Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule - Eine Handreichung für Lehrkräfte
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Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule IMPRESSUM HERAUSGEBER Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) Mecklenburg-Vorpommern e. V. in Kooperation mit dem Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft Mecklenburg-Vorpommern Autorinnen und Autoren Regine Hartung, Benjamin Krohn, Daniel Wirszing, Özlem Nas, Beate Proll, Mara Sommerhoff, Ulrike Wojahn Adaption für Mecklenburg-Vorpommern Michael Thoß, Kerstin Gieseking Gestaltung STEFFEN MEDIA GmbH Friedland · Berlin · Usedom 2. Auflage 2021 KONTAKT RAA Mecklenburg-Vorpommern e. V. Am Melzer See 1 17192 Waren (Müritz) Telefon: 03991 6696-0 Telefax: 03991 6696-11 E-Mail: info@raa-mv.de Internet: www.daz-mv.de Die vorliegende Broschüre wurde auf der Grundlage der Publikation „Vielfalt in der Schule. Religiöse Fragen in der Schule | Sport- und Schwimmunterricht | Sexualerziehung | Schulfahrten“ des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hamburg entwickelt. Wir danken den Kolleginnen und Kollegen für ihre Unterstützung. Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Verwertung dieser Publikation bedarf – soweit das Urheberrecht nicht ausdrücklich Ausnahmen zulässt – der schriftlichen Einwilligung des Herausgebers. Die Handreichung wurde aus Mitteln des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern finanziert.
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule INHALT Geleitwort ...................................................................................................................................................................................................................................... 2 1 Einleitung ...................................................................................................................................................................................................................................... 3 2 Religiöse Feste und Fastenzeiten ................................................................................................................................................................ 4 2.1 Unterrichtsbefreiung aus Anlass christlicher Feiertage ................................................................................................. 5 2.2 Unterrichtsbefreiung aus Anlass jüdischer Feste .................................................................................................................... 6 2.3 Beurlaubung vom Unterricht aus Anlass islamischer Feste .................................................................................... 7 2.4 Empfehlungen zum Umgang mit religiösen Feiertagen ............................................................................................... 7 2.5 Islamische Fastenzeit (Ramadan) ................................................................................................................................................................. 8 2.6 Empfehlungen zum Ramadan .......................................................................................................................................................................... 8 2.7 Gebet in der Schule ....................................................................................................................................................................................................... 9 2.8 Speisevorschriften ............................................................................................................................................................................................................. 9 3 Bekleidungsvorschriften ...................................................................................................................................................................................... 11 4 Sport- und Schwimmunterricht ............................................................................................................................................................... 13 4.1 Unterrichtsbefreiung vom Sport- und Schwimmunterricht ................................................................................. 13 4.2 Bekleidung im Sport- und Schwimmunterricht ................................................................................................................... 14 5 Sexualerziehung ............................................................................................................................................................................................................. 16 5.1 Empfehlungen für die Kommunikation mit den Eltern .............................................................................................. 17 6 Schulwanderungen und Schulfahrten ............................................................................................................................................. 19 6.1 Informationen zu aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten ................................................................................ 21 6.2 Empfehlungen für die Kommunikation mit den Eltern .............................................................................................. 22 7 Ansprechpartner und weitere Informationen ..................................................................................................................... 26 1
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Geleitwort Sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer, in den vergangenen Jahren sind viele Menschen aus anderen Ländern und Kulturen in unser Bun- desland zugewandert. Damit sind auch Kinder mit Migrationshintergrund in vielen Schulen Teil des Schulalltags. Als Lehrkräfte sehen Sie sich im Hinblick auf die sprachliche, aber auch kulturel- le Integration dieser Schülerinnen und Schüler vor besondere Aufgaben gestellt. Die vorliegende Handreichung „Kulturelle und © Ute Grabowsky, photothek.de religiöse Vielfalt in der Schule“ versteht sich als Hilfestellung für Sie als Lehrkräfte, um häufig auftretende Fragen aus der schulischen Praxis zu religiöser und kultureller Verschiedenheit zu be- antworten. Bitte nutzen Sie für weiterführende Fragen im Umgang mit kultureller und religiöser Vielfalt auch die Kontaktdaten von Beratungsstellen so- wie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpart- nern in unserem Land, die Sie am Ende dieser Broschüre finden. Bettina Martin Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern 2
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule 1 Einleitung Die Zuwanderung von Menschen aus unter- entstehen, die im Schulalltag einer konstrukti- schiedlichen Kulturkreisen nach Mecklenburg- ven Lösung bedürfen. Ziel muss es dabei sein, Vorpommern hat auch viele Fragen im Umgang den Bildungsauftrag der Schule in Einklang mit mit kulturellen und religiösen Werten von Schü- dem Grundrecht auf Freiheit des religiösen und lerinnen und Schülern im Schulalltag aufgewor- weltanschaulichen Bekenntnisses und der Erzie- fen. Religionen beeinflussen das Handeln, Den- hungspflicht der Eltern zu bringen. ken und Fühlen von Menschen, weil sie Gebote und Verbote aufstellen, die von den Gläubigen Die vorliegende Handreichung möchte auf der zu befolgen sind und somit eine große Wir- Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen Lehr- kungskraft entfalten können. kräften eine Orientierung und Handlungssicher- heit geben, damit sie im Schulalltag angemessen In der Schule kann es hier zu Überschneidungen auf kulturelle und religiöse Überschneidungssi- zwischen dem staatlichen Bildungsauftrag und tuationen reagieren können. Grundlage hierfür religiösen Regeln kommen. Konkret geht es um ist der Respekt vor anderen Kulturen, Sprachen den Umgang mit religiösen Festen und Fasten- und Religionen. zeiten, die Teilnahme am Sport- und Schwimm unterricht sowie an Schulfahrten, den koeduka- Zusätzlich erhalten Sie im Serviceteil noch wei- tiven Unterricht, Sexualerziehung, das Tragen tere Informationen zu Ansprechpartnern und von religiösen Zeichen oder religiös begründete Unterstützungsangeboten, um die Zusammenar- Speisevorschriften. Bei diesen Themen können beit mit Schülerinnen und Schülern sowie deren Spannungsfelder für Schülerinnen und Schüler Eltern zu gestalten. 3
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule 2 Religiöse Feste und Fastenzeiten Feste und Feiertage spielen in allen Religionen eine große Bedeutung und werden als Teil der eine zentrale Rolle. Sie erinnern an Personen, eigenen kulturellen Identität begriffen. Orte und Ereignisse, die eine herausragende Be- In Mecklenburg-Vorpommern sind bestimmte deutung für die Entstehung von Religionen ha- hohe christliche Festtage staatliche Feiertage ben. Sie kehren zyklisch wieder und heben sich und damit unterrichtsfrei. Das sind: Karfreitag, durch besondere Riten und Bräuche aus dem Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmon- Alltag heraus. Oftmals dienen sie der Besinnung tag, Reformationstag sowie 1. Weihnachtsfeier- und Neuorientierung, was zum Beispiel durch tag und 2. Weihnachtsfeiertag. Handlungen wie das Fasten und Fastenbrechen Darüber hinaus können Schülerinnen und unterstrichen wird. Feste und Feiertage erinnern Schüler sowie auch Lehrkräfte, die sich zu nicht nur an zentrale Ereignisse in der Heilsge- staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften schichte der jeweiligen Religion, sondern sind (siehe Infobox) bekennen, auf der Grundlage des darüber hinaus Zeiten, in denen der Zusam- Gesetzes über Sonn- und Feiertage § 7 Absatz 3 menhalt in einer Religionsgemeinschaft durch „Kirchliche Feiertage“ vom Unterricht befreit gemeinsam praktizierte Bräuche und Rituale werden, um ihnen den Besuch des Gottesdienstes gefestigt wird. Auch für viele Menschen, denen an kirchlichen Feiertagen zu ermöglichen, die der religiöse Bezug zu den Festen im engeren keine staatlichen Feiertage sind: Sinne verloren gegangen ist, haben sie oftmals „An kirchlichen Feiertagen ist Schülern und Staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften Staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in Mecklenburg-Vorpommern sind: • die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland, ! • die Evangelisch-Reformierte Kirche in Mecklenburg, • das Erzbischöfliche Ordinariat Berlin (für Vorpommern), • das Erzbischöfliche Generalvikariat Hamburg (für Mecklenburg), • das Erzbischöfliche Amt Schwerin, • der Landesverband der Jüdischen Gemeinden, • die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche, • die Neuapostolische Kirche, • die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten sowie • die Zeugen Jehovas in Deutschland. 4
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Lehrern aller Schularten, die sich zu staatlich Katholische Schülerinnen und Schüler können an anerkannten Religionsgemeinschaften beken- folgenden Feiertagen für den Besuch der Messe nen, auf Wunsch Freistellung vom Unterricht vom Unterricht befreit werden: zum Besuch des Gottesdienstes zu gewähren.“1 • Dreikönigstag (6. Januar), • Fronleichnam (beweglicher Feiertag im Mai 2.1 Unterrichtsbefreiung oder Juni), aus Anlass christlicher Feiertage • Allerheiligen (1. November). Für evangelische Schülerinnen und Schüler ist Die Klassenlehrerinnen und -lehrer sind in den zum Besuch des Gottesdienstes eine Unterrichts- oben genannten Fällen rechtzeitig über den befreiung an folgendem Tag möglich: Wunsch auf Befreiung vom Unterricht zu infor- • Buß- und Bettag (beweglicher Feiertag) mieren. 1 Feiertagsgesetz Mecklenburg-Vorpommern – FTG M-V in der Bei Festtagen der christlich-orthodoxen Kirchen, Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 2002 (GVOBl. M-V S. 145), zuletzt geändert am 15. November 2012 (GVOBl. M-V die nicht zu den staatlich anerkannten Religions- S. 502 f.) 5
! Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Religiöse Kalender Die Religionen benutzen für die Berechnung von Feiertagen unterschiedliche Kalendersyste- me. Während sich die großen christlichen Kirchen in Deutschland nach dem gregorianischen Kalender richten, wird in einigen christlich-orthodoxen Kirchen der julianische Kalender mit einer Zeitdifferenz von gegenwärtig 13 Tagen verwendet. Weihnachten wird hier statt am 24./25. Dezember erst am 7. Januar gefeiert. Weiterhin ist zu beachten, dass es im Christen- tum neben festen Feiertagen wie Weihnachten auch bewegliche Feiertage wie Ostern und Pfingsten gibt. Der islamische Kalender beruht auf den Mondphasen. Dadurch sind die Monate etwas kür- zer und „wandern“ rückwärts durch das Jahr. Die Feiertage im jüdischen Kalender finden zwar in jedem Jahr im selben Monat statt, verschieben sich aber um einige Tage im Vergleich zum gregorianischen Kalender. gemeinschaften zählen, kann auf Antrag gemäß • Pessach § 9 Absatz 1 Schulpflichtverordnung eine Be- Fest zum Auszug aus Ägypten, am 1., 2., 7. urlaubung durch die Schulleiterin beziehungs- und 8. Tag (März/April), weise den Schulleiter erfolgen.2 Dabei ist zu • Schawuoth beachten, dass sich einige christlich-orthodoxe Wochenfest, am 1. und 2. Tag (Mai/Juni), Kirchen − aber durchaus nicht alle − nach dem • Rosch Haschana julianischen Kalender richten und daher hohe Neujahrsfest, am 1. und 2. Tag (September/ christliche Feste wie Weihnachten, Karfreitag Oktober), oder Ostern 13 Tage später gefeiert werden. • Jom Kippur Versöhnungsfest (September/Oktober), • Sukkoth 2.2 Unterrichtsbefreiung Laubhüttenfest, am 1. und 2. Tag (September/ aus Anlass jüdischer Feste Oktober), • Schemini Azeret Schülerinnen und Schülern soll auf Wunsch an Schlussfest (September/Oktober), folgenden Tagen die Teilnahme am Gottesdienst • Simchat Thora ermöglicht werden:3 Fest der Gesetzesfreude (September/ Oktober). 2 Verordnung über die Verfahren zur näheren Ausgestaltung der Schulpflicht an allgemeinbildenden Schulen (Schulpflichtverordnung - SchPflVO M-V) vom 23. Dezember 1996, letzte berücksichtigte Änderung: § 2 geändert durch Verordnung vom Die Klassenlehrerinnen und -lehrer sind hier 18. Dezember 2006 (Mittl.bl. BM M-V S. 3 / GVOBl. M-V 2007 S. 49) 3 Vertrag zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit rechtzeitig über den Wunsch auf Befreiung vom dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Mecklenburg- Vorpommern vom 14. Juni 1996 Unterricht zu informieren. 6
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule 2.3 Beurlaubung vom Unterricht 2.4 Empfehlungen zum Umgang aus Anlass islamischer Feste mit religiösen Feiertagen Für Schülerinnen und Schüler, die sich zu islami- • Achten Sie bei der Planung von Klassenarbei- schen Religionsgemeinschaften bekennen, kann ten und Klausuren sowie schulischen Veran- auf Antrag gemäß § 9 Absatz 1 Schulpflichtverord- staltungen wie Klassenfahrten auf hohe reli- nung eine Beurlaubung vom Unterricht erfolgen: giöse Feiertage. „Auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder des • Schulinterne Absprachen im Umgang mit re- volljährigen Schülers kann ein Schüler aus wich- ligiösen Festen und der damit verbundenen tigen Gründen vom Schulbesuch beurlaubt wer- Unterrichtsbefreiung sind von zentraler Be- den. Die Beurlaubung ist rechtzeitig schriftlich deutung bei der Umsetzung der rechtlichen bei der Schule zu beantragen.“4 Eine generelle Regelungen. Nichtteilnahme muslimischer Schülerinnen und • Informieren Sie die Eltern Ihrer Klasse recht- Schüler am Unterricht wegen der Fastenzeit ist zeitig über die rechtlichen Grundlagen und jedoch als Schulpflichtverletzung anzusehen. Möglichkeiten zur Unterrichtsbefreiung an Eine "präventive" Beurlaubung durch Lehrkräfte religiösen Feiertagen und treffen Sie Verein- oder Schulleitungen ist unzulässig. barungen. • Machen Sie die jeweiligen Festtage für alle Wichtige islamische Feste sind: Schülerinnen und Schüler transparent und • Opferfest sprechen Sie darüber beispielsweise in den viertägiges Fest zur Erinnerung an die Klassenleiterstunden. Indem die Schülerin- Bereitschaft Abrahams, seinen Sohn zu nen und Schüler über ihre Feste und Bräuche opfern (beweglich), erzählen, kann interkulturelles Lernen in der • Fest des Fastenbrechens Klasse gefördert werden. dreitägiges Fest am Ende des Fastenmonats Ramadan (beweglich), • Aschura-Tag die Schiiten gedenken der Schlacht von Kerbela, viele Sunniten gedenken mehrerer Praxistipp S In Schulen mit einer religiös heterogenen Schülerschaft fällt es nicht immer leicht, alle Ereignisse, wie z. B. der Errettung vor der religiösen Festtage im Blick zu behalten, Sintflut (beweglich). insbesondere wenn es sich um bewegliche Festtage handelt. Nutzen Sie bei der Jahres- planung einen interkulturellen Kalender, der Sie über die wichtigsten Feste und deren Be- 4 Verordnung über die Verfahren zur näheren Ausgestaltung der deutung informiert. Schulpflicht an allgemeinbildenden Schulen (Schulpflichtverordnung - SchPflVO M-V) vom 23. Dezember 1996, letzte berücksichtigte Interkultureller Kalender Änderung: § 2 geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 2006 (Mittl.bl. BM M-V S. 3 / GVOBl. M-V 2007 S. 49) 7
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule 2.5 Islamische Fastenzeit (Ramadan) 2.6 Empfehlungen zum Ramadan Der Begriff Ramadan hat zwei Bedeutungen: Der Wunsch von Schülerinnen und Schülern, Zum einen bezeichnet er den neunten Monat im während des Ramadans zu fasten, ist zu respek- islamischen Kalender und zum anderen den is- tieren. Wenn eine Schülerin oder ein Schüler kör- lamischen Fastenmonat. Der Ramadan gehört zu perlich an ihre oder seine Grenzen kommt, kann den Fünf Säulen des Islams und ist entsprechend das Fasten auch unterbrochen und zu einem spä- von zentraler Bedeutung für alle Muslime. Das teren Zeitpunkt nachgeholt werden. Ende des Ramadan wird mit dem Ramadanfest Im Umgang mit dem Fasten von Schülerinnen und gefeiert. Etwa 40 Tage nach dem Ramadan findet Schülern sind in jeder Schule verbindliche Ab- das „Opferfest“ statt. Es gilt als das höchste Fest sprachen zwischen den betreffenden Schülerin- für Muslime und dauert bis zu vier Tage. nen und Schülern und deren Eltern oder Sorgebe- rechtigten für die Zeit des Ramadan erforderlich. Das Fasten ist der zentrale Brauch im Ramadan Die Lehrkräfte sollten daher bereits vor Beginn und wird von gläubigen Muslimen vom Sonnen- der Fastenzeit das Gespräch mit den betreffenden aufgang bis zum Sonnenuntergang eines jeden Schülerinnen und Schülern führen und auch den Tages praktiziert. Aufgrund des islamischen Ka- Standpunkt der Schule zum Fasten darlegen. Ziel lenders verschiebt sich der Fastenmonat von Jahr ist es, den schulischen Erfolg und das gesundheit- zu Jahr. Dementsprechend kann das tägliche Fa- liche Wohlbefinden der Schülerinnen und Schü- sten in unseren Breiten zwischen acht Stunden − ler in der Fastenzeit in Einklang zu bringen. Fol- in Jahren, in denen der Ramadan in den Winter- gende Punkte sind dabei zu berücksichtigen: monaten stattfindet − und 16 Stunden − in den • Auch wenn das Fasten für Kinder vor der Pu- Sommermonaten − dauern. bertät im Islam nicht vorgesehen ist, fasten manche Kinder im Grundschulalter, weil sie Das Fasten beinhaltet nicht nur den Verzicht auf gerne an der gemeinschaftlichen Praxis teil- Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, sondern nehmen wollen. Sollten bei jüngeren Schüle- wird je nach religiöser Zugehörigkeit auch auf rinnen und Schülern, die am Fasten teilneh- weitere Aspekte der Lebensführung ausgeweitet, men, gesundheitliche Probleme auftauchen, wie Sexualität und das Unterlassen von Verhal- sind diese nach Hause zu schicken bezie- ten, das als sündhaft angesehen wird. hungsweise von den Eltern oder Sorgeberech- Bei der Fastenpflicht gibt es jedoch auch Ein- tigten abzuholen. schränkungen. So ist es Muslimen verboten, sich • Klassenarbeiten und Klausuren sollten in den durch das Fasten gesundheitlich zu gefährden. ersten frühen Morgenstunden stattfinden. Kranke, Schwangere und Kinder vor der Pubertät Wenn möglich, sollte darauf geachtet wer- sollen nicht fasten. den, dass nicht gehäuft Klassenarbeiten und andere Leistungsfeststellungen zur Zeit des Ramadan durchgeführt werden. 8
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule • Während der Prüfungszeit werden keine Frei- 2.8 Speisevorschriften stellungen genehmigt. • Fastende Schülerinnen und Schüler sind nicht In vielen Religionen gibt es Speisevorschriften. vom Sportunterricht zu befreien, sondern soll- Dabei geht es um Gebote und Verbote in Be- ten leichte Übungen machen. zug auf bestimmte Nahrungsmittel, die Zuberei- • Fastende Schülerinnen und Schüler müssen tung und Abfolge von Speisen oder das rituelle besonders in den Sommermonaten von den Schlachten von Tieren. Bekannte Beispiele sind Lehrkräften beobachtet werden. Wenn De- der Verzicht auf Fleischspeisen am Freitag im Ka- hydrierungen auftreten, müssen diese Schü- tholizismus, der Verzicht auf Schweinefleisch im lerinnen oder Schüler schnell Flüssigkeit be- Islam sowie das Schächten von Tieren im Juden- kommen und gegebenenfalls ärztlich versorgt tum und im Islam. werden. In solchen Fällen kann die Schule verlangen, dass auf das Fasten aus gesund- An Ganztagsschulen, die den Schülerinnen und heitlichen Gründen verzichtet wird. Schülern eine warme Mittagsmahlzeit anbieten,5 und generell bei Klassenfahrten stellt sich die Fra- ge, wie Schülerinnen und Schüler, die bestimm- 2.7 Gebet in der Schule ten religiösen Speiseregeln folgen, mit entspre- chenden Mahlzeiten versorgt werden können. Das Gebet ist in vielen Religionen ein zentraler Bestandteil der Glaubenspraxis. Im Schulalltag Nehmen Sie hier frühzeitig mit den Eltern kann es daher zu Anfragen von Schülerinnen sowie den Schülerinnen und Schülern Kontakt und Schülern oder ihren Eltern kommen, ob und auf, um die Bedarfe zu klären, aber auch die wie Gebete in der Schule verrichtet werden kön- Möglichkeiten der Schule aufzuzeigen: nen. • Ermitteln Sie, wie viele Schülerinnen und Da es keinen Rechtsanspruch zur Durchführung Schüler besondere Speisevorschriften befol- des Gebets während der Unterrichtszeit gibt, gen. muss hier nach individuellen Lösungen gesucht • Besprechen Sie mit Eltern, Schülerinnen und werden. Sie können Schülerinnen und Schülern Schülern, welche Erwartungen sie an die während der unterrichtsfreien Zeit (zum Beispiel Schulverpflegung haben. Möglicherweise große Pause, Freistunden) den Zugang zu einem ist die Toleranz der Eltern, Schülerinnen und freien Raum gewähren, in dem sie ungestört das Schüler hinsichtlich der Verpflegung größer Gebet durchführen können. Alternativ könnte als gedacht. auch überlegt werden, ob für alle Schülerinnen • Eine Kennzeichnung der verwendeten Fleisch- und Schüler ein Raum der Stille als Gebets-, An- sorten bei den Einzelmenüs, zum Beispiel dachts- und Meditationsraum eingerichtet wird. 5 „Ganztägiges Lernen an öffentlichen allgemein bildenden Schulen in Mecklenburg-Vorpommern“, Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 28. März 2018, zuletzt geändert durch die Erste Änderung vom 21. Januar 2020 9
§ Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Rechtliche Lage Die Glaubensfreiheit von Schülerinnen und Schülern aus Artikel 4 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes berechtigt sie grundsätzlich, während des Besuchs der Schule außerhalb der Unterrichtszeit ein Gebet zu verrichten.6 Es gibt dabei aber keinen Rechtsanspruch für einzelne Schülerinnen und Schüler bzw. Schülergruppen auf besondere Vorkehrungen zum Gebet, wie Unterrichtsbefreiungen oder den Zugang zu Räumen. Einerseits gebietet es die (positive) Bekenntnisfreiheit, dass den entsprechenden Schülerinnen und Schülern in der unterrichtsfreien Zeit die räumliche Möglichkeit für ein Gebet gegeben wird. Andererseits findet die Berechtigung zum Gebet ihre Schranke in der Wahrung des Schulfriedens und der (negativen) Bekenntnisfreiheit der übrigen Schülerschaft, wenn beispielsweise eine Schülergruppe demonstrativ oder öffentlich in der Mensa beten möchte. 6 durch eindeutige Bildkarten/Piktogramme, er- gung unter Schülerinnen und Schülern signifi- höht die Transparenz und schafft Vertrauen. kant. • Vereinbaren Sie mit dem Speiseanbieter, dass täglich mindestens eine vegetarische Mahl- Weitere Informationen zum Thema interreligiöse zeit angeboten wird. Schulverpflegung sind im Rahmen des Nationa- len Aktionsplans „IN FORM - Deutschlands In- Auch wenn nicht alle Speisevorschriften in der itiative für gesunde Ernährung und mehr Bewe- Schulverpflegung berücksichtigt werden können, gung“ zu finden. erhöhen doch schon einzelne Maßnahmen, wie IN FORM das tägliche Angebot von einem vegetarischen Gericht zusätzlich zu einem Fleischgericht oder die eindeutige Kennzeichnung der angebotenen Fleischsorten, die Akzeptanz der Schulverpfle- 6 Vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts BVerwG 6 C 20.10 vom 30.11.2011 10
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule 3 Bekleidungsvorschriften In vielen Religionen gibt es Vorschriften in Bezug Auf der Grundlage des Grundrechts auf Glau- auf die Bekleidung. In der öffentlichen Wahrneh- bens- und Bekenntnisfreiheit (Artikel 4 Absatz 1 mung spielt das muslimische Kopftuch eine be- und 2 des Grundgesetzes) ist in der Schule die sondere Rolle, so auch im Schulalltag. Der Koran religiöse Bekleidung von Schülerinnen und Schü- nennt nur wenige Kleidungsvorschriften, die von lern, wie das Tragen des Kopftuches, anzuerken- Musliminnen und Muslimen ganz unterschied- nen und zu respektieren. Es gibt allerdings auch lich ausgelegt werden, insbesondere auch in Be- Grenzen, die gemeinsam ausgehandelt werden zug auf die Verschleierung der Frau.7 sollten. So verhindert eine Verhüllung des ganzen Körpers oder des Gesichts die offene Kommuni- kation im Unterricht und ist mit dem Unterricht 7 Vgl. Thesen zum Kopftuch des Interkulturellen Rats Deutschland an einer staatlichen Schule nicht vereinbar. 11
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Entsprechend der Entscheidung des Bundes- Zusammenfassend lässt sich aufgrund der Ent- verfassungsgerichts vom 27. Januar 2015 gilt scheidung des Bundesverfassungsgerichts für der Schutz des Grundrechts auf Glaubens- und die Organisation des Schulbetriebes in Mecklen- Bekenntnisfreiheit auch für Lehrkräfte, die in burg-Vorpommern Folgendes festhalten: Einer- der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemein- seits haben Lehrkräfte die Freiheit, das religiöse schaftsschule aus religiösen Gründen einem als Glaubensbekenntnis im Dienst außenwirksam verpflichtend verstandenen Bedeckungsgebot zu bekennen. Andererseits darf diese religiöse genügen, zum Beispiel durch das Tragen eines Bekenntnisfreiheit wiederum keine allgemeine Kopftuchs. Ein solches Bekenntnis zur Religion Störung des Schulfriedens verursachen. In be- bei der Ausübung der Arbeit kann durch den Ar- gründeten Einzelfällen besteht daher die Mög- beitgeber nicht verwehrt werden.8 lichkeit, das „Kopftuchverbot“ an einer Schule oder auch an mehreren Schulen zu verhängen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein solches 8 BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 27. Januar 2015 - 1 BvR Verbot unterschiedslos für alle Glaubens- und 471/10 - Rn. (1-31) Weltanschauungsrichtungen gelten muss. 12
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule 4 Sport- und Schwimmunterricht Mit dem Schulsport in Mecklenburg-Vorpom- ten und spezielle Absprachen können am besten mern werden Kindern und Jugendlichen vielfälti- von den beteiligten Parteien selbst vereinbart ge Möglichkeiten geboten, Freude an der Bewe- werden. gung zu erhalten und zu fördern, Bewegungser- fahrungen zu sammeln, Bewegungskompetenzen zu erwerben und damit ihre Persönlichkeitsent- 4.1 Unterrichtsbefreiung vom Sport- und wicklung zu fördern. Der Sportunterricht ist ver- Schwimmunterricht pflichtender Bestandteil der schulischen Bildung ebenso wie der Schwimmunterricht. Über den Fragen zur Ausgestaltung des Sport- und verpflichtenden Sportunterricht hinaus bieten Schwimmunterrichts sollten mit Schuleintritt und Schulen weitere freiwillige Angebote zur Bewe- danach bei Bedarf auf Elternabenden besprochen gungs- und Sportförderung an, zum Beispiel im werden, um bestehende kulturell oder religiös Rahmen von Ganztagsangeboten in Kooperation begründete Bedenken gegen eine Beteiligung am mit außerschulischen Partnern. Der Schwimmun- Sport- und Schwimmunterricht anzusprechen terricht fördert nicht nur die motorische Entwick- und zu entkräften. Sollten Sie dazu grundsätzli- lung, die Gesundheit und das soziale Miteinan- che Fragen haben, wenden Sie sich bitte an die der, sondern hat auch eine (über die Schule hin- Stabstelle Sportangelegenheiten im Ministeri- ausgehende) lebensrettende Bedeutung. um für Soziales, Integration und Gleichstellung M-V (siehe Adressteil). Gelegentlich beantragen Grundsätzlich werden Schülerinnen und Schüler Sorgeberechtigte oder religionsmündige Schüle- in Mecklenburg-Vorpommern gemäß § 4 Absatz rinnen und Schüler die Befreiung vom Sportun- 6 des Schulgesetzes gemeinsam unterrichtet. Dies terricht oder von einzelnen Sportarten, weil sie gilt auch für den Sportunterricht. Lediglich aus ansonsten in einen Gewissenskonflikt mit ihren pädagogischen Gründen können auf Beschluss religiösen Pflichten gerieten. Prinzipiell ist dies der Schulkonferenz Schülerinnen und Schüler gemäß § 8 Absatz 4 der Schulpflichtverordnung „zeitweise auch getrennt unterrichtet werden“.9 möglich: „Bei glaubhafter Versicherung des Schülers oder Wenn Eltern Bedenken gegen die Teilnahme ihrer auf Antrag der Erziehungsberechtigten kann aus Kinder am gemischtgeschlechtlichen Schwim- religiösen Gründen eine zeitweise Befreiung munterricht vorbringen, sollte frühzeitig in einem vom Sportunterricht erfolgen. Die Entscheidung persönlichen Gespräch versucht werden, diese darüber trifft der Schulleiter.“10 anzusprechen und auszuräumen. Besonderhei- 10 Verordnung über die Verfahren zur näheren Ausgestaltung der 9 Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern Schulpflicht an allgemeinbildenden Schulen, 23. Dezember 1996, (Schulgesetz - SchulG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung letzte berücksichtigte Änderung: § 2 geändert durch Verordnung vom 10. September 2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. vom 18. Dezember 2006 (Mittl.bl.BM M-V 2007 S. 3 / GVOBl. Dezember 2019 (GVOBl. M-V 2019 S. 719) M-V 2007 S. 49) 13
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Dennoch sollte solchen Anträgen nicht auto- den im Sportunterricht möglich. „Sportgerechte matisch stattgegeben werden, da der staatliche Kopftücher“ aus Baumwolle, sogenannte Sport- Erziehungsauftrag aus Artikel 7 des Grundgeset- Hidschabs bieten ausreichende Bewegungsfrei- zes hier regelmäßig das Recht auf Religionsaus- heit und erlauben die Teilnahme an fast allen übung verdrängt. Den Familien sollte in jedem Sportarten oder Spielen. Wenn das Kopftuch im Fall ein Gespräch angeboten werden, um durch Sportunterricht ein störendes Element ist, zum geeignete Absprachen und Maßnahmen die Beispiel wegen einer möglichen Verletzungsge- Teilnahme des Schülers bzw. der Schülerin am fahr für die Trägerin oder die Mitschülerinnen Sport- und Schwimmunterricht zu ermöglichen. und Mitschüler, ist eine aktive Teilnahme der Im Interesse der Kinder ist auf die große Bedeu- Schülerin am Unterricht nicht möglich. Schü- tung des Sport- und Schwimmunterrichts hin- lerinnen mit Kopftuch bekommen dann andere zuweisen. Er trägt zur Persönlichkeitsentwick- Aufgaben im Zusammenhang mit dem Unter- lung bei und ist besonders geeignet, Brücken zu richt, zum Beispiel Beobachtungs- oder Helfer- schlagen, gegenseitiges Verständnis zu wecken aufgaben. Die endgültige Entscheidung über ein sowie Gemeinschaften und Freundschaften zu potentielles Verletzungsrisiko trifft die jeweilige bilden. In besonderen Fällen wenden Sie sich Sportlehrkraft. Eine grundsätzliche Befreiung bitte zur Beratung an das zuständige Schulamt. vom Sportunterricht ist daher nicht angezeigt. Schülerinnen, die nicht aktiv am Unterricht teil- 4.2 Bekleidung im Sport- und nehmen, sollen die Gelegenheit erhalten, im Schwimmunterricht Ausgleich zu den zeitweise nicht möglichen praktischen Leistungen anderweitige Leistungen Im Sportunterricht sollen die Schülerinnen und zu erbringen, die für die Notengebung von Be- Schüler „sportgerechte und den Sicherheitsan- lang sind. Es ist auf jeden Fall erforderlich, dass forderungen genügende Kleidung“ tragen.11 sich die Lehrkräfte innerhalb der Sport-Fach- Dazu gehört entsprechende Sportbeklei- schaft vor dem Hintergrund des grundsätzlichen dung, wie Sportschuhe, T-Shirt und Sporthose. Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule auf Schmuck, wie Uhren, Halsketten oder Ringe, Grundsätze einigen, die dann jede Lehrkraft in muss unbedingt vor der Sportstunde abgelegt eigener Verantwortung umsetzt. werden, da von ihm eine erhebliche Verlet- zungsgefahr ausgeht. Sollten Eltern das Tragen der üblichen Schwimm- bekleidung als nicht angemessen betrachten, Wie verhält es sich hier mit dem Tragen des Kopf- besteht die Möglichkeit, andere geeignete Ba- tuchs? Wird Sportunterricht koedukativ erteilt, ist dekleidung, zum Beispiel einen Burkini, zu ver- das Tragen eines Kopftuchs aus religiösen Grün- wenden, die den Körper ausreichend bedeckt. Sie ist mit der religiösen oder kulturellen Über- 11 Sicherheitsmaßnahmen im Schulsport, Erlass des Kultusministeriums vom 14. Juni 1996 zeugung vereinbar und ermöglicht gleichzeitig 14
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule die sichere Ausübung der sportlichen Aktivität. Ziel ist es, dass alle Schülerinnen und Schüler am Schwimmunterricht teilnehmen. Eine grund- sätzliche Befreiung vom Schwimmunterricht ist nicht angezeigt. 15
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule 5 Sexualerziehung Sexualerziehung ist ein Aufgabengebiet des kennen. In unserer Gesellschaft mit ihren viel- Schulunterrichts, das gemäß den Rahmenplänen fältigen Anreizen, Herausforderungen und dem ab dem Primarbereich umgesetzt wird.12 Schu- Anspruch auf Selbstverwirklichung in der Part- lische Sexualerziehung sollte deshalb an die nerschaft beziehungsweise in der Sexualität ist Sexualerziehung des Elternhauses anknüpfen, es sehr wichtig, dass jeder Mensch die hierfür diese ergänzen und gegebenenfalls erweitern. erforderlichen Kompetenzen frühzeitig erlernt. Der Unterricht trägt dazu bei, dass Kinder und Jugendliche die Kompetenz erwerben, im sexu- Dabei wird Sexualerziehung als Teil des sozialen ellen Bereich selbstbestimmt und verantwortlich Lernens verstanden. Themen wie „Umgang mit zu handeln. Gefühlen“ oder „Werteorientierung“ sollten des- Dazu gehört auch, dass Kinder und Jugendliche halb ebenso aufgegriffen werden wie klassische lernen, sorgsam mit ihrem Körper umzugehen. Themen der Sexualerziehung zu Fortpflanzungs- Voraussetzung dafür ist, dass sie ihren Körper und Körperfunktionen. Jugendliche können so auf verlässliche Kenntnisse zurückgreifen und 12 Vgl. § 5 Abs. 5 Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Schulgesetz - SchulG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung lernen, selbstbestimmt mit ihrer Sexualität um- vom 10. September 2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Dezember 2019 (GVOBl. M-V 2019 S. 719) zugehen. 16
§ Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Rechtliche Lage Die Sexualerziehung zählt zu den Pflichtaufgaben der Schule. Grundsätzlich ist es nicht möglich, beispielsweise aufgrund von religiösen Wertvorstellungen, Kinder oder Jugendli- che vom Unterricht zu befreien. Weiterhin haben Eltern „zwar kein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung der schulischen Sexualerziehung“, sie können aber „Zurückhaltung und Toleranz“ verlangen.13 Eine Nichtteilnahme des Kindes wird als unentschuldigtes Fehlen gewertet. 13 5.1 Empfehlungen für die Kommunikation als in ihrer Familie vermittelt werden. Bei- mit den Eltern spielweise werde der Stellenwert der Ehe ge- genüber anderen Lebensmodellen nicht ein- Das Zusammenwirken von Eltern und Lehrkräf- deutig genug hervorgehoben. ten in der Erziehung setzt gegenseitige Informati- • Es werde mit Anschauungsmaterialien gearbei- on voraus. Deshalb müssen Lehrkräfte Eltern ge- tet, etwa mit Fotografien unbekleideter Men- mäß § 6 des Schulgesetzes über „Ziel, Inhalt und schen, die beim Kind Schamgefühle auslösen. Formen der Sexualerziehung sowie die hierbei • Das Kind werde mit Themen wie Selbstbefrie- verwendeten Lehr- und Lernmittel“ informieren, digung und Homosexualität konfrontiert. Die zum Beispiel auf einem Elternabend oder durch Eltern wünschen nicht, dass sich das Kind da- einen Elternbrief.14 mit beschäftigt, da es in einem Alter sei, wo es Eltern haben jedoch kein Mitbestimmungsrecht, diese Themen noch nicht verarbeiten könne. welche Themen im Unterricht behandelt werden und welche nicht. Im Elterngespräch können diese Einwände auf- gegriffen und entkräftet werden: Die Informationsveranstaltungen bieten die • Im Unterricht geht es gerade nicht um die Be- Möglichkeit, auf Bedenken und Einwände von einflussung der Kinder hinsichtlich bestimm- Erziehungsberechtigten gegen die schulische Se- ter Lebensmodelle, sondern es werden auch xualerziehung einzugehen. Dazu zählen unter die unterschiedlichen kulturellen und religiö- anderem: sen Wertvorstellungen der Schülerinnen und • Kinder würden inneren Konflikten ausgesetzt, Schüler berücksichtigt. da im Unterricht andere Wertvorstellungen • Bei der Auswahl und dem Einsatz der Mate- rialien wird das natürliche Schamgefühl der 13 BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2008 - 6 B 64.07 einzelnen Kinder beachtet. So werden im Un- 14 Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Schulgesetz - SchulG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung terricht in der Regel keine Fotos unbekleideter vom 10. September 2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Dezember 2019 (GVOBl. M-V 2019 S. 719) Menschen eingesetzt, sondern Zeichnungen. 17
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule • Die Lehrkraft gestaltet den Unterricht nicht nach eigenen persönlichen Wertvorstellun- gen, sondern achtet darauf, dass unterschied- liche Ansichten geäußert, vorgestellt und tole- riert werden. Die Grundlage bilden dabei die Grundrechte, die sich an der Menschenwürde und dem Recht auf freie Entfaltung der Persön- lichkeit orientieren. Die Lehrkraft greift nur dann ein, wenn Schülerinnen und Schüler diese Werte in Frage stellen. 18
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule 6 Schulwanderungen und Schulfahrten Schulwanderungen und Schulfahrten erweitern Welche Regeln gelten auf einer Schulfahrt? den Unterricht und ermöglichen ein handlungs- Die Verhaltensregeln auf Schulfahrten entspre- orientiertes und lebensnahes Lernen an anderen chen denen in der Schule. Das betrifft sowohl Orten.15 Sie sind unverzichtbarer Bestandteil und die Verhaltensregeln gegenüber Mitschülerinnen häufig sogar Höhepunkt der pädagogischen Ar- und Mitschülern als auch gegenüber Lehrkräf- beit und des gemeinsamen Lernens. Sie stärken ten. Folgende Themen sollten mit den Eltern so- den Zusammenhalt der Klassengemeinschaft wie Schülerinnen und Schülern im Vorfeld be- und fördern das soziale Miteinander. Schülerin- sprochen werden: nen und Schüler erhalten die Möglichkeit, in der • Die Lehrkräfte sind während der gesamten Schule gewonnene Erkenntnisse durch eigenes Schulfahrt zur Wahrnehmung ihrer gesetzli- Betrachten und Erleben zu vertiefen. chen Aufsichts- und Fürsorgepflicht verpflich- Die Vorbereitung und Durchführung von Schul- tet. Die Aufsicht muss aktiv, präventiv und fahrten gehört zu den dienstlichen Aufgaben der kontinuierlich erfolgen. Lehrkräfte. Die Schülerinnen und Schüler sind • Während einer Klassenfahrt sind Mädchen zur Teilnahme an Schulfahrten verpflichtet. Das und Jungen in getrennten Schlafräumen un- Ziel der Klassenreise wird nach fachlichen und tergebracht – auch Waschräume und Toiletten pädagogischen Kriterien ausgesucht und sollte sind nach Geschlechtern getrennt. mit den Schülerinnen und Schülern sowie den • Die Schülerinnen und Schüler sind gegen Un- Eltern abgestimmt werden. Die Eltern erklären fälle während der Schulwanderungen und sich vor Buchung der Reise mit der Übernahme Schulfahrten gesetzlich versichert, solange der Kosten einverstanden. Als Schulfahrten gel- diese in einem direkten oder indirekten Zu- ten folgende schulische Veranstaltungen, die au- sammenhang mit der Veranstaltung stehen.16 ßerhalb von Schule stattfinden: • Das Gesetz zum Schutz der Jugend in der • Exkursionen, Öffentlichkeit gilt auch für Schulfahrten. Die • Wandertage, durchführenden Lehrkräfte sind verantwort- • Klassen- und Studienfahrten, lich dafür, dass das Verbot des Konsums von • Schülergruppenfahrten, wie zum Beispiel Tabak, Alkohol und illegalen Drogen einge- Schüleraustausche im Rahmen von Schulpa- halten wird. tenschaften. • Darüber hinaus gibt es spezielle Absprachen zwischen Lehrkraft und Eltern, beispielsweise Vorsichtsmaßnahmen bei bestimmten Krankhei- ten eines Kindes (Asthma, Diabetes etc.) bezie- 15 Durchführung von Schulwanderungen und Schulfahrten an öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen hungsweise zu bestimmten Speisevorschriften. Schulen, Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 22. September 2017, zuletzt geändert durch die Zweite Änderung vom 5. September 2018 16 Ebd. Punkt 6.6 19
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule 20
§ Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Teilnahme an Schulfahrten – rechtliche Lage „Schulwanderungen und Schulfahrten sind schulische Veranstaltungen im Sinne des § 53 Absatz 2 des Schulgesetzes.“17 Damit sind alle Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an Schulfahrten verpflichtet, soweit sie nicht gemäß § 8 Absatz 1 und 2 der Schulpflichtverordnung in besonde- ren Ausnahmefällen von der Teilnahme befreit sind. Ist dies der Fall, sollen sie den Unterricht einer anderen Klasse oder eines anderen Kurses ihrer Schule besuchen: „Auf Antrag der Erzie- hungsberechtigten oder des volljährigen Schülers kann ein Schüler in besonderen Ausnahmefäl- len und in der Regel zeitlich begrenzt vom Unterricht in einzelnen Fächern oder von einzelnen Schulveranstaltungen befreit werden. Der Schüler kann verpflichtet werden, während dieser Zeit am Unterricht einer anderen Klasse oder eines anderen Kurses teilzunehmen … Über die Befreiung bis zu einem Monat entscheidet der Schulleiter ...“18 • Die Eltern erteilen schriftlich die Erlaubnis zu 6.1 Informationen zu aufenthaltsrechtlichen speziellen Aktivitäten wie Schwimmen, Radfah- Angelegenheiten bei Schulfahrten ren, Skilaufen, Bergwandern oder Bootfahren. außerhalb des Wohn- beziehungsweise Schulortes Kostenfragen • Vor dem Abschluss von Verträgen muss die Bei allen Klassenfahrten an Orte außerhalb Schulfahrt von der Schulleiterin beziehungs- Mecklenburg-Vorpommerns sollte für Schüle- weise dem Schulleiter genehmigt werden. Sie rinnen und Schüler, die keinen deutschen oder sollte den Eltern rechtzeitig angekündigt und EU-Pass haben, der Aufenthaltstitel überprüft es sollten Ansparmöglichkeiten eingerichtet werden, damit – falls erforderlich – entspre- werden. chende Anträge für das Verlassen Mecklenburg- • Kinder aus Familien, die Sozialgeld, Arbeits- Vorpommerns bei der Ausländerbehörde gestellt losengeld II, Sozialhilfe, den Kinderzuschlag werden können (Verlassenserlaubnis). Bei Reisen oder Wohngeld erhalten, haben einen An- innerhalb Deutschlands können Schülerinnen spruch auf Übernahme der Kosten für Schul- und Schüler mit einer Gestattung oder Duldung fahrten gemäß § 28 des Sozialgesetzbuchs II immer dann ohne eine weitere Genehmigung – Bedarfe für Bildung und Teilhabe. Anträge durch die Ausländerbehörde an Klassenreisen sind bei der zuständigen Arbeitsagentur zu teilnehmen, wenn ihre Duldung oder Gestattung stellen. 17 Durchführung von Schulwanderungen und Schulfahrten an Bildungs- und Teilhabepaket öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen, Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 22. September 2017, Punkt 1.2, zuletzt geändert durch die Zweite Änderung vom 5. September 2018 18 Verordnung über die Verfahren zur näheren Ausgestaltung der Schulpflicht an allgemeinbildenden Schulen (Schulpflichtverordnung - SchPflVO M-V) vom 23. Dezember 1996, letzte berücksichtigte Änderung: § 2 geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 2006 (Mittl.bl. BM M-V S. 3 / GVOBl. M-V 2007 S. 49) 21
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule keinen Eintrag zur räumlichen Beschränkung auf 6.2 Empfehlungen für die Kommunikation Mecklenburg-Vorpommern enthält. mit den Eltern In der Regel erhalten die Schülerinnen und Schüler nach der erstmaligen Verlängerung der Bei der Planung einer Klassenfahrt sollten fol- Gestattung oder Duldung keine räumliche Be- gende Punkte berücksichtigt werden: schränkung mehr. In der Gestattung oder Dul- dung ist dann lediglich vermerkt, dass eine 1) Allgemeine Vorbereitung Wohnsitznahme nur in Mecklenburg-Vorpom- • Versuchen Sie bei der zeitlichen Planung auf mern erlaubt ist. In diesen Fällen ist die Teilnah- Fastenzeiten und religiöse Feiertage Rücksicht me an einer Klassenreise ohne Probleme mög- zu nehmen, die Sie mithilfe eines interkultu- lich. Sollte noch eine räumliche Beschränkung rellen Kalenders ermitteln können. auf Mecklenburg-Vorpommern eingetragen sein, Interkultureller Kalender muss die betreffende Schülerin oder der Schüler • Bereiten Sie sich gut auf Gespräche mit Eltern mindestens vier Wochen vor der Reise einen An- vor, die unsicher sind, ob sie ihr Kind mitfah- trag bei der Ausländerbehörde auf eine Verlas- ren lassen. senserlaubnis stellen. 2) Vorbereitung auf Gespräche mit Eltern Bei Reisen ins Ausland muss der Antrag eben- Schritt 1: falls mindestens vier Wochen vorher mit einer Stellen Sie sich zunächst selbst folgende Reisenden-Liste, die in der Ausländerbehörde Fragen! erhältlich ist, gestellt werden. Außerdem müssen • Was möchte ich für die Schülerinnen und bei Auslandsreisen eventuell Visafragen mit der Schüler mit dieser konkreten Klassenfahrt er- hiesigen Botschaft des Ziellandes geklärt wer- reichen? den. • Welche Unsicherheiten vermute ich bei den Auswärtiges Amt Eltern (Angst ums Kind, finanzielle Aspekte, religiöse Gründe ...)? Informationen zu aufenthaltsrechtlichen Ange- • Wie könnte ich Raum und Zeit dafür schaffen, legenheiten von Asylbewerbern und (Bürger- damit diese Unsicherheiten zur Sprache kom- kriegs-)Flüchtlingen, zu humanitären Aufenthal- men können? ten und Verlassenserlaubnissen für Klassenreisen • Wo kann ich mich über die Hintergründe der im Inland und über Reisenden-Listen als Visa- kulturellen und religiösen Motive informie- Ersatz für Klassenreisen ins Ausland erhalten Sie ren? bei der zuständigen Ausländerbehörde. • Wie schätze ich die Vertrauensbasis zwischen Willkommen in MV Eltern und Kind ein? • Wie schätze ich die Vertrauensbasis zwischen Eltern und mir als Lehrkraft ein? 22
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Schritt 2: Schritt 3: Führen Sie Gespräche im Kollegium Nutzen Sie Ihre Elternabende! und mit einem Mitglied des Leitungsteams! Vielen Eltern hilft es, wenn sie frühzeitig an den • Welche Rolle spielen Klassenreisen in unserer Gedanken einer Schulfahrt gewöhnt werden. Schule, in unserem Schulprogramm? Darum kann es sinnvoll sein, die Eltern schon • Was spricht unter interkulturellen Aspekten vor dem eigentlichen Elternabend zur Klassen- für das Durchführen von Klassenfahrten? reise über die Rahmenbedingungen der Reise zu • Auf welche Ängste der Eltern muss ich mich informieren. vorbereiten? Auf dem eigentlichen Elternabend werden nicht • Welche Gründe werden für die Nichtteilnah- nur die organisatorischen Details geklärt. Es soll- me von Kindern an Klassenfahrten genannt? te auch ein Raum für Fragen und Diskussionen • Welche Erfahrungen haben Kolleginnen und geschaffen und ein Verfahren zum Umgang mit Kollegen? Was hat bei den Eltern ihrer Klasse Problemen vorgestellt werden. Weisen Sie auch zur Akzeptanz einer Klassenfahrt beigetragen? schon auf finanzielle Unterstützungsangebote des 23
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Bildungs- und Teilhabepakets und eventuell des Beispiele für Fragen von Lehrkräften an Eltern: Schulvereins hin und bieten Sie sich als Ansprech- • Haben Sie früher selbst eine Schulfahrt erlebt? partnerin beziehungsweise Ansprechpartner an. • Wie stellen Sie sich eine Schulfahrt vor? • Haben Sie Befürchtungen? Wenn ja: Welche? Schritt 4: • Möchte Ihr Kind an der Schulfahrt teilnehmen? Führen Sie Einzelgespräche! • Was möchten Sie für Ihr Kind? Haben Sie mit Mitunter ist es sinnvoll, den geschützten Rahmen dem Kind darüber gesprochen? eines Einzelgesprächs mit den Eltern zu wählen. • Welche Auswirkungen hätte es auf Ihr Kind, Lassen Sie genügend Raum für die Eltern und wenn Sie ihm die Teilnahme verweigern? deren Fragen, aber stellen auch Sie Ihre Fragen. • Stellen die Kosten der Schulfahrt ein unlösbares Versuchen Sie dabei, gemeinsam mit den Eltern Problem für Sie dar? Benötigen Sie finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Eltern Unterstützung? die Teilnahme ihres Kindes an der Klassenreise er- • Haben Sie Bedenken aufgrund religiöser Vor- leichtern. schriften? Beispiele für Fragen von Eltern an Lehrkräfte: • Wie sollte die Schulfahrt gestaltet sein, damit • Sind Jungen und Mädchen getrennt unterge- Ihr Kind mitfahren kann? bracht? • Wie wird auf Essensgewohnheiten Rücksicht Schritt 5: genommen? Organisieren Sie Hilfe durch Sprachmittlerinnen • Gibt es sowohl männliche als auch weibliche beziehungsweise Sprachmittler! Begleitpersonen? Gelegentlich kann in Elterngesprächen eine Un- • Können auch Eltern als Begleitpersonen mit- terstützung bei der Übersetzung und Vermittlung fahren? sinnvoll sein (siehe Anhang). 24
Kulturelle und religiöse Vielfalt in der Schule Empfehlungen zur Kooperation Schule – Elternhaus Der gute Kontakt und die vertrauensvolle Zu- Wichtig: sammenarbeit mit den Eltern von Anfang an sind Im Vorfeld von Gesprächen sollte die unpartei- von großer Bedeutung und spielen bei allen in ische Rolle der Sprachmittlerinnen beziehungs- dieser Handreichung angesprochenen Themen weise Sprachmittler geklärt werden. Familienan- eine wichtige Rolle. Lehrkräfte sollten die Eltern gehörige und Eltern aus derselben Klasse sollten über alle Regelungen und Vorhaben rechtzeitig nur im Ausnahmefall für die Sprachmittlung an- informieren und das Gespräch mit ihnen suchen. gefragt werden, da sie bei Konflikten zwischen Elternhaus und Schule leicht in Loyalitätsschwie- Für Eltern, die aus eigener Erfahrung Koeduka- rigkeiten geraten können. Auf keinen Fall sollten tion, koedukativen Sport- und Schwimmunter- Kinder für ihre Eltern übersetzen, da sie dabei in richt, Sexualerziehung und Schulfahrten nicht einen Rollenkonflikt kommen. kennen, ist eine rechtzeitige Information auf El- ternabenden und – wenn vorhanden – im Eltern- café hilfreich, um eventuellen Ängsten und Sor- gen frühzeitig begegnen zu können. Ein Ernst- nehmen dieser Sorgen trägt zum Gelingen der Vorhaben wesentlich bei und verhindert Kon- flikte um die Teilnahme der Schülerinnen und Schüler. Sollten Verständigungsprobleme aufgrund gerin- ger Deutschkenntnisse von Eltern ein Gespräch verhindern oder erschweren, ist es möglich, die Kostenübernahme für die Sprachmittlung über das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu erwirken (siehe Adressteil). Auch bei interkulturellen Konflikten, die schwer zu lö- sen sind und gravierende Auswirkungen auf das Klassen- und Schulklima haben können, ist der Einsatz von Sprachmittlerinnen beziehungswei- se Sprachmittlern ratsam. 25
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