ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS - Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung im ländlichen und städtischen Raum - Ökosoziales Forum
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INHALT WIR MACHEN ZUKUNFT KLIMAFIT © weinfranz MACHEN SIE MIT! 3 Wir machen Zukunft klimafit 4 Kommunale Antworten auf den Klimawandel 5 Gemeinsam für mehr Natur in Gemeinden und Städten 6 Ökosoziale Marktwirtschaft & Ökosoziales Forum 7 Klimawandel – Auswirkungen in der Gemeinde 10 Klimawandel in Zahlen 12 Klimawandelanpassung – Was ist das? Stephan Pernkopf 14 Klimawandelanpassung – Was bringt das? Präsident des Ökosozialen Forums 16 Klimawandelanpassung in 5 Schritten Hitze, Dürren, Wetterextreme, Überschwemmungen oder im- Durch die Anpassung an den Klimawandel bewältigen wir, was 18 Wärmehaushalt im Siedlungsraum mer wärmere Winter – der Klimawandel stellt jede Gemeinde sich nicht vermeiden lässt. Beides ist notwendig und lässt sich und Region vor die vielfältigsten Herausforderungen. Gleich- nicht gegenseitig ersetzen. 22 Klimafitter Innenraum zeitig haben Gemeinden und Regionen sehr viele Möglichkei- Die Werkzeuge, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, 26 Leben mit Naturgefahren ten, dem Klimawandel die Stirn zu bieten und so die Lebens- wie auch Gemeindemandatarinnen und Gemeindemandatare qualität für ihre Bewohnerinnen und Bewohner zu erhöhen. 30 Artenvielfalt erhalten dabei in Händen halten, sind so vielfältig wie die Herausforde- Ein weiterer Temperaturanstieg durch den vorangeschritte- rungen, die sich unseren Gemeinden stellen. Doch wir müssen 34 Ressourcen sichern nen Klimawandel ist nicht mehr zu vermeiden. Selbst wenn es das Rad nicht immer neu erfinden. Denn ähnliche Probleme uns gelingt unsere Treibhausgasemissionen zu stoppen. Des- verlangen oft nach ähnlichen Lösungen. Viele Projekte und In- 38 Impressum halb geht es nun nicht mehr ausschließlich darum, den Klima- itiativen anderer Gemeinden bieten sich daher zum Nachma- 39 Die ökosoziale Kompass-Reihe wandel aufzuhalten, sondern auch Maßnahmen umzusetzen, chen an. Einige davon werden in diesem Kompass vorgestellt. um uns an den Klimawandel anzupassen. Angefangen von der Wir haben es in der Hand, unsere Lebensgrundlage zu schüt- Errichtung kleinstrukturierter Rückhaltebecken über Fas- zen und die Lebensqualität unserer Gemeinden zu erhalten Mit Unterstützung vom sadenbegrünung bis hin zu Bewusstseinsbildung an Schulen und auszubauen. Mit gezielten Anpassungsmaßnahmen kön- reichen die Möglichkeiten. Wir haben sie in ganz Österreich nen wir ein Zuhause schaffen, in dem auch noch unsere Enkel- aufgespürt und in diesem Kompass für Sie zusammengefasst. kinder gerne und gut leben können. Durch Klimaschutz vermeiden wir, was sich nicht bewältigen lässt. Es zahlt sich aus! 3 2 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung
KOMMUNALE GEMEINSAM FÜR MEHR © Michael Schoeppl ANTWORTEN AUF DEN NATUR IN GEMEINDEN KLIMAWANDEL UND STÄDTEN © Matern Mag. Alfred Riedl Mag. Franz Maier Präsident des Österreichischen Gemeindebundes Präsident des Umweltdachverbandes Der Klimawandel betrifft alle Menschen, und zwar nicht nur in tremereignissen haben in diesem Kontext eine hohe Bedeutung. Wer sich an den Klimawandel anpasst, hat den Kampf gegen zudem die Verfügbarkeit von Wasser. Hier braucht es wirksa- weiter Ferne, sondern er betrifft uns alle in unserem unmittel- Verantwortungsbewusste Raumplanung, hitzetaugliches Bau- die Klimakrise bereits aufgegeben? Falsch! Selbstverständlich me Maßnahmen gegen Wasserverschwendung und gleichzei- baren Lebensbereich, in unserem Heim, in unserer Gemeinde. en, nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und die Förderung zählt der Stopp der globalen Überhitzung gemeinsam mit der tig Renaturierungsmaßnahmen, um die verlorengegangenen von Resilienz, das sind alles aktuelle Begriffe für eine lange Sicherung der Biodiversität zu den größten Aufgaben unserer Ökosystemleistungen der Gewässer wieder zu ermöglichen. Klimaschutz und die Anpassung an die neuen Herausforderun- geübte Tugend unserer Gemeinden. In der kleinen lokalen Ge- Epoche. Gleichzeitig haben uns die Folgen des Klimawandels Trinkwasserversorgung und Nahrungsmittelproduktion ist gen sind daher ein Thema der Lebensplanung und der Lebens- meinschaft nämlich wurde und wird Solidarität gelebt. Eine in Österreich längst erreicht – das Spektrum reicht von Über- jedenfalls Vorrang vor allen anderen Wassernutzungen einzu- perspektive für uns alle. Die Gemeinden sind in diesen Fragen Haltung, mit der im örtlichen Zusammenhalt lokale Antwor- schwemmungen über Ernteausfälle bis zu einer jährlich stei- räumen. Ziel muss es sein, Wasser wieder länger in der Land- nicht nur die ersten Ansprechpartner der Menschen vor Ort, ten auf globale Herausforderungen gefunden werden können. genden Zahl an Hitzetoten. Eine verantwortungsvolle Regio- schaft zu halten. Verbauten Bächen und Flüssen ist Raum zu- sie schaffen auch die Rahmenbedingungen für Beheimatung Antworten, die auch als Vorbild für Einzelmaßnahmen wirken. nalpolitik muss neben einer umfänglichen Klimaschutzpolitik rückzugeben, verrohrte Bäche und zerstörte Teiche müssen und Lebensorientierung. Sie können dort auch als Vorbild für daher auch spezifische Anpassungsmaßnahmen vornehmen. sukzessive wieder instandgesetzt werden. Mehr Natur im ver- Einzelmaßnahmen wirken. Mit Leistungen für mehr Stand- Die Beispiele in diesem Leitfaden machen deutlich, dass das bauten Gebiet ist die beste Klimawandelanpassungsmaßnah- Worum geht es dabei? Kurz gesagt um alle Maßnahmen, die ort- und Lebensqualität versuchen die Gemeinden nicht nur Handeln der Gemeinden angesichts des fortschreitenden Kli- me! In vielen Fällen steigern Klimawandelanpassungsmaßnah- (wieder) mehr Grün und Blau in die Dörfer und Städte (zurück) ein lebenswertes Zuhause zu schaffen, sondern auch das Ge- mawandels mehr denn je gefragt ist. Mit den kommunalen men unmittelbar die Lebensqualität und tragen gleichzeitig zur bringen. Mehr Grün kann heißen, im öffentlichen Raum neue fühl der Sicherheit bei ihren Bewohnern zu vermitteln. Die Tugenden wird eine erfolgreiche Politik für die Menschen ge- aktiven Reduktion von Treibhausgasen bei – auf diese Weise Parkareale und Grünflächen zu schaffen, an Straßen und öf- Gemeinden haben mit den unterschiedlichsten Instrumenten macht. Wenn diese vom gemeinschaftlichen Willen und von der leisten sie auch einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz. Der fentlichen Plätzen Bäume und Sträucher zu pflanzen, vor allem im hoheitlichen und im privatwirtschaftlichen Bereich ein Verantwortung der lokalen Gemeinschaft getragen sind, haben vorliegende Gemeindekompass zeigt, wie konkrete Maßnah- aber auch alte Bäume zu erhalten. Diese binden CO2, produzie- Gestaltungspotenzial, mit dem wirksame Maßnahmen zur Be- sie eine hohe Qualität in sich und erzielen auch die gewünschte men aussehen können. ren Sauerstoff und tragen spürbar zur Reduktion sommerlicher wältigung unvermeidbarer Folgen des Klimawandels gesetzt Beispielwirkung. Einer Bewusstseinsbildung auf diesem Gebiet Hitze bei. Ein Schlüsselfaktor in Zeiten des Klimawandels ist Bleiben Sie engagiert! werden können. Aber auch die Standards des Schutzes bei Ex– ist dieser Kompass gewidmet. 4 5
ÖKOSOZIALE ÖKOSOZIALES MARKTWIRTSCHAFT FORUM In den 1980er Jahren erkannte Josef Das Neue am Modell der Ökosozialen Das Ökosoziale Forum wurde 1992 als Riegler: Das Erfolgs-Konzept der Sozia- Marktwirtschaft bestand darin, für den eine von der Tagespolitik unabhängige len Marktwirtschaft muss um die Um- Umweltschutz vor allem die Dynamik des Plattform für die Weiterentwicklung der weltkomponente erweitert werden. Marktes zu nutzen, indem durch ökologi- ökosozialen Idee gegründet. Heute ist das Ökosoziale Forum ein Think-Tank, sche Kostenwahrheit, Verursacherprin- der sich für die Umsetzung des ökosozi- 1989 formulierte er eine neue gesell- zip und eine ökosoziale Steuerreform auf alen Wirtschafts- und Gesellschaftsmo- schaftspolitische Vision: die Ökosoziale dem Markt die richtigen Signale für eine dells in die praktische – österreichische Marktwirtschaft. Das Ziel von Ökoso- nachhaltige Entwicklung gegeben wer- und europäische – Politik einsetzt. zialer Marktwirtschaft ist eine Balance den. Wenn es der Politik gelingt, auf allen zwischen einer leistungsfähigen, wettbe- Ebenen dieses anspruchsvolle Ziel durch- Durch Ökosoziale Foren in den österrei- werbsstarken Marktwirtschaft, einer auf zusetzen, wird Umwelt- und Klimaschutz chischen Bundesländern, das Ökosozia- die Lebensverhältnisse auszurichtenden zum Selbstläufer. le Studierendenforum, das Ökosoziale SchülerInnenforum und Ökosoziale Fo- sozialen Gerechtigkeit und ökologischer ren in anderen europäischen Ländern Nachhaltigkeit, um auch künftigen Ge- Angesichts der aktuellen Herausforderun- wird die Idee in verschiedene Regionen nerationen lebenswerte Bedingungen zu gen ist eine Entwicklung, die Wirtschaft, und in unterschiedliche Altersgruppen sichern. Soziales und Umwelt gleichermaßen för- getragen. Wir laden alle Interessierten dert, notwendiger denn je. Eine ökosoziale ein, auch einen Beitrag zur Verwirkli- Entwicklung ist eine, die Arbeit schafft, die chung der ökosozialen Idee zu leisten. Wirtschaft stützt und die Umwelt schützt. © Shutterstock/sunny studio 6 7
KLIMAWANDEL – AUSWIRKUNGEN IN DER GEMEINDE Alle Bereiche betroffen. Die Auswirkungen der klimatischen Es wird heiß. Einfluss auf die Lebensqualität nimmt der Kli- Veränderungen sind in allen Höhenlagen, während aller Jah- mawandel im Besonderen auch durch das vermehrte Auf- reszeiten, im Osten und im Westen, im Süden und im Norden treten von Hitzewellen. Hotspots stellen dabei die Ortskerne Österreichs sowie in vielen Bereichen unseres alltäglichen Le- und Stadtgebiete dar. Von erhöhten Temperaturen betroffen bens spürbar. Sie stellen für jede Gemeinde eine ernstzuneh- sind aber nicht nur ältere oder schwächere Menschen. Auch mende Herausforderung dar. Ökologisch, sozial und auch öko- die Wirtschaft in den ländlichen sowie städtischen Gemein- nomisch – meist eng miteinander verknüpft. den leidet darunter. Vermehrte Hitzeperioden wurden bereits als bedeutende Ursache für den Verlust von Produktivität am Schadereignisse nehmen zu. Die Zahl der Umweltkatastro- Arbeitsplatz identifiziert. Das führt am Wirtschaftsstandort Kostbare Ressourcen. Durch Hitze- und Trockenperioden phen und Umweltschäden ist in den letzten Jahren aufgrund Österreich jährlich zu Verlusten in Millionenhöhe. sind Grünflächen im Gemeindegebiet betroffen. Das trifft Be- des Klimawandels erheblich gestiegen. Vermurungen, Stein- reiche wie Parkanlagen, Kinderspielplätze oder Badeseen, die schläge oder Waldbrände erreichen zudem vermehrt Gebie- Strom bleibt kostbar. Durch sommerliche Lastspitzen auf- nicht über das Überleben, doch aber über die Lebensqualität te, die bislang nicht oder kaum betroffen waren. Damit geht grund von Hitze- und Trockenperioden besteht die Gefahr, einer Gemeinde entscheiden. Betroffen sind aber auch land- nicht nur eine Bedrohung für die Bevölkerung in den Gemein- dass die österreichweit stark wasserbasierte Stromerzeugung wirtschaftliche Flächen, welche nicht ausreichend bewässert den einher. Auch der wirtschaftliche Schaden erreicht jähr- nicht gedeckt werden kann. Strom muss folglich importiert werden können, die Bevölkerung jedoch mit Lebensmitteln lich Summen im oberen dreistelligen Millionenbereich. Durch werden. Gemeinsam mit einer erhöhten Nachfrage mehrt sich versorgen müssen. Das häufigere Füllen von privaten Swim- hundertjährige Hochwasser beispielsweise ist aufgrund des dadurch allerdings die Gefahr kostspieliger Blackouts in Ge- mingpools oder die vermehrte Beregnung privater Rasenflä- Klimawandels künftig sogar mit Schadenswerten von bis zu meinden und Bundesländern. chen tragen ebenfalls zu einer höheren Wasserknappheit bei. sieben Milliarden Euro pro Ereignis zu rechnen. Tourismus verändert sich. Ein Anstieg in den Jahresdurch- Handlungen sind gefragt. Ob Wirtschaftstreibende in Indus- Heimische Arten haben es schwer. Der Klimawandel gilt als schnittstemperaturen wirkt sich zudem negativ auf den Tou- trie, Landwirtschaft und Tourismus oder Privathaushalte: Die eine der größten verursachenden Käfte in Bezug auf den Rück- rismusbereich aus. Es profitiert der Sommertourismus durch Folgen des Klimawandels sind oder werden also für alle spür- gang von Erholungsflächen und natürlichem Erosionsschutz. eine Wiederbelebung der Sommerfrische. Jedoch sind durch bar. EntscheidungsträgerInnen in den Gemeinden stehen vor Den Gemeinden wird die Rechnung dafür oft erst viel später die geringeren Niederschläge im Winterhalbjahr rückgängige der Herausforderung, aktiv gegen den Klimawandel vorzuge- präsentiert: Etwa in Form von Schäden an Straßen, verminder- Zahlen im Wintertourismus und daraus resultierend Schäden hen und gleichzeitig mit den Auswirkungen umgehen zu ler- ter Boden- und Luft- oder Lebensqualität. Qualitätseinbußen, in Millionenhöhe zu erwarten. nen. Dieser Kompass stellt eine Unterstützung für notwendige die sich nicht zuletzt wiederum finanziell oder im schlimms- Maßnahmen im Bereich der Klimawandelanpassung dar. ten Fall durch Abwanderung bemerkbar machen. © iStock/yokeetod 8 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung 9
40 35 WIE SICH DER KLIMAWANDEL 30 AUF UNSER LEBEN AUSWIRKT. KLIMAWANDEL IN ZAHLEN 2030 370 1200 20 25 25 20 2050 640 3000 20 15 15 0 500 DER MENSCH IM KLIMAWANDEL 1000 1500 2000 2500 15 3000 DIE WIRTSCHAFT IM KLIMAWANDEL 10 10 10 5 5 5 Derzeitige 0 und erwartete hitzebedingte 0 Todesfälle in Österreich BREGENZ LINZ 0 25 EISENSTADT 2,4 Mrd. Gesamte künftige ökonomische 2017 20 568 1. Drittel des 21. Jh. Schäden pro Jahr 20 15 35 2030 785 40 15 10 4,7 Mrd. 30 35 10 1820 30 25 2050 5 25 5 2. Drittel des 21. Jh. Die Europäerinnen und Europäer spüren schon heute 20 15 Quelle: CCCA, ARGES 20 die negativen Auswirkungen des Klimawandels. 10 0 0 500 1000 15 BREGENZ 10 15000 2000 LINZ Anzahl5der Hitzetage (>30°C) in Österreichs 5 Städten 0 0 INNSBRUCK 1961-1990 35 31 40 40 38 ≥ 90 % ≥ 80 % ≥ 70 % ≥ 60 % 1971-2000 30 1981-1986 35 30 35 1987-1992 25 30 2030 370 1200 25 25 1961-2010 20 16,6 15,9 Künftige jährliche Kosten in der Anteil der Befragten, die bereits 20 20 190 Mio. 11,4 12,8 2050 2017 640 15 3000 0 500 1000 10 1500 9 2000 10,4 2500 3000 15 15 Forstwirtschaft Klimawandelfolgen im Alltag Quelle: Umweltbundesamt 5 10 5 10 bemerken. 5 0 0 0 INNSBRUCK EISENSTADT 2017 568 2030 785 40 DIE UMWELT IM KLIMAWANDEL 2050 1820 35 30 170 Mio. Zusätzliche Investitionskosten in Wasserver- und -entsorgung bis 0 500 1000 1500 2000 2030 370 1200 25 Schadereignisse 1981-1986 2050 1993-1998 in Österreich 1987-1992 640 3000 20 1999-2004 2050 15 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 10 5 0 EISENSTADT 2017 568 Sturm 140 Mio. Künftiger jährlicher Schaden in 2030 785 Fertigung und Handel 35 1820 23 31 2050 Wasser 0 500 1000 1500 2000 Hitze 1981-1986 1993-1998 1987-1992 1999-2004 2011-2016 Quelle: Münchner 100 Mio. Jährliche Kosten durch den Ver- 2005-2010 Rückversicherung lust essenzieller Ökosystem- dienstleistungen Globaler Artenverlust seit 1500 18 Mio. Jährlicher Schaden an Straßen- infrastruktur 1993-1998 -2,4% -1,9% -1,7% -1,1% -0,9% Quelle: COIN, CCCA 1999-2004 2011-2016 2005-2010 Quelle: IPBES Icons: ©iconvectorstock Quelle: Europäische Investitionsbank 10 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung 11
KLIMAWANDELANPASSUNG – WAS IST DAS? Weitere Informationen Klimawandelanpassung bedeutet, die Folgen des Klima- Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel – zwei wandels auf Menschen und Natur zu reduzieren. Zuneh- Seiten der selben Medaille. Klimaschutz bedeutet den Aus- KLAR! – Klimawandel-Anpassungsmodellregionen mende Hitze und Trockenheit im Sommer, Wetterextreme wie stoß an Treibhausgasen zu reduzieren. Klimawandelanpas- Starkniederschlag und Hagel bzw. immer wärmere Winter: sung bedeutet die negativen Folgen des Klimawandels zu redu- Vom Klima- und Energiefonds und vom Bundesministe- Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschen und zieren. Beide Bereiche sind wesentliche Herausforderungen. rium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wurde das Leben in den österreichischen Gemeinden und Regionen das Förderprogramm Klimawandel-Anpassungsmodell- sind bereits heute spürbar. Der Klimawandel ist in aller Munde Heute entscheiden und für morgen vorsorgen. In Gemein- regionen (KLAR!) initiiert. In dem Förderprogramm er- und wird heiß diskutiert. Der vorliegende Kompass geht einen den, Städten und Regionen ist die Veränderung des Klimas halten die Regionen und Gemeinden finanzielle sowie in- haltliche Unterstützung für die Planung und Umsetzung Schritt weiter und zeigt auf, wie sich Gemeinden und Regionen für die Menschen direkt vor Ort spürbar. Hier ist es wich- der Anpassungsmaßnahmen. auf die Folgen des Klimawandels einstellen können. tig, durch Maßnahmen Verbesserungen zu schaffen. Diese Maßnahmen finden auf zahlreichen Ebenen statt: www.klar-anpassungsregionen.at Der Klimawandel trifft alle Lebensbereiche in der Gemeinde. Der Mensch ist von den Folgen des Klimawandels in allen Le- Graue Maßnahmen sind bauliche Maßnahmen wie zum bensbereichen betroffen. Die österreichische Strategie zur Beispiel Hangstabilisierungen, Rückhaltebecken, Hochwas- Strategien & Maßnahmenpläne zur Anpassung Anpassung an den Klimawandel zeigt in 14 Aktivitätsfeldern, serschutzbauten oder Versickerungsflächen. dass es keinen Lebensbereich gibt, der sich nicht durch den In den letzten Jahren sind zahlreiche internationale, na- tionale und regionale Strategie- und Maßnahmenpläne Klimawandel ändert. In 60 Handlungsempfehlungen der Stra- Bei grünen Maßnahmen liegt der Fokus auf dem Erhalt zur Anpassung an den Klimawandel verabschiedet wor- tegie werden Gemeinden als Schlüssel für eine erfolgreiche der natürlichen Funktionen der Natur. Beispiele sind die den, die einen umfassenden Überblick über das Themen- Umsetzung gesehen. Renaturierung von Flüssen, das Errichten von Dach- oder feld bieten. Fassadenbegrünungen oder das Pflanzen von Bäumen und Anpassung der Tier- und Pflanzenwelt. Die neuen Heraus- Alleen. www.klimawandelanpassung.at forderungen haben zwei Seiten: Viele, bei uns oft neue, Arten finden durch die immer wärmeren Temperaturen ideale Le- Informative Maßnahmen zielen auf Bewusstseinsbildung bensräume vor und verbreiten sich rasant. Andere Tiere und der Bevölkerung ab und sind zum Beispiel Seminare, Work- Pflanzen gehören zu den Verlierern, da sie sich nicht schnell shops oder Vorträge. genug an die neuen Bedingungen anpassen können. © Shutterstock/Evannovostro 12 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung
KLIMAWANDELANPASSUNG – Mehr Lebensqualität für alle – heute und morgen. Das ist das Credo der Ökosozialen Marktwirt- schaft. Bei Klimawandelanpassung geht es nicht nur ums Überleben, sondern darum wie man überlebt. WAS BRINGT DAS? Ein klimafitter Ortskern beschreibt es treffend: Durch Schaffung von schattigen Grün- und Wasserflächen fühlen sich die Menschen an heißen Tagen im Ortskern wohl. Das steigert die wirtschaftliche Produktivität und Attraktivität. Gleichzeitig stellt diese Form der Infrastruktur einen positiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz dar. Bewusst angepasst! Aber wie? Und warum? Beide Seiten der Medaille gewinnen! Anpassung kann nur gelingen, wenn man auf diese Fragen eine Antwort hat. Bereits vorbelastete oder Konkrete Anpassungsmaßnahmen gehen oft Hand in Hand mit einem Nutzen für den Klimaschutz. Bäume ältere Menschen leiden besonders unter der Hitze. Informationen, die sich in Hitzeschutzplänen finden, als Schattenspender binden etwa aktiv CO2 durch Photosynthese. Das gilt auch für die vermehrte Nutzung sind hier besonders relevant. Naturgefahren können alle treffen. Regionale und aktuelle Informationen von regionalem Holz als Baustoff, denn im Holz ist CO2 langfristig gebunden. Maßnahmen wie die Instal- können im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden. Die junge Generation wächst im Klimawandel auf. lation von Photovoltaik reduzieren den CO2-Ausstoß der Region. Die Forcierung von E-Mobilität, Fahrrad Daher fokussieren sich zahlreiche informative Maßnahmen zur Anpassung auf Schulen und Kindergärten. und Gehwegen verringern die Schadstoffemissionen und dadurch den Hitzeinseleffekt, gleichzeitig wird ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Heute planen – morgen sicher! Eine wirtschaftlich starke Gemeinde! Der Klimawandel ist längst zur regionalen Sicherheitsfrage geworden. Ob BürgerInnen, Bausubstanz, Land- Maßnahmen zur Klimawandelanpassung stärken den Wirtschaftsstandort und halten Arbeitsplätze in der wirtschaft, Energienetze oder Tourismus- und Verkehrsinfrastruktur – zahlreiche Maßnahmen tragen Region. Wird die Energie direkt in der Region produziert, stärkt das die regionale Wirtschaft. Voraus- dazu bei, die Widerstandsfähigkeit der Gemeinde zu erhöhen. Hochwassermanagement, Murenschutz, die schauende Planung und Überprüfung der Verkehrs- sowie Tourismusinfrastruktur unterstützt reibungs- Sicherung der Trinkwasserversorgung, Waldbrandfrühwarnsysteme oder die Errichtung von Versicke- lose wirtschaftliche und gewinnbringende Tätigkeiten. Ein klimafitter Ortskern, in dem man sich durch rungsfähigen Straßenelementen sind nur wenige Beispiele, welche mehr Sicherheit in die Region bringen. Naherholungsangebote wohlfühlen kann, fördert die Produktivität und stärkt die örtliche Wirtschaft. Die Gesundheit der Menschen ist das kostbarste Gut! Direkt oder indirekt stellen alle Anpassungsmaßnahmen die Gesundheit der Menschen an oberste Stelle. Das regionale Ökosystem blüht auf! Durch natürliche Beschattung mit Bäumen, die Forcierung von Belüftungsbahnen und Trinkwasserstellen Zahlreiche Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel leisten einen Beitrag zum Umweltschutz. im Siedlungsraum, Fassadenbegrünung oder die vermehrte Nutzung von Holz als Baustoff werden beson- Rückhaltebecken fördern die Biodiversität, da das Wasser dort länger gehalten und damit ein Zuhause für ders belastende Hitzeinseln vermieden. Diese und weitere Maßnahmen steigern das individuelle Wohlbe- Tiere und Pflanzen geschaffen wird. Grün- und Wasserflächen als Hitzeschutz oder Hecken zur Verringe- finden an heißen Tagen und beugen Krankheits- und Todesfällen vor. rung der Sturmexposition haben denselben Effekt. Aktives Management und die Bekämpfung von (neuen) Schädlingsgefahren schützen die heimische Artenvielfalt. Klimafitte Wälder bestehen oftmals aus Misch- kulturen und erhöhen dadurch direkt die Artenvielfalt. 14 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung 15
KLIMAWANDELANPASSUNG ... ... IN 5 SCHRITTEN Finanzierung sicherstellen Wer soll das bezahlen? Investitionen, die jetzt getätigt werden, federn höhere Kosten aufgrund von zukünftigen Schäden ab. Glück- licherweise hat die Öffentlichkeit den Bedarf für Klimawandelanpassung in den Gemeinden erkannt. Es gibt daher zahlreiche Förderstellen und Projekte wie das Projekt KLAR!. Gemeinsam planen & Unterstützung einholen Volle Akzeptanz für die Maßnahme! Es kann sehr hilfreich sein, die Ideen und Prioritäten mit BürgerInnen und Exper- tInnen zu diskutieren, damit die Maßnah- me in der Umsetzungsphase auf Zuspruch stößt. In einigen Fällen ist es besonders effizient, die Anpassung in bestehende Politikinstrumente wie den Flächenwid- mungsplan oder Einsatzpläne mit einzubeziehen. Konkrete Maßnahmen umsetzen Vom Reden ins Tun kommen. Die wirkliche An- passung geschieht in diesem Schritt. Die Einbindung Ideen sammeln & der gesamten Bevölkerung – beispielsweise durch gemeinsame Pflanzaktionen – stärkt Zusammenhalt Prioritäten setzen und das Bewusstsein in der Gemeinde. Regelmäßi- Risiken erkennen & Abschauen erlaubt! Es gibt bereits einige Ge- ge Messung des Erfolgs und Monitoring sichern die inhaltliches Fundament schaffen nachhaltige Anpassung an den Klimawandel ab. meinden und Regionen, die konkrete Anpas- Was kommt auf uns zu? Welche konkreten Auswirkungen sungsmaßnahmen umgesetzt haben. Voneinan- des Klimawandels sind für meine Gemeinde zu erwarten? Wie der zu lernen und einen Blick auf Bestehendes geht meine Gemeinde aktuell mit diesen Themenfeldern um? zu wagen gibt Denkanstöße und Inspiration. Der Schlüssel für eine erfolgreiche erste Phase ist bereits hier, KollegInnen und MitstreiterInnen zu gewinnen und diese von Anfang an ins Boot zu holen. 16 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung © VoodooDot, Vanessa Erhardt ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung 17
SO KANN`S GEHEN: WÄRMEHAUSHALT IM SIEDLUNGSRAUM COOLE MASSNAHMEN AN HITZE-TAGEN Wien Es wird heiß. Die Zahl der Hitzetage und Tropennächte in Raffinesse gefragt. Etwa wenn es um die Verbindung und Ver- Im Zuge des Klimawandels nimmt vor chen Sprühnebelanlagen installiert. Österreichs Gemeinden und Städten nimmt rasant zu. Von netzung der bestehenden Kaltluftproduktionsflächen geht, allem im städtischen Bereich die Zahl In Intervallschaltungen kühlen sie den 20 wärmsten Sommern der Messgeschichte fanden zwölf um die innerstädtische Durchlüftung zu fördern. Versiegelte, der Hitzetage mehr und mehr zu. Ge- die Umgebung – und die zahlreichen seit dem Jahr 2000 statt. In sogenannten Hitzeinseln verstärkt unbegrünte Flächen erhöhen das Wärmepotenzial im Sied- sundheitliche Belastungen sind dabei PassantInnen. Auf besonders heißen vorprogrammiert. Im wahrsten Sinne Plätzen wie dem Schwarzenbergplatz sich dieser Effekt. Diese werden durch eine besonders dich- lungsraum. Wo es möglich ist, kann Entsiegelung – die Frei- des Wortes cool finden daher viele den oder dem Praterstern waren überdies te Bebauung, Flächenversiegelung, rasche Verdunstung und machung von versiegelten Flächen – einen positiven Beitrag Wiener „Sommerspritzer“ – eine Er- Spritzschläuche im Einsatz. Mit einem fehlende Beschattung sowie ein hohes Verkehrsaufkommen zur Kühlung durch Verdunstung und reduzierte Aufnahme findung von Wiener Wasser, um Hit- 12 m² großen Wasservorhang wurde begünstigt. Extreme Hitze ist begleitet von einem hohen Ri- von Wärme leisten. In Kombination mit der Errichtung und ze-Hotspots in der Stadt zu entschär- der Karlsplatz schließlich sogar zum siko für die Gesundheit. Auch der Wasser- und Pflegebedarf in Sicherstellung von blauer Infrastruktur – beispielsweise von fen. Dabei handelt es sich um höchst „Karlsplatsch“. Frei- und Grünräumen sowie der Bedarf an Trink- und Kühl- stillen und fließenden Wasserstellen wie Springbrunnen oder wirksame und bereits über die Stadt- wasser steigt. Die Verkehrsinfrastruktur wird ebenfalls auf die Teichen – sowie Maßnahmen zur Trinkwasserbereitstellung grenzen hinaus sehr beliebte Sprüh- Für innere Kühlung sorgt an Hitze- Probe gestellt: Materialschäden an Infrastruktur in Form von und der Schaffung ausreichender Sitzmöglichkeiten entsteht duschen, die auf Hydranten montiert tagen zudem die „Fahrbar“ mit ihrem werden. Mit 34 feinen Düsen kühlen eiskalten Hochquellwasser. Und neben Straßenaufweichungen oder Schienenverformungen sowie die gleichzeitig eine lebenswerte Siedlung mit positiver Naherho- sie ihre Umgebung. 2019 wurden die- den 1.000 fixen Trinkbrunnen in der Zunahme von Ausfällen elektronischer Anlagen aufgrund von lungswirkung. se „Sommerspritzer“ erstmals an fünf Stadt sind auch 25 mobile, 3 m große Überhitzung sind die Folge. Plätzen montiert – und 2020 werden Trinkbrunnen im Einsatz. Sie kühlen In Zeiten des voranschreitenden Klimawandels ist es von gro- sie bereits weiter ausgebaut. aber nicht nur von innen, sondern Grüne & blaue Infrastruktur verhindern Hitzeinseln. Ein ßer Bedeutung, beim Aufbau von grüner Infrastruktur auch sorgen mit einer integrierten Nebel- starker Hebel für eine klimafitte Siedlung ist der Aufbau grü- auf eine klimafitte Artenwahl Rücksicht zu nehmen. Stadt- Darüber hinaus werden in Wien seit dusche ebenfalls für eine Kühlung von bäume weisen etwa eine durchaus unterschiedliche „Klimafit- 2019 viele weitere Maßnahmen ge- außen. ner und blauer Infrastruktur. Erstere bezieht sich auf Maßnah- ness“ auf und trotzen den zunehmend extremen Bedingungen setzt, um sommerliche Temperatur- men zur Begrünung – wie die Pflanzung und Pflege von schat- spitzen zu kappen: Von den Wiener Nähere Informationen unter: tenspendenden Stadtbäumen, Sträuchern, Blumenwiesen und nicht gleich gut. Bestimmte Ahorn- und Lindenarten sowie Stadtgärtnern wurden etwa an 50 Flä- www.wien.gv.at/umwelt/cooleswien Staudenbeeten oder die Fassaden- und Dachbegrünung. In be- Rosskastanien leiden zum Beispiel unter der großen Hitze. sonders idealen Lagen kann die Lufttemperatur der Umgebung Schneeball- und Feldahorn sowie Ulmen sind gegen die neuen „Wir kämpfen mit verschiedenen Maßnahmen gegen klimawan- © PID/ Votava damit um bis zu 13°C gesenkt werden. Daher werden diese Flä- Rahmenbedingungen jedoch besser gewappnet. Zu den stand- delbedingte Hitzeinseln in unserer Stadt. Diese Hitzeinseln ma- ortabhängigen Kriterien in der Baumauswahl zählen unter an- chen vor allem Kranken und Älteren in dichtverbauten Gebieten chen auch „Kaltluftproduktionsflächen“ genannt. Diese Grün- zu schaffen. Wir haben diesen Sommer in allen Bezirken cooling- flächen vermindern aber nicht nur die Temperatur, sondern derem Trockenstresstoleranz, Frosthärte, Standortansprüche Maßnahmen gesetzt, um unsere Stadt auch an Hitzetagen für alle verbessern auch die Luftqualität, da Staub und CO2 gebunden sowie Krankheits- und Schädlingsanfälligkeit. attraktiv zu gestalten. Aber Klimawandelanpassungsmaßnahmen werden. In einigen Fällen ist besonders hohe raumplanerische sind nicht genug: Mit großflächigen Begrünungen an Fassaden, Baumpflanzungen, neuen Parks und dem Ausbau der Öffis intensi- vieren wir auch ständig unsere Klimaschutzmaßnahmen.“ © Topf/MA 31 18 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung Ulli S–ima ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS Ein, SLeitfaden tadträtin für Umwelt und Wiener Stadtwerke für Klimawandelanpassung 19
Diese sollten in der Planung der Begrünungsmaßnahmen Bei kritischen und wichtigen Einrichtungen der Gemeinde unbedingt berücksichtigt werden, damit die Pflanzen auch stellen autarke Lösungen und die Abkopplungsmöglichkeit langfristig ihr volles Potenzial entfalten können. vom öffentlichen Netz weitere mögliche Maßnahmen dar. Auch drinnen kann es schön sein. Eine weitere Maßnah- Gebaut für die Ewigkeit. Infrastruktur weist eine sehr lange me in Bezug auf ein Leben mit der Hitze ist die Schaffung Lebensdauer auf. Daher ist es sehr wichtig, die Anpassung an MIT KINDERN KLIMASCHUTZ IN von attraktiven Aktivitäten innerhalb von Gebäuden wäh- den Klimawandel bereits in aktuell geplante Bauprojekte mit DER GEMEINDE VERWURZELN rend der Hitzestunden. Auch die Bereitstellung relevanter einzubeziehen. Denn es ist wesentlich günstiger, schon heute Steiermark, Naturpark Pöllauer Tal Informationen zum Verhalten in Zeiten von großer Hitze konkrete Maßnahmen bei der Planung zu berücksichtigen als hilft BewohnerInnen sowie TouristInnen, mit dem Klima- diese später in bereits bestehende Infrastruktur zu integrieren. Die KLAR!-Region Naturpark Pöllauer So soll Klima- und Naturschutz für wandel umzugehen. Tal hat mit GemeindevertreterInnen, Klein und Groß begreifbar, sichtbar PlanerInnen und PädagogInnen ein und sogar schmeckbar werden. Dieses Weitere Informationen Konzept zur Neugestaltung der Außen- Projekt stellt eines von vielen Klima- Hitzetaugliche Infrastruktur. Im Bereich der Verkehrs- anlagen von Volksschule und Kinder- schutz-Projekten der Naturpark-Ge- und Energieinfrastruktur ist ein Klimacheck der Infrastruk- Schutz vor der Hitze in der Steiermark garten Pöllauberg ausgearbeitet. Dabei meinden Pöllau und Pöllauberg dar. tur sehr hilfreich. So kann festgestellt werden, welche Ver- In der Steiermark wurde ein Hitzeschutzplan erarbei- wurde auf die natürliche Beschattung Es werden zudem die Bereiche des sorgungsnetze dem Klimawandel standhalten und welche tet und auch ein Hitzewarnsystem eingeführt. Im Hit- mit Bäumen besonderer Wert ge- Hochwasserschutzes, die Wasserver- noch klimafit gemacht werden müssen. Bei Anlagen, welche zeschutzplan finden sich Informationen und Weblinks legt: Einerseits um den Kindern einen sorgung, Möglichkeiten zur klimafit- die Gemeinde oder der Gemeindeverbund nicht selbst be- zum Thema Hitze, den damit einhergehenden gesund- Schattenplatz zu bieten, anderseits um ten Bauweise und der Schutz unserer heitlichen Belastungen sowie zu geeigneten Akutmaß- den zunehmenden Kühlbedarf in den Artenvielfalt behandelt. treibt, kann dies in Kooperation mit den NetzbetreiberInnen nahmen bei Hitzewellen, Tropentagen und -nächten. Gebäuden zu senken. geschehen. Häufig zeigt der Check, dass besonders Wasser- Auch mit den umliegenden Gemeinden kraft- oder Biomasseanlagen durch langanhaltende Hitze Bei einer gemeinsamen Pflanzaktion herrscht diesbezüglich ein reger Aus- oder gar Dürre ein eingeschränktes Produktionspotenzial www.gesundheit.steiermark.at mit allen Kindern als Klimaschützer- tausch. Denn die vorausschauende An- aufweisen. Die Schaffung und Sicherstellung von grüner Innen von morgen, Gemeindevertre- passung an den Klimawandel birgt in Strategie für den Umgang mit der Hitze in Wien und blauer Infrastruktur ist nicht nur im Siedlungsgebiet, terInnen, dem Imkereiverein und den der gesamten Region Chancen für die Der „Urban Heat Island“-Strategieplan der Stadt Wien be- sondern auch hierfür oder für die gefährdete Verkehrs- Naturpark-PartnerInnen wurden aber Bevölkerung, den Tourismus und die schreibt detailliert unterschiedliche Möglichkeiten, die infrastruktur eine wirksame Anpassungsmaßnahme. Um nicht nur die schattenspendenden Forst- und Landwirtschaft. städtischen Hitzeinseln abzukühlen. Er beinhaltet genaue Bäume bei allen Volksschulen im Na- sich vor Gefahren, die von der Hitze und anderen Klimaein- Informationen über die Wirksamkeit einzelner Maßnah- turpark Pöllauer Tal gepflanzt. Auch Nähere Informationen unter: flüssen ausgehen, bestmöglich zu schützen und die Wider- men, mögliche Hürden bei ihrer Umsetzung sowie den www.klima-naturpark-poellauertal.at eine Naschhecke und eine regionstypi- standsfähigkeit zu erhöhen, gelten die Diversifizierung von damit einhergehenden zu erwartenden Aufwand. sche Blühfläche wurden angelegt. Energiequellen und die Forcierung von Smart-Grids, wel- www.wien.gv.at/umweltschutz/raum/uhi-strategieplan.html che auf Angebots- und Nachfrageschwankungen eingehen, © Allmer als mögliche Lösungen. „Bäume zu pflanzen ist ein Erlebnis für die Kinder und die Bäume verschönern nachhaltig die Umgebung rund um das Schulgebäu- de. Die Kinder können außerdem ihren selbst gepflanzten Bäumen beim Wachsen zusehen, auf ihnen klettern und Früchte ernten. Und ganz nebenbei die Folgen des Klimawandels mildern.“ Victoria Allmer, Modellregionsmanagerin © KLAR! Naturpark Pöllauer Tal 20 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung 21
SO KANN`S GEHEN: KLIMAFITTER INNENRAUM DACH- UND FASSADENBEGRÜNUNG DES RATHAUSES Weiz, Steiermark Aufgrund der Gemeindezusammenle- ihr volles Potenzial entfaltet. Und im gung Weiz und Krottendorf wurde 2017 Sommer wie im Winter Isolierung, das Rathaus wegen Platzmangels er- Schadstoff- und Staubbindung für ihre Schnee. Wasser. Hitze. Wind. Der Druck auf den Wohnraum Anlagen können Kosten gespart werden. Im Bereich der Raum- weitert. Und auch Raum für rund 3.200 Umgebung erledigen kann. Um Was- wird durch den Klimawandel größer. Aufgrund steigender kühlung selbst kann man mittlerweile zwischen zahlreichen Pflanzen geschaffen, die als Gebäudebe- serschäden an der darunterliegenden Durchschnittstemperaturen ergibt sich im Innenraum eine nachhaltigen Strategien wählen. Diese umfassen etwa die klas- grünung für ein angenehmes Arbeits- Fassade vorzubeugen, wurde der ge- besonders belastende Situation. Folglich ist auf jeden Fall mit sische Wärmedämmung, die im Sommer kühlt und im Winter klima sorgen. Durch die isolierende samte Bau in Massivbeton angelegt. einer Erhöhung des Kühlbedarfs im Sommer zu rechnen. Die wärmt, sowie die passive und die aktive Kühlung mit nachhal- Wirkung sollen so die Räume energie- Hitze kann sich zudem negativ auf die Bausubstanz auswirken. tigen Technologien und Bauteilaktivierung. Auch die Anwen- sparender gekühlt oder geheizt werden Die neue Fassade des Rathauses ist Weitere Schäden sind durch vermehrtes Auftreten von Nass- dung von Fernkälte, solarer Kühlung, Lüftungskühlung über können. Dabei wurden verschiedenste nicht nur schön anzusehen, sie ist auch schnee und damit verbundenen Schneelasten zu erwarten. das Erdreich oder geothermischer Kühlung sind ökologisch Formen der Begrünung gewählt, um ökologisch sinnvoll und dient der Ge- die Vielfalt mit all ihren unterschied- meinde als Leuchtturmprojekt, um die Ebenfalls ihren Beitrag leisten Extremereignisse wie Hagel, sinnvolle Alternativen zu einem herkömmlichen Klimagerät. lichen Nutzungsmöglichkeiten aufzu- Bürgerinnen und Bürger zum Nach- Starkregen oder Sturm. Nicht zuletzt Pflanzen und natürliche Materialien wie Elemen- zeigen. So installierte man einerseits bauen anzuregen. Vor allem aber soll te aus Holz haben nicht nur an der Fassade, sondern auch im eine Dachbegrünung in Form von Hän- sie als „natürliche“ Klimaanlage die Die Gemeinde geht mit gutem Beispiel voran. In der Sanie- Innenraum einen positiven Effekt auf das Raumklima. gepflanzen. Andererseits wurden eineFolgen der zunehmenden baulichen rung und im Neubau von öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Fassadenbegrünung mit Metallkons- Verdichtung und des Klimawandels Kindergärten oder dem Gemeindeamt bestehen viele Mög- Neben der Hitze von außen sollten jedoch auch Hitzequellen truktionen für Kletterpflanzen und vermindern. Sie ist damit auch Teil im Raum identifiziert werden. Schleichende Wärmeeinträge eine fassadengebundene Begrünung des „Nachhaltigen Klimawandel- und lichkeiten zur Gestaltung eines klimafitten und lebenswerten durch Beleuchtung oder EDV-Systeme sollten etwa möglichst angelegt. Letztere wird durch Tröpf-Klimawandelanpassungsplans“. Dar- Innenraums. Wo wird das Gebäude errichtet? Wie ist es aus- chenbewässerung mit Wasser ver- in werden die wesentlichen geplanten gerichtet? Welche Form hat es? Und welcher Baustoff wird vermieden werden. Als Maßnahmen des Objektschutzes in sorgt. Umwelt- und Klimaschutz-Maßnahmen verwendet? All diese Faktoren haben erheblichen Einfluss auf Bezug auf Extremwetterereignisse können standhafte und ha- der Gemeinde beschrieben und eine Ba- den Heiz- und Kühlbedarf und in Folge auf die Energiekosten. gelresistente Baumaterialen verwendet werden. Dreifachver- Besonderes Augenmerk bei der Aus- sis dafür gebildet, wie die Stadt optimal Dies trifft auch auf Bauwerksbegrünungen zu. Sie haben so- glasung und Sturmsicherheit bei Fenstern sind weitere Mög- wahl der Pflanzen wurde dabei auf und zukunftsorientiert handeln kann. wohl eine kühlende Funktion im Sommer als auch wärmen- lichkeiten, wie den Auswirkungen des Klimawandels begegnet dauergrüne Rankpflanzen gelegt, da- Nähere Informationen unter: de Eigenschaften im Winter. Damit wirken sie auf natürliche werden kann. mit die Begrünung auch im Winter www.weiz.at Weise temperaturregulierend. Auf ein grünes Dach oder eine „Für die Stadt Weiz stehen Themen wie Nachhaltigkeit, energieeffi- © Stadtgemeinde Weiz grüne Wand können zudem ohne Einschränkungen Solar- und zientes Handeln sowie Klima- und Umweltschutz schon seit langem Photovoltaikanlagen errichtet werden. Auch dank derartiger im Mittelpunkt des Wirkens. Als langjähriges Mitglied im Klima- bündnis sowie im Konvent der Bürgermeister können die Menschen unserer Stadt sicher sein, dass wir hier bei uns, hier in unserem Ver- antwortungsbereich, alles daran setzen, die Klimaschutzziele zu er- reichen und eine Energiewende einzuleiten. Erwin Eggenreich, Bürgermeister Weiz © Stadtgemeinde Weiz 22 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung 23
Raumplanerische Maßnahmen und Förderungen. Die im vorigen Kapitel genannten Maßnahmen rund um den Wär- Weitere Informationen FRÜH ÜBT SICH: mehaushalt im Siedlungsraum haben auch einen kühlenden REGIONAL ANGEPASSTE VOLKSSCHULE Effekt auf Gebäude. Hierbei spielt die Bebauungsplanung eine Ratgeber: Schutz vor Hitze in Haus und Wohnung Hallwang bei Salzburg zentrale Rolle – mit planerischen Vorgaben etwa kann das Kli- In der Broschüre der niederösterreichischen Energie- ma zahlreicher Gebäude positiv beeinflusst werden. Konkrete und Umweltagentur finden Sie zahlreiche Informa- Der Klimawandel ist mittlerweile auch Eigenschaften des Betons mit jenen Beispiele hierfür sind die vorgeschriebene Beschattung von tionen zum richtigen Umgang mit der Hitze in Haus, in Hallwang sichtbar und spürbar ge- des Baustoffes Holz optimal kombi- südseitigen Flächen, insbesondere der Fenster, oder die an die Wohn- und Arbeitsraum. worden. Die Gemeinde hat rasch er- niert. Die Beheizung der Schule erfolgt kannt, dass es höchst an der Zeit ist, außerdem vollständig durch die Son- Sonneneinstrahlung ideal angepasste Ausrichtung der Dach- www.energieberatung-noe.at im eigenen Wirkungskreis gegen den ne: Eine großflächige Solaranlage mit firste. Eine dichte Bauweise, bei der sich Häuser gegenseitig Klimawandel vorzugehen und sich rund 300 m² liefert das ganze Jahr über Schatten spenden, ist eine weitere Option zur Kühlung. Neben gleichzeitig anzupassen. Wärme in den Betonspeicher. Kompetenzstelle für Bauwerksbegrünung Bauvorgaben können aber auch Förderungen gezielt zum kli- Ob Dach-, Fassaden- oder Innenraumbegrünung: Die maschonenderen Bauen anregen: So kann etwa die Dach- und Plattform „GRÜNSTATTGRAU“ liefert interessierten Le- Mit dem Bau eines vollsolaren Plus- Dieses innovative Konzept der „Bau- Fassadenbegrünung nach der begrünten Fläche oder die Ver- serInnen einen umfassenden Überblick zur Bauwerks- energiehauses als Kulturzentrum hat teilaktivierung“ schafft damit auch wendung nachhaltiger Baustoffe bezuschusst werden. begrünung mitsamt Erfahrungsberichten, technischen sie schon vor zehn Jahren den Grund- im Winter angenehme Raumtempe- Merkblättern und Richtpreisen sowie Beratungsstellen. stein dafür gelegt. Mit dem Neubau der raturen. Nicht in Beton-, sondern in Volksschule hat sie nun einen weiteren Holzmassivbauweise wurden hingegen Bewusstseinsbildung als Hebel. Ein weiterer Bereich, in dem Schritt in Richtung ökosoziale Ener- sämtliche Klassenräume ausgebildet. www.gruenstattgrau.at die Gemeinde tätig werden kann, ist die aktive Information giewende gemacht. Die Gemeinde hat Durch die Verwendung von Holz wird der BewohnerInnen. Ein besonderes Augenmerk sollte da- Faktencheck Nachhaltiges Bauen sich nämlich nicht nur dazu entschie- aber nicht bloß ein heimeliges Raum- bei auf jene Personen gelegt werden, denen ein Neubau oder Hohe Energiestandards verhindern leistbares Bauen? den, die neuesten Technologien und klima geschaffen. Ganz nebenbei wer- eine Sanierung bevorsteht. Welche Auswirkungen des Klima- Der Klima- und Energiefonds räumt in dieser Publikati- pädagogischen Konzepte einfließen zu den auch die Konzentration und die wandels treffen die Gemeinde besonders? Welchem Risiko ist on mit den unterschiedlichsten Mythen rund um nach- lassen, sondern auch heimische, nach- Lernfähigkeit der Kinder gefördert. haltiges Bauen auf. Dadurch entsteht eine Sammlung haltige und nachwachsende Baustoffe das betreffende Gebäude ausgesetzt? Was kann ich dagegen von Zahlen und Fakten, die in der Planungsphase und in zu verwenden. Die neue Volksschule Nähere Informationen unter: unternehmen? Gibt es Förderungen? Durch Vorabinformation Hallwang wurde als Hybridbau ver- www.hallwang.at künftiger BauherrInnen in der Gemeinde können viele Baufeh- Bauverhandlungen hilfreich sein können. wirklicht. Dabei wurden die positiven ler in Hinblick auf den Klimawandel vermieden werden. Hier www.faktencheck-energiewende.at empfiehlt es sich außerdem, Versicherungen mit ins Boot zu „Uns ist wichtig, dass für die Kinder Klimaschutz selbstver- © Ebner holen, da diese auf einen reichen Erfahrungsschatz zurück- ständlich und alltäglich wird. Dass die Schule nachhaltig greifen können. gebaut wird, stand für uns daher außer Frage – denn dort verbringen sie ja einen Großteil ihrer Zeit. Der Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit, den wir für das umwelt- freundliche Gesamtkonzept bekommen haben, hat uns in un- serem Vorhaben bestätigt. Die Freude der Kinder beim Lernen in der neuen Schule ist für mich aber die schönste Bestätigung für dieses gelungene Projekt!“ Johannes Ebner, Bürgermeister Hallwang bei Salzburg © Albrecht Schnabel 24 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung 25
SO KANN`S GEHEN: LEBEN MIT NATURGEFAHREN VORBEUGUNG IST DER BESTE SCHUTZ Wir wissen nicht, was kommt. Der Klimawandel bringt ein Die Gemeinde: ein Ort der Sicherheit. Den Entscheidungs- Vorderwald-Egg, Vorarlberg hohes Maß an Unsicherheit mit sich. Starkregenereignisse, trägerInnen steht in diesem Themenfeld ein großer Hand- Eine ohnedies für Rutschungen anfäl- Lawinenverbauung geplant. In die- Hochwasser-, Überschwemmungs- und Waldbrandgefahr, lungsspielraum offen. Beispiele sind die Durchführung von lige Geologie und zunehmend größere sem Rahmen haben bereits zwei Bege- Massenbewegungen, Steinschläge, Lawinen und Stürme wer- Risikoanalysen für das Gemeindegebiet, die Aktualisierung Niederschlagsmengen: Diese regiona- hungen in insgesamt drei Gemeinden den Österreichs Gemeinden weiterhin und noch intensiver be- und Pflege von Gefahrenzonen- und Flächenwidmungsplänen len Faktoren tun ihr Übriges dazu, dass stattgefunden. Teilgenommen haben gleiten. Weitere Gefahren, die auf uns zukommen werden, sind oder Instandhaltungs- und Kontrolltätigkeiten bei bereits be- bei zunehmend heftigeren oder länger neben politischen Entscheidungsträ- Schäden an Bausubstanz und Infrastruktur sowie Ausfälle in stehenden Anpassungsmaßnahmen. Ein besonderes Augen- anhaltenden Niederschlägen Hänge gerInnen auch GrundeigentümerIn- Land- und Forst- und Wasserwirtschaft. Die wirtschaftlichen merk sollte dabei auf der Sicherung von kritischer Infrastruk- ins Rutschen kommen und Bäche mit nen, BauhofmitarbeiterInnen und Feu- Geschiebe über ihre Ufer treten. erwehrkommandantInnen. und sozialen Auswirkungen dieser Ereignisse sind bereits heu- tur liegen, wie sie beispielsweise im Gesundheitsbereich, der te spürbar und haben sich in den vergangenen Jahrzehnten Energieversorgung oder im Verkehrssystem zu finden ist. Zu- Ein gezieltes Schutzwald- und Wild- Um alle Betroffenen zu erreichen, wur- merkbar erhöht. sätzlich kommt bewusstseinsbildenden und über bestehende bachmanagement kann Abhilfe ver- de zudem ein „Merkblatt für Grund- Naturgefahren informierenden Maßnahmen für BewohnerIn- schaffen. Schutzwälder müssen so eigentümerInnen und Gemeinde-Ver- Heute für morgen vorsorgen. All das deutet auf die Not- nen und auch für nicht ortskundige Personen eine hohe Be- bewirtschaftet werden, dass sie ihre antwortliche“ erstellt und über die wendigkeit einer aktiven Anwendung und Stärkung des Vor- deutung zu. Funktionstüchtigkeit behalten. Ver- Gemeinden verteilt. Unter dem Motto sorgeprinzips in raumplanerischen Entscheidungen hin. klausungsfähiges Holz muss aus Wild- „Prävention ist der beste Schutz“ sol- bächen entfernt werden. Im Bereich len durch diese Maßnahmen Schäden Entscheidungen in Bezug auf Naturgefahren und Katastro- Fokus: Hochwasser und Überschwemmung. Hierbei spielt der Wildbäche sind die Gemeinden durch Katastrophenereignisse verhin- phenmanagement dürfen dabei aufgrund der erhöhten Un- die Raumplanung eine besonders große Rolle. Ein Beispiel für jährliche Begehungen zuständig dert oder die Kosten für Räumungs- sicherheit nicht ausschließlich auf Erfahrungen der Vergan- dafür ist die Ausweisung neuer Gefährdungszonen durch und zur Räumung von Bachläufen ver- und Sanierungskosten zumindest re- genheit gründen. So sollten auch aktuelle Entwicklungen und Rückwidmung von Bauland. Zusätzlich sollten jene Flächen pflichtet. duziert werden. Prognosen in die Raumplanung einfließen, wodurch großen langfristig gesichert werden, die für Schutzmaßnahmen wie Schadereignissen effektiv vorgebeugt werden soll. Rückhalteflächen, Wildbachverbauungen, Hochwasserdämme Die Umsetzung dieser Präventions- Nähere Informationen unter: maßnahmen wurden in der Region www.would2050.at oder Versickerungsflächen in Frage kommen. Die Sicherung gemeinsam mit der Wildbach- und von großräumigen Retentionsflächen in Zusammenarbeit mit mehreren Gemeinden ist dabei ebenso notwendig wie die Kon- „Die Prävention ist einerseits notwendig, um mit den vorhande- © Katharina Loacker trolle der Tragfähigkeit des innerörtlichen Kanalsystems. nen Ressourcen in der Gemeinde (Geldmittel, Personal) das Aus- langen zu finden. Andererseits ist sie auch volkswirtschaftlich sinnvoll, um noch viel teurere Sanierungsmaßnahmen infolge von Naturkatastrophen zu verhindern.“ Dorothee Glöckle, KLAR!-Managerin für die Region Vorderwald-Egg © Wildbach- und Lawinenverbauung, 26 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung 27 Gebietsbauleitung Bregenz
Eine Entlastung des Kanalsystems ist etwa über Dachbegrü- nungen bewerkstelligbar. Bei starkem Regen kann 1 m² an Weitere Informationen MIT ÖKOSTRASSEN AM RICHTIGEN WEG Dachbegrünung mit etwa 25 cm Aufbauhöhe Wassermengen Ober-Grafendorf, Niederösterreich aufnehmen, die der Füllmenge einer Badewanne entsprechen. Tagesaktuelle Wetterdaten und Warnungen Nach zahlreichen Schäden durch Die Ökostraße hilft auch dabei, ander- Von Informationen zur Waldbrandgefahr bis hin zu Starkregen- und Hochwasserereignis- weitige Kosten zu sparen: Einerseits Fokus: Waldbrand. In Bezug auf die Waldbrandgefahr eignet Sturmwarnungen: Die Zentralanstalt für Meteorologie se hat die Marktgemeinde Ober-Gra- sind die Kosten der Grundmaterialien sich die Einführung von Systemen zur Waldbeobachtung und und Geodynamik (ZAMG) bietet Detailinfos zu aktuellen fendorf nach einem zukunftsfähigeren im Vergleich zu einer herkömmlichen Frühwarnung als hilfreiche Maßnahme. Die Zentralanstalt für Entwicklungen. Straßen- und Abwassersystem gesucht Drainage günstiger, andererseits redu- Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) liefert bereits Infor- – und ist im Jahr 2016 mit den soge- zieren sich die Kosten für Wasserauf- mationen zur aktuellen Gefahr in Österreichs Regionen. Diese warnungen.zamg.at nannten Ökostraßen fündig geworden. bereitung und Vegetationsbewässe- Warnungen sind jedoch ohne Berücksichtigung der regionalen rung. Vegetation und des menschlichen Einflusses konzipiert. Hier Detailkarten zu Naturgefahren & Gefahrenzonenplan Während im herkömmlichen Stra- Diese Homepage gibt einen raschen Überblick über das ßenbau das Regenwasser umgehend Mit der Ökostraße betreibt man aber kann die Erstellung von lokalen Karten mit unterschiedlichen Gefahrenpotenzial von Regionen und auch spezifischen in einen Kanal weitergeleitet oder auch in anderen Kategorien Klima- Gefährdungskategorien Abhilfe verschaffen. In besonders ge- Adressen. Dazu finden Sie auf der Plattform Detailkar- durch ein Rückhaltebecken aufgefan- wandelanpassung – etwa durch Ver- fährdeten Gebieten stellen die Errichtung von Löschteichen ten, Berichte, Publikationen und Best-Practice-Beispie- gen wird, wird das Oberflächenwasser minderung des Artenverlustes dank und die Sicherstellung von reibungsloser Erreichbarkeit des le. Weiters informiert sie über den Umgang und das Le- der Ökostraße weiterverwendet. Denn der vielfältig begrünten Grünflächen Waldes für Fahrzeuge der Feuerwehr weitere mögliche Maß- ben mit Naturgefahren. unmittelbar neben dem Straßenbe- und der Vermeidung von Hitzeinseln. nahmen dar. reich liegen speziell begrünte Flächen, Denn durch die Grünflächen wird das www.naturgefahren.at die DrainGardens: Sie sorgen dafür, aufgenommene Wasser teils auch wie- dass das Oberflächenwasser selbst bei der verdunstet. Diese Kühlleistung Fokus: Katastrophenmanagement. Im Falle von Katastro- Team Österreich Starkregen direkt versickert, gespei- ist sogar vergleichbar mit jener einer phenereignissen ist Zusammenarbeit essenziell. Die Zusam- Auf der ehrenamtlichen Plattform sind über 50.000 Per- chert und wiederverwertet werden etwa hundertjährigen Buche. menarbeit von verschiedenen öffentlichen, privaten und zi- sonen registriert, die – wie beim verheerenden Hoch- kann. Dadurch kann man aber nicht vilgesellschaftlichen Organisationen und Einsatzstellen sowie wasser 2013 – im Ernstfall Katastrophen- und Nach- nur das Hochwasserrisiko nachhaltig Nähere Informationen unter: zwischen Gemeinden, Regionen, Ländern und dem Bund kann barschaftshilfe leisten. Außerdem finden Sie ebendort senken und Hochwasserschäden an www.ober-grafendorf.at im Ernstfall ein effizientes und schnelles Vorgehen unterstüt- nützliche Informationen für das individuelle Verhalten Gebäuden vorbeugen. zen. Weitere Abhilfe bringt die Ausarbeitung einer Strategie im Ernstfall. Ober-Grafendorf © Marktgemeinde zur Katastrophenkommunikation. Darin sollte festgelegt wer- „Die Ökostraße funktioniert besser als gedacht und sie ist auch schö- oe3.orf.at/teamoesterreich ner als gedacht. Alles in allem hat die Ökostraße sehr viele – und gut den, wer im Fall des Falles welche Informationen benötigt. Ein dokumentierte – Vorteile. So müssen die DrainGardens etwa auch bei spezieller Fokus sollte dabei auf unterschiedliche Bevölke- Hitzewellen nicht gegossen werden, da sie stets ausreichend mit Was- rungsgruppen wie PensionistInnen, SchülerInnen, Personen ser versorgt sind.“ mit Migrationshintergrund oder TouristInnen gelegt werden. Rainer Handlfinger, Bürgermeister Ober-Grafendorf © Marktgemeinde Ober-Grafendor 28 ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung ÖKOSOZIALER KLIMAKOMPASS – Ein Leitfaden für Klimawandelanpassung 29
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