Gentechfrei - Sicherheit und Transparenz sollen dem Profit geopfert werden

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Gentechfrei - Sicherheit und Transparenz sollen dem Profit geopfert werden
Kritische Informationen der Schweizer Allianz Gentechfrei   Nr. 115 Juni 2021

                      gentechfrei

  Regulierung der Genomeditierung

  Sicherheit und Transparenz sollen
  dem Profit geopfert werden
Gentechfrei - Sicherheit und Transparenz sollen dem Profit geopfert werden
Dankeschön                                           Inhalt

Wir bedanken uns bei Ihnen!                          Editorial                      3
                                                     Aktuell                        4
                                                     Fokus                          6
Ihre wertvolle Unterstützung schätzen                International                 12
wir sehr. Sie ermöglicht uns das erfolg-             In Kürze                      14
                                                     Wissen                        15
reiche Weiterführen unserer Arbeit.                  Über uns                      16
Wir setzen uns dafür ein, dass auch                  Empfehlungen                  16
künftige Generationen in einer Schweiz               Impressum
mit gentechnikfreier Land- und Ernäh-
                                                     Herausgeberin
rungswirtschaft aufwachsen können.                   SAG Schweizer Allianz Gentechfrei
                                                     Hottingerstrasse 32
Denn nur eine natürliche Landwirtschaft              8032 Zürich
kann gerecht, vielfältig und ökologisch              044 262 25 63
                                                     info@gentechfrei.ch
sein.                                                www.gentechfrei.ch
                                                     Postcheck 80-150-6
                                                     Redaktion
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Einzahlung für SAG, 8032 Zürich                      Oliver Lüthi
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                                                     Auflage
                                                     12 800 Ex.
                                                     erscheint 4- bis 6-mal jährlich,
                                                     im SAG-Mitgliederbeitrag enthalten
                                                     Papier
                                                     PureBalance, FSC®, 100 % Recycling
                                                     Verpackung
                                                     l'm-green-Folienverpackungen sind
                                                     recyclingfähige, nicht biologisch
                                                     abbaubare Kunststoffverpackungen,
                                                     die zu mindestens 50 – 85 Prozent
                                                     aus dem nachwachsenden Rohstoff
                                                     Zuckerrohr hergestellt werden.
                                                                                          Titelbild: Shutterstock
Gentechfrei - Sicherheit und Transparenz sollen dem Profit geopfert werden
Editorial                                      3

            Moratoriumsverlängerung
            in den parlamentarischen
            Kommissionen
            Die politische Diskussion um die Verlän-
            gerung des Anbaumoratoriums gehen in
            die letzte Runde. Seitens der Gentechnik-
            befürwortenden aus Wissenschaftskreisen
            und der Industrie sind dementsprechend
            verstärkte Lobbyaktivitäten zu spüren.
            Dabei greifen sie auf verkürzte Darstellun-
            gen zurück und präsentieren Teilwahr-
            heiten als wissenschaftlichen Konsens mit
            dem Ziel, Produkte der neuen Gentech­
            nologie von der Unterstellung unter das
            Moratorium auszunehmen.
                 Doch auch die SAG konnte bei der
            Kommission für Wissenschaft, Bildung und
            Kultur des Nationalrates (WBK-N) ihre
            Argumente zur Verlängerung des Mora­
            toriums darlegen. Wichtig dabei: Das Mora-
            torium soll auch für die neue Gentechnik
            gelten, denn die Risiken dieser Technologie
            sind weitgehend ungeklärt. Im Fokus
            der Forschung stehen weiterhin herbizid­-
            ­to­lerante und Insektengift-produzierende
            Pflanzen. Diese taugen nicht als Alternative
            zu Pestiziden, sondern führen nur
            zur weiteren Vergiftung der Ökosysteme.

            Zsofia Hock,
            Leiterin Themen und Politik SAG
Bild: SAG
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Aktuell                                                                            4

Freisetzungsversuch im Reckenholz wirft Fragen auf

Transgene Weizenlinien seit 10 Jahren
im Test
Seit 10 Jahren führt das Institut für

                                                                                        Bild: SAG
Pflanzen- und Mikrobiologie der Universi-
tät Zürich Feldversuche mit transgenen
Weizenlinien durch. Am 31. März 2021 hat
das Bundesamt für Umwelt (BAFU) einen
Freisetzungsversuch der Universität
Zürich mit Weizenlinien bewilligt, deren
Mehltauresistenz durch gentechnische
Veränderungen erhöht worden sein soll.
Der aktuelle Versuch wird als Ergän­-
zung zum im Jahr 2019 genehmigten Frei­
setzungsversuch bezeichnet.
    Das Ziel: die zwischen 2008 und 2010             Wie die Befragung des Bundes-
sowie zwischen 2014 und 2018 frei­                   amtes für Statistik von 2019
gesetzten Elternlinien mit den Linien des
laufenden Versuchs zu vergleichen.
                                                     zeigt, wird Gentechnik in der
Dabei sollen Erkenntnisse darüber gewon-             Lebensmittelproduktion
nen werden, wie sich diese Linien auf                von der Mehrheit der Schwei­
freiem Feld ver­halten und wie sich unter-           zer Be­völkerung abgelehnt.
schiedliche Genkombinationen auf die                 Ein Nebeneinander von gen-
Resistenz auswirken.
    Im Gegensatz zu dem, was die Gentech-
                                                     technikfreiem und gen­tech­nik­
befürwortenden suggerieren, bieten                   basiertem Anbau ist in
gentechnisch hergestellte Pflanzen keine             der klein­räumig struk­turierten
Lösung für die Herausforderungen der                 Schweizer Landwirtschaft
Land­wirtschaft. Gentechnisch eingebrachte           praktisch nicht umsetzbar.
Resistenzen erweisen sich als nicht dauer-
haft. Die Entwicklung von dauerhaft
krankheitsresistenten Pflanzen oder sol-
chen mit einem höheren Ertrag scheitert
an der Komplexität des genetischen
Hintergrunds, der diese Eigenschaften
bestimmt.
    Angesichts der ablehnenden Haltung
der Konsumierenden gegenüber Produkten
der Gentechnologie ist es unverständlich,
warum weiterhin Bundesgelder für
solche teuren, aber für die Schweizer Land-
wirtschaft nutzlosen Versuche ausge­-
geben werden.
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                     Genomeditierung bei Nutztieren

                     Schweine und Hühner mit eingebauter
                     Genschere
                     Mit dem Aufkommen der neuen Gentech-
Bild: Shutterstock

                     nikverfahren, besonders der Genschere
                     CRISPR/Cas9, sind Tiere wieder in den
                     Fokus der Biotechnologie gerückt. Das neue
                     Werkzeug macht die Erzeugung gentech-
                     nisch veränderter Wirbeltiere leichter.
                         Mit genomeditierten Tieren sollen nun
                     also endlich die Versprechungen der Ver-
                     gangenheit eingelöst werden. Um den
                     Prozess zu beschleunigen, haben Forsche-
                     rinnen und Forscher der Technischen
                     Universität München (TUM) Hühner und
                     Schweine generiert, welche einen Baustein      Die biomedizinische und land-
                     der Genschere, das Cas9-Protein, bereits       wirtschaftliche Forschung
                     in ihrem Erbgut integriert haben. Nützlich
                     sei dies sowohl im Bereich der biomedi­
                                                                    soll durch effiziente Genom­
                     zinischen wie der landwirtschaftlichen For-    editierung am lebenden Tier
                     schung, schreiben die Forschenden. Die         vorangebracht werden – ohne
                     Züchtung der Tiere dauerte rund drei Jahre.    Rücksicht auf das Tierwohl
                         Das CRISPR/Cas9-System besteht             und die Würde der Kreatur.
                     aus zwei Bausteinen, einer führenden RNA,
                     welche spezifisch an den DNA-Abschnitt
                     eines Gens bindet, der modifiziert werden
                     soll, und dem Cas9-Protein, das den jeweili-
                     gen Abschnitt der Ziel-DNA schneidet.
                     Durch den Schnitt in der Ziel-DNA werden
                     Reparaturmechanismen aktiviert, welche
                     die Genfunktion inaktivieren oder spezifi-
                     sche Mutationen einbauen können.
                         Die Schweine sollen als Krankheitsmo-
                     delle für den Menschen eingesetzt werden, da
                     ihre Anatomie und Physiologie dem Men-
                     schen viel mehr ähnelt als der der Maus, die
                     derzeit als gängiges Krankheitsmodell dient.
                     Hühner und Schweine mit der eingebauten
                     Genschere sollen so auch schneller für die
                     landwirtschaftliche Forschung genutzt wer-
                     den können. Es ist daher zu befürchten,
                     dass noch mehr Tiere als Versuchsobjekte
                     und Verbrauchsmaterial missbraucht werden.
Gentechfrei - Sicherheit und Transparenz sollen dem Profit geopfert werden
Fokus: Regulierung der Genomeditierung                                                 6

Sicherheit und
Transparenz sollen
dem Profit geopfert
werden
Eine neue Studie der EU-Kommission zur Genomeditierung
betont vor allem deren Chancen. Auch in der Schweiz lobbyieren
Wissenschaftskreise aus dem Bereich der Biotechnologie, wirt-
schaftsnahe Parteien und auch der Detailhandel für die neue Gen-
technik und eine Verwässerung der Gentechnikregulierung.
Das Vorsorgeprinzip droht einem kurzfristigen Streben nach Profit
geopfert zu werden. Mahnende Stimmen werden nicht gehört,
auch wenn juristische Gutachten zeigen, dass auch die Genomedi-
tierung als Gentechnik eingestuft werden muss.

Text: Zsofia Hock, Paul Scherer
Ein neuer Bericht der Europäischen Kom-      dass die derzeitige GVO-Gesetzgebung der
mission von Ende April 2021 preist die       EU für die neuen Techniken «nicht geeig-
Genomeditierungsverfahren als viel­          net» ist. Auf Grundlage dieser Annah-­
versprechende Waffe gegen die vielfältigen   men will die Kommission neue Rechtsvor­
Probleme, mit denen sich die Landwirt-       schriften zur Förderung neuer gentech­
schaft heute konfrontiert sieht. Sie rät     nischer Verfahren vorschlagen und eine
daher, das Gentechnikgesetz entsprechend     breit angelegte Konsultation mit Interessen-
zu lockern. Laut IFOAM Organics Europe       gruppen und Mitgliedstaaten einleiten,
basiert dieser Bericht der Generaldirek-     um einen künftigen Rechtsrahmen zu
tion Gesundheit und Lebensmittelsicher-      diskutieren. IFOAM befürchtet, dass der
heit (DG SANTE) grösstenteils auf An-        Prozess mit einer gefährlichen Deregulie-
nahmen zum zukünftigen «Nutzen für die       rung dieser Verfahren enden könnte.
Gesellschaft», der den neuen gentechni-         Der Bericht der EU-Kommission wird
                                                                                            Bild: Shutterstock

schen Verfahren zugeschrieben wird. Er       auch die Diskussion in der Schweiz beein-
enthält aber keine soliden Argumente,        flussen. Hier schickte der Bundesrat
um die Schlussfolgerung zu untermauern,      Ende November 2020 eine Anpassung des
Gentechfrei - Sicherheit und Transparenz sollen dem Profit geopfert werden
Die Agrarkonzerne rechnen mit
einem Milliardenmarkt, der
sich ihnen mit genomedierten
Pflanzen und Tieren eröffnen
könnte.
Gentechfrei - Sicherheit und Transparenz sollen dem Profit geopfert werden
Fokus: Regulierung der Genomeditierung                                                 8

Gentechnikgesetzes in die Vernehmlas-        lichen Mutageneseverfahren gemäss
sung. Er rät, das Gentechnikmoratorium,      der Schweizer Freisetzungsverordnung
das Ende 2021 ausläuft, um weitere           der Fall ist, wäre rechtlich nicht zulässig.
vier Jahre zu verlängern. Eine solche Ver-   In Anlehnung an die GV-Richtlinie der
längerung schien vorerst unbestritten –      EU werden in der Schweiz die herkömmli-
in der Politik ebenso wie in der Landwirt-   chen Mutageneseverfahren, bei denen
schaft und bei den Konsumierenden.           mit Hilfe chemischer oder radioaktiver
Doch der bundesrätliche Vorschlag stiess     Substanzen Mutationen ausgelöst werden,
auf unerwartet heftige Kritik – vor allem    aktuell nicht als Gentechnik geregelt.
in Wissenschafts- und Wirtschaftskreisen.    Würde das Gentechnikgesetz jedoch eng
Stein des Anstosses war eine klare An-­      ausgelegt, könnte nach Einschätzung von
sage: Das Moratorium bezieht sich auch       Errass auch die Rechtmässigkeit dieses
auf die neuen Gentechnikverfahren.           Ausschlusses der Mutagenese­ver­­fahren
Damit folgte der Bundesrat überraschend      von den Regulierungen des Gentechnik-
deutlich der Motion von SVP-Nationalrat      rechts in Frage gestellt werden.
Andreas Aebi vom 26.9.2019. Die GVO-             Der alleinige Grund, warum die her­
Freiheit sei ein wichtiges Element für die   kömmlichen Mutageneseverfahren
Positionierung der Schweizer Lebensmit-      von den EU-Richtlinien für Gentechnik
tel im Markt und werde über das Gen­         aus­geschlossen worden waren, lag in
techmoratorium abgesichert, so Aebi. Das     deren bereits lang andauernder Sicherheit
Moratorium müsse um weitere 4 Jahre          («history of safe use»). Umgekehrt bedeu-­
verlängert werden, insbesondere weil in      tet dies nach Einschätzung des Rechts
den kommenden Jahren der Umgang mit          experten, «dass Mutageneseverfahren, die
den neuen Züchtungsmethoden im               noch nicht seit langem angewandt werden
Gentechnikgesetz geregelt werden müsse.      und als sicher gelten, nicht vom Anwen-
Die Verlängerung des Moratoriums             dungsbereich der Richtlinie ausge­schlossen
schaffe dafür die nötige Zeit. Die rasche    werden können». Analog der Strassburger
Entwicklung der Gentechnologie in der        Rechtsprechung zu Asbest dürfe man
jüngsten Vergangenheit werfe prioritäre      davon ausgehen, «dass mindestens
rechtliche und technische Fragen auf.        30 Jahre zugewartet werden muss, bevor
                                             ausreichend sicheres Wissen zu den 2012
    Rechtsgutachten: Ausnahme­               entdeckten Genomeditierungsverfahren
    regelung für die neuen Mutage­           vorliegt und diese deshalb den herkömm­
    neseverfahren nicht begründet            lichen Mutageneseverfahren gleichge­stellt
Jemand, der sich seit vielen Jahren mit      werden können», folgert Errass.
den rechtlichen Aspekten der Gentechnik          Ist die Genomeditierung als gentechni-
auseinandersetzt, ist Christoph Errass,      sches Verfahren reguliert, sind die materi-
Titularprofessor für öffentliches Recht an   ellen und formalen Bestimmungen des
der Hochschule St. Gallen. Für Errass        GTG über den Umgang mit GVO anwendbar.
ist klar: Die neuen Verfahren der Genom­     Wer diese Regelungen nicht einhalte, könne
editierung sind Gentechnik und müssen        strafrechtlich belangt werden – dies
daher gemäss den Bestimmungen des            gelte auch für Gemein­wesen. Daraus könn-
bestehenden Gentechnikgesetzes regu-         ten auch Schaden­ersatz­ansprüche ent­
liert werden. Einzelne Anwendungen der       stehen, schreibt Errass.
neuen Gentechnik von der Regulierung             Zum gleichen Schluss kommt das von
auszunehmen, wie dies für die herkömm-       der SAG bereits 2017 in Auftrag gegebene
• Verweis Glossar auf S. 15
Gentechfrei - Sicherheit und Transparenz sollen dem Profit geopfert werden
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                       Gutachten Stauber. Sowohl die europäi-
Bild: Shutterstock

                     sche wie auch die Schweizer Politik
                     bezüglich GVOs beruhen auf dem Vorsor-
                     geprinzip. «Im Allgemeinen – und umso
                     mehr, falls das Moratorium über die An-
                     wendung von GVOs in der Landwirtschaft
                     aufgehoben wird – sollte ein verantwor-
                     tungsbewusster Staat eine gewisse Kont-
                     rolle über die aus moderner Bio­tech­
                     nologie entstehenden Produkte bewahren.
                     Eine Definition im weitesten Sinn des
                     Rechtsgegenstands GVO bildet hierbei
                     eine unabdingbare Bedingung», schreibt
                     der Autor des Gutachtens, der Jurist
                     Maximilian Stauber.
                         Nur Verfahren, die sich über lange Zeit
                     bewährt haben, sollten von dieser
                     Kontrolle ausgenommen werden. Die
                     neuen Techniken müssen so lange einer
                     Überprüfung unterzogen werden, bis
                     sie gut verstanden werden, ihr Gegen-
                     stand genügend bekannt ist und mögliche
                     ökologische oder chronische Gesund­
                                                                    Die Genomeditierung be-
                     heits­schäden Zeit hatten aufzutreten und      schränkt sich nicht auf die Pflan-
                     festgestellt zu werden, folgert das Gut­       zenzucht. Auch mit dem
                     achten. Selbstverständlich ist ein             Genom von Kühen, Hühnern,
                     Null­risiko nicht möglich, doch sind strenge   Schweinen und Fischen
                     Auflagen umso notwendiger, als bis-­
                     her die möglichen Risiken den erwarteten
                                                                    wird im Labor experimentiert,
                     (mageren bis nicht vorhandenen) Nutzen         und mit Gene Drives sollen
                     der GVO übersteigen.                           Wildtiere nach Gutdünken
                                                                    genetisch angepasst werden.
                         Industrienahe Wissenschaft                 Eine Deregulierung des
                         blendet Risiken aus – in der
                         Hoffnung auf Profit
                                                                    Gentechnikrechts wäre daher
                     Geradezu fahrlässig mutet in diesem Licht      äusserst fahrlässig.
                     die Folgerung der Schweizer Akademien
                     (SCNAT) der Naturwissenschaften an,
                     welche die Wissenschaftsvereinigung
                     in ihrer Stellungnahme vom 25. Februar
                     zur Änderung des Gentechnikgesetzes
                     und zur Verlängerung des Moratoriums
                     für gentechnisch veränderte Organis­
                     men veröffentlichte. Die unterzeichnen-
                     den Wissenschaftlerinnen und Wissen­
                     schaftler kritisieren, dass der Bundesrat
Gentechfrei - Sicherheit und Transparenz sollen dem Profit geopfert werden
Fokus: Regulierung der Genomeditierung                                                 10

gesetzliche Erleichterungen für die            verfügen über gar keine Geschichte
Produkte bestimmter gentechnischer             der sicheren Nutzung. Nachweise hinge-
Verfahren ablehnt. Laut SCNAT greife das       gen, dass die Genschere unbeabsich-
geltende Gentechnikgesetz zu kurz und          tigte Neben­effekte verursacht, die
erlaube keine verantwortungsvolle              sich erst nach längerer Zeit manifestieren,
und inklusive Nutzung der neuen gen-           häufen sich.
technischen Verfahren.
    Das Pikante daran: Die vom Forum               Strenge Regulierung fördert die
Genforschung der SCNAT initiierte                  Entwicklung von nachhaltigeren
Stellungnahme soll die Meinung der                 Alternativen
ge­samten SCNAT repräsentieren.                Eine strenge Regulierung könne Innovatio-
Doch Forschende, die der Gentechnik kri-       nen negativ beeinflussen, diese viel
tisch gegenüberstehen, wurden in die           gehörte Klage wird auch von SCNAT ins
Unterschriftensammlung nicht miteinbe-         Feld geführt. Doch gerade die vor­
zogen, wie der SAG aus gentechnikkriti-        schnelle Anwendung und der Mangel an
schen Forschungskreisen zugetragen             kritischer Bewertung von lediglich
wurde. So ernennen sich die Pro-Gentech-       theo­retisch auf ihre Machbarkeit über-
Lobbyierenden, die im Forum Genfor-            prüften Biotechnologien ist der zentrale
schung der SCNAT organisiert sind, selbst      Faktor, durch den Innovation verzögert
zu alleinigen Repräsentierenden der            und das öffentliche Vertrauen gefährdet
Wissenschaft, obwohl sie nur einen klei-       wird, schreiben zwei Biotechnologen
nen Teil der Akademien ausmachen.              in «Nature Reviews». Neue Anwendungen
Mehrere der in der Stellungnahme aufge-        der Genschere CRISPR/Cas werden oft
führten Expertinnen und Experten besit-        an Modellpflanzen unter standardisierten
zen Patente im Bereich der Biotechnologie      Bedingungen getestet. Aus solchen im
und sie oder ihre Institute profitieren        Labor durchgeführten Experimenten ent-
direkt von einer schwachen Regulierung.        stehen Hypothesen zur Anwendung beim
    Weiter erachtet das Forum im Gegen-        Anbau von Kulturpflanzen. Oft zeigen
satz zu unabhängigen Wissenschafts­            sich aber die Schwachstellen der neuen
organisationen, (beispielsweise Critical       Technologien erst dann, wenn die darauf
Scientists Switzerland) und zum Bundes-        basierenden Produkte grossflächig
rat «die naturwissenschaftlichen Grund­        an­gebaut werden.
lagen als ausreichend, um bereits heute            Würden die neuen gentechnischen
die Risiken der neuen gentechnischen           Verfahren nicht streng reguliert, kann
Verfahren so weit zu beurteilen, dass risi-    dieser natürliche, selbstkorrigierende
kobasierte Anpassungen des Gentechnik-         Prozess der wissenschaftlichen Innova-
rechts möglich sind», wie sie in ihrer Stel-   tion Umwelt und Gesundheit gefährden
lungnahme schreiben. Die Praxis zeigt          und zu Verlusten seitens der Nutzer
jedoch das Gegenteil: Sogar bei der klassi-    der so entstandenen Produkte führen.
schen Gentechnik, bei der bereits 30           Eine strenge Regulierung fördert hin­
Jahre Erfahrung besteht, werden die Risi-      gegen Innovationen im Bereich der Alter-
ken nur ungenügend eruiert, wie das            nativen, wie beispielsweise der Agrar­
internationale Forschungsprojekt RAGES         ökologie, die auch laut Weltklimarat und
bestätigt. Vor allem mangelt es an Lang-       der Welternährungsorganisation FAO
zeitstudien. Die sich dynamisch ent­           nachhaltigere Lösungen für die Heraus­
wickelnden Genomeditierungsverfahren           forderungen der Zukunft bietet.
• Verweis Glossar auf S. 15
11

    Lukrative Geschäftsaussichten als          Wie eine Studie im Auftrag von Global
    Motor der Lobbywelle                       2000 zeigt, bringt die neue Gentechnik
 Neuerdings wirbt die Website science-         lediglich viele leere Versprechen. Mit
 based.ch für die Liberalisierung der neuen    Eigenschaften wie einer veränderten Fett-
 gentechnischen Verfahren. Mit fragwür­        säure oder einem erhöhten Ballaststoff­
 digen Begründungen: Bis 2050 müsse die        gehalt versuchen die Unternehmen
 Landwirtschaft 50 Prozent mehr Nah-           eine zahlungskräftige Kundschaft in den
 rungsmittel bereitstellen. Angesichts von     reichen Industrienationen anzusprechen,
 Klimawandel und globalem Bevölkerungs-        die bereit ist, für (vermeintlich) gesün-­
 wachstum seien innovative Ideen zur           dere Produkte mehr Geld auszugeben.
 Nahrungsmittelproduktion dringend ge-         Davon profitieren vor allem jene Gross­
­fragt. Ansätze der Grünen Biotechnologie      unter­nehmen, deren Geschäftsmodell auf
 würden einen wichtigen Beitrag leisten,       der Nutzung geistiger Eigentumsrechte
 die Welt nachhaltiger zu ernähren. «So hat    aufgebaut ist. CRISPR/Cas ist kein «demo-
 die Genschere CRISPR/Cas9, für die            kratisches» Verfahren für den Mittelstand,
 Emmanuelle Charpentier und Jennifer           sondern Big Business für die Grossen.
 Doudna 2020 den Chemie-Nobelpreis             Jedes Unternehmen, ob klein oder gross,
 erhielten, die Pflanzenzucht bereits heute    das die Technologie nutzen will, muss
 zum Wohle aller revolutioniert. Es wird       zuerst mit den Patentinhaberinnen verhan-
 Zeit, dass auch die Schweiz diese Errun-      deln und Lizenzen zahlen. Den Bäuer­-
 genschaften der modernen Biotechnologie       innen und Bauern bringen Patente nur
 anerkennt», heisst es auf der Plattform.      steigende Saatgutpreise, eine beschränkte
 Ausser der Tatsache, dass Charpentier und     Auswahl und neue Abhängigkeiten.
 Doudna für die Entdeckung der Genschere           Klar ist, dass sehr viel Geld im Spiel ist.
 den Nobelpreis erhalten haben, erscheint      Gemäss den sogenannten CRISPR Files
 die Faktenlage dieser Aneinanderreihung       rechnen die Saatgutunternehmen mit
 von Schlagworten äusserst fragwürdig –        einem Milliardenmarkt. Entsprechend
 und wenig wissensbasiert zu sein. Betrie-     kräftig wird weltweit in Lobbyingmassnah-
 ben wird die Seite von einer Kommunikati-     men investiert. In der EU wird damit
 onsorganisation, zu deren Kunden unter        Druck auf die EU-Kommission aufgebaut,
 anderem Bayer, BASF und Syngenta, drei        in der Schweiz auf Bundesrat und Parla-
 Schwergewichte der Agrarindustrie, gehö-      ment in Hinblick auf die Moratoriums­
 ren. Daneben werden auch Economiesuisse       verlängerung und die zukünftige Regulie-
 und Scienceindustries als Kunden aufge-       rung der Genomeditierung. Die einzige
 führt. Ob diese Kunden auch für die neue      Pflanze, für die bislang in Europa ein
 Werbeplattform finanziell aufkommen,          Zulassungsantrag gestellt wurde, ist
 wird leider nicht transparent gemacht.        gemäss Test­biotech ein herbizidresistenter
    Ein genauerer Blick auf die Liste mögli-   Mais der Firma Pioneer, der zudem ein
 cher genomeditierter Pflanzen löst Fragen     Insektengift produziert – ganz nach dem
 aus. Wo sind diese Wunderpflanzen?            alten Muster. Pioneer hat sich die CRISPR/
 Welche Eigenschaften haben sie und wann       Cas-Pflanzen in Europa durch Patente
 werden sie auf dem Markt verfügbar sein?      schützen lassen und bereits zahlreiche
 Wieso wird derart heftig für sie lobbyiert    weitere Patentanträge auf die Technologie
 und wieso lässt sich die Wissenschaft         und entsprechende Pflanzen angemeldet.
 von der Agrarindustrie derart unkritisch
 einspannen?
International                                                                            12

China                                         Florida

                                                                                                Bilder: Shutterstock
Schäden durch CRISPR/Cas                      Gentechnisch veränderte
bislang unterschätzt?                         Moskitos in Florida
                                              freigesetzt
Neue Forschungsergebnisse chinesischer         Das Biotechnologie-Unternehmen Oxitec
Wissenschaftler zeigen, dass Genomeditie-      hat in diesem Frühjahr gentechnisch verän-
rung mit CRISPR/Cas9 massive Schäden           derte Moskitos in den Florida Keys frei­
am Genom verursacht, von denen ein Gross­­     gesetzt. Damit sollen das Dengue-Fieber und
teil mit den bisher verwendeten Analyse-       andere von Mücken übertragene Viren­
werkzeugen übersehen worden war. Die ver-     ­krank­heiten – wie Zika – bekämpft werden.
tiefte Analyse der Gensequenzen wurde          Oxitec schlug bereits 2011 vor, gentech­-
durch ein neu entwickeltes Computerpro-        nisch ver­änderte Stechmücken versuchs-
gramm ermöglicht. Mit diesem hat das           weise in den Keys freizusetzen.
chinesische Entwicklerteam die Sequenz-            Die Gentechmücken von Oxitec sind
daten aus ihren aktuellen und früheren         die ersten, die in den USA für die Freisetzung
Experimenten mit CRISPR/Cas9 an Maus­          zugelassen sind. Das Unternehmen hat
zellen und menschlichen Zellen neu             bereits in Brasilien einen Versuch mit diesen
überprüft. Die Ergebnisse sind erschre-        Mücken durchgeführt, wo mehr als eine
ckend: Die Genschere CRISPR/Cas9 verur-        Milliarde dieser im Labor manipulierten
sacht massive Schäden am Genom.                Mücken freigesetzt wurden.
     Während der Doppelstrangbruch mit der         GMO Free USA und die Coalition Against
DNA-Schere gezielt an einer relativ genau      GMO Mosquitoes verurteilen die unkon­
definierten Stelle durchgeführt werden         trollierte Freisetzung und versuchen, die
kann, ist die anschliessende Reparatur der     Bewohner der Florida Keys über die Gesund-
so entstandenen Bruchstelle weder kon-­       heits- und Umweltrisiken aufzuklären. Sie
t­rollierbar noch präzise. Sie wird von den   fordern klarere Beweise dafür, dass diese
zelleigenen Reparaturmechanismen automa-      Technologie überhaupt notwendig ist.
tisch durchgeführt. Dabei kommt es zu         Kritische Wissenschaftskreise setzen sich
unkontrollierbaren, nicht vorhersehbaren      dafür ein, dass der Versuch in Florida pau-
Nebeneffekten, deren Ausmass bislang          siert wird, um einen faireren Entscheidungs-
massiv unterschätzt wurde, wie die neuen      prozess für die Freisetzung der Moskitos
chinesischen Untersuchungen zeigen.           zu definieren. Sie betonen, das Unterneh-
                                              men habe nur die positivsten Daten mit der
                                              Öffentlichkeit geteilt, andere Schlüsseldaten
                                              jedoch, einschliesslich zur Frage, ob die
                                              Moskitos die Übertragung von Krankheiten
                                              eindämmen, hingegen geheim gehalten.
13

USA                                                   Europa/Japan

Pestizide in den USA werden                           Deklaration von gentechnisch
giftiger                                              veränderten Lebensmitteln

Forschende der Universität Koblenz-Landau             Neuste Untersuchungen zeigen, dass die
haben nachgewiesen, dass die in der                   grosse Mehrheit (86 Prozent) in Europa will,
US-Landwirtschaft ausgebrachten Pestizide             dass Lebensmittel, welche gentechnisch
sowohl für Pflanzen wie Insekten deutlich             veränderte Pflanzen enthalten, als GVO
giftiger sind als früher. Anders als die Agro-        gekennzeichnet werden müssen. Eine Mehr-
chemieindustrie meist argumentiert,                   heit (68 Prozent) der Befragten, die schon
trifft dies auch dort zu, wo gentechnisch ver-        von neuen gentechnischen Verfahren wie
änderte Pflanzen angebaut wurden.                     CRISPR/Cas gehört haben, fordert auch eine
    Bei den Herbiziden nahmen sowohl die              Deklarationspflicht für Lebensmittel, die
Toxizität der Wirkstoffe als auch die ein­            mit diesen neuen Verfahren hergestellt wur-
gesetzten Mengen zu. Die Wissenschaftler und          den. Nur wenige der Befragten (3 Prozent)
Wissenschaftlerinnen untersuchten den An-             stimmt dem Vorschlag der Industrie zu,
 bau herbizidresistenter Sojabohnen ab 2010.          diese Produkte von den GVO-Sicherheits-
Da immer mehr Unkräuter gegen Glyphosat               tests und der Kennzeichnungspflicht auszu-
resistent wurden, brachten die Saatgutkonzerne        nehmen. Produkte, die mit neuen gentech­
neue Soja-Linien auf den Markt, die auch ge-          nischen Verfahren hergestellt werden, fallen,
­gen ältere und giftigere Herbizide resistent sind.   gestützt auf ein Urteil des Europäischen
    Bei den Insektiziden hat die Menge                Gerichtshofs (EuGH), unter die EU-Vorschrif-
der Wirkstoffe zwar um 40 Prozent abge-               ten für GVO – zum Missfallen der grosse
nommen. Auf den Markt kamen dafür zielge­             Saatgutunternehmen.
richtetere Insektizide, welche trotz der                 Die alten wie die neuen Gentechnik­
geringeren Mengen für Insekten – besonders            verfahren werden also von den europäischen
für Bestäuber wie Bienen – und wirbellose             Konsumierenden kritisch beäugt. Auch in
Wasserorganismen, wie Flohkrebse und                  Japan führte in den 1990er-Jahren der starke
Libellenlarven, doppelt so giftig sind. «Unse-        öffentliche Widerstand gegen gentechnisch
re Ergebnisse stellen die Aussage einer über          veränderte Nutzpflanzen dazu, dass die
die Zeit sinkenden Auswirkung von Pestizi-            japanische Regierung strenge Vorschriften
den auf die Umwelt für konventionelle                 sowie die Kennzeichnung von gentechnisch
und genetisch veränderte Kulturen in Frage            veränderten Lebensmitteln einführte. Eine
und belegen den Bedarf für eine globale               Umfrage unter japanischen Konsumierenden
Reduktion der ausgebrachten Toxizität von             hat kürzlich ergeben, dass sie sich grössere
Pestiziden», sagte Ralf Schulz vom Deut-              Sorgen über den Einsatz von Genomeditie-
schen Institut für Umweltwissenschaften.              rung bei Nutztieren als bei Pflanzen machen.
In Kürze                                                                                                 14

                                                                                                                Bilder: Shutterstock, Cover Buch: zvg
USA                                 brauchen und würden nicht           Buchtipp
Genomeditierter Soja                auf ihre gesundheitlichen Risiken   Von Böden die klingen
                                    geprüft. Mit einer derartigen
enttäuscht                          Regulierung werde das Ministe-      und Pflanzen die tanzen
                                    rium seiner Verantwortung, für
                                    sichere Lebensmittel zu sorgen,
                                    nicht mehr gerecht, moniert ein
                                    gentechnikkritisches Netzwerk.

                                    Neue Studie
                                    Die Zukunft der
Die mit Genomeditierung entwi-      Genomeditierung in
ckelte Sojabohne von Calyxt         der Landwirtschaft
wurde von den Landwirten kaum                                           Pflanzenvielfalt ist hörbar: Der
angenommen. Sie hat ein lang­                                           Boden von Mischkulturen ist weit-
sames Wachstum und bringt                                               aus geräuschvoller als der von
geringere Ernteerträge. Zudem                                           Monokulturen. Nachtkerzen hören
hatte sich die Produkteinführung                                        das Summen von Bienen, und
verzögert, wie ein Artikel des                                          Pilze ermöglichen uns mit ihrem
US-Investmentmagazins «Seeking                                          riesigen Netzwerk gar eine andere
Alpha» im Dezember 2020                                                 Sicht auf die Welt. In Indien spielt
be­richtete. Dies steht im Wider-                                       sich gerade Unglaubliches ab:
spruch zum Geschäftsmodell des                                          Andhra Pradesh, ein Staat grö-
Unternehmens, das einen             Nach Einschätzung einer chinesi-    sser als die Schweiz, Österreich
«schnellen Entwicklungszyklus       schen Forschergruppe ist künftig    und Belgien zusammen, will
unter Verwendung neuartiger         mit mehr herbizidtoleranten,        bis 2027 ganz auf Pestizide ver-
Gene-Editing-Technologien» ver-     gentechnisch veränderten Nutz-      zichten. Dabei setzt er auf Misch-
spricht. Es stellt auch die Be­-    pflanzen zu rechnen, neu aber       kulturen, Kühe und engagierte
hauptungen der GVO-Befürworten­     mit Genomeditierung hergestellt.    Kleinbauernfamilien. Die Biologin
den in Frage, dass die Genom­       Dies werde zu einem weiter          Florianne Koechlin hat für ihr
editierung schnelle Lösungen für    an­steigenden Herbizideinsatz       neues Buch viele Gespräche
unsere Lebensmittel- und Land-      führen, der mit der Verbreitung     geführt: mit Wissen­schaft­lerinnen
wirtschaftsprobleme bringe.         von herbizidtoleranten GV-Nutz-     und Wissenschaftlern aus so
                                    pflanzen begonnen hatte. Die        verschiedenen Disziplinen wie der
                                    Tatsache, dass einige Regierun-     Botanik, der Tier­zucht, der Philo-
                                    gen bestimmte Arten der Genom­      sophie, der Kunstgeschichte oder
Kanada                              editierung dereguliert haben,       der künstlichen Intelligenz.
Keine Regulierung für               führt im Gegensatz zur Praxis bei   Anhand aktueller Forschungser-
                                                                        gebnisse und Praxisbeispiele
die Genschere CRISPR                transgenen Pflanzen dazu, dass
                                                                        zeigt sie auf: Eine natürliche Land­-
                                    in diesen Ländern keine behörd­
                                    liche Risikobewertung vorgenom-     wirtschaft, die auf Vielfalt,
Das kanadische Gesundheits­                                             gesunde Böden und soziale Netze
ministerium plant, bestimmte        men wird. Dies hat zur Folge,
                                    dass GVOs schneller entwickelt      setzt, kann die Welt ernähren,
genomeditierte Pflanzen, aus                                            und das ohne synthetische Pesti-
denen Lebensmittel produziert       werden können und somit pro­
                                    fitabler sind, aber den Konsumie-   zide und ohne Agro­gentechnik –
werden, künftig nicht mehr zu                                           nicht nur in Indien, auch in Afrika
regulieren. Dazu soll der kanadi-   renden die Transparenz zum
                                    Züchtungs­prozess vorenthalten      und auch bei uns in Europa.
sche Leitfaden für die Sicher-
heitsbewertung von neuartigen       bleibt.
                                                                        Das Buch kann von Mitgliedern
Lebensmitteln geändert werden.                                          zum reduzierten Preis von Fr. 25.–
Pflanzen, die der Kategorie                                             anstatt Fr. 32.– bei der SAG
«genomeditierte gentechnisch                                            bestellt werden
veränderte Organismen, die                                              (info@gentechfrei.ch).
keine fremde DNA enthalten»
zugeordnet werden, würden
künftig keine Zulassung mehr
Wissen                                                                                                    15

Im nachfolgenden Glossar            der Witwe eines Asbest-Opfers          Unbeabsichtigte
                                    Recht gegeben und damit ein
werden einige Begriffe              Urteil des Schweizer Bundesge-        Nebeneffekte
aus Artikeln des aktuellen          richts aufgehoben. Daher              Ein Nebeneffekt, der z.B. beim
Magazins genauer aus-               beschloss das Parlament, die          Anwenden des CRISPR/Cas-Systems
                                    Bestimmungen zu Verjährungs­          auftreten kann, sind ungewollte
geführt und erklärt. In den         fristen zu überarbeiten und           Ver­änderungen der DNA an Nicht-
Erläuterungen finden Sie            bspw. bei Personenschäden von         Ziel­sequenzen (Off-Target-Effekte).
weitere nützliche Informa-          10 auf 20 Jahre zu verlängern.        Denn das System der Genschere
tionen zum Thema.                                                         ist nicht hundertprozentig genau,
                                                                          sondern toleriert eine gewisse
                                      Gemeinwesen                         Anzahl an Fehlpaarungen zwischen
                                    Damit werden in der allgemeinen       den Basen der leitenden RNA und
  Mutageneseverfah­                 Begriffsverwendung alle Organi-       denen der angesteuerten Ziel­
                                                                          sequenz im Genom. Das kann dazu
                                    sationsformen des menschlichen
ren (herkömmliche)                  Zusammenlebens bezeichnet,            führen, dass Cas auch an anderen
Bei der konventionellen Mutage-                                           Stellen im Genom bindet, dort die
                                    die über den Familienverband hin-
nese wird das Erbgut eines Lebe-                                          DNA schneidet und ungewollt eine
                                    ausgehen, also zum Beispiel
wesens mutagenen, d.h. erbgut-                                            zusätzliche Veränderung einführt.
                                    Gemeinden, Kantone und Länder.
verändernden Bedingungen
ausgesetzt. Diese reichen von der
Bestrahlung (z.B. mit UV-Licht)                                            Studie von Global
bis zum Einsatz chemischer            Gutachten Stauber
Stoffe. Anschliessend werden die
                                                                          2000
                                    Das Gutachten untersuchte die
entstandenen Mutanten auf inte­     juristische Definition der gentech-   Die aktuelle Studie der österreichi-
ressante Gene bzw. Eigenschaften    nisch veränderten Organismen          schen Umweltorganisation be­-
durchsucht. Diese werden dann       in Bezug auf die neuen Verfahren.     fasst sich mit den Produkten und
in vorhandene Sorten eingekreuzt.   Das Gutachten wurde im Auftrag        Profiteuren der Neuen Gentechnik
                                    der SAG verfasst. Ziel war es,        und zeigt, dass technische Inno­
                                    aus der Sicht einer Rechtsfachper-    vationen das bestehende Agrarmo-
  Freisetzungsver­                  son festzustellen, ob die mittels     dell nur kosmetisch etwas «grüner»
                                                                          machen. Sie leitet dies nicht nur
ordnung (FrSV)                      der neuen gentechnischen Verfah-
                                                                          aus der aktuellen Produktent­
Diese Verordnung regelt den         ren entstandenen Produkte
                                    dem Gentechnikgesetz unterstellt      wicklung ab, sondern auch aus
Um­gang mit Organismen sowie
                                    werden müssen. (Download:             der Tatsache, dass Verfahren
mit ihren Stoffwechselprodukten
                                    wck.me/14s5)                          wie CRISPR/Cas eine regelrechte
und Abfällen in der Umwelt,
                                                                          Patentierungswelle ausgelöst
insbesondere mit gentechnisch
                                                                          haben. (Download: wck.me/14s7)
ver­änderten, pathogenen oder
gebietsfremden Organismen. Im        Forum
Anhang der FrSV wird aufgelistet,                                           CRISPR Files
welche Verfahren als gentech-
                                    Genforschung
nisch eingestuft werden und         Das Forum Genforschung ist eine       Corporate Europe Observatory
welche nicht. Nicht als gentech­    Plattform der SCNAT, die sich         (CEO) ist eine Forschungs- und
nische Verfahren gelten die         mit Entwicklungen in der Genfor-      Kampagnengruppe, die sich dafür
Selbstklonierung nicht pathoge-     schung und ihren Auswirkungen         einsetzt, den privilegierten Zugang
ner Organismen sowie eine Liste     auf die Gesellschaft befasst,         und Einfluss, den Konzerne und
von Verfahren, die nicht mit        wobei sie diese, laut Statuten «so    ihre Lobbygruppen bei der Gestal-
dem Einsatz von rekombinanten       objektiv wie möglich behandelt».      tung der EU-Politik geniessen,
Nukleinsäuremolekülen oder          Diese Objektivität scheint gerade     aufzudecken und in Frage zu stel-
gen­technisch verän­derten Orga-    in den Hintergrund und wirt-          len. Auch zu den neuen Gentech-
nismen verbunden sind, darunter     schaftliche Eigeninteressen statt-    nikverfahren hat CEO grosse
die Mutagenese.                     dessen in den Vordergrund zu          Mengen an Dokumenten durch
                                    rücken. Einige der in der Stellung-   Informationsfreiheitsanfragen an
                                    nahme aufgeführten Expertinnen        die Europäische Kommission
  Strassburger Recht­-             und Experten besitzen Patente         und an die belgische und nieder­
                                    im Bereich der Biotechnologie         ländische Regierung erhalten
  sprechung zu Asbest               und sie oder ihre Institute würden    und diese mit investigativen Jour-
Der Europäische Gerichtshof für     direkt von einer schwachen Regu-      nalistinnen und Jounalisten
Menschenrechte (EGMR) in            lierung profitieren. So etwa die      geteilt. Alle Dokumente sind
Strassburg hatte im März 2014       Universitäten Zürich und Lausanne.    online verfügbar.
Über uns

Die Schweizer Allianz Gentechfrei SAG                    Bitte helfen Sie mit!
versteht sich als kritisches Forum zu                    Leserbriefe
Fragen der Gentechnologie. Sie ist eine                  Die Gentechbefürwortenden wol-
                                                         len mit ihrem Lobbying die Akzep-
Plattform der Diskussion, Information                    tanz der Schweizer Bürgerinnen
und Aktion für Organisationen und                        für gentechnisch veränderte
                                                         Lebens­mittel erhöhen. Deshalb
Einzelmitglieder, die der Gentechnologie                 brauchen wir Sie! Wir möchten
                                                         eine Gruppe von Leserbriefschrei-
kritisch gegenüberstehen. Heute wirkt                    benden aufbauen, die auf ein-­
                                                         seitig lobbyierende Artikel mit kri-
die SAG als Dachorganisation von 25                      tischen Leserbriefen reagiert.
Schweizer Verbänden aus den Bereichen                    Falls Sie daran interessiert sind,
                                                         melden Sie sich bei uns. In der
Umwelt, Naturschutz, Tierschutz,                         Gruppe sammeln wir Artikel und
                                                         teilen sie mit allen, die gewillt
Medizin, Entwicklungszusammenarbeit,                     sind, Leserbriefe zu schreiben.
                                                         So soll ein lautes gentechkriti-
biologischer Landbau und Konsumen­                       sches Forum entstehen.
tenschutz.                                               Wollen Sie Teil dieses Forums
                                                         werden? Melden Sie sich bei uns
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SMS an die Nr. 488 mit «sag Betrag», Beispiel: «sag35»   Am Dienstag, 7. September 2021,
                                                         ab 16 Uhr findet die jährliche
                                                         Mitgliederversammlung der SAG
                                                         statt. Veranstaltungsort ist das
                                                         Zentrum Karl der Grosse in Zürich.
                                                         Dem statuarischen Teil folgt
                                                         ein spannender Vortrag und wir
                                                         schliessen mit einem Apéro.
                                                         Alle Vereinsmitglieder sind herz-
                                                         lich dazu eingeladen und werden
                                                         Mitte August das detaillierte
                                                         Pro­gramm per Post erhalten.
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