KURZ ERKLÄRT 2018 DER BUND KURZ ERKLÄRT 2018 - Admin.ch
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Titelbild Gletscherblau fliesst die Fedacla ins Türkis des Silvaplanersees. Der Bach bringt immer neues Geschiebe ins Fexdelta: Kies- und Schlickbänke entstehen und versinken wieder. Das Foto wurde von einer Drohne in 90 Metern Höhe aufgenommen.
EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser Von allen Texten, Berichten, Botschaften, welche in Bundesbern publiziert werden – und das ist eine ganze Menge –, wird kaum eine Publikation häufiger verlangt als «Der Bund kurz erklärt». 200 000 beträgt die Auflage 2018, und das, obwohl der BUKU, wie er hier genannt wird, seit Juni 2016 auch über die App «CH info» erhältlich ist. Die vorliegende Übersicht über die Grundlagen unseres Staats «Direkte Demokratie ist viel mehr wesens, über die Regierung, die Verwaltungsbehörden, das Parlament und die Gerichte ist eben nicht «nur» Schul als die gelegentliche Konsultation stoff. Das Interesse am BUKU ist auch Ausdruck der Ver der Bevölkerung.» flechtung zwischen Gesellschaft und Politik. In gewissem Sinn ist in der Schweiz jeder Bürger ein Poli tiker, jede Bürgerin politisch aktiv – einfach unterschied lich stark: Wir werden alle drei Monate aufgefordert, poli tische Entscheide zu fällen, wir verfolgen die Debatten oder nehmen daran teil. Der eine lanciert eine Volksinitia tive, die andere ergreift ein Referendum und wieder an dere schreiben einen Leserbrief, setzen einen Tweet ab, oder sie ergreifen das Wort an der Gemeindeversammlung. Direkte Demokratie ist viel mehr als die gelegentliche Konsultation der Bevölkerung. Sie ist eine umfassende, relativ unübersichtliche, zuweilen zeitraubende, filigran austarierte, permanent drehende und sich ständig verän dernde Mechanik – mit dem Ziel, jene in die Entscheid findung einzubeziehen, die mit den Konsequenzen des Entscheids leben müssen. Sie ist unerhört wertvoll, funk tioniert aber nur, wenn alle, die teilnehmen wollen, unge fähr verstehen, wie sie funktioniert. Zu diesem Verständnis soll der BUKU beitragen. Dass er so oft bestellt und hoffentlich auch gelesen wird, ist eigentlich ein gutes Zeichen. Bundeskanzler Walter Thurnherr 3
INHALTSVERZEICHNIS INTERVIEW UND FAKTEN FUNDAMENT SCHWEIZ DIREKTE DEMOKRATIE 6 14 Bundespräsident Alain Berset Gewaltenteilung 16 im Gespräch 6 Wählen und abstimmen 18 Bevölkerung 8 Parteien von links bis rechts 20 Finanzen des Bundes 9 Parteien in Kürze 22 Geschichte der Schweiz 10 Föderalismus 12 Die App zur Broschüre Leitprogramm DER BUND KURZ ERKLÄRT DER BUND KURZ ERKLÄRT Didaktische Unterlagen auf Deutsch, Französisch und Englisch: iOS / Android www.hep-verlag.ch/der-bund-kurz-erklaert CH info 4
LEGISLATIVE EXEKUTIVE JUDIKATIVE PARLAMENT REGIERUNG GERICHTE 24 40 76 National- und Ständerat 26 Bundesrat 42 Justiz 78 Organisation der Räte 28 Bundesverwaltung 44 Bundesgericht und erstinstanzliche Gerichte Grosse und Kleine Kammer 30 Eidgenössisches Departement des Bundes 80 für auswärtige Angelegenheiten Mechanik des Parlaments 32 EDA 46 Milizparlament 33 Eidgenössisches Departement des Innern EDI 50 Parlamentsdienste 34 Eidgenössisches Justiz- und Mein Standpunkt 35 Polizeidepartement EJPD 54 Weg zu einem neuen Gesetz 36 Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungs- Parlamentsgebäude 38 schutz und Sport VBS 58 Eidgenössisches Finanz departement EFD 62 Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF 66 Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK 70 Bundeskanzlei BK 74 5
SCHWEIZ Treffen mit Bundespräsident Alain Berset DER PRÄSIDENT UND DIE REGISSEURIN Die Schweizer Filmemacherin Ursula Meier war ein Das Treffen fand im Bundesamt für Kultur in Bern statt, wenig überrascht, als Alain Berset ihr vorschlug, für wo rasch eine lebhafte Diskussion über den Zustand einmal die Rolle der Interviewerin zu übernehmen. unserer Gesellschaft, die Kultur und den Film in Gang Doch sie war auch neugierig und gerne bereit, sich auf kam. das Frage-und-Antwort-Spiel einzulassen. SCHWEIZ Kunst und Politik waren schon immer miteinander ver- zum Leben braucht. Was tun Sie, damit die Kunst nicht bunden. Die Politik bedient sich der Kunst, um sich in als blosses kulturelles «Vergnügen» oder gar als Mehr- Szene zu setzen. Trotzdem kommt es selten vor, dass wert einer privilegierten gesellschaftlichen Klasse sich ein Politiker auf das Spiel einlässt, sich von einer wahrgenommen wird, sondern als Möglichkeit, unsere Künstlerin befragen zu lassen. Warum haben Sie ge- Identität und unsere Beziehung zur Welt zu formen? rade eine Künstlerin als Gesprächspartnerin gewählt? In meiner Tätigkeit versuche ich, die Kultur in den Rang In den vergangenen Jahren habe ich überall in der Schweiz einer echten Notwendigkeit zu heben. Ich bemühe mich festgestellt, dass die Kultur – im weitesten Sinne des Be darum, die aktive und passive Teilhabe am kulturellen griffs – in unserem Land eine absolut zentrale Rolle spielt. Leben zu verbessern – durch Anerkennung der Kunstschaf Unsere sprachliche, regionale und gesellschaftliche Viel fenden und der kulturellen Akteure sowie durch die Wert falt ist komplex, und nicht selten ist es die Kultur, die schätzung unseres reichen Vereinslebens. uns zusammenführt und den nationalen Zusammenhalt Ich sehe die Kunst als innovativsten Teil der Kultur, aber sichert. Daher mein Wunsch, mich mit einer Künstlerin die Kultur ist ein Zugang dazu. Sie ist ein Impuls, der zum über die Schweiz und die Welt auszutauschen. Weitergehen anregt. Wenn eine Debatte um den Gegensatz von «Kultur gegen Kunst» gestartet wird, dann meist, um Der verstorbene deutsche Künstler Joseph Beuys be- der Kultur die finanziellen Mittel zu entziehen, auf die sie schrieb die Kunst einst als Nahrung, die der Mensch für ihre Entfaltung angewiesen ist. Ich setze mich 6 Der Bund kurz erklärt 2018 | Schweiz
dafür ein, dass nicht eine Kunstelite wie vor ein wichtiges Thema. Wir und gute Informationen gewöhnt. gegen eine breite Masse ausgespielt haben zwar Massnahmen ergriffen, Die Herausforderung besteht darin, wird, die sich mit der Volkskultur damit sich etwas tut, doch wir müssen einen kritischen Geist zu bewahren. identifiziert. Dieser Gegensatz ist anerkennen, dass verschiedene Län Dazu ist eine gute Bildung unerläss längst überholt. der in diesem Bereich rascher Fort lich, insbesondere im Bereich der schritte machen als wir. Deswegen fal digitalen Medien. Die Bürgerinnen In der zeitgenössischen Kunst wer- len wir in gewissen Rankings zurück. und Bürger müssen heute in der Lage den viele politische Aussagen zu Langfristig kann in der Schweiz die sein, unterschiedlichste Inhalte zu Themen wie Macht, Geld, Bezie- Gleichstellung nur erreicht werden, verstehen, von solchen in sozialen hungen, Bilder, Sprache, Körper, wenn die Frauen ermutigt werden, Netzwerken bis hin zu Hintergrund Realität usw. formuliert. Warum ist sich zu engagieren, wenn die Verein artikeln. die Politik nicht neugieriger auf barkeit von «Beruf und Familie» ver dieses innovative Schaffen, das bessert wird, und natürlich wenn die Muss man als Politiker ein guter sich mit anderen Formen des Zu- Lohngleichheit gefördert wird. Mit Schauspieler sein? sammenlebens auseinandersetzt? der Volksinitiative wird in der Schweiz Nein, nicht unbedingt. Als Politiker Ich denke im Gegenteil, dass es viele auch ein Vaterschaftsurlaub bald zur kann man nur eine einzige Rolle spie Kontakte zwischen Kunst und Politik Diskussion stehen, was zeigt, dass das len. Es ist daher besser, man bleibt au gibt, wobei es sich dabei nicht um Thema die Bevölkerung interessiert. thentisch. Gewisse Momente einer eine institutionalisierte Beziehung politischen Karriere können biswei SCHWEIZ handelt. Die Verbindungen entstehen Als ich meinen Film «Home» in den len etwas inszeniert sein. Mit 16 habe häufig unbewusst. Es gibt auch USA gezeigt habe – die Geschichte ich in einem kleinen Studentenfilm Momente, wo sich die beiden nicht einer Familie, die direkt neben ei- mitgespielt, und ich muss zugeben, verstehen, wo Spannungen entstehen ner Autobahn wohnt und abgekap- dass ich nicht sehr begabt war. und zu Debatten führen, die auch ge selt vom Rest der Welt weiterlebt – sellschaftspolitisch interessant sind. fragten mich die amerikanischen Kritiker, ob der Film eine Metapher für Europa in der Welt sei. Und als ich meinen Film in Europa zeigte, Ursula Meier ist eine interna wurde ich gefragt, ob er eine Meta- tional anerkannte Schweizer «Die Heraus pher für die Schweiz in Europa sei. Filmemacherin. Der Film Ich habe Ihren Film überhaupt nicht «Home» mit Isabelle Huppert forderung so gesehen. Für mich ist die in «Home» wurde am Filmfestival von dargestellte Abkapselung eher die Cannes selektioniert und er besteht darin, Metapher für die Unsicherheitsphase, hielt zahlreiche Auszeichnun die wir seit einigen Jahren durch gen. 2012 erhielt «L’enfant d’en gegenüber den leben. Die Isolation der Schweiz ist haut» mit Léa Seydoux und ein Mythos. In Wirklichkeit ist die Kacey Mottet Klein einen Bildern und Schweiz eines der offensten Länder Silbernen Bären (lobende Er der Welt. Sie hat an den grossen ge wähnung) bei den Internatio Informationen sellschaftlichen Bewegungen häufig nalen Filmfestspielen Berlin. teilgehabt, zum Beispiel an der Refor Der Film erhielt wie «Home» kritisch zu mation. Sie ist Weltmeisterin des Mul 2010 drei Schweizer Film tilateralismus, insbesondere mit dem preise, darunter den Preis für bleiben.» internationalen Genf, und sie spielt den besten Film, und er vertrat mit dem Gotthardtunnel eine zen die Schweiz an den Oscars. An trale Rolle auf der Ebene der europäi fang 2018 beendete Ursula schen Verkehrswege. Meier ihren neuen Spielfilm Ich bin 1971 geboren, im Jahr der «Journal de ma tête» mit Fanny Abstimmung über das Frauen- Unsere Gesellschaft wird immer Ardant und Kacey Mottet Klein. stimmrecht auf Bundesebene. Laut mehr von Bildern beherrscht. Wa- einem Bericht des Weltwirtschafts- rum wird die Bildanalyse im Schul- forums über die Gleichstellung von unterricht nicht stärker gewichtet? Frauen und Männern ist die Schweiz Diesen pädagogischen Auftrag hat vom 11. auf den 21. Rang zurück nicht nur die Schule, sondern die ge Informationen zum gefallen. Die nordischen Länder samte Gesellschaft. In einer direkten Bundespräsidium und bleiben unangefochten an der Demokratie wie der unseren muss die zu den Aktivitäten des Spitze. Wie erklären Sie sich das? Bevölkerung Informationen mög Bundespräsidenten: www.admin.ch > Die Präsenz der Frauen auf politischer lichst gut verstehen und interpretie Bundespräsidium und wirtschaftlicher Ebene ist nach ren können. Wir sind an vielfältige 7
Die Schweiz in Zahlen BEVÖLKERUNG 8,4 Millionen Menschen 4 Landessprachen Deutsch 63% Französisch 23% Rätoromanisch 0,5% SCHWEIZ Italienisch 8% 8 419 600 Einwohnerinnen und Einwohner andere Sprachen 23% 2 104 900 Davon ohne Schweizer Pass Mehrfachnennungen möglich In der Schweiz leben 8,4 Millionen Menschen. Der Die Schweiz ist ein vielsprachiges Land. Es gibt Ausländeranteil beträgt 25%. Mehr als die Hälfte vier Landessprachen: Deutsch, Französisch, Italie der Personen ohne Schweizer Pass ist entweder in nisch und Rätoromanisch. 63% der Bevölkerung der Schweiz geboren oder lebt seit mindestens sprechen hauptsächlich (Schweizer-)Deutsch, zehn Jahren hier. Die Mehrheit der ausländischen 23% Französisch, 8% Italienisch und 0,5% Räto Bevölkerung kommt aus einem EU- oder EFTA- romanisch. Auch andere Sprachen werden in der Land. Den grössten Anteil machen Personen aus Schweiz gesprochen: Englisch, Portugiesisch, Italien (15% der Ausländer), Deutschland (14%) Albanisch (je 3 bis 5%) und verschiedene andere und Portugal (13%) aus. 15% kommen aus nicht Sprachen. Viele geben zwei Sprachen als Haupt europäischen Staaten. sprachen an. Mehrheitlich christlich 70% der Menschen in der Schweiz gehören einer christlichen Glaubensgemeinschaft an. In 14 Kan tonen machen die Katholiken den grössten Bevöl kerungsanteil aus, in drei Kantonen die Refor mierten. In den restlichen Kantonen sind die Verhältnisse weniger deutlich. Egal ob christlich, muslimisch oder jüdisch: Für die meisten spielt die Religion im Alltag keine grosse Rolle. Der Anteil jener, die gar keiner Glaubensgemeinschaft ange hören, beträgt 23% – er nimmt seit Jahren zu. 38% Römisch-katholisch 5% Andere christliche Gemeinschaften 26% Evangelisch-reformiert 5% Islamische Gemeinschaften 23% Konfessionslos 3% Übrige/unbekannt Alle Zahlen sind gerundet. Weitere Informationen zur Bevölkerung: www.statistik.ch 8 Der Bund kurz erklärt 2018 | Schweiz
FINANZEN DES BUNDES 67,01 Milliarden Einnahmen (2016) 66,26 Milliarden Ausgaben (2016) Mehrwertsteuer 34% 34% Soziale Wohlfahrt Direkte Bundessteuer 31% 14% Finanzen und Steuern Verrechnungssteuer 8% 14% Verkehr Mineralölsteuer 7% 11% Bildung und Forschung SCHWEIZ Tabaksteuer 3% 7% Landesverteidigung Stempelabgaben 3% 6% Landwirtschaft und Ernährung Übrige Fiskaleinnahmen 8% 5% Beziehungen zum Ausland Nichtfiskalische Einnahmen 7% 10% Übrige Aufgaben Die wichtigsten Einnahmequellen des Bundes sind die Ein Drittel seiner Ausgaben investiert der Bund in den Be Mehrwertsteuer und die direkte Bundessteuer. Sie machen reich «Soziale Wohlfahrt»: 23 Milliarden Franken. Die zusammen rund 44 Milliarden Franken aus. Die direkte Hälfte davon geht an die Altersvorsorge (AHV), ein Fünftel Bundessteuer wird bei Privatpersonen auf dem Einkom an die Invalidenversicherung (IV). Weitere wichtige Berei men erhoben (progressiv, maximal 11,5%), bei Unterneh che der sozialen Wohlfahrt sind die Krankenversiche men auf dem Gewinn (8,5%). Für die meisten Waren und rungen (Prämienverbilligungen), die Migrationsausgaben Dienstleistungen gilt seit 2018 ein Mehrwertsteuersatz und die Ergänzungsleistungen. Die soziale Wohlfahrt ge von 7,7%. Welche Steuern der Bund erheben darf, ist in der hört zu den am stärksten wachsenden Aufgabenbereichen Bundesverfassung festgehalten. des Bundes. Schulden reduziert Mia. Franken Sozialversicherungen Der Bund ist verpflichtet, seine Aus 250 gaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht zu halten. Bei guter 200 Konjunktur muss er einen Überschuss Gemeinden erwirtschaften, bei schlechter darf er 150 mehr ausgeben als einnehmen. 2003 Kantone wurde diese «Schuldenbremse» zum 100 ersten Mal angewendet. Seit 2005 konnten die Bundesschulden von 50 Bund 130 Milliarden Franken um mehr als 30 Milliarden reduziert werden. Im 0 internationalen Vergleich steht die Schweiz sehr gut da: Die Schulden 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 quote des Gesamtstaats beträgt knapp 30% des Bruttoinlandprodukts (BIP). Alle Zahlen sind gerundet. Weitere Informationen zum Bundeshaushalt: www.efv.admin.ch 9
Vom Staatenbund zum Bundesstaat GESCHICHTE DER SCHWEIZ Die Schweiz entwickelte sich über Jahrhunderte aus einem Das politische System geht auf die Bundesverfassung von Geflecht verschiedener Bündnisse über einen Staatenbund 1848 zurück. Seither haben die Kompetenzen des Bundes, hin zum Bundesstaat. Landesgrenzen und Neutralität wur die Volksrechte und die politische Vielfalt zugenommen. den 1815 international festgelegt und anerkannt. 1291 | Alte Eidgenossenschaft 1803 –1814 | Mediation 1847–1848 | Sonderbundskrieg BÜNDNISPARTNER GELOCKERTE LIBERALE GEGEN SCHAFTEN FREMDHERR KONSERVATIVE SCHAFT SCHWEIZ Wechselnde Bündnisse zwischen Bei der Frage nach der Ausgestal- Städten und Landschaften bezwe- tung des Bundes kommt es schluss Nach Bürgerkriegen zwischen Föde cken die Sicherung der politischen endlich zu einem Bürgerkrieg zwi- ralisten und Anhängern der Helveti- Ordnung gegen innen und der Un- schen liberalen und katholisch- schen Republik gibt Napoleon der abhängigkeit gegen aussen. 1291 konservativen Kantonen. Der Son- Schweiz eine Mediationsverfas- schliessen Uri, Schwyz und Unter- derbundskrieg endet mit dem Sieg sung. Sie gibt den Kantonen eine walden das erste dokumentierte der liberalen Kräfte. gewisse Eigenständigkeit zurück Bündnis ab. Der Begriff «Eitgenoze» und legt die meisten Kantons taucht 1315 auf. Im Lauf der Jahr- grenzen fest. hunderte wächst die Eidgenossen- schaft durch weitere Bündnisse und durch Gebietseroberungen. 1200 1800 1850 1848 | Bundesverfassung DEMOKRATISCHER 1815 | Bundesvertrag BUNDESSTAAT NEUTRALITÄT UND Die Bundesverfassung gewährt den STAATENBUND meisten Bürgern – Männern – ver- 1798 –1802 | Helvetik schiedene Rechte und Freiheiten, EINHEITSSTAAT Nach dem Sturz Napoleons aner- u. a. das Stimm- und Wahlrecht kennen die europäischen Gross- (Frauenstimmrecht ab 1971). Auf UNTER FREMDER mächte die Neutralität der Schweiz Bundesebene wird nach amerika HERRSCHAFT und die heute gültigen Landes nischem Vorbild das Zweikammer- grenzen werden fixiert. Der Bundes- system eingeführt, mit einem Natio- Nach dem Einmarsch französischer vertrag von 1815 fasst die verschie- nal- und einem Ständerat, die den Truppen wird die Eidgenossen- denen eidgenössischen Bündnisse Bundesrat wählen. Einige Bereiche schaft zur Helvetischen Republik zu einem einzigen Staatenbund zu- werden zentralisiert. Die Schweiz umgestaltet: zu einem Einheitsstaat sammen. Dieser ist für die Sicher- entwickelt sich zum einheitlichen unter Pariser Kontrolle. heitspolitik zuständig. Rechts- und Wirtschaftsraum. 10 Der Bund kurz erklärt 2018 | Schweiz
1874, 1891 | 1919, 1929 | Proporz 1959 – 2003 | Zauberformel Ausbau der Demokratie WEITER RICHTUNG VIELFALT AUCH INITIATIVE, KONSENS IM BUNDESRAT REFERENDUM DEMOKRATIE Die Regierung setzt sich aus Vertre- Die revidierte Bundesverfassung tern der wählerstärksten Parteien 1919 wird der Nationalrat zum ers- überträgt dem Bund mehr Aufgaben zusammen: 2 FDP, 2 CVP, 2 SP, ten Mal im Proporzverfahren ge- und weitet die demokratischen 1 SVP. Diese sogenannte Zauber wählt, und im Bundesrat sitzt nun Rechte auf Bundesebene aus. 1874 formel gilt bis 2003. Seither ist der ein zweites katholisch-konservati- wird das Referendum eingeführt, Bundesrat parteipolitisch wech- ves Mitglied. Ab 1929 ist auch ein 1891 die Volksinitiative. 1891 wählt selnd zusammengesetzt. Mitglied der Bauern-, Gewerbe- und das Parlament zum ersten Mal einen Bürgerpartei (heute SVP) im Bun- Vertreter der Katholisch-Konservati- desrat vertreten. ven (heute CVP) in die Regierung: Erstmals seit 1848 besteht der Bun- desrat nicht mehr nur aus Freisinni- gen. SCHWEIZ 1900 1950 2000 2000 | Dritte Bundesverfassung BEWAHRUNG UND 1939 –1945 | Zweiter Weltkrieg OFFENHEIT 1914 –1918 | EINBINDUNG DER Die totalrevidierte Bundesverfas- Erster Weltkrieg, Generalstreik LINKEN sung betont die partnerschaftliche SOZIALISTISCHE Zusammenarbeit zwischen Bund IDEEN Unter dem Eindruck der Bedrohung und Kantonen und regelt die Aufga- aus dem Ausland rücken die poli benteilung. Das Schweizer Volk Armut und Arbeitslosigkeit während tischen Kräfte von links bis rechts stimmt den bilateralen Verträgen des ersten Weltkriegs sowie die so- zusammen: Während des Zweiten zwischen der Schweiz und der zialistischen Ideen der Russischen Weltkriegs wählt das Parlament Europäischen Union (EU) zu. Zwei Revolution gipfeln 1918 im landes- 1943 einen Sozialdemokraten in die Jahre später (2002) entscheidet es weiten Generalstreik. Regierung. sich für den Beitritt zur UNO. 11
Bund, Kantone und Gemeinden FÖDERALISMUS 1 SCHWEIZ 26 2222 12 Der Bund kurz erklärt 2018 | Schweiz
Die Schweiz ist ein föderalistischer Staat: Die Macht ist möglich, dass die Schweiz als Einheit bestehen kann – zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden aufgeteilt. trotz vier Sprachkulturen und unterschiedlicher regio- Kantone und Gemeinden haben grosse Spielräume, um naler Eigenheiten. ihre Aufgaben zu erfüllen. Der Föderalismus macht es Bund Seit 1848 ist die Schweiz ein Bundesstaat, bezeichnet auch als «Eidgenossenschaft» oder als «Bund». Die Bundes • Zehn Prozent der Schweizerinnen und verfassung legt die Aufgaben des Bundes fest. Dazu gehö Schweizer leben im Ausland («Ausland ren u. a. die Beziehungen zum Ausland, die Landesvertei schweizer»). digung, das Nationalstrassennetz und die Kernenergie. • 85 Prozent der Einwohnerinnen und Ein National- und Ständerat bilden das eidgenössische Par wohner leben in städtischen Gebieten. lament, die Landesregierung besteht aus sieben Bundes • Die Einnahmen aus der direkten Bundes räten, das Bundesgericht stellt die nationale Recht steuer machen rund 31 Prozent der Ein sprechung sicher. Zu seiner Finanzierung erhebt der Bund nahmen des Bundes aus. SCHWEIZ u. a. die direkte Bundessteuer. Kantone Der Bund besteht aus 26 Kantonen, auch «Stände» ge nannt. Jeder Kanton hat ein eigenes Parlament, eine eigene • Im Kanton Basel-Stadt ist das Bruttoinland Regierung, eigene Gerichte und eine eigene Verfassung. produkt (BIP) pro Kopf mehr als dreimal so Diese darf der Bundesverfassung nicht widersprechen. Die gross wie im Kanton Uri. Kantone setzen die Vorgaben des Bundes um, gestalten ihre • In den Nationalen Finanzausgleich zahlen Tätigkeit aber nach eigenen Bedürfnissen. Grossen Gestal sieben Kantone ein, 19 Kantone erhalten tungsspielraum haben sie z. B. im Schul- und Spitalwesen, daraus Ausgleichszahlungen. im Bereich Kultur sowie bei der Polizei. Jeder Kanton er • In den Kantonen Appenzell Innerrhoden hebt zu seiner Finanzierung kantonale Steuern. und Glarus finden noch Landsgemeinden statt. Gemeinden Die 26 Kantone sind in Gemeinden gegliedert. Jeder Kan ton regelt die Aufgabenteilung zwischen sich und seinen • In der kleinsten Gemeinde (Corippo, TI) Gemeinden selbst. Zu den Aufgaben von Gemeinden gehö leben 13 Menschen, in der grössten rund ren z. B. die Ortsplanung, der Schulbetrieb, das Fürsorge 400 000 (Stadt Zürich). wesen und die Feuerwehr. Grössere Gemeinden und Städte • Jedes Jahr gibt es wegen Fusionen im haben Parlamente und Volksabstimmungen. In kleineren Durchschnitt rund 30 Gemeinden w eniger. Gemeinden entscheiden die Bürgerinnen und Bürger an • In vier von fünf Gemeinden entscheiden Gemeindeversammlungen über politische Vorlagen. Jede die Stimmberechtigten an Gemeinde Gemeinde zieht Gemeindesteuern ein. versammlungen über politische Vorlagen. 13
DIREKTE DEMOKRATIE Fundament DIREKTE DEMOKRATIE D E M O K R AT I E Für jede eidgenössische Abstimmung werden mehr als 5 Millionen Broschüren gedruckt, in denen die einzelnen Abstimmungsvorlagen erläutert werden. Sie werden den Stimmberechtigten nach Hause geschickt. 14 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte Demokratie
Gewaltenteilung 16 Wählen und abstimmen 18 Parteien 20 D E M O K R AT I E 15
Ein Grundprinzip der Demokratie GEWALTENTEILUNG Gewaltenteilung verhindert die Konzentration von Macht bei einzelnen Personen oder Institutionen und schiebt dem Machtmissbrauch einen Rie- gel. Die Macht ist auf die drei Staatsgewalten Legislative, Exekutive und Judikative verteilt. Eine Person darf gleichzeitig nur einer der drei Staats- gewalten angehören. Die Schweiz hat die Gewaltenteilung mit dem Bun- desstaat von 1848 eingeführt. D E M O K R AT I E Die Regierung Die Bundesversammlung setzt Gesetze um erlässt Gesetze NATIONALRAT BUNDESRAT UND VERWALTUNG STÄNDERAT EXEKUTIVE LEGISLATIVE Gesetze umsetzen Gesetze beschliessen Der Bundesrat ist die Regierung der Das Parlament besteht aus dem National- Schweiz. Er führt die laufenden Geschäfte und Ständerat. Die beiden Räte sind gleich- und setzt die Gesetzesbeschlüsse des Par- berechtigt; zusammen bilden sie die Bun- laments um. Jedes der sieben Bundesrats- desversammlung. Das Parlament erlässt mitglieder steht e inem Departement vor. Gesetze und überwacht die Geschäfts Zusammen mit der Bundeskanzlei bilden führung des Bundesrats und des Bundes- die sieben Departemente die Bundesver- gerichts. waltung. 16 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte Demokratie
Wer wählt wen? In der Schweiz können rund 5,3 Millionen Frauen und Männer an den eidgenössischen Wahlen teilneh men. Unter 18-Jährige sowie ausländische Staats angehörige haben auf Bundesebene kein Wahlrecht. Das Schweizer Volk wählt das Parlament (Legisla tive). Das Volk ist somit die oberste politische Instanz der Schweiz. Der Nationalrat repräsentiert die gesamte Bevölkerung, der Ständerat vertritt die 26 Kantone. Die eidgenössischen Wahlen finden alle vier Jahre statt. D E M O K R AT I E Das Parlament wählt mehrere Instanzen, nämlich: • die Exekutive: die sieben Mitglieder des Bundes rats und die Bundeskanzlerin oder den Bundes kanzler. Ihre Amtsdauer beträgt vier Jahre; eine Wiederwahl ist möglich. (S. 42) • die Judikative: den Bundesgerichtspräsidenten sowie die Richterinnen und Richter des Bundes gerichts und der drei erstinstanzlichen Gerichte. (S. 80) Die Eidgenössischen Gerichte • den Bundesanwalt: Er leitet die Bundesanwalt setzen Gesetze durch schaft. Diese verfolgt unter anderem Delikte im Zusammenhang mit Sprengstoff und Spionage sowie Amtsdelikte von Bundesangestellten. www.bundesanwaltschaft.ch Wer kontrolliert wen? Das Parlament hat die Oberaufsicht über den Bun 4 GERICHTE desrat und die Bundesverwaltung sowie über die eid genössischen Gerichte und die Bundesanwaltschaft. JUDIKATIVE Die Parlamentsmitglieder wiederum werden vom Volk gewählt. Ihm sind sie Rechenschaft schuldig. Recht sprechen Das Bundesgericht ist das höchste Gericht der Schweiz. Es sorgt für die einheitliche Anwendung des Rechts und schützt die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Zudem entscheidet es als oberste Instanz über Rechtsstreitigkeiten zwischen Bürger und Staat oder Bund und Kantonen. 17
Politische Rechte WÄHLEN UND ABSTIMMEN WAHLRECHT In kaum einem anderen Staat hat das Volk derart weitrei chende Mitbestimmungsrechte wie in der Schweiz. Schwei zerinnen und Schweizer, die mindestens 18-jährig sind, dürfen auf nationaler Ebene wählen und abstimmen. Ne Wählende ben den Parlamentswahlen, die alle vier Jahre stattfinden, können sich die Stimmberechtigten bis zu viermal pro Jahr in Volksabstimmungen zu politischen Sachfragen äussern. Meistens stehen bei einem Urnengang gleich mehrere Vor lagen zur Diskussion. Über Verfassung und Gesetz Über jede Änderung der Verfassung wird abgestimmt D E M O K R AT I E (obligatorisches Referendum). Verfassungsänderungen brauchen die Zustimmung einer Mehrheit des Volks und National- und Kandidierende Volkswahl Ständerat der Kantone (doppeltes Mehr). Über ein revidiertes oder neues Gesetz wird hingegen nur abgestimmt, wenn ein fa kultatives Referendum dies verlangt. Das Gesetz ist ange nommen, wenn das Volk mehrheitlich zustimmt (einfaches Wählen und gewählt werden Mehr). Alle Wahlberechtigten können einerseits Mitglieder für das Parlament wählen (aktives Wahlrecht) und Abstimmungskalender 2018 andererseits selbst für einen Parlamentssitz kandi Der Bundesrat legt jeweils mindestens vier Monate im dieren (passives Wahlrecht). Für den Nationalrat Voraus fest, welche Vorlagen zur Abstimmung gelangen. sind auch die Auslandschweizerinnen und -schwei Die Abstimmungstermine sind aber bereits viel früher be zer wahlberechtigt, in gewissen Kantonen auch für kannt: Schon heute sind sie bis ins Jahr 2036 festgelegt. den Ständerat. Im Jahr 2018 finden die eidgenössischen Abstimmungen Nationalrat und Ständerat an folgenden Sonntagen statt: Die 200 Mitglieder des Nationalrats und 46 Mitglie 4. März, 10. Juni, 23. September und 25. November. der des Ständerats werden direkt vom Volk gewählt. Die Wahlen erfolgen alle vier Jahre schriftlich. Einzig in Appenzell Innerrhoden wählt die Landsgemeinde ihre Vertretung im Ständerat per Handerheben. Videos zu den Abstimmungsvorlagen: www.admin.ch/videos • Die Wahlbeteiligung bei den eidgenössischen Wahlen 2015 betrug 48 Prozent. • 2015 haben 1308 Frauen und 2480 Männer für den Nationalrat kandidiert. • Auf Bundesebene sind die Frauen seit 1971 stimm- und wahlberechtigt. 18 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte Demokratie
DIREKTDEMOKRATISCHE INSTRUMENTE VOLKSINITIATIVE FAKULTATIVES REFERENDUM JA JA NEIN NEIN NEIN NEIN JA JA NE NE IN IN JA JA D E M O K R AT I E Für eine 100 000 Volks- Gegen eine 50 000 Volks- Verfassungsänderung Unterschriften abstimmung Gesetzesänderung Unterschriften abstimmung Die Verfassung ändern Ein neues Gesetz stoppen Bürgerinnen und Bürger können mit einer Volks Das Parlament verabschiedet neue oder geänderte initiative eine Änderung der Verfassung – nicht aber Gesetze. Bürgerinnen und Bürger können dagegen eines Gesetzes – verlangen. Alle wahlberechtigten und gegen gewisse Staatsverträge ein Referendum Schweizerinnen und Schweizer können eine Volks ergreifen. Auch das Referendumsrecht ist ein wichti initiative unterzeichnen und in einer Gruppe von ger Bestandteil der direkten Demokratie. mindestens sieben Personen (Initiativkomitee) auch selbst eine Volksinitiative lancieren. 50 000 Unterschriften Wahlberechtigte Schweizerinnen und Schweizer 100 000 Unterschriften können ein Referendum unterzeichnen. Für eine Damit eine Volksinitiative zustande kommt, sind Volksabstimmung sind die gemeinsame Forderung 100 000 gültige Unterschriften nötig. Diese müssen von acht Kantonen (Kantonsreferendum) oder innerhalb von 18 Monaten gesammelt werden. Bun 50 000 gültige Unterschriften nötig. Diese müssen desrat und Parlament empfehlen eine Annahme oder innerhalb von 100 Tagen gesammelt werden. Die Ablehnung der Volksinitiative. Für eine Zustimmung Vorlage tritt in Kraft, wenn die Mehrheit des Volks ist die Mehrheit von Volk und Kantonen notwendig Ja sagt (einfaches Mehr). Sagt es Nein, gilt das bis (doppeltes Mehr). Bei einer Annahme erfolgt die herige Recht. konkrete Umsetzung, bei einer Ablehnung gilt das bisherige Recht. • Volksinitiativen gibt es auf Bundesebene seit 1891. • 1874 wurde das Referendum eingeführt. • 209 Volksinitiativen kamen seither zur Abstim • 185 fakultative Referenden sind seither zustande mung. 22 wurden angenommen. gekommen, 80 davon wurden vom Volk abgelehnt. • Am 31.12.2017 waren 10 Initiativen im Sammel • Am 31.12.2017 lief für 14 Bundesgesetze und Bun stadium, 14 beim Bundesrat oder Parlament hän desbeschlüsse die Referendumsfrist. Gegen eine gig und zwei waren abstimmungsreif. Vorlage wurden Unterschriften gesammelt. 19
Bindeglieder zwischen Volk und Staat PARTEIEN VON LINKS BIS RECHTS Parteien sind für das Funktionieren der Demokratie unent Linke Parteien befürworten einen ausgebauten Sozial behrlich: Sie tragen zur politischen Meinungsbildung bei, staat, rechte Parteien setzen vor allem auf eine liberale stellen Kandidierende für öffentliche Ämter und ergreifen Wirtschaftspolitik und auf die Verantwortung jedes Einzel Initiativen oder Referenden. Parteien unterscheiden sich nen. Neben der Links-rechts-Frage gibt es die Umweltfrage, voneinander durch ihre Auffassungen von Staat, Gesell die Frage der Öffnung der Schweiz gegenüber Europa und schaft und Wirtschaft. internationalen Organisationen und die Frage der libera D E M O K R AT I E Links Mi Was heisst «links»? • Ein starker Sozialstaat, der die sozialen Unterschiede ausgleicht • Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Vordergrund • Preiskontrollen, Service public • Mehr Friedenspolitik, weniger Armee 20 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte Demokratie
len Werte (z. B. gleichgeschlechtliche Partnerschaft). von mehr als zehn Prozent: SVP: 29%, SP: 19%, FDP: 16%, Mitteparteien arbeiten je nach Thema mit linken oder mit CVP: 12%. Diese Parteien sind im Bundesrat vertreten. rechten Parteien zusammen. Die Parteienlandschaft der Schweiz besteht aus vielen Par Die meisten Parteien gibt es in der ganzen Schweiz. Inner teien, von denen auf Bundesebene keine die Mehrheit hat. halb der gleichen Parteien bestehen aber je nach Sprach Vier Parteien erreichen im Nationalrat eine Parteistärke region und Kanton inhaltliche Unterschiede. D E M O K R AT I E I LE G ES A DEI TICIN tte Rechts Was heisst «rechts»? • Freiheit und Selbstverantwortung, Staat greift nur zur Not ein • Interessen der Arbeitgeber im Vordergrund • Freies Unternehmertum, ökonomische Anreize • Starke Landesverteidigung 21
Die zwölf Parteien auf Bundesebene PARTEIEN IN KÜRZE In der Legislatur 2015 – 2019 setzt sich der Nationalrat aus zwölf Parteien zusammen. Sechs davon sind auch im Ständerat vertreten, vier im Bundesrat. Die Parteien auf Bundesebene sind hier kurz vorgestellt. Die Reihen- folge entspricht der Anzahl Sitze in der Bundesver- sammlung. SVP Schweizerische Volkspartei Parteipräsident Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr Parteipräsident Albert Rösti Sitzanteil gerundet in der Bundesver sammlung Albert Rösti 1971 (BGB 1917) 5 65 2 29% 29% Ständerat 5 Mitglieder: 5 Männer Nationalrat 65 Mitglieder: 13 Frauen und 52 Männer Bundesrat 2 Mitglieder: 2 Männer Gründungsjahr 1971 (BGB 1917) www.svp.ch 13 52 D E M O K R AT I E www.svp.ch SP Sozialdemokratische Partei der Schweiz Parteipräsident Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr Parteipräsident Christian Levrat Sitzanteil gerundet in der Bundesver 1888 Christian Levrat sammlung 12 43 2 22% Ständerat 12 Mitglieder: 4 Frauen und 8 Männer 22% Nationalrat 43 Mitglieder: 25 Frauen und 18 Männer Bundesrat 2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann Gründungsjahr 1888 www.sp-ps.ch 4 8 25 18 1 1 www.sp-ps.ch FDP FDP.Die Liberalen Parteipräsidentin Petra Gössi Parteipräsidentin Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr 1894 (Fusion 2009) Sitzanteil gerundet in der Bundesver Petra Gössi sammlung 13 33 2 19% Ständerat 13 Mitglieder: 1 Frau und 12 Männer 19% Nationalrat 33 Mitglieder: 7 Frauen und 26 Männer Bundesrat 2 Mitglieder: 2 Männer Gründungsjahr 1894 (Fusion 2009) www.fdp.ch 1 12 7 26 www.fdp.ch CVP Christlichdemokratische Volkspartei Parteipräsident Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr Parteipräsident Gerhard Pfister Sitzanteil gerundet in der Bundesver sammlung Gerhard Pfister 1912 13 27 1 16% 16% Ständerat 13 Mitglieder: 2 Frauen und 11 Männer Nationalrat 27 Mitglieder: 9 Frauen und 18 Männer Bundesrat 1 Mitglied: 1 Frau Gründungsjahr 1912 www.cvp.ch 2 11 9 18 www.cvp.ch Grüne Grüne Partei der Schweiz Parteipräsidentin Regula Rytz Parteipräsidentin Ständerat Nationalrat Gründungsjahr 1983 Sitzanteil gerundet in der Bundesver Regula Rytz sammlung 1 11 4,8% Ständerat 1 Mitglied: 1 Mann 4,8% Nationalrat 11 Mitglieder: 5 Frauen und 6 Männer Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1983 www.gruene.ch 5 6 www.gruene.ch Die Summe der Ständeratsmitglieder ergibt 45 statt 46, 22 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte Demokratie weil ein Ständeratsmitglied parteilos ist.
BDP Bürgerlich-Demokratische Partei der Schweiz Parteipräsident Martin Landolt Parteipräsident Ständerat Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 3,3% Ständerat Martin Landolt 2008 1 Mitglied: 1 Mann 1 7 Nationalrat 3,3% 7 Mitglieder: 1 Frau und 6 Männer Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 2008 www.pbd.info 1 6 www.bdp.info glp Grünliberale Partei Schweiz Parteipräsident Jürg Grossen Parteipräsident Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 2,8% 2007 Ständerat Jürg Grossen kein Mitglied 7 Nationalrat 2,8% 7 Mitglieder: 3 Frauen und 4 Männer Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 2007 www.grunliberale.ch 3 4 www.grunliberale.ch EVP Evangelische Volkspartei der Schweiz Parteipräsidentin Marianne Streiff-Feller Parteipräsidentin Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,8% Ständerat Marianne Streiff-Feller 1919 kein Mitglied 2 Nationalrat 0,8% 2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1919 www.evppev.ch 1 1 www.evppev.ch D E M O K R AT I E LdT Lega dei Ticinesi I LE G ES A DEI TICIN Koordinator Attilio Bignasca Koordinator Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,8% 1991 Ständerat Attilio Bignasca kein Mitglied 2 Nationalrat 0,8% 2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1991 www.lega-dei-ticinesi.ch 1 1 www.lega-dei-ticinesi.ch CSP OW Christlichsoziale Partei Obwalden Co-Präsidium Sepp Stalder und Christian Schäli Co-Präsidium Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,4% Ständerat Sepp Stalder 1956 kein Mitglied 1 Nationalrat 0,4% 1 Mitglied: 1 Mann Christian Schäli Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1956 www.csp-ow.ch www.csp-ow.ch MCG Mouvement Citoyens Genevois Parteipräsidentin Ana Roch Parteipräsidentin Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,4% Ständerat Ana Roch 2005 kein Mitglied 1 Nationalrat 0,4% 1 Mitglied: 1 Mann Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 2005 www.mcge.ch www.mcge.ch PdA Partei der Arbeit der Schweiz Parteipräsident Gavriel Pinson Parteipräsident Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,4% Ständerat Gavriel Pinson 1944 kein Mitglied 1 Nationalrat 0,4% 1 Mitglied: 1 Mann Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1944 www.pda.ch www.pda.ch Prozentualer Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung (National- und Ständerat) 23
PARLAMENT Legislative PARLAMENT PA R L A M E N T 24 Der Bund kurz erklärt 2018 | Parlament
National- und Ständerat 26 Parlamentsdienste 34 Organisation der Räte 28 Mein Standpunkt 35 Grosse und Kleine Kammer 30 Weg zu einem neuen Gesetz 36 Mechanik des Parlaments 32 Parlamentsgebäude 38 Milizparlament 33 PA R L A M E N T Das neu renovierte Bundesratszimmer ist jeweils Dreh- und Angelpunkt von Bundesratswahlen. Hier wurden auch die eingegangenen Wahlzettel für die Wahl von Bundesrat Ignazio Cassis ausgezählt. 25
Zwei Räte – ein Parlament NATIONAL- UND STÄNDERAT Eine Vertretung von Volk und Kantonen Vereinigte Bundesversammlung Das Schweizer Parlament, die Legislative, besteht aus zwei Die Vereinigte Bundesversammlung tagt im Nationalrats Kammern, die einander gleichgestellt sind und sich doch saal. Während die Mitglieder des Nationalrats an ihren an unterscheiden: Im Nationalrat, der Grossen Kammer, sit gestammten Plätzen sitzen, nehmen die Ständerätinnen zen die Volksvertreterinnen und -vertreter, im Ständerat, und Ständeräte an der Rückwand des Saals ihre nach Kan der Kleinen Kammer, die Kantonsvertreterinnen und -ver ton angeordneten Sitze ein. Die Leitung hat der oder die treter. Zusammen bilden die beiden Kammern die Verei jeweilige Vorsitzende des Nationalrats inne. Er oder sie nigte Bundesversammlung. Die 246 Parlamentsmitglieder wird deshalb als höchster Schweizer oder höchste Schwei stehen für die unterschiedlichen Sprachgemeinschaften, zerin bezeichnet. Parteien, Interessen, Weltanschauungen und Regionen der Schweiz. Interview mit Nationalratspräsident Dominique de Buman: Die 200 Nationalrätinnen und Nationalräte repräsentie PA R L A M E N T www.parlament.ch > Zum Blog ren die rund acht Millionen Einwohnerinnen und Einwoh ner der Schweiz – jedes Nationalratsmitglied vertritt also rund 40 000 Personen. Am grössten ist die Zürcher Dele Interview mit Ständeratspräsidentin gation mit 35 Mitgliedern. Da gemäss Bundesverfassung Karin Keller-Sutter: jeder Kanton Anspruch auf mindestens einen Nationalrats www.parlament.ch > Zum Blog sitz hat, entsendet auch Appenzell Innerrhoden mit seinen 16 117 Einwohnerinnen und Einwohnern einen Volksver treter nach Bern. Nationalratssaal Die 46 Mitglieder des Ständerats repräsentieren ihren Kanton bzw. Stand. Es sind je zwei pro Kanton, wobei es auch hier eine Ausnahme gibt: Die Kantone Obwalden, Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden entsenden als ehemalige Halbkantone nur je einen Vertreter. Die Mitglie der des Ständerats werden in direkter Wahl bestimmt. National- und Ständerat tagen in der Regel getrennt, gewisse Geschäfte behandeln sie als Vereinigte Bundes versammlung jedoch gemeinsam. Dazu gehören unter anderem die Wahl der Mitglieder des Bundesrats und der Bundesgerichte. Die Bundesversammlung übt damit – unter Vorbehalt der Rechte von Volk und Ständen – die oberste Gewalt im Bund aus. Das ist eine Schweizer Beson derheit: Im Unterschied zu anderen Ländern wählt in der Schweiz das Parlament die Regierung und das oberste Gericht. Die Entscheide des Parlaments kann kein Gericht überprüfen. Ausserdem kann das Parlament nicht vor Ablauf einer Legislatur aufgelöst werden. 26 Der Bund kurz erklärt 2018 | Parlament
Die zwei Wege ins Parlament Alle vier Jahre Neuwahlen Alle vier Jahre im Herbst finden für den Nationalrat Ge Bei den Gesamterneuerungswahlen am Ende der Legis samterneuerungswahlen statt, die nach schweizweit ein latur werden in der Regel etwa 30 Prozent der Sitze neu heitlichen Regeln und in den meisten Kantonen nach dem besetzt. Während einer laufenden Legislatur treten rund Proporzsystem ablaufen. Jeder Kanton bildet einen Wahl zehn Prozent der Ratsmitglieder zurück und werden kreis und erhält mindestens einen Sitz. ersetzt. Die nächsten Gesamterneuerungswahlen finden Die Wahl der Ständeratsmitglieder richtet sich hingegen 2019 statt. nach kantonalem Recht. Ausser in den Kantonen Jura und Neuenburg wird der Ständerat nach dem Majorzsystem ge wählt. Die Wahl findet in allen Kantonen gleichzeitig mit den Nationalratswahlen statt; einzig in Appenzell Inner rhoden wird der Standesvertreter zu einem anderen Zeit Film «Erklär mir das Parlament»: punkt bestimmt. Es gibt im Ständerat also keine Gesamt PA R L A M E N T www.parlament.ch > Über das Parlament > erneuerung und folglich auch keine Legislaturperiode. Wie funktioniert das Parlament? > Film In der parteipolitischen Zusammensetzung von National- und Ständerat gibt es beträchtliche Unterschiede, was unter anderem mit dem Wahlsystem zusammenhängt. Im Nationalrat ist die SVP mit 65 Mitgliedern derzeit mit Abstand am stärksten, gefolgt von der SP mit 43, den FDP-Liberalen mit 33 und der CVP mit 27 Vertreterinnen und Vertretern. Im Ständerat haben die CVP und die FDP je 13 Sitze, die SP 12 und die SVP 5 Sitze. Ständeratssaal Proporz und Majorz Beim Proporzsystem (Verhältniswahl) werden die Sitze gemäss der Anzahl Stimmen den Parteien zugeteilt und da nach die Sitze an die bestplatzierten Kandidierenden der Parteien vergeben. Dieses System ermöglicht auch kleine ren Parteien den Einzug ins Parlament. Beim Majorzsystem (Mehrheitswahl) ist gewählt, wer in seinem Kanton am meisten Stimmen erhalten hat. Dieses Verfahren begünstigt grosse Parteien und bekannte Per sönlichkeiten. Dass im Ständerat jeder Kanton unabhängig von seiner Grösse und Bevölkerungsstärke gleich viel Gewicht hat, schafft im Parlament einen Ausgleich zwischen grossen und kleinen Kantonen. Weitere Informationen zum Parlament: www.parlament.ch 27
Gewählt – was nun? ORGANISATION DER RÄTE Organe des Parlaments In jeder grösseren Gruppe bedarf es Regeln, so auch im Für die Ratsmitglieder ist es eine schwierige Aufgabe, sich National- und Ständerat: Jedem Ratsmitglied wird ein Sitz in der Überfülle der Geschäfte, die oft auch eher technische platz zugeteilt, wobei Mitglieder der gleichen Partei in der Fragen behandeln, eine fundierte Meinung zu bilden. Be Regel beieinander sitzen. An der ersten Sitzung der neuen vor die Geschäfte in den Rat kommen, werden sie deshalb Legislatur wählt jeder Rat seinen Vorsitz und die Mitglie in den Fraktionen diskutiert: Man versucht, sich auf ein der des Ratsbüros. Der Ratspräsident oder die Ratspräsi heitliche Positionen festzulegen, die von den Fraktions dentin leitet die Ratssitzungen. Er oder sie wird dabei vom mitgliedern dann im Rat sowie gegenüber den Medien und Ratssekretariat unterstützt. der Öffentlichkeit vertreten werden. Die Ratsmitglieder stimmen jedoch ohne Weisungen: Es ist jedem Ratsmit Die Mitglieder einer Partei oder gleichgesinnter Parteien glied freigestellt, bei den Abstimmungen im Rat von der formieren sich zu Fraktionen. Zur Bildung einer Fraktion Fraktionsmeinung oder der Position eines Kantons oder sind mindestens fünf Mitglieder aus einem Rat erforder eines Verbands abzuweichen. PA R L A M E N T lich. Im Nationalrat haben bei den allermeisten Geschäften nur Mitglieder einer Fraktion das Recht zu sprechen. Zu Die Kommissionen bieten Raum, um ausführliche und dem ist dort die Fraktionszugehörigkeit Voraussetzung, vertiefte Diskussionen zu führen, Sachfragen zu klären, um in einer Kommission Einsitz nehmen zu können. Nur Fachleute der Verwaltung, Expertinnen und Experten und wer einer Fraktion angehört, kann also wirksam Politik be die betroffenen Kreise anzuhören und sich mit den Bun treiben. Parteien mit weniger als fünf Parlamentsmitglie desrätinnen und Bundesräten auszutauschen. Sie sind dern bemühen sich deshalb um Anschluss an eine Fraktion. aber auch der Ort, wo ausprobiert werden kann, ob be Sie werden umgekehrt aber auch umworben. Je grösser stimmte Ideen über Parteigrenzen hinweg mehrheitsfähig nämlich eine Fraktion ist, desto mehr Kommissionssitze sind. stehen ihr zu und desto grösser ist ihr Einfluss im Rat. Sessionsdaten 2018 26.11. – 14.12. 26.2 .– 16.3. 28.5. – 15.6. 10.9. – 28.9. Sommer Frühling Herbst Winter Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Wahl Präsident/-inNationalrat und Ständerat 2019 28.11.2018 Wahl Bundespräsident/-in und Vizepräsident/-in des Bundesrats 2019 13.12.2018 28 Der Bund kurz erklärt 2018 | Parlament
Zuständigkeiten Die Hauptaufgabe des Parlaments ist es, Gesetze zu be schliessen. Das Spektrum erstreckt sich vom Ausland schweizergesetz bis zum Zivildienstgesetz, von Fragen des Lehrjahre Naturschutzes bis zum Autobahnbau, vom Kriegsmaterial gesetz bis zur Friedensförderung. Der Ratsvorsitz ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Amtszeit ist zudem auf ein Jahr beschränkt. Da aber Das Parlament ist aber auch zuständig für: jeweils eine erste und zweite Vizepräsidentin bzw. • die Freigabe von finanziellen Mitteln (Budget) und die ein erster und zweiter Vizepräsident gewählt wer Genehmigung der Staatsrechnung des Bundes; den, ergibt sich quasi eine zweijährige «Lehrzeit», • die Aufsicht über Bundesrat, Verwaltung und Bundes während der ein künftiger Amtsinhaber in die Arbei gerichte; ten des Präsidiums eingeführt wird. Bei allem Wan • die Wahl der Mitglieder des Bundesrats und der Bundes del ist somit dennoch eine grosse Kontinuität ge PA R L A M E N T gerichte sowie des Bundeskanzlers; währleistet. • völkerrechtliche Verträge, für deren Abschluss nicht der Bundesrat zuständig ist, und • für die Beziehungspflege zu ausländischen Parlamenten. Frauen im Parlament Die Frauen haben das Stimm- und Wahlrecht in der Schweiz erst seit 1971. Ihr Anteil im Parlament stieg von 5 Prozent im Jahr 1971 auf aktuell 30 Prozent. Diskussion am Rande der Debatte Zum Vergleich: Im weltweiten Durchschnitt sind 23 Prozent der Parlamentssitze von Frauen besetzt, in den skandinavischen Ländern sind es ca. 40 Prozent. Den relativ höchsten Anteil an Frauen im Parlament hat das ostafrikanische Ruanda mit 56 Prozent. Wird das Parlament immer jünger? Vor rund 20 Jahren bildeten die 40- bis 60-Jährigen die Mehrheit im Parlament, in den 1920er-Jahren war sogar rund ein Fünftel der Parlamentarier jünger als 40. Heute ist die Verteilung nach Alterskatego rien ziemlich ausgeglichen. Die jüngste Abgeordnete ist 29, der älteste 75 Jahre alt. 29
Zwei Gleichberechtigte GROSSE UND KLEINE KAMMER Das Zweikammersystem schafft einen Ausgleich zwischen des Ständerats können sich zu jedem Geschäft spontan den grossen und den kleinen Kantonen und gibt den ver äussern, während für die 200 Mitglieder des Nationalrats schiedenen Sprachregionen mehr Gewicht. Ein Zweikam eine komplexe Redeordnung gilt, die spontane Voten kaum mersystem ist keine Selbstverständlichkeit – in vielen Län zulässt. Deshalb ist es im Ständerat einfacher als im Natio dern gibt es nur eine Parlamentskammer. Wo es zwei nalrat, mit guten Argumenten eine Abstimmung zu beein Kammern gibt, hat in der Regel die «grosse» Kammer, die flussen. meist eine Volksvertretung ist, mehr zu sagen als die Bis ein Gesetz in beiden Kammern völlig gleichlautend «kleine», die oft die Regionen vertritt. In der Schweiz ist beschlossen ist, vergeht oft einige Zeit. Wenn es aber ein das anders: Beide Räte haben dieselben Kompetenzen, mal beschlossen ist und die Hürde eines eventuellen Refe sie behandeln dieselben Geschäfte auf dieselbe Art. Das rendums genommen hat, hat es auch Bestand. Diese Vor gilt auch für Budgetfragen. Abwechslungsweise berät der hersehbarkeit und Stabilität der politischen Entscheide eine oder der andere Rat ein Geschäft zuerst. Beide Räte tragen viel zum Erfolg und Wohlstand der Schweiz bei. PA R L A M E N T müssen übereinstimmende Beschlüsse fassen, damit diese gültig sind. Auch die einzelnen Mitglieder des Ständerats und des Nationalrats haben dieselben Rechte: Jeder und jede kann Gesetzesentwürfe oder Aufträge an den Bundes rat einreichen. Diese vollständige Gleichberechtigung Allianzen der beiden Kammern gibt es auch im amerikanischen Kongress, wo Senat und Repräsentantenhaus identische Allein bringt keine Fraktion ein Geschäft durch; um Kompetenzen haben. In Europa jedoch ist die Schweiz das zu gewinnen, braucht es Allianzen. Meist teilt sich einzige Land, bei dem das so funktioniert. Auch die das Parlament bei strittigen Vorlagen in ein eher bür Kantone haben nur eine Parlamentskammer. gerliches und ein eher linkes Lager. Damit entschei Gesetzesentwürfe werden von jedem Rat bis zu dreimal det letztlich die politische Mitte über Ja oder Nein, beraten, damit man am Schluss zu gleichlautenden je nachdem, auf welche Seite sie sich schlägt. Ab und Beschlüssen kommt. Das kann manchmal schwierig sein – zu kommt es allerdings auch zu einer sogenannt meistens gelingt es, weil jeder Rat Hand bietet für Kompro unheiligen Allianz: Die linke – SP und Grüne – und misse und Annäherungen. Dies obwohl die beiden die rechte Ratsseite – SVP – spannen zusammen, um K ammern nicht gleich funktionieren: Wegen der unter- eine Vorlage mit vereinten Kräften, aber aus teils völ schiedlichen politischen Zusammensetzung kommen lig entgegengesetzten Motiven, grundlegend zu ver sie oft nicht zu denselben Abstimmungsergebnissen. Der ändern oder gar abzulehnen. Ständerat ist zudem den Kantonen näher als der National rat. Auch die Grösse hat einen Einfluss: Die 46 Mitglieder Die Parlamentsmitglieder von A – Z und nach Kantonen: www.parlament.ch > Organe 30 Der Bund kurz erklärt 2018 | Parlament
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