Wer bezahlt Trumps Handelskrieg mit China? - Benedikt Zoller-Rydzek* und Gabriel Felbermayr - CESifo Group Munich
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FORSCHUNGSERGEBNISSE Benedikt Zoller-Rydzek* und Gabriel Felbermayr Wer bezahlt Trumps Handelskrieg mit China? Seit dem 24. September 2018 erheben die USA Zölle auf chinesische Produkte im gegenwär- tigen Wert von ungefähr 250 Mrd. US-Dollar; das sind 50% der Importe aus China. In der Debatte wird oft davon ausgegangen, dass diese Zölle der amerikanischen Volkswirtschaft schaden. In diesem Beitrag zeigen wir, dass dies nicht stimmt, weil die Belastung zu etwa drei Viertel auf chinesische Produzenten überwälzt werden kann. Wir kalibrieren ein einfa- ches Partialmodell und finden, dass die Verbraucherpreise im Durchschnitt über alle betrof- fenen Produkte in den USA um ca. 4,5% steigen, während die chinesischen Anbieter ihre Exportpreise um durchschnittlich 20,5% absenken. Dieses Resultat entsteht, da die US-Be- hörden gerade jene Produkte verzollen, bei denen die Importelastizität hoch ist. Weil die Ver- braucherpreise nur moderat steigen, führen die Zölle zu einer Verringerung der Importe um lediglich 37%; daher geht auch das bilaterale Handelsbilanzdefizit der USA mit China nur um ca. 17% zurück. Die USA generieren Zolleinnahmen von 22,5 Mrd. US-Dollar, aber nicht ein- mal ein Viertel davon wird von Inländern getragen. Zwar verzerren die Zölle die Konsum entscheidungen der Amerikaner; die Überwälzung führt aber dazu, dass die USA insgesamt einen Nettovorteil von 18,4 Mrd. US-Dollar erzielen. Autor, Dorn und Hanson (2013; 2016) zeigen, dass ein sident Trump veranlasste im Januar 2018 Schutzzölle chinesischer Importwettbewerb in den USA signifi- (safeguard tariffs) für beide Produktgruppen. Im April kante negative Folgen auf den US-Arbeitsmarkt hatte. 2018 reagierte China mit Antidumpingzöllen auf ame- Gleichzeitig besteht unter Ökonomen ein Konsens, rikanische Hirse. Beinah zeitgleich veröffentlicht die dass internationaler Handel für die Volkswirtschaft Trump-Regierung eine Liste mit 1 333 chinesischen insgesamt positiv zu beurteilen ist, weil die Vorteile der Produkten mit einem Handelsvolumen von 50 Mrd. Gewinner die Verluste der Verlierer übertreffen. Dies US-Dollar, unter Berufung auf Section 301 des US-Han- spiegelt sich auch in der öffentlichen Meinung in den delsgesetzes von 1974. Die US-Regierung begrün- USA wider. Stokes (2018) zeigt, dass die meisten Ame- det die Zölle mit der unfairen chinesischen Handels rikaner zwar glauben, dass internationaler Handel gut praxis, insbesondere in Bezug auf Technologietrans- ist, aber sie persönlich nicht davon profitieren, speziell fers und geistige Eigentumsrechte. Als Reaktion prä- nicht auf dem Arbeitsmarkt. Insbesondere der Handel sentiert China im Juni 2018 ebenfalls eine Zollliste mit China wird negativ gesehen. Wiederholt bezeich- mit US-Produkten. Seit dem 23. August 2018 erhe- net Präsident Trump China als unfairen Handelspart- ben beide Staaten Einfuhrzölle auf alle Produkte der ner und kritisiert das Außenhandelsdefizit. jeweiligen Liste. Danach eskaliert die Situation noch weiter. Im September 2018 stellt die US-Regierung EIN ESKALIERENDER HANDELSSTREIT eine zweite Zollliste mit chinesischen Produkten mit einem Handelsvolumen von ca. 200 Mrd. US-Dollar vor. Es ist nicht verwunderlich, dass die Handelsspan- War zunächst nur eine Erhöhung der Importzölle um nungen zwischen den USA und China in den letzten 10 Prozentpunkte geplant, sollen die Zölle bis Ende Monaten dramatisch eskalierten. Bereits im Herbst des Jahres um 25 Prozentpunkte steigen. Am 24. Sep- 2017 stellte die US-Handelskommission fest, dass tember begann die US-Regierung Zölle auf die Waren der Import von Waschmaschinen und Solarzellen aus der zweiten Zollliste zu erheben. Damit sind 50% der China unfair und schädlich für die US-Industrie ist. Prä- US-Importe aus China, gemessen am Importvolumen 2017, betroffen, bzw. 12% aller US-Importe. Bown und * Dr. Benedikt Zoller-Rydzek ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an Kolb (2018) haben eine ausführliche Zusammenfas- der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. sung des Handelsstreits erstellt. 30 ifo Schnelldienst 22 / 2018 71. Jahrgang 22. November 2018
FORSCHUNGSERGEBNISSE ÖKONOMISCHE KOSTEN stieg schwächer ist als jene der Produzenten, dann erhöhen Zölle primär den Verbraucherpreis. Im ge Da ein beträchtlicher Teil der US-Importe von hohen genteiligen Fall sinkt primär der Produzentenpreis, Einfuhrzöllen betroffen ist, ist es wichtig, die ökono- zum Beispiel, weil die Unternehmen auf Gewinn- mischen Konsequenzen und Effekte zu verstehen. Es marge verzichten. Dieser relative Effekt hängt unter wird oft nur über das betroffene US-Importvolumen anderem mit der Verfügbarkeit von Substitutions- diskutiert; die Frage, wer die Zolllast letztlich trägt, gütern zusammen. Wird zum Beispiel ein Einfuhr- wird kaum angesprochen oder gar ganz vernachläs- zoll auf Salz erhoben, können Konsumenten es nicht sigt. Ein prominentes Beispiel für eine solche Vor- einfach durch Pfeffer ersetzen. Daher würde ein Zoll gangsweise ist der Beitrag von Gloe Dizioli und van vor allem von Konsument getragen werden. Einen Roye im ECB Bulletin (6/2018), wo Zolleinnahmen Einfuhrzoll auf Erdnussbutter können Konsumenten nicht ausgeschüttet werden, so dass die Zollpolitik relativ einfach vermeiden, indem sie Marmelade statt restriktiv wirkt und die in den Außenhandelsmodellen Erdnussbutter verwenden. Dann muss der Produ- maßgebliche Anpassung der relativen Preise offenbar zent einen großen Teil des Zolles tragen, wenn er wei- keine Rolle spielt.1 terhin auf dem Markt bleiben und für Kunden attrak- Durch die US-Einfuhrzölle werden die Preise tiv sein will. In der ökonomischen Literatur nennt man für betroffene chinesische Produkte steigen und die Aufteilung der zusätzlichen Belastung durch einen die Profitmargen für chinesische Unternehmen fal- Zoll die Steuerinzidenz oder Zollinzidenz. Wichtig ist, len. Dies kann dazu führen, dass betroffene chinesi- dass die Zollinzidenz unabhängig von der rechtli- sche Unternehmen die Produktion oder den Export chen Inzidenz ist, es macht keinen Unterschied, ob von Gütern in die USA komplett einstellen und es zu der Einfuhrzoll vom Importeuer oder Exporteuer Lieferengpässe in den USA kommt. Die schrittweise erhoben wird. Die Zollinzidenz spiegelt sich in der Erhöhung der Zölle soll diesen Effekt abmildern. Es relativen Anpassung des Verbraucherpreises und bleibt aber fraglich, ob US-Unternehmen, und ins- Produzentenpreises wider. besondere US-multinationale Unternehmen, inner- Abbildung 1 zeigt die Zollinzidenz graphisch für halb weniger Monate ihre Lieferketten entsprechend einen Partialmarkt, auf dem keine direkten heimi- anpassen können. Der offensichtlichere Effekt wird schen Wettbewerber existieren. Allerdings können die die Verteuerung von chinesischen Produkten in den Nachfrager ausweichen; wie gut dies möglich ist, wird USA sein. Hier sind amerikanische Firmen und Kon- durch die Steigung der Nachfragefunktion dargestellt. sumenten gleichermaßen betroffen. Der Preiseffekt Je steiler (unelastischer) die Funktion, umso weni- hängt von der relativen Preiselastizität ab. Wenn ger gut können die Nachfrager ausweichen; je flacher die Reaktion der Konsumenten auf einen Preisan- (elastischer) sie ist, umso besser gelingt dies. 1 In dieser Analyse erhöhen interessanterweise US-Importzölle so- Ohne Zölle gleichen sich Angebot und Nach- gar das BIP in China. Die Handelsgewinne für China sind positiv; d.h., frage bei Preis P1 und Q1 aus. Produzenten- und Ver- es müssen sich die realen Austauschverhältnisse für China verbes- sern. In dem veränderten Modell überkompensiert die Geldpolitik braucherpreis sind identisch. Ein Einfuhrzoll von den handelspolitischen Schock. 25% treibt einen Keil zwischen den Verbraucher- Abb. 1 Zollinzidenz auf einem Partialmarkt ohne heimisches Angebot Unelastische Nachfrage Elastische Nachfrage Preis Preis Angebot 2 Angebot 2 Verbraucher Wohlfahrtsverlust Verbraucher Wohlfahrtsverlust Angebot 1 Angebot 1 Pn Verbraucher Zollbelastung Pn Zoll Verbraucher Zollbelastung P1 P1 Pa Produzenten Zollbelastung Zoll Produzenten Zollbelastung Pa Produzenten Wohlfahrtsverlust Nachfrage Produzenten Wohlfahrtsverlust Nachfrage Q2 Q1 Menge Q2 Q1 Menge Quelle: Darstellung der Autoren. © ifo Institut ifo Schnelldienst 22 / 2018 71. Jahrgang 22. November 2018 31
FORSCHUNGSERGEBNISSE preis Pn und den Preis Pa, den die Produzenten erhal- ZOLLHÖHE ten; er dreht die für die Nachfrager relevante Ange- botskurve (inklusive Zoll) (Angebot 2) weg von jener Der Wohlfahrtseffekt hängt von der Zollhöhe und für die Anbieter (Angebot 1). Bei unelastischer Nach- der Mengenanpassung ab. Abbildung 2 zeigt die Ver frage geht die umgesetzte Menge wenig zurück, die teilung der effektiven Zollbelastung über die impor- ausländischen Anbieter bewegen sich nur ein kleines tierten Produkte bis Ende des Jahres 2018.3 Insge- Stück auf ihrer Angebotskurve nach links; der Produ- samt berücksichtigen wir 702 HS92-4-Stellen-Pro- zentenpreis sinkt wenig. Der Verbraucherpreis steigt duktkategorien, die wir wiederum in vier Oberkatego- hingegen deutlich. rien einteilen: Konsumgüter, Investitionsgüter, Zwi- Bei einer elastischen Nachfrage verhalten sich die schenerzeugnisse und Güter die nicht klar zugeordnet Dinge anders. Hier führt eine Zunahme des Verbrau- werden können (Mischgüter).4 cherpreises zu einer sehr deutlichen Reduktion der Da auf einige der Güter bereits ein Zoll erhoben Nachfrage; die ausländischen Produzenten wandern wird, erhöht sich der Einfuhrzoll im Durchschnitt auf ihrer Angebotskurve weit nach unten, so dass der auf 27,4%. Dadurch wir deutlich, dass bei einem bis Produzentenpreis stark sinkt. Der Preis für die heimi- herigen Durchschnittszoll von 2,4%, der Zollanstieg schen Nachfrager nimmt nur wenig zu. ökonomisch signifikant ist. Von 702 aggregierten In beiden Fällen führt der Zoll zu einer Verzerrung Produktkategorien, für die wir Daten haben, wird der der Konsum- und Angebotsentscheidungen. Dieser Einfuhrzoll bei 202 Produkten von 0 auf 25% anstei- hängt von Mengenreduktion, der Preisänderung (Höhe gen. Dies sind vorrangig Konsumgüter und Zwischen des Zolles) und der relativen Preiselastizität ab. Durch produkte. Damit wird deutlich, dass vor allem Firmen die Verteuerung des Gutes im Inland sinkt der Kon- von den Einfuhrzöllen betroffen seien werden, die sum; dies äußert sich in einem Wohlfahrtsverlust für Zwischenprodukte aus China importieren und diese die Verbraucher; siehe die dreieckige dunklere rot/ in der Produktion in den USA verwenden. grüne Fläche in Abbildung 1. Die ausländischen Produ- zenten verlieren ebenfalls. Dies ist aber nicht die ganze Geschichte. Der 3 US-Finanzminister erzielt Zolleinnahmen in der Höhe te, Die USA haben bereits Einfuhrzölle auf einige chinesische Produk- daher wird Ende des Jahres auf einige Güter ein Zoll von mehr als von (Pn – Pa) Q2, aber nur ein Teil (Pn – P1) Q2 muss von 25% anfallen. 4 Da Import und Exportelastizitäten in einer anderen Güterklas- heimischen Nachfragern getragen werden; der Rest sifikation sind als die US-Importzolllisten, mussten wir Güter ent- (P1 – Pa) Q2 ist als Transfer chinesischer Produzenten an sprechend reklassifizieren. Weiterhin sind nicht für alle HS92-4-Stel- die US-Regierung zu verstehen. Abbildung 1 macht die len-Gütergruppen Import- und Exportelastizitäten vorhanden. Die 702 HS92-4-Stellen Gütergruppen, auf denen unsere Analyse basiert, Größe dieses Transfers durch das rote und grüne Recht- entsprechen einem Importvolumen von 230 Mrd. US-Dollar. Dies eck sichtbar. Die Zolleinnahmen können an die Kon entspricht 92% des von der US-Regierung veranschlagten Import- volumens von 250 Mrd. US-Dollar und 97% des Importvolumens der sumenten im Inland ausgeschüttet werden, was deren Zolllisten von Bown, Jung und Lu (2018). Wohlfahrt erhöht.2 Abb. 2 Ob der Zoll die Wohlfahrt Verteilung des effektiven US-Importzolls (hier: Konsumentenrente plus Nach einer Anhebung um 25 Prozentpunkte je Oberkategorie Zolleinnahmen des Staates) Investitionsgüter Konsumgüter reduziert oder erhöht, hängt 0,4 davon ab, ob der Schaden durch den Konsumrückgang 0,3 den Transfer aus dem Ausland 0,2 übertrifft oder unterschrei- tet. In der Abbildung 1 ist dies 0,1 durch den Vergleich des roten Rechtecks der durch chine- 0,0 sischen Firmen finanzierten Mischgüter Zwischenerzeugnisse Zolleinnahmen mit dem dun- 0,4 kelgrünen Dreieck der Verän- 0,3 derung der US-Verbraucher- wohlfahrt durch Mengenän 0,2 derung erkenntlich. 0,1 2 0,0 Der US-Präsident schwärmt in sei- nen Tweets immer wieder von den ho- 25 30 35 40 25 30 35 40 hen Steuereinnahmen durch Zölle. Ein Effektiver US Einfuhrzoll Ende 2018 in % Teil dieser Steuereinnahmen kann sei- Anmerkung: Dargestellt werden Anteile; die Höhe der Balken addiert sich jeweils zu eins. ne Steuerreform finanzieren, insofern Insgesamt 702 HS92-4-Stellen-Produkte. Zur Veranschaulichung wurden in der Graphik nur Produkte mit einem liegt die Vorstellung, Zolleinnahmen effektiven Einfuhrzoll von weniger als 40% berücksichtigt. werden ausgeschüttet, nicht fern. Quelle: Berechnungen der Autoren. © ifo Institut 32 ifo Schnelldienst 22 / 2018 71. Jahrgang 22. November 2018
FORSCHUNGSERGEBNISSE PREISANPASSUNGEN Abb. 4 Verteilung der US-Verbraucherpreisveränderung Nach einem Anstieg des Importzolls um 25 Prozentpunkte Wie bereits diskutiert, wird ein US-Einfuhrzoll zu einer Erhö- Investitionsgüter Konsumgüter 0,7 hung des US-Verbraucher 0,6 preises führen. Wir nutzen 0,5 Einfuhr- und Ausfuhrpreis- 0,4 elastizitäten von Kee, Nicita 0,3 und Olarreaga (2008) und 0,2 von Broda, Limão und Wein- 0,1 stein (2008), um die Inzidenz 0,0 einer Erhöhung des Einfuhr- Mischgüter Zwischenerzeugnisse zolles um 25 Prozentpunkte zu 0,4 berechnen.5 Abbildung 3 zeigt den zu 0,3 erwartenden durchschnittli- 0,2 chen Anstieg für chinesische Produkte (HS92-4-Stellen) 0,1 für die vier Oberkategorien. Wie bereits durch die Vertei- 0,0 0 5 10 15 20 25 0 5 10 15 20 25 lung des Importzollanstiegs Verteilung der Konsumentenpreisänderung in Prozentpunkten in Abbildung 2 angedeutet, sind Konsumgüter am stärks- Anmerkung: Dargestellt werden Anteile; die Höhe der Balken addiert sich jeweils zu eins. teil (Dichte) der HS92- 4-Stellen Produkte ten betroffen: Deren Preis in Quelle: Berechnungen der Autoren. © ifo Institut den USA steigt um mehr als 6,5 Prozentpunkte. Preise von betroffenen Zwischen Insbesondere Haushalte in den unteren Einkom- erzeugnissen steigen um ca. 5,2 Prozentpunkte, wäh- mensschichten in den USA werden von diesem Prei- rend sich Investitionsgüter lediglich um 2 Prozent- sanstieg stark betroffen sein, da diese einen größe- punkte verteuern. Im Durchschnitt steigen die US-Im- ren Teil ihres Einkommens für (günstige) chinesische portpreise um 4,5 Prozentpunkte.6 In Abbildung 4 Importe ausgeben (vgl. Zoller-Rydzek 2018). Damit zeigen wir die Verteilung des Preisanstiegs. Wäh- werden die Importzölle zu einem relativen stärkeren rend für die meisten Produkte der Preisanstieg sehr Rückgang des realen Einkommens dieser Schichten moderat im unteren einstelligen Bereich ist, gibt es führen. bei Konsumgütern und Zwischenerzeugnissen einige Abbildungen 5 und 6 zeigen die Preisänderun- Produkte, deren Preis um mehr als 20 Prozentpunkte gen und deren Verteilung für chinesische Exporteure. ansteigen wird. Es wird sehr deutlich, dass die betroffenen Produkte strategisch ausgewählt wurden, damit chinesische 5 Wir verwenden die Standardformel der Steuerinzidenz: Firmen einen großen Teil der Belastung durch die Ein- ∈N/(∈A–∈N), wobei ∈N die Importpreiselastizität und ∈A die Export- preiselastizität ist. fuhrzölle tragen. Im Durchschnitt sinken die Preise für 6 Der importvolumengewichtete mittlere Preisanstieg ist mit chinesische Firmen um mehr als 20 Prozentpunkte. 4,64 Prozentpunkten nur geringfügig höher. Ein solch dramatischer Rück- Abb. 3 gang kann dazu führen, dass Durchschnittlicher Preisanstieg für US-Konsumenten/Firmen sich viele chinesische Fir- Nach einer Anhebung der Einführzölle um 25 Prozentpunkte; HS92-4-Stellen Produkte men aus dem amerikanischen Markt zurückziehen werden.7 Investitionsgüter AUSSENHANDELSBILANZ Nicht nur die Preise passen sich Konsumgüter an, sondern auch die Import- mengen. Beides führt zu einem Mischgüter Rückgang des US-Importvolu- mens aus China. Abbildung 7 7 Insbesondere US-multinationale Zwischenerzeugnisse Firmen werden die negativen Auswir- kungen spüren. Hohe Investitionen in chinesische Produktionsstätten 0 1 2 3 4 5 6 7 machen es kostspielig, Zulieferketten anzupassen. Daher ist zu erwarten, Mittlerer Anstieg (in Prozentpunkten) des US-Verbraucherpreises dass die Profite von US-multinationale Quelle: Berechnungen der Autoren. © ifo Institut Firmen stark zurückgehen werden. ifo Schnelldienst 22 / 2018 71. Jahrgang 22. November 2018 33
FORSCHUNGSERGEBNISSE Abb. 5 zeigt den durchschnittlichen Durchschnittlicher Preisrückgang für chinesische Firmen Rückgang des US-Import Nach einer Anhebung der Einfuhrzölle um 25 Prozentpunkte; HS92 4-Stellen Produkte volumens aufgrund einer Anhebung der Einfuhrzölle um Investitionsgüter 25 Prozentpunkte. Der Import von Zwischenerzeugnisse und Konsumgüter sinkt um über Konsumgüter 40 Prozentpunkte. Insgesamt gehen Importe aus China im Mittel um 37 Prozentpunkte Mischgüter zurück. Dies ist in etwa zu glei- chen Teilen auf eine Anpas- Zwischenerzeugnisse sung der Menge, die sich im Durchschnitt um 20 Prozent- -25 -20 -15 -10 -5 0 punkte verringert, und der Mittlerer Rückgang (in Prozentpunkten) des chinesichen Produzentenpreises Reduktion des Produzenten- Quelle: Berechnungen der Autoren. © ifo Institut preises um 21 Prozentpunkt, zurückzuführen. Abb. 6 Im Jahr 2017 hatten die Verteilung der chinesischen Produzentenpreisveränderung nach einem Anstieg des USA ein Handelsbilanzdefi- Importzolls von 25 Prozentpunkten Vier Produktgruppen, Anteil (Dichte) der HS92-4-Stellen Produkte zit von ca. 375 Mrd. US-Dol- lar gegenüber China. Unter Investitionsgüter Konsumgüter der Annahme, dass sich weder 0,7 Wechselkurse anpassen, China 0,6 Vergeltungsstrafzölle erhebt 0,5 oder es Nachfrageeffekte aus 0,4 Drittstaaten gibt, würde durch 0,3 den Importvolumenrückgang 0,2 0,1 das Defizit um 63 Mrd. US-Dol- 0,0 lar auf 312 Mrd. US-Dollar sin- ken. Dies ist keinesfalls trivial, Mischgüter Zwischenerzeugnisse 0,4 aber die USA sind dennoch weit von einer ausgegliche- 0,3 nen Handelsbilanz mit China 0,2 entfernt. 0,1 ZOLLEINNAHMEN UND WOHLFAHRTSEFFEKTE 0,0 -25 -20 -15 -10 -5 0 -25 -20 -15 -10 -5 0 Verteilung der Produzentenpreisänderung in Prozentpunkten Wir berechnen die gesam- Anmerkung: Die Höhe der Balken addiert sich jeweils zu eins. Quelle: Berechnungen der Autoren. © ifo Institut ten Wohlfahrtsverluste als dunkelrote und dunkelgrüne Abb. 7 dreieckige Fläche in Abbil- Durchschnittlicher Rückgang in Prozentpunkten des US-Importvolumens dung 1. Diese kann als mone- Nach einer Anhebung der Einfuhrzölle auf 25%; HS92 4-Stellen Produkte täre Größe interpretiert wer- den bzw. die Zahlungsbereit- Investitionsgüter schaft chinesischer Firmen und amerikanischer Konsu- menten, eine Zollerhöhung Konsumgüter zu umgehen. Der über alle Güter aggregierte Wohlfahrts- verlust in China und den USA Mischgüter entspricht 1,6 Mrd. US-Dollar, davon entfallen nur 33% bzw. Zwischenerzeugnisse 522 Mio. US-Dollar auf US-Kon- sumenten und Firmen (dun- kelgrünes Dreieck). Nun muss -45 -40 -35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 Mittlerer Rückgang (in Prozentpunkten) des US-Importvolumens man aber berücksichtigen, dass Quelle: Berechnungen der Autoren. © ifo Institut ein großer Teil der Zölle nicht 34 ifo Schnelldienst 22 / 2018 71. Jahrgang 22. November 2018
FORSCHUNGSERGEBNISSE von amerikanischen Konsumenten oder Firmen getra- LITERATUR gen wird, sondern die Zollinzidenz hauptsächlich auf Autor, D., D. Dorn und G. Hanson (2013), »The China Syndrome: Local chinesischen Produzenten liegt. Das heißt, dass diese Labor Market Effects of Import Competition in the United States«, Ameri- die US-Zolleinnahmen durch ihre geringen Gewinn- can Economic Review 103(6), 2121–2168. margen finanzieren. Die Zolleinahmen könnten nun Autor, D., D. Dorn und G. Hanson (2016), »The China Shock: Learning from Labor-Market Adjustment to Large Changes in Trade«, Annual Review of verwendet werden, die Wohlfahrtsverluste ameri- Economics 8, 205–240. kanischer Konsumenten und Firmen auszugleichen. Bown, C., E. Jung und Z. Lu (2018), »Trump and China Forma- Insgesamt belaufen sich die zusätzlichen Zolleinnah- lize Tariffs on $ 260 Billion of Imports and Look Ahead to Next Phase«, The Peterson Institute for International Economics, verfüg- men auf 22,5 Mrd. US-Dollar. Von diesen werden bar unter: https://piie.com/blogs/trade-investment-policy-watch/ 18,9 Mrd. US-Dollar von chinesischen Firmen gezahlt. trump-and-china-formalize-tariffs-260-billion-imports-and-look. Damit ergibt sich ein Nettowohlfahrtsgewinn für die Bown, C. und M. Kolb (2018), »Trump’s Trade Wars Timeline: An Up-to-date amerikanische Volkswirtschaft in Höhe von 18,4 Mrd. Guide«, The Peterson Institute for International Economics, verfügbar unter: https://piie.com/system/files/documents/trump-trade-war-timeline.pdf. US-Dollar. Broda, C., N. Limão und D. Weinstein (2008), »Optimal Tariffs: The Evi- Mit der strategischen Auswahl der vom Zoll betrof- dence«, American Economic Review 98(5), 2032–2365. fenen chinesischen Güter gelingt es, die Wohlfahrts- Gloe-Dizioli, A. und B. van Roye (2018), »Macroeconomic Implications of verluste geschickt auf chinesische Firmen abwälzen. Increasing protectionism«, ECB Economic Bulletin (6), 35–38. Dies ist Teil einer optimalen Zollstrategie (vgl. Irwin Irwin, D. (1996), Against the the tide: An intelectual history of free trade, Princeton University Press, Princeton. 1996 für einen ausführlichen Überblick). Wenn die Kee, H., A. Nicita und M. Olarreaga (2008), »Import Demand Elasticities Importelastizität hoch ist, führt dies zu einer geringe- and Trade Distortions«, The Review of Economics and Statistics 90(4), ren Mengenanpassung und einer hohen Zollinzidenz 666–682. für ausländische (chinesische) Produzenten. Stokes, B. (2018), »Americans, Like Many in Other Advanced Economies, Not Convinced of Trade’s Benefits«, 26. September, PEW Institute, ver- fügbar unter: http://www.pewglobal.org/2018/09/26/americans-like-ma- ny-in-other-advanced-economies-not-convinced-of-trades-benefits/. Zoller-Rydzek, B. (2018), »Trade Effects of Within-Country Inequality«, mimeo. ifo Schnelldienst 22 / 2018 71. Jahrgang 22. November 2018 35
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