höchstwerte in den Jahren 1982 (94.840) und 1992 (95.302) erreicht wurden (siehe Abbildung 2 auf Seite 8). Seither ist kein einheitlicher Trend mehr erkennbar und die Zahl der Neugeborenen bewegt sich zwischen 70.000 bis 90.000 im Jahr. Die Ge burtenbilanz fiel im Jahr 2020 deutlich negativ aus, weil dem Rückgang bei der Zahl der Neugeborenen ein kräftiger Anstieg der Verstorbenen gegenüberstand. Die Zahl der Le bendgeborenen lag im Jahr 2020 bei 83.603, das entspricht einen Rückgang von 1,7% ge genüber dem Jahr 2019. Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau (Gesamtfertilitätsrate) verringerte sich seit den 1980er Jahren von rund 1,5 auf rund 1,39 im Jahr 2009. Im Jahr 2020 lag die Rate bei 1,44 Kinder pro Frau. Zum Vergleich: Im Jahr 1963 hatte die Gesamt fertilitätsrate ein Nachkriegsmaximum von 2,82 erreicht und war somit fast doppelt so hoch wie heute. Laut vorausberechneter natürlicher Bevölkerungsbewegung (Fertilitätsvariante) von Statistik Austria wird die Gesamtfertilitätsrate kontinuierlich ansteigen und ab dem Jahr 2076 bei 2,10 stagnieren6, während die Lebenserwartung für Frauen wie Männer weiterhin steigen wird7. 6 Quelle: Statistik Austria, Tabelle: Vorausberechnete natürliche Bevölkerungsbewegung 2019 – 2100, Fertilitäts variante Österreich 7 Quelle: Statistik Austria, Tabelle Bevölkerungsstand- und Bevölkerungsstruktur Jugend und Arbeit in Österreich 7 von 87
Abbildung 2: Geburten und Sterbefälle 1950 bis 2080 (mittlere Variante) Quelle: Statistik Austria, Bevölkerungsprognose 2019 Die Bevölkerungspyramide (siehe Abbildung 3 auf Seite 9) zeigt die Zusammensetzung der Bevölkerung in Österreich für die Jahre 2018, 2030 und 20608. 8 Quelle: Statistik Austria, Bevölkerungsstand 2019 Jugend und Arbeit in Österreich 8 von 87
Abbildung 3: Bevölkerungspyramide 2019, 2040 und 2060 Quelle: Statistik Austria 1.2 Bildungsstand Die Entwicklung des Bildungsstandes seit 1971 zeigt den Anstieg des Bildungsniveaus der österreichischen Bevölkerung. 1971 hatten 58% der österreichischen Wohnbevölkerung (zwischen 25 und 64 Jahren) maximal eine Pflichtschule als höchsten Bildungsabschluss. Im Jahr 2020 betrug dieser Anteil nur mehr ca. 14%. Deutliche Zuwächse gibt es auch bei allen weiterführenden Ausbildungen. Seit 1971 hat sich der Anteil der Personen, die eine Matura als höchsten Abschluss erworben haben mehr als verdoppelt und dieser lag im Jahr 2020 bei ca. 30%. 1971 hatten nur rund 3% der österreichischen Wohnbevölkerung einen Hoch Jugend und Arbeit in Österreich 9 von 87
schulabschluss; im Jahr 2020 betrug der Anteil 21% (darin enthalten sind auch hochschul verwandte Lehranstalten); etwa 36% der 25- bis 64-jährigen Wohnbevölkerung hatten im Jahr 2020 einen Lehrabschluss.9 Vor allem Frauen haben in den letzten Jahrzehnten beim Bildungsstand deutlich aufgeholt: 1971 hatten 70,4% aller Frauen im Alter von 25 bis 64 Jahren einen Pflichtschulabschluss und 1,3% einen Hochschulabschluss. Im Jahr 2020 hatten nur mehr ca. 15% der Frauen im Alter von 25 bis 64 Jahren einen Pflichtschulabschluss (Männer: 12%). 27% hatten eine Lehre abgeschlossen (Männer: 45%), ca. 17% eine BMS (Männer: 9%) und 18% (Männer: 16%) eine Höhere Schule absolviert. 23% (Männer: 19%) haben eine Hochschule (darin ent halten sind auch hochschulverwandte Lehranstalten) abgeschlossen. Unter den jüngeren Frauen (25 bis 34 Jahre) hatten 2020 bereits ca. 30% einen Hochschulabschluss (Männer in dieser Altersgruppe: 21%). Österreich liegt beim Indikator der Frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänge10 mit 8,1% im Jahr 2020 im hinteren Mittelfeld. Die niedrigsten und besten Anteile weisen Kroatien mit 2,2%, Griechenland mit 3,8% und Slowenien mit 4,1% aus. Malta hat die höchsten Werte mit 16,7%, gefolgt von Spanien mit 16% und Rumänien mit 15,6%. Die EU-27 weist im Jahr 2020 bei einem Anteil von 9,9%11 aus. Im EU-27-Vergleich liegt Österreich bei Personen mit mindestens Sekundarabschluss II im Mittelfeld, bei Personen mit Tertiärabschluss im hinteren Mittelfeld: 2020 hatten in Öster reich 86,1% der 20- bis 24-jährigen mindestens einen Sekundarabschluss II, während es im EU-27-Durchschnitt 84,3% sind. Kroatien hat mit 97,2% die höchste Quote, gefolgt von Grie chenland und Irland mit je 94,9%. Den geringsten Anteil hat Luxemburg mit 75,4%, gefolgt von Spanien mit 75,9% und Dänemark mit 76,1%. Der Anteil der Personen mit Tertiärab schluss (ISCED 5–8) liegt 2020 in Österreich bei 41,6%12. Der EU-27-Durchschnitt beträgt 41%. In Luxemburg ist der Anteil bei diesem Indikator mit 62,2% am höchsten, gefolgt von Zypern mit 59,8% und Litauen mit 59,6%. Am niedrigsten ist der Anteil in Rumänien mit 26,4%, gefolgt von Italien mit 27,8% und Ungarn mit 33,2%13. 9 Quelle: Statistik Austria: Tabelle B1 Bevölkerung ab 15 Jahren nach höchster abgeschlossener Schulbildung - nati onale Gliederung, Alter und Geschlecht - Jahresdurchschnitt 2020, Prozentanteil: eigene Berechnungen des BMA. 10 Prozentanteil der 18- bis 24-Jährigen, die höchstens über einen Abschluss der unteren Sekundarstufe verfügen und in den vier Wochen vor der Erhebung an keiner Aus- oder Weiterbildung teilgenommen haben. 11 Quelle: EUROSTAT 12 Berufsbildende höhere Schulen fallen unter ISCED 5. 13 Quelle: EUROSTAT Jugend und Arbeit in Österreich 10 von 87
1.3 Jugendbeschäftigung und -arbeitslosigkeit Im Zuge der Covid-19-Pandemie ist die Jugendarbeitslosigkeit angestiegen und die Jugend beschäftigung gesunken. In diesem Kapitel wird anhand internationaler und nationaler Da ten auf die Situation während der Pandemie im Jahr 2020 eingegangen. Am Ende des jeweiligen Kapitels wird kurz die aktuelle Entwicklung anhand aktueller Monatsdaten be schrieben. 1.3.1 Arbeitslosigkeit und Beschäftigung im internationalen Vergleich Die Beschäftigungsquote der Jugendlichen (15- bis 24-Jährigen) ist laut EUROSTAT im Jahr COVID-19-Pandemiejahr 2020 um 1,4 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr auf 50,2% (Männer: 52,7% -2,1 Prozentpunkte, Frauen: 47,8%, -0,6 Prozentpunkte) gesunken. Trotz dem lag Österreich im europäischen Vergleich auch im Pandemiejahr – so wie schon 2019 - an dritter Stelle hinter Dänemark mit 53,2% (-1,8 Prozentpunkte) und den Niederlanden mit 62,5% (-2,8 Prozentpunkte). Der EU-27-Durchschnitt lag bei diesem Indikator bei 31,5% (-2 Prozentpunkte gegenüber 2019) - siehe Abbildung 4 auf Seite 1214. 14 Quelle: EUROSTAT; Arbeitskräfteerhebung Jugend und Arbeit in Österreich 11 von 87
Abbildung 4: Beschäftigungsquote der 15- bis 24-Jährigen im internationalen Vergleich im Jahr 2020 80,0 62,5 70,0 53,2 50,2 60,0 48,3 48,2 41,1 39,6 50,0 37,0 35,3 31,5 31,3 29,6 29,4 40,0 28,5 28,4 27,2 27,0 25,6 25,1 24,9 24,6 24,1 23,4 22,7 30,0 18,8 18,5 16,8 13,8 20,0 10,0 0,0 Litauen EU 27 Irland Italien Estland Spanien Luxemburg Polen Lettland Slowakische Republik Ungarn Zypern Dänemark Niederlande Rumänien Belgien Slowenien Finnland Deutschland Österreich Portugal Kroatien Bulgarien Schweden Malta Tschechische Republik Griechenland Frankreich Quelle: EUROSTAT-Abfrage vom 29.Juni 2021; Anmerkung: Anteil der 15- bis 24-jährigen Erwerbstätigen an der entsprechenden Wohnbevölkerung im Jahresdurchschnitt 2020 Im internationalen Vergleich der Arbeitslosenquoten der 15- bis 24-Jährigen lag Österreich im COVID-19-Pandemiejahr 2020 mit 10,5% - das bedeutet eine Zunahme der Arbeitslosig keit um 2 Prozentpunkte gegenüber dem Jahr 2019 (Männer: 11,3%, +2,1 Prozentpunkte; Frauen 9,5%, +1,7 Prozentpunkte) – trotzdem an sehr guter vierter Stelle hinter den Nie derlanden mit 9,1% (+2,4 Prozentpunkte), der Tschechischen Republik mit 8% (+2,4 Pro zentpunkte) und Deutschland mit 7,5% (+1,7 Prozentpunkte). Der EU-27-Deutschnitt lag 2020 bei 16,8% (+1,8 Prozentpunkte). Die höchste Arbeitslosigkeit der unter 25-Jährigen wei sen Spanien mit 38,3% (+5,8 Prozentpunkte), Griechenland mit 35% (-0,2 Prozentpunkte) und Italien mit 29,4% auf (+0,2 Prozentpunkte) aus- siehe Abbildung 5 auf Seite 13. Jugend und Arbeit in Österreich 12 von 87
Abbildung 5: Jugendarbeitslosenquoten im internationalen Vergleich im Jahr 2020 50 45 38,3 35,0 40 35 29,4 30 23,9 23,2 22,6 21,4 21,1 20,2 25 19,6 19,3 18,2 17,9 17,3 16,8 15,3 15,3 14,9 20 14,2 14,2 12,8 11,6 10,8 10,7 10,5 15 9,1 8,0 7,4 10 5 0 Deutschland (bis 1990… Irland EU 27 Litauen Polen Lettland Estland Luxemburg Italien Spanien Niederlande Dänemark Ungarn Zypern Tschechien Österreich Rumänien Slowenien Belgien Finnland Malta Slowakei Kroatien Portugal Bulgarien Schweden Frankreich Griechenland Quelle: EUROSTAT-Abfrage vom 29. Juni 2021 Die Jugendarbeitslosenquote bezieht sich nur auf die Erwerbsbevölkerung, also auf jene Personen, die (potentiell) arbeiten (wollen). Damit werden zum Beispiel Personen, die aus verschiedensten Gründen keinen Job (mehr) suchen, nicht berücksichtigt. Da bei Jugendli chen dieser Anteil größer ist (z.B. aufgrund von Ausbildung), ist es aussagekräftiger, die ar beitslosen Jugendlichen im Verhältnis zur gleichaltrigen Gesamtbevölkerung zu betrachten. Im Jahr 2020 waren in der Tschechischen Republik 2,2%, in Bulgarien 3,1% und in Deutschland 3,6% aller Jugendlichen von 15–24 Jahren arbeitslos. In Österreich waren es 5,9%, das bedeutet +1,1 Prozentpunkte gegenüber 2019 (Frauen: 5% und Männer 6,7%). Der EU-27-Durchschnitt lag 2020 bei 6,3% (+0,3 Prozentpunkte). Am höchsten war ihr Anteil in Schweden mit 12,51%, gefolgt von Spanien mit 11,4% und Finnland mit 11,2%. Bei den jüngeren Jugendlichen im Alter von 15 bis 19 Jahre ist der Anteil der Arbeitslosen im Jahr 2020 in Schweden mit 12,7%, gefolgt von Finnland mit 10,1% und Dänemark mit 7,3% am höchsten. Polen hat den niedrigsten Anteil mit 0,9%, gefolgt von der Tschechischen Repub lik mit 1,2%. Österreich hat im Jahr 2020 bei diesem Indikator einen Anteil von 3,8%, das Jugend und Arbeit in Österreich 13 von 87
bedeutet -0,1 Prozentpunkte gegenüber 2019 (Frauen: 3,6%, Männer 4%), der EU 27-Durch schnitt: 3,6% (-0,1 Prozentpunkte). Bei den älteren Jugendlichen im Alter von 20 bis 24 Jahren ist der Anteil in Spanien mit 17,9% am höchsten, gefolgt von Griechenland mit 14,2% und Schweden mit 12,3%, Am niedrigsten ist der Anteil in dieser Altersgruppe in der Tsche chischen Republik mit 3,2% und in Deutschland mit 4,4%. Österreich liegt mit 7,7%, das ist um 2,1 Prozentpunkte mehr als noch 2019 (Frauen: 6,2%, Männer: 9,1%) im Mittelfeld. Der EU-27-Durchschnitt bei diesem Indikator lag 2020 bei 9% (+0,8 Prozentpunkte). Die Langzeitarbeitslosenquote der Jugendlichen (12 Monate und länger arbeitslos) im Al ter von 15 bis 24 Jahren ist im Jahr 2020 in Dänemark mit 0,5% am niedrigsten und in Grie chenland mit 19,2% am höchsten. Österreich liegt bei diesem Indikator mit 1,2%, das ist ein Rückgang von 0,3 Prozentpunkte gegenüber 2019 an fünfter Stelle. Der EU-27-Durchschnitt beträgt 2020 3,5% (-0,3 Prozentpunkte). Die NEET-Quote (Not in Education, Employment or Training) zeigt den Anteil der Jugendli chen im Alter von 15 bis 24 Jahren, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in non-formaler Ausbildung befinden an der Wohnbevölkerung (15 bis 24 Jahre) – ist also breiter gefasst als die Arbeitslosenquote. Dieser Indikator ist in den Niederlanden mit 4,5% am geringsten, gefolgt von Schweden mit 6,5% und der Tschechischen Republik mit 6,6%. Österreich liegt 2020 mit einem Anteil der NEET von 8%, ist um 0,9 Prozentpunkte mehr als 2019 (Frauen: 6,9% und Männer 9%) an neunter Stelle. Der EU 27-Durchschnitt liegt bei 11,1% - +1 Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr - Frauen: 11,1% und Männer 11%). Die höchste NEET-Quote verzeichnet Italien mit 19%, gefolgt von Rumänien mit 14,8% und Zypern mit 14,4% (siehe Abbildung 6 auf Seite 15). Jugend und Arbeit in Österreich 14 von 87
Abbildung 6: NEET-Quote, 15 bis 24 Jahre, 2020 24 22 19,0 20 18 14,8 14,4 14,4 13,9 16 13,2 12,2 12,0 11,7 11,4 14 11,1 10,8 10,7 12 9,3 9,2 9,2 9,1 8,9 8,6 10 8,0 7,7 7,4 7,3 7,1 6,6 6,6 6,5 8 4,5 6 4 2 0 Estland Litauen EU 27 Irland Luxemburg Lettland Polen Italien Spanien Niederlande Dänemark Ungarn Zypern Tschechien Deutschland Österreich Rumänien Slowenien Belgien Finnland Portugal Malta Slowakei Schweden Kroatien Bulgarien Frankreich Griechenland Quelle: EUROSTAT; Abfrage: 29. Juni 2021; die NEET-Quote ist der Anteil jener Jugendlichen, die sich weder in Ausbildung, noch in Beschäftigung oder Weiterbildung befinden. Nachdem sich die Lage am Arbeitsmarkt im EU-Durchschnitt in den letzten Jahren kontinu ierlich verbessert hat, ist die Arbeitslosenquote 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Maßnahmen gestiegen. Dies betrifft vor allem auch Jugendliche. Im Juli 2020 waren in der EU ca. 3,3 Millionen Jugendliche unter 25 arbeitslos (zum Vergleich Juli 2019: 2,8 Mio.). Damit lag die Jugendarbeitslosenquote im EU-Durchschnitt im Juli 2020 bei 18,7%, während sie im Juli 2019 noch bei 15,2% lag. Im Juli 2021 lag diese Quote im EU- Durchschnitt bei 16,2%, was einen Rückgang um 2,5 Prozentpunkte bedeutet. Die Gesamt arbeitslosenquote im EU-Durchschnitt stieg von 6,7% im Juli 2019 auf 7,6% im Juli 2020 und im Juli 2021 lag diese Quote bei 6,9% (das bedeutet einen Rückgang von 0,7 Prozentpunkten gegenüber Juli 2020). In Österreich lag die Jugendarbeitslosenquote im Juli 2019 bei 10,3%, im Juli 2020 bei 13%. Im Juli 2021 hat sich die Jugendarbeitslosenquote um zwei Prozent punkte auf 11% gegenüber Juli 2020 reduziert. Die Gesamtarbeitslosenquote hat sich in Österreich von 4,9% im Juli 2019 auf 6,8% im Juli 2020 erhöht und im Juli 2021 lag diese Jugend und Arbeit in Österreich 15 von 87
Quote bei 6,2% (das bedeutet einen Rückgang gegenüber Juli 2020 um 0,6 Prozent punkte).15 1.3.2 Jugendarbeitslosigkeit und -beschäftigung in Österreich Aufgrund der COVID-19-Pandemie ist im Jahr 2020 der Bestand an unselbständiger Beschäf tigung Jugendlicher (15 bis 24 Jahre) im Vergleich zum Vorjahr um 5% auf 425.082 Personen zurückgegangen (nationale Daten). Davon sind 129.877 im Alter von 15 bis 19 Jahre und 295.205 im Alter von 20 bis 24 Jahre. Sowohl bei der Altersgruppe der 15-bis 19-Jährigen gab es einen Rückgang von 3,4% als auch bei den 20- bis 24-Jährigen mit 5,7%. Die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahren erhöhte sich im Pande miejahr 2020 im Jahresdurchschnitt um 43,5% (+13.182 Jugendliche) im Vergleich zum Vor jahr. Bei 15- bis 19-Jährigen stieg diese um 26,2% auf 6.075 (+1.263), bei den 20- bis 24- Jährigen erhöhte sich die Arbeitslosigkeit um 46,8% auf 37.378 (+11.920) - siehe Abbildung 7 auf Seite 17. Geschlechtsspezifisch differenziert erhöhte sich die Arbeitslosigkeit der männlichen Jugendlichen (15- bis 24-Jahre) um 41,4% auf 24.837 (+7.269) und die der weib lichen Jugendlichen um 46,6% auf 18.615 (+5.913). Im Vergleich dazu erhöhte sich auch die Gesamtarbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt 2020 um 35,9% bzw. +108.312 auf 409.639 vorgemerkte Personen.16 15 Die internationale Arbeitslosenquote bildet in der jetzigen Situation die Zahl der Arbeitslosen wahrscheinlich weniger genau ab, als normalerweise. Denn arbeitslos sind Personen, die laut Befragungsdaten innerhalb der letz ten vier Wochen aktiv nach Arbeit gesucht und in den nächsten zwei Wochen eine Arbeit beginnen können. Insbe sondere während des Lockdowns war die Möglichkeit zu Suchen und einen Job zu beginnen jedoch eingeschränkt, zum Beispiel auch wegen Kinderbetreuung. Quelle: EUROSTAT, Abfrage vom 23. September 2021 16 Nationale Administrativdaten/ELIS Jugend und Arbeit in Österreich 16 von 87
Abbildung 7: Arbeitslose Jugendliche von 15 bis 19 Jahren und von 20 bis 24 Jahren – 2013 bis 2020 50 000 45 000 8 115 8 106 7 533 6 075 8 228 40 000 6 064 35 000 5 188 30 000 4 812 25 000 38 587 37 378 37 041 36 625 34 516 20 000 31 693 27 256 25 458 15 000 10 000 5 000 0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 arbeitslose Jugendliche 20 bis 24 Jahre arbeitslose Jugendliche 15 bis 19 Jahre Quelle: AMS (nationale Daten); BALI-Abfrage: 29. Juni 2021 Die Registerarbeitslosenquote (d.h. nationale Definition) der Jugendlichen (15- bis 24-Jäh rigen) erhöhte sich im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 2,9 Prozentpunkte auf 9,3%. Die durchschnittliche Dauer einer Arbeitslosigkeitsepisode bei den Jugendlichen hat sich im Jahr 2020 aufgrund der Pandemie zwar stark erhöht (+20 Tage gegenüber 2019), ist aber noch immer deutlich geringer als in den anderen Altersgruppen. Die durchschnittliche Ver weildauer, also die Dauer bis zum Abgang aus der Arbeitslosigkeit, betrug 2020 bei jugend lichen Arbeitslosen 82 Tage, während der Gesamtdurchschnitt aller Arbeitsloser bei 126 Tagen (+5 Tage über dem Niveau des Vorjahres) lag17. Im Pandemiejahr 2020 wurden vom Arbeitsmarktservice 254.711 (+147,5% gegenüber dem Vorjahr) Jugendliche (15- bis 24-Jährige) gefördert. Darunter wurden 174.610 Jugendliche mit einer Beschäftigungsbeihilfe gefördert. 85.248 Jugendliche erhielten eine Qualifizie rungsmaßnahme und 29.514 Jugendliche erhielten ein Unterstützungsangebot18. Die Schulungsteilnahmen von unter 25-Jährigen in Schulungen des Arbeitsmarktservice ver ringerten sich im Jahr 2020 um 7,7% auf 24.332 Jugendliche im Vergleich zum Vorjahr (Jah resdurchschnittsbestand). Die Zahl aller Schulungsteilnahmen ist fast gleich um 7,8% auf 57.107 gesunken. Die Schulungsteilnahmen von jungen Männern reduzierten sich 2020 um 17 Quelle: Nationale Administrativdaten/ELIS und BALI-Abfrage vom 29. Juni 2021. 18 Quelle: Nationale Administrativdaten/ELIS, AMS-Förderungen und Beihilfen, Jahr 2020. Jugend und Arbeit in Österreich 17 von 87
9,5% und die der jungen Frauen um 5,4% gegenüber dem Vorjahr; siehe Abbildung 8 auf Seite 1919. Im Jahresdurchschnitt 2020 gab es 19.116 Teilnahmen in einer Überbetrieblichen Lehrausbildung im Rahmen der Ausbildungsgarantie, davon hatten 11.129 Jugendliche ei nem Ausbildungsvertrag.20 Von den 37.378 arbeitslosen Jugendlichen im Alter von 20 bis 24 Jahren hatten im Jahr 2020 44% maximal einen Pflichtschulabschluss, etwa 32% hatten eine Lehrausbildung, ca. 7% eine mittlere Ausbildung absolviert, ca. 16% verfügten über einen höheren oder akademi schen Bildungsabschluss (siehe auch Tabelle 1 auf Seite 19). Im Vergleich dazu hatten etwa 15% aller 20–24-Jährigen, von denen sich viele noch in Ausbildung befinden, max. Pflicht schulabschluss, ca. 28% einen Lehrabschluss, 8% eine mittlere Ausbildung und ca. 49% eine höhere Schule bzw. einen Tertiärabschluss absolviert21. Analytische Daten, wie z.B. der Arbeitskräfteumschlag zeigen, dass der Arbeitsmarkt für Ju gendliche von einer überdurchschnittlichen Dynamik gekennzeichnet ist. Der jährliche Ar beitskräfteumschlag dieser Altersgruppe beläuft sich auch im Jahr 2020 auf rund 100%. 19 Quelle: Nationale Administrativdaten/ELIS, Arbeitsmarktdaten Jugendliche, Jahresdurchschnitt 2020. 20 Quelle: Nationale Administrativdaten/ELIS, Arbeitsmarktdaten Jugendliche, Jahresdurchschnitt 2020. 21 Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2019; Tabelle B 1 Bevölkerung ab 15 Jahren nach höchster abgeschlossener Schulbildung – nationale Gliederung, nach Alterskategorien und Geschlecht, Jahres durchschnitt 2020; eigene Berechnungen des BMA Jugend und Arbeit in Österreich 18 von 87
Abbildung 8: Arbeitslose Jugendliche und Jugendliche in Schulungsmaßnahmen von 15 bis 24 Jahren – 2011 bis 2020 80 000 Jugendliche in Schulungsmaßnahmen arbeitslose Jugendliche 70 000 60 000 46 702 44 158 45 147 37 757 42 744 50 000 43 453 32 444 40 295 38 847 30 270 40 000 30 000 20 000 29 861 29 450 28 328 27 499 27 378 26 537 26 366 25 144 25 021 24 333 10 000 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Quelle: AMS (nationale Daten); BALI-Abfrage: 2. Juli 2021 Tabelle 1: Arbeitslose Jugendliche (20 bis 24 Jahre) nach höchstem Bildungsabschluss 2013 bis 2020 Ausbil 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 dung Pflicht 14.729 15.725 16.329 15.352 13.162 11.291 10.951 16.328 schule Lehre 13.066 13.931 14.422 13.416 11.491 9.751 8.758 12.114 Mittlere 2.275 2.416 2.442 2.323 2.012 1.768 1.669 2.421 Ausbil dung Höhere Ausbil dung 4.317 4.834 5.263 5.436 4.945 4.377 4.016 6.067 Jugend und Arbeit in Österreich 19 von 87
Ausbil 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 dung unge 129 135 131 99 82 69 64 448 klärt Gesamt 34.516 37.041 38.587 36.625 31.693 27.256 25.458 37.378 Quelle: BMA, AMS-DWH-Abfrage vom 5. Juli 2021; die höhere Ausbildung umfasst höhere Schulen und akademi sche Ausbildung, da in dieser Altersgruppe viele Jugendliche ihr Studium noch nicht beendet haben. Im Jahr 2020 zeichnete sich, verursacht durch die COVID-19-Pandemie und -Maßnahmen eine negativere Entwicklung ab. So gab es im Oktober 2020 mit 35.000 Personen um 19,0% mehr arbeitslose Jugendliche als im Vorjahr und um 4,9% mehr Lehrstellensuchende. Es wurden seitens der Bundesregierung Maßnahmen – auch speziell für Jugendliche und junge Erwachsene – getroffen, um ausreichend Ausbildungsplätze zu sichern bzw. Qualifi zierungen bereitzustellen. Durch die Corona-Kurzarbeit wurden während der Covid-19-Krise zahlreiche Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisse gesichert. Fast 183.000 junge Menschen unter 25 Jahren erhielten im Jahr 2020 eine Kurzarbeitsbeihilfe. Die Möglichkeit auch für Lehrlinge Kurzarbeit zu be antragen, stellt ein zentrales Element in der Absicherung der betrieblichen Lehre in Krisen zeiten dar. Lehrlingen in Kurzarbeit werden 100% des zuvor bezogenen Nettobezuges gewährt. Auch der Wechsel des Lehrjahres und die damit einhergehende Erhöhung des Lehrlingseinkommens wurden in der Regelung berücksichtigt, sodass keine finanziellen Nachteile entstehen können. Zudem wurde festgelegt, dass bei Lehrlingen mindestens 50% der Ausfallszeit über den gesamten Kurzarbeitszeitraum für berufliche Aus- und Weiterbil dung zu nutzen sind. Im April 2020 befanden sich rund 50% aller Lehrlinge (ca. 50.000 Per sonen) in Kurzarbeit. Ende Dezember 2020 waren es noch immer rund 14.000 Personen. Im Rahmen der „Corona-Joboffensive“, eine zentrale Zielvorgabe des BMA in diesem Zu sammenhang ist die gezielte Qualifizierung von jungen Erwachsenen mit maximal Pflicht schulabschluss im Rahmen der Ausbildungsgarantie bis 25 mit bewährten lehrabschlussorientierten Angeboten. Im Jahr 2020 wurden im Rahmen der „Corona-Jobof fensive“ bereits rund 40.300 Personen gefördert – davon fast 9.400 (23%) geringqualifi zierte junge Erwachsene – siehe auch unter Punkt 3.3.5 auf Seite 70. Jugend und Arbeit in Österreich 20 von 87
Im August 2021 hat sich der Arbeitsmarkt aufgrund der von der Bundesregierung ergriffe nen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen schon etwas entspannt. Der Bestand an vorge merkten Arbeitslosen ist um 23% gegenüber August 2020 auf 286.277 zurückgegangen. Der Bestand an Jugendlichen im Alter von 15- bis 24-Jahren betrug im August 2021 27.178, das sind sogar um 31,7% weniger jugendliche Arbeitslose als noch im August 2020. Die durch schnittliche Verweildauer in Arbeitslosigkeit betrug im August 2021 69 Tage, das sind um 33 Tage weniger als noch im Vergleichsmonat des Vorjahres. Im August 2021 waren 8.625 lehrstellensuchend vorgemerkt und beim AMS waren 9.269 sofort verfügbare offene Lehr stellen gemeldet. 1.4 Jugendliche nach Beendigung der Ausbildung: Bildungsbezogenes Erwerbskarrierenmonitoring22 Mit dem bildungsbezogenen Erwerbskarrierenmonitoring können die Erwerbskarrieren von Jugendlichen, die in den Jahren 2008-2017 die Schule, Ausbildung oder Universität beendet haben, analysiert werden. Nach einer Lehre wechseln Jugendliche besonders häufig in Beschäftigung, während nach Pflichtschule und AHS eher fortführende Bildungswege gewählt werden. Von den Jugendli chen, die im Schuljahr 2016/2017 eine Lehrausbildung abschlossen hatten, waren 18 Mo nate nach Abschluss 77% erwerbstätig, 5% in einer weiteren Ausbildung, 8% in AMS- Vormerkung und 10% hatten einen anderen Status. Von den BMS-Absolventen und BMS- Absolventinnen waren hingegen 45% in Beschäftigung, 39% in Ausbildung, 4% in AMS- Vormerkung und 12% hatten einen sonstigen Status. Bei den AHS-Maturanten und AHS- Maturantinnen absolviert der Großteil eine weitere Ausbildung: nur 7% waren 18 Monate nach Abschluss erwerbstätig, 81% in Ausbildung, 1% in AMS-Vormerkung und 11% hatten einen sonstigen Status. Die BHS-Absolventen und -Absolventinnen waren 18 Monate nach Abschluss zu 44% erwerbstätig, zu 46% in Ausbildung, 2% waren in AMS-Vormerkung und 8% hatten einen sonstigen Status. Innerhalb der ersten zwei Jahre nach Abschluss beginnen nur 2% der Pflichtschulabsolven ten und -absolventinnen und 11% der AHS-Absolventen und -Absolventinnen keine weitere 22 Quelle: Statistik Austria; nach der Ausbildung …. Ergebnisse aus dem Bildungsbezogenen Erwerbskarrierenmoni toring (BibEr) im Auftrag von Sozialministerium und AMS für die Schuljahre 2008/2009 bis 2010/2011, Wien, Juni 2015 – eigene Aktualisierung der Daten für das Schuljahr 2014/2016; September 2020 Jugend und Arbeit in Österreich 21 von 87
Ausbildung. Nach einer BMS sind es 50% und nach einer BHS 49%. In den ersten beiden Jahren nach einer Lehre beginnen hingegen 92% keine weitere Ausbildung. Bei den Jugendlichen, die innerhalb der ersten zwei Jahre nach Abschluss keine weitere Ausbildung beginnen, ist das Arbeitslosigkeitsrisiko nach einer Pflichtschule besonders groß und nach einer BHS und Universität am geringsten: 18 Monate nach Abschluss der Ausbil dung waren von den Pflichtschulabgängern bzw. Pflichtschulabgängerinnen (ohne weitere Ausbildung) 13% erwerbstätig, 19% arbeitslos und 68% hatten einen sonstigen Status. Bei den Absolventen und Absolventinnen einer Lehre waren rund 81% erwerbstätig und 9% in AMS-Vormerkung, Bei den BMS-Absolventen und -Absolventinnen waren 77% in Beschäfti gung und 6% in AMS-Vormerkung. Unter den AHS-, BHS- und Universitäts-Absolventen und Absolventinnen waren nur 3–4% beim AMS vorgemerkt. Wobei nach einer AHS nur 38% erwerbstätig waren, nach einer BHS hingegen 84% und nach einer Hochschule 77%. Das Median-Einstiegseinkommen der ersten unselbständigen Erwerbstätigkeit (Vollzeit)23 lag nach Lehrabschluss und BHS brutto bei circa € 2.070 nach einer BMS bei € 2.020, nach einer AHS bei € 1.790 und nach einer Hochschule (Universität, Fachhochschule, Pädagogi sche Hochschule inkl. Doktorat) bei € 2.51024. Nach Geschlecht betrachtet lag das Einkom men der BMS-Absolventinnen bei € 1.800, während Absolventen um 13% mehr verdienten und auf im Median € 2.140 kamen; nach einer BHS verdienen Frauen im Durchschnitt € 1.880, Männer € 2.260 (20% mehr). AHS-Absolventinnen verdienen rund € 1.620 und Ab solventen € 1.920 bzw. 18% mehr. Noch größer ist der Einkommensunterschied nach einem Lehrabschluss, nach welchem Männer mit € 2.230 um 30% mehr verdienen als Frauen, wel che im Durchschnitt € 1.720 verdienen. Nach einem Studium liegt das Medianeinkommen der Frauen bei € 2.430, bei Männern bei € 2.710 (+11%). Die Unterschiede liegen nicht nur an der unterschiedlichen Gewichtung der Ausbildungsfelder, sondern auch innerhalb der Ausbildungsfelder gibt es große Unterschiede nach Geschlecht. 1.5 Lehrlingsstatistik und Lehrstellenmarkt25 In Österreich ist das System der Lehrausbildung ein zentraler Baustein für Berufsausbildung und Berufseinstieg. Mit Stichtag 31. Dezember 2020 gab es 108.416 Lehrlinge, die in 28.711 23 Einstiegseinkommen (brutto), von jenen Personen, die in den ersten zwei Jahren nach Abschluss keine weitere Ausbildung begonnen haben. 24 Für Universitätsabsolventinnen/-absolventen: Personen, die die Ausbildung unter 30 Jahren beendet haben, unabhängig davon, ob sie eine weitere Ausbildung absolvieren. 25 Quelle: Wirtschaftskammer Österreich; Lehrlingsstatistik 2020 Jugend und Arbeit in Österreich 22 von 87
Ausbildungsbetrieben (inklusive Betriebe der Überbetrieblichen Lehrausbildung – ÜBA) ihre Ausbildung absolvierten. 68% der Lehrlinge sind männlich und nur 32% weiblich. Die Zahl der Lehrlinge ist im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 695 Personen oder 0,6% zurück gegangen. Von den 108.416 Lehrlingen wurden 7.240 Lehrlinge im Rahmen der ÜBA ausge bildet und 8.314 von den gesamten Lehrlingen im Jahr 2020 hatten einen Ausbildungsplatz in der Berufsausbildung gemäß § 8b (6.910 in einer verlängerten Lehrausbildung und 1.404 in Teilqualifizierungen); 5.778 werden in Unternehmungen und 2.536 in Einrichtungen aus gebildet. In den letzten 13 Jahren ging die Zahl der Lehrlinge im ersten Lehrjahr kontinuierlich zurück und lag 2020 nur mehr bei ca. 31.969 Lehrlingen. 2007 waren es noch 41.176 Lehrlinge im 1. Lehrjahr. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl damit um 1.913 oder 5,6% niedriger. Im Vergleich dazu hat sich die Anzahl der 15-Jährigen im Jahresdurchschnitt im Jahr 2020 um 767 oder 0,9% auf 86.344 erhöht. Aber insgesamt gesehen ist die Anzahl der 15-Jährigen auch seit 13 Jahren kontinuierlich bis 2019 gesunken. Die Lehrlingsquote, das ist der Anteil der Lehrlinge im 1. Lehrjahr an der Anzahl der 15-Jährigen, lag im Jahr 2020 bei 37%. Sie ist daher gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Prozentpunkte gesunken) – siehe auch Abbildung 9 auf Seite 24. Der Anteil der Lehrlinge ohne österreichische Staatsbürgerschaft im 1. Lehrjahr betrug 2020 15,1%26, das bedeutet einen Rückgang gegenüber dem Jahr 2019 um 0,7 Pro zentpunkte. Sie sind damit in der dualen Ausbildung stark unterrepräsentiert. Betrachtet man die Vorbildung der Schüler und Schülerinnen in ersten Berufsschulklassen, so zeigt sich, dass die größte Gruppe zuvor eine Polytechnische Schule besucht hat, aber viele auch aus BMS und BHS wechseln: 29,6% der Lehrlinge (Berufsschüler/Berufsschülerin nen) haben im Schuljahr 2019/2020 zuvor eine Polytechnische Schule, 14,2% eine berufs bildende mittlere Schule, 12,8% eine berufsbildende höhere Schule, 14,4% eine Neue Mittelschule, 10,8% eine Berufsschule (z.B. im Falle von Wiederholen oder Lehrberufswech sel) sowie 6,6% eine AHS-Oberstufe und 0,9% eine AHS-Unterstufe besucht. 6,2% haben bereits zuvor eine weiterführende Ausbildung absolviert, davon hat der Großteil eine BMS (3,1%) abgeschlossen27. 26 Quelle: Wirtschaftskammer Österreich; Stabsabteilung Statistik 27 Quelle: Statistik Austria, Schulstatistik, Tabelle „Vorbildung der Schülerinnen/Schüler in ersten Berufsschulklas sen 2019/2020“ Jugend und Arbeit in Österreich 23 von 87
Abbildung 9: Lehrlinge im 1. Lehrjahr und Lehrstellensuchende – 2011 bis 2020 Lehrlinge im 1. Lehrjahr Lehrstellensuchende 45 000 5 504 5 531 40 000 5 727 6 205 6 830 6 154 6 067 8 159 6 369 6 256 35 000 30 000 25 000 39 467 38 211 20 000 35 580 34 402 33 882 33 721 33 508 32 693 32 484 31 969 15 000 10 000 5 000 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Quellen: Lehrlingsstatistik 2020 der Wirtschaftskammer Österreich und BALI-Abfrage vom 29. Juni 2021 (Bestand Lehrstellensuchende); Lehrlinge im ersten Lehrjahr jeweils zum Stichtag 31. Dezember des jeweiligen Jahres; Jah resdurchschnittsbestand der sofort verfügbaren Lehrstellensuchende ohne Einstellzusage Der Bestand an Lehrstellensuchenden stieg im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 19,5% auf 8.159 an, während sich die beim AMS gemeldeten offenen Lehrstellen um 3,6% auf 6.022 reduzierten28. Die Nachfrage nach Lehrstellen hat im Jahresdurchschnitt 2020 das Angebot der Unternehmen um 2.137 überstiegen. Der Lehrstellenandrang, das ist das Ver hältnis der beim AMS gemeldeten sofort verfügbaren Lehrstellensuchenden zu den sofort verfügbaren offenen Lehrstellen, hat im Jahresdurchschnitt 2020 1,4 betragen. Der Ein schaltgrad29des AMS bei Lehrstellen betrug im Jahr 2020 74,8% und dieser wird sich lt. Prog nose von Synthesis Forschung im Jahr 2021 auf 79,7% erhöhen 30. 28 Quelle: BALI-Abfrage vom 29. Juni 2021. 29 Einschaltgrad des AMS (Lehrstellen) = Zugänge an offenen Lehrstellen dividiert durch alle aufgenommenen Lehr verhältnisse. Der Wert kann 100% überschreiten, wenn die Zahl der Zugänge an offenen Lehrstellen höher liegt als die Zahl der Aufnahmen von Lehrverhältnissen. 30 Quelle: Endel et.al, Lehrlingsausbildung: Vorschau auf Angebot und Nachfrage 2021; Synthesis Forschung, März 2021 Jugend und Arbeit in Österreich 24 von 87
Im Jahr 2020 werden in der Sparte Gewerbe und Handwerk in 16.337 Lehrbetrieben 46.659 Lehrlinge (das sind 43% aller Lehrlinge; +0,6% gegenüber dem Vorjahr) ausgebildet. 16.389 (-0,3%) Personen bzw. 15,1% machen 2020 eine Lehrausbildung in einem der 1.208 Lehrbe triebe in der Sparte Industrie und 15.105 (-1,2%) oder 13,9% in einem der 3.729 Lehrbe triebe in der Sparte Handel (siehe Abbildung 10 auf Seite 26). Der größte Rückgang nach Sparte gegenüber dem Vorjahr erfolgte im Jahr 2020 pandemiebedingt in der Sparte Tou rismus und Freizeitwirtschaft mit -11,6%; in dieser Sparte werden 7.876 Lehrlinge oder 7,3% in 2.925 Lehrbetrieben ausgebildet. Den größten Zuwachs an Lehrlingen konnte die Sparte Sonstige Lehrberechtigte, dazu zählen Rechtsanwälte, Magistrate, etc., mit +6,4% verzeich nen. In dieser Sparte werden 2020 8.574 Lehrlinge oder 7,9% in 2.431 Lehrbetrieben aus gebildet. Die Entscheidung für einen Lehrberuf wird neben persönlichen Interessen und Fähigkeiten auch durch das Angebot an verfügbaren Lehrstellen und die Wirtschaftslage beeinflusst. In Österreich ist die Auswahl der Lehrberufe jedoch immer noch sehr traditionell geprägt. Von den weiblichen Lehrlingen im Jahr 2020 wählten 22% den Einzelhandel mit allen Schwer punkten, 9,9% Bürokauffrau und 8% Friseurin (Stylistin). Bei den männlichen Lehrlingen do minierten bei der Lehrberufswahl die Modulberufe Metalltechnik mit 13%, Elektrotechnik mit 12,2% und Kraftfahrzeugtechnik mit 9,8%. Im Jahr 2020 wurden 61,2% aller weiblichen Lehrlinge in den zehn häufigsten Lehrberufen ausgebildet. Bei den männlichen Lehrlingen ist die Streuung der Berufswahl ähnlich: 63,8% wurden in den zehn häufigsten Lehrberufen ausgebildet. Jugend und Arbeit in Österreich 25 von 87
Abbildung 10: Anteil der Lehrlinge nach Sparten in Prozent im Jahr 2020 6,7% 7,9% 2,3% 7,3% 43,0% 2,6% 1,2% 13,9% Gewerbe und Handwerk Industrie 15,1% Handel Bank und Versicherung Transport und Verkehr Tourismus und Freizeitwirtschaft Information und Consulting Sonstige Lehrberechtigte ÜBA Quelle: Lehrlingsstatistik 2020 der Wirtschaftskammer Österreich; Anmerkung: Sonstige Lehrberechtigte = Nicht der Kammer der gewerblichen Wirtschaft zugehörige Betriebe (z.B. Rechtsanwälte, Magistrate, etc.). Der Bereich "Sonstige Lehrberechtigte" wurde bis zum Jahr 2012 als "Nichtkam mer" bezeichnet. ÜBA = Überbetriebliche Lehrausbildung (Ausbildungseinrichtungen nach dem Berufsausbil dungsgesetz, z.B. Überbetriebliche Lehrausbildung im Auftrag des AMS, selbständige Ausbildungseinrichtungen). 1.5.1 Verbleib in Ausbildungsbetrieb und -branche31 Nach Ende der Lehre geht für einen Teil der jungen Frauen und Männer das Lehrverhältnis direkt in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis über. 2014 waren mehr als ein Drittel (37%) aller ehemaligen Lehrlinge (Frauen: 32,3%, Männer: 39,5%) auch nach zwei Jahren noch in dem Unternehmen beschäftigt, in dem sie die Ausbildung absolviert hatten. Laut Prognose von Synthesis Forschung wird sich allerdings die Verbleibsquote im Ausbildungsbetrieb bis 2019 auf ca. 35% verringern. Von allen Personen, die ihre Lehrzeit auf einer vom AMS ge förderten Lehrstelle absolviert haben, sind nach zwei Jahren im Jahr 2014 noch 26,7% in 31 Quelle: Frick et.al; Lehrlingsausbildung: Angebot und Nachfrage, Entwicklung und Prognosen 2014 bis 2019; Synthesis Forschung, Juni 2015 (letztverfügbare Zahlen) Jugend und Arbeit in Österreich 26 von 87
ihrem Lehrbetrieb beschäftigt. Am höchsten ist bei den geförderten Lehrstellen die Ver bleibsquote der Mädchen mit Förderung in Lehrberufen mit geringem Frauenanteil (2014: 34,7%). Rund 43% der Lehrlinge waren zwei Jahre nach Erfüllung der Lehrzeit nicht mehr in ihrer Ausbildungsbranche beschäftigt. Etwas mehr als die Hälfte (56,5%) der jungen Facharbeiter bzw. Facharbeiterinnen (54,7% der Frauen und 57,5% der Männer) waren zwei Jahre nach Erfüllung der Lehrzeit noch – oder wieder – in der Branche, in der die Ausbildung absolviert wurde, beschäftigt. Die Verbleibsquote in der Ausbildungsbranche wird sich lt. Prognose von Synthesis Forschung bis 2019 auf 56,9% erhöhen. Die Verbleibsquote der Facharbeiter bzw. Facharbeiterinnen nach Branche, die durch AMS-geförderte Lehrstellen ihre Lehraus bildung absolviert haben, betrug im Jahr 2014 48,6%; der Anteil der Mädchen mit Förderung in Lehrberufen mit geringem Frauenanteil ist auch hier am höchsten (53,6%). Jugend und Arbeit in Österreich 27 von 87
2 Das österreichische Bildungs- und Ausbildungssystem Eine Vielzahl von Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Speziali sierungen prägen das österreichische Bildungs- und Ausbildungssystem. Daher wird im Fol genden, unterlegt mit Zahlen zu den unterschiedlichen Typen, das Bildungssystem von Schule bis Tertiärbildung beschrieben. Das dritte Unterkapitel geht schließlich auf die schul politischen Schwerpunkte ein. 2.1 Schule und Lehre Abbildung 11 auf Seite 29 gibt einen Überblick über das österreichische Bildungssystem von der elementaren Bildungseinrichtung bis zur tertiären Bildung. Nach der elementaren Bil dungseinrichtung und der Volksschule gibt es eine immer größere Anzahl an Schul- und Aus bildungstypen mit unterschiedlichen Spezialisierungen. Die Zuständigkeit in der Gesetzgebung im Schulwesen und in der Vollziehung ist zwischen dem Bund und den Län dern aufgeteilt. Jugend und Arbeit in Österreich 28 von 87
Abbildung 11: Das österreichische Bildungssystem Quelle: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF), August 2021 2.1.1 Bis zur Sekundarstufe I Die allgemeine Schulpflicht in Österreich dauert neun Jahre und beginnt im Alter von sechs Jahren. Zur vorschulischen Bildung können Kinder bis zum Schuleintritt eine elementare Bil dungseinrichtung (z.B. Kindergarten) besuchen. Im letzten Jahr ist der Besuch für Kinder, die bis zum 31. August des jeweiligen Jahres das fünfte Lebensjahr vollendet haben, im Aus maß von 20 Stunden an mindestens 4 Tagen pro Woche verpflichtend und beitragsfrei. Kin der, die die Schule vorzeitig besuchen, sind von der Besuchspflicht ausgenommen. Die Jugend und Arbeit in Österreich 29 von 87
Besuchspflicht kann auf Ansuchen auch im Rahmen der häuslichen Erziehung oder bei Ta gesmüttern und -vätern erfüllt werden. Dies setzt voraus, dass das Kind keiner Förderung in der Bildungssprache Deutsch bedarf und dass die Erfüllung der Bildungsaufgaben und der Werteerziehung gewährleistet ist. Die Betreuungsquote der Dreijährigen erhöhte sich seit 1995 von 45,3% auf mittlerweile 86,6%. Bei den Vierjährigen stieg im gleichen Zeitraum der Anteil von 80,4% auf 94% und bei den Fünfjährigen von 86,3% auf 97,4%32. Bei Kindern von 0 bis 2 Jahren stieg die Betreu ungsquote von 4,6% auf 27,6%33. Der Großteil der schulpflichtigen Kinder (ca. 98%)34 besucht in der Primarstufe die vierjäh rige Volksschule. Die verbleibenden 2% besuchen Sonderschulen, sonstige allgemeinbil dende Schulen mit Organisationsstatut (wie z.B. Realschulen, Waldorf- oder Montessori- Schulen) oder auch Schulen mit ausländischem Lehrplan. Für Kinder, die das Pflichtschulal ter erreicht haben, die jedoch noch nicht "schulreif" für den Eintritt in die Volksschule sind, ist der Besuch eines Vorschuljahres bzw. der Vorschulstufe vorgesehen, um allmählich in das Schulleben hineinzuwachsen. Nach der Volksschule, in der Regel im Alter von zehn Jahren, treten die Kinder in die Sekun darstufe I über. Die Sekundarstufe I dauert vier Jahre. Bei der Wahl der Schule findet die erste Differenzierung in der Bildungslaufbahn der Kinder statt: In Allgemeinbildende Höhere Schulen (AHS-Unterstufe) oder Mittelschulen (MS siehe Punkt 2.3.7 auf Seite 46). Für die Aufnahme in eine AHS müssen die Kinder die vierte Klasse Volksschule mit guten oder sehr guten Noten in Deutsch/Lesen/Schreiben und Mathematik beenden oder eine Aufnahme prüfung absolvieren. Das Schulwahlverhalten zu Beginn der Sekundarstufe I ist von mehre ren Faktoren abhängig: Neben dem regionalen Bildungsangebot bzw. der Pendeldistanz zum bevorzugten Schultyp, spielen das soziale Umfeld und der sozioökonomische Hinter grund eine wichtige Rolle. 32 Quelle: Statistik Austria, Kindertagesheimstatistik 2020/21, Anteil der Kinder in institutionellen Kinderbetreu ungseinrichtungen im Vergleich zur gleichaltrigen Wohnbevölkerung 33 Anteil der Kinder in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen (ohne Berücksichtigung vorzeitig einge schulter 5-jähriger Kinder ohne Hortbetreuung) im Vergleich zur gleichaltrigen Wohnbevölkerung 34 Quelle: Statistik Austria, Bildung in Zahlen 2019/2020 Jugend und Arbeit in Österreich 30 von 87
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