Klimaschutz natürlich! - Die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima - Nabu
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Impressum © 2012, NABU-Bundesverband Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V. www.NABU.de Charitéstraße 3 10117 Berlin Tel. 030.28 49 84-0 Fax 030.28 49 84-20 00 NABU@NABU.de Text: Dr. Leonid Rasran Redaktion: Felix Grützmacher Gestaltung: Christine Kuchem (www.ck-grafik-design.de) Druck: Druckhaus Schöneweide GmbH, Berlin, zertifiziert nach EMAS; gedruckt auf 100 % Recyclingpapier ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“, Februar 2012 Bezug: Die Broschüre erhalten Sie beim NABU Natur Shop, Gutenbergstr. 12, 30966 Hemmingen, Tel. 0511.89 81 38-0 oder unter www.NABU.de/shop. Die Schutzgebühr von 1,- Euro pro Exemplar zzgl. Versandkosten wird Ihnen in Rechnung gestellt. Art.-Nr. 5231 Bildnachweis: Titelseite: Großes Bild: Arco Images/P. Weimann, kleine Bilder von links nach rechts: A. Schüring, Blickwinkel/McPhoto, Blickwinkel/A. Hartl; S. 5: Pixelio/U. Dreiucker; Rückseite: Pixelio/J. Kuhlemann Die Erstellung und Veröffentlichung dieser Studie wurde gefördert vom Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- sicherheit. Die in der Studie geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen des Fördermittelgebers übereinstimmen.
Klimaschutz natürlich! Die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima 1 Einleitung .......................................................................................................................................................................................... 2 2 Moore als Stoffsenken . ............................................................................................................................................................. 4 2.1 Kohlenstofffixierung im Torfkörper ..................................................................................................................................... 5 2.2 Treibhausgasemissionen aus dem Moor . ........................................................................................................................ 6 2.3 Treibhausgase und ihr Verhalten im Moor . ...................................................................................................................... 7 2.3.1 Kohlendioxid (CO2) ......................................................................................................................................................... 7 2.3.2 Methan (CH4) ................................................................................................................................................................... 8 2.3.3 Lachgas/ Distickstoffmonoxid (N2O) . ......................................................................................................................... 8 3 Treibhausgasbilanzierung bei unterschiedlichen Moornutzungsformen ..................................................... 10 3.1 Torfabbau ................................................................................................................................................................................. 10 3.2 Ackernutzung . ........................................................................................................................................................................ 11 3.3 Forstliche Nutzung ................................................................................................................................................................ 11 3.4 Grünlandnutzung und Grünlandbrache .......................................................................................................................... 11 4 Handlungsempfehlungen ....................................................................................................................................................... 14 4.1 Torfersatz ................................................................................................................................................................................. 14 4.2 Forstwirtschaft ....................................................................................................................................................................... 14 4.3 Umwandlung von Acker ...................................................................................................................................................... 15 4.4 Grünlandnutzung.................................................................................................................................................................... 15 4.5 Wiedervernässung (Grünland) ........................................................................................................................................... 15 4.6 Alternative Nutzung – Paludikultur.................................................................................................................................... 17 5 Fazit .................................................................................................................................................................................................. 18 6 Literatur . ........................................................................................................................................................................................ 19
die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima 1 Einleitung Moore spielen eine besondere Rolle in der Geschichte Projekte zur Regeneration von Mooren aufgrund ihrer Mitteleuropas. Über viele Jahrhunderte hinweg waren hohen Klimarelevanz zusätzlich zu den Gründen des sie der Inbegriff einer bedrohlichen, unproduktiven Artenschutzes eine neue Bedeutung erhalten. Wildnis. Im Zuge des technischen Fortschritts gelang es, großflächig immer mehr Moorlandschaften trockenzu- In den vergangenen Jahren widmeten sich zahlreiche legen und „urbar“ zu machen. Heute gehören Moore zu Forschungsvorhaben diesen Fragen. Trotz des weiter- den am stärksten gefährdeten Ökosystemen in Deutsch- hin bestehenden Forschungsbedarfs kann mittlerweile land und stehen schon seit Jahrzehnten im Fokus zahl- recht genau beschrieben werden, welchen Beitrag die reicher Naturschutzinitiativen. Die Artenvielfalt von Regeneration von Moorlandschaften und angepasste Mooren ist zwar oft geringer als die von Ökosystemen Bewirtschaftungssysteme auf Torfböden für den Klima- trockener Standorte, der Anteil von besonders angepas- schutz leisten können. sten Spezialisten ist jedoch besonders hoch. Diese Arten sind zu einem großen Teil ausschließlich auf Moore als Vor diesem Hintergrund hat sich die vorliegende Lite- Lebensraum angewiesen. raturstudie zum Ziel gesetzt, einen Überblick über den derzeit verfügbaren Kenntnisstand der Klimarelevanz Moore beeinflussen Mikroklima und Hydrologie ihrer von Mooren zu geben. Die Ergebnisse sprechen eine Umgebung und haben somit weit über ihre eigentlichen deutliche Sprache und können daher auch als Grundla- Grenzen hinaus eine Bedeutung. Sie sind allerdings auch ge bei der Entwicklung effizienter Klimaschutzmaßnah- äußerst empfindlich gegenüber menschlichem Einfluss men in der Landwirtschaft herangezogen werden. innerhalb ihres Einzugsgebiets. Doch selbst stark durch menschlichen Einfluss überformte Moore, wie extensiv genutzte Feuchtgrünländer können einen hohen Stel- Entstehung und Verbreitung von Mooren lenwert für die Biodiversität besitzen, vor allem als Se- kundärhabitate für viele Pflanzen- und Tierarten, deren Moore als Ökosystem sind durch das Vorhandensein ursprüngliche Lebensräume im Zuge der allgemeinen von Torf gekennzeichnet. Die Zusammensetzung der Landschaftsveränderung und des Klimawandels gar torfbildenden Vegetation und die Gesamtgestalt des nicht mehr oder nur in kleinen Restbeständen vorhan- Moores sind von äußeren Faktoren wie Klima, Reli- den sind. ef und Wasserhaushalt bestimmt. Auch anthropogene Einflüsse sind für den hydrologischen Status und die Heute können nur noch etwa 5 % der ehemals rund 1,5 Zusammensetzung der Vegetation an der Moor-Ober- Millionen Hektar als intakte oder zumindest naturnahe fläche ausschlaggebend. Moor-Ökosysteme bezeichnet werden. Hauptsächliche Ursache dieses dramatischen Verlusts ist die landwirt- Die Entwicklung eines Torfkörpers kann sich auf zwei- schaftliche und forstwirtschaftliche Nutzung sowie der erlei Weise vollziehen: Entweder bildet sich ein Torflager Torfabbau. Neben den gravierenden Auswirkungen für unter dem Einfluss von Grund- und Oberflächenwasser, die biologische Vielfalt werden in den vergangenen Jah- das reich an Mineralstoffen ist, oder es entwickelt sich ren auch weitere Aspekte der Nutzung von Moorland- ausschließlich unter dem Einfluss von Niederschlags- schaften intensiv diskutiert und durch wissenschaftliche wasser. Im ersten Fall spricht man von geogenen Mooren Forschung begleitet. Im Zuge der Quantifizierung so- oder Niedermooren, im zweiten von ombrogenen Moo- genannter Ökosystemdienstleistungen rücken derzeit ren bzw. Hochmooren. Torfe der Niedermoore bestehen gerade Moore wieder in den Fokus der öffentlichen größtenteils aus pflanzlichen Resten höherer Pflanzen Wahrnehmung. Besondere Aufmerksamkeit erhalten – Rhizomen von Schilf und Sauergräsern, Erlen- und sie durch ihre Funktion als Kohlenstoffsenke in unseren Birkenholz (Bruchwaldtorf) – während die Hochmoor- Ökosystemen. Neben ihrer Rolle als Nährstoffspeicher torfe überwiegend von Torfmoosarten gebildet werden. und damit als wichtiger Teil eines funktionierenden Innerhalb des Torfkörpers wird zwischen dem oberen, Gewässerschutzes sind es insbesondere die enormen sauerstoffgesättigten Torfabbauhorizont (Akrotelm) Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase, die mit und dem darunter liegenden, sauerstoffarmen Torfak- einer Nutzung von Mooren einhergehen. Daher haben kumulationshorizont (Katotelm) unterschieden. 2
Bodenkundler verwenden als Definition für Moor- Intakte Moore schließen jedoch auch das Vorhanden- böden einen Anteil an organischer Substanz von über sein einer moortypischen Flora und Fauna ein. Wissen- 30 % und mit einer Torfmächtigkeit von mindestens 30 schaftliche Untersuchungen zur Treibhausgasbilanz von Zentimeter. Dabei bleibt unbeachtet, ob es sich bei die- Mooren richten sich nach der bodenkundlichen Eintei- sen Flächen zum Beispiel um landwirtschaftlich inten- lung, da gerade die Freisetzung des im Torf gebundenen siv genutzte oder ehemalige Torfabbaugebiete handelt. Kohlenstoffs die hohe Klimarelevanz begründet. Abb 1: Moorverbreitung in Deutschland (Auswertungen auf Basis der Geologischen Übersichtskarte 1:200.000, BGR). Quelle: M. Sommer, Institut für Bodenlandschaftsforschung, ZALF, Müncheberg. Die Darstellung der Moorverteilung beruht auf Daten von Felderhebungen, die zum Teil schon 100 Jahre alt sind. Es muss davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Moore sich bis heute sprichwörtlich in Luft aufgelöst haben. 3
die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima 2 Moore als Stoffsenken Flächenanteil der Torfböden in % 0.0 0.0 - 0.4 0.4 - 2.0 2.0 - 4.0 4.0 - 8.0 > 8.0 Abb. 2: Länder mit bedeutenden Moorflächen (Joosten 2012) Bezogen auf ihre Fläche gehören Moore weltweit zu den Hochmoore sind. Deren Kohlenstoffvorrat wird auf ca. terrestrischen Ökosystemen mit den höchsten Kohlen- 2.300 Mio. Tonnen geschätzt (Freibauer et al. 2009). Der stoffvorräten (Freibauer et al. 2009). Obwohl der Anteil Großteil davon liegt in den norddeutschen Bundeslän- der Moore an der gesamten Landoberfläche der Erde dern Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg- (~ 4 Mio. km²) auf nur 3 % beziffert wird, speichern Vorpommern und Brandenburg. sie mindestens 550 Gigatonnen Kohlenstoff in ihrem Torf. Damit enthalten sie über 30 % des insgesamt von Landökosystemen im Boden fixierten Kohlenstoffs, 75 700 Vegetation % des atmosphärischen Kohlenstoffs und doppelt so Kohlenstoffvorrat [t C pro Hektar] 600 Boden viel wie die Wälder der Welt in ihrer Biomasse (Parish 500 et al. 2008). Im Gegensatz zu den Wäldern ist der Koh- 400 lenstoff bei Mooren nicht kurzfristig in Vegetation und Streuauflage, sondern längerfristig im Torf gespeichert. 300 Damit werden in Mooren – wiederum im Gegensatz 200 zu den meisten anderen terrestrischen Ökosystemen – 100 große Mengen an Kohlenstoff fortwährend und dauer- haft der Atmosphäre entzogen. In der gemäßigten Zone 0 wachsen die Moore seit der letzten Eiszeit, also seit ca. 15.000 Jahren, während in den Tropen die Torflager- stätten zum Teil Millionen von Jahren alt sein können (Succow & Joosten 2001). In Deutschland bedecken Moore ca. 4,2 % der Landes- Abb. 3: Globale Kohlenstoffvorräte in Ökosystemtypen fläche, wovon drei Viertel Niedermoore und ein Viertel (Quelle: Grafik in Freibauer et al. 2009) 4
CO2 O2 O2 CO2 N2O CH4 Pflanzen Torf Torf C, N, P P, K, N Abb. 4: Stoffsenke – Stoffquelle Moor, Wasserstand ist entscheidend (Abbildung verändert nach Joosten 2007) 2.1 Kohlenstofffixierung im Torfkörper Diese Situation kann sich schnell ändern, z. B. bei einer Absenkung des Wasserspiegels, wodurch mehr Sauer- Intakte, wachsende Moore sind Kohlenstoffsenken stoff in den Torfkörper gelangt. Die organische Sub- – Kohlendioxid aus der Luft wird von Moorpflanzen stanz wird zersetzt, Kohlenstoff und Stickstoff wieder im Zuge der Photosynthese aufgenommen und in or- aktiviert und ein großer Teil davon in Form der treib- ganische Substanz überführt. Diese wird durch Stoff- hausgasrelevanten Verbindungen Kohlendioxid (CO2) wechselprozesse (Pflanzenatmung) und Zersetzung von und Lachgas (N2O) in die Atmosphäre entlassen. Damit abgestorbenem Pflanzenmaterial nicht vollständig ab- wird ein Moor zur starken Emissionsquelle. Der Anteil gebaut, sondern ein Teil davon dem Torfkörper hin- intakter, noch wachsender Moore mit positiver oder zugefügt und damit dauerhaft aus dem Kohlenstoff- ausgeglichener Kohlenstoffbilanz ist in Deutschland kreislauf ausgeschlossen. In dem wassergesättigten und mittlerweile sehr gering (z. B. ca. 3,9 % der Moorflächen sauerstoffarmen Milieu des Torfablagerungshorizonts in Mecklenburg-Vorpommern nach Schätzungen von (Katotelm), das rund 30 bis 50 Zentimeter unter der Zauft et al. 2010; weniger als 1 % in Schleswig-Holstein, Bodenoberfläche beginnt, finden kaum Abbauprozesse Drews et al. 2000). Die überwiegende Mehrheit der statt. Auf diese Weise speichert ein intakter Moorkörper Moorstandorte weist sogar ein sehr hohes Emissionsvo- in der gemäßigten Klimazone im Schnitt jährlich 20-30 lumen an Treibhausgasen (THG) auf. Die Gesamtemis- Gramm organischen Kohlenstoff pro Quadratmeter. sion aus Mooren in den moorreichen Bundesländern ist Hoch- und Niedermoore verhalten sich dabei ähnlich. zum Teil vergleichbar mit der von Industrie und Ver- Unter besonders günstigen Bedingungen kann die Net- kehr (Abb. 5). to-Kohlenstoffakkumulation sogar auf das Zehnfache steigen (entspricht 3 t C/ha*a) (Dierssen & Dierssen Insgesamt emittieren Moorstandorte derzeit über 45 2001). Auch andere Stoffe, vor allem Stickstoff, werden Millionen Tonnen CO2-Äquvalente im Jahr. Sie haben im Torfkörper dauerhaft festgelegt. damit einen Anteil von 5 % an den deutschen Gesam- temissionen und sind außerhalb des Energiesektors Für eine positive Stoffbilanz ist also entscheidend, dass die bedeutendste Einzelquelle für Treibhausgase in die Produktivität der Moorvegetation höher bleibt als Deutschland (Drösler et al. 2011). der Verlust aus Abbau und Torfmineralisation. 5
die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima 32 30 28 26 Mio. t. CO2 Äquivalente / Jahr 24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Schleswig- Brandenburg Bayern Mecklenburg- Niedersachsen Holstein Vorpommern Emissionen aus Mooren Emissionen aus dem Verkehr Emissionen aus der Industrie (ohne Energieerzeugung) Abb. 5: Vergleich der Emissionswerte verschiedener Sektoren in moorreichen Bundesländern (eigene Darstellung, Zahlen nach Länderarbeitskreis Energiebilanzen [2008] und Positionspapier der Länder zum Moor- und Klima- schutz [Jensen et al. 2011]) 2.2 Treibhausgasemissionen aus dem • Weitere Standortfaktoren wie die aktuelle Vegetation Moor und insbesondere die Intensität der Bewirtschaftung haben ebenfalls einen großen Einfluss auf die THG- Die Bestimmung der THG-Bilanzen der Moore ist von Bilanz. mehreren Faktoren abhängig. Das globale Treibhausgaspotenzial (Global Warming • Die Emissionen werden maßgeblich von drei ver- Potential = GWP) einzelner Gase ist unterschiedlich. schiedenen Gasen bestimmt (CO2, CH4 und N2O) Für die Berechnungen weist man dem Kohlendioxid mit unterschiedlicher Klimawirksamkeit. den Wert 1 zu, CH4 den Wert 25 (in CO2-Äquivalen- ten, CO2-äq; Zeithorizont von 100 Jahren) und N2O • Einzelne Moor- und Torftypen weisen ein unter- den Faktor 298. Diese Werte stammen aus dem 2007 schiedliches Emissionsverhalten auf. veröffentlichten vierten Sachstandsbericht des Inter- governmental Panel on Climate Change (IPCC) und • Moorstandorte können eine hohe räumliche Hetero- werden bei Ermittlung der Emissionsmengen im Sinne genität (inklusive veränderlicher Torfmächtigkeiten des Kyoto-Protokolls verwendet. In der Literatur kön- besitzen. nen in Abhängigkeit vom betrachteten Zeitraum andere Umrechnungsfaktoren für die einzelnen Gase genannt • Wechselnde Temperaturen sowie im Jahresverlauf werden (siehe z. B. Sirin & Laine 2007). schwankende Wasserstände haben einen Einfluss auf die Höhe der THG-Emissionen. 6
Tab. 1: Treibhausgase und ihr Verhalten in der Atmosphäre (Quelle: v. Haaren et al. 2010. Darstellung verändert) Treibhausgas Formel Verweildauer in Global Warming Potential [Zeithorizont] Jahren 20 Jahre 100 Jahre 500 Jahre Kohlendioxid CO2 variabel 1 1 1 Methan CH4 12 72 25 7,6 Lachgas N2O 114 289 298 153 2.3 Treibhausgase und ihr Verhalten im fügt. Die Abbauprozesse im Katotelm werden nicht ganz Moor ausgesetzt, aber um den Faktor 100 gegenüber dem ae- roben Akrotelm verlangsamt. Eine Entwässerung oder 2.3.1 Kohlendioxid (CO2) längere Trockenphase bewirkt in erster Linie eine Ab- senkung der Grenze zwischen Torfabbau- und Torfak- Die primäre Quelle des vom Moorkörper freigesetzten kumulationshorizont. Dadurch wird immer mehr orga- Kohlenstoffs (sowohl in Form von Kohlendioxid als nische Substanz unter Zufuhr von Sauerstoff abgebaut auch Methan) ist das atmosphärische CO2, fixiert von und als Kohlendioxid emittiert. Die Höhe der Emission der Moorvegetation im Zuge der Photosynthese. Ein korreliert somit gut mit den Wasserständen im Moor Teil davon geht durch Atmungsprozesse der Pflanzen (Abb. 6). Die überwiegende Mehrheit der untersuch- und der assoziierten Bodenfauna gleich an die Atmo- ten Standorte zeigt einen positiven Emissionswert für sphäre zurück. 80 bis 95 % der organischen Substanz CO2. Auf bereits geringfügige Entwässerung reagieren werden durch bakterielle Abbauprozesse in der oberen die Moore mit einer CO2-Emissionssteigerung von ur- aeroben Bodenschicht abgebaut und als Kohlendioxid sprünglich negativen oder sehr geringen Emissionswer- freigesetzt. Nur ein geringer Anteil der Bruttoprimär- ten auf Werte von bis zu 15-25 t pro ha und Jahr. produktion wird dauerhaft dem Torfkörper hinzuge- 30 25 20 t CO2-eq-ha -1-a-1 15 10 Niedermoore 5 Hochmoore 0 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 -5 -10 mittlerer Wasserstand [cm] Abb. 6: CO2-Emissionen von Mooren in Relation zum mittleren Wasserstand (n=32). Gepunktete Linien: plausibler Bereich (Minimum und Maximum); durchgezogene Linie: Mittel dieses Bereichs (nach Couwenberg et al. 2008). 7
die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima 2.3.2 Methan (CH4) des Grundwasserstands (Granberg et al. 1997). Bis zur Oberfläche gelangt nur das Methan, das in Form von Methan ist auch als Sumpfgas bekannt, was bereits Gasbläschen durch die Wassersäule entweicht oder eine darauf hindeutet, dass seine Entstehung mit Mooren Abkürzung über das Belüftungsgewebe (Aerenchym) und Sümpfen verbunden ist. Es entsteht im Zuge des von Sumpfpflanzen nimmt (Frenzel & Rudolph 1998). Zellulose-Abbaus (Methan-Gärung) durch anaerobe Als Gegenstrom gelangt via Rhizome und Wurzel der Bakterien (Methanobakterien). Dieser Vorgang findet Sumpfpflanzen auch der Sauerstoff in tiefere Schichten in den unteren, sauerstoffarmen Bereichen des Torf- des Moorbodens, so dass Methan im Wurzelraum (Rhi- körpers statt. Sofern der Torfkörper nicht vollständig zosphäre) zu Kohlendioxid oxidiert und nicht mehr wassergesättigt ist, wird beim Aufstieg durch die obe- emittiert wird. Somit sind Wasserstand und Vegetation re aerobe Torfschicht ein Großteil des Methans (bis die beiden bestimmenden Faktoren für das Verhältnis 90 %) von methanotrophen Mirkoorganismen verwertet zwischen den aus dem Torfkörper emittierten Kohlen- und zu CO2 oxidiert (Fechner & Hemond 1992). Diese stoffverbindungen CO2 und CH4 (vgl. Abb. 7 für Was- haben ihre maximale Dichte im Bodenprofil auf Höhe serstand). 600 12 Niedermoore 500 Hochmoore 10 sonstiges 400 8 t CO2-eq-ha -1-a-1 kg CH4-ha -1-a-1 300 6 200 4 100 2 0 0 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 -100 -2 mittlerer Wasserstand [cm] Abb. 7: CH4-Emissionen in Relation zum mittleren Wasserstand (n=84). Die gepunkteten Linien beschreiben den plausiblen Bereich (Minimum und Maximum); die durchgezogene Linie beschreibt das Mittel dieses Bereichs (nach Couwenberg et al. 2008). 2.3.3 Lachgas/ Distickstoffmonoxid (N2O) stamms Frankia alni (Aktinomyzeten)) produzieren Ammonium, das wiederum im Zuge der Nitrifikation Die Emission von Lachgas ist ein Teil des natürlichen zu Stickoxiden oxidiert wird. Eine andere Gruppe von Stickstoffkreislaufs in Moorböden. Mikrobielle Abbau- Mikroorganismen im Boden ist für den gegenläufigen prozesse von organischen Stickstoffverbindungen im Prozess der Denitrifikation (Reduktion des Stickoxides Torfkörper und die Tätigkeit von Stickstofffixierern (z. zu elementarem Stickstoff N2) verantwortlich. Lachgas B. die des in Symbiose mit Erlen lebenden Bakterien- (N2O) wird freigesetzt, wenn der letzte enzymatische 8
Schritt der Denitrifikation nicht vollzogen wird. Dies ist bringungszeitpunkt (Augustin et al. 1996, 1998a, Dittert oft der Fall bei einem Überangebot von Stickoxiden im 2007, Couwenberg et al. 2008; vgl. auch Abb. 8). Boden, verursacht z. B. durch intensiven Düngereinsatz. In Bezug auf Abb. 8 ist allerdings kritisch anzumerken, Naturnahe Moorstandorte sind sehr moderate Quellen dass die Trennung zwischen gedüngten und ungedüng- von Lachgasemissionen (
die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima 3 Treibhausgasbilanzierung bei unterschiedlichen Moornutzungsformen 3.1 Torfabbau gasen verloren. Unter bestimmten Bedingungen (was- sergefüllte Torfstiche, hohe Wasserstände im Frühjahr Torfabbau kann in drei Schritte unterteilt werden: nach der Schneeschmelze) kommen Methanemissio- nen dazu. Diese erreichen hohe Werte (ca. 1 Tonne CH4 1. Vorbereitung der Abbaufläche inklusive Entwässe- pro ha*a, entspricht 25 t CO2-äq; Chistotin et al. 2006). rung und Entfernung der Vegetation, Ähnlich hoch sind Methanemissionen in den Entwässe- rungsgräben, was dem Gesamtvorgang des Torfabbaus 2. Herausnahme des Torfs inklusive Trocknung und hinzugerechnet werden muss. Abtransport der ausgeschnittenen Torfblöcke, In der Gesamtbetrachtung von Torfabbau und Torfnut- 3. Aufgabe der nicht länger profitablen Torfstiche. zung in Deutschland ist mit Emissionen in Höhe von 1,6 Mio. t CO2 pro Jahr zu rechnen (Höper 2011). Dem All diese Stadien sind mit hohen Treibhausgasemis- liegt der mit 100 g pro Liter hohe C-Gehalt des Torfs zu sionen verbunden. Kohlendioxid wird flächenhaft aus Grunde, der bei der Nutzung schnell zu CO2 oxidiert. den trocken gefallenen Torfkörpern und insbesonde- Bei aktuell ca. 26.900 Hektar Torfabbauflächen in Nie- re aus den zur Trocknung aufgestapelten Torfblöcken dersachsen entspricht das pro Hektar jährlich rund 60 t freigesetzt. Selbst wenn der abgebaute Torf nicht zur CO2. Nach dem Nationalen Inventarbericht (UBA 2010) Verbrennung gedacht ist, geht eine signifikante Menge sind dies 0,2 % der bundesweiten Emissionen. des gespeicherten Kohlenstoffs in Form von Treibhaus- 40 mittlere THG-Emissionn [t CO2-Äquiv./ha/a]I 35 33,9 30 27,1 25 23,7 20 14,5 15 10,3 10 5,4 5 0 un / e ru nd nd ke d en d ch oc lan ss lan ss au se la la g ) n) d) ng ra nä b äs ün ün (tr rün nä n er ab er rü /B w gr gr g tv ivg rv orf nt siv iv iv au de T ns ns bs s r E en el en bb ie T1: te te de nt (s Ext fa In Ex u :I or 2: ba G1 3: 4: :T G W G G T2 us (A Abb. 9: Nach Höper (2011): Treibhausgasemissionen in Abhängigkeit von der Moornutzung (Hochmoore, Szenarien- betrachtung über 100 Jahre), Vortrag auf der Jahrestagung der DGMT, Meppen 14. - 17. September 2011 10
3.2 Ackernutzung 3.3 Forstliche Nutzung Die ackerbauliche Nutzung der Torfböden beginnt Die Aufforstung auf Moorböden mit den typischen häufig mit tiefem Umpflügen, bei dem die unterhalb Baumarten der Forstwirtschaft (meist Kiefern), deren der Torfschicht liegenden Sandschichten nach oben Fläche in Deutschland auf 1.100 km² geschätzt wird befördert und mit der organischen Substanz vermischt (Dierssen & Dierssen 2001), erfordert zunächst eine werden (sogenannte Sandmisch- und Sanddeckkultur). Drainage. Dabei steigen die CO2- und N2O-Emissionen Starke Kalkung und Mineraldüngung sind ebenfalls des Torfkörpers, während die Methanemissionen sin- Voraussetzungen für die Umwandlung vom Moor- ken (Mäkiranta 2007). Wenn die Aufforstung auf einem standort zum ertragsfähigen Acker (Dierssen & Diers- Standort mit naturnahem Stickstoffhaushalt stattfindet sen 2001). (d.h. ohne vorherige Phase intensiver Landwirtschaft und Düngereinsatz), bleiben die Lachgasemissionen Derartig tiefgreifende Veränderungen der Bodenstruk- vernachlässigbar (Pihlatie et al. 2010). Trotz der durch tur verwandeln Moorstandorte immer in eine starke die Entwässerung verursachten fortschreitenden Moor- Quelle für Treibhausgase, vor allem CO2, unter Umstän- degradation und der damit einhergehenden Kohlen- den N2O, nicht aber CH4. Da die Senkung des Grund- stoffverluste in Form von CO2, kann die Klimabilanz wasserspiegels oft zu den Voraussetzungen für eine durch die Kohlenstoffbindung in der Holzbiomasse und Ackernutzung gehört, wird die Entwässerung an sich der Reduktion der Methanemissionen auf vorherigem zum Faktor der Mineralisation und den Abbau organi- Niveau liegen (Sirin & Laine 2007). scher Substanz, was durch Umbruch noch beschleunigt wird. Ein neu umgebrochener Moorstandort verliert in Weitere Quellen, welche die THG-Bilanz von aufgefor- den ersten drei bis vier Jahren der Bewirtschaftung bis steten Moorflächen beeinflussen können, sind Draina- zu 10-12 t C pro ha*a (Höper 2007), was einem Wert von gen (=> Methanemission) und besondere Wetterereig- über 40 t CO2-äq/ha*a entspricht. Drösler et al. (2011) nisse wie Frost und Tauperioden, die eine Freisetzung geben für Ackerstandorte einen Durchschnittswert von von größeren Mengen an Lachgas in kürzeren Zeiträu- 33,8 t CO2-äq/ha*a, allerdings reicht die Schwankungs- men bewirken (Papen & Butterbach-Bahl 1999, Pihlatie breite von 14,2 bis 50 t CO2-äq/ha*a. Die hohe Variabili- et al. 2010). tät wird durch Unterschiede im Ausmaß der organischen Düngung und bei der Menge an Ernterückständen bei verschiedenen Feldfrüchten erklärt. So stellt allein die 3.4 Grünlandnutzung und Grünlandbrache ackerbauliche Nutzung von Mooren in Deutschland mit 20,26 Mio. t CO2-Äquivalent pro Jahr die größte In Deutschland wird der größte Teil der Moorflächen – landwirtschaftliche Einzelemissionsquelle dar, obwohl insbesondere Nieder- oder Flachmoore – als Grünland die Moorböden nur 4 % der gesamten ackerbaulichen (Wiese oder Weide) genutzt oder hat phasenweise eine Fläche ausmachen (Wegener et al. 2006, Von Haaren et solche Nutzung erfahren. Die Kategorie Feuchtwiese/ al. 2009). Mit der Abnahme der Kohlenstoffvorräte im Weide und Feuchtwiesenbrache auf Moorböden um- Boden nehmen auch die Emissionen ab, so dass insbe- fasst ein breites Spektrum an Vegetationsformen und sondere auf flachgründigen Mooren nach Jahren konti- Grundwasserstufen, deren Treibhausgaspotenzial (al- nuierlicher Ackernutzung eine vergleichsweise geringe lein aus Kohlenstoffverbindungen, ohne Lachgas) auf THG-Emission zu erwarten ist. jährliche Emissionswerte zwischen ±0 und 25 t CO2- äq/ha geschätzt wird (Couwenberg et al. 2008). Für Lachgasemissionen bei Ackernutzung sind unmittelbar einige wichtige Grünlandtypen sind die Angaben zu abhängig von externer Stickstoffzufuhr (Dünger). Die Treibhausgasemissionen in Tabelle 3.1 zusammenge- freigesetzte Menge von N2O wird durch die Höhe, den fasst. Die Werte darin sind als Schätzungen mit hoher Zeitpunkt und die Art der Stickstoffeinträge durch mi- Schwankungsbreite zu verstehen. Besonders in Bezug neralische und organische Düngemittel bestimmt. Als auf Lachgasemissionen ist die Datengrundlage bis heu- durchschnittlich für Äcker auf Moorböden in der gemä- te mangelhaft, die Angaben beziehen sich auf zeitlich ßigten Zone gelten Werte von 8-11 kg pro ha und Jahr und räumlich begrenzte Messkampagnen, so dass eine (Maljanen et al. 2003), was etwa 3 t CO2-Äquivalent Hochrechnung auf Hektar und Jahr ungenau ist (Dittert entspricht. 2007, Couwenberg et al. 2008). 11
die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima Tab. 2: Treibhausgasemissionen verschiedener Grünlandstandorte auf Moorböden (verändert nach Couwenberg et al. 2008, weitere Angaben nach Kratz & Pfadenhauer 2001, Schrautzer 2004, Dittert 2007). Treibhausgase (CO2-äq/ha*a) Grünlandtyp Vegetation Hydrologischer Status Düngung CO2 CH4 N2O Gesamt Weidelgras- entwässert keine 24 0 0,5 24,5 Weißkleeweide Weidelgras- Wirtschaftsgrünland k. A. gedüngt 24 0 1,5 25,5 Weißkleeweide Weidelgras- mittlere Wasserstufen k. A. 15 0 0 15 Weißkleeweide Weidelgras- wiedervernässt k. A. +/-0 1 0 1 Weißkleeweide Weidenbrache Rohr-Glanzgras wiedervernässt k. A. 8 0,5 k. A. 8,5 Kohldistel- entwässert k. A. 24 0 k. A. 24 Brennnessel-Schilf Hochstaudenflur Brennnesseln- mittlere Wasserstufen k. A. 15 1,5 k. A. 16,5 Schilf-Mädesüß Rasenschmiele-Binse k. A. keine 13 3,5 2 18,5 Bodensaure Feucht- wiese/Flutrasen Rasenschmiele-Binse k. A. gedüngt 13 3,5 6 22,5 Alte Brachen/ frühere k. A. wiedervernässt 11 3 3 17 Röhrichte Düngung Nasse Großröhrichte k. A. wiedervernässt keine +/-0 10 1,5 11,5 Kleinseggenrieder k. A. wiedervernässt keine +/-0 12,5 1,5 14 Tab. 3: Treibhausgasbilanzen nach Moortyp und Art der Bewirtschaftung. Angaben sind Mittelwerte (Minimum bis Maximum [Anzahl der untersuchten Testgebiete]) (nach Drösler et al. 2011). Niedermoor Hochmoor Wasserstand cm Tonnen CO2-Äquivalente pro Hektar und Jahr Acker 33,8 (14,2 bis 50,0 [1]) keine Daten -70 (-29 bis -102) Grünland intensiv/mittel 30,9 (21,3 bis 10,7 [5]) 28,3 [1] -19 (-39 bis -98) Grünland extensiv trocken 22,5 (19,5 bis 30,9 [4]) 20,1 [1] -29 (-14 bis -39) Grünland extensiv nass 10,3 (5,8 bis 16,3 [4]) 2,1 (0 bis 4,4 [2]) -11 (6 bis -25) Hochmoor trocken 9,6 (5,3 bis 12,1 [3]) -18 (-9 bis -25) Naturnah/Renaturiert 3,3 (-1,3 bis 11,9 [5]) 0,1 (-1,8 bis 2,9 [3]) -10 (-7 bis -14) Überstau 28,3 (10,6 bis 71,7 [4]) 8,3 (6,1 bis 10,4 [2]) 14 (-8 bis 36) 12
Trotz der Unsicherheiten lässt sich eine Gesamttendenz THG-neutral (2,2 t CO2-äq/ha*a mit Variationsbreiten abbilden: Grundsätzlich verursacht eine intensive land- von 0 bis 4,4; Drösler et al. 2011). wirtschaftliche Grünlandnutzung von entwässertem Moorgrünland einen starken Abbau von organischer Wiedervernässung, oft begleitet von einer Nutzungsauf- Substanz, wahrnehmbar z. B. als Torfsackung. Diese gabe, bewirkt also eine Reduktion der CO2-Emissionen, ist mit der Freisetzung von größeren Mengen an CO2 löst aber insbesondere bei Überstauung zusätzliche Me- verbunden – im Mittel 30,9 t CO2-äq/ha*a (21,3 bis thanbildung auf der Fläche aus. Bestimmte Standorte 40,7; Drösler et al. 2011). Die Verluste sind im Schnitt werden damit aufgrund höherer Wasserstände im Jah- etwas geringer als unmittelbar nach Umbruch zum Ac- resverlauf zu starken Methanquellen. ker, bleiben aber kontinuierlich über längere Zeiträume erhalten. Die Zugabe von Düngemittel, die auf intensiv Jahresmittelwasserstand [cm] genutzten Grünlandflächen Werte von 300-400 kg N Treibhausgase [t CO2-Äqu. ha -1 a-1] pro ha*a erreichen kann, erhöht das THG-Potenzial der Flächen um weitere 1,5-3 t CO2-äq/ha*a. Der in Tab. 3.1 Überstau angegebene Wert bezieht sich auf moderate Düngemen- Naturnah/Renaturiert gen von ca. 180 kg N pro ha*a (Lampe et al. 2006). Hochmoor trocken Im extensiv genutzten Moorgrünland spielt der Entwäs- Grünland extensiv nass serungsgrad eine entscheidende Rolle für das Ausmaß Grünland extensiv trocken der THG-Emissionen. An trockenen, tief drainierten Grünland extensiv / mittel Standorten (Wasserstände von 50-100 cm unter Flur) sind auch bei extensiver landwirtschaftlicher Nutzung Acker Emissionswerte von 20 t CO2-äq/ha*a zu erwarten. Auf 80 60 40 20 0 -20 -40 -60 -80 -100 -120 nassen, vor allem weitgehend hydrologisch intakten Standorten sind für Niedermoorgrünland unter exten- Abb. 11: Mittelwert, Minimum und Maximum der ge- siver Bewirtschaftung Emissionswerte von 10 t CO2-äq/ messenen Jahresmittelwasserstände (blau) und jährli- ha*a gemessen worden (Drösler et al. 2011). Hoch- chen Treibhausgasbilanzen (rot) nach Nutzungskatego- moorstandorte sind unter diesen Bedingungen nahezu rien (nach Drösler et al. 2011). r2=0.72 p=
die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima 4 Handlungsempfehlungen 4.1 Torfersatz • Einführung eines Förderprogramms zur weiteren Erforschung und Erprobung von Torfsubstituten Der Abbau von Torf findet in Deutschland hauptsäch- und deren Eingliederung in den Produktionspro- lich auf Hochmoorstandorten in Niedersachsen statt. zess sowie für investive Kosten bei der Anpassung Insgesamt befinden sich aktuell circa 26.900 Hektar der Betriebsführung. bzw. 8 % der bundesdeutschen Hochmoorflächen im Torfabbau (IVG 2010). Niedersachsen verfügt über die größten nutzbaren Torfvorräte Deutschlands (ca. 97 %; Caspers & Schmatzler 2009). 4.2 Forstwirtschaft Die gegenwärtig größten Abnehmer von Torf sind der gewerbliche Gartenbau (55 % des Gesamtverbrauchs) Das Bestreben, naturnahe hydrologische Zustände wie- und der Hobbygartenbereich (35 %), wo Torf hauptsäch- derherzustellen, steht hinter der Motivation, Aufforstun- lich als Kultursubstrat verwendet wird. Zur Deckung gen mit moortypischen Baumarten wie der Schwarzerle des Bedarfs reichen die genehmigten Torfabbaukapazi- durchzuführen. Ein weiteres Ziel solcher Vorhaben ist täten in Deutschland nicht aus. Daher werden derzeit das Unterbinden der Torfmineralisation und ggf. sogar insbesondere aus den baltischen Ländern jährlich 2-3 die Schaffung einer Kohlenstoffsenke durch Bildung Mio. Kubikmeter Torf importiert (Caspers & Schmatz- von Bruchwaldtorf (Schäfer 2005). Neue Erlenwälder ler 2009), was eine Zerstörung der Hochmoore auch in auf wiedervernässten Standorten können darüber hin- diesen Ländern vorantreibt. Wie aktuelle Diskussionen aus zur Wiederansiedlung typischer Arten von Feucht- zeigen, wird darüber hinaus schon jetzt der Torfabbau wäldern führen und so einen wichtigen Beitrag zum im westlichen Sibirien diskutiert, um mögliche neue Artenschutz leisten (MLUV 2009). Die Aufforstung mit Quellen dieses fossilen Rohstoffs zu erschließen. Schwarzerle auf degradierten Moorstandorten kann je- doch zu einer kurzfristigen, aber äußert starken Metha- Die wichtigste Maßnahme zum Schutz der Moore vor nemission führen (Quelle wie im Text) Dabei besteht Abtorfung ist daher die Entwicklung und der verstärkte allerdings die Gefahr einer kurzfristigen, aber äußerst Einsatz von Torfersatzstoffen. Diese bestehen aus Holz- starken Methanemission (Augustin et al. 1998ab, sowie fasern, Rindenhumus, Kompost, Tonmineralien und Augustin mündl. Mitt.). Lavagranulaten und sind in der Lage, den Torferden- gebrauch für gärtnerische Zwecke zu ersetzen (NABU 2010). Die Sicherung von adäquaten Substituten für Empfehlung den Gärtnereibedarf (z. B. Grünschnittkompost) sollte im Interesse des Moor- und Klimaschutzes stärker ge- • Gesonderte Berücksichtigung von Moorstandor- fördert werden. Grundlegend dafür ist die Entwicklung ten im Wald in den Moorschutzprogrammen der eine Torfausstiegsstrategie auf nationaler Ebene. Eine Bundesländer. verpflichtende Beimischungsquote, welche in definier- ten Zeitabständen erhöht wird, ist ein Instrument den • Überführung standortfremder Forste in stand- Torfeinsatz deutlich zu reduzieren. ortangepasste Waldgesellschaften durch Wald- umbaumaßnahmen. • Keine Aufforstungen auf nicht wiedervernässba- Empfehlung ren Moorflächen. • Bundesinitiative für eine Torfausstiegsstrategie. • Rückbau von Drainagen und Anhebung des • Einführung einer verpflichtenden, schrittweise Grundwasserstandes. zu erhöhenden Beimischungsquote für Torfer- satzstoffe in Kultursubstraten. • bis 2015 30 % der Gartenerden torffrei, bis 2020 50 %. 14
4.3 Umwandlung von Acker • Schaffung von attraktiven Förderanreizen zur Rückumwandlung von ackerbaulich genutzten Eine Reihe von ehemaligen Moorstandorten befindet Moorstandorten. sich seit Jahrzehnten in kontinuierlicher ackerbauli- cher Nutzung. Insbesondere bei flachgründigen Moo- ren wurde ein Großteil der ursprünglich vorhandenen organischen Substanz dadurch abgebaut, so dass es oft 4.4 Grünlandnutzung kaum möglich ist, die Grenzen des ehemaligen Torfkör- pers festzustellen. Die ökosystemaren Funktionen des Eine Bewertung der Grünlandnutzung nach Kriterien Moores sind hier nicht mehr vorhanden. Eine Revita- des Klimaschutzes bedarf einer differenzierten Betrach- lisierung ist in diesem Fall äußerst schwierig und nur tung verschiedener Faktoren. Wie aktuelle Untersu- auf kürzlich umgebrochenen Standorten erfolgverspre- chungsergebnisse eindrücklich zeigen, ist eine intensive chend. Durch mäßigen Anstau und Etablierung einer Grünlandnutzung im Hinblick auf THG-Emissionen geschlossenen, moortypischen Vegetationsdecke kann beinahe so klimabelastend wie ein Umbruch zu Acker an solchen Standorten eine Emissionsreduktion um bis (Drösler et al. 2011). Eine Verringerung der Nutzungs- zu 30 t CO2-äq/ha*a auf Niedermoor- und 15 CO2-äq/ intensität liefert jedoch eine Möglichkeit, den Ausstoß ha*a auf Hochmoorböden erreicht werden (Freibauer der Treibhausgase zu halbieren. Eine noch stärkere Re- et al. 2009). Es besteht aber auch hier die Gefahr, bei duzierung ist schwer zu erreichen, da dies nur auf sehr zu starker Überstauung kurzfristig hohe Methangasaus- naturnahen Flächen mit intakter Hydrologie denkbar stöße zu verursachen (siehe Kapitel 4.5 Wiedervernäs- ist. Der Erhalt solcher, aus Klimaschutzsicht optimaler sung). Standorte, genießt zu Recht hohe Priorität, denn die- se Flächen sind in der Regel auch in Hinblick auf den Die Bemühungen des Naturschutzes müssen sich daher Arten- und Biotopschutz wertvoll. Eine an die Verrin- darauf konzentrieren, einen Neuumbruch von Moorbö- gerung der Nutzungsintensität gekoppelte Möglichkeit den konsequent zu verhindern. Die ackerbauliche Nut- zur THG-Reduktion ergibt sich durch die Anhebung zung dieser Flächen ist wirtschaftlich ohnehin oft proble- der Grundwasserstände. Die optimale Nutzungsform matisch (so ist die Befahrbarkeit von durch Staunässe be- hinsichtlich der THG-Emissionen ist demnach eine troffenen Flächen mit schwerem Gerät eingeschränkt), nasse, extensive Bewirtschaftung. Dies setzt jedoch eine weshalb diese Flächen nicht schon früher umgebrochen grundlegende Umstellung der Betriebsform voraus. In wurden. Anreize für den Umbruch entstehen vor allem der Weidewirtschaft ist eine Umstellung auf die Haltung im Zusammenhang mit Fördermitteln wie der Einspei- von nässetoleranteren Rassen wie z. B. Heckrinder oder severgütung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (Anbau Schottische Hochlandrinder oft notwendig. von Silomais als Substrat für Biogasanlagen). Doch gerade auf Moorböden ist die THG-Bilanz des Anbaus und der Nutzung von Energiepflanzen negativ (Hötker Empfehlung et al. 2009). Ein Verbot von Grünlandumbruch und Rückumwandlung von Ackerböden zur Vermeidung • Förderung der Umstellung auf moorschonende von THG-Emissionen aus organischen Böden lässt Bewirtschaftungssysteme. weitaus bessere Ergebnisse beim Klimaschutz erzielen • Verzicht auf Düngung bei gleichzeitiger Anhe- als der Anbau von Energiepflanzen (Schulze & Freibau- bung des Wasserstandes. er 2005). Empfehlung 4.5 Wiedervernässung (Grünland) • Streichung von Direktzahlungen und Fördermit- Projekte zur Revitalisierung von Mooren beinhalten im teln bei ackerbaulicher Nutzung von Moorböden ersten Stadium fast immer den Versuch, ein naturna- als ein erster, wichtigen Schritt zum Moorschutz und zur THG-Minderung. hes hydrologisches Regime wiederherzustellen. Dabei stellt der Schutz abiotischer Ressourcen (Bodenschutz, • Verordnungen mit Verbot des Grünlandum- Reduktion von Nährstoffausträgen und THG-Emis- bruchs in allen Bundesländern. sionen) eine wichtige Zielgröße dar. Die Maßnahmen 15
die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima sind oft mit einem geringen technischen und finanziel- • Vernässung, nicht Überstauung. Der Wasserspiegel len Aufwand verbunden. Passives Herunterfahren der sollte den größten Teil des Jahres in Flurhöhe (ide- Pumpleistung, Unterlassung der Grabenunterhaltung alerweise knapp darunter) verbleiben. und Aufgabe der Dränagen lassen die Wasserstände schnell ansteigen. Das Hauptproblem der Maßnahmen • Die oberste Torfschicht sollte nicht bereits übermä- besteht daran, dass in der vorangehenden Entwässe- ßig mineralisiert sein. rungs- und Nutzungsphase durch Torfzehrung massi- ve Substanzverluste stattgefunden haben, so dass eine • Das für die Wiedervernässung verwendete Wasser Wasserstandsanhebung auf ehemals normales Niveau darf nur einen geringen Nährstoffgehalt aufweisen. nach Torfsackung zu einer dauerhaften Überstauung und Überflutung der Fläche führt. Die Folgen einer • Die Vegetationsdecke sollte im Zuge der Wieder- solchen Entwicklung sind auf kurze Sicht überwiegend vernässung nach Möglichkeit geschlossen bleiben. negativ: Es ist daher wichtig, dass nicht zu viele Pflanzen des Wirtschaftsgrünlands oder früherer Kulturen, die • Die Vegetation, dominiert von Wirtschaftsgräsern nach Überflutung der Fläche voraussichtlich abster- (bei kontinuierlich genutztem) oder von Brennnessel ben werden, vorhanden sind. Moortypische Arten und Rohrglanzgras (bei brachgefallenem Moorgrün- sollten hingegen zumindest exemplarisch bereits land) ist an derart nasse Verhältnisse nicht angepasst vorhanden sein, um relativ schnell die nach Ausfall und stirbt ab. der nässe-intoleranten Arten entstandenen Lücken zu schließen. • Eine moderate, naturverträgliche Grünlandnutzung ohne Düngung ist unter diesen Bedingungen nicht Vor allem die Forderung nach einer nährstoffarmen, mehr möglich, was die Akzeptanz der Maßnahme wenig zersetzten Torfoberschicht am wiedervernässten bei der ortsansässigen Bevölkerung senkt. Standort ist in der Praxis schwer umsetzbar. Ein Lösungs- vorschlag lautet, die obere Bodenschicht abzutragen. • Die Zersetzung des abgestorbenen Pflanzenmateri- Dies bedeutet jedoch keine Emissionsreduktion, son- als unter nassen Bedingungen verursacht kurze Zeit dern eher eine Emissionssteigerung, da das abgetragene nach Anhebung des Wasserspiegels enorme Methan- Material zu einem erheblichen Teil als CO2 in die At- emissionen. Dieser Anstieg kann die durch die Ver- mosphäre entweicht, was die vermiedene Methanemis- nässung eingesparten CO2- und N2O- Emissionen sionen bei weitem übertrifft (Couwenberg et al. 2008). aufheben und die Klimabilanz der Maßnahmen in Oberbodenabtrag ist aber dann sinnvoll, wenn damit die der ersten Zeit ins Negative kehren. von Arten des Wirtschaftsgrünlands dominierte Samen- bank mit der stark vererdeten und verdichteten Schicht Naturschutzfachliche Ziele wie eine Erhöhung der Bio- beseitigt und so die Etablierung einer moortypischen diversität im Sinne der Wiederherstellung artenreicher Vegetation ermöglicht wird (z. B. Klimkowska 2008). Vegetationstypen werden somit zunächst nicht erreicht. Die Etablierung einer geschlossenen Vegetationsdecke Auch die Forderung aufgrund der erhöhten Methan- aus moortypischen Pflanzen – eine wichtige Vorausset- ausstöße möglichst eine Überstauung bei der Wieder- zung für die Kohlenstoffakkumulation – ist ein lang- vernässung zu vermeiden, muss hinsichtlich der einzel- wieriger Prozess. Limitierend wirken die Abwesenheit nen Moorstandorte und der Zielstellung des Projektes dieser Arten in der Samenbank, große Distanzen zu po- hinterfragt werden. Für die Revitalisierung von Mooren tenziellen Samenquellen und eingeschränkte Ausbrei- kann eine temporäre Überstauung der Flächen sogar tungswege. Hinzu kommt, dass sowohl hinsichtlich der empfehlenswert sein. Noch bestehende Restvorkom- Wasserstände als auch in Bezug auf pH- und Nährstoff- men moortypischer Pflanzengesellschaften sind an diese niveau des Überflutungswassers die Verhältnisse für Wasserschwankungen angepasst und erhalten so einen Moorpflanzen in vielen Fällen suboptimal sind (Groot- Vorteil. Bei einer erfolgreichen Revitalisierung sinken jans et al. 2002). auch die anfänglichen hohen Methanemissionen auf ein natürliches Niveau. Dieser Prozess kann jedoch einige Zur Vermeidung der Extremausstöße von Treibhaus- Jahre dauern. Daher ist es wichtig bei der Begründung gasen unmittelbar nach erfolgter Wiedervernässung von Klimaschutzmaßnahmen im Moor auch auf den empfehlen Couwenberg et al. (2008) die Einhaltung fol- Betrachtungszeitraum hinzuweisen (mündl. Mitteilung gender Regeln: Augustin 2011). 16
Empfehlung seentzug die Stoffbilanz ausgeglichen werden kann. Die jährliche Mahd von Schilf kann Aushagerungseffekte • Etablierung naturnaher hydrologischer Zustände mit sich bringen. Dies betrifft insbesondere Standorte, bei Vorhandensein von Restvorkommen moor- die nicht über einen natürlichen Nährstoffeintrag ver- typischer Vegetation. fügen, wie z. B. Überflutungsmoore in Flusstälern mit • Förderprogramme zur langfristigen Sicherung jährlichen Überschwemmungen. Die Notwendigkeit des Erfolgs der Maßnahmen zur Wiederver- einer Düngung in semiaquatischen Ökosystemen zum nässung durch Flächenerwerb oder langfristige Ausgleich der Stoffbilanzen muss jedoch aus Gründen Pacht. des Gewässerschutzes kritisch hinterfragt werden. Paludikultur kann auch die Züchtung von Torfmoosen bedeuten. Nachgezüchtete Torfmoosbiomasse besitzt ähnliche chemische und physikalische Eigenschaften wie Hochmoortorf, ist aber schneller zu erzeugen. Sie 4.6 Alternative Nutzung – Paludikultur kann Torf als Substrat für einen Teil der Anwendungen, vor allem im gärtnerischen Bereich ersetzen. Der Begriff „Paludikultur“ steht für das Bestreben, Ar- ten, die in naturnahen oder vor allem wiedervernässten Bei Paludikulturen ist eine genaue Standortwahl not- wendig. Auf vormals intensiv genutzten Standorten und revitalisierten Niedermooren große Dominanzbe- können Paludikulturen einen großen Beitrag zum Kli- stände ausbilden und gut an Lebensbedingungen unter maschutz leisten. Ungeklärte Fragen zum Absatzpoten- höheren Wasserständen angepasst sind, wirtschaftlich tial und die im Vergleich zu anderen landwirtschaft- zu nutzen und dafür zu kultivieren (Wichtmann et al. lichen Nutzungen deutlich geringere Wertschöpfung 2010). Darunter fallen Röhrichte und Großseggenrie- sind jedoch noch große Hindernisse bei der Umstellung der, aber unter Umständen auch Gehölze wie Weiden auf eine klimaschonende, nasse Bewirtschaftung von und Erlen. Die so angebaute Biomasse kann stofflich Torfböden. verwertet oder als Brennstoff zur Energie- und Wär- megewinnung aufbereitet werden. Trotz des zum Teil recht hohen Aufwands für die Ernte und Aufbereitung des Substrats weisen Produkte der Paludikultur CO2-Bi- Empfehlung lanzen vergleichbar mit anderen Biomassequellen und deutlich unter den von fossilen Brennstoffen auf. • Erprobung und Entwicklung von nassen Bewirt- schaftungssystemen auf bisher genutzten Torfbö- den. Ein Problem stellen die erhöhten Methanemissionen von wiedervernässten Standorten dar (siehe Kap. 3.4 • Förderung der investiven Kosten bei Betriebsum- Grünland). In der Initialphase der Standortnutzung als stellungen. Paludikultur können sehr hohe Emissionen entstehen. Um diese zu vermeiden, ist eine sorgfältige Auswahl der Standorte, der hydrologischen Bedingungen und der zu kultivierenden Vegetation notwendig. So ist das für die Zwecke der Paludikultur diskutierte Rohrglanz- gras (Phalaris arundinaceae) kaum als torfbildende oder den Torfkörper vor Mineralisation schonende Art zu bezeichnen. Biomasse und Streu dieser Art sind bei hohen Wasserständen leicht zersetzbar, Rohrglanzgras- Dominanzbestände weisen hohe Methanausstöße auf (Couwenberg et al. 2008). Die Etablierung von Schilf- und Großseggenriedern im Zuge der Biomassenutzung bildet demgegenüber eine geschlossene Vegetationsdec- ke, die aus wasserangepassten und torfbildenden Arten besteht. Dies lässt die Treibhausgasemissionen im Nie- dermoor sinken. Ungeklärt ist derzeit noch die Frage, wie bei einer langfristigen Nutzung und mit Biomas- 17
die Bedeutung von Mooren für Natur und Klima 5 Fazit Moorlandschaften und deren menschliche Überprä- rität erhalten – besonders dann, wenn eine Treibhaus- gung haben eine hohe Bedeutung für Klima und bio- gasreduktion am Standort schwer zu erreichen ist, wäh- logische Vielfalt. Das hohe Potenzial der Moore als rend der betrachtete Lebensraum für bestimmte Or- Kohlenstoffspeicher und -quelle macht diese Ökosy- ganismengruppen zu einem wichtigen Rückzugsgebiet steme für die Verringerung von Klimagasemissionen geworden ist (Pfadenhauer & Grootjans 1999). wichtig. Nicht nur in den Tropen, sondern auch in der gemäßigten Zone. In Deutschland kann durch gezielte Der Erhalt und die Wiederherstellung von Mooren Maßnahmen das Volumen an klimaschädlichen Gasen werden künftig weiter an Bedeutung gewinnen, da die- aus Mooren reduziert werden. Wichtig dabei sind die se Lebensräume enorm wertvolle Leistungen für den gewählte Zielstellung und der Betrachtungszeitraum. Wasserhaushalt, das Klima und die biologische Vielfalt Da viele Moorstandorte in Deutschland unter mehr erbringen. Die Politik ist gefordert, durch eine konse- oder weniger intensiver landwirtschaftlicher Nutzung quente Ausgestaltung des Ordnungs- und Förderrechts stehen, besteht hier das größte Potential. Möglichkeiten dazu beizutragen, dass die Synergieeffekte zwischen zur Emissionsminderung durch Anpassung der Bewirt- Klima- und Naturschutz optimal ausgenutzt werden. schaftung existieren und sollten hinsichtlich der hohen Deutschland ist ein moorreiches Land und trägt daher Relevanz für den Klimaschutz konsequent genutzt wer- eine besondere Verantwortung. Für den neuen Umgang den. Eine generelle Empfehlung ist die Reduktion der mit diesen Landschaften können aus Sicht des Klima- Nutzungsintensität, besonders bei den Nutzungsfor- schutzes angepasste Nutzungskonzepte und Wiederver- men, die eine starke Torfzehrung verursachen, durch nässungen einen großen Beitrag bei der Verringerung Verzicht auf Umbruch von Torfböden, Reduktion von der Treibhausgasemissionen leisten. Düngereinträgen und Rückbau bzw. Aufgabe von Drä- nagen. Generell gilt: Die Lösungen im Moorschutz müssen standortangepasst, flexibel und vielfältig sein. Für jeden Eine Extensivierung von Grünlandflächen auf Moorbö- Naturraum und jeden Standort sehen die Handlungsop- den mit gleichzeitiger Verringerung der Grundwasser- tionen anders aus. Um regionale Ansätze zu unterstüt- flurabstände führt zu großen Einsparungen an klima- zen, ist eine Integration verschiedener Fördermaßnah- schädlichen Treibhausgasemissionen. Diese Umstellung men besonders sinnvoll (z. B. Agrarumweltmaßnahmen der Bewirtschaftung kann auch für viele bedrohte Arten und Vertragsnaturschutz, Zahlungen im Rahmen von der Feuchtgrünländer neuen Lebensraum schaffen. Die Natura 2000, Erhaltung des Ländlichen Erbes, Förde- größten Herausforderungen liegen hier in den sich mit rung von Investitionen, LEADER, Flurneuordnung). der Umstellung der Bewirtschaftungsform verbunde- Bund und Länder sind daher aufgefordert, einen breiten nen Kosten. Katalog an Maßnahmen aus dem Bereich der Förder- und Ordnungspolitik vorzulegen, um den Moorschutz Des Weiteren sollte genau geprüft werden, auf welchen als ideales Synergieinstrument zwischen Klima- und Standorten eine Revitalisierung der Moorflächen im Naturschutz nachhaltig voranzubringen. Sinne der Herstellung natürlicher hydrologischer Zu- stände möglich ist. Die mit einer Wiedervernässung einhergehenden Methanemissionen und die damit ver- bundene Erhöhung des Ausstoßes von klimawirksamen Gasen über einen kurzen Zeitraum müssen in diesem Fall hingenommen werden. Mittelfristig sinken die Me- thanemissionen auf ein natürliches Niveau. Methan ge- hört zu einem funktionierenden Ökosystem Moor. Grundsätzlich gilt aber, dass Ziele des Natur- und Um- weltschutzes in Mooren wie der Erhalt der Biodiversität oder die Nährstoffretention in Gewässern nicht gegen Klimaschutzziele ausgespielt werden, sondern ggf. Prio- 18
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