Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte

 
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Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt
in der Schule

              Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

              IMPRESSUM

              HERAUSGEBER
              Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) Mecklenburg-Vorpommern e. V.
              in Kooperation mit dem Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern

              Autorinnen und Autoren
              Regine Hartung, Benjamin Krohn, Daniel Wirszing, Özlem Nas,
              Beate Proll, Mara Sommerhoff, Ulrike Wojahn

              Adaption für Mecklenburg-Vorpommern
              Michael Thoß, Kerstin Gieseking

              Gestaltung
              STEFFEN MEDIA GmbH Friedland · Berlin · Usedom
              2. Auflage 2021

              KONTAKT
              RAA Mecklenburg-Vorpommern e. V.
              Am Melzer See 1
              17192 Waren (Müritz)

              Telefon:    03991 6696-0
              Telefax:    03991 6696-11
              E-Mail:     info@raa-mv.de
              Internet:   www.daz-mv.de

              Die vorliegende Broschüre wurde auf der Grundlage der Publikation „Vielfalt in der Schule.
              Religiöse Fragen in der Schule | Sport- und Schwimmunterricht | Sexualerziehung | Schulfahrten“
              des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hamburg entwickelt.
              Wir danken den Kolleginnen und Kollegen für ihre Unterstützung.

              Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Verwertung dieser Publikation bedarf – soweit das Urheberrecht nicht
              ausdrücklich Ausnahmen zulässt – der schriftlichen Einwilligung des Herausgebers.

              Die Handreichung wurde aus Mitteln des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur
              Mecklenburg-Vorpommern finanziert.
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

INHALT

      Geleitwort                     ......................................................................................................................................................................................................................................   2

1     Einleitung                   ......................................................................................................................................................................................................................................     3

2     Religiöse Feste und Fastenzeiten ................................................................................................................................................................                                                                       4
2.1   Unterrichtsbefreiung aus Anlass christlicher Feiertage .................................................................................................                                                                                                                5
2.2   Unterrichtsbefreiung aus Anlass jüdischer Feste ....................................................................................................................                                                                                                    6
2.3   Beurlaubung vom Unterricht aus Anlass islamischer Feste ....................................................................................                                                                                                                            7
2.4   Empfehlungen zum Umgang mit religiösen Feiertagen ...............................................................................................                                                                                                                       7
2.5   Islamische Fastenzeit (Ramadan) .................................................................................................................................................................                                                                       8
2.6   Empfehlungen zum Ramadan ..........................................................................................................................................................................                                                                     8
2.7   Gebet in der Schule .......................................................................................................................................................................................................                                             9
2.8   Speisevorschriften .............................................................................................................................................................................................................                                        9

3     Bekleidungsvorschriften                                                  ......................................................................................................................................................................................   11

4     Sport- und Schwimmunterricht ............................................................................................................................................................... 13
4.1   Unterrichtsbefreiung vom Sport- und Schwimmunterricht ................................................................................. 13
4.2   Bekleidung im Sport- und Schwimmunterricht ................................................................................................................... 14

5     Sexualerziehung ............................................................................................................................................................................................................. 16
5.1   Empfehlungen für die Kommunikation mit den Eltern .............................................................................................. 17

6     Schulwanderungen und Schulfahrten ............................................................................................................................................. 19
6.1   Informationen zu aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten ................................................................................ 21
6.2   Empfehlungen für die Kommunikation mit den Eltern .............................................................................................. 22

7     Ansprechpartner und weitere Informationen                                                                                                .....................................................................................................................    26

                                                                                                                                                                                                                                                                                  1
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

                                                                                  Geleitwort

                                                                                  Sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer,

                                                                                  in den vergangenen Jahren sind viele Menschen
                                                                                  aus anderen Ländern und Kulturen in unser Bun-
                                                                                  desland zugewandert. Damit sind auch Kinder
                                                                                  mit Migrationshintergrund in vielen Schulen Teil
                                                                                  des Schulalltags. Als Lehrkräfte sehen Sie sich im
                                                                                  Hinblick auf die sprachliche, aber auch kulturel-
                                                                                  le Integration dieser Schülerinnen und Schüler
                                                                                  vor besondere Aufgaben gestellt.

                                                                                  Die vorliegende Handreichung „Kulturelle und
                                                  © Ute Grabowsky, photothek.de

                                                                                  religiöse Vielfalt in der Schule“ versteht sich als
                                                                                  Hilfestellung für Sie als Lehrkräfte, um häufig
                                                                                  auftretende Fragen aus der schulischen Praxis zu
                                                                                  religiöser und kultureller Verschiedenheit zu be-
                                                                                  antworten.

                                                                                  Bitte nutzen Sie für weiterführende Fragen im
                                                                                  Umgang mit kultureller und religiöser Vielfalt
                                                                                  auch die Kontaktdaten von Beratungsstellen so-
                                                                                  wie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpart-
                                                                                  nern in unserem Land, die Sie am Ende dieser
                                                                                  Broschüre finden.

                                                                                  Bettina Martin
                                                                                  Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
                                                                                  des Landes Mecklenburg-Vorpommern

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Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

1 Einleitung

Die Zuwanderung von Menschen aus unter-           entstehen, die im Schulalltag einer konstrukti-
schiedlichen Kulturkreisen nach Mecklenburg-      ven Lösung bedürfen. Ziel muss es dabei sein,
Vorpommern hat auch viele Fragen im Umgang        den Bildungsauftrag der Schule in Einklang mit
mit kulturellen und religiösen Werten von Schü-   dem Grundrecht auf Freiheit des religiösen und
lerinnen und Schülern im Schulalltag aufgewor-    weltanschaulichen Bekenntnisses und der Erzie-
fen. Religionen beeinflussen das Handeln, Den-    hungspflicht der Eltern zu bringen.
ken und Fühlen von Menschen, weil sie Gebote
und Verbote aufstellen, die von den Gläubigen     Die vorliegende Handreichung möchte auf der
zu befolgen sind und somit eine große Wir-        Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen Lehr-
kungskraft entfalten können.                      kräften eine Orientierung und Handlungssicher-
                                                  heit geben, damit sie im Schulalltag angemessen
In der Schule kann es hier zu Überschneidungen    auf kulturelle und religiöse Überschneidungssi-
zwischen dem staatlichen Bildungsauftrag und      tuationen reagieren können. Grundlage hierfür
religiösen Regeln kommen. Konkret geht es um      ist der Respekt vor anderen Kulturen, Sprachen
den Umgang mit religiösen Festen und Fasten-      und Religionen.
zeiten, die Teilnahme am Sport- und Schwimm­
unterricht sowie an Schulfahrten, den koeduka-    Zusätzlich erhalten Sie im Serviceteil noch wei-
tiven Unterricht, Sexualerziehung, das Tragen     tere Informationen zu Ansprechpartnern und
von religiösen Zeichen oder religiös begründete   Unterstützungsangeboten, um die Zusammenar-
Speisevorschriften. Bei diesen Themen können      beit mit Schülerinnen und Schülern sowie deren
Spannungsfelder für Schülerinnen und Schüler      Eltern zu gestalten.

                                                                                                  3
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

2 Religiöse Feste und Fastenzeiten

Feste und Feiertage spielen in allen Religionen    eine große Bedeutung und werden als Teil der
eine zentrale Rolle. Sie erinnern an Personen,     eigenen kulturellen Identität begriffen.
Orte und Ereignisse, die eine herausragende Be-    In Mecklenburg-Vorpommern sind bestimmte
deutung für die Entstehung von Religionen ha-      hohe christliche Festtage staatliche Feiertage
ben. Sie kehren zyklisch wieder und heben sich     und damit unterrichtsfrei. Das sind: Kar­freitag,
durch besondere Riten und Bräuche aus dem          Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingst­mon­-
Alltag heraus. Oftmals dienen sie der Besinnung    tag, Reformationstag sowie 1. Weihnachtsfeier-
und Neuorientierung, was zum Beispiel durch        tag und 2. Weihnachtsfeiertag.
Handlungen wie das Fasten und Fastenbrechen        Darüber hinaus können Schülerinnen und
unterstrichen wird. Feste und Feiertage erinnern   Schüler sowie auch Lehrkräfte, die sich zu
nicht nur an zentrale Ereignisse in der Heilsge-   staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften
schichte der jeweiligen Religion, sondern sind     (siehe Infobox) bekennen, auf der Grundlage des
darüber hinaus Zeiten, in denen der Zusam-         Gesetzes über Sonn- und Feiertage § 7 Absatz 3
menhalt in einer Religionsgemeinschaft durch       „Kirchliche Feiertage“ vom Unterricht befreit
gemeinsam praktizierte Bräuche und Rituale         werden, um ihnen den Besuch des Gottesdienstes
gefestigt wird. Auch für viele Menschen, denen     an kirchlichen Feiertagen zu ermöglichen, die
der religiöse Bezug zu den Festen im engeren       keine staatlichen Feiertage sind:
Sinne verloren gegangen ist, haben sie oftmals     „An kirchlichen Feiertagen ist Schülern und

          Staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften
          Staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften mit dem Status einer
          Körperschaft des öffentlichen Rechts in Mecklenburg-Vorpommern sind:
          • die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland,
                                                                                      !
          • die Evangelisch-Reformierte Kirche in Mecklenburg,
          • das Erzbischöfliche Ordinariat Berlin (für Vorpommern),
          • das Erzbischöfliche Generalvikariat Hamburg (für Mecklenburg),
          • das Erzbischöfliche Amt Schwerin,
          • der Landesverband der Jüdischen Gemeinden,
          • die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche,
          • die Neuapostolische Kirche,
          • die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten sowie
          • die Zeugen Jehovas in Deutschland.

4
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

Lehrern aller Schularten, die sich zu staatlich                Katholische Schülerinnen und Schüler können an
anerkannten Religionsgemeinschaften beken-                     folgenden Feiertagen für den Besuch der Messe
nen, auf Wunsch Freistellung vom Unterricht                    vom Unterricht befreit werden:
zum Besuch des Gottesdienstes zu gewähren.“1                   • Dreikönigstag (6. Januar),
                                                               • Fronleichnam (beweglicher Feiertag im Mai
2.1 Unterrichtsbefreiung                                          oder Juni),
    aus Anlass christlicher Feiertage                          • Allerheiligen (1. November).

Für evangelische Schülerinnen und Schüler ist                  Die Klassenlehrerinnen und -lehrer sind in den
zum Besuch des Gottesdienstes eine Unterrichts-                oben genannten Fällen rechtzeitig über den
befreiung an folgendem Tag möglich:                            Wunsch auf Befreiung vom Unterricht zu infor-
• Buß- und Bettag (beweglicher Feiertag)                       mieren.

1 Feiertagsgesetz Mecklenburg-Vorpommern – FTG M-V in der      Bei Festtagen der christlich-orthodoxen Kirchen,
  Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 2002 (GVOBl. M-V
  S. 145), zuletzt geändert am 15. November 2012 (GVOBl. M-V   die nicht zu den staatlich anerkannten Religions-
  S. 502 f.)

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Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

     Religiöse Kalender

     Die Religionen benutzen für die Berechnung von Feiertagen unterschiedliche Kalendersyste-
     me. Während sich die großen christlichen Kirchen in Deutschland nach dem gregorianischen
     Kalender richten, wird in einigen christlich-orthodoxen Kirchen der julianische Kalender mit
     einer Zeitdifferenz von gegenwärtig 13 Tagen verwendet. Weihnachten wird hier statt am
     24./25. Dezember erst am 7. Januar gefeiert. Weiterhin ist zu beachten, dass es im Christen-
     tum neben festen Feiertagen wie Weihnachten auch bewegliche Feiertage wie Ostern und
     Pfingsten gibt.
     Der islamische Kalender beruht auf den Mondphasen. Dadurch sind die Monate etwas kür-
     zer und „wandern“ rückwärts durch das Jahr. Die Feiertage im jüdischen Kalender finden
     zwar in jedem Jahr im selben Monat statt, verschieben sich aber um einige Tage im Vergleich
     zum gregorianischen Kalender.

gemeinschaften zählen, kann auf Antrag gemäß                           • Pessach
§ 9 Absatz 1 Schulpflichtverordnung eine Be-                             Fest zum Auszug aus Ägypten, am 1., 2., 7.
urlaubung durch die Schulleiterin beziehungs-                            und 8. Tag (März/April),
weise den Schulleiter erfolgen.2 Dabei ist zu                          • Schawuoth
beachten, dass sich einige christlich-orthodoxe                          Wochenfest, am 1. und 2. Tag (Mai/Juni),
Kirchen − aber durchaus nicht alle − nach dem                          • Rosch Haschana
julianischen Kalender richten und daher hohe                             Neujahrsfest, am 1. und 2. Tag (September/
christliche Feste wie Weihnachten, Karfreitag                            Oktober),
oder Ostern 13 Tage später gefeiert werden.                            • Jom Kippur
                                                                         Versöhnungsfest (September/Oktober),
                                                                       • Sukkoth
2.2 Unterrichtsbefreiung                                                 Laubhüttenfest, am 1. und 2. Tag (September/
    aus Anlass jüdischer Feste                                           Oktober),
                                                                       • Schemini Azeret
Schülerinnen und Schülern soll auf Wunsch an                             Schlussfest (September/Oktober),
folgenden Tagen die Teilnahme am Gottesdienst                          • Simchat Thora
ermöglicht werden:3                                                      Fest der Gesetzesfreude (September/
                                                                         Oktober).
2 Verordnung über die Verfahren zur näheren Ausgestaltung
  der Schulpflicht an allgemeinbildenden Schulen
  (Schulpflichtverordnung - SchPflVO M-V) vom 23. Dezember 1996,
  letzte berücksichtigte Änderung: § 2 geändert durch Verordnung vom   Die Klassenlehrerinnen und -lehrer sind hier
  18. Dezember 2006 (Mittl.bl. BM M-V S. 3 / GVOBl. M-V 2007 S. 49)
3 Vertrag zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit                 rechtzeitig über den Wunsch auf Befreiung vom
  dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Mecklenburg-
  Vorpommern vom 14. Juni 1996                                         Unterricht zu informieren.

6
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

2.3 Beurlaubung vom Unterricht                                         2.4 Empfehlungen zum Umgang
    aus Anlass islamischer Feste                                           mit religiösen Feiertagen

Für Schülerinnen und Schüler, die sich zu islami-                      • Achten Sie bei der Planung von Klassenarbei-
schen Religionsgemeinschaften bekennen, kann                             ten und Klausuren sowie schulischen Veran-
auf Antrag gemäß § 9 Absatz 1 Schulpflichtverord-                        staltungen wie Klassenfahrten auf hohe reli-
nung eine Beurlaubung vom Unterricht erfolgen:                           giöse Feiertage.
„Auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder des                        • Schulinterne Absprachen im Umgang mit re-
volljährigen Schülers kann ein Schüler aus wich-                         ligiösen Festen und der damit verbundenen
tigen Gründen vom Schulbesuch beurlaubt wer-                             Unterrichtsbefreiung sind von zentraler Be-
den. Die Beurlaubung ist rechtzeitig schriftlich                         deutung bei der Umsetzung der rechtlichen
bei der Schule zu beantragen.“4 Eine generelle                           Regelungen.
Nichtteilnahme muslimischer Schülerinnen und                           • Informieren Sie die Eltern Ihrer Klasse recht-
Schüler am Unterricht wegen der Fastenzeit ist                           zeitig über die rechtlichen Grundlagen und
jedoch als Schulpflichtverletzung anzusehen.                             Möglichkeiten zur Unterrichtsbefreiung an
Eine "präventive" Beurlaubung durch Lehrkräfte                           religiösen Feiertagen und treffen Sie Verein-
oder Schulleitungen ist unzulässig.                                      barungen.
                                                                       • Machen Sie die jeweiligen Festtage für alle
Wichtige islamische Feste sind:                                          Schülerinnen und Schüler transparent und
• Opferfest                                                              sprechen Sie darüber beispielsweise in den
  viertägiges Fest zur Erinnerung an die                                 Klassenleiterstunden. Indem die Schülerin-
  Bereitschaft Abrahams, seinen Sohn zu                                  nen und Schüler über ihre Feste und Bräuche
  opfern (beweglich),                                                    erzählen, kann interkulturelles Lernen in der
• Fest des Fastenbrechens                                                Klasse gefördert werden.
  dreitägiges Fest am Ende des Fastenmonats
  Ramadan (beweglich),
• Aschura-Tag
  die Schiiten gedenken der Schlacht von
  Kerbela, viele Sunniten gedenken mehrerer
                                                                         Praxistipp                       S
                                                                         In Schulen mit einer religiös heterogenen
                                                                         Schülerschaft fällt es nicht immer leicht, alle
  Ereignisse, wie z. B. der Errettung vor der                            religiösen Festtage im Blick zu behalten,
  Sintflut (beweglich).                                                  insbesondere wenn es sich um bewegliche
                                                                         Festtage handelt. Nutzen Sie bei der Jahres-
                                                                         planung einen interkulturellen Kalender, der
                                                                         Sie über die wichtigsten Feste und deren Be-
4 Verordnung über die Verfahren zur näheren Ausgestaltung der            deutung informiert.
  Schulpflicht an allgemeinbildenden Schulen (Schulpflichtverordnung
  - SchPflVO M-V) vom 23. Dezember 1996, letzte berücksichtigte             Interkultureller Kalender
  Änderung: § 2 geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 2006
  (Mittl.bl. BM M-V S. 3 / GVOBl. M-V 2007 S. 49)

                                                                                                                           7
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

2.5 Islamische Fastenzeit (Ramadan)                   2.6 Empfehlungen zum Ramadan

Der Begriff Ramadan hat zwei Bedeutungen:             Der Wunsch von Schülerinnen und Schülern,
Zum einen bezeichnet er den neunten Monat im          während des Ramadans zu fasten, ist zu respek-
islamischen Kalender und zum anderen den is-          tieren. Wenn eine Schülerin oder ein Schüler kör-
lamischen Fastenmonat. Der Ramadan gehört zu          perlich an ihre oder seine Grenzen kommt, kann
den Fünf Säulen des Islams und ist entsprechend       das Fasten auch unterbrochen und zu einem spä-
von zentraler Bedeutung für alle Muslime. Das         teren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Ende des Ramadan wird mit dem Ramadanfest             Im Umgang mit dem Fasten von Schülerinnen und
gefeiert. Etwa 40 Tage nach dem Ramadan findet        Schülern sind in jeder Schule verbindliche Ab-
das „Opferfest“ statt. Es gilt als das höchste Fest   sprachen zwischen den betreffenden Schülerin-
für Muslime und dauert bis zu vier Tage.              nen und Schülern und deren Eltern oder Sorgebe-
                                                      rechtigten für die Zeit des Ramadan erforderlich.
Das Fasten ist der zentrale Brauch im Ramadan         Die Lehrkräfte sollten daher bereits vor Beginn
und wird von gläubigen Muslimen vom Sonnen-           der Fastenzeit das Gespräch mit den betreffenden
aufgang bis zum Sonnenuntergang eines jeden           Schülerinnen und Schülern führen und auch den
Tages praktiziert. Aufgrund des islamischen Ka-       Standpunkt der Schule zum Fasten darlegen. Ziel
lenders verschiebt sich der Fastenmonat von Jahr      ist es, den schulischen Erfolg und das gesundheit-
zu Jahr. Dementsprechend kann das tägliche Fa-        liche Wohlbefinden der Schülerinnen und Schü-
sten in unseren Breiten zwischen acht Stunden −       ler in der Fastenzeit in Einklang zu bringen. Fol-
in Jahren, in denen der Ramadan in den Winter-        gende Punkte sind dabei zu berücksichtigen:
monaten stattfindet − und 16 Stunden − in den         • Auch wenn das Fasten für Kinder vor der Pu-
Sommermonaten − dauern.                                   bertät im Islam nicht vorgesehen ist, fasten
                                                          manche Kinder im Grundschulalter, weil sie
Das Fasten beinhaltet nicht nur den Verzicht auf          gerne an der gemeinschaftlichen Praxis teil-
Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, sondern               nehmen wollen. Sollten bei jüngeren Schüle-
wird je nach religiöser Zugehörigkeit auch auf            rinnen und Schülern, die am Fasten teilneh-
weitere Aspekte der Lebensführung ausgeweitet,            men, gesundheitliche Probleme auftauchen,
wie Sexualität und das Unterlassen von Verhal-            sind diese nach Hause zu schicken bezie-
ten, das als sündhaft angesehen wird.                     hungsweise von den Eltern oder Sorgeberech-
Bei der Fastenpflicht gibt es jedoch auch Ein-            tigten abzuholen.
schränkungen. So ist es Muslimen verboten, sich       • Klassenarbeiten und Klausuren sollten in den
durch das Fasten gesundheitlich zu gefährden.             ersten frühen Morgenstunden stattfinden.
Kranke, Schwangere und Kinder vor der Pubertät            Wenn möglich, sollte darauf geachtet wer-
sollen nicht fasten.                                      den, dass nicht gehäuft Klassenarbeiten und
                                                          andere Leistungsfeststellungen zur Zeit des
                                                          Ramadan durchgeführt werden.

8
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

• Während der Prüfungszeit werden keine Frei-      2.8 Speisevorschriften
  stellungen genehmigt.
• Fastende Schülerinnen und Schüler sind nicht     In vielen Religionen gibt es Speisevorschriften.
  vom Sportunterricht zu befreien, sondern soll-   Dabei geht es um Gebote und Verbote in Be-
  ten leichte Übungen machen.                      zug auf bestimmte Nahrungsmittel, die Zuberei-
• Fastende Schülerinnen und Schüler müssen         tung und Abfolge von Speisen oder das rituelle
  besonders in den Sommermonaten von den           Schlachten von Tieren. Bekannte Beispiele sind
  Lehrkräften beobachtet werden. Wenn De-          der Verzicht auf Fleischspeisen am Freitag im Ka-
  hydrierungen auftreten, müssen diese Schü-       tholizismus, der Verzicht auf Schweinefleisch im
  lerinnen oder Schüler schnell Flüssigkeit be-    Islam sowie das Schächten von Tieren im Juden-
  kommen und gegebenenfalls ärztlich versorgt      tum und im Islam.
  werden. In solchen Fällen kann die Schule
  verlangen, dass auf das Fasten aus gesund-       An Ganztagsschulen, die den Schülerinnen und
  heitlichen Gründen verzichtet wird.              Schülern eine warme Mittagsmahlzeit anbieten,5
                                                   und generell bei Klassenfahrten stellt sich die Fra-
                                                   ge, wie Schülerinnen und Schüler, die bestimm-
2.7   Gebet in der Schule                          ten religiösen Speiseregeln folgen, mit entspre-
                                                   chenden Mahlzeiten versorgt werden können.
Das Gebet ist in vielen Religionen ein zentraler
Bestandteil der Glaubenspraxis. Im Schulalltag     Nehmen Sie hier frühzeitig mit den Eltern
kann es daher zu Anfragen von Schülerinnen         sowie den Schülerinnen und Schülern Kontakt
und Schülern oder ihren Eltern kommen, ob und      auf, um die Bedarfe zu klären, aber auch die
wie Gebete in der Schule verrichtet werden kön-    Möglichkeiten der Schule aufzuzeigen:
nen.                                               • Ermitteln Sie, wie viele Schülerinnen und
Da es keinen Rechtsanspruch zur Durchführung         Schüler besondere Speisevorschriften befol-
des Gebets während der Unterrichtszeit gibt,         gen.
muss hier nach individuellen Lösungen gesucht      • Besprechen Sie mit Eltern, Schülerinnen und
werden. Sie können Schülerinnen und Schülern         Schülern, welche Erwartungen sie an die
während der unterrichtsfreien Zeit (zum Beispiel     Schulverpflegung haben. Möglicherweise
große Pause, Freistunden) den Zugang zu einem        ist die Toleranz der Eltern, Schülerinnen und
freien Raum gewähren, in dem sie ungestört das       Schüler hinsichtlich der Verpflegung größer
Gebet durchführen können. Alternativ könnte          als gedacht.
auch überlegt werden, ob für alle Schülerinnen     • Eine Kennzeichnung der verwendeten Fleisch-
und Schüler ein Raum der Stille als Gebets-, An-     sorten bei den Einzelmenüs, zum Beispiel
dachts- und Meditationsraum eingerichtet wird.     5 „Ganztägiges Lernen an öffentlichen allgemein bildenden Schulen in
                                                     Mecklenburg-Vorpommern“, Verwaltungsvorschrift des Ministeriums
                                                     für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 28. März 2018, zuletzt
                                                     geändert durch die Erste Änderung vom 21. Januar 2020

                                                                                                                    9
§
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

   Rechtliche Lage

   Die Glaubensfreiheit von Schülerinnen und Schülern aus Artikel 4 Absatz 1 und 2 des
   Grundgesetzes berechtigt sie grundsätzlich, während des Besuchs der Schule außerhalb der
   Unterrichtszeit ein Gebet zu verrichten.6 Es gibt dabei aber keinen Rechtsanspruch für einzelne
   Schülerinnen und Schüler bzw. Schülergruppen auf besondere Vorkehrungen zum Gebet, wie
   Unterrichtsbefreiungen oder den Zugang zu Räumen.
   Einerseits gebietet es die (positive) Bekenntnisfreiheit, dass den entsprechenden Schülerinnen
   und Schülern in der unterrichtsfreien Zeit die räumliche Möglichkeit für ein Gebet gegeben
   wird. Andererseits findet die Berechtigung zum Gebet ihre Schranke in der Wahrung des
   Schulfriedens und der (negativen) Bekenntnisfreiheit der übrigen Schülerschaft, wenn
   beispielsweise eine Schülergruppe demonstrativ oder öffentlich in der Mensa beten möchte.

   6

  durch eindeutige Bildkarten/Piktogramme, er-                       gung unter Schülerinnen und Schülern signifi-
  höht die Transparenz und schafft Vertrauen.                        kant.
• Vereinbaren Sie mit dem Speiseanbieter, dass
  täglich mindestens eine vegetarische Mahl-                         Weitere Informationen zum Thema interreligiöse
  zeit angeboten wird.                                               Schulverpflegung sind im Rahmen des Nationa-
                                                                     len Aktionsplans „IN FORM - Deutschlands In-
Auch wenn nicht alle Speisevorschriften in der                       itiative für gesunde Ernährung und mehr Bewe-
Schulverpflegung berücksichtigt werden können,                       gung“ zu finden.
erhöhen doch schon einzelne Maßnahmen, wie
                                                                         IN FORM
das tägliche Angebot von einem vegetarischen
Gericht zusätzlich zu einem Fleischgericht oder
die eindeutige Kennzeichnung der angebotenen
Fleischsorten, die Akzeptanz der Schulverpfle-

6 Vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts BVerwG 6 C 20.10 vom 30.11.2011

10
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

3 Bekleidungsvorschriften

In vielen Religionen gibt es Vorschriften in Bezug                 Auf der Grundlage des Grundrechts auf Glau-
auf die Bekleidung. In der öffentlichen Wahrneh-                   bens- und Bekenntnisfreiheit (Artikel 4 Absatz 1
mung spielt das muslimische Kopftuch eine be-                      und 2 des Grundgesetzes) ist in der Schule die
sondere Rolle, so auch im Schulalltag. Der Koran                   religiöse Bekleidung von Schülerinnen und Schü-
nennt nur wenige Kleidungsvorschriften, die von                    lern, wie das Tragen des Kopftuches, anzuerken-
Musliminnen und Muslimen ganz unterschied-                         nen und zu respektieren. Es gibt allerdings auch
lich ausgelegt werden, insbesondere auch in Be-                    Grenzen, die gemeinsam ausgehandelt werden
zug auf die Verschleierung der Frau.7                              sollten. So verhindert eine Verhüllung des ganzen
                                                                   Körpers oder des Gesichts die offene Kommuni-
                                                                   kation im Unterricht und ist mit dem Unterricht
7 Vgl. Thesen zum Kopftuch des Interkulturellen Rats Deutschland   an einer staatlichen Schule nicht vereinbar.

                                                                                                                 11
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

Entsprechend der Entscheidung des Bundes-                           Zusammenfassend lässt sich aufgrund der Ent-
verfassungsgerichts vom 27. Januar 2015 gilt                        scheidung des Bundesverfassungsgerichts für
der Schutz des Grundrechts auf Glaubens- und                        die Organisation des Schulbetriebes in Mecklen-
Bekenntnisfreiheit auch für Lehrkräfte, die in                      burg-Vorpommern Folgendes festhalten: Einer-
der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemein-                          seits haben Lehrkräfte die Freiheit, das religiöse
schaftsschule aus religiösen Gründen einem als                      Glaubensbekenntnis im Dienst außenwirksam
verpflichtend verstandenen Bedeckungsgebot                          zu bekennen. Andererseits darf diese religiöse
genügen, zum Beispiel durch das Tragen eines                        Bekenntnisfreiheit wiederum keine allgemeine
Kopftuchs. Ein solches Bekenntnis zur Religion                      Störung des Schulfriedens verursachen. In be-
bei der Ausübung der Arbeit kann durch den Ar-                      gründeten Einzelfällen besteht daher die Mög-
beitgeber nicht verwehrt werden.8                                   lichkeit, das „Kopftuchverbot“ an einer Schule
                                                                    oder auch an mehreren Schulen zu verhängen.
                                                                    Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein solches
8 BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 27. Januar 2015 - 1 BvR   Verbot unterschiedslos für alle Glaubens- und
  471/10 - Rn. (1-31)
                                                                    Weltanschauungsrichtungen gelten muss.

12
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

4 Sport- und Schwimmunterricht

Mit dem Schulsport in Mecklenburg-Vorpom-                        ten und spezielle Absprachen können am besten
mern werden Kindern und Jugendlichen vielfälti-                  von den beteiligten Parteien selbst vereinbart
ge Möglichkeiten geboten, Freude an der Bewe-                    werden.
gung zu erhalten und zu fördern, Bewegungser-
fahrungen zu sammeln, Bewegungskompetenzen
zu erwerben und damit ihre Persönlichkeitsent-                   4.1 Unterrichtsbefreiung vom Sport- und
wicklung zu fördern. Der Sportunterricht ist ver-                    Schwimmunterricht
pflichtender Bestandteil der schulischen Bildung
ebenso wie der Schwimmunterricht. Über den                       Fragen zur Ausgestaltung des Sport- und
verpflichtenden Sportunterricht hinaus bieten                    Schwimm­unterrichts sollten mit Schuleintritt und
Schulen weitere freiwillige Angebote zur Bewe-                   danach bei Bedarf auf Elternabenden besprochen
gungs- und Sportförderung an, zum Beispiel im                    werden, um bestehende kulturell oder religiös
Rahmen von Ganztagsangeboten in Kooperation                      begründete Bedenken gegen eine Beteiligung am
mit außerschulischen Partnern. Der Schwimmun-                    Sport- und Schwimmunterricht anzusprechen
terricht fördert nicht nur die motorische Entwick-               und zu entkräften. Sollten Sie dazu grundsätzli-
lung, die Gesundheit und das soziale Miteinan-                   che Fragen haben, wenden Sie sich bitte an die
der, sondern hat auch eine (über die Schule hin-                 Stabstelle Sportangelegenheiten im Ministeri-
ausgehende) lebensrettende Bedeutung.                            um für Soziales, Integration und Gleichstellung
                                                                 M-V (siehe Adressteil). Gelegentlich beantragen
Grundsätzlich werden Schülerinnen und Schüler                    Sorgeberechtigte oder religionsmündige Schüle-
in Mecklenburg-Vorpommern gemäß § 4 Absatz                       rinnen und Schüler die Befreiung vom Sportun-
6 des Schulgesetzes gemeinsam unterrichtet. Dies                 terricht oder von einzelnen Sportarten, weil sie
gilt auch für den Sportunterricht. Lediglich aus                 ansonsten in einen Gewissenskonflikt mit ihren
pädagogischen Gründen können auf Beschluss                       religiösen Pflichten gerieten. Prinzipiell ist dies
der Schulkonferenz Schülerinnen und Schüler                      gemäß § 8 Absatz 4 der Schulpflichtverordnung
„zeitweise auch getrennt unterrichtet werden“.9                  möglich:
                                                                 „Bei glaubhafter Versicherung des Schülers oder
Wenn Eltern Bedenken gegen die Teilnahme ihrer                   auf Antrag der Erziehungsberechtigten kann aus
Kinder am gemischtgeschlechtlichen Schwim-                       religiösen Gründen eine zeitweise Befreiung
munterricht vorbringen, sollte frühzeitig in einem               vom Sportunterricht erfolgen. Die Entscheidung
persönlichen Gespräch versucht werden, diese                     darüber trifft der Schulleiter.“10
anzusprechen und auszuräumen. Besonderhei-
                                                                 10 Verordnung über die Verfahren zur näheren Ausgestaltung der
9 Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern                   Schulpflicht an allgemeinbildenden Schulen, 23. Dezember 1996,
  (Schulgesetz - SchulG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung      letzte berücksichtigte Änderung: § 2 geändert durch Verordnung
  vom 10. September 2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 2.      vom 18. Dezember 2006 (Mittl.bl.BM M-V 2007 S. 3 / GVOBl.
  Dezember 2019 (GVOBl. M-V 2019 S. 719)                            M-V 2007 S. 49)

                                                                                                                              13
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

Dennoch sollte solchen Anträgen nicht auto-                            den im Sportunterricht möglich. „Sportgerechte
matisch stattgegeben werden, da der staatliche                         Kopftücher“ aus Baumwolle, sogenannte Sport-
Erziehungsauftrag aus Artikel 7 des Grundgeset-                        Hidschabs bieten ausreichende Bewegungsfrei-
zes hier regelmäßig das Recht auf Religionsaus-                        heit und erlauben die Teilnahme an fast allen
übung verdrängt. Den Familien sollte in jedem                          Sportarten oder Spielen. Wenn das Kopftuch im
Fall ein Gespräch angeboten werden, um durch                           Sportunterricht ein störendes Element ist, zum
geeignete Absprachen und Maßnahmen die                                 Beispiel wegen einer möglichen Verletzungsge-
Teilnahme des Schülers bzw. der Schülerin am                           fahr für die Trägerin oder die Mitschülerinnen
Sport- und Schwimmunterricht zu ermöglichen.                           und Mitschüler, ist eine aktive Teilnahme der
Im Interesse der Kinder ist auf die große Bedeu-                       Schülerin am Unterricht nicht möglich. Schü-
tung des Sport- und Schwimmunterrichts hin-                            lerinnen mit Kopftuch bekommen dann andere
zuweisen. Er trägt zur Persönlichkeitsentwick-                         Aufgaben im Zusammenhang mit dem Unter-
lung bei und ist besonders geeignet, Brücken zu                        richt, zum Beispiel Beobachtungs- oder Helfer-
schlagen, gegenseitiges Verständnis zu wecken                          aufgaben. Die endgültige Entscheidung über ein
sowie Gemeinschaften und Freundschaften zu                             potentielles Verletzungsrisiko trifft die jeweilige
bilden. In besonderen Fällen wenden Sie sich                           Sportlehrkraft. Eine grundsätzliche Befreiung
bitte zur Beratung an das zuständige Schulamt.                         vom Sportunterricht ist daher nicht angezeigt.

                                                                       Schülerinnen, die nicht aktiv am Unterricht teil-
4.2 Bekleidung im Sport- und                                           nehmen, sollen die Gelegenheit erhalten, im
    Schwimmunterricht                                                  Ausgleich zu den zeitweise nicht möglichen
                                                                       praktischen Leistungen anderweitige Leistungen
Im Sportunterricht sollen die Schülerinnen und                         zu erbringen, die für die Notengebung von Be-
Schüler „sportgerechte und den Sicherheitsan-                          lang sind. Es ist auf jeden Fall erforderlich, dass
forderungen genügende Kleidung“ tragen.11                              sich die Lehrkräfte innerhalb der Sport-Fach-
Dazu gehört entsprechende Sportbeklei-                                 schaft vor dem Hintergrund des grundsätzlichen
dung, wie Sportschuhe, T-Shirt und Sporthose.                          Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule auf
Schmuck, wie Uhren, Halsketten oder Ringe,                             Grundsätze einigen, die dann jede Lehrkraft in
muss unbedingt vor der Sportstunde abgelegt                            eigener Verantwortung umsetzt.
werden, da von ihm eine erhebliche Verlet-
zungsgefahr ausgeht.                                                   Sollten Eltern das Tragen der üblichen Schwimm-
                                                                       bekleidung als nicht angemessen betrachten,
Wie verhält es sich hier mit dem Tragen des Kopf-                      besteht die Möglichkeit, andere geeignete Ba-
tuchs? Wird Sportunterricht koedukativ erteilt, ist                    dekleidung, zum Beispiel einen Burkini, zu ver-
das Tragen eines Kopftuchs aus religiösen Grün-                        wenden, die den Körper ausreichend bedeckt.
                                                                       Sie ist mit der religiösen oder kulturellen Über-
11 Sicherheitsmaßnahmen im Schulsport, Erlass des Kultusministeriums
   vom 14. Juni 1996                                                   zeugung vereinbar und ermöglicht gleichzeitig

14
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

die sichere Ausübung der sportlichen Aktivität.
Ziel ist es, dass alle Schülerinnen und Schüler
am Schwimmunterricht teilnehmen. Eine grund-
sätzliche Befreiung vom Schwimmunterricht ist
nicht angezeigt.

                                                                                             15
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

5 Sexualerziehung

Sexualerziehung ist ein Aufgabengebiet des                           kennen. In unserer Gesellschaft mit ihren viel-
Schulunterrichts, das gemäß den Rahmenplänen                         fältigen Anreizen, Herausforderungen und dem
ab dem Primarbereich umgesetzt wird.12 Schu-                         Anspruch auf Selbstverwirklichung in der Part-
lische Sexualerziehung sollte deshalb an die                         nerschaft beziehungsweise in der Sexualität ist
Sexualerziehung des Elternhauses anknüpfen,                          es sehr wichtig, dass jeder Mensch die hierfür
diese ergänzen und gegebenenfalls erweitern.                         erforderlichen Kompetenzen frühzeitig erlernt.
Der Unterricht trägt dazu bei, dass Kinder und
Jugendliche die Kompetenz erwerben, im sexu-                         Dabei wird Sexualerziehung als Teil des sozialen
ellen Bereich selbstbestimmt und verantwortlich                      Lernens verstanden. Themen wie „Umgang mit
zu handeln.                                                          Gefühlen“ oder „Werteorientierung“ sollten des-
Dazu gehört auch, dass Kinder und Jugendliche                        halb ebenso aufgegriffen werden wie klassische
lernen, sorgsam mit ihrem Körper umzugehen.                          Themen der Sexualerziehung zu Fortpflanzungs-
Voraussetzung dafür ist, dass sie ihren Körper                       und Körperfunktionen. Jugendliche können so
                                                                     auf verlässliche Kenntnisse zurückgreifen und
12 Vgl. § 5 Abs. 5 Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern
   (Schulgesetz - SchulG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung      lernen, selbstbestimmt mit ihrer Sexualität um-
   vom 10. September 2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 2.
   Dezember 2019 (GVOBl. M-V 2019 S. 719)                            zugehen.

16
§
                                                                     Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

     Rechtliche Lage

     Die Sexualerziehung zählt zu den Pflichtaufgaben der Schule. Grundsätzlich ist es nicht
     möglich, beispielsweise aufgrund von religiösen Wertvorstellungen, Kinder oder Jugendli-
     che vom Unterricht zu befreien. Weiterhin haben Eltern „zwar kein Mitbestimmungsrecht
     bei der Ausgestaltung der schulischen Sexualerziehung“, sie können aber „Zurückhaltung
     und Toleranz“ verlangen.13 Eine Nichtteilnahme des Kindes wird als unentschuldigtes Fehlen
     gewertet.

     13

5.1 Empfehlungen für die Kommunikation                              als in ihrer Familie vermittelt werden. Bei-
    mit den Eltern                                                  spielweise werde der Stellenwert der Ehe ge-
                                                                    genüber anderen Lebensmodellen nicht ein-
Das Zusammenwirken von Eltern und Lehrkräf-                         deutig genug hervorgehoben.
ten in der Erziehung setzt gegenseitige Informati-                • Es werde mit Anschauungsmaterialien gearbei-
on voraus. Deshalb müssen Lehrkräfte Eltern ge-                     tet, etwa mit Fotografien unbekleideter Men-
mäß § 6 des Schulgesetzes über „Ziel, Inhalt und                    schen, die beim Kind Schamgefühle auslösen.
Formen der Sexualerziehung sowie die hierbei                      • Das Kind werde mit Themen wie Selbstbefrie-
verwendeten Lehr- und Lernmittel“ informieren,                      digung und Homosexualität konfrontiert. Die
zum Beispiel auf einem Elternabend oder durch                       Eltern wünschen nicht, dass sich das Kind da-
einen Elternbrief.14                                                mit beschäftigt, da es in einem Alter sei, wo es
Eltern haben jedoch kein Mitbestimmungsrecht,                       diese Themen noch nicht verarbeiten könne.
welche Themen im Unterricht behandelt werden
und welche nicht.                                                 Im Elterngespräch können diese Einwände auf-
                                                                  gegriffen und entkräftet werden:
Die Informationsveranstaltungen bieten die                        • Im Unterricht geht es gerade nicht um die Be-
Möglichkeit, auf Bedenken und Einwände von                          einflussung der Kinder hinsichtlich bestimm-
Erziehungsberechtigten gegen die schulische Se-                     ter Lebensmodelle, sondern es werden auch
xualerziehung einzugehen. Dazu zählen unter                         die unterschiedlichen kulturellen und religiö-
anderem:                                                            sen Wertvorstellungen der Schülerinnen und
• Kinder würden inneren Konflikten ausgesetzt,                      Schüler berücksichtigt.
   da im Unterricht andere Wertvorstellungen                      • Bei der Auswahl und dem Einsatz der Mate-
                                                                    rialien wird das natürliche Schamgefühl der
13 BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2008 - 6 B 64.07
                                                                    einzelnen Kinder beachtet. So werden im Un-
14 Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern
   (Schulgesetz - SchulG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung     terricht in der Regel keine Fotos unbekleideter
   vom 10. September 2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 2.
   Dezember 2019 (GVOBl. M-V 2019 S. 719)                           Menschen eingesetzt, sondern Zeichnungen.

                                                                                                                17
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

• Die Lehrkraft gestaltet den Unterricht nicht
  nach eigenen persönlichen Wertvorstellun-
  gen, sondern achtet darauf, dass unterschied-
  liche Ansichten geäußert, vorgestellt und tole-
  riert werden. Die Grundlage bilden dabei die
  Grundrechte, die sich an der Menschenwürde
  und dem Recht auf freie Entfaltung der Persön-
  lichkeit orientieren. Die Lehrkraft greift nur
  dann ein, wenn Schülerinnen und Schüler
  diese Werte in Frage stellen.

18
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

6 Schulwanderungen und Schulfahrten

Schulwanderungen und Schulfahrten erweitern                           Welche Regeln gelten auf einer Schulfahrt?
den Unterricht und ermöglichen ein handlungs-                         Die Verhaltensregeln auf Schulfahrten entspre-
orientiertes und lebensnahes Lernen an anderen                        chen denen in der Schule. Das betrifft sowohl
Orten.15 Sie sind unverzichtbarer Bestandteil und                     die Verhaltensregeln gegenüber Mitschülerinnen
häufig sogar Höhepunkt der pädagogischen Ar-                          und Mitschülern als auch gegenüber Lehrkräf-
beit und des gemeinsamen Lernens. Sie stärken                         ten. Folgende Themen sollten mit den Eltern so-
den Zusammenhalt der Klassengemeinschaft                              wie Schülerinnen und Schülern im Vorfeld be-
und fördern das soziale Miteinander. Schülerin-                       sprochen werden:
nen und Schüler erhalten die Möglichkeit, in der                      • Die Lehrkräfte sind während der gesamten
Schule gewonnene Erkenntnisse durch eigenes                              Schulfahrt zur Wahrnehmung ihrer gesetzli-
Betrachten und Erleben zu vertiefen.                                     chen Aufsichts- und Fürsorgepflicht verpflich-
Die Vorbereitung und Durchführung von Schul-                             tet. Die Aufsicht muss aktiv, präventiv und
fahrten gehört zu den dienstlichen Aufgaben der                          kontinuierlich erfolgen.
Lehrkräfte. Die Schülerinnen und Schüler sind                         • Während einer Klassenfahrt sind Mädchen
zur Teilnahme an Schulfahrten verpflichtet. Das                          und Jungen in getrennten Schlafräumen un-
Ziel der Klassenreise wird nach fachlichen und                           tergebracht – auch Waschräume und Toiletten
pädagogischen Kriterien ausgesucht und sollte                            sind nach Geschlechtern getrennt.
mit den Schülerinnen und Schülern sowie den                           • Die Schülerinnen und Schüler sind gegen Un-
Eltern abgestimmt werden. Die Eltern erklären                            fälle während der Schulwanderungen und
sich vor Buchung der Reise mit der Übernahme                             Schulfahrten gesetzlich versichert, solange
der Kosten einverstanden. Als Schulfahrten gel-                          diese in einem direkten oder indirekten Zu-
ten folgende schulische Veranstaltungen, die au-                         sammenhang mit der Veranstaltung stehen.16
ßerhalb von Schule stattfinden:                                       • Das Gesetz zum Schutz der Jugend in der
• Exkursionen,                                                           Öffentlichkeit gilt auch für Schulfahrten. Die
• Wandertage,                                                            durchführenden Lehrkräfte sind verantwort-
• Klassen- und Studienfahrten,                                           lich dafür, dass das Verbot des Konsums von
• Schülergruppenfahrten, wie zum Beispiel                                Tabak, Alkohol und illegalen Drogen einge-
   Schüleraustausche im Rahmen von Schulpa-                              halten wird.
   tenschaften.                                                       • Darüber hinaus gibt es spezielle Absprachen
                                                                         zwischen Lehrkraft und Eltern, beispielsweise
                                                                         Vorsichtsmaßnahmen bei bestimmten Krankhei-
                                                                         ten eines Kindes (Asthma, Diabetes etc.) bezie-
15 Durchführung von Schulwanderungen und Schulfahrten
   an öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen
                                                                         hungsweise zu bestimmten Speisevorschriften.
   Schulen, Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung,
   Wissenschaft und Kultur vom 22. September 2017, zuletzt geändert
   durch die Zweite Änderung vom 5. September 2018                    16 Ebd. Punkt 6.6

                                                                                                                     19
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

20
§
                                                          Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

   Teilnahme an Schulfahrten – rechtliche Lage
   „Schulwanderungen und Schulfahrten sind schulische Veranstaltungen im Sinne des § 53 Absatz
   2 des Schulgesetzes.“17 Damit sind alle Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an Schulfahrten
   verpflichtet, soweit sie nicht gemäß § 8 Absatz 1 und 2 der Schulpflichtverordnung in besonde-
   ren Ausnahmefällen von der Teilnahme befreit sind. Ist dies der Fall, sollen sie den Unterricht
   einer anderen Klasse oder eines anderen Kurses ihrer Schule besuchen: „Auf Antrag der Erzie-
   hungsberechtigten oder des volljährigen Schülers kann ein Schüler in besonderen Ausnahmefäl-
   len und in der Regel zeitlich begrenzt vom Unterricht in einzelnen Fächern oder von einzelnen
   Schulveranstaltungen befreit werden. Der Schüler kann verpflichtet werden, während dieser
   Zeit am Unterricht einer anderen Klasse oder eines anderen Kurses teilzunehmen … Über die
   Befreiung bis zu einem Monat entscheidet der Schulleiter ...“18

• Die Eltern erteilen schriftlich die Erlaubnis zu   6.1 Informationen zu aufenthaltsrechtlichen
  speziellen Aktivitäten wie Schwimmen, Radfah-          Angelegenheiten bei Schulfahrten
  ren, Skilaufen, Bergwandern oder Bootfahren.           außerhalb des Wohn- beziehungsweise
                                                         Schulortes
Kostenfragen
• Vor dem Abschluss von Verträgen muss die           Bei allen Klassenfahrten an Orte außerhalb
  Schulfahrt von der Schulleiterin beziehungs-       Mecklenburg-Vorpommerns sollte für Schüle-
  weise dem Schulleiter genehmigt werden. Sie        rinnen und Schüler, die keinen deutschen oder
  sollte den Eltern rechtzeitig angekündigt und      EU-Pass haben, der Aufenthaltstitel überprüft
  es sollten Ansparmöglichkeiten eingerichtet        werden, damit – falls erforderlich – entspre-
  werden.                                            chende Anträge für das Verlassen Mecklenburg-
• Kinder aus Familien, die Sozialgeld, Arbeits-      Vorpommerns bei der Ausländerbehörde gestellt
  losengeld II, Sozialhilfe, den Kinderzuschlag      werden können (Verlassenserlaubnis). Bei Reisen
  oder Wohngeld erhalten, haben einen An-            innerhalb Deutschlands können Schülerinnen
  spruch auf Übernahme der Kosten für Schul-         und Schüler mit einer Gestattung oder Duldung
  fahrten gemäß § 28 des Sozialgesetzbuchs II        immer dann ohne eine weitere Genehmigung
  – Bedarfe für Bildung und Teilhabe. Anträge        durch die Ausländerbehörde an Klassenreisen
  sind bei der zuständigen Arbeitsagentur zu         teilnehmen, wenn ihre Duldung oder Gestattung
  stellen.
                                                     17 Durchführung von Schulwanderungen und Schulfahrten an
      Bildungs- und Teilhabepaket                       öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen,
                                                        Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und
                                                        Kultur vom 22. September 2017, Punkt 1.2, zuletzt geändert durch
                                                        die Zweite Änderung vom 5. September 2018
                                                     18 Verordnung über die Verfahren zur näheren Ausgestaltung der
                                                        Schulpflicht an allgemeinbildenden Schulen (Schulpflichtverordnung
                                                        - SchPflVO M-V) vom 23. Dezember 1996, letzte berücksichtigte
                                                        Änderung: § 2 geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 2006
                                                        (Mittl.bl. BM M-V S. 3 / GVOBl. M-V 2007 S. 49)

                                                                                                                       21
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

keinen Eintrag zur räumlichen Beschränkung auf        6.2 Empfehlungen für die Kommunikation
Mecklenburg-Vorpommern enthält.                           mit den Eltern
In der Regel erhalten die Schülerinnen und
Schüler nach der erstmaligen Verlängerung der         Bei der Planung einer Klassenfahrt sollten fol-
Gestattung oder Duldung keine räumliche Be-           gende Punkte berücksichtigt werden:
schränkung mehr. In der Gestattung oder Dul-
dung ist dann lediglich vermerkt, dass eine           1) Allgemeine Vorbereitung
Wohnsitznahme nur in Mecklenburg-Vorpom-              • Versuchen Sie bei der zeitlichen Planung auf
mern erlaubt ist. In diesen Fällen ist die Teilnah-      Fastenzeiten und religiöse Feiertage Rücksicht
me an einer Klassenreise ohne Probleme mög-              zu nehmen, die Sie mithilfe eines interkultu-
lich. Sollte noch eine räumliche Beschränkung            rellen Kalenders ermitteln können.
auf Mecklenburg-Vorpommern eingetragen sein,                 Interkultureller Kalender
muss die betreffende Schülerin oder der Schüler       • Bereiten Sie sich gut auf Gespräche mit Eltern
mindestens vier Wochen vor der Reise einen An-           vor, die unsicher sind, ob sie ihr Kind mitfah-
trag bei der Ausländerbehörde auf eine Verlas-           ren lassen.
senserlaubnis stellen.
                                                      2) Vorbereitung auf Gespräche mit Eltern
Bei Reisen ins Ausland muss der Antrag eben-          Schritt 1:
falls mindestens vier Wochen vorher mit einer         Stellen Sie sich zunächst selbst folgende
Reisenden-Liste, die in der Ausländerbehörde          Fragen!
erhältlich ist, gestellt werden. Außerdem müssen      • Was möchte ich für die Schülerinnen und
bei Auslandsreisen eventuell Visafragen mit der          Schüler mit dieser konkreten Klassenfahrt er-
hiesigen Botschaft des Ziellandes geklärt wer-           reichen?
den.                                                  • Welche Unsicherheiten vermute ich bei den
    Auswärtiges Amt                                      Eltern (Angst ums Kind, finanzielle Aspekte,
                                                         religiöse Gründe ...)?
Informationen zu aufenthaltsrechtlichen Ange-         • Wie könnte ich Raum und Zeit dafür schaffen,
legenheiten von Asylbewerbern und (Bürger-               damit diese Unsicherheiten zur Sprache kom-
kriegs-)Flüchtlingen, zu humanitären Aufenthal-          men können?
ten und Verlassenserlaubnissen für Klassenreisen      • Wo kann ich mich über die Hintergründe der
im Inland und über Reisenden-Listen als Visa-            kulturellen und religiösen Motive informie-
Ersatz für Klassenreisen ins Ausland erhalten Sie        ren?
bei der zuständigen Ausländerbehörde.                 • Wie schätze ich die Vertrauensbasis zwischen
    Willkommen in MV                                     Eltern und Kind ein?
                                                      • Wie schätze ich die Vertrauensbasis zwischen
                                                         Eltern und mir als Lehrkraft ein?

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Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

Schritt 2:                                        Schritt 3:
Führen Sie Gespräche im Kollegium                 Nutzen Sie Ihre Elternabende!
und mit einem Mitglied des Leitungsteams!         Vielen Eltern hilft es, wenn sie frühzeitig an den
• Welche Rolle spielen Klassenreisen in unserer   Gedanken einer Schulfahrt gewöhnt werden.
  Schule, in unserem Schulprogramm?               Darum kann es sinnvoll sein, die Eltern schon
• Was spricht unter interkulturellen Aspekten     vor dem eigentlichen Elternabend zur Klassen-
  für das Durchführen von Klassenfahrten?         reise über die Rahmenbedingungen der Reise zu
• Auf welche Ängste der Eltern muss ich mich      informieren.
  vorbereiten?                                    Auf dem eigentlichen Elternabend werden nicht
• Welche Gründe werden für die Nichtteilnah-      nur die organisatorischen Details geklärt. Es soll-
  me von Kindern an Klassenfahrten genannt?       te auch ein Raum für Fragen und Diskussionen
• Welche Erfahrungen haben Kolleginnen und        geschaffen und ein Verfahren zum Umgang mit
  Kollegen? Was hat bei den Eltern ihrer Klasse   Problemen vorgestellt werden. Weisen Sie auch
  zur Akzeptanz einer Klassenfahrt beigetragen?   schon auf finanzielle Unterstützungsangebote des

                                                                                                 23
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

Bildungs- und Teilhabepakets und eventuell des       Beispiele für Fragen von Lehrkräften an Eltern:
Schulvereins hin und bieten Sie sich als Ansprech-   • Haben Sie früher selbst eine Schulfahrt erlebt?
partnerin beziehungsweise Ansprechpartner an.        • Wie stellen Sie sich eine Schulfahrt vor?
                                                     • Haben Sie Befürchtungen? Wenn ja: Welche?
Schritt 4:                                           • Möchte Ihr Kind an der Schulfahrt teilnehmen?
Führen Sie Einzelgespräche!                          • Was möchten Sie für Ihr Kind? Haben Sie mit
Mitunter ist es sinnvoll, den geschützten Rahmen       dem Kind darüber gesprochen?
eines Einzelgesprächs mit den Eltern zu wählen.      • Welche Auswirkungen hätte es auf Ihr Kind,
Lassen Sie genügend Raum für die Eltern und            wenn Sie ihm die Teilnahme verweigern?
deren Fragen, aber stellen auch Sie Ihre Fragen.     • Stellen die Kosten der Schulfahrt ein unlösbares
Versuchen Sie dabei, gemeinsam mit den Eltern          Problem für Sie dar? Benötigen Sie finanzielle
Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Eltern          Unterstützung?
die Teilnahme ihres Kindes an der Klassenreise er-   • Haben Sie Bedenken aufgrund religiöser Vor-
leichtern.                                             schriften?
Beispiele für Fragen von Eltern an Lehrkräfte:       • Wie sollte die Schulfahrt gestaltet sein, damit
• Sind Jungen und Mädchen getrennt unterge-            Ihr Kind mitfahren kann?
   bracht?
• Wie wird auf Essensgewohnheiten Rücksicht          Schritt 5:
   genommen?                                         Organisieren Sie Hilfe durch Sprachmittlerinnen
• Gibt es sowohl männliche als auch weibliche        beziehungsweise Sprachmittler!
   Begleitpersonen?                                  Gelegentlich kann in Elterngesprächen eine Un-
• Können auch Eltern als Begleitpersonen mit-        terstützung bei der Übersetzung und Vermittlung
   fahren?                                           sinnvoll sein (siehe Anhang).

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Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule

Empfehlungen zur Kooperation Schule – Elternhaus

Der gute Kontakt und die vertrauensvolle Zu-         Wichtig:
sammenarbeit mit den Eltern von Anfang an sind       Im Vorfeld von Gesprächen sollte die unpartei-
von großer Bedeutung und spielen bei allen in        ische Rolle der Sprachmittlerinnen beziehungs-
dieser Handreichung angesprochenen Themen            weise Sprachmittler geklärt werden. Familienan-
eine wichtige Rolle. Lehrkräfte sollten die Eltern   gehörige und Eltern aus derselben Klasse sollten
über alle Regelungen und Vorhaben rechtzeitig        nur im Ausnahmefall für die Sprachmittlung an-
informieren und das Gespräch mit ihnen suchen.       gefragt werden, da sie bei Konflikten zwischen
                                                     Elternhaus und Schule leicht in Loyalitätsschwie-
Für Eltern, die aus eigener Erfahrung Koeduka-       rigkeiten geraten können. Auf keinen Fall sollten
tion, koedukativen Sport- und Schwimmunter-          Kinder für ihre Eltern übersetzen, da sie dabei in
richt, Sexualerziehung und Schulfahrten nicht        einen Rollenkonflikt kommen.
kennen, ist eine rechtzeitige Information auf El-
ternabenden und – wenn vorhanden – im Eltern-
café hilfreich, um eventuellen Ängsten und Sor-
gen frühzeitig begegnen zu können. Ein Ernst-
nehmen dieser Sorgen trägt zum Gelingen der
Vorhaben wesentlich bei und verhindert Kon-
flikte um die Teilnahme der Schülerinnen und
Schüler.

Sollten Verständigungsprobleme aufgrund gerin-
ger Deutschkenntnisse von Eltern ein Gespräch
verhindern oder erschweren, ist es möglich, die
Kostenübernahme für die Sprachmittlung über
das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und
Kultur zu erwirken (siehe Adressteil). Auch bei
interkulturellen Konflikten, die schwer zu lö-
sen sind und gravierende Auswirkungen auf das
Klassen- und Schulklima haben können, ist der
Einsatz von Sprachmittlerinnen beziehungswei-
se Sprachmittlern ratsam.

                                                                                                   25
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