KÖLNER ZOOs NR. 4/2012 55. JAHRGANG

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KÖLNER ZOOs NR. 4/2012 55. JAHRGANG
NR. 4/2012
   ZEITSCHRIFT DES   55. JAHRGANG

KÖLNER
ZOOs
KÖLNER ZOOs NR. 4/2012 55. JAHRGANG
Gut.
  Sicherheit
  Vertrauen
  Nähe

Kreissparkasse.
KÖLNER ZOOs NR. 4/2012 55. JAHRGANG
Liebe Freunde des Kölner Zoos!
Was für ein Jahr liegt nun schon fast hinter uns?! Viele
Höhen, aber eben leider auch Tiefen, haben 2012 für den
Kölner Zoo geprägt – vieles ist Ihnen sicherlich bekannt.

Überschattet wurde 2012 durch den tragischen Arbeits-
unfall von Frau R. Kahn mit dem ich mich im Jahresbericht
beschäftigen werde. Unsere Gedanken sind bei ihr und
ihren Angehörigen.

Die Besucherzahlen sind 2012, wie in vielen anderen Zoo-
logischen Gärten auch, leider rückläufig gegenüber dem
Vorjahr. Dies liegt bei uns sicher vor allem daran, dass 2011
das beste Jahr unserer Geschichte war und in diesem Jahr
vor allem die Wochenenden durch schlechtes Wetter geprägt
waren – denken Sie nur an die Osterferien.

Aber es gibt eben auch viel Erfreuliches zu berichten. Mit- Der andere Artikel aus der Feder von Dr. Florian Brandes
 te des Jahres konnten wir unsere neue Anlage für Große         und Florian Melles beschreibt die Bemühungen zur Wieder-
 Ameisenbären (Myrmecophaga tridactyla) eröffnen. Mitt-         ansiedlung der Moorente am Steinhuder Meer. Dieses Pro-
 lerweile haben wir ein Paar der Großen Ameisenbären.           jekt wird auch durch den Kölner mit unterstützt. Nicht nur,
„Guapa“, das Weibchen, stammt aus dem Zoo Dortmund              dass wir Nachzuchten zur Verfügung gestellt haben, nein –
 und „Yavi“, das Männchen, aus dem Zoo in Amsterdam             unser Kurator B. Marcordes, der Vorsitzender der Taxon
 (Niederlande). Es sind überaus skurrile Tiere, die anmuten,    Advisory Group für Wasservögel des europäischen Zoo-
 als ob sie von einem anderen Stern kommen.                     verbandes (EAZA) ist, stand auch beratend zur Seite.

Unser diesjähriger Elefantennachwuchs „Bindi“ (Elephas Liebe Mitglieder des Fördervereins, liebe Freunde und
maximus) wird von seiner Mutter „Shu Thu Zar“ und den           Gönner des Kölner Zoos, liebe Natur- und Tierfreunde, ich
Tanten hervorragend betreut. Vater ist, der Name lässt es       möchte mich bei Ihnen ganz herzlich für Ihre Unterstüt-
erahnen, unser Elefantenbulle „Bindu“.                          zung im zurückliegenden Jahr bedanken. Die vielen positi-
                                                                ven, aufbauenden und herzlichen E-Mails, Briefe und
Besonders erfreulich ist und macht uns stolz: unser erster      Anrufe haben uns in der schweren Zeit, die wir in diesem
Nachwuchs bei den Bambuslemuren (Prolemur simus).               Jahr durchmachen mussten, getröstet und uns Mut gemacht.
Diese Primatenart, genauer gesagt Halbaffenart, gehört zu
den seltensten Arten weltweit.                                  Für alle Unterstützung, Ihr Interesse an unserem Zoo und
                                                                unserer Arbeit gilt Ihnen mein Dank im Namen aller Mit-
Bemerkenswert ist ebenso, dass „Kavango“, unser Nach-           arbeiterinnen und Mitarbeiter im Kölner Zoo.
wuchsbulle bei den Flusspferden (Hippopotamus amphibius)
nach 10 Jahren endlich eine neue Heimat gefunden hat.           Von Herzen wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes,
Er gründet jetzt in einem Zoo in Nordspanien eine neue          besinnliches Weihnachtsfest und vor allen Dingen alles
Familie.                                                        Gute für das kommende Jahr.

Die „Weihnachtsausgabe“ unserer Zeitschrift enthält zwei Herzlichst, Ihr
Artikel, die sich beide mit europäischen Tierarten beschäf-
tigen. Zum Einen schreibt Dr. Lutz Dalbeck über die Rück-
kehr der Biber. Sicher wissen nicht viele Menschen, dass es
unmittelbar vor der Haustür Kölns diese arbeitssamen
Gesellen zu sehen gibt. Ausführlich berichtet er über eine
wahre Erfolgsgeschichte im Artenschutz – es geht eben doch,                     Theo Pagel, Zoodirektor
wenn alle mitziehen.

                                                                                                                       153
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ZEITSCHRIFT DES
                                             NR. 4/2012
                                         55. JAHRGANG     Inhalt
      KÖLNER
      ZOOs
                                                          Wiederansiedlung der Moorente am Steinhuder Meer –
                                                          ein Beitrag zoologischer Einrichtungen zum
                                                          Artenschutz in Deutschland
                                                          Florian Brandes und Florian Melles                                               155
                                                          Die Rückkehr der Biber –
                                                          eine Erfolgsgeschichte des Artenschutzes
                                                          Lutz Dalbeck                                                                     167

Titelbild:                                                                     Letzte Umschlagseite:
Bambuslemuren (Prolemur simus) gehören zu den seltensten Lemuren-              Mutter „Kaya“ ist zwölf Jahre alt und kam 2006 aus Paris zu uns
arten auf Madagaskar. Sie gelten als vom Aussterben bedroht. Daher             nach Köln. Sie kümmert sich fürsorglich um ihren Nachwuchs.
sind wir ganz besonders stolz auf den ersten Nachwuchs: „Izy“ ist              Ihren Partner „Woody“, den Vater von „Izy“, hielt sie zunächst auf
ein weibliches Jungtier und wurde am 25.6.2012 geboren.                        Abstand. Jetzt ist die Familie aber vereint.
Greater bamboo lemurs (Prolemur simus) are one of the rarest lemur             Mother “Kaya” is twelve years old and arrived in Cologne in 2006
species in Madagascar. They are listed as critically endangered. Thus          from Paris. She cares meticulously for her offspring. She kept her
we are especially proud of our first offspring: “Izy” is a female              partner “Woody”, the father of “Izy”, initially at a distance. The
youngster and was born on 25.6.2012.                                           family is now, however, finally together.         (Fotos: R. Schlosser)

                                                          Vorträge im Kölner Zoo
                        Dienstag, 8. Januar 2013          „Sri Lanka, zum Baden viel zu schade –
                                       19.30 Uhr          Auf der Suche nach Reptilien, Amphibien und Spinnentieren“
                                                          Peter Klaas, Leiter des Insektariums des Kölner Zoos
                Dienstag, 19. Februar 2013                „Verhalten und Raumorientierung des Rotwildes –
                                 19.30 Uhr                Ansprüche an den Lebensraumverbund“
                                                          Dr. Michael Petrak, Leiter der Forschungsstelle für Jagdkunde und
                                                          Wildschadensverhütung im Landesbetrieb Wald und Holz NRW
                                                          (ergänzt mit Fotos zum Verhalten des Rotwildes in der Wahner Heide
                                                          von Jörg Pape, NABU Köln)
                        Dienstag, 12. März 2013           „Im Reich des Schneeleoparden –
                                      19.30 Uhr           Auf den Spuren der Raubkatze durch Nordindien“
                                                          Thomas Bauer, Reisebuchautor aus München
                                                          Die Vorträge finden in den Räumen der Zoogastronomie statt. Der Zugang erfolgt
                                                          über den Alten Stammheimer Weg (gegenüber dem Eingang zur Flora).

                                                          Veranstaltungen im Kölner Zoo
                               14. Februar 2013           Tour d’Amour
                                                          Wer am Valentinstag seine Liebe nicht nur durch die Blume kundtun möchte,
                                                          für den ist unsere Tour d’Amour genau das Richtige! Die beliebte Abendführung
                                                          zum Liebesverhalten der Tiere startet um 17 Uhr mit anschließendem Cocktail
                                                          im Aquarium. Eine Anmeldung ist erforderlich (Zoobegleiter, Tel.: 0221/77 85 121).
                                 24. März 2013            Elefantentag
                                                          An diesem Tag dreht sich wieder alles um unsere Kölner Elefantenherde mit
                                                          vielen Aktionen und Informationen rund um den Elefantenpark.

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Abb. 1: Eine Gruppe Moorenten (Aythya nyroca). Die Erpel sind anhand der weißen Iris und der intensiver kastanienbraunen Kopf-
färbung von den Weibchen zu unterscheiden.
A flock of ferruginous ducks (Aythya nyroca). The male can be distinguished by its white iris and the intensive chestnut brown head
from the female.                                                                                                   (Foto: F. Brandes)

 Wiederansiedlung der Moorente am Steinhuder Meer –
      ein Beitrag zoologischer Einrichtungen zum
              Artenschutz in Deutschland
                                                              Florian Brandes und Florian Melles

Gehalten wird sie in vielen zoolo-                           Niedersachsen stammt der letzte        Biologie und Gründe für den Rück-
gischen Einrichtungen, doch meist                            Brutnachweis aus dem Jahr 1986         gang
führt sie ein wenig beachtetes Leben                         (KRÜGER & OLTMANNS, 2007).
zwischen größeren und bunteren                               Nur am Bodensee und im Nordosten       Die Moorente gehört zu den Tauchen-
Entenvögeln und dient lediglich der                          Deutschlands gibt es noch wenige       ten (Aythyini) und ist ein Allesfresser
Vervollständigung der Kollektion                             Brutpaare (SCHNEIDER-JACOBY,           mit einem hohen Nahrungsanteil an
heimischer Entenarten. Die Rede ist                          2003). Grund genug für das Nieder-     submerser Vegetation (Unterwasser-
von der Moorente (Aythya nyroca).                            sächsische Umweltministerium die       pflanzen). Deswegen bevorzugt sie
Dabei hat diese mit schlichter Ele-                          Moorente in das Programm „Arche        flache, stille Gewässer mit reicher
ganz überzeugende Entenart durch-                            Niedersachsen“ aufzunehmen, in         Unterwasservegetation, die gründelnd
aus Beachtung verdient, denn wäh-                            dessen Rahmen verschiedene Arten       oder tauchend aufgenommen werden
rend sie in Südosteuropa und                                 gezielt unterstützt oder wiederange-   kann (MELLES, 2010). Solche natur-
Zentralasien noch häufiger vor-                              siedelt werden sollen. Dazu tragen,    nahen Gewässer mit breiter, ungestör-
kommt, wird sie in der Roten Liste                           wie im Fall der Moorente, auch ex      ter Uferzone und weiten Schilfgürteln,
der Brutvögel Deutschlands in Kate-                          situ-Maßnahmen wie die Zucht in        in denen die Moorente im Mai und
gorie 1 „vom Aussterben bedroht“                             zoologischen Einrichtungen für An-     Juni brüten kann, gibt es aber in
geführt (HAUPT et. al., 2009). In                            siedlungszwecke bei.                   Deutschland immer seltener. Auch

Zeitschrift des Kölner Zoos · Heft 4 / 2012 · 55. Jahrgang                                                                            155
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Abb. 2: Auswilderungsgebiete im Bereich der Naturschutzgebiete Meerbruchswiesen / Meerbruch (westliche Verlandungsbereiche des
Steinhuder Meeres, blau eingezeichnet) sowie am Ostufer (Naturschutzgebiet Ostufer Steinhuder Meer, rot eingezeichnet). Dabei die-
nen kleine, geschützte Buchten des Meeres, Schilfzonen im Bereich des Meerbaches sowie ruhige Blänken in den Meerbruchswiesen als
Auswilderungsorte.
Releasing sites in the protected nature reserves “Meerbruchswiesen / Meerbruch” at the Lake Steinhuder Meer (marked blue) and nature
reserve “Ostufer Steinhuder Meer” (marked red).                                                                (Bild: Google Earth)

Ersatzlebensräume wie extensiv ge-           (ROBINSON & HUGHES, 2003).                   ein. Der Rückzug in die Brutgebiete
nutzte Teichanlagen, wie es sie früher       Die ersten Moorenten treffen Ende            beginnt im Februar. In vielen an der
im Osten Deutschlands häufiger gab,          Oktober in den Überwinterungsgebieten        Zugroute gelegenen Ländern werden
sind rar geworden. Dies hat zu einem
starken Rückgang der Moorente in
Deutschland geführt.

Die Moorente ist ein Zugvogel, was
weitere Gefahren für die Art mit sich
bringt. Der Großteil der in Europa
brütenden Population zieht ab Ende
September
  p         über den Balkan und ent-
lang der Adria in die Überwinterungs-
gebiete Afrikas. Die westliche Zug-
route über Gibraltar und eine weiter
östlich gelegene über Griechenland,
die Türkei und den Nahen Osten wer-
den scheinbar nur von wenigen
                            g Moor-
enten genutzt.
       g        Über die ggenaue Aus-
dehnung der Überwinterungsgebiete
der Moorente ist wenig bekannt. Man
vermutet die Hauptüberwinterungs-
gebiete europäischer Moorenten heute
entlang des Niger, in den Feucht-
gebieten Malis, im Tschad sowie              Abb. 3: Moorentenvoliere in der Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen.
in den küstennahen Feuchtgebieten            Aviary for ferruginous ducks in the Wildlife Rescue and Conservation Centre
Ägyptens und Israels sowie im Sudan          Sachsenhagen.                                               (Foto: F. Brandes)

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erfahrene, mit dem Projektgebiet ver-
                                                                                            traute Biologen vor Ort sind. Dies ge-
                                                                                            währleistet eine professionelle Betreu-
                                                                                            ung des Projektes und wissenschaftliche
                                                                                            Auswertung der Ergebnisse. Auch die
                                                                                            Nähe der Wildtierstation zur ÖSSM
                                                                                            und zum Projektgebiet erleichtert eine
                                                                                            flexible Zusammenarbeit der Projekt-
                                                                                            partner.

                                                                                            Herkunft der Tiere

                                                                                            Da die Möglichkeit, Moorenten aus
                                                                                            stabilen Populationen der Natur zu
                                                                                            entnehmen, nicht gegeben ist, wurde
                                                                                            die Wildtier- und Artenschutzstation
                                                                                            in Sachsenhagen (WASS) frühzeitig an
                                                                                            den Planungen des Projektes beteiligt.

                                                                                            Die Mitarbeiter der WASS verfügen
                                                                                            über umfangreiche Erfahrung in der
                                                                                            Aufzucht und Auswilderung von
Abb. 4: Eine weibliche Moorente, die ihre acht Küken in der Voliere sorgsam behütet.        Entenvögeln. Zahlreiche Wiederfund-
A female ferruginous duck guarding its eight chicks in the aviary.    (Foto: F. Brandes)    meldungen durch die Vogelwarte
                                                                                            Helgoland dokumentieren den Ver-
                                                                                            bleib der mehr als 900 in den letzten
Zugvögel auch heute noch intensiv be-    letzte Brutnachweis stammt aus dem                 10 Jahren durch die Auffangstation
jagt. Dadurch kommt es, wie bei ande-    Jahr 1980. In den letzten Jahrzehnten              ausgewilderten Entenvögel.
ren Arten, vermutlich auch bei Moor-     wurden hier umfangreiche Renaturie-
enten zu hohen Verlusten.                rungsmaßnahmen durchgeführt und                    Im Rahmen dieses Projektes hat die
                                         besonders im Naturschutzgebiet                     Wildtierstation die Koordination der
Bereits im Jahr 2010 begannen, auf „Meerbruchswiesen“ viele naturnahe                       Beschaffung einer ausreichenden
Initiative des Niedersächsischen Um- Stillgewässer geschaffen, so dass die                  Anzahl an Moorenten aus Haltung
weltministeriums, die Vorplanungen Moorente heute dort wieder geeignete                     und Zucht für die Wiederansiedlung
für die Wiederansiedlung der Moor- Lebensräume finden kann. Neben die-                      übernommen. Mit Unterstützung des
ente am Steinhuder Meer und sowohl       sen Voraussetzungen
                                                           g besteht hier der               Niedersächsischen Umweltministe-
durch den NABU Niedersachsen als räumliche Vorteil, dass mit der Ökolo-                     riums wurde in der WASS eine 250 m²
auch durch die Ökologische Schutz- gischen Schutzstation Steinhuder Meer                    große Voliere mit zwei Teichen gebaut,
station Steinhuder Meer (ÖSSM), die
heute auch gemeinsam als Projekt-
träger fungieren, wurden Machbar-
keitsstudien erstellt (BRANDT, 2011;
MELLES, 2010). Hierin wurden geeig-
nete Ansiedlungsgebiete, mögliche
Herkunft der Enten, Auswilderungs-
methoden und Risiken diskutiert. Das
Ergebnis dieser Studien zeigte, dass ein
Ansiedlungsversuch zwar mit Risiken
behaftet ist, unter Einhaltung der
IUCN-Richtlinien für Wiedereinbür-
gerungen aber sinnvoll erscheint, um
dieser bei uns hoch bedrohten Art neu-
en Lebensraum in ihrem ehemaligen
Verbreitungsgebiet zu erschließen, den
sie eigenständig in absehbarer Zeit
nicht erreichen würde.

Das Projektgebiet

Als Wiederansiedlungsgebiet wurden
die Naturschutzgebiete rund um               Abb. 5: Die Zoobesucher können sich anhand einer eigens erstellten Tafel über das Projekt
das Steinhuder Meer ausgewählt. Seit         informieren.
rund 30 Jahren ist die Moorente aus          Zoo visitors are educated about the project via a specifically developed educational panel.
diesem Gebiet verschwunden. Der                                                                                       (Foto: F. Brandes)

                                                                                                                                    157
KÖLNER ZOOs NR. 4/2012 55. JAHRGANG
Abb. 6: Soft Releasing: Eine Gruppe Moorenten gewöhnt sich in          Abb. 7: Hard Releasing: Diese Moorenten werden aus ihren Trans-
der Auswilderungsvoliere an die neue Umgebung.                         portboxen heraus in der Ufervegetation freigelassen.
Soft Releasing: A flock of ferruginous ducks is acclimatising to the   Hard Releasing: This ferruginous ducks are released from their
new environment in the releasing aviary.         (Foto: F. Brandes)    transport box in the edge vegetation.          (Foto: F. Brandes)

in der bis zu 50 Moorenten unterge-            Auch die Wildtierstation selbst hält seit     Verwendung, da eine Naturbrut in gro-
bracht werden können. Verschiedene             dem Jahr 2012 fünf Zuchtpaare und             ßen, oben offenen Anlagen in vielen
Zoos, Vogel- und Wildparke in                  bereits die erste Zuchtsaison verlief         zoologischen Einrichtungen nicht
Deutschland konnten für das Projekt            sehr erfolgreich. Drei Entenmütter            möglich ist. Prädatoren wie Rabenvö-
gewonnen werden. Darunter auch der             haben in der großzügigen Voliere ge-          gel oder Marder fressen hier die Eier
Kölner Zoo, der seine Erfahrung in der         brütet und 22 Entenküken aufgezogen.          oder Jungvögel, so dass es zu hohen
Haltung und Zucht von Entenvögeln              Solche in Naturbrut aufgewachsenen            Verlusten kommt.
bereits bei der Planung der Mooren-            Jungenten werden für die Ansiedlung
tenhaltung in der WASS mit einge-              bevorzugt, denn sie haben in ihrem            Insgesamt haben bereits 115 Moor-
bracht hat.                                    Verhalten möglicherweise Vorteile             enten die Wildtierstation im Rahmen
                                               gegenüber handaufgezogenen Enten,             des Projektes durchlaufen. 68 davon
Die Zoos stellen dem Projekt kostenlos         weil sie eine natürliche Prägung und          konnten 2012 ausgewildert werden.
Nachzuchten von Moorenten zur Ver-             Lernphase in ihrer Jugendentwicklung          Die übrigen Vögel werden zur Zucht in
fügung, die von den Mitarbeitern der           durchlaufen haben. Aber auch künst-           der Wildtierstation gehalten oder hier
WASS abgeholt und bis zur Auswilde-            lich erbrütete und in arteigenen Grup-        überwintert, um im Frühjahr 2013
rung dort untergebracht werden.                pen aufgezogene Moorenten finden              paarweise ausgewildert zu werden.

              Eingang                                                                                        Auswilderung
                                                                Herkunft
      Anzahl            Datum                                                                           Anzahl            Datum
         8            10.09.2011         Zoologischer Garten Köln AG                                        5            18.04.2012
         6            30.09.2011         Tierpark Suhl                                                      –                 –
         6            23.10.2011         Vogelpark Marlow                                                   3            18.04.2012
        29            06.07.2012         Tierpark Cottbus                                                  29            06.07.2012
         8            10.06.2012         eigene Nachzucht                                                   8            30.07.2012
         6            21.06.2012         eigene Nachzucht                                                   6            22.08.2012
         8            01.07.2012         eigene Nachzucht                                                   8            22.08.2021
         3            13.08.2012         Zoo Hannover                                                       –                 –
        11            18.08.2012         Zoologischer Garten Köln AG                                        9            22.08.2012
        18            23.09.2012         Tierpark Suhl                                                      –                 –
        12            02.10.2012         Vogelpark Marlow                                                   –                 –
             Gesamt: 115                                                                                        Gesamt: 68

Tab. 1: Moorenten, die im Jahr 2012 durch zoologische Einrichtungen zur Verfügung gestellt wurden

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KÖLNER ZOOs NR. 4/2012 55. JAHRGANG
Die teilnehmenden Institutionen
erhalten eine eigens erstellte Informa-
tionstafel, die Besucher über das
Projekt informiert und auf den Beitrag
der Zoos zum Artenschutz hinweist.
So erhält die Haltung der oft unterre-
präsentierten Moorente eine neue
Bedeutung, indem die zoologischen
Einrichtungen auf ihre Bedrohung
aufmerksam machen und durch die
Zucht einen direkten Beitrag zum
Artenschutz leisten.

Genetische Gesichtspunkte

Die genetische Variabilität innerhalb
der gesamten Population der Moorente
ist nach heutigem Kenntnisstand
äußerst gering. Die Art ist mono-
typisch (BAUER & GLUTZ VON                   Abb. 8: Fotofalle im Schilfgürtel zur Überwachung der Moorenten.
BLOTZHEIM, 1979), so dass ein                Camera trap in the reed belt for the observation of ferruginous ducks. (Foto: F. Brandes)
eventueller Unterartstatus nicht be-
rücksichtigt werden muss.
                                             sequenziert und mit den Sequenzen             Unter dem aus dem englischen über-
Ein anderes Risiko bestand darin, dass       anderer Tauchentenarten verglichen.           nommenen Begriff Soft Releasing ver-
Moorenten seit Generationen in               Mittels der Genanalyse konnte eine            steht man ein schonendes Auswilde-
Menschenobhut gepflegt und oft mit           Hybridisierung ausgeschlossen wer-            rungsverfahren, das dem Tier die
anderen Entenarten vergesellschaftet         den.                                          Möglichkeit gibt, sich schrittweise an
werden, was die Gefahr einer Hybridi-                                                      das Leben in freier Natur zu gewöh-
sierung mit nahe verwandten Enten-           Auswilderungsmethoden                         nen. In einem Gehege direkt im Aus-
arten mit sich bringt. Um diese auszu-                                                     wilderungsgebiet werden die Tiere
schließen, wurde eine genetische             Die Methode der Auswilderung, die             eine Zeit lang gehalten und können
Untersuchung durch das Institut für          bei einem solchen Projekt zur Anwen-          sich mit der Umgebung  g      g vertraut
Pharmazie und Molekulare Biotechno-          dungg kommt, kann entscheidend für            machen. Nach dem Öffnen des Gehe-
logie der Universität Heidelberg             das Überleben der Tiere und damit für         ges wird weiterhin Nahrung angebo-
durchgeführt. 66 Blutproben von              das ganze Projekt sein. Grundsätzlich         ten. Dies wird von vielen Arten gerne
Moorenten aus den teilnehmenden              unterscheidet man bei der Freilassung         angenommen und die Tiere sind nicht
zoologischen Einrichtungen kamen             von Wildtieren aus menschlicher Ob-           sofort auf sich allein gestellt, was ihnen
zur Untersuchung. Zwei mitochondriale        hut zwischen Soft Releasing und               mehr Zeit verschafft selbstständig zu
Markergene wurden mittels PCR                Hard Releasing.                               werden. Grundsätzlich ist diese Aus-
                                                                                           wilderungsmethode für viele verschie-
                                                                                           dene Vogel- und Säugerarten anwend-
                                                                                           bar. Im Gegensatz dazu werden Tiere
                                                                                           beim Hard Releasing nach dem Trans-
                                                                                           port in das Auswilderungsgebiet
                                                                                           direkt aus der Transportbox in die
                                                                                           Wildbahn entlassen.

                                                                                           Bei der Auswahl der geeigneten
                                                                                           Methode spielen die örtlichen Gegeben-
                                                                                           heiten, das Alter und die individuellen
                                                                                           Erfahrungen der Tiere, die Jahreszeit,
                                                                                           das Wetter, Prädatoren und andere
                                                                                           Faktoren eine Rolle.

                                                                                           In diesem Projekt wurden von Anfang
                                                                                           an verschiedene Methoden in Betracht
                                                                                           gezogen. So wurden im Projektgebiet
                                                                                           zwei Auswilderungsgehege zum
                                                                                           Soft Releasing in der Uferzone von
Abb. 9: Am 13.07.2012, wenige Tage nach der Auswilderung, von der Fotofalle aufgenom-      Teichen so aufgestellt, dass sie schräg,
menes Bild. Im Hintergrund ist die geöffnete Auswilderungsvoliere zu erkennen.             etwa zur Hälfte im Wasser stehen. Die
13.07.2012: Picture made by a camera trap a few days after releasing. In the background    zum Wasser hin gerichtete Volieren-
the open releasing aviary.                                                 (Foto: ÖSSM)    wand lässt sich über einen Seilzug

                                                                                                                                  159
KÖLNER ZOOs NR. 4/2012 55. JAHRGANG
Abb. 10: Blick aus der Auswilderungsvoliere. Im Juli 2012 wurden führende Entenmütter mit Jungenten kurz vor dem flügge werden
ausgewildert.
View from inside the releasing aviary. In July 2012 females with chicks were released short time before these become fully-fledged.
                                                                                                                    (Foto: F. Brandes)

hochfahren, so dass die Enten die            lokale Wiederansiedlung der Moor-             Wildtierstation werden die Enten mit
Voliere nach dem Öffnen zum Wasser           ente zum Ziel hatten (MELLES, 2010).          Ringen der Vogelwarte Helgoland
hin verlassen können. Über den zum           Informationen über die Durchführung           markiert, wodurch sich die Projektver-
Land hin gerichteten Zugang der              und über Erfolge bzw. Misserfolge             antwortlichen vor allem Informationen
Voliere können die Enten weiter mit          dieser Projekte sind aber spärlich.           über das Migrations- und Zugverhal-
Futter versorgt werden. Der Zugang                                                         ten der Tiere erhoffen.
ist für Prädatoren wie den Fuchs             Bei dem Wiederansiedlungsversuch
erschwert, da sie nur durch das Wasser       am Steinhuder Meer handelt es sich            Weitere Möglichkeiten der Markierung
in das Innere der Voliere gelangen kön-      sicherlich um den bisher größten dieser       wie Schnabelmarken, die durch Spek-
nen, wenn sie offen ist. Aber auch das       Art. Zuständig für die Maßnahmen in           tive abzulesen sind, oder eine Besende-
Hard Releasing soll in diesem Projekt        den Naturschutzgebieten um das                rung der Enten wurden diskutiert,
angewendet werden, damit die Erfah-          Steinhuder Meer und die Beobachtung           erschienen aber vor allem aus Tier-
rungen beider Methoden miteinander           der Enten nach der Auswilderung ist           schutzgründen fragwürdig und als zu
verglichen werden können.                    der beim NABU Niedersachsen ange-             riskant für die Tiere. Ob eine Markie-
                                             stellte Biologe Florian Melles (Koautor       rung mit Farbringen sinnvoll ist, soll
Monitoring und Erfolgsaussichten             dieses Beitrags)
                                                            g und die Mitarbeiter          in der Zukunft getestet werden. Da
                                             der Ökologischen Schutzstation Stein-         Tauchenten aber oft auf dem Wasser
Um überhaupt Aussagen über Erfolg            huder Meer.                                   anzutreffen sind und auch an Land sol-
oder Misserfolg eines solchen Projek-                                                      che Ringe aufgrund der kurzen Beine
tes machen zu können, ist es natürlich       Neben der systematischen direkten             schwer zu erkennen sind, scheint auch
notwendig, im Rahmen eines Monito-           Beobachtung im Auswilderungsgebiet            diese Möglichkeit nicht besonders
rings Daten über das Verhalten der           kommen dabei auch Fotofallen zur              erfolgversprechend zu sein.
Tiere nach der Auswilderung zu sam-          Anwendung, die in unmittelbarer
meln und dies zu dokumentieren. Es           Nähe der Auswilderungsvolieren                Natürlich gibt es hinsichtlich des An-
sind zwar bereits in der Vergangenheit       postiert sind und die ungestörte Beob-        siedlungserfolges einige Risikofakto-
in verschiedenen Ländern Europas             achtung der Enten rund um die Uhr             ren, deren Auswirkungen sich erst in
Projekte durchgeführt worden, die die        ermöglichen. Von Mitarbeitern der             den nächsten Jahren erkennen lassen:

160
Der Jagd auf die Moorente sollte in       Reste von zwei wahrscheinlich vom           Abschließend muss gesagt werden,
Niedersachsen keine Bedeutung mehr        Fuchs gerissenen Jungenten gefunden.        dass ein Wiederansiedlungsprojekt wie
zukommen, da sie bundesweit verbo-                                                    dieses nur ein Baustein zum Erhalt
ten ist. Allerdings sind Fehlabschüsse    Weitere 31 Moorenten wurden im Au-          einer Tierart sein kann. Langfristiger
möglich. Um solche zu vermeiden           gust bereits flügge im Hard Releasing       Erfolg ist nur möglich, wenn der
wurde auch die Jägerschaft frühzeitig     in Gruppen auf geeignete Gewässer           geeignete Lebensraum für die Zielart
über das Projekt informiert. Ein          verteilt, an denen keine Auswilde-          vorhanden ist bzw. wiederhergestellt
größeres Problem ist die Jagd auf dem     rungsvolieren stehen. Vorteilhaft           wurde, wie es hier durch die jahrzehn-
Zug in das Winterquartier. Die Haupt-     scheint hierbei, dass sich Prädatoren       telange Naturschutzarbeit im Projekt-
zugroute führt, wie oben bereits          nicht schon von vornherein auf das          gebiet geschehen ist. Um eine stabile
erwähnt, entlang der östlichen Adria-     Vorhandensein leichter Beute einstel-       und tragfähige Populationsgröße in
küste durch Länder, in denen Zugvögel     len können.                                 Niedersachsen zu erreichen, müssen
zum Teil noch intensiv bejagt werden.                                                 auch über das jetzige Projektgebiet
                                          Dass es grundsätzlich besonders kurz        hinaus Lebensräume erhalten oder ge-
Hier spielt natürlich die Frage, ob die   nach der Auswilderung zu Verlusten          schaffen werden, auf die eine mobile
seit Generationen in Menschenhand         durch Prädatoren kommt, ist normal          Art wie die Moorente je nach Jahreszeit
gehaltenen Vögel ein natürliches Zug-     und muss einkalkuliert werden, da           und Nahrungsgrundlage ausweichen
verhalten zeigen und wohin sie ziehen,    den Enten noch die notwendige Erfah-        kann. Eine große Rolle speziell bei die-
bzw. ob sie den Weg zurück in das         rung zur Feindvermeidung fehlt. So          ser Art wird die Frage spielen, wie sich
Ansiedlungsgebiet finden, eine große      konnten Moorenten in den ersten             das Zugverhalten der Enten nach der
Rolle. Dies herauszufinden, bleibt die    Tagen nach der Auswilderung auch            Haltung in Menschenobhut über meh-
spannendste Frage, die es im Laufe        relativ offen auf der Wasserfläche der      rere Generationen darstellt. Werden
dieses Projektes zu beantworten gilt.     Teiche beobachtet werden. Dieses Ver-       einige der Tiere im Frühjahr wieder in
                                          halten änderte sich bald und die Enten      das Projektgebiet zurückkehren oder
Neben der Bejagung durch den Men-         waren dann nur noch schwer in der           bleiben sie im Winter gar dort? Davon
schen spielen tierische Prädatoren        Deckung der Ufervegetation auszu-           hängt eine mittelfristig erfolgreiche
(Beutegreifer) eine Rolle. Diese können   machen.                                     Wiederansiedlung zu großen Teilen
besonders auf kleine und instabile                                                    ab und die Projektverantwortlichen
Populationen, um die es sich ja hier      Die Umstellung von der Fütterung in         hoffen, genug Daten über den Verbleib
handelt, negative Auswirkungen            Menschenobhut auf die selbstständige        der Enten sammeln zu können.
haben. Auch im Rahmen anderer             Nahrungssuche schien hingegen von
Artenschutzprogramme wird, in             Beginn an kein Problem zu sein. In den      Danksagung
Zusammenarbeit mit der Jägerschaft,       Gewässern herrschte eine gute Nah-
im Projektgebiet eine Prädatoren-         rungsgrundlage und Enten konnten            Unser Dank gilt allen, die an diesem
kontrolle durchgeführt. Diese soll den    wiederholt sofort nach der Auswilde-        Projekt beteiligt sind oder es in der
Prädatorendruck auf die Naturschutz-      rung bei der Nahrungsaufnahme               einen oder anderen Form unterstützen,
gebiete reduzieren, der oft dadurch       beobachtet werden.                          für ihre gute Zusammenarbeit und
entsteht, dass einige Arten wie z.B.
Rotfuchs und Steinmarder von
menschlichen Einflüssen auf die um-
liegende Landschaft profitieren und
hohe Populationsdichten erreichen.

Auswilderungen 2012 und erste Be-
obachtungen

Die erste Auswilderung erfolgte
bereits im April 2012. Acht vorjährige
Moorenten wurden im Hard Releasing
freigelassen. Diese konnten noch eini-
ge Zeit in einer geschlossenen Gruppe
auf dem Gewässer beobachtet werden.

Über die Auswilderungsvolieren wur-
den im Juli 2012 insgesamt 29 Moor-
enten ausgewildert (Soft Releasing).
Zwei Gruppen führender Entenmütter
mit Jungenten kurz vor dem flügge-
werden wurden in je einer Voliere ge-
halten. Es hat sich gezeigt, dass die     Abb. 11: Ein freudiges Ereignis: Florian Melles, NABU Niedersachsen (im Vordergrund),
Konzentration von Enten in einem          und Thomas Brandt, ÖSSM, öffnen über den Seilzug die Auswilderungsvoliere.
Auswilderungsgehege das Risiko birgt      A happy moment: Florian Melles, BirdLife Germany / Lower Saxony (in the front) and
Prädatoren anzulocken. In einem Fall      Thomas Brandt, Ecological Station Steinhuder Meer opening the releasing aviary.
wurden kurz nach der Auswilderung                                                                             (Foto: F. Brandes)

                                                                                                                            161
Abb. 12: Zwei ausgewilderte Moorenten auf dem Weg zu ihrem ersten Erkundungsflug. Hoffentlich können Moorenten auch langfristig
wieder am Steinhuder Meer beobachtet werden.
Two released ferruginous ducks on their first flight. Hopefully it will be possible to watch ferruginous ducks at the “Steinhuder Meer”
in long term. (Foto: A. L. Brandes)

Hilfe. Dazu gehören
             g      die Kollegen
                             g und            Niedersachsen versucht wird. Projekt-         of environment of Lower Saxony took
Mitarbeiter der Ökologischen Schutz-          träger
                                                 g sind der NABU Niedersachsen              up the species in the programme “Ark
station Steinhuder Meer, des NABU             und die Ökologische Schutzstation             Lower Saxony” to try the re-establish-
Niedersachsen und der Wildtier- und           Steinhuder Meer. Für das Projekt              ment of a population of ferruginous
Artenschutzstation sowie das Nieder-          stellen verschiedene zoologische Ein-         ducks at the Lake “Steinhuder Meer”.
sächsische Umweltministerium, der             richtungen ihre Nachzuchten zur               The project is carried out by BirdLife
Niedersächsische Landesbetrieb für            Auswilderung zur Verfügung. Die               Lower Saxony and the Ecological
Wasserwirtschaft, Küsten- und Natur-          Koordination der Zucht und Haltung            Station Steinhuder Meer. Various
schutz und die Region Hannover.               der nachgezogenen Enten bis zur Aus-          zoological institutions provide the
                                              wilderung hat die Wildtier- und               project with their offspring for releas-
Natürlich geht unser Dank nicht zu-           Artenschutzstation in Sachsenhagen            ing. The coordination of breeding and
letzt auch an alle zoologischen Ein-          übernommen. Im Jahr 2012 haben die            keeping of the ducks until the releas-
richtungen, ohne deren Unterstützung          ersten Auswilderungen stattgefunden.          ing is carried out by the Wildlife
nicht genug Moorenten für das Projekt         Insgesamt 68 Moorenten konnten im             Rescue and Conservation Centre
zur Verfügung stehen würden.                  Projektgebiet freigelassen werden. Es         Sachsenhagen. In 2012 the first releas-
                                              wurde sowohl Soft Releasing als auch          ing started. Altogether 68 ducks were
Zusammenfassung                               Hard Releasing angewendet und über            released by Soft Releasing and Hard
                                              das durchgeführte Monitoring konn-            Releasing. By monitoring through
Die Moorente (Aythya nyroca) wird             ten erste Erfahrungen mit den ver-            Florian Melles (co-author, BirdLife
in vielen zoologischen Einrichtungen          schiedenen Auswilderungsmethoden              Lower Saxony) first data about the
gehalten, ohne dass ihr besondere             gesammelt werden.                             behaviour of the ducks after releasing
Aufmerksamkeit zukommt. Dabei                                                               could be collected.
ist die Art in Deutschland vom Aus-           Summary
sterben bedroht. Deswegen wurde sie                                                         Literatur
vom Niedersächsischen Umweltminis-            Many zoos keep ferruginous ducks
terium in das Programm „Arche                 (Aythya nyroca) but unfortunately             BAUER, K. M. & U. N. GLUTZ VON
Niedersachsen“ aufgenommen, in des-           without special care or attention.            BLOTZHEIM, (1979): Handbuch der
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162
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Vorprüfung
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rungsplan. Ökologische Schutzstation      BSPB-TWSG,
                                                -       Sofia.
Steinhuder Meer.                                                                    Dipl.-Geogr. Florian Melles
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                                                                                                                      163
Glaserei

                                                                                                         Glasschleiferei
                             13(),%977)-8

                                                                                                         Spiegel

                                                                                                         Bleiverglasung

                                                                                                         Ganzglas-Duschen
                                                  (EQIRYRH
                                                  ,IVVIRQSHIR                                            Bilderrahmen
                                                  §ZSR/STJFMW*YŠ¦
                                                  ˆ&YWMRIWW
                                                  ˆ'EWYEP                                               Reparatur-Schnelldienst
                                                  ˆ;mWGLI                    Hauptbetrieb:
                                                    &EHIQSHIR                 Elbeallee 23-25
                                                                                                         Insektenschutz-Gitter
                                                  ˆ%FIRHQSHIR                50765 Köln Chorweiler
                                                  ˆ%GGIWWSMVIW               Tel.: 02 21 / 70 77 77
                                                                              Fax: 02 21 / 7 00 29 77    Glastüren
                   %OVMW
                   Akris 0SI[I
                         Loro Piana
       %VQERM'SPPI^MSRM
       Armani Collezioni 0SVS4MERE
                         Mabrun                                               Stadtgeschäft:             Holz-, Metall- und
                 &SKRIV
                 Bogner 1SRGPIV
                        Moncler                                               Dagobertstraße 3-5
                  &VMSRM 4EYP
                  Brioni       7LEVO
                         Paula Ka                                             50668 Köln Mitte           Kunststoff-Fenster
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               Burberry Peuterey                                              Tel.: 02 21 / 12 22 25
                 'EQFMS
                  Canali 6IRE0ERKI
                         Rena Lange                                           Fax: 02 21 / 12 48 09      Photovoltaik
                                                  1SHILEYW*VER^7EYIV
                'YGMRIPPM
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                                                  (/}PR
                   ,MKL JSVEPPQEROMRH
                Cucinelli Strenesse
                                                  8IPIJSR    
          -VMWZSR%VRMQ
          Iris von Arnim 7X)QMPI
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      EDULNRV#EDUWHOVULHJHUGH
      ZZZEDUWHOVULHJHUGH

164
www.sparkasse-koelnbonn.de

                                                                                                  m Natur erleben und von ihr lernen.
                                                                                                Unsere Zooschule bringt unseren Kindern
                                                                                                      Tiere und Umwelt näher. n

                                                                                                                   Theo Pagel,
                                                                                                             Direktor des Kölner Zoos

             Unser Engagement für Bildung.
             Gut für Köln und Bonn.

                                                                                                                   S Sparkasse
                                                                                                                     KölnBonn
Bei Theo Pagel steht Lernen täglich auf dem Programm. Als Direktor des Kölner Zoos sorgt er dafür, dass möglichst viele Kinder und Jugendliche die Vielfalt der
Tierwelt kennenlernen. Zum Beispiel in der Zooschule. Auch wir von der Sparkasse KölnBonn finden es wichtig, dass alle Menschen in der Region vielfältige
Chancen auf Bildung erhalten. Darum fördern wir Aus- und Weiterbildungsprojekte in Köln und Bonn: Im Kölner Zoo ebenso wie durch unseren Sparkassen-
Schulservice, durch die Angebote unserer Stiftungen und nicht zuletzt durch das Odysseum, in dem Wissenschaft und Technik zu spannenden Abenteuer
für Groß und Klein werden. Bildung ist wichtig für jeden von uns – und für die Zukunft unserer Region! Sparkasse. Gut für Köln und Bonn.
Warum
                                                                       AZ-Mitglied
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                                              GmbH                    ➲ Weilil Ih
                                                                               Ihnenn die Mitgliedschaft
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       BAUMASCHINEN              UND     BAUGERÄTE                      D t hl nds
                                                                        Deutschlan    d gr
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                                                                                           ößtem Ver
                                                                                                  Verein
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            Düsseldorfer Straße 183-193 · 51063 Köln                    zu
                                                                         u Vogelsc
                                                                              ogel
                                                                              ogels
                                                                                gelschutz
                                                                                  lschutz
                                                                                     h , Haltung
                                                                                           Haltung,
                                                                                             l      Zucht
                                                                                                        h undd
                                                                        Ausstellungs g we
                                                                                       wesen
                                                                                          sen aller Vogelarten
                                                                                                      g        liefert
                    Telefon (02 21) 9 64 57-0
                      Fax (02 21) 9 64 57 24                          ➲ Weill gemeinschaftliche
                                                                                      h f l h Gespr
                                                                                                Gesprääche
                                                                                                      äh
                                                                        das Wissen über Ihr Hobbyy erh
                                                                                                     h h
                                                                                                     höhen
                                                                      ➲ Weil unser
                                                                              unsere
                                                                                   e monatliche Zeitsch
                                                                                                      h ift
                                                                                                      hrift
        Ein Begriff im Rheinland                                        AZ-Nachrichten
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                                                                                                       (AZ)  V.
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166
Abb. 1: Dank umfangreicher Schutzmaßnahmen wieder heimisch: der Biber (Castor fiber).
The European beaver – once again indigenous thanks to comprehensive conservation measures.                                   (Foto: L. Kanzler)

                              Die Rückkehr der Biber –
                     eine Erfolgsgeschichte des Artenschutzes
                                                                         Lutz Dalbeck

Nach seiner fast vollständigen Ausrot-                       wenigen 100 Jahren die Paläarktis von     Andernach am Rhein lebten, diese
tung erobert der Biber fast unbemerkt                        Schottland bis zum Pazifik, weitere       auch jagten, ist unklar. Sicher ist
seine angestammten Gebiete zurück.                           60 Millionen die Neue Welt. Europa        aber, dass spätere steinzeitliche Jäger
Auch in Nordrhein-Westfalen ist der                          war flächendeckend vom Biber besie-       und Sammler häufig Biber erlegten
Ur-Rheinländer wieder heimisch, was                          delt; lediglich auf Irland und Island     (HINZE, 1950; DANILOV et al.,
alles andere als selbstverständlich ist.                     gab es keine Biber (ZAHNER et al.,        2011). Aus Sicht der steinzeitlichen
Biber haben eine sehr wechselvolle Ge-                       2005). Aufgrund vieler Fossilfunde        Jäger war er eine ideale Beute, lieferte
schichte hinter sich und bieten heute                        wissen wir, dass der Biber auch in        er doch neben schmackhaftem Fleisch
dem Gewässerschutz ebenso wie dem                            Rheinland und Eifel über Jahrzehntau-     und Fett auch einen der dichtesten
Natur- und Artenschutz in der moder-                         sende häufig war. So gibt es Überreste    Pelze der heimischen Fauna. Aus dem
nen Landschaft ungeahnte Möglich-                            von Castor fiber,
                                                                             r so sein wissenschaft-   Rheinland sind von Menschen erbeu-
keiten. Dies aber nur, wenn man sich                         licher Name, aus dem Raum Ander-          tete Biber von zahlreichen späteiszeit-
um den Heimkehrer kümmert.                                   nach, die ca. 600.000 Jahre alt sind      lichen Fundstellen bekannt, so vom
                                                             (KUNOW & WEGNER, 2005).                   Niederrhein bei Krefeld (BRANDT &
Verfolgt und beinahe ausgerottet                                                                       RATZEBURG, 1829), von der Erft bei
                                                             Prähistorische Hinweise                   Bedburg oder häufig im Laacher See-
Biber waren einst auf der gesamten                                                                     gebiet aus der Zeit des Vulkanaus-
Nordhemisphäre verbreitet; geschätzte                        Ob die Frühmenschen, die vor 600.000      bruchs (Alleröd, 12.000 vor heute,
100 Millionen bevölkerten noch vor                           Jahren zusammen mit Bibern bei            KUNOW & WEGNER, 2005).

Zeitschrift des Kölner Zoos · Heft 4 / 2012 · 55. Jahrgang                                                                                 167
Das Bibergeil –
Wunderheilmittel seit der Antike

Aus Schriften der Antike erfahren wir
einen weiteren Grund für die Jagd auf
den Biber: das Castoreum oder Biber-
geil, ein aus den getrockneten oder ge-
räucherten Castordrüsen gewonnenes
Heilmittel. Die Bezeichnung Bibergeil
geht auf einen Irrtum zurück, denn
lange hielt man die dem Biber zur
Reviermarkierung dienenden Castor-
drüsen für die Hoden. Der griechische
Dichter Aesop (ca. 600 v. Chr.) erzählt
eine Geschichte, nach der sich die Biber
die Geilsäcke abbeißen und dem Jäger
überlassen, um am Leben zu bleiben
(Solinis, ca. 1500, in BREHM, 1900).
Offensichtlich war bereits in dieser
Zeit das Castoreum das Wertvollste
am Biber. Auch Hippokrates von Kos
(ca. 460 – 370 v. Chr.) und Plinius der          Abb. 2: Die in der Eifel freigelassenen Biber kamen in den 1980er Jahren aus der Biberfarm
Ältere (23 – 79 n. Chr.) weisen auf die          Popielno, Polen.
heilende Wirkung des Castoreums hin              The beavers released in the 1980s came from the Popielno beaver farm in Poland.
(BRANDT & RATZEBURG, 1829;                                                                                            (Foto: Z. Gi ż ejewski)
BREHM, 1900).

Mittelalter – Beginn der ungehemm-               Kirche erklärte ihn kurzerhand zum               der Zeit der Trächtigkeit der Weibchen.
ten Verfolgung...                                Fisch – Biber leben schließlich im Was-          Aber nicht nur Fell, Fleisch und
                                                 ser und haben einen fischähnlichen               Castordrüsen: Alles an einem Biber
Vom Mittelalter bis in die Neuzeit               Schwanz. Sicherheitshalber ließ man              konnte verwertet und vermarktet wer-
hinein war der Biber eine hochge-                sich diese Einschätzung durch aus-               den, meist mit hohem Gewinn. So
schätzte Jagdbeute. Die wertvollen               führliche Gutachten von Universitäten            erwähnt Conrad GESNER (1581) in
Pelze wurden im Mittelalter aus                  bestätigen (HINZE, 1950). So konnten             seiner „Enzyklopädie der Tiere“ neben
Skandinavien und Deutschland in den              Biber auch während der Fastenzeit ge-            Rezepten zur Zubereitung des
Mittelmeerraum und sogar bis in den              gessen werden (ZAHNER et al., 2005)              schmackhaften Fleisches und des
Orient exportiert. Auch als Fleischlie-          und wurden in dieser Saison entspre-             Schwanzes, den man briet oder als
ferant war er geschätzt. Die Katholische         chend intensiv bejagt – ausgerechnet in          Suppe (mit viel Ingwer und Pfeffer)

                                                                                                  Abb. 4: Biber sind typische Nagetiere und
                                                                                                  können dank ihrer kräftigen Zähne selbst
Abb. 3: Wegen seines beschuppten Schwanzes erklärte die Katholische Kirche den Biber              meterdicke Bäume fällen.
zum Fisch.                                                                                        Beavers are typical rodents and can fell
Because of its scaly tail the catholic church declared the beaver as a fish so that it could be   even metre-thick trees due to their strong
eaten on fasting days.                                                (Foto: A. Schumacher)       teeth.              (Foto: A. Schumacher)

168
in BREHM, 1900). Allerdings war
                                                                                          diese Einschätzung ebenso wie die an-
                                                                                          derer Autoren der Zeit vermutlich zu
                                                                                          optimistisch (KAUB, 1835). Schon
                                                                                          GESNER (1581) nennt für Deutsch-
                                                                                          land nur noch Elbe und Saale als
                                                                                          Gebiete mit nennenswerten Biber-
                                                                                          vorkommen.

                                                                                          Mit dem Rückgang in Europa und
                                                                                          Asien stiegen die Preise für Biber und
                                                                                          besonders das Castoreum derart, dass
                                                                                          es zeitweise gegen Gold aufgewogen
                                                                                          wurde. Dies öffnete Jagd und Wilderei
                                                                                          Tür und Tor. Häufig kam auch
                                                                                          gefälschtes Bibergeil auf den Markt,
                                                                                          das aus getrocknetem Blut, mit Harz
                                                                                          vermischter Kreide etc. bestand
                                                                                          (GESNER, 1581; DJOSCHKIN &
                                                                                          SAFONOW,   W 1972).

                                                                                          Die zahllosen Versuche, die Jagd zu
                                                                                          kontrollieren, die als Regalie dem
                                                                                          jeweiligen Standesherrn vorbehalten
                                                                                          war, blieben letztlich allesamt erfolglos.
                                                                                          Schon die karolingischen Könige hat-
                                                                                          ten unter ihren Jägern eigene „Bevera-
                                                                                          rii“, denen die Fürsorge und Aufsicht
                                                                                          über die Biber- und Otterjagd unter-
                                                                                          stand. Wilderei auf Biber wurde teil-
                                                                                          weise hart bestraft, im Extremfall, so
                                                                                          in Preußen „...bey verlust des Leibes“
                                                                                          (HINZE, 1950). Ernst Herzog von
                                                                                          Bayern (1500 – 1560) erließ als Admi-
                                                                                          nistrator von Salzburg Galeeren-
                                                                                          strafe auf Biberwilderei, ohne dass dies
                                                                                          den gänzlichen Niedergang der Salz-
Abb. 5a – d: Bestandsentwicklung des Bibers in der Eifel zwischen 1988 und 2012.          burger Biber hätte aufhalten können
Beaver population development in the Eifel region between 1988 and 2012.                  (BREHM, 1900).
                                                 (Quelle: Biol. Station im Kreis Düren)

zubereitete, auch zahlreiche Anwen-          Auch als Aphrodisiakum war Casto-
dungen in der Medizin. Beispielsweise        reum gefragt. Bei der Heilwirkung
nutzte man die Galle gegen „Fallsucht“       der „Arzney“ war wohl der Glaube an
(Epilepsie) und den Harn als univer-         die „große heilende Kraft“ entschei-
selles Gegengift. Auch dem Fett, der         dend, auch wenn im Drüsensekret in
Haut und den Zähnen sprach man               kleineren Mengen Salizylsäure, der
heilende Kräfte zu.                          Wirkstoff zahlreicher Schmerzmittel,
                                             aus den vom Biber verzehrten Weiden-
Das Lukrativste am Biber blieb aber          rinden (Sali x) nachweisbar ist
das Castoreum. GESNER (1581)                 (DJOSCHKIN & SAFONOW,       W 1972).
widmet speziell dem Bibergeil ein um-
fangreiches Kapitel mit zahllosen …und der unaufhaltsame Niedergang
Anwendungen. Im Jahr 1685 erschien
in Augsburg die „Castorologia“ von Konsequenterweise wurde dem Biber
MARIUS & FRANCIUS, ein ganzes dank dieserart Wertschätzung bereits                        Abb. 6: Aktuelle Verbreitung des Bibers
Buch mit 200 Rezepturen allein über im Mittelalter derartig intensiv nach-                in NRW. An der Lippe (Topographische
die Heilwirkung des Bibergeils. Es gibt gestellt, dass die Bestände bald zu-              Karten 4313 und 4314) tauchen erste Spuren
demnach kaum etwas, wofür oder rückgingen (FLOERICKE, 1927). Um                           auf.
wogegen es nicht wirken würde, sei es 1520 scheint er noch „...in Mengen am               Current distribution of the beaver. First
Pest und Fieber, das „Hirnwüten“ Rheine, an der Donau, in den Sümpfen                     traces are appearing on the river Lippe
(Epilepsie), Schlaflosigkeit, Lungen-, in Mähren und mehr im Norden...“                   (maps 4313 and 4314).
Frauenleiden oder Schlangenbisse. vorgekommen zu sein (Claus Magnus                                       (Quelle: LANUV NRW)

                                                                                                                                169
Mittelrhein scheint der Biber um 1820
                                                                                            nicht mehr vorgekommen zu sein
                                                                                            (BRANDT & RATZEBURG, 1829;
                                                                                            KAUB, 1835). Im Rheineinzugsgebiet
                                                                                            wurde 1877 der letzte Biber an
                                                                                            der Möhne von Fischern erschlagen
                                                                                            (HINZE, 1937). In Deutschland
                                                                                            überlebte nur der Restbestand an der
                                                                                            mittleren Elbe und dort „...nur in den
                                                                                            stillsten Gegenden“ (BREHM, 1900);
                                                                                            im westlichen Europa verblieben da-
                                                                                            rüber hinaus je ein kleines Vorkommen
                                                                                            in Norwegen und an der Rhone.

                                                                                            Zum Glück änderte sich in dieser Zeit
                                                                                            wieder die Mode. Um 1840 herum
                                                                                            waren Biberhüte nicht mehr zeitgemäß
                                                                                            und durch leichtere Hüte aus Seide
                                                                                            abgelöst. Auch das Castoreum ver-
                                                                                            schwand gegen Ende des 19. Jh. all-
Abb. 7: Beim schwimmenden Biber liegen lediglich die Sinnesorgane – Nase, Augen,            mählich aus dem Blickfeld der
Ohren – über Wasser.                                                                        Apotheker; ca. 1900 wurde das Biber-
Only the sense organs – nose, eyes and ears – are situated above water when the beaver      geil schließlich aus der 3. Ausgabe des
swims.                                                               (Foto: L. Kanzler)     deutschen Arzneibuches „als unästhe-
                                                                                            tisch“ gestrichen (Kalning, 1905 in:
                                                                                            DJOSCHKIN & SAFONOW,          W 1972).
Die Neuzeit – Eine Mode und ihre             waren es immerhin jährlich 50 – 60.000         Diese Entwicklungen kamen gerade
Folgen                                       nach Europa exportierte Pelze (KAUB,           noch rechtzeitig, um den Biber vor der
                                             1835).                                         endgültigen Ausrottung zu bewahren.
Doch es kam noch schlimmer für den                                                          Es ist also alles andere als selbst-
Biber, als im 17. Jh. eine neue Hutmode      Der dramatische Rückgang der Biber             verständlich, dass es heute wieder in
aufkam – Biberfilzhüte als Statussym-        erreichte angesichts dieser ungehemm-          vielen Ländern Europas Biber gibt – so
bol wohlhabender Leute. Dafür wird           ten Ausbeutung in der zweiten Hälfte           auch vor den Toren Kölns.
die extrem dichte und wasserabwei-           des 19. Jh. seinen Höhepunkt. Welt-
sende Unterwolle der Biberpelze zu           weit waren die Biber bis auf wenige            Die Renaissance des Bibers
weichen, widerstandsfähigen Filzhü-          Restvorkommen ausgerottet, nur
ten verarbeitet. Während des Dreißig-        jeweils wenige 1.000 Tiere überlebten          War es der Mensch, der im 19. Jh. den
jährigen Krieges (1618 – 1648) hat sich      dies- und jenseits des Atlantiks die           Biber weltweit an den Rand der Aus-
die ursprünglich aus Russland stam-          gnadenlose Verfolgung. An Nieder- und          rottung gebracht hatte, steht das 20. Jh.
mende Mode mit den Schweden rasch
verbreitet. Castor-Hüte ersetzten in
den höheren Gesellschaften Europas
bald die zuvor üblichen aus Eichhörn-
chenfellen gefilzten Hüte. Kein Gerin-
gerer als der König von England
Charles I (1600 – 1649) bestimmte 1638,
dass „nichts als Biberwolle genutzt
werden darf um Hüte zu machen“
(MÜLLER-SCHWARZE & SUN,
2003). Dadurch brach der bereits arg
bedrängte Biberbestand in Europa und
Asien zusammen, so dass man die
enorme Nachfrage    g nach Pelzen nur
noch aus Übersee decken konnte. Der
sich etablierende extrem lukrative
Handel – der Wertzuwachs der Pelze
vom Trapper zum Endverarbeiter
betrug fast 1.000 % – ließ nun auch die
Bestände in der Neuen Welt rasch zu-
rückgehen (MÜLLER-SCHWARZE
& SUN, 2003). Bald wurden jährlich           Abb. 8: An größeren Flüssen beschränken sich die sichtbaren Spuren oft auf Baum-
über 200.000 Biberfelle alleine nach         fällungen.
London geliefert (ZAHNER et al.,             Along larger rivers visible traces of the beaver are often limited to felled trees.
2005), und noch zu Beginn des 19. Jh.                                                                                  (Foto: L. Dalbeck)

170
Abb. 9: Kleiner Waldbach in der Eifel vor der Besiedlung
durch Biber. Hier kann er nur leben, wenn er Dämme baut und
Lichtungen schafft.
Small woodland stream in the Eifel region prior to settlement by
the beaver. It can only live here when building dams and creating   Abb. 10: Derselbe Bach ein Jahr später.
clearings.                                     (Foto: L. Dalbeck)   The same stream one year later.              (Foto: L. Dalbeck)

dazu im krassen Gegensatz. Denn es           Dabei ist die Idee der Wiederansied-           1920er Jahren gelangen erfolgreiche
war auch der Mensch, der dem Biber           lung von Bibern nicht neu. Bereits             Wiederansiedlungen in Norwegen,
eine schier unglaubliche Renaissance         Friedrich-Wilhelm I. (1688 – 1740)             Schweden, Litauen und Russland.
ermöglichte.                                 versuchte in den 1730er Jahren eine            Weitere folgten besonders ab den
                                             Wiederansiedlung an der Nuthe, einem           1960er Jahren, so dass der Biber inzwi-
Die heimliche Rückkehr                       Nebenfluss der Havel, die jedoch               schen in 20 europäischen Ländern,
                                             scheiterte (GIRTANNER, 1885).                  in denen er ausgestorben war, wieder
Sowohl in Nordamerika als auch in            Friedrich Wilhelm III. (1770 – 1840)           vorkommt (ZAHNER et al., 2005;
Europa entstanden Mitte des 20. Jh.          startete rund 100 Jahre später einen           SCOTTISH BEAVER TRIAL, 2012).
Biberzucht- und Forschungsstationen,         erneuten, aber ebenfalls erfolglosen           Europaweit – einschließlich Russland –
allen voran die 1932 eröffnete               Versuch bei Potsdam. Erst in den               hat der Bestand des Europäischen
Versuchsfarm in Woronesh am
gleichnamigen Fluss in Russland
(DJOSCHKIN & SAFONOW,          W 1972).
Anfangs war das Ziel dieser Stationen,
eine lukrative Biberzucht für den Pelz-
markt zu ermöglichen. Dies gelang
zwar keinem der Projekte, doch er-
brachten die wissenschaftlichen Arbei-
ten wesentliche Erkenntnisse zu Biolo-
gie und Nachzucht. Zudem standen
dank der Zuchtstationen nun Biber für
Wiederansiedlungen zur Verfügung.
In Europa war Woronesh ab 1947 eine
einmalige Quelle für Um- und Wie-
deransiedlungen. Biber aus Woronesh
waren auch die Grundlage für den
Aufbau weiterer Zuchtstationen, so
einer Forschungsfarm der Polnischen
Akademie der Wissenschaften in
Popielno (NO Polen), die 1958 gegründet
wurde (DJOSCHKIN & SAFONOW,          W
1972). Auch diese Zuchtstation war von
wesentlicher Bedeutung für spätere
Wiederansiedlungen (ŹUROWSKI,                Abb. 11: Etwa sechs Monate alter Biberteich.
1979), z.B. in der Nordeifel.                A beaver pond about 6 months old.                                   (Foto: L. Dalbeck)

                                                                                                                               171
Abb. 12: Etwa 15 jähriger Biberteich.                                Abb. 13: Biberteich, ca. seit einem halben Jahr aufgegeben.
A beaver pond about 15 years old.                                    A beaver pond abandoned since about six months.
                                               (Foto: L. Dalbeck)                                                    (Foto: L. Dalbeck)

Bibers die Marke von 750.000 Tieren           südwestlich von Düren freigelassen.           Anstieg um die Jahrtausendwende
inzwischen deutlich überschritten.            1985 kamen zwei männliche Biber               (SCHADEWINKEL, 2006).
                                              aus Popielno hinzu, die an Stellen
In Deutschland leben aktuell min-             mit alleinstehenden Weibchen freige-          In dieser Zeit starteten zwei weitere
destens 16.000 Biber, die meisten in          lassen wurden. 1989 folgten schließ-          Wiederansiedlungsprojekte, die auf
Bayern und an der mittleren Elbe. Sie         lich die vier letzten Tiere, diesmal          die Bestandsentwicklung und Aus-
sind wieder in fast allen Bundeslän-          Wildfänge aus der Umgebung der ge-            breitung des Bibers in NRW einen
dern vertreten, allerdings in sehr un-        nannten Biberfarm (NAUMANN,                   wesentlichen Einfluss haben: zum ei-
terschiedlichen Siedlungsdichten              1991). Es dauerte nur wenige Jah-             nen an der Maas in den Niederlanden,
(ZAHNER et al., 2005).                        re, bis die Biber das ursprüngliche           zum anderen am Niederrhein nördlich
                                              Wiederansiedlungsgebiet verließen             von Wesel. An beiden Stellen wurden
Biber in NRW – ein Fallbeispiel               und sich in angrenzenden Gewäs-               im Jahr 2002 die ersten Biber freigelas-
                                              sersystemen etablierten. Dennoch              sen, an der Maas bis 2004 insgesamt 33,
Nordrhein-Westfalen ist eines der             waren die ersten Jahre für die                am Niederrhein 26 Tiere. Die Biber
Länder, in das der Biber erst relativ         Projektverantwortlichen eine schwe-           beider Projekte stammten von der
spät zurückkehrte. Die Wiederansied-          re Zeit, da mehrere Tiere starben und         mittleren Elbe (BÜNNING et al.,
lung startete genau am 15. Oktober            sich eines der ursprünglich zusam-            2004; DIJKSTRA, 2009).
1981 in der Nordeifel, geplant und            mengesetzten Paare trennte und da-
organisiert von der Höheren Forst-            her keinen Nachwuchs hervorbrachte            Auch diese Vorkommen etablierten
behörde des Landes. Drei Pärchen aus          (NAUMANN, 1991). Ab Anfang der                sich erfolgreich und sind aktuell auf
der Popielno-Farm wurden im Herzen            1990er Jahre nahm der Bestand erst-           ca. 150 in Limburg (NL) bzw. 70 Tiere
des Hürtgenwaldes in der Nordeifel            mals zu, gefolgt von einem starken            am Niederrhein (NRW) angewachsen

Abb. 14: Besonders im Winter sind Biber auf Rinde und Zweige         Abb. 15: Klassische, rundherum von Wasser umgebene Biberburg
als Nahrung angewiesen.                                              in der Eifel.
Especially in winter beavers rely on a diet of bark and twigs.       Typical beaver lodge surrounded by water in the Eifel region.
                                                (Foto: L. Dalbeck)                                                (Foto: L. Dalbeck)

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