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Kritik der Finanz- und Steuerpolitik Alternativen der Wirtschaftspolitik Memo Sommerschule 2018 Dr. Axel Troost, September 2018 Überblick Wirtschaftspolitische Trends und Fehlentwicklungen in Deutschland Glücklich mit der schwarzen Null? Staatsverschuldung als politisches Gestaltungsinstrument Alternativen der Wirtschaftspolitik www.axel-troost.de 2
Teil 1 Wirtschaftliche Trends und Fehlentwicklungen in Deutschland Lohnquote nach 2007 wieder gestiegen, historisch aber immer noch niedrig www.axel-troost.de 4
Niedriglohnsektor besonders groß www.axel-troost.de 5 Außenwirtschaftliche Ungleichgewichte Trends: Leistungsbilanzsaldo (relativ zu BIP) • nach Einführung des 12 10 Euros: 8 6 große Leistungsbilanzdefizite 4 Prozent des BIP in der Peripherie 2 0 hohe Überschüsse in ‐2 Deutschland und Niederlande ‐4 ‐6 ‐8 ‐10 • Krise zwingt Defizitstaaten ‐12 ‐14 zur Korrektur, Deutschland ‐16 macht weiter wie bisher Deutschland Frankreich Italien Spanien Griechenland Portugal Niederlande Quelle: Eurostat, eigene Darstellung www.axel-troost.de 6
Woher kommen die Überschüsse? • Großteil des Überschusses entsteht durch Exporte • Defizite stammen u.a. aus Tourismus und Auslandsüberweis ungen • im Ausland erworbenes Vermögen generiert zusätzliche Überschüsse Quelle: BMF www.axel-troost.de 7 Der Billionenberg • Die deutsche Volkswirtschaft hat seit 2000 einen kumulierten Akkumuliertes Leistungsbilanzsaldo seit 2000 Überschuss von 2,5 3.000 Billionen Euro erzielt 2.500 2.000 • deutsche Unternehmen, 1.500 Mrd. Euro Privathaushalte und Staat 1.000 haben so gewaltige 500 Forderungen gegenüber 0 dem Ausland bzw. ‐500 Auslandsvermögen angehäuft ‐1.000 • mögliche Deutschland Frankreich Italien Spanien Gegenreaktionen: Griechenland Portugal Niederlande • Entwertung in Schuldenkrisen Quelle: Eurostat, eigene Darstellung (passiv) • Handelskrieg (aktiv) www.axel-troost.de 8
Umverteilung Arbeit / Kapital www.axel-troost.de 9 Lohnabschlüsse der letzten Jahre moderat, keine Rück-Umverteilung www.axel-troost.de 10
… für ein wirtschaftliches Umsteuern aber zu wenig ‐ Seit 2011 ist Privat‐ konsum wieder (schwacher) Wachstumstreiber ‐ Staatskonsum steigt durch Ausgaben für Geflüchtete ‐ Außenbeitrag trug zuletzt kaum noch zum Wachstum bei ‐Exporte treffen auf Auf‐ nahmegrenzen, bleiben aber auf hohem Niveau www.axel-troost.de 11 Niedrige Zinsen verdecken, dass öffentliche Haushalte strukturell unterfinanziert sind www.axel-troost.de 12
Ungedeckte gesellschaftliche Bedarfe Bildung 45 Mrd. Euro jährlich Verkehr 10 Mrd. Euro jährlich Sozialpolitischer Finanzierungsbedarf 35 Mrd. Euro jährlich Öffentliche Krankenhäuser 50 Mrd. Euro Energetische Gebäudesanierung 75 Mrd. Euro Kommunaler Investitionsstau 150 Mrd. Euro Zukunfts‐ und Investitionsprogramm, finanziert über Kreditaufnahme und höhere Steuereinnahmen www.axel-troost.de 13 Verdeckte Arbeitslosigkeit I www.axel-troost.de 14
Kosten der Arbeitslosigkeit www.axel-troost.de 15 Verdeckte Arbeitslosigkeit II tatsächliche Arbeitslosigkeit mit Einbeziehung von Unterbeschäftigung: 2,5 Mio. registrierte Arbeitslose + 1 Mio. wegdefinierte Arbeitslose + 2,5 Millionen Vollzeitstellen (umgerechnet) an ungewollter Unterbeschäftigung ______________________________ 6 Mio. fehlende Vollzeitstellen Quelle: Kurzfassung Memorandum 2018
Verteilung des Vermögens der Erwachsenen in Deutschland 2017 17 www.axel-troost.de 17 Vermögensverteilung in Deutschland www.axel-troost.de 18
Vermögensbezogene Steuern im internationalen Vergleich • Deutschland (rot) mit 1,1 % des BIP auf Rang 26 von 35 OECD‐ Staaten (OECD‐Durchschnitt von 1,9 % des BIP) • Gründe dafür: Aussetzung der Vermögensteuer, Aushöhlung der Erbschaftsteuer durch Privi‐ legien für Betriebsvermögen, … • Steuersenkungen für hohe Einkommen und Unter‐ nehmensgewinne begünstigen Akkumulation von Vermögen laut EZB hat Deutschland in der Eurozone nach Litauen die höchste Vermögensungleichheit Quelle: OECD-Datenbank, Stand August 2018, https://data.oecd.org/tax/tax-on-property.htm www.axel-troost.de 19 Entlastungen in der Einkommensteuer www.axel-troost.de 20
Gesamtbelastung durch Steuern und Sozialbeiträge • Einkommensteuer wirkt progressiv, aber Ver- brauchsteuern wirken stark regressiv • Steuer- und Abgaben- system degressiv für sehr arme und sehr reiche Haushalte • insgesamt nur schwache Progression, Gesamt- belastung liegt zwischen 27 und 52 Prozent, • Steuergestaltungsmodelle für reiche Haushalte in Daten nicht enthalten Quelle: Bach/Beznoska/Steiner: Wer trägt die Steuerlast in Deutschland? Steuerbelastung nur schwach progressiv, DIW Wochenbericht Nr. 51+52.2016 www.axel-troost.de 21 Quelle: Bach/Beznoska/Steiner: Wer trägt die Steuerlast in Deutschland? Steuerbelastung nur schwach progressiv, DIW Wochenbericht Nr. 51+52.2016 www.axel-troost.de 22
www.axel-troost.de 23 Stillstand in der Klimapolitik www.axel-troost.de 24
Teil 2 Glücklich mit der schwarzen Null? Staatsverschuldung als politisches Gestaltungsinstrument Grundsätzlich entsteht Staatsverschuldung, wenn ein Staat mehr ausgibt als er an ordentlichen Einnahmen zur Verfügung hat. Um diese zusätzlichen Ausgaben zu decken, muss der Staat Kredite aufnehmen, üblicherweise für eine bestimmte Laufzeit. Diese Finanzierung nennt man Nettokreditaufnahme bzw. Nettoneu- verschuldung. Ist das Ende der Laufzeit erreicht, muss der Kredit zurückgezahlt werden, woraufhin der Staat in aller Regel neue Kredite auf- nimmt. Die Summe aus Nettokreditaufnahme und Anschluss- krediten zur Tilgung der ausgelaufenen Kredite nennt man Bruttokreditaufnahme bzw. Bruttoneuverschuldung. Die Nettokreditaufnahme macht nur einen kleinen Teil der Brutto- neuverschuldung aus. Im Jahre 2017 belief sich in Deutschland die Nettokreditaufnahme beim Bund auf 0 Euro. Trotzdem wurden 166 Mrd. Euro Kredite zur Rückzahlung/Umschuldung bestehender Schulden aufgenommen. www.axel-troost.de 26
Quelle: BMF: Finanzbericht 2019. Finanzplan des Bundes 2018 bis 2022, S.66 www.axel-troost.de 27 alte Verschuldungsregel (Art. 115 GG) „Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.“ Probleme: was sind Investitionen? Deficit‐Spending in Abschwung und Rezession, aber nur unzureichende Rückführung der (Neu‐)Verschuldung in Aufschwung und Hochkonjunktur www.axel-troost.de 28
Schuldenbremsen und Schwarze Null Schuldenbremse für Bund und Länder Artikel 115 Grundgesetz Europäische Haushaltsüberwachung Stabilitäts‐ und Wachstumspakt, Europäisches Semester Fiskalvertrag zwischenstaatlicher Vertrag von 25 EU‐Staaten noch restriktiver: Schwarze Null ideologisch motiviert, politische Absichtserklärung ohne juristische oder ökonomische Grundlage Folgen: geringe Investitionen, Verfall der öffentlichen Daseinsvorsorge Spielräume zur gestaltenden Politik und zum sozial‐ökologischen Umbau stark eingeengt www.axel-troost.de 29 Schulden des öffentlichen Gesamthaushalts in Relation zum BIP (%), 1950-2017 2011: Inkrafttreten des Art. 115 GG neue Fassung 1969: Inkrafttreten des Art. 115 GG alte Fassung Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen 30 www.axel-troost.de 30
Gründe für Anstieg der öffentlichen Schulden Seit 1990 drei Phasen: a) Wiedervereinigung und „Aufbau Ost“ b) Falsche Politik umfangreicher Steuer‐ senkungen seit 1998 c) Nach 2009: Stützungsprogramme für Banken und Konjunkturprogramm www.axel-troost.de 31 www.axel-troost.de 32
Kosten der Bankenrettung • direkte Kosten Kapitalhilfen, Bürgschaften, Ankauf / Übernahme von Banken/Finanzaktiva • indirekte Kosten automatische Stabilisatoren (Steuerausfälle, Ausgaben für Arbeitslosigkeit, …) Konjunkturprogramme (Abwrackprämie, Kurzarbeitergeld, …) • Studie des RWI: Gesamtkosten von 187 Mrd. Euro, davon 33 Mrd. Euro direkte Kosten, 82 Mrd. Euro automatische Stabilisatoren, 47 Mrd. Euro Konjunkturprogramme Bruttoschuldenstand 2010: + 300 Mrd. Euro (12 % des BIP) Nebeneffekt der Bilanzierung: durch Abverkauf der Bad Banks sinkt Brutto‐Schuldenquote seit Jahren stark Döhrn/Gebhardt: Die fiskalischen Kosten der Finanz‐ und Wirtschaftskrise, IBES DIskussionsbeitrag 198, Universität Duisburg‐Essen, März 2013 www.axel-troost.de 33 Klassische Argumente gegen Staatsverschuldung 1) intertemporäre Verteilungswirkungen, Stichwort „Generationengerechtigkeit“ 2) interpersonelle Verteilungseffekte: Bezieher hoher Einkommen würden von hoher Staatsverschuldung profitieren 3) Verdrängung privater Investitionen, „crowding‐out“ 4) zunehmende Zinsbelastung der öffentlichen Haushalte www.axel-troost.de 34
Argument 1: Generationengerechtigkeit „Staatsverschuldung geht zu Lasten unserer Kinder und Enkelkinder“ Falsch! Künftige Generationen profitieren von öffentlichen Investitionen. Sie werden über Kredite, die aus Steuermitteln abbezahlt werden, an deren Finanzierung beteiligt. Vererbt werden nicht nur Schulden, sondern auch ihnen entgegenstehende Vermögenstitel. Verteilungsproblem innerhalb der jeweiligen Generation, nicht zwischen den Generationen www.axel-troost.de 35 Argument 2: Verteilungseffekte „Vermögende profitieren von den Zinszahlungen“ Falsch! Derzeit liegt Inflation über Zinssatz deutscher Staatsanleihen: Realzinsen sind negativ! In Hochzinsphasen können Vermögende hohe Zinsen auf ihre Ersparnisse erzielen. Dieser Verteilungskonflikt kann aber über Steuerpolitik gelenkt werden (Vermögensteuer, Kapitalertragsteuer, …). www.axel-troost.de 36
Argument 3: Crowding out „Staatliche Kreditaufnahme verdrängt kreditfinanzierte Privatinvestitionen “ Falsch! Zinssätze werden von Geldpolitik und Sparüberschuss bestimmt und steigen nicht automatisch durch Staatsverschuldung Schuldenfinanzierte Finanzpolitik schafft bessere Infrastruktur und attraktiveres Investitionsumfeld, dies stärkt Privatinvestitionen www.axel-troost.de 37 Argument 4: steigende Zinsbelastung „Mit steigenden Schulden zahlt der Staat immer mehr Zinsen“ Falsch, kein Automatismus! Staatsschulden sind weltweit gestiegen, Zinszahlungen aber gesunken. zu leistende Zinsen in Prozent des BIP 2000 2007 2010 2013 2016 Euroraum 3,8 2,9 2,7 2,8 2,2 Belgien 6,7 4,0 3,6 3,3 2,9 Deutschland 3,1 2,7 2,5 2,0 1,3 Irland 1,9 1,0 2,8 4,3 2,2 Griechenland 6,9 4,5 5,9 4,0 3,2 Spanien 3,2 1,6 1,9 3,5 2,8 Frankreich 2,8 2,6 2,4 2,3 1,9 Italien 6,1 4,8 4,3 4,8 4,0 Niederlande 3,3 2,0 1,8 1,5 1,1 Österreich 3,6 3,1 2,9 2,6 2,1 Portugal 3,0 2,9 2,9 4,9 4,2 Quelle: Eurostat anderes Beispiel Japan: Schuldenstand von 235 % des BIP, Zinssatz auf 10‐jährige Staatsanleihen von 0,1 % www.axel-troost.de 38
Deutsche Spar-Anomalie Quelle: Memorandum 2018: Preis der „schwarzen Null“: Verteilungsdefizite und Versorgungslücken, Papyrossa, Köln • Private Haushalte: typischerweise Sparer • Unternehmen: typischerweise verschuldet, in Deutschland sparen sie seit etlichen Jahren! • Deutscher Staat: seit 2014 Sparer! • Einzig mögliche Konsequenz: Ausland verschuldet sich bei Deutschland www.axel-troost.de 39 Quelle: Heiner Flassbeck: Ein neuer Ludwig Erhard?, Makroskop vom 5.4.2018 www.axel-troost.de 40
Quelle: Heiner Flassbeck: Ein neuer Ludwig Erhard?, Makroskop vom 5.4.2018 www.axel-troost.de 41 www.axel-troost.de 42
Zusammenfassung: Irrweg Schuldenbremse Kreditfinanzierung von Investitionen ist generationengerecht! Kommende Generationen profitieren von Investitionen, deswegen Beteiligung an Finanzierung sinnvoll Schulden = Vermögen: kommende Generationen erben Schulden und Vermögenstitel (z.B. Staatsanleihen) Entscheidend ist das öffentliche Nettovermögen, nicht die Höhe der Staatsschulden Rückkehr zur „Goldenen Regel“: Kreditaufnahme in Höhe der Nettoinvestitionen zulässig Kreditaufnahme auch zur Konjunktursteuerung und als politisches Gestaltungsinstrument not‐ wendig! www.axel-troost.de 43 Kritik von führenden Ökonomen wie z.B. vom Wirtschaftsweisen Prof. Peter Bofinger … “Die Politik ist von der Denkstruktur einer schwäbischen Hausfrau getrieben und leider nicht von der Denkstruktur eines schwäbischen Unternehmers.“ “Öffentliche Schulden sind, wenn sie investiv eingesetzt würden, grundsätzlich nicht schlecht.“ „Mit einer Schuldenbremse werden die Investitions- möglichkeiten des Staates massiv eingeschränkt.“ “Statt über ein neues Wachstumsmodell für Deutschland nachzudenken, nehmen wir uns Handlungsspielräume und mauern uns ein.“ (Handelsblatt 13.02.2009) Quelle: GEW Hessen - Schuldenbremse Hessen verhindern - Folienvortrag www.axel-troost.de 44
Folgen der Sparpolitik für Investitionen Gesamtstaatliche Netto-Investitionen seit Jahren negativ www.axel-troost.de 46
Wahrgenommener Investitionsrückstand der Kommunen 2017 Quelle: KfW‐Kommunalpanel 2018 www.axel-troost.de 47 Teil 3 Wirtschaftspolitische Alternativen
Wirtschaftspolitische Alternativen 1. Statt Schuldenbremsen und Steuersenkungen: Politik der verteilungsgerechten Mehreinnahmen 2. Gute Arbeit – Gutes Leben: Prekäre Arbeitsverhältnisse abschaffen 3. Sozial‐ökologisches Zukunftsinvestitionsprogramm 4. Arbeitszeitverkürzung 5. Armutsfeste Grundsicherung 6. Reform des Rentensystems 7. Regulierung der Finanzmärkte 8. Wirtschaftsdemokratie 9. Neue Weltwirtschaftsordnung 49 www.axel-troost.de 49 1. Umverteilen / Steuerkonzept der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik Vermögensteuer und Vermögensabgabe Erbschaftsteuer Körperschaftsteuersatz auf 30 % anheben Gemeindewirtschaftsteuer Reform der Einkommensteuer niedriger und mittlerer Einkommen entlasten und hohe Einkommen belasten (insg. Aufkommensneutral), Abschaffung Ehegattensplitting und Abgeltungsteuer, Erhalt des Solis Finanztransaktionsteuer Bekämpfung von Steuerumgehung und ‐hinterziehung besserer Steuervollzug www.axel-troost.de 50
Konzept Steuergerechtigkeit von ver.di 51 www.axel-troost.de 51 Ökologische Steuerreform Ziele: Internalisierung externer Kosten Lenkungsfunktion Finanzierungsfunktion ‐ Lenkungswirkung, nicht Einnahmen sollten im Vordergrund stehen Beispiele: CO2‐Steuer / CO2‐Mindestpreis, Abschaffung Dieselprivileg, Abschaffung Ausnahmen im Luftverkehr, Steuer auf Pestizide, ... ‐ Einnahmen zum sozial‐ökologischen Umbau verwenden, insbesondere im Energie‐ und Verkehrsbereich ‐ Verteilungseffekte beachten! Ökologische Steuerreform als Teil einer Gesamtsteuer‐ reform zur Umverteilung www.axel-troost.de 52
Umweltsteuern: viel Luft nach oben Abbildung: Mahler et al (2017): Die Finanzierung Deutschlands über Steuern auf Arbeit, Kapital und Umweltverschmutzung, Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, Berlin www.axel-troost.de 53 2. Grundsätze guter Arbeit Gute Arbeit ist sicher: rechtlich, sozial und gesundheitlich Von Guter Arbeit kann man gut leben Gute Arbeit hat Maß → Arbeitszeitverkürzung Gute Arbeit ist demokratisch, daher Mitbestimmung auch in wirtschaftlichen Fragen Gute Arbeit stellt Männer und Frauen gleich Gute Arbeit bietet Gestaltungsspielräume für unterschiedliche Lebensentwürfe 54 www.axel-troost.de 54
Ein Programm für gute Arbeit Zumutbarkeitskriterien für Arbeitslose wieder einführen Regelsatz des Arbeitslosengeld II erhöhen Mindestlohn erhöhen auf 12 Euro pro Stunde Kündigungsschutz verbessern Allgemeingültigkeitserklärung von Tarifverträgen erleichtern Öffentliche Auftragsvergabe an Vergaberichtlinien binden 55 www.axel-troost.de 55 3. Sozial-ökologisches Zukunfts- und Investitionsprogramm 120 Mrd. Euro jährlich für Bildung (25) Verkehrsinfrastruktur und Digitalisierung (15) Gesundheit und Pflege (20) sozialer Wohnungsbau und Energiewende (20) Kommunale Infrastruktur/ Daseinsvorsorge (10) Arbeitsmarkt und Überwindung von Hartz IV (30) langfristig gegenfinanziert durch Steuereinnahmen (siehe steuerpolitische Forderungen) kurzfristig Möglichkeiten zur Kreditaufnahme nutzen (Kreditfinanzierung von Investitionen ist generationengerecht!) www.axel-troost.de 56
Wachstum BIP kein Maß für Wohlstand, BIP‐Wachstum kein Selbstzweck Unsinnige Diskussion über „Nullwachstum“ Ausrichtung auf qualitatives, sozial‐ökologisch ausgerichtetes und reguliertes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts Ökologischer Umbau erfordert große Investitionen und viel Arbeit und schafft so Wertschöpfung, die das BIP steigert hohe Bedarfe an sozialen Dienstleistungen (Pflege, Bildung, …) Wachsendes BIP kann und muss mit schrumpfender Natur‐ beanspruchung verbunden werden Beseitigung von Wachstumszwängen sinnvoll: ‐ Stärkung öffentlicher und genossenschaftlicher Unternehmen ‐ Arbeitszeitverkürzung ‐… www.axel-troost.de 57 4. Arbeitszeitverkürzung derzeit ca. 6 Millionen Arbeitslose (offiziell und verdeckt) und unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte Idee: deutliche Arbeitszeitverkürzung ohne Einkommensverlust Lebensarbeitszeit verkürzen statt verlängern – weg mit der Rente ab 67 „Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich“ mittelfristiges Ziel: 30 Stunden‐Woche als Normalarbeitsverhältnis komplementäre Varianten der AZV: früherer Renteneintritt, lebensphasenspezifische Arbeitszeitreduzierung (z.B. für Familie, Pflege, Ehrenamt, Weiter‐ bildung) mit Rückkehrrecht auf Vollzeit, mehr Feier‐ bzw. Urlaubstage, … www.axel-troost.de 58
5. Armutsfeste Grundsicherung Die bedarfsorientierte soziale Grundsicherung muss repressionsfrei gewährt werden. Niemand darf zur Ausübung einer Beschäftigung gezwungen werden, die kein Existenz sicherndes Einkommen schafft, die berufliche Qualifikation nicht in Wert stellt, zu hohe Ansprüche an Flexibilität und Fahrtzeiten stellt oder die gegen die politische und religiöse Gewissensfreiheit verstößt. Die Zumutbarkeitsregelungen sind diesen Grundsätzen anzupassen. 59 www.axel-troost.de 59 6. Reform des Rentensystems Rückkehr zum Umlageverfahren Abschaffung der Riesterrente, Sicherungsniveau von 53 Prozent (Eck‐Rentner) steuerfinanzierte, solidarische Mindestrente gegen Altersarmut Renteneintrittsalter senken auf 65 Jahre, für besonders belastete Berufe auf 63 Jahre Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze, stärkere Einbeziehung von Spitzenverdienern unverzügliche Angleichung von Ost‐ und Westrenten www.axel-troost.de 60
7. Re-Regulierung der Finanzmärkte Ziel: Finanzsektor schrumpfen und auf gesamtwirtschaftliche Dienstleistungsfunktion orientieren Beispiele: Finanz‐TÜV Derivate massiv einschränken, Kreditverkäufe begrenzen Finanztransaktionsteuer Managerhaftung verschärfen, falsche Vergütungsanreize abschaffen Zielzonen für Wechselkurse anstreben Kapitalverkehrskontrollen konsequent zulassen Geschäfte mit Steuer‐ und Regulierungsoasen unterbinden www.axel-troost.de 61 8. Wirtschaftsdemokratie Intervenierende Wirtschaftspolitik und Struktur‐(Industrie‐) Politik inkl. sektoraler Investitionslenkung (makro) Regulierte Märkte und kontrollierter Wettbewerb, Mittelstands‐ und Verbraucherschutzpolitik (meso) Partizipation abhängig Beschäftigter an Entscheidungsprozessen, materielle Teilhabe, ökonomische Abhängigkeiten und Fremd‐ bestimmungen zurückdrängen – individuelle Freiheit stärken (mikro) www.axel-troost.de 62
9. Neue Weltwirtschaftsordnung • Alle Länder gleichberechtigt an Regulierung beteiligen statt auf G20 beschränken • Verbindliche Verträge im Wirtschafts‐ und Sozialrat (ECOSOC) beschließen statt in der Welthandelsorganisation (WTO) • Problem ungleichgewichtiger Handelsströme entschärfen/ Währungskooperation bzw. Einheitswährung voranbringen • Regionalisierung und Binnenmarktorientierung stärken • Investitionen an soziale und ökologische Standards knüpfen • Entwicklungsländer entschulden / Internationales Insolvenz‐ recht einführen / Fonds gegen Krisenfolgen für Entwicklungs‐ länder einrichten • Steuer‐ und Regulierungsoasen austrocknen 63 www.axel-troost.de 63 Vielen Dank!
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