Klimawandel - Überlegungen zu waldbaulichen Strategien - Sven Wagner, Tharandt
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Gliederung • Umweltveränderungen und Probleme für die Wälder • Unsicherheit von Prognosen für Umweltfaktoren, zur Vitalität der Baumarten und zu Konkurrenzsituationen zwischen den Baumarten • Strategien bei Unsicherheit • Funktionsumbau • Nachhaltsumbau • Dynamische Überführung • Zusammenfassung/Schlußfolgerungen TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Umweltveränderungen und Probleme für die Wälder • Die prognostizierten Umweltveränderungen (Erwärmung, weniger Niederschlag) treffen auf etablierte Waldökosysteme. • Kommt es zu Störungen, die "nicht akzeptabel" sind gemessen an den Bewirtschaftungszielen? • Reicht die Fähigkeit zur Regeneration aus? • Es stellt sich die Frage nach Möglichkeiten, vorsorgend aktiv zu werden. • Dies – eine vorsorgende Bewirtschaftung – wird erschwert durch vielfältige Unsicherheit TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Unsichere Prognosen für die Umweltfaktoren (I) • Auch wenn zunehmend sichere Vorhersagen erscheinen, bleiben Auswirkungen auf Extremereignisse in Intensität und Häufigkeit offen und Wechselwirkungen mit weiteren wesentlichen dynamischen Umweltfaktoren unklar (N-Immissionen). TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Unsichere Prognosen für die Umweltfaktoren (II) • Es darf aber diese Unsicherheit über wichtige Details nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Veränderungen schon gibt. Mindestens diese Veränderungen müssen berücksichtigt werden. • Die Anpassung von Klimagliederungen an die bereits gegebenen Veränderungen (= Aktualisierung) ist zwingend. Verändert aus: Gemballa u. Schlutow, 2007 TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Unsichere Prognosen zur Vitalität der Baumarten (I) • Eine einzige Arbeit (Rehfeldt et al., 2001) zur Klimasensitivität mit russischen Kiefernherkünften lässt das Reaktionsmuster der Baumarten erkennen. 13Jahres-Höhenzuwachs und Klima unterschiedlicher Standorte TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau – als Dauer der Vegetationszeit – für zwei Kiefernherkünfte.
Unsichere Prognosen zu neuen Konkurrenzsituationen zwischen den Baumarten (I) • Die Vorhersage der Konkurrenzsituation ist schwierig, weil Analysen der Vergangenheit die Grundlage bilden. ? Aus: Thomasius, 1991 TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Unsichere Prognosen zu neuen Konkurrenzsituationen zwischen den Baumarten (II) • In der Zukunft sind neue Kombinationen von Umweltfaktoren möglich, für die es bisher keine Erfahrungen gibt Das Beispiel zeigt die gesteigerte Fruktifikation der Buche in den letzten 20 Jahren. Die Ursache dafür ist nicht geklärt: Klimawandel? N- Einträge? Schmidt, 2006 TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Zwischenbilanz • Bei allen erwähnten Unsicherheiten sind sich die Experten darüber einig, dass – es in den meisten Gebieten wärmer und trockener werden wird, Extremereignisse (Trockenperioden, Stürme) häufiger und ausgeprägter auftreten können. Beides wird standortsabhängig sehr unterschiedlich schwere Folgen haben – das Tempo dieser Veränderungen Bäume und Bestände in ihrer Anpassungsfähigkeit überfordern kann. – die Baumarten sehr unterschiedlich von diesen Veränderungen betroffen sein werden, namentlich • die Fichte zur Problembaumart werden kann (Standorte!) • Baumarten mit großer Klimaamplitude wahrscheinlich robuster sein werden (z.B. Stieleiche, Sandbirke oder Douglasie) TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Strategien bei Unsicherheit • Man kann drei Strategien unterscheiden: – (1) Maßnahmen, um klar definierte Leistungen der Wälder im nächsten Jahrhundert zu erreichen – (2) Maßnahmen, um die Unsicherheiten abzufangen – (3) Dynamische Überführungsstrategien TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
(1) Maßnahmen, um klar definierte Leistungen der Wälder im nächsten Jahrhundert zu erreichen • Bei einer Veränderung der Standortsbedingungen (=Klimawandel) und dem Wunsch nach Beibehaltung aktueller Waldfunktionen (z.B. Holzerträge) sind ggf. Maßnahmen des Waldumbaues erforderlich Funktionsumbau. • 1. Bestehende Bestockungen anpassen – Verringerung der Wasserverfügbarkeit Bestockungsgrade neu optimieren, Durchforstungsart anpassen. – Verringerung der Risiken in älteren (=höheren) Beständen Verkürzung der Produktionszeiträume . TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
(1) Maßnahmen, um klar definierte Leistungen der Wälder im nächsten Jahrhundert zu erreichen • 2. Bestockungen über Verjüngungsmaßnahmen langfristig Douglasie/Fichte anpassen – Gerichtete Klimaveränderung Anteil angepasster Arten erhöhen. – Bei abnehmender Vitalität einer Baumart vermag eine andere, ggf. Zuwachsverluste abzufangen. – Dies könnte genutzt werden, indem Mischungen oder Reinbestände mit anderer Baumart etabliert werden. TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Zwischenbilanz „Funktionsumbau“ (I) • Die Entlastung, der für die Waldfunktion wichtigsten Bestandesglieder von Wasserkonkurrenz durch Nachbarn, könnten durch eine Absenkung der Bestockungsgrade erfolgen. Hoch- oder Niederdurchforstungen gleichwertig? • Aber: Bestockungsgradabsenkungen können weit reichende Nebenwirkungen haben: Zuwachsverluste, Sturmgefährdung, Vergrasung • Mischungen könnten zur Kompensation von Zuwachsverlusten beitragen. • Aber: Mischungen sind schwieriger zu steuern, Vermarktungsprobleme? TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Zwischenbilanz „Funktionsumbau“ (II) • Der Funktionsumbau ist bei flächigem Baumartenwechsel eine radikale Möglichkeit der Anpassung. • Bei den gegebenen Unsicherheiten, ist dieser Schritt – der flächige Baumartenwechsel – sicherlich der problematischste. • Allerdings ist die Forderung bei Verjüngungsmaßnahmen, alle derzeit verfügbaren Informationen einer Standortserkundung zu nutzen, unbedingt zu berücksichtigen (Neue Klimagliederung Sachsens Fichtenanbau?). TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
(2) Maßnahmen, um die Unsicherheiten abzufangen • Die aufgezählten Unsicherheiten (Klimaentwicklung, Reaktion der Baumarten, Zunahme von Störungen, Holzmarkt) könnten mit einer eigenen Strategie, die auf Nachhaltigkeit gerichtet ist, abgefangen werden. • Erhalt oder Wiederherstellung – der Produktivität der Standorte – der biologischen Diversität (insbesondere von Schlüsselarten) – der (Natur-) Verjüngungsfähigkeit der Bestände – der Vitalität von Bäumen und Beständen TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Produktivität der Standorte • Standortsgerechte Baumartenwahl – insbesondere tief wurzelnde Arten und Mischungen • flächig vorhandene, leicht zersetzliche Streu - durch Wahl der Hauptbaumart oder durch Mischung (Trupp- Gruppenmischungen) • krautige Begleitvegetation – keine Dunkelwirtschaft Laubstreuverteilung um Einzelbäume TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Biologische Diversität (insbesondere von Schlüsselarten) • Berücksichtigung von Standortsunterschieden, Etablierung verschiedener Baumarten als Initiale, Vielfalt der Waldpflege- und Erntemaßnahmen, Totholz • Beteiligung von Pionieren (Birken, Aspe, Kiefer), Eichen und Douglasie, sowie von Arten, die auf warm-trockene Standorte spezialisiert sind (z.B. Winterlinde, Robinie). • Horizontale Mischungsformen (Trupp bis Gruppe) gewährleisten die Pufferwirkung beim Zuwachs und mindern Konkurrenzprobleme zwischen ökologisch verschiedenen Baumarten TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
(Natur-) Verjüngungsfähigkeit der Bestände • extensive Beteiligung von Pionierbaumarten (z.B. Sandbirke). Erhöhung der Präsenz von Baumarten mit beschränkter Ausbreitungspotenz (z.B. Winterlinde). • Erhalt des Genflusses zwischen Individuen durch Einhalten von Maximalabständen Dichte der Samen in Abhängigkeit von der Entfernung zum Mutterbaum (Normierung auf jeweils maximale Dichte: • Anwendung artgerechter (Ernte-) Linde = 50/m², Birke = 1500/m²) Hiebsmaßnahmen Vielfalt! TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Vitalität von Bäumen und Beständen • Standortswahl und richtige Herkünfte, wobei erhebliche Unsicherheiten bei den Herkünften bestehen • Beschränkung des Anbaus von Arten mit atlantischem Verbreitungsschwerpunkt (Fichte). • Waldpflege zur Kronenpflege (rechtzeitige und intensive Hochdurchforstungen) TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
Zwischenbilanz „Nachhaltsumbau“ (I) • Ganz anders als radikaler Funktionsumbau, ist der soeben beschriebene Nachhaltsumbau zweifellos sinnvoll und kaum mit ökonomischen Risiken behaftet. • Ein Nachhaltsumbau ist in Sachsen seit etwa 15 Jahren vielerorts gängige Praxis. Dieser sollte mit einer Ausrichtung auf den Klimawandel weiter fortgeführt werden. TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
(3) Dynamische Überführungsstrategien • Die Dynamik der Umweltfaktoren ist allein mit Maßnahmen, die statisch wirken, nicht aufzufangen. Doch selbst dann muss entschieden werden, für welchen Zeitraum geplant wird. •Aus: Profft u. Frischbier, 2008 TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
(3) Dynamische Überführungsstrategien • Als unmittelbaren Erfolg versprechend können genannt werden: – Vorwald (Birke über Eichen, Erle über Buche) – Voranbau (Eichen unter Kiefer, Buche unter Fichte) – Naturverjüngung unter Altbestand (Eiche, Vogelbeere unter Kiefer) – Zeitmischung (Fichte in Buche) TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
IV. Schlussfolgerungen • Ob es öfter zu „nicht akzeptablen“ Störungen kommt und ob die Fähigkeit zur Regeneration „ausreicht“, ist vor dem Hintergrund der Erfüllung von Funktionalität zu beurteilen. • Beim Funktionsumbau wird es notwendig sein, die Baumartenwahl an die bekannten Klimaszenarien anzupassen. Namentlich die Fichte wird den in sie gesetzten Erwartungen an die Holzproduktion in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr überall gerecht werden (Zuwachsreduktion, Verkürzung der Lebensdauer der Bestände). Somit hat die Suche nach klimatoleranten, leistungsfähigen Baumarten begonnen (Douglasie, Eichen). • Waldpflege – Mischungsregulierungen, Bestockungsgradregulierungen und Förderung der leistungsfähigsten Individuen – bleibt aktuell. Ggf. müssen neue Zielvorgaben entwickelt werden. TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
IV. Schlussfolgerungen • Ein Nachhaltsumbau ist seit langem erforderlich, läuft in vielen Betrieben bereits seit geraumer Zeit und muss überall dort, wo die „Umbaueuphorie“ abebbt, nun mit neuer Begründung (Klimawandel) angemahnt werden. • Geschlossene und rasche Stoffkreisläufe, der Erhalt und die Förderung der biologischen Vielfalt, sowie die Naturverjüngungsfähigkeit und die Vitalität der Bäume sind stabilisierende Elemente einer Strategie bei Unsicherheit (ökologisch wie ökonomisch). • Bezogen auf die Baumartenwahl bedeutet dies eine Beteiligung ökologisch unterschiedlicher Arten am Bestandesaufbau Mischbestände mit Pionieren und klimatoleranten Arten. • Der „Nachhaltsumbau“ kann ggf. deutlich extensiver ausfallen, als ein „Funktionsumbau“ zur Optimierung einer aktuell gewünschten Waldleistung. TU Dresden, 02.10.2008 Klimawandel und Waldbau
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