Klimaschutz: Der Wandel kommt von unten Fairer Handel damals und heute - Brot für alle
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Das Magazin zum Lesen und Handeln Dezember 4/2018 Klimaschutz: Der Wandel kommt von unten Seite 3 Fairer Handel damals und heute Seite 5
Editorial 2 Liebe Leserin, lieber Leser Ich weiss nicht, wie es Ihnen erging, aber bei mir hat der vergangene Sommer gemischte Gefühle hinterlassen. Es war zwar schön, jeden Tag bei Sonnenschein aufzuwa- chen. Doch die Bilder von ausgetrockneten Flüssen und verdorrten Pflanzen haben mir stark zu denken gegeben. Brot für alle engagiert sich seit Langem gegen den Klima- wandel und für Klimagerechtigkeit. Wir wehren uns gegen die fortschreitende Industrialisierung der Landwirtschaft INHALT als wichtiger Treiber der globalen Erwärmung. Wir fordern PABLO SOLÓN «Energieproduktion von Schweizer Banken und Pensionskassen, keine klima- muss demokratisch werden» schädigenden Investitionen mehr zu tätigen. Und wir enga- Seite 4 gieren uns dafür, dass die Betroffenen Gehör finden und INDONESIEN Umweltschutz ist die Schweiz ihrer Verpflichtung nachkommt, arme Länder auch Klimaschutz bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Seiten 6 – 7 NEWS Glyphosat gerät immer Auch als Einzelpersonen können wir viel tun, indem wir mehr unter Beschuss Seite 9 etwa aufs Fliegen verzichten, bewusst einkaufen oder massvoll heizen. Und schliesslich ist es die Politik, die ihre Klimaversprechen nach Paris endlich umsetzen muss. Wir werden nicht damit aufhören, sie daran zu erinnern. Impressum: Herausgeberin: Brot für alle, 2018 Chefredaktion: Pascale Schnyder (pst) Redaktion: Colette Kalt (ck), Tiziana Conti (ct), Daniel Tillmanns (dt) Gestaltung, Layout und Realisation: Crafft Kommunikation, Zürich Korrektorat: Franziska Landolt, www.1-2-fehlerfrei.ch Bildbearbeitung: Schellenberg Druck AG, Pfäffikon Druck: Druckerei Kyburz AG, Dielsdorf Auflage: 29 100 de / 6400 fr Erscheinung: Viermal jährlich Preis: CHF 5.– pro Spender/in werden Bernard DuPasquier, für das Abonnement verwendet Kontakte: Brot für alle, perspektiven@ Geschäftsleiter Brot für alle bfa-ppp.ch, 031 380 65 65 Foto: Patrik Kummer Titelbild: Menschen aus Madagaskar, am Karren ein Zebu angespannt Foto: iStock, pierivb
Klimaschutz in der Schweiz 3 Schweiz läuft und an der sich auch Brot für alle und Fasten- opfer über die Klima-Allianz beteiligen. Ihr Ziel ist es, dass (National-)Banken, Pensionskas- sen und Unternehmen ihre In- vestitionen aus fossilen Energie- trägern abziehen und damit der Förderung von Kohle, Gas und Erdöl den Boden entziehen. Denn sowohl Pensionskassen wie die Nationalbank investieren Milliarden in die Kohle-, Erdöl- und Erdgasindustrie. Die Klima- Allianz unterstützt deshalb auch eine parlamentarische Initiative, die eine Anpassung des National- bankgesetzes fordert. Diese soll künftig nicht nur den Wirt- schaftsinteressen der Schweiz verpflichtet sein, sondern auch der nachhaltigen Entwicklung, wie sie in der Bundesverfassung verankert ist. Teil der Kampagne Die Klimaseniorinnen klagen und verlangen, dass der Staat seine Klimaschutzpflicht wahrnimmt. ist auch die Forderung von 166 Professor/innen und Mitarbei- tenden der ETH Zürich und Lau- Der Wandel kommt sanne. Sie verlangen von ihrer Pensionskasse Publica, die Betei- ligungen im fossilen Sektor ab- zustossen. www.klima-allianz.ch von unten Die Klimaklagen Bereits 2016 hat der Verein Klima- senior/innen die erste «Klima- klage» beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Ver- kehr, Energie und Kommuni- Die Klimapolitik der Schweiz kommt nur zögerlich vorwärts. Doch es gibt kation (UVEK) eingereicht. Die verschiedene Initiativen aus der Zivilgesellschaft, die Hoffnung machen. Begründung der Klage: Die An- strengungen des Bundes, der Kli- maerwärmung entgegenzuwir- ken, seien unzureichend. Die Die Folgen des Klimawandels Emissionen der Schweiz bis Quellen. Das heisst in erster erhöhten Temperaturen und Hit- sind längst bekannt und auch, 2050 auf null senken, das will Linie, keine Verbrennung mehr zewellen würden die Grundrech- was dagegen getan werden die Gletscher-Initiative. Dahin- von fossilen Energieträgern.» te der Bevölkerung und der älte- müsste. Doch der politische Wille ter steht der Verein Klimaschutz Initiiert hat Hänggi die Initiative, ren Menschen im Speziellen akut in der Schweiz, endlich Nägel Schweiz. Start der Unterschrif- weil der langjährige Beobachter gefährden und könnten zum Tod mit Köpfen zu machen, ist der- tensammlung ist auf Anfang der Schweizer Klimapolitik das führen. Sie fordern die Wahr- zeit nicht zu erkennen (vgl. Dos- 2019 geplant. «Ziel ist es, gesetz- Vertrauen in den parlamenta- nehmung der Schutzpflicht und sier). Wer, wenn nicht die Politik, lich zu verankern, wofür sich die rischen Prozess verloren hat. die konsequente Reduktion von kann den Stein also ins Rollen Schweiz im Pariser Abkommen www.klimaschutz-schweiz.ch Treibhausgasen. Das UVEK lehn- bringen? Drei Initiativen, die zu- bereits völkerrechtlich verpflich- te die Klageberechtigung der Kli- versichtlich stimmen. tet hat», erklärt Umweltjourna- Die Desinvestment-Kampagne masenior/innen ab. Nun liegt der list und Initiant Marcel Hänggi. Ebenfalls auf das Abkommen Fall beim Bundesverwaltungsge- Die Gletscherinitiative Der Weg dorthin sei entwaffnend von Paris beruft sich die Desin- richt. www.klimaseniorinnen.ch Den Klimaschutz in der Verfas- einfach: «Kein CO2 -Ausstoss vestment-Kampagne, die derzeit — Pascale Schnyder sung verankern und die CO2 - mehr aus menschgemachten international sowie in der Foto: Klimasenior/innen
Interview: Pablo Solón 4 «Energieproduktion muss demokratisch werden» Soll die Weltgesellschaft überleben, braucht es einen grundsätzlichen Wandel. Es gibt bereits die unterschiedlichsten Weltvisionen, sagt Pablo Solón, Co-Autor des eben in Deutsch erschienenen Buches «Systemwandel – Alternativen», doch sie müssen voneinander lernen. Perspektiven: Sie sind Co-Autor Pablo Solón ist Wir nehmen aber auch Themen ein bolivianischer des Buches «Systemwandel – Umweltaktivist wie Arbeit, Demokratie oder Alternativen zum globalen und Direktor der Ernährungssouveränität unter Kapitalismus». Worum geht es? Fundación Solón. die Lupe, welche Veränderungen Die Weltgesellschaft durchlebt Er koordiniert hin zum Besseren sich in diesen die bolivianische eine systemische Krise. Klima- Bewegung gegen Bereichen bewerkstelligen erwärmung, schwindelerregen- das amerikanische lassen. de soziale Ungerechtigkeiten Freihandelsab kommen. Zudem und Umweltkrisen sind Sympto- war Solón Bot Sind Veranstaltungen wie die me davon. Deshalb brauchen schafter Boliviens jährlich stattfindende Klima- wir einen Systemwandel. Toll an den Vereinten konferenz COP notwendig? Nationen. ist, dass es schon viele alter- Als ehemaliger Botschafter native Weltvisionen gibt: Ver- Boliviens habe ich oft daran ringerung von Produktion und teilgenommen. Ich bin über- Konsum, Buen Vivir, Ökofemi- zeugt, dass diese uns zwar nicht nismus sind nur einige davon. ans Ziel führt. Viel zu wenig Mit unserem Buch möchten ambitioniert sind die dort wir die Komplementarität dieser verhandelten Massnahmen. verschiedenen Weltvisionen Oft geht es mehr darum, neue beleuchten. Wir zeigen auf, dass Wenn wir es schaffen, die führt das am Ziel vorbei. Erst Märkte für Unternehmen jede Vision ihre Stärken patriarchalischen Strukturen, wenn die Energieproduktion zu schaffen. Trotzdem hat eine und Schwächen hat und dass sie die Fixierung auf Wachstum demokratischer geworden ist, COP viel mediale Beachtung. voneinander lernen können. und die Ansammlung von Macht Strom in Genossenschaften Und die lässt sich durchaus in den Händen weniger zu produziert wird, wenn Produ- nutzen, um eigene Standpunkte Welche Wirkung erhoffen durchbrechen. zent / innen auch Konsument / zu verbreiten. Sie sich? innen sind, wenn wir auch — Interview: David Knecht Dieses Buch soll Türöffner zu Welchen Beitrag kann ein /e überlegen, wofür wir unsere einem Dialog sein, der die Einzelne /r leisten? Energie benötigen, dann ist uns Vertreterinnen und Vertreter Nehmen wir als Beispiel die ein systemischer Wandel im der verschiedenen Denkrichtun- Energieproduktion. Jede und Energiebereich gelungen. Und gen einlädt, sich kritisch zu jeder braucht Energie. Wir dafür müssen wir uns gemein- hinterfragen und sich auf andere sind uns wohl einig, dass wir sam einsetzen. Strömungen einzulassen. uns für erneuerbare Energie Das gegenseitige Verständnis wie Wasser, Sonne und Wind Wie engagieren Sie sich konkret soll gestärkt werden und die einsetzen sollten. Das ist ein für einen Systemwandel? Bewegung einen. Ein systemi- erster Schritt, aber noch kein Zurzeit sind wir daran, ein scher Wandel kann jedoch systemischer Wandel. Denn zweites Buch zu schreiben, in nur gelingen, wenn wir Men- wenn nun weiterhin Grosskon- dem wir aufzeigen möchten, schen es schaffen, uns nicht zerne unseren Strom produ- wie der gesellschaftliche Wandel mehr als den absoluten Mittel- zieren und einzig nach Gewinn- konkret aussehen kann, gerade punkt der Welt zu sehen. maximierung streben, dann was den Energiebereich betrifft. Foto: zVg
Fair Trade im Wandel 5 bessere Preise noch Prämien, sondern die durch den Fairen Handel gewonnene Selbstbe- stimmung. Umstrittene Labels Der Erfolg bringt jedoch auch neue Herausforderungen: Nach- ahmer und «billigere» Labels so- wie neue Akteure wie z. B. IT- Unternehmen drängen in den Fair-Trade-Markt. Dabei zeigt sich, dass komplexe Produkte nicht einfach gelabelt werden können. Denn niemand kann bei langen Lieferketten eine Garan- tie dafür abgeben, dass jedes ein- zelne Glied «sauber» produziert wurde. Neue Ideen sind gefragt. Max Havelaar hat deshalb sein- en Handlungsspielraum erwei- tert und mit der Zertifizierung Waren es 1970 Bananen, die zertifiziert und fair gehandelt wurden, füllen FairTradeProdukte einzelner Rohstoffe begonnen. heute ganze Warenkörbe. Andere Initiativen wie die Fair Wear Foundation im Textilsektor Weit mehr als faire setzen auf prozesshafte Verbes- serungen entlang der Lieferkette. Der Erfolg hat auch dazu geführt, dass viele Unternehmen eigene Bananen Labels entwickelt haben. Denn diese können sie unabhängig von der Zivilgesellschaft und billiger etablieren. Der daraus resultie- rende Labeldschungel macht es Fair Trade ist komplizierter geworden, die Konkurrenz grösser und für Konsumentinnen und Konsu- menten aber immer schwieriger, die Herausforderungen vielfältiger. Trägt der Faire Handel dennoch zu «grüne Lügen» und PR-Gags von einem echten Wirtschaftswandel bei? effektiven Initiativen zu unter- scheiden. Wandel oder Reformen? Am Anfang war Fair Trade ein- Weltläden. Bald zeigte sich je- Beratung der Produzierenden. Die ursprüngliche Frage, ob der fach zu verstehen: Bananen wur- doch, dass der Weltladen-Markt 2016 belieferten 1,66 Millionen Faire Handel zu einem grundsätz- den unter ausbeuterischen Be- ein Nischenmarkt ist. Bauern und Bäuerinnen sowie lichen Wirtschaftswandel führt, dingungen produziert und der Arbeiterinnen und Arbeiter welt- stellt sich nach wie vor. Im Ge- Faire Handel sollte das ändern. Hilfswerke als Mitbegründerin- weit das Fair-Trade-System und gensatz zu den Pionierinnen des Die ersten Fair-Trade-Initiativen nen von Max Havelaar die Prämien betrugen mehr als Fairen Handels, die diesen An- entstanden in den 1970er- und Deshalb gründeten die grossen 150 Millionen US-Dollar. Wich- spruch hatten, war das nie das 1980er-Jahren als Mittel gegen Hilfswerke, darunter Brot für alle tigste Arbeit im Norden war und Ziel des Max Havelaar Fair-Trade- Ausbeutung und aus Solidarität und Fastenopfer, vor 26 Jahren ist dabei die Sensibilisierung der Modells. Dementsprechend fällt mit kleinen Produzentinnen und die Schweizer Fair-Trade-Orga- Konsumierenden sowie die Ver- die Antwort je nach Perspektive Produzenten und hoffnungsvol- nisation Max Havelaar mit dem bindung von Angebot und Nach- unterschiedlich aus: Ja, wenn len politischen Systemen. Dahin- Ziel, Fair Trade auf den Massen- frage. unter Wandel auch Reformen am ter steckte die Vorstellung, dass markt zu bringen. Das Konzept Max Havelaar ist in der Schweiz aktuellen System verstanden bewusstes Einkaufen die Gesell- beinhaltete bessere Preise für die sehr erfolgreich: Allein im letz- werden – Nein, wenn es darum schaft und das Wirtschaftssys- Produzierenden, eine Prämie für ten Jahr betrug das Wachstum geht, ein völlig neues Wirtschafts- tem verändern kann. Daraus ent- Genossenschaften und Gewerk- 11,6 Prozent. Der wichtigste Ef- system zu etablieren. stand später die Bewegung der schaften sowie die umfassende fekt im Süden sind jedoch weder — Miges Baumann Foto: Max Havelaar
Indonesien 6 Umweltschutz ist im vergangenen Herbst, als das oberste Gericht des Landes einer Klage von Walhi bezüglich ver- heerender Waldbrände stattgege- auch Klimaschutz ben hat. Schuldig gesprochen wurde die Regierung Indonesi- ens, einschliesslich des Präsiden- ten und des Landwirtschaftsmi- nisters, nicht genug gegen die Waldbrände unternommen zu Das indonesische Umweltnetzwerk Walhi engagiert sich dafür, dass die haben. Dimas N. Hartono hofft, Umwelt und insbesondere die Tropenwälder intakt bleiben. Denn sie sind dass die Regierung nun ernsthaft gegen die prekären Waldbrände nicht nur als Lebensgrundlage wichtig, sondern auch für den Klimaschutz. vorgeht. Besonders zu denken gibt dabei die Feststellung von Walhi, dass besonders in Konzes- um die Natur Indonesiens und sionsgebieten von industriellen damit auch die Lebensgrundlagen Ölpalmplantagen auffällig viele der Bevölkerung zu wahren. Brandherde vorkamen. Die Ver- mutung liegt nahe, dass Konzer- Der Erfolg gibt ihnen recht ne in Brandstiftung involviert Brot für alle unterstützt Walhi bei sind, um anschliessend Profit aus seinem Engagement gegen Öl- dem Land zu schlagen. palmplantagen. Seit September 2018 finanziert Brot für alle aus- Vielfältiges Engagement serdem das Klimaprogramm von Walhi und Brot für alle wollen die Walhi mit. Denn intakte Wälder, Verantwortlichen für den Klima- die Kohlenstoff speichern kön- wandel in die Pflicht nehmen, die nen und über eine grosse Biodi- Betroffenen von Klimawandel versität verfügen, sind entschei- und Naturzerstörung stärken dend für uns alle. «Die Politiker und Lösungen für mehr Klima- und Konzernmanagerinnen müs- schutz aufzeigen. Dazu engagie- sen endlich ihre Verantwor- ren sich Brot für alle und Walhi tung wahrnehmen und handeln», gemeinsam in grossen Allianzen sagt Yuyun Harmono, Klimapro- mit politischem Gewicht. Ge- grammverantwortlicher bei Wal- meinsam vertreten sie ihre Mei- hi. Dieses Jahr hat er gemeinsam nung an Klimakonferenzen und mit anderen Walhi -Aktivistinnen sensibilisieren für die Situation und -Aktivisten gegen die staatli- der Betroffenen – in Indonesien chen Investitionen in Kohlemi- und in der Schweiz. nen gekämpft. Seit September — Julia Jawtusch 2018 engagiert sich das Netz- Die Palmölindustrie ist massgeblich für die Umweltzerstörung in Indonesien werk zudem gegen einen geplan- verantwortlich. ten Mega-Staudamm für ein Wasserkraftwerk in Nordsumat- Indonesiens Natur ist spektaku- dämme oder die fortschreitende ra. «Der Staudamm bedroht die lär. Nirgends auf der Welt gibt es Ausbreitung von Ölpalmplanta- Lebensgrundlagen der lokalen Lesen und handeln so artenreiche Tropenwälder. Die gen. Walhi (Wahana Lingkungan Bevölkerung und Tiere», erklärt letzten Orang-Utans sind auf den Hidup Indonesia), das grösste Dana Prima Tarigan, Direktorin Inseln Kalimantan (Borneo) und und älteste Umwelt- und Men- des Nordsumatra-Büros von So helfen wir Sumatra beheimatet. Doch an- schrechtsnetzwerk des Landes Walhi. «Auch erneuerbare Ener- Brot für alle unterstützt Walhi statt diesen natürlichen Schatz und Partnerorganisation von giegewinnung muss umwelt- in ihrem Engagement gegen zu hüten, wird der Umweltschutz Brot für alle, kämpft seit Jahren freundlich sein und der lokalen Umweltzerstörung und für mehr von Regierung und von Konzer- gegen diese Zerstörung an. Mit Bevölkerung dienen – nicht nur Klimagerechtigkeit. So helfen Sie nen mit Füssen getreten und Kampagnen, juristischen Klagen, den Interessen der Grosskonzer- die Natur auf der Jagd nach Konferenzen und mutigen Aktio- nen», sagt Harmono. schnellem Profit zerstört – etwa nen vor Ort leistet Walhi wert- Dass der Kampf nicht sinnlos ist, Unterstützen Sie die Arbeit für durch Kohlekraftwerke, Stau- volle und unermüdliche Arbeit, zeigt sich immer wieder. Zuletzt mehr Klimaschutz. PC 40-984-9 Foto: Brot für alle
7 Oben: Haus, umzingelt von Ölpalmen. Mitte links: Walhi-Mitarbeitende demonstrieren gegen Kohleförderung. Mitte rechts: Die Palmölindustrie belastet die Umwelt Indonesiens besonders. Unten links: Walhi-Mitarbeitende diskutieren mit Ureinwohnern über die Palmölplantagen. Unten rechts: Walhi-Konferenz zur Sensibilisie- rung der Bevölkerung und Regierung. Fotos: Miges Baumann / Françis de Sury / Walhi
Südsicht 8 Diary Aminintsoa Ratsimanarihaja Koordinatorin für Agrarökologie und Klimawandel beim Programm Tsinjo Aina, Madagaskar. IN ZAHLEN Unser Ziel ist Ernährungssicherheit und Schuldenabbau «‹Tsinjo Aina› bedeutet ‹Leben sichern› und hat zu schützen und sogar wiederherzustellen und 230 000 Menschen sind als oberstes Ziel, die Lebensbedingungen der die Abhängigkeit von Chemikalien zu überwin- in Spargruppen Menschen bei uns in Madagaskar zu verbes- den ist ein weiteres unserer Ziele. Wir wissen: sern, indem es ihnen hilft, aus der chronischen Damit ein Entwicklungsprogramm erfolgreich organisiert. Verschuldung herauszukommen. Tatsächlich sein kann, müssen in erster Linie die Bedürfnis- ist die Verschuldung durch Wucher, wenn se der Begünstigten berücksichtigt werden. Wir Kleinkredite aufgenommen werden müssen, setzen nie Techniken durch, wir lernen gemein- eine der wichtigsten Ursachen für die Ver- sam. Um den Menschen zu helfen, sie besser zu 77000 armung der Bevölkerung. Das Prinzip von verstehen und zu überzeugen, schlagen wir vor, Tsinjo Aina ist bestechend einfach. Menschen auf benachbarten Parzellen zu testen, um ver- organisieren sich und bilden zusammen eine schiedene Anbautechniken miteinander zu ver- Spargruppe. Die gemeinsamen Einlagen er- gleichen. Das kann zum Beispiel sein, dass wir möglichen den Mitgliedern, Momente der Reis, nicht wie gemeinhin bekannt, im Wasser Nahrungsmittelknappheit oder anbauen, sondern die Setzlinge Menschen unter Krankheiten gemeinsam zu be- «Es ist noch ein langer in einem grösseren Abstand zu- ihnen sind bereits wältigen und die Finanzierung einanderstehen und weniger der Schulausbildung ihrer Kin- Weg, auch wegen Wasser verwendet wird und schuldenfrei. der zu sichern. Die madagassi- sche Gemeinschaft, insbesonde- der Auswirkungen dennoch die Erträge grösser werden. Denn die Wasseran- re in ländlichen Gebieten, lebt des Klimawandels. » baumethode wird in erster Linie 2 die traditionellen Werte der Soli- Diary Aminintsoa Ratsimanarihaja angewendet, damit kein Un- darität und der Liebe zu den kraut wächst. Nachbarn, die allgemein unter dem Begriff Es ist noch ein langer Weg, auch wegen der ‹fihavanana› bekannt sind. Gruppen in nahege- Auswirkungen des Klimawandels, unzurei- legenen Gemeinden können sich miteinander chenden Wassers, bestimmter Schädlinge und vernetzen, um als Katalysator für die Entwick- Pflanzenkrankheiten, für die es keine wirk Jahre dauert es lung in der Gesellschaft zu fungieren, Gemein- samen Naturheilmittel gibt, sind noch erhe- durchschnittlich, dearbeit zu initiieren und mehr Einfluss auf die bliche Schwierigkeiten zu bewältigen, denn der Interessenvertretung zu nehmen. Einsatz von Chemikalien soll reduziert und so- bis eine Familie Fast 80 Prozent der ländlichen madagassischen gar ganz abgeschafft werden. schuldenfrei ist. Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft. Die Meine Motivation basiert auf der Zufrieden- Fläche, welche pro Familie bewirtschaftet wird, heit, die ich beim Besuch der Netzwerke emp- wird jedoch durch das Bevölkerungswachstum finde. Es ist eine wahre Freude, Menschen zu reduziert und die Bodenfruchtbarkeit nimmt sehen, die erklären, warum und wie sie die er- ab. Infolgedessen ist die Produktion unzurei- lernten Techniken anwenden und wie sie sich chend und die finanzielle Situation in der Fami- seit ihrer früheren sozioökonomischen Situati- lie wird schwierig. Neben dem Schuldenabbau on dank Tsinjo Aina entwickelt haben.» zielt das Programm auch darauf ab, sicherzu- stellen, dass die Gruppenmitglieder in ausrei- chender Menge Nahrung haben. Die Umwelt Foto: Simon Degelo
Aktuell 9 INDUSTRIELLE LANDWIRTSCHAFT Glyphosat und zwei weiteren PALMÖL Herbiziden auszusetzen, bis die Koalition fordert Glyphosat gerät immer Schädlichkeit der Stoffe endgül- tig geklärt sei. Auf Druck der Ag- verbindliche Nach- mehr unter Beschuss rarlobby des Landes, deren Pro- duktivität direkt mit dem Einsatz des Herbizids verbunden ist, haltigkeitskriterien Anfang November verkündete musste das Gericht die Entschei- Wirtschaftsminister Johann dung jedoch wieder aufheben. Schneider-Ammann, dass die Verhandlungen über ein Frei- EU und Schweiz halten an handelsabkommen mit Indo- Glyphosat fest nesien erfolgreich abgeschlos- Wie schlagkräftig und aggressiv sen wurden. Der genaue das Lobbying des amerikani- Inhalt, insbesondere in Bezug schen Agrarkonzerns ist, der in- auf den Import von Palmöl, zwischen vom deutschen Che- ist noch nicht bekannt. Dem miegiganten Bayer aufgekauft Abkommen vorangegangen wurde, zeigt auch die Tatsache, waren zahlreiche parlamenta- dass Ende November 2017 eine rische Vorstösse und zivil- Mehrheit der europäischen Län- gesellschaftliche Aktionen, der einer erneuten fünfjährigen welche die Ausklammerung Zulassung von Glyphosat zu- von Palmöl aus dem Abkom- stimmte. Und dies trotz heftiger men forderten oder strenge Proteste von Umweltschutzorga- Nachhaltigkeitskriterien zum nisationen und Nichtregierungs- Schutz des Regenwaldes und organisationen weltweit. Auch der lokalen Bevölkerung. Monokulturen wie die Sojafelder in Brasilien werden regelmässig die Schweiz schloss sich im Mai 2019 wird das Parlament über und in grossen Mengen mit Glyphosat behandelt. 2018 dem EU-Entscheid an und das Abkommen befinden. plant gar, die Glyphosat-Gren- Die Palmölkoalition, zu der zwerte in Gewässern per Anfang auch Brot für alle gehört, wird 2019 um das 100-Fache zu erhö- alles daran setzen, dass ver- Im August 2018 verurteilte ein auf sämtliche grüne Pflanzen hen. bindliche Nachhaltigkeitskri- kalifornisches Gericht den Ag- wirkt und damit ein so breites terien für den Palmölimport rarkonzern Monsanto zu einer Spektrum abdeckt wie kaum ein Thema kommt bald vors Volk ins Abkommen kommen. Geldstrafe in Höhe von 289 Milli- anderer herbizider Wirkstoff. Glyphosat ist allerdings nicht nur onen Dollar. Es handelte sich da- Ausserdem ist es billig. Für für die Menschen, sondern insbe- bei um Schadenersatz für einen Monsanto ist Glyphosat ein sondere auch für die Umwelt ver- UNODEKLARATION Mann, der nach der Verwendung Verkaufsschlager. Entsprechend heerend. So wird längst auch das eines glyphosathaltigen Unkrau- scharf wehrte sich das Unterneh- Fische-, Vogel- und Bienenster- Rechte von Bäuerin- vernichters an Krebs erkrankt men, als 2015 erstmals ein Be- ben mit Glyphosat in Verbindung nen und Bauern war und geltend machte, das Un- richt der internationalen Agen- gebracht. ternehmen habe nicht genügend tur für Krebsforschung erschien, Nicht erstaunlich ruft der Ent- Der Menschenrechtsrat der über die Risiken des Mittels in- der Glyphosat «als wahrschein- scheid des Bundesrats massiven Vereinten Nationen hat formiert. Monsanto hatte gegen lich krebserregend» einstufte – Widerstand hervor. Mit der «Initi- Ende September mit grosser das Urteil der Jury Berufung ein- was der zweithöchsten Krebs- ative für sauberes Trinkwasser Mehrheit eine Deklaration gelegt und wegen unzureichen- warnungsstufe entspricht. und gesunde Nahrung» und der verabschiedet, die die Rechte der Beweise gefordert, dass der «Initiative für eine Schweiz ohne von Bauernfamilien und Fall neu verhandelt wird. Nicht so harmlos wie dargestellt synthetische Pestizide» werden Menschen die auf dem Land Der Entscheid des Gerichts ist Der Entscheid des US-Gerichts in der Schweiz in absehbarer Zeit arbeiten schützt. Die De- wegweisend, denn das Herbizid, ist deshalb bahnbrechend, weil gleich zwei Initiativen vors Volk klaration erkennt das Recht welches seit 1974 im Umlauf ist, er erstmals offiziell einen Zusam- kommen, die den Einsatz von auf Land und Saatgut an gehört zu den am weitesten menhang zwischen dem Einsatz Pestiziden in der Schweizer und gibt den Staaten Richt- verbreiteten Pflanzenschutzmit- von Glyphosat und Krebserkran- Landwirtschaft einschränken linien für eine Politik an tel weltweit. Jährlich werden auf kungen bestätigt. So führte das oder gar vollständig verbieten die Hand, die Hunger und Äckern rund um den Globus rund Urteil auch dazu, dass ein Bun- wollen. — Tiziana Conti Armut effizient bekämpft. 800 000 Tonnen Glyphosat ver- desgericht in Brasilien, dem Auch die Schweizer Regierung sprüht. Grund für seine «Beliebt- grössten Agrarland Lateinameri- hat, im Gegensatz zu 2012 heit» ist, dass das Total-Herbizid kas, beschloss, den Einsatz von dafür gestimmt. Foto: Stefan Salzmann
Interaktiv 10 MENSCHEN IN AKTION Verzicht ist Energiequiz Bereicherung «Fasten baut auf drei Grundpfei- lern auf: Der medizinischen Ge- sundheit: Es ist wichtig, die Leib- 1. Wie viel Prozent des gesamten Stromverbrauches wird durch Geräte im Standby verursacht? lichkeit gut wahrzunehmen. Der spirituellen Motivation: Hinter- fragen weshalb wir fasten, zu- sammen schweigen und regel- A. 4 Prozent mässig meditieren. Der dritte B. 8 Prozent Pfeiler ist der soziale, in dem es C. 12 Prozent darum geht, den Blick von sich weg auf die Welt zu richten. Wenn immer möglich, faste ich gemein- 2. Wie sam mit den Gruppen, die ich viel Energie verbraucht hier im Lasalle-Haus leite. Meist ein Flug nach Ibiza? sind das zwei Mal pro Jahr wäh- A. Gleich viel Energie wie zwei Jahre lang Non-Stop-Fernsehen rend zwei Wochen, manchmal B. Gleich viel Energie wie 600 Mahlzeiten zubereiten. Noa Zenger ist Theologin und leitet auch drei Mal. Ich habe eine ker- Fastenprogramme und Kurse im C. Gleich viel Energie wie ein Jahr lang täglich eine Stunde LasalleHaus bei Zug. nige Gesundheit und eine gute Auto fahren. Vitalität, deshalb fällt mir das Fasten leicht. Ich bin aber auch direktem Zusammenhang mit ein Mensch, der sehr gerne ge- Armut. Eine solide Spiritualität 3. niesst. Kochen ist für mich ein kann dazu führen, dass man sich Wie viel Energie braucht die Hobby und das soziale Zusam- darüber Gedanken macht – ohne Herstellung einer Portion Fleisch? mensein geschieht bei mir über zu resignieren. A. Gleich viel Energie wie 56 Mal vegetarisch essen das gemeinsame Essen. Bereits Meditation und im Speziellen das B. Gleich viel Energie wie 92 Mal vegetarisch essen als Kind wollte ich das Fasten Fasten macht Menschen sehr C. Gleich viel Energie wie 143 Mal vegetarisch essen ausprobieren, aber die Eltern durchlässig und sie werden be- liessen es nicht zu. Als Studentin reit, sich diesen Themen zu stel- begann ich dann, Fastengruppen len. Es braucht die Bereitschaft, zu organisieren. zu erkennen, dass wir zu den Pri- Als Theologin ist es für mich zen- vilegierten gehören, mehr brau- tral, über das Reich Gottes nach- chen, als uns zusteht. Es ist wich- 4. Wer 10 000 Kilometer mit einem durchschnittlichen PKW zurücklegt, könnte für den gleichen CO2-Ausstoss? zudenken. Jesus steht für mich als einer der Propheten. Sein An- tig, weder aus Schuldgefühl noch aus Opferbereitschaft heraus Ver- liegen ist Gerechtigkeit. Dieses antwortung zu übernehmen, son- A. 102 000 Kilometer mit dem Zug fahren Thema zieht sich wie ein roter dern zu erkennen, dass es für das B. 257 000 Kilometer mit dem Zug fahren Faden durch die gesamte Bibel. eigene Leben ein Gewinn ist, zu C. 324 000 Kilometer mit dem Zug fahren Das zeigt sich auch daran, wie lernen, mit weniger auszukom- Gott in der Bibel dargestellt wird men. Es ist eine Herausforderung, und wie er an den Menschen han- sich in einer Überflussgesell- delt. Er setzt sich für diejenigen schaft noch zurechtzufinden. Fas- Quellen: Bafu, Coop, ZHAW Wädenswil ein, die am Rande stehen. Bis ten kann tatsächlich eine Quali- heute ist dies das Grundanliegen; tätssteigerung bewirken, man sich für die Gerechtigkeit in die- wird empfindsamer und durch- ser Welt einzusetzen. Denn durch lässiger für die Themen der Welt.» die Globalisierung entsteht Un- — Colette Kalt gerechtigkeit. Der Mensch greift in allen Bereichen der Welt ein, Infos zum Fasten und eine Übersicht verbraucht die Ressourcen. Die der Fastengruppen finden Sie auf: Umweltverschmutzung steht in www.sehen-und-handeln.ch/fasten Lösungen: 1c, 2a, 3c, 4b Quellen: Bafu, Coop, ZHAW Wädenswil Foto: Colette Kalt
Dürre in der Schweiz: «Bauern müssen sich anpassen» Hierzulande wurde im vergangenen Sommer deutlich, was in vielen Län- dern des Südens schon lange klar ist. Wetterextreme zerstören Ernten und verschlimmern den Hunger. Millionen sind als Klimaflüchtlinge unterwegs und es werden immer mehr. Klimaanpassung ist für Brot für alle schon lange ein Thema: In den letzten 10 Jahren haben wir in 26 Ländern Die zunehmende Trockenheit wie hier im Senegal stellt K leinbauernfamilien vor grosse Herausforderungen. Klimatrainings durchgeführt. Darin Traditionelles landwirtschaftliches Wissen reicht nicht mehr aus. lernten Kleinbauernfamilien, wie sie sich an den Klimawandel anpassen können, z. B. mit dürreresistentem Vielen Dank Saatgut oder neuen Anbaumethoden. für Ihre Unterstützung! Nun richten wir den Fokus stärker auf die, die den Klimawandel verursachen. Darum unterstützen wir etwa die indo- Brot für alle – wir bewegen Menschen nesische Umweltorganisation Walhi Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23 im Kampf gegen Umweltzerstörung Tel. 031 380 65 65 Postkonto 40-984-9 und für mehr Klimagerechtigkeit. In WWW.BROTFUERALLE.CH der Schweiz engagieren wir uns für den Abzug von Investitionen in fossile Energien und eine Klimapolitik, die hält, was sie verspricht. Herzlichen Dank, dass Sie sich mit uns für ein besseres Klima einsetzen.
Foto: Fastenopfer Brot für alle ist seit 1977 ZEWO-zertifiziert.
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