Konjunkturbericht Frühjahr 2021 Dritte Corona-Welle bremst Erholung - IHK Nord Westfalen
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Konjunkturbericht Frühjahr 2021 Dritte Corona-Welle bremst Erholung IHK-Wirtschaftsklima | Die nord-westfälische Wirtschaft ist mit gedämpfter Stimmung in das Jahr 2021 gestartet: Augenscheinlich bremst die dritte Corona-Welle den Erholungsprozess im Frühjahr 2021 aus. Der Aufschwung wird zunächst vertagt - der Konjunkturklimaindikator kann nicht weiter zulegen. Geschäftslage | Das aktuelle Lagebild ist uneinheitlich: Allen voran die Industrie, aber auch die Bauwirt- schaft konnten sich weiter verbessern. In der Industrie liegt der Lagesaldo wieder über Vorkrisenniveau. Im Handel und bei kleineren Betrieben hat sich die Situation merklich verschlechtert. Geschäftsaussichten | Eine deutliche Wende zum Besseren steht noch aus. Insgesamt gibt sich jeder vier- te Betrieb optimistisch. Die Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie bergen aus Sicht der Wirtschaft das derzeit größte Risiko. Zudem belasten Lieferengpässe, Knappheit bei Vorprodukten und steigende Rohstoffpreise die heimische Industrie. Export | Trotz aufwärts gerichteter Weltkonjunktur und anziehender Nachfrage, getrieben von den USA und China, sind die Exportperspektiven eher verhalten. Die hohen Expansionserwartungen vom Jahresbe- ginn sind zum Teil wieder zurückgenommen worden, auch weil große Herausforderungen im Auslandsge- schäft bestehen bleiben. Investitionen | Unter dem Eindruck der anhaltenden Corona-Krise bleiben die Pläne weiter zurückhaltend. Mit einer deutlichen Ausweitung der Investitionstätigkeit kann zunächst nicht gerechnet werden, es zeich- net sich nur eine schwache Belebung ab. Beschäftigung | Eine wichtige Voraussetzung für ein schnelles Wiederanspringen der Konjunktur ist die Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Dessen sind sich die Unternehmen bewusst: Die Mehrheit will in den nächsten Monaten den Personalstand stabil halten. Besonders einstellungsfreudig zeigt sich einmal mehr der Mittelstand.
Konjunkturbericht Frühjahr 2021 IHK-Wirtschaftsklima Die nord-westfälische Wirtschaft ist mit gedämpfter Anders als vor einem Jahr, als ein simultaner Nach- Stimmung in das Jahr 2021 gestartet: Nachdem sich die frageschock die Gesamtwirtschaft massiv einbrechen Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte 2020 zunächst ließ, stehen jetzt die wirtschaftspolitischen Rahmenbe- belebt hatte und auch von Nachholeffekten profitieren dingungen, darunter Maßnahmen im Zuge der Corona- konnte, bremst die dritte Corona-Welle den Erholungs- Pandemie, an erster Stelle der belastenden Faktoren. prozess im Frühjahr 2021 augenscheinlich aus. Die Vorsicht und nur verhaltene Zuversicht auf konjunktu- Wirtschaft bleibt im Stopp- and Go-Modus. Damit kor- relle Wiederbelebung prägen die Stimmung im Frühjahr respondiert das Konjunkturmuster in Nord-Westfalen mit 2021. Die dritte Infektionswelle und Preissteigerungen dem Verlauf im Bund. Der fortgesetzte Shutdown belastet bei Energie und Rohstoffen dämpfen unmittelbar die den privaten Konsum, was sich deutlich im stationären Zukunftsaussichten der nord-westfälischen Wirtschaft. Einzelhandel und den konsumnahen Dienstleistungs- branchen niederschlägt. Der Aufschwung wird zunächst vertagt: Der Kon- junkturklimaindikator als zusammengefasste Größe aus Immer stärker manifestiert sich zudem eine zweige- aktueller Geschäftslage und Erwartungen kann nicht teilte Entwicklung nicht nur in den Branchen, sondern weiter zulegen, sondern bleibt mit 114 Punkten auf dem vor allem auch in den verschiedenen Unternehmensgrö- Niveau vom Jahresbeginn (113). Eine deutliche Stim- ßenklassen. Die Pandemie stellt insbesondere kleinere, mungsaufhellung lässt noch auf sich warten. Vorzieh- vorrangig im Binnenmarkt agierende Betriebe vor eine und Aufholeffekte lassen offenbar nach. < große Belastungsprobe. Deren finanzielle Situation spitzt sich weiter zu. Konjunkturklima im Frühjahr 2021 80 160 60 140 40 120 100 Indikator 20 Saldo 80 0 60 -20 40 -40 20 -60 0 2008 2008/09 FJ2009 2009 2009/10 2010 2010/11 2011 2011/12 2012 2012/13 2013 2013/14 2014 2014/15 2015 2015/16 2016 2016/17 2017 2017/18 2018 2018/19 2019 2019/20 FJ2020 2020 2020/21 FJ2021 Geschäftslage Erwartungen IHK-Konjunkturklimaindikator 2 Aktuelle Geschäftslage Das aktuelle Lagebild ist uneinheitlich: Allen voran mensnahe, berichten teilweise von deutlich anziehenden die Industrie, aber auch die Bauwirtschaft konnten sich Geschäften. weiter verbessern. In der Industrie liegt der Lagesaldo (die Differenz aus positiven und negativen Antworten) In diesen Branchen steigt auch der Anteil der Un- mit 19 Punkten wieder über Vorkrisenniveau. Die Bau- ternehmen weiter, die keine negativen Auswirkungen konjunktur bleibt auf sehr hohem Niveau. Von der an- (mehr) durch die Corona-Krise spürt. Das gilt auch für ziehenden Industriekonjunktur werden offenbar weitere den Mittelstand und Großunternehmen mit mehr als 500 Branchen mitgezogen. Dienstleister, vor allem unterneh- Beschäftigten. 2
Konjunkturbericht Frühjahr 2021 Geschäftslage 60 Wirtschaftsbereiche 100 50 80 60 40 Saldo 40 20 30 % 0 -20 20 -40 2017 2017/18 2018 2018/19 2019 2019/20 FJ 2020 2020 2020/21 FJ 2021 10 0 FJ2020 2020 2020/21 FJ2021 Gesamt Industrie Baugewerbe Handel Dienstleister gut befriedigend schlecht 3 Doch Teile der Wirtschaft stehen weiter still. Im Auch kleineren Betrieben mit weniger als 20 Be- Handel (darunter werden Einzel-, Groß- und KFZ-Handel schäftigten geht mit Dauer der Pandemie zunehmend die zusammengefasst) hat sich die Situation merklich ver- Luft aus. Mittlerweile berichtet jeder dritte Betrieb von schlechtert. Jeder vierte Betrieb ist mit der wirtschaft- Eigenkapitalrückgängen (Jahreswechsel: jeder vierte), lichen Situation unzufrieden. Viele Modehändler sind immerhin noch 14 Prozent sind massiv von Liquidi- in akuter Existenznot. Der vom Shutdown betroffene tätsengpässen bedroht (Jahreswechsel: elf Prozent). Die stationäre Einzelhandel fährt trotz zwischenzeitlicher Gefahr wächst, dass gerade diese Teile der Wirtschaft Lockerungen massive Umsatzverluste ein: bundesweit lag trotz staatlicher finanzieller Hilfen die Durststrecke nicht der Rückgang im ersten Quartal bei minus 54 Prozent werden überstehen können. < gegenüber dem Vorjahresquartal (Einzelhandel mit Be- kleidung). Finanzlage 25 Spätsommer 2020 Kleinbetriebe 20 Jahreswechsel 2020/21 35 Frühjahr 2021 30 15 % 25 10 20 5 % 15 0 Eigenkapitalrückgang Liquiditätsengpässe Forderungsausfälle Fremdkapitalzugang Fremdkapitalbelastung Drohende Insolvenz 10 Zunehmende Erschwerter 5 Hohe 0 Eigenkapitalrückgang Liquiditätsengpässe Jahreswechsel 2020/21 Frühjahr 2021 5 3
Konjunkturbericht Frühjahr 2021 Geschäftsaussichten und Konjunkturrisiken Angesichts des Rückschlags in diesem Frühjahr (mit größte Risiko für die mögliche wirtschaftliche Belebung. einem Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung um 68 Prozent der befragten Unternehmen (Handel 74 Pro- 1,7 Prozent im ersten Quartal) muss grundsätzlich mit zent, Kleinbetriebe 79 Prozent) sehen darin ein zentrales einer schleppenden und verzögerten Erholung gerech- Konjunkturrisiko. net werden. Während außenhandelsorientierte Branchen von der anziehenden Weltkonjunktur profitieren könn- Zudem belasten Lieferengpässe, Knappheit bei Vor- ten, scheint eine Normalisierung der Geschäftstätigkeit produkten und galoppierende Rohstoffpreise die heimi- binnen- und konsumorientierter Wirtschaftsbereiche erst sche Industrie, die eigentlich entspannt in die Zukunft im Zuge fortschreitender Impfungen und umfangreicher blicken könnte. Denn im März stiegen die Auftragsein- Testmöglichkeiten bei Rücknahme der Einschränkungen gänge immerhin um drei Prozent gegenüber dem Vormo- möglich zu sein. nat. Wären da nicht die Lieferprobleme und die hohen Energie- und Rohstoffpreise (bei 72 Prozent größtes Gerade die Maßnahmen im Zuge der Corona-Pan- Wachstumshemmnis), könnte es womöglich ein glän- demie bergen aus Sicht der Wirtschaft das derzeit das zendes zweites Quartal für viele Industrieunternehmen Geschäftserwartungen 70 60 52,2 50 40 % 28,1 27,8 26,0 30 19,9 22,0 20 16,9 14,4 10 0 FJ2020 2020 2020/21 FJ2021 besser gleich bleibend schlechter 6 Konjunkturrisiken 80 65,3 70 60 48,6 48,0 46,9 50 40 29,8 % 28,4 30 20 10 0 Rohstoffpreise Fachkräftemangel Inlandsnachfrage Auslandsnachfrage Arbeitskosten Rahmenbedingungen Wirtschaftspolitische Energie- und (Industrie) FJ2020 2020 2020/21 FJ2021 7 4
Konjunkturbericht Frühjahr 2021 werden. Es fällt auf, dass in der Industrie im Vergleich zu schaftslage in den nächsten Monaten bessern könnte. den anderen Wirtschaftsbereichen der Anteil der Opti- Hinzu kommt, dass der Anteil der Unternehmen, die mit misten besonders hoch und der Anteil der Pessimisten einer Verschlechterung der konjunkturellen Perspektiven deutlich kleiner ist. rechnen, nochmals kleiner geworden ist (14 Prozent). Eine deutliche Wende zum Besseren bleibt allerdings aus Insgesamt gibt sich, wie schon zu Beginn des Jahres, – das gilt auch für die Exporterwartungen und Investiti- jeder vierte Betrieb optimistisch, dass sich die Wirt- onen. < Konjunkturrisiken im Frühjahr 2021 80 Produzierendes 65,3 68,0 70 59,1 Gewerbe: 69,2 60 48,6 50 39,6 40 % 29,8 27,4 30 20 10 0 Rahmenbedingungen darunter: Maßnahmen im darunter: Bürokratie darunter: internationale darunter: hohe darunter: Klima- und Rohstoffpreise Fachkräftemangel Inlandsnachfrage Auslandsnachfrage Arbeitskosten Wirtschaftspolitische Energie- und Steuersätze Handelshemmnisse Energiepolitik Zuge der Corona- (Industrie) (Industrie) Pandemie 8 Außenwirtschaft Trotz aufwärts gerichteter Weltkonjunktur und an- Teil wieder zurückgenommen worden – vor allem bei ziehender Nachfrage, getrieben von den USA und China, den Großunternehmen, die sehr euphorisch in das Jahr bleiben die Exportperspektiven verhalten. Die hohen gestartet waren. Expansionserwartungen vom Jahresbeginn sind zum Exporterwartungen 30 20 10 0 -10 Saldo -20 -30 -40 -50 -60 2017 2017/18 2018 2018/19 2019 2019/20 FJ2020 2020 2020/21 FJ2021 5 9
Konjunkturbericht Frühjahr 2021 Viele große Herausforderungen im Auslandsgeschäft geschäften in den nächsten Monaten. Damit hat sich stehen auf der Tagesordnung. Neben den Nachwehen des der Exportsaldo zwar leicht verschlechtert, bleibt aber Brexit (für 25 Prozent der Industriebetriebe ein Problem, im positiven Bereich. Das Risiko einer nachlassenden nach 60 Prozent im Spätsommer 2020), Rohstoffengpäs- Auslandsnachfrage tritt weiter in den Hintergrund. Für sen und hohen Containerpreisen, sind dies nach wie vor eine Fortsetzung des aufwärts gerichteten Exporttrends Handelshemmnisse (40 Prozent der Industriebetriebe) sprechen auch die offiziellen Statistiken: Im ersten und Bürokratie sowie die Sicherung und Neuausrichtung Quartal liegen die deutschen Exporte insgesamt wieder der Lieferketten. 2,4 Prozent über dem Vorjahreszeitraum, im März 2021 nur noch knapp ein Prozent unter dem Vorkrisenniveau / Nach 30 Prozent zu Anfang des Jahres rechnet jetzt Februar 2020. < noch ein Anteil von 20 Prozent mit besseren Auslands- Investitionen im Inland Zukunftserwartungen prägen auch die Investitions- Die Anteile der Unternehmen mit expansiven bezie- neigung. Unter dem Eindruck der anhaltenden Corona- hungsweise restriktiven Investitionsplänen liegen wie Krise bleiben die Pläne weiter zurückhaltend. Mit einer schon zu Beginn des Jahres nahezu gleich auf (26/23 deutlichen Ausweitung der Investitionstätigkeit kann Prozent). Der Saldo kommt nach wie vor nicht an das zunächst nicht gerechnet werden, es zeichnet sich nur Vorkrisenniveau heran. < eineKapitelüberschrift schwache hinzufügen Belebung ab. Investitionen 50 40 30 20 10 Saldo 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 2017 2017/18 2018 2018/19 2019 2019/20 FJ2020 2020 2020/21 FJ2021 Gesamt Industrie Baugewerbe Handel Dienstleister 10 Beschäftigung Eine wichtige Voraussetzung für ein schnelles Wie- ringert (von 38 Prozent im Frühjahr 2020 bis auf aktuell deranspringen der Konjunktur ist die Verfügbarkeit von 17 Prozent). Arbeitskräften. Dessen sind sich die Unternehmen be- wusst: Die Mehrheit will in den nächsten Monaten den Ungünstiger bleibt die Situation in der Emscher-Lip- Personalstand stabil halten. Erfreulicherweise hat sich pe-Region, wo jeder vierte Betrieb Personalfreistellungen der Anteil der Betriebe, die sich von Mitarbeitern trennen plant. Zudem gibt es nach wie vor bei den Großunter- müssen, seit Beginn der Pandemie bis heute deutlich ver- nehmen, darunter vor allem Finanzdienstleister, einen 6
Konjunkturbericht Frühjahr 2021 überdurchschnittlich hohen Anteil von Betrieben mit len. Hintergrund dürfte der sich wieder verschärfende Rationalisierungsplänen. Fachkräftebedarf sein. Darin sehen jetzt fast die Hälfte der antwortenden Unternehmen einen Bremsklotz für die Besonders einstellungsfreudig zeigt sich einmal konjunkturelle Entwicklung. Am stärksten betroffen ist die mehr der Mittelstand: Hier wollen 27 Prozent (Wirtschaft Bauwirtschaft. < insgesamt: 23 Prozent) zusätzliche Mitarbeiter einstel- Beschäftigung 70 40 60 30 20 50 10 Saldo 0 40 -10 % 30 -20 -30 20 -40 -50 10 2017 2017/18 2018 2018/19 2019 2019/20 FJ2020 2020 2020/21 FJ2021 0 FJ2020 2020 2020/21 FJ2021 Gesamt Industrie Baugewerbe höher gleich bleibend geringer Handel Dienstleister 13 Fazit Unsicherheit bleibt ein zentraler Faktor in der Die Erholung steht auf wackeligen Füßen: Da der pri- Corona-Pandemie - dies zieht sich wie ein roter Faden vate Konsum erneut zurückgeworfen worden ist, ruhen durch die Umfrageergebnisse. Vielen Unternehmen fehlt jetzt große Hoffnungen auf der wieder angesprungenen nach wie vor eine sichere Zukunftsperspektive. Die große Industriekonjunktur, die weitere Branchen nach sich Frage ist, ob die Pandemie im Verlauf des Sommers weit- ziehen könnte. < gehend zurückgedrängt werden kann und die Infektions- schutzmaßnahmen zurückgenommen werden. Impressum: Herausgeber: Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen Sentmaringer Weg 61 | 48151 Münster www.ihk-nordwestfalen.de Redaktion: Jutta Gogräfe Telefon 0251 707-205 E-Mail: gograefe@ihk-nordwestfalen.de Stand: Mai 2021 Quelle: Befragung von 500 Unternehmen im April 2021 Alle Angaben wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernimmt die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen keine Gewähr. 7
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