Kardiologische Diagnostik und Therapie beim Post-Covid-Syndrom (PCS)

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Kardiologische Diagnostik und Therapie beim Post-Covid-Syndrom (PCS)
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Kardiologische Diagnostik und Therapie
beim Post-Covid-Syndrom (PCS)
P. Baum1, A. Hagendorff1, U. Laufs1       und/oder Schlafprobleme), der kardio- ist [17]. Diese Myokardschädigung wird
                                          logische Symptomkomplex (Luftnot, mutmaßlich durch eine Kombination
Epidemiologie                             Leistungseinschränkung, Palpitationen, aus direkter virusvermittelter Kardioto-
Das „Severe Acute Respiratory Syn- Brustschmerzen und anderes mehr), xizität und nachfolgender überschie-
drom Coronavirus 2“ (SARS-CoV-2) ver- der neurologische Symptomkomplex ßender Immunreaktion der T-Lympho-
ursacht nach der akuten Erkrankung (Geschmacks- und Geruchsverlust, Merk­ zyten hervorgerufen [9]. Die akute
der „Coronavirus Disease 2019“ (Covid-19) fähigkeitsstörung und anderes mehr) Myokardschädigung induziert myokar-
in circa 13 Prozent der Fälle anhaltende und der psychosomatische Symptom- diale Umbauprozesse, welche zur Ein-
Beschwerden, wobei neben dem am komplex (ausgeprägte Besorgnis, d­             e­­ schränkung der kardialen Funktion
häufigsten berichteten chronischen pressive Verstimmung, Ängste und führen und als inflammatorische SARS-
Fatigue-Syndrom, pulmonale Symp- anderes mehr) [7, 8]. Im Folgenden wer- CoV-2-induzierte Kardiomyopathie be­­
tome wie Husten und Luftnot, aber den die kardiologischen Aspekte der zeichnet werden kann [18]. Persistiert
auch kardiovaskuläre Beschwerden wie Diagnostik und Therapie eines PCS dar- diese myokardiale Inflammation, kön-
Brustschmerzen, Palpitationen und gestellt.                                        nen Symptome wie Leistungsein-
körperliche Leistungsschwäche berich-                                              schränkung, Dyspnoe, Müdigkeit und
tet werden [1 – 3]. Zudem können neu- Mutmaßliche Pathophysiologie                 Thoraxschmerz weiterhin auftreten.
rokognitive Defizite, Geruchs- und Ge­­ Grundsätzlich muss die Pathophysiolo-
schmacksverlust sowie psychische gie der kardialen Beschwerden des PCS Als zweite mögliche Ursache des kar-
Symptome wie Angst und Depressivität auf dem Boden verschiedener Ursa- diologischen PCS-Symptomkomplexes
auftreten [4 – 6]. Dauern die Symptome chen angenommen werden. Aktuell wird eine autonome Dysregulation
über einen Zeitraum von mehr als vier werden primär zwei Mechanismen dis- angenommen. Die Genese dieser auto-
Wochen nach der akuten Covid-19-Er- kutiert, die dem kardiologischen Symp- nomen Regulationsstörung ist aktuell
krankung an, werden die Beschwerden tomkomplex des PCS zugrunde liegen noch nicht hinreichend geklärt. Aller-
aktuell als Post-Akut-Covid-Syndrom können [9 – 11]:                               dings wurde eine solche Dysregulation
(PACS) bezeichnet [7]. Als Post-Covid- 1.	 eine persistierende kardiale            der adrenergen Achse nach viraler
Syndrom (PCS) wird eine anhaltende           Inflammation nach myokardialer        Infektion auch bereits im Rahmen des
Symptomatik zwölf Wochen nach der            Beteiligung im Rahmen von             ersten SARS-Ausbruches 2005 nach­
akuten Infektion definiert [8]. Klar         Covid-19 und                          gewiesen [19, 20]. Als Folgen solcher
abgrenzbare Krankheitsentitäten, die 2.	 eine autonome Dysregulation.              gestörten Regulationsprozesse können
das PCS verursachen, existieren aktuell                                            Palpitationen/Herzrasen sowie ortho-
noch nicht. Vielmehr werden unter dem Der erste Punkt generiert sich aus den statische Intoleranz und ein posturales
Begriff einzelne Symptomkomplexe Erkenntnissen des akuten Covid-19-­ orthostatisches Tachykardiesyndrom
subsumiert, die von verschiedenen Verlaufs mit Hinweisen von akuten eruiert werden.
medizinischen Fachrichtungen abge- myokardialen Schädigungen infolge
klärt werden. Zu diesen Beschwerde- einer persistierenden Inflammation, die Kardiologische Diagnostik
komplexen zählen der Fatigue-Symp- im Akutstadium und nach ausgeheilter Das Ziel der kardiologischen Diagnostik
tomkomplex (psychophysische Leis- Covid-19 Erkrankung durch die bildge- im Kontext des Post-Covid-Syndroms
tungsminderung, rasche Ermüdbarkeit, bende kardiale Diagnostik dokumen- besteht in der Zuordnung kardiovasku-
Erschöpfungszustände, Muskelschwä- tiert werden konnten [12, 13, 15 – 17]. In lärer Symptome zu bestimmten kardio-
che, Muskelschmerzen und anderes der akuten Krankheitsphase wird eine logischen Krankheitsentitäten. Damit
mehr), der pneumologische Symptom- Schädigung des Myokards durch die soll die Abgrenzung eines kardiologisch
komplex (Atembeschwerden, Husten Freisetzung des herzspezifischen Bio- somatischen Krankheitsbildes von
                                          markers Troponin T im Blut nachgewie- einer psychosomatischen beziehungs-
1
  Klinik und Poliklinik für Kardiologie,  sen, der gleichzeitig ein Prädiktor für weise neuropsychiatrischen Genese der
  Universitätsklinikum Leipzig            die Mortalität bei Covid-19-Patienten Beschwerden gelingen (siehe Abb. 1).

Ärzteblatt Sachsen 11|2021                                                                                                  17
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 Hierbei müssen typische Covid-19
 bedingte Komplikationen wie zum Bei-
 spiel akute Myokardischämie, akute
 Myokarditis und Lungenarterienembo-
 lie ausgeschlossen werden [21 – 23].
 Zusätzlich ist bei Vorliegen eines kar-
 diovaskulären Risikoprofils und bei kar-
 dialen Vorerkrankungen eine entspre-
 chende Diagnostik – vorrangig im Hin-
 blick auf eine koronare Herzkrankheit –
 durchzuführen [24]. Die Basisdiagnos-
 tik umfasst eine ausführliche Krank-
 heitsanamnese mit Erfassung des
 Zeitraumes und Verlauf der akuten
 Covid-19 Erkrankung, Erhebung der
 Familienanamnese hinsichtlich kardia-
 ler Erkrankungen und Auswertung
 eines Ruhe-EKG. Bei hinreichendem
 klinischen Verdacht auf kardiovasku-
 läre Grunderkrankungen oder Kompli-
 kationen, insbesondere im Falle einer
                                              Abb. 1: Die kardiologische Diagnostik beim PCS-Patienten beinhaltet ein Ruhe- und LZ-EKG,
 anhaltenden Angina pectoris oder Dys-        Laboruntersuchungen, eine Echokardiographie und gegebenenfalls eine kardiale MRT- sowie ergänzend
 pnoe, sollte die Diagnostik um die kar-      nicht-invasive Ischämiediagnostik mit Stress-Echokardiographie oder koronare CT-Angiographie oder
                                              Myokardszintigraphie. Bei schwer einzuordnenden Symptomen kann die Objektivierung der Belastbarkeit
 dialen Biomarker (Troponin T, NT-pro-        mittels Spiroergometrie erfolgen.
 BNP, D-Dimer) und zusätzlich eine kar-       Trop T = Troponin T, MRT = Magnetresonanztomographie, LZ-EKG = Langzeit-Elektrokardiogramm,
                                              KHK = Koronare Herzkrankheit, PCS = Post-Covid-Syndrom.
 diovaskuläre Bildgebung – primär mit-
 tels transthorakaler Echokardiographie
 und gegebenenfalls auch mittels kardi-       führung eines Langzeit-EKG und die                 suchung ermöglichen spezifische Emp-
 aler MRT-Untersuchung – ergänzt wer-         Erfassung des Langzeit-Blutdrucks                  fehlungen zur körperlichen Belastbar-
 den. Das potenzielle Ausmaß der kör-         sowie die klinische Überprüfung der                keit, was insbesondere für Sportler und
 perlichen Belastung (Leistungssport,         orthostatischen Reaktion durch RR-                 schwer körperlich Arbeitende von Be­­
 körperliche Arbeit im Beruf) ist bei         Messung im Liegen und im Stehen [11,               deutung erscheint.
 der Indikationsstellung der begrenzt         25]. Das Langzeit-EKG dient der Beur-
 verfügbaren kardialen MRT-Untersu-           teilung des Frequenzprofils und dem                Kardiovaskuläre Bildgebung
 chungskapazitäten zu berücksichtigen.        Ausschluss inadäquater Sinusbrady-                 Echokardiographie
 Es wird derzeit diskutiert, die Indikation   und Sinustachykardien sowie der De­­               Die Echokardiographie dient der Beur-
 zur MRT-Untersuchung bei Leistungs-          tektion supraventrikulärer und ventri-             teilung der kardialen Morphologie von
 sportlern großzügiger zu stellen (siehe      kulärer Herzrhythmusstörungen. Die                 Herzhöhlen und Herzklappen sowie der
 Abb. 1). Dies wird damit begründet,          Prävalenz dieser Herzrhythmusstörun-               systolischen-/diastolischen Funktion
 dass es im Rahmen der myokardialen           gen im Kontext des PCS ist aktuell                 und Herzklappenfunktion. Konventio-
 Beteiligung bei SARS-CoV-2-Infektio-         jedoch noch nicht hinreichend geklärt              nell lassen sich mittels M-Mode, 2-D-
 nen zu fokalen Läsionen im Herzmus-          und muss weiter wissenschaftlich                   und Doppler-Echokardiographie oftmals
 kel kommen kann, welche als Ursache          untersucht werden.                                 bei Patienten mit PCS keine spezifi-
 für Kammerflimmern und plötzlichen           Im Falle einer subjektiv als stark emp-            schen Veränderungen diagnostizieren.
 Herztod fungieren kann. Diesen Risiken       fundenen kardialen Beeinträchtigung                Patienten mit einem PCS haben in der
 sind Leistungssportler unter körperli-       ohne objektiv fassbare klinische Be­­              Regel normale Herzdimensionen und
 cher Belastung im besonderen Maße            funde kann die kardiopulmonale Leis-               eine erhaltene linksventrikuläre Ejekti-
 ausgesetzt und dadurch gefährdet.            tungsfähigkeit der Patienten zusätzlich            onsfraktion [26 – 28].
 Die Diagnostik bezüglich einer autono-       durch eine Spiroergometrie analysiert              Grundsätzlich können im Rahmen einer
 men Dysregulation umfasst die Durch-         werden. Die Ergebnisse dieser Unter-               Covid-19-Erkrankung jedoch verschie-

18                                                                                                                        Ärzteblatt Sachsen 11|2021
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Abb. 2: Echokardiographische Veränderungen bei Post-Covid-Patienten
Oberes Panel links: 4-Kammer-Blick eines PACS-Patienten 6 Wochen nach
Covid-19. Mit akuter Perimyokarditis. Systolische Funktionseinschränkung
mit spontanem Echokontrast (rote Pfeile) in der Herzspitze bei hochgradig
reudzierter LVEF.
Oberes Panel rechts: 4-Kammer-Blick eines PACS-Patienten 8 Wochen
nach akuter Erkrankung. Persistierende rechtsventrikuläre Belastung nach
Lungenarterienembolie mit rechtsventrikulärer Dilatation (rote Pfeile) und
Shift des interventrikulären Septums nach links (gelber Pfeil).
Mittleres Panel links: PW-Doppler eines PCS-Patienten mit schlecht
eingestelltem Hypertonus 13 Wochen nach Covid-19-Erkrankung. Typische
Überhöhung der E-Welle (Restriktion) und zusätzlicher L-Welle als Zeichen
der entgleisten arteriellen Hypertonie.
Mittleres Panel rechts: Darstellung der regionalen Verteilung des
longitudinalen Strain im „Bulls-Eye“. Kinetikstörung mit Hypokinesie
basal inferior und septal (gelbe Pfeile) bei erhaltenem globalen
longitudinalen Strain (GLS) im Sinne eines reversen Tako-Tsubo-Muster.
Unteres-Panel: 4 Kammer-Blick eines PACS-Patienten 9 Wochen nach
Covid-19-Erkrankung.
Schmaler Perikarderguss basal am linken Ventrikel (rote Pfeile) als Hinweis
auf Perimyokarditis.

Ärzteblatt Sachsen 11|2021                                                                 19
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 dene Pathologien detektiert werden          Herzmuskel der Zustand während der       aler Beteiligung durch SARS-CoV-2-­
 [29]. Diese Veränderungen sind im           Enddiastole als Ausgangszustand defi-    Infektion trotzdem ein Long-Covid-
 Rahmen einer Myokardischämie bei            niert. Der maximale Kontraktionszu-      Syndrom auftreten kann. Diesbezüglich
 entzündlich bedingten thrombotischen        stand am Ende der Systole dient in der   empfiehlt auch die kürzlich erschienene
 Koronarverschlüssen, bei einer ver-         Regel als Maß für dessen Längenände-     S1-Leitlinie zur Behandlung des Post-
 mehrten rechtsventrikulären Belas-          rung. Betrachtet man die Deformation     Covid-Syndroms die Durchführung
 tung bei Pneumonie/akutem Lungen-           des linken Ventrikels während der Sys-   einer Echokardiographie im Kontext
 versagen und pulmonalen Thrombem-           tole, so kann als Maß für die Verfor-    von persistierender Dyspnoe und Tho-
 bolien oder durch direkte virusbedingte     mung der Herzmuskelfasern in longitu-    raxschmerz [31].
 myokardiale Schädigung zu diagnosti-        dinaler Ausrichtung die prozentuale
 zieren. Deshalb sollten grundsätzlich       Verkürzung der Muskulatur als nega-      Kardiale-MRT-Untersuchung
 bei Patienten nach SARS-CoV-2-Infek-        tive prozentuale Änderung des diasto-    Der Goldstandard zur Gewebecharak-
 tion die systolische Funktion (1), die      lischen Ausgangszustandes charakte-      terisierung und zum Nachweis von
 diastolische Funktion (2) und die           risiert werden.                          Ödemen, Inflammation und Fibrosie-
 rechtsventrikuläre Funktion (3) analy-      Kardiale Beeinträchtigungen bei Covid-   rung im Herzmuskel als Hinweis auf
 siert werden [29]. Folgende konventio-      19-Patienten können jedoch alle Defor-   eine Virus-induzierte myokardiale
 nelle echokardiographische Parameter        mationskomponenten betreffen:            Schädigung ist die kardiale MRT-Unter-
 spielen dabei eine Rolle (siehe Abb. 2):    • den linksventrikulären                 suchung. Diese Diagnostik wird im
 • die linksventrikuläre Ejektionsfrak-            ­longitudinalen Strain,            Kontext des PCS häufig zum Aus-
     tion (LVEF), das LV-Schlagvolumen,      • den linksventrikulären                 schluss einer myokardialen Inflamma-
     das Herzzeitvolumen (HZV) und der           ­zirkum­ferentiellen Strain,         tion beziehungsweise chronifizierten
     kardiale Index (CI),                    • den radialen linksventrikulären        Myokarditis bei fortbestehender Leis-
 • die basalen myokardialen Gewebe-               Strain,                             tungseinschränkung und/oder Belas-
     geschwindigkeiten des linken            • die linksventrikuläre Rotation         tungsluftnot durchgeführt. Die Myo-
     Ventrikels (e‘) und die Ratio aus der         einschließlich des systolischen    karditis ist dabei durch das Zusam-
     transmitralen Blutflussgeschwin-            Twists und des diastolischen         mentreffen aller in Abbildung 3 darge-
     digkeit zum Zeitpunkt der E-Welle            Untwisting und                      stellten Kriterien definiert:
     (E) und e‘ (E/e‘),                      • den rechtsventrikulären                • das myokardiale Ödem (T2-STIR
 • die Beweglichkeit des basalen                  ­longitudinalen Strain [30].            und T2-Mapping),
    Trikuspidalanulus (TAPSE), die                                                    • die myokardiale Hyperperfusion
     Gewebegeschwindigkeit der               Die Reduktion des basalen longitudina-       und interstitielle Kompartiment­
     rechtventrikulären Wand (RV-S‘)         len Strain bei Patienten nach SARS-          zunahme (Early Late Enhancement
     und der Anstieg des systolischen        CoV-2-Infektion wurde als reverses           und T1-Mapping),
     pulmonalarteriellen Drucks (sPAP).      Tako-Tsubo-Muster beschrieben. Im • die myokardiale Fibrosierung
                                             Gegensatz zur Stress-Kardiomyopathie         beziehungsweise Nekrose (Late
 Zudem kann im Falle einer chronisch         (Tako-Tsubo), bei der vorrangig eine         Gadolinium Enhancement) [32].
 persistierenden peri- und myokardia-        Beteiligung der apikalen Herzsegmente
 len Inflammation ein Perikarderguss         vorliegt, sind im Rahmen von Covid-19 Häufig erfüllen die PCS-Patienten aller-
 diagnostiziert werden (siehe Abb. 2).       bedingten Veränderungen vor allem die dings nur einen Teil dieser drei Myokar-
 Das Deformations-Imaging bietet zu­­        basalen Segmente betroffen (siehe ditis-Kriterien. So ist zum Beispiel bei
 sätzlich zu den konventionellen echo-       Abb. 2) [30]. Die prognostische Rele- fehlender Hyperperfusion, grenzwerti-
 kardiographischen Verfahren die Mög-        vanz der beobachteten Pathologien der gem myokardialen Ödem und bereits
 lichkeit, Covid-19-assoziierte Funkti-      myokardialen Strain-Komponenten ist eingetretener Fibrosierung von einer
 onseinschränkung des Herzmuskels zu         bisher nicht absehbar und muss weiter abgelaufenen oder ausheilenden Myo-
 detektieren. Die Deformation oder auch      untersucht werden. Von aktuellem wis- karditis auszugehen. Die dokumentier-
 Verformung eines Körpers ist grund-         senschaftlichen Interesse sind dane- ten MRT-Veränderungen nach Covid-19
 sätzlich durch die maximale Verände-        ben die nahezu asymptomatischen Pa­­ scheinen mit dem Zeitpunkt der Unter-
 rung der Länge des Körpers von dessen       tienten mit SARS-CoV-2-Infektion. Es suchung nach der akuten Infektion zu
 Ausgangslänge charakterisiert. Im Fall      ist derzeitig nicht auszuschließen, dass korrelieren. Deshalb werden die derzei-
 der kardialen Bildgebung wird für den       bei klinisch nicht apparenter myokardi- tigen Befunde insbesondere im Hinblick

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auf ihre Bedeutung und Prognose kon-                 Bei Patienten mit klinischen Hinweisen                 prägung der myokardialen Schädigung
trovers diskutiert. Offenbar besteht                 auf eine myokardiale Ischämie, die                     und Einschränkung der linksventrikulä-
eine hohe Prävalenz einer nachzuwei-                 unter anderem auch durch einen posi-                   ren Pumpfunktion ist der Beginn einer
senden myokardialen Inflammation bis                 tiven nicht-invasiven Belastungstest                   medikamentösen Herzinsuffizienzthe-
zu 90 Tagen nach Beginn der Covid-19                 oder morphologisch in der koronaren                    rapie (unter anderem Betablocker, ACE-
Erkrankung [14, 33]. Allerdings zeigten              CT-Angiographie bestätigt wurden,                     Hemmer, Aldosteronantagonist, Angio-
sich im kardialen MRT sechs Monate                   sollte eine invasive Koronardiagnostik                 tensin-Neprilysin-Inhibitor) nach den
nach der SARS-CoV-2-Infektion keine                  und gegebenenfalls konsekutive Thera-                 aktuellen Leitlinien-Empfehlungen für
signifikanten morphologischen Unter-                 pie durchgeführt werden [21].                         Herzinsuffizienz indiziert [36]. Sowohl
schiede zwischen den MRT-Befunden                                                                           die Prävalenz einer Perimyokarditis
von Covid-19-Patienten und einer Kon-   Patienten mit Hinweisen auf eine Peri-                              nach Covid-19-Erkrankung als auch die
trollgruppe [34]. Im Hinblick auf die   myokarditis ist zur Vermeidung einer                                prognostische Relevanz jeglicher myo-
mögliche Ausprägung eines chroni-       fortschreitenden myokardialen Fibro-                                kardialer Beteiligungen nach SARS-
schen Fatigue-Syndroms könnte eine      sierung durch eine anhaltende Inflam-                               CoV-2-Infektion sind bisher nicht hin-
ärztlich verordnete körperliche Scho-   mation körperliche Schonung für min-                                reichend bekannt. Eine besondere the-
nung aufgrund von einer im kardialen    destens drei bis sechs Monate nach                                  rapeutische Herausforderung besteht
MRT vermuteten abheilenden Myokar-      den Empfehlungen der Europäischen                                   in der Festlegung des Zeitpunktes der
ditis für die körperliche Restitution   Gesellschaft für Kardiologie (ESC) anzu-                            normalen körperlichen Belastung eines
durchaus auch kontraproduktiv sein.     raten [35]. Dies ist insbesondere zur                               Covid-19 erkrankten Patienten nach der
Nach der aktuellen Leitlinie wird daher Vermeidung beziehungsweise Minimie-                                 Infektion. Nach Empfehlungen der bri-
nicht generell eine kardiale MRT bei    rung des Risikos von lebensbedrohli-                                tischen Gesellschaft gilt, dass Patien-
Post-Covid-Patienten empfohlen [31].    chen Arrhythmien begründet. Als akute                               ten, die unter sportlicher Aktivität keine
                                        antiinflammatorische medikamentöse                                 Beschwerden haben, normalen sportli-
Therapie                                Maßnahmen bei Perimyokarditis sind                                  chen Aktivitäten wieder nachgehen
Einheitliche Therapieempfehlungen zur laut Leitlinie ein nicht steroidales Anti-                            können [37]. Persistiert allerdings nach
Behandlung des PCS liegen aufgrund rheumatikum (zum Beispiel Ibuprofen                                      der akuten Erkrankungsphase (vier
der unzureichenden Datenlage zur 600 mg dreimal täglich, nach zwei                                         Wochen) eine Einschränkung der kör-
Pathogenese nicht vor. Die kardiologi- Wochen ausschleichend) und Colchizin                                 perlichen Belastbarkeit beziehungswei­
sche Behandlung von PCS-Patienten (0,5 mg einmal täglich < 70 kg und                                       ­se besteht anhaltende Luftnot unter
richtet sich daher nach den diagnosti- 0,5 mg zweimal täglich > 70 kg für drei                             Belastung, sollte vor Festlegung der
zierten kardialen Begleiterscheinungen. Monate) empfohlen [35]. Je nach Aus-                               Belastungsgrenzen eine kardiologische

Abb. 3 Kardiale MRT-Untersuchung in Kurzachsenschnitten bei akuter Myokarditis im Rahmen einer Covid-19-Erkrankung
Links: Farbkodierte T2-Mapping-Sequenz mit erhöhten T2-Werten in der lateralen linksventrikulären Wand als Hinweis auf ein myokardiales Ödem (roter Pfeil)
im Vergleich zum unauffälligen Septum (weißes Kreuz).
Mitte: Farbkodierte T1-Mapping-Sequenz mit erhöhten T1-Werten in der lateralen linksventrikulären Wand als Hinweis auf eine regionale Hyperämie bzw.
Inflammation mit interstitieller Kompartimentzunahme (roter Pfeil) im Vergleich zum unauffälligen Septum (weißes Kreuz).
Rechts: Darstellung von Fibrosierung bzw. Narben durch Late-Gadolinium-Enhancement (LGE) in der lateralen linksventikulären Wand subepikardial (roter Pfeil)
im Vergleich zum unauffälligen Befund im Bereich des Septum (weißes Kreuz).

Ärzteblatt Sachsen 11|2021                                                                                                                                     21
ORIGINALIE

 Abklärung erfolgen (siehe Abb. 1). Nor-     dauertraining zur Reduktion der Symp-     tome in den jeweiligen medizinischen
 male kardiale Biomarker, fehlende EKG-      tomlast von PCS-Patienten diskutiert      Subdisziplinen erscheint aus prakti-
 Veränderungen und fehlende echokar-         [38]. Bei dieser Vorgehensweise wird      schen Gründen hilfreich.
 diographische – beziehungsweise in der      bei fehlenden Symptomen unter zu­­
 kardialen MRT nachweisbare Verände-         nehmender Belastung die Intensität        Die kardiovaskuläre Komplikationsrate
 rungen sprechen für das Nichtvorliegen      des Trainings langsam bis zur Ausbe-      der Patienten mit PCS ist in den ersten
 einer myokardialen Beteiligung nach         lastung gesteigert.                       sechs Monaten erhöht [7]. Die langfris-
 SARS-CoV-2-Infektion. In diesem Falle                                                 tige Prognose des PCS ist derzeit noch
 ist eine Wiederaufnahme der körperli-      Bei der Therapie der autonomen Dysre-      unklar und muss sicherlich durch
 chen Belastung vertretbar. Allerdings      gulation stehen konservative kreislauf-    exakte Ursachenforschung noch wis-
 sollte im Kontext der kardiologischen      stärkende Maßnahmen im Mittelpunkt         senschaftlich evaluiert werden. Insge-
 Diagnostik eine gründliche Aufklärung      [25]. Patienten sollten auf eine ausrei-   samt sistieren häufig die Symptome
 der Patienten erfolgen, da insbeson-       chende Flüssigkeitszufuhr achten und       spontan [43]. Chronische Beschwerden
 dere die in der Echokardiographie (Ver-    auslösende Situationen, wie zum Bei-       werden eher selten beobachtet [43].
 änderung der myokardialen Strain-          spiel schnelle Lagewechsel, meiden.
 Komponenten) und in der kardialen          Im Falle von Palpitationen kann ein        Das Ziel der kardiologischen Diagnostik
 MRT (Ödem, Hyperämie, Fibrosierung         medikamentöser Therapieversuch mit         ist grundsätzlich die Detektion bereits
 als Hinweise für eine myokardiale Ent-     Ivabradin beziehungsweise einem            vorliegender kardiovaskulärer Grund­
 zündungsreaktion) erhobenen Befunde        Betablocker erfolgen [39]. Die Daten-      erkrankungen sowie von Komplikatio-
 häufig zur Verunsicherung der Patien-      lage bezüglich der medikamentösen          nen der aktuellen SARS-CoV-2-Infek-
 ten führen und damit der Krankheits-       Therapie von PCS-Patienten ist aller-      tion. Die Symptome der Patienten soll-
 verlauf durch psychische Komponenten       dings bisher noch unzureichend.            ten bei somatischer Ursache eindeutig
 negativ beeinflusst werden könnte.         Auch rehabilitative Maßnahmen schei-       geklärt und von psychosomatischen
                                            nen die kardiorespiratorischen Symp-       Komponenten beziehungsweise einer
     Spiroergometrisch kann die kardiale tome von Patienten mit PCS zu verbes-         eventuellen Psychopathogenese abge-
     Leistungseinschränkung durch den sern [40, 41]. Das Ziel sollte aktuell           grenzt werden. In der Kardiologie ste-
     O2-Puls – dem Quotienten aus Sauer- immer eine körperliche Restitution und        hen bezüglich der Diagnostik somit die
     stoffaufnahme und Herzfrequenz – eine berufliche Wiedereingliederung in           Detektion – beziehungsweise der Aus-
     objektiviert werden. Ein erniedrigter den Arbeitsalltag bei ausreichender         schluss von Covid-19-bedingten myo-
     O2-Puls zeigt dabei eine verringerte psychophysischer Belastungsfähigkeit         kardialen Beteiligungen sowie die
     kardiopulmonale Leistungsfähigkeit an sein [42].                                  Beurteilung der Belastbarkeit der Pati-
     und spricht für eine somatische Betei-                                            enten nach überstandener SARS-CoV-
     ligung der Covid-19-Erkrankung.        Fazit                                      2-Infektion im Vordergrund. Eine ein-
     Im Gegensatz zur konservativen Hal- Durch die sehr heterogenen Symptome           deutige kardiale Pathologie für das PCS,
     tung bezüglich der Wiederaufnahme bei PCS ist die Differenzialdiagnostik          bei der die pathophysiologischen Ursa-
     der körperlichen Aktivität wurde in und Therapie der Erkrankung eine klini-       chen, die diagnostischen Anforderun-
     einem systematischen Review der sche Herausforderung. Die Diagnostik              gen und die notwendige Therapie
     positive Effekt von körperlichem Aus- und Behandlung bestimmter Symp-             bekannt sind, kann zum aktuellen Zeit-
                                                                                       punkt noch nicht ausreichend beschrie-
                                                                                       ben werden. Dies ist Gegenstand
                                                                                       weiterer aktueller medizinischer For-
                                                                                       ­
      Aufruf zur Publikation von Beiträgen
                                                                                       schung. 
      Das Redaktionskollegium „Ärzteblatt Sachsen“ bittet die sächsischen
      Ärztinnen und Ärzte, praxisbezogene, klinisch relevante, medizinisch­-                          Literatur unter www.slaek.de ➝
      wissen­schaft­liche Beiträge und Übersichten mit diagnostischen und                                     Presse/ÖA ➝Ärzteblatt
      therapeutischen Empfehlungen, berufspolitische, gesundheitspolitische und
      medizin­geschichtliche Artikel zur Veröffent­lichung im „Ärzteblatt Sachsen“                           Korrespondierender Autor
                                                                                                                   Dr. med. Paul Baum
      einzureichen (E­-Mail: redaktion@slaek.de).
                                                                                                    Klinik und Poliklinik für Kardiologie
                                                                                                           Universitätsklinikum Leipzig
      Im Internet unter www.slaek.de sind die Autorenhinweise nachzulesen.                               Liebigstraße 20, 04103 Leipzig
                                                                                           E-Mail: Paul.Baum@medizin.uni-leipzig.de

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