KURZ ERKLÄRT 2018 DER BUND KURZ ERKLÄRT 2018 - Admin.ch
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Titelbild Gletscherblau fliesst die Fedacla ins Türkis des Silvaplanersees. Der Bach bringt immer neues Geschiebe ins Fexdelta: Kies- und Schlickbänke entstehen und versinken wieder. Das Foto wurde von einer Drohne in 90 Metern Höhe aufgenommen.
EDITORIAL
Liebe Leserin, lieber Leser
Von allen Texten, Berichten, Botschaften, welche in
Bundesbern publiziert werden – und das ist eine ganze
Menge –, wird kaum eine Publikation häufiger verlangt als
«Der Bund kurz erklärt». 200 000 beträgt die Auflage 2018,
und das, obwohl der BUKU, wie er hier genannt wird, seit
Juni 2016 auch über die App «CH info» erhältlich ist. Die
vorliegende Übersicht über die Grundlagen unseres Staats
«Direkte Demokratie ist viel mehr wesens, über die Regierung, die Verwaltungsbehörden,
das Parlament und die Gerichte ist eben nicht «nur» Schul
als die gelegentliche Konsultation stoff. Das Interesse am BUKU ist auch Ausdruck der Ver
der Bevölkerung.» flechtung zwischen Gesellschaft und Politik.
In gewissem Sinn ist in der Schweiz jeder Bürger ein Poli
tiker, jede Bürgerin politisch aktiv – einfach unterschied
lich stark: Wir werden alle drei Monate aufgefordert, poli
tische Entscheide zu fällen, wir verfolgen die Debatten
oder nehmen daran teil. Der eine lanciert eine Volksinitia
tive, die andere ergreift ein Referendum und wieder an
dere schreiben einen Leserbrief, setzen einen Tweet ab,
oder sie ergreifen das Wort an der Gemeindeversammlung.
Direkte Demokratie ist viel mehr als die gelegentliche
Konsultation der Bevölkerung. Sie ist eine umfassende,
relativ unübersichtliche, zuweilen zeitraubende, filigran
austarierte, permanent drehende und sich ständig verän
dernde Mechanik – mit dem Ziel, jene in die Entscheid
findung einzubeziehen, die mit den Konsequenzen des
Entscheids leben müssen. Sie ist unerhört wertvoll, funk
tioniert aber nur, wenn alle, die teilnehmen wollen, unge
fähr verstehen, wie sie funktioniert.
Zu diesem Verständnis soll der BUKU beitragen. Dass er so
oft bestellt und hoffentlich auch gelesen wird, ist eigentlich
ein gutes Zeichen.
Bundeskanzler Walter Thurnherr
3INHALTSVERZEICHNIS
INTERVIEW UND FAKTEN FUNDAMENT
SCHWEIZ DIREKTE DEMOKRATIE
6 14
Bundespräsident Alain Berset Gewaltenteilung 16
im Gespräch 6
Wählen und abstimmen 18
Bevölkerung 8
Parteien von links bis rechts 20
Finanzen des Bundes 9
Parteien in Kürze 22
Geschichte der Schweiz 10
Föderalismus 12
Die App zur Broschüre Leitprogramm DER BUND KURZ ERKLÄRT
DER BUND KURZ ERKLÄRT Didaktische Unterlagen auf Deutsch, Französisch
und Englisch:
iOS / Android www.hep-verlag.ch/der-bund-kurz-erklaert
CH info
4LEGISLATIVE EXEKUTIVE JUDIKATIVE
PARLAMENT REGIERUNG GERICHTE
24 40 76
National- und Ständerat 26 Bundesrat 42 Justiz 78
Organisation der Räte 28 Bundesverwaltung 44 Bundesgericht und
erstinstanzliche Gerichte
Grosse und Kleine Kammer 30 Eidgenössisches Departement des Bundes 80
für auswärtige Angelegenheiten
Mechanik des Parlaments 32 EDA 46
Milizparlament 33 Eidgenössisches Departement
des Innern EDI 50
Parlamentsdienste 34
Eidgenössisches Justiz- und
Mein Standpunkt 35 Polizeidepartement EJPD 54
Weg zu einem neuen Gesetz 36 Eidgenössisches Departement
für Verteidigung, Bevölkerungs-
Parlamentsgebäude 38 schutz und Sport VBS 58
Eidgenössisches Finanz
departement EFD 62
Eidgenössisches Departement
für Wirtschaft, Bildung und
Forschung WBF 66
Eidgenössisches Departement
für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation UVEK 70
Bundeskanzlei BK 74
5SCHWEIZ Treffen mit Bundespräsident Alain Berset
DER PRÄSIDENT UND DIE REGISSEURIN
Die Schweizer Filmemacherin Ursula Meier war ein Das Treffen fand im Bundesamt für Kultur in Bern statt,
wenig überrascht, als Alain Berset ihr vorschlug, für wo rasch eine lebhafte Diskussion über den Zustand
einmal die Rolle der Interviewerin zu übernehmen. unserer Gesellschaft, die Kultur und den Film in Gang
Doch sie war auch neugierig und gerne bereit, sich auf kam.
das Frage-und-Antwort-Spiel einzulassen.
SCHWEIZ
Kunst und Politik waren schon immer miteinander ver- zum Leben braucht. Was tun Sie, damit die Kunst nicht
bunden. Die Politik bedient sich der Kunst, um sich in als blosses kulturelles «Vergnügen» oder gar als Mehr-
Szene zu setzen. Trotzdem kommt es selten vor, dass wert einer privilegierten gesellschaftlichen Klasse
sich ein Politiker auf das Spiel einlässt, sich von einer wahrgenommen wird, sondern als Möglichkeit, unsere
Künstlerin befragen zu lassen. Warum haben Sie ge- Identität und unsere Beziehung zur Welt zu formen?
rade eine Künstlerin als Gesprächspartnerin gewählt? In meiner Tätigkeit versuche ich, die Kultur in den Rang
In den vergangenen Jahren habe ich überall in der Schweiz einer echten Notwendigkeit zu heben. Ich bemühe mich
festgestellt, dass die Kultur – im weitesten Sinne des Be darum, die aktive und passive Teilhabe am kulturellen
griffs – in unserem Land eine absolut zentrale Rolle spielt. Leben zu verbessern – durch Anerkennung der Kunstschaf
Unsere sprachliche, regionale und gesellschaftliche Viel fenden und der kulturellen Akteure sowie durch die Wert
falt ist komplex, und nicht selten ist es die Kultur, die schätzung unseres reichen Vereinslebens.
uns zusammenführt und den nationalen Zusammenhalt Ich sehe die Kunst als innovativsten Teil der Kultur, aber
sichert. Daher mein Wunsch, mich mit einer Künstlerin die Kultur ist ein Zugang dazu. Sie ist ein Impuls, der zum
über die Schweiz und die Welt auszutauschen. Weitergehen anregt. Wenn eine Debatte um den Gegensatz
von «Kultur gegen Kunst» gestartet wird, dann meist, um
Der verstorbene deutsche Künstler Joseph Beuys be- der Kultur die finanziellen Mittel zu entziehen, auf die sie
schrieb die Kunst einst als Nahrung, die der Mensch für ihre Entfaltung angewiesen ist. Ich setze mich
6 Der Bund kurz erklärt 2018 | Schweizdafür ein, dass nicht eine Kunstelite wie vor ein wichtiges Thema. Wir und gute Informationen gewöhnt.
gegen eine breite Masse ausgespielt haben zwar Massnahmen ergriffen, Die Herausforderung besteht darin,
wird, die sich mit der Volkskultur damit sich etwas tut, doch wir müssen einen kritischen Geist zu bewahren.
identifiziert. Dieser Gegensatz ist anerkennen, dass verschiedene Län Dazu ist eine gute Bildung unerläss
längst überholt. der in diesem Bereich rascher Fort lich, insbesondere im Bereich der
schritte machen als wir. Deswegen fal digitalen Medien. Die Bürgerinnen
In der zeitgenössischen Kunst wer- len wir in gewissen Rankings zurück. und Bürger müssen heute in der Lage
den viele politische Aussagen zu Langfristig kann in der Schweiz die sein, unterschiedlichste Inhalte zu
Themen wie Macht, Geld, Bezie- Gleichstellung nur erreicht werden, verstehen, von solchen in sozialen
hungen, Bilder, Sprache, Körper, wenn die Frauen ermutigt werden, Netzwerken bis hin zu Hintergrund
Realität usw. formuliert. Warum ist sich zu engagieren, wenn die Verein artikeln.
die Politik nicht neugieriger auf barkeit von «Beruf und Familie» ver
dieses innovative Schaffen, das bessert wird, und natürlich wenn die Muss man als Politiker ein guter
sich mit anderen Formen des Zu- Lohngleichheit gefördert wird. Mit Schauspieler sein?
sammenlebens auseinandersetzt? der Volksinitiative wird in der Schweiz Nein, nicht unbedingt. Als Politiker
Ich denke im Gegenteil, dass es viele auch ein Vaterschaftsurlaub bald zur kann man nur eine einzige Rolle spie
Kontakte zwischen Kunst und Politik Diskussion stehen, was zeigt, dass das len. Es ist daher besser, man bleibt au
gibt, wobei es sich dabei nicht um Thema die Bevölkerung interessiert. thentisch. Gewisse Momente einer
eine institutionalisierte Beziehung politischen Karriere können biswei
SCHWEIZ
handelt. Die Verbindungen entstehen Als ich meinen Film «Home» in den len etwas inszeniert sein. Mit 16 habe
häufig unbewusst. Es gibt auch USA gezeigt habe – die Geschichte ich in einem kleinen Studentenfilm
Momente, wo sich die beiden nicht einer Familie, die direkt neben ei- mitgespielt, und ich muss zugeben,
verstehen, wo Spannungen entstehen ner Autobahn wohnt und abgekap- dass ich nicht sehr begabt war.
und zu Debatten führen, die auch ge selt vom Rest der Welt weiterlebt –
sellschaftspolitisch interessant sind. fragten mich die amerikanischen
Kritiker, ob der Film eine Metapher
für Europa in der Welt sei. Und als
ich meinen Film in Europa zeigte, Ursula Meier ist eine interna
wurde ich gefragt, ob er eine Meta- tional anerkannte Schweizer
«Die Heraus pher für die Schweiz in Europa sei. Filmemacherin. Der Film
Ich habe Ihren Film überhaupt nicht «Home» mit Isabelle Huppert
forderung so gesehen. Für mich ist die in «Home» wurde am Filmfestival von
dargestellte Abkapselung eher die Cannes selektioniert und er
besteht darin, Metapher für die Unsicherheitsphase, hielt zahlreiche Auszeichnun
die wir seit einigen Jahren durch gen. 2012 erhielt «L’enfant d’en
gegenüber den leben. Die Isolation der Schweiz ist haut» mit Léa Seydoux und
ein Mythos. In Wirklichkeit ist die Kacey Mottet Klein einen
Bildern und Schweiz eines der offensten Länder Silbernen Bären (lobende Er
der Welt. Sie hat an den grossen ge wähnung) bei den Internatio
Informationen sellschaftlichen Bewegungen häufig nalen Filmfestspielen Berlin.
teilgehabt, zum Beispiel an der Refor Der Film erhielt wie «Home»
kritisch zu mation. Sie ist Weltmeisterin des Mul 2010 drei Schweizer Film
tilateralismus, insbesondere mit dem preise, darunter den Preis für
bleiben.» internationalen Genf, und sie spielt den besten Film, und er vertrat
mit dem Gotthardtunnel eine zen die Schweiz an den Oscars. An
trale Rolle auf der Ebene der europäi fang 2018 beendete Ursula
schen Verkehrswege. Meier ihren neuen Spielfilm
Ich bin 1971 geboren, im Jahr der «Journal de ma tête» mit Fanny
Abstimmung über das Frauen- Unsere Gesellschaft wird immer Ardant und Kacey Mottet Klein.
stimmrecht auf Bundesebene. Laut mehr von Bildern beherrscht. Wa-
einem Bericht des Weltwirtschafts- rum wird die Bildanalyse im Schul-
forums über die Gleichstellung von unterricht nicht stärker gewichtet?
Frauen und Männern ist die Schweiz Diesen pädagogischen Auftrag hat
vom 11. auf den 21. Rang zurück nicht nur die Schule, sondern die ge
Informationen zum
gefallen. Die nordischen Länder samte Gesellschaft. In einer direkten Bundespräsidium und
bleiben unangefochten an der Demokratie wie der unseren muss die zu den Aktivitäten des
Spitze. Wie erklären Sie sich das? Bevölkerung Informationen mög Bundespräsidenten:
www.admin.ch >
Die Präsenz der Frauen auf politischer lichst gut verstehen und interpretie Bundespräsidium
und wirtschaftlicher Ebene ist nach ren können. Wir sind an vielfältige
7Die Schweiz in Zahlen
BEVÖLKERUNG
8,4 Millionen Menschen 4 Landessprachen
Deutsch
63%
Französisch
23%
Rätoromanisch
0,5%
SCHWEIZ
Italienisch
8%
8 419 600 Einwohnerinnen und Einwohner andere Sprachen
23%
2 104 900 Davon ohne Schweizer Pass Mehrfachnennungen möglich
In der Schweiz leben 8,4 Millionen Menschen. Der Die Schweiz ist ein vielsprachiges Land. Es gibt
Ausländeranteil beträgt 25%. Mehr als die Hälfte vier Landessprachen: Deutsch, Französisch, Italie
der Personen ohne Schweizer Pass ist entweder in nisch und Rätoromanisch. 63% der Bevölkerung
der Schweiz geboren oder lebt seit mindestens sprechen hauptsächlich (Schweizer-)Deutsch,
zehn Jahren hier. Die Mehrheit der ausländischen 23% Französisch, 8% Italienisch und 0,5% Räto
Bevölkerung kommt aus einem EU- oder EFTA- romanisch. Auch andere Sprachen werden in der
Land. Den grössten Anteil machen Personen aus Schweiz gesprochen: Englisch, Portugiesisch,
Italien (15% der Ausländer), Deutschland (14%) Albanisch (je 3 bis 5%) und verschiedene andere
und Portugal (13%) aus. 15% kommen aus nicht Sprachen. Viele geben zwei Sprachen als Haupt
europäischen Staaten. sprachen an.
Mehrheitlich christlich
70% der Menschen in der Schweiz gehören einer
christlichen Glaubensgemeinschaft an. In 14 Kan
tonen machen die Katholiken den grössten Bevöl
kerungsanteil aus, in drei Kantonen die Refor
mierten. In den restlichen Kantonen sind die
Verhältnisse weniger deutlich. Egal ob christlich,
muslimisch oder jüdisch: Für die meisten spielt die
Religion im Alltag keine grosse Rolle. Der Anteil
jener, die gar keiner Glaubensgemeinschaft ange
hören, beträgt 23% – er nimmt seit Jahren zu. 38% Römisch-katholisch 5% Andere christliche Gemeinschaften
26% Evangelisch-reformiert 5% Islamische Gemeinschaften
23% Konfessionslos 3% Übrige/unbekannt
Alle Zahlen sind gerundet. Weitere Informationen zur Bevölkerung: www.statistik.ch
8 Der Bund kurz erklärt 2018 | SchweizFINANZEN DES BUNDES
67,01 Milliarden Einnahmen (2016) 66,26 Milliarden Ausgaben (2016)
Mehrwertsteuer 34%
34% Soziale Wohlfahrt
Direkte Bundessteuer 31%
14% Finanzen und Steuern
Verrechnungssteuer 8%
14% Verkehr
Mineralölsteuer 7%
11% Bildung und Forschung
SCHWEIZ
Tabaksteuer 3%
7% Landesverteidigung
Stempelabgaben 3%
6% Landwirtschaft und Ernährung
Übrige Fiskaleinnahmen 8%
5% Beziehungen zum Ausland
Nichtfiskalische Einnahmen 7%
10% Übrige Aufgaben
Die wichtigsten Einnahmequellen des Bundes sind die Ein Drittel seiner Ausgaben investiert der Bund in den Be
Mehrwertsteuer und die direkte Bundessteuer. Sie machen reich «Soziale Wohlfahrt»: 23 Milliarden Franken. Die
zusammen rund 44 Milliarden Franken aus. Die direkte Hälfte davon geht an die Altersvorsorge (AHV), ein Fünftel
Bundessteuer wird bei Privatpersonen auf dem Einkom an die Invalidenversicherung (IV). Weitere wichtige Berei
men erhoben (progressiv, maximal 11,5%), bei Unterneh che der sozialen Wohlfahrt sind die Krankenversiche
men auf dem Gewinn (8,5%). Für die meisten Waren und rungen (Prämienverbilligungen), die Migrationsausgaben
Dienstleistungen gilt seit 2018 ein Mehrwertsteuersatz und die Ergänzungsleistungen. Die soziale Wohlfahrt ge
von 7,7%. Welche Steuern der Bund erheben darf, ist in der hört zu den am stärksten wachsenden Aufgabenbereichen
Bundesverfassung festgehalten. des Bundes.
Schulden reduziert
Mia. Franken Sozialversicherungen Der Bund ist verpflichtet, seine Aus
250 gaben und Einnahmen auf Dauer im
Gleichgewicht zu halten. Bei guter
200 Konjunktur muss er einen Überschuss
Gemeinden erwirtschaften, bei schlechter darf er
150 mehr ausgeben als einnehmen. 2003
Kantone wurde diese «Schuldenbremse» zum
100 ersten Mal angewendet. Seit 2005
konnten die Bundesschulden von
50 Bund 130 Milliarden Franken um mehr als
30 Milliarden reduziert werden. Im
0 internationalen Vergleich steht die
Schweiz sehr gut da: Die Schulden
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
quote des Gesamtstaats beträgt knapp
30% des Bruttoinlandprodukts (BIP).
Alle Zahlen sind gerundet. Weitere Informationen zum Bundeshaushalt: www.efv.admin.ch
9Vom Staatenbund zum Bundesstaat
GESCHICHTE DER SCHWEIZ
Die Schweiz entwickelte sich über Jahrhunderte aus einem Das politische System geht auf die Bundesverfassung von
Geflecht verschiedener Bündnisse über einen Staatenbund 1848 zurück. Seither haben die Kompetenzen des Bundes,
hin zum Bundesstaat. Landesgrenzen und Neutralität wur die Volksrechte und die politische Vielfalt zugenommen.
den 1815 international festgelegt und anerkannt.
1291 | Alte Eidgenossenschaft 1803 –1814 | Mediation 1847–1848 | Sonderbundskrieg
BÜNDNISPARTNER GELOCKERTE LIBERALE GEGEN
SCHAFTEN FREMDHERR KONSERVATIVE
SCHAFT
SCHWEIZ
Wechselnde Bündnisse zwischen Bei der Frage nach der Ausgestal-
Städten und Landschaften bezwe- tung des Bundes kommt es schluss
Nach Bürgerkriegen zwischen Föde
cken die Sicherung der politischen endlich zu einem Bürgerkrieg zwi-
ralisten und Anhängern der Helveti-
Ordnung gegen innen und der Un- schen liberalen und katholisch-
schen Republik gibt Napoleon der
abhängigkeit gegen aussen. 1291 konservativen Kantonen. Der Son-
Schweiz eine Mediationsverfas-
schliessen Uri, Schwyz und Unter- derbundskrieg endet mit dem Sieg
sung. Sie gibt den Kantonen eine
walden das erste dokumentierte der liberalen Kräfte.
gewisse Eigenständigkeit zurück
Bündnis ab. Der Begriff «Eitgenoze» und legt die meisten Kantons
taucht 1315 auf. Im Lauf der Jahr- grenzen fest.
hunderte wächst die Eidgenossen-
schaft durch weitere Bündnisse und
durch Gebietseroberungen.
1200 1800 1850
1848 | Bundesverfassung
DEMOKRATISCHER
1815 | Bundesvertrag BUNDESSTAAT
NEUTRALITÄT UND Die Bundesverfassung gewährt den
STAATENBUND meisten Bürgern – Männern – ver-
1798 –1802 | Helvetik schiedene Rechte und Freiheiten,
EINHEITSSTAAT Nach dem Sturz Napoleons aner- u. a. das Stimm- und Wahlrecht
kennen die europäischen Gross- (Frauenstimmrecht ab 1971). Auf
UNTER FREMDER mächte die Neutralität der Schweiz Bundesebene wird nach amerika
HERRSCHAFT und die heute gültigen Landes nischem Vorbild das Zweikammer-
grenzen werden fixiert. Der Bundes- system eingeführt, mit einem Natio-
Nach dem Einmarsch französischer vertrag von 1815 fasst die verschie- nal- und einem Ständerat, die den
Truppen wird die Eidgenossen- denen eidgenössischen Bündnisse Bundesrat wählen. Einige Bereiche
schaft zur Helvetischen Republik zu einem einzigen Staatenbund zu- werden zentralisiert. Die Schweiz
umgestaltet: zu einem Einheitsstaat sammen. Dieser ist für die Sicher- entwickelt sich zum einheitlichen
unter Pariser Kontrolle. heitspolitik zuständig. Rechts- und Wirtschaftsraum.
10 Der Bund kurz erklärt 2018 | Schweiz1874, 1891 | 1919, 1929 | Proporz 1959 – 2003 | Zauberformel
Ausbau der Demokratie WEITER RICHTUNG VIELFALT AUCH
INITIATIVE, KONSENS IM BUNDESRAT
REFERENDUM DEMOKRATIE
Die Regierung setzt sich aus Vertre-
Die revidierte Bundesverfassung tern der wählerstärksten Parteien
1919 wird der Nationalrat zum ers-
überträgt dem Bund mehr Aufgaben zusammen: 2 FDP, 2 CVP, 2 SP,
ten Mal im Proporzverfahren ge-
und weitet die demokratischen 1 SVP. Diese sogenannte Zauber
wählt, und im Bundesrat sitzt nun
Rechte auf Bundesebene aus. 1874 formel gilt bis 2003. Seither ist der
ein zweites katholisch-konservati-
wird das Referendum eingeführt, Bundesrat parteipolitisch wech-
ves Mitglied. Ab 1929 ist auch ein
1891 die Volksinitiative. 1891 wählt selnd zusammengesetzt.
Mitglied der Bauern-, Gewerbe- und
das Parlament zum ersten Mal einen Bürgerpartei (heute SVP) im Bun-
Vertreter der Katholisch-Konservati- desrat vertreten.
ven (heute CVP) in die Regierung:
Erstmals seit 1848 besteht der Bun-
desrat nicht mehr nur aus Freisinni-
gen.
SCHWEIZ
1900 1950 2000
2000 | Dritte Bundesverfassung
BEWAHRUNG UND
1939 –1945 | Zweiter Weltkrieg OFFENHEIT
1914 –1918 | EINBINDUNG DER Die totalrevidierte Bundesverfas-
Erster Weltkrieg, Generalstreik
LINKEN sung betont die partnerschaftliche
SOZIALISTISCHE Zusammenarbeit zwischen Bund
IDEEN Unter dem Eindruck der Bedrohung und Kantonen und regelt die Aufga-
aus dem Ausland rücken die poli benteilung. Das Schweizer Volk
Armut und Arbeitslosigkeit während tischen Kräfte von links bis rechts stimmt den bilateralen Verträgen
des ersten Weltkriegs sowie die so- zusammen: Während des Zweiten zwischen der Schweiz und der
zialistischen Ideen der Russischen Weltkriegs wählt das Parlament Europäischen Union (EU) zu. Zwei
Revolution gipfeln 1918 im landes- 1943 einen Sozialdemokraten in die Jahre später (2002) entscheidet es
weiten Generalstreik. Regierung. sich für den Beitritt zur UNO.
11Bund, Kantone und Gemeinden
FÖDERALISMUS
1
SCHWEIZ
26
2222
12 Der Bund kurz erklärt 2018 | SchweizDie Schweiz ist ein föderalistischer Staat: Die Macht ist möglich, dass die Schweiz als Einheit bestehen kann –
zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden aufgeteilt. trotz vier Sprachkulturen und unterschiedlicher regio-
Kantone und Gemeinden haben grosse Spielräume, um naler Eigenheiten.
ihre Aufgaben zu erfüllen. Der Föderalismus macht es
Bund
Seit 1848 ist die Schweiz ein Bundesstaat, bezeichnet auch
als «Eidgenossenschaft» oder als «Bund». Die Bundes • Zehn Prozent der Schweizerinnen und
verfassung legt die Aufgaben des Bundes fest. Dazu gehö Schweizer leben im Ausland («Ausland
ren u. a. die Beziehungen zum Ausland, die Landesvertei schweizer»).
digung, das Nationalstrassennetz und die Kernenergie. • 85 Prozent der Einwohnerinnen und Ein
National- und Ständerat bilden das eidgenössische Par wohner leben in städtischen Gebieten.
lament, die Landesregierung besteht aus sieben Bundes • Die Einnahmen aus der direkten Bundes
räten, das Bundesgericht stellt die nationale Recht steuer machen rund 31 Prozent der Ein
sprechung sicher. Zu seiner Finanzierung erhebt der Bund nahmen des Bundes aus.
SCHWEIZ
u. a. die direkte Bundessteuer.
Kantone
Der Bund besteht aus 26 Kantonen, auch «Stände» ge
nannt. Jeder Kanton hat ein eigenes Parlament, eine eigene • Im Kanton Basel-Stadt ist das Bruttoinland
Regierung, eigene Gerichte und eine eigene Verfassung. produkt (BIP) pro Kopf mehr als dreimal so
Diese darf der Bundesverfassung nicht widersprechen. Die gross wie im Kanton Uri.
Kantone setzen die Vorgaben des Bundes um, gestalten ihre • In den Nationalen Finanzausgleich zahlen
Tätigkeit aber nach eigenen Bedürfnissen. Grossen Gestal sieben Kantone ein, 19 Kantone erhalten
tungsspielraum haben sie z. B. im Schul- und Spitalwesen, daraus Ausgleichszahlungen.
im Bereich Kultur sowie bei der Polizei. Jeder Kanton er • In den Kantonen Appenzell Innerrhoden
hebt zu seiner Finanzierung kantonale Steuern. und Glarus finden noch Landsgemeinden
statt.
Gemeinden
Die 26 Kantone sind in Gemeinden gegliedert. Jeder Kan
ton regelt die Aufgabenteilung zwischen sich und seinen • In der kleinsten Gemeinde (Corippo, TI)
Gemeinden selbst. Zu den Aufgaben von Gemeinden gehö leben 13 Menschen, in der grössten rund
ren z. B. die Ortsplanung, der Schulbetrieb, das Fürsorge 400 000 (Stadt Zürich).
wesen und die Feuerwehr. Grössere Gemeinden und Städte • Jedes Jahr gibt es wegen Fusionen im
haben Parlamente und Volksabstimmungen. In kleineren Durchschnitt rund 30 Gemeinden w
eniger.
Gemeinden entscheiden die Bürgerinnen und Bürger an • In vier von fünf Gemeinden entscheiden
Gemeindeversammlungen über politische Vorlagen. Jede die Stimmberechtigten an Gemeinde
Gemeinde zieht Gemeindesteuern ein. versammlungen über politische Vorlagen.
13DIREKTE DEMOKRATIE
Fundament
DIREKTE
DEMOKRATIE
D E M O K R AT I E
Für jede eidgenössische Abstimmung werden mehr als 5 Millionen
Broschüren gedruckt, in denen die einzelnen Abstimmungsvorlagen
erläutert werden. Sie werden den Stimmberechtigten nach Hause
geschickt.
14 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte DemokratieGewaltenteilung 16
Wählen und abstimmen 18
Parteien 20
D E M O K R AT I E
15Ein Grundprinzip der Demokratie
GEWALTENTEILUNG
Gewaltenteilung verhindert die Konzentration von Macht bei einzelnen
Personen oder Institutionen und schiebt dem Machtmissbrauch einen Rie-
gel. Die Macht ist auf die drei Staatsgewalten Legislative, Exekutive und
Judikative verteilt. Eine Person darf gleichzeitig nur einer der drei Staats-
gewalten angehören. Die Schweiz hat die Gewaltenteilung mit dem Bun-
desstaat von 1848 eingeführt.
D E M O K R AT I E
Die Regierung Die Bundesversammlung
setzt Gesetze um erlässt Gesetze
NATIONALRAT
BUNDESRAT UND VERWALTUNG STÄNDERAT
EXEKUTIVE LEGISLATIVE
Gesetze umsetzen Gesetze beschliessen
Der Bundesrat ist die Regierung der Das Parlament besteht aus dem National-
Schweiz. Er führt die laufenden Geschäfte und Ständerat. Die beiden Räte sind gleich-
und setzt die Gesetzesbeschlüsse des Par- berechtigt; zusammen bilden sie die Bun-
laments um. Jedes der sieben Bundesrats- desversammlung. Das Parlament erlässt
mitglieder steht e
inem Departement vor. Gesetze und überwacht die Geschäfts
Zusammen mit der Bundeskanzlei bilden führung des Bundesrats und des Bundes-
die sieben Departemente die Bundesver- gerichts.
waltung.
16 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte DemokratieWer wählt wen?
In der Schweiz können rund 5,3 Millionen Frauen
und Männer an den eidgenössischen Wahlen teilneh
men. Unter 18-Jährige sowie ausländische Staats
angehörige haben auf Bundesebene kein Wahlrecht.
Das Schweizer Volk wählt das Parlament (Legisla
tive). Das Volk ist somit die oberste politische Instanz
der Schweiz. Der Nationalrat repräsentiert die
gesamte Bevölkerung, der Ständerat vertritt die
26 Kantone. Die eidgenössischen Wahlen finden
alle vier Jahre statt.
D E M O K R AT I E
Das Parlament wählt mehrere Instanzen, nämlich:
• die Exekutive: die sieben Mitglieder des Bundes
rats und die Bundeskanzlerin oder den Bundes
kanzler. Ihre Amtsdauer beträgt vier Jahre; eine
Wiederwahl ist möglich. (S. 42)
• die Judikative: den Bundesgerichtspräsidenten
sowie die Richterinnen und Richter des Bundes
gerichts und der drei erstinstanzlichen Gerichte.
(S. 80)
Die Eidgenössischen Gerichte • den Bundesanwalt: Er leitet die Bundesanwalt
setzen Gesetze durch schaft. Diese verfolgt unter anderem Delikte im
Zusammenhang mit Sprengstoff und Spionage
sowie Amtsdelikte von Bundesangestellten.
www.bundesanwaltschaft.ch
Wer kontrolliert wen?
Das Parlament hat die Oberaufsicht über den Bun
4 GERICHTE
desrat und die Bundesverwaltung sowie über die eid
genössischen Gerichte und die Bundesanwaltschaft.
JUDIKATIVE Die Parlamentsmitglieder wiederum werden vom
Volk gewählt. Ihm sind sie Rechenschaft schuldig.
Recht sprechen
Das Bundesgericht ist das höchste Gericht
der Schweiz. Es sorgt für die einheitliche
Anwendung des Rechts und schützt die
Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Zudem
entscheidet es als oberste Instanz über
Rechtsstreitigkeiten zwischen Bürger und
Staat oder Bund und Kantonen.
17Politische Rechte
WÄHLEN UND ABSTIMMEN
WAHLRECHT
In kaum einem anderen Staat hat das Volk derart weitrei
chende Mitbestimmungsrechte wie in der Schweiz. Schwei
zerinnen und Schweizer, die mindestens 18-jährig sind,
dürfen auf nationaler Ebene wählen und abstimmen. Ne Wählende
ben den Parlamentswahlen, die alle vier Jahre stattfinden,
können sich die Stimmberechtigten bis zu viermal pro Jahr
in Volksabstimmungen zu politischen Sachfragen äussern.
Meistens stehen bei einem Urnengang gleich mehrere Vor
lagen zur Diskussion.
Über Verfassung und Gesetz
Über jede Änderung der Verfassung wird abgestimmt
D E M O K R AT I E
(obligatorisches Referendum). Verfassungsänderungen
brauchen die Zustimmung einer Mehrheit des Volks und National- und
Kandidierende Volkswahl Ständerat
der Kantone (doppeltes Mehr). Über ein revidiertes oder
neues Gesetz wird hingegen nur abgestimmt, wenn ein fa
kultatives Referendum dies verlangt. Das Gesetz ist ange
nommen, wenn das Volk mehrheitlich zustimmt (einfaches Wählen und gewählt werden
Mehr). Alle Wahlberechtigten können einerseits Mitglieder
für das Parlament wählen (aktives Wahlrecht) und
Abstimmungskalender 2018 andererseits selbst für einen Parlamentssitz kandi
Der Bundesrat legt jeweils mindestens vier Monate im dieren (passives Wahlrecht). Für den Nationalrat
Voraus fest, welche Vorlagen zur Abstimmung gelangen. sind auch die Auslandschweizerinnen und -schwei
Die Abstimmungstermine sind aber bereits viel früher be zer wahlberechtigt, in gewissen Kantonen auch für
kannt: Schon heute sind sie bis ins Jahr 2036 festgelegt. den Ständerat.
Im Jahr 2018 finden die eidgenössischen Abstimmungen Nationalrat und Ständerat
an folgenden Sonntagen statt: Die 200 Mitglieder des Nationalrats und 46 Mitglie
4. März, 10. Juni, 23. September und 25. November. der des Ständerats werden direkt vom Volk gewählt.
Die Wahlen erfolgen alle vier Jahre schriftlich. Einzig
in Appenzell Innerrhoden wählt die Landsgemeinde
ihre Vertretung im Ständerat per Handerheben.
Videos zu den Abstimmungsvorlagen:
www.admin.ch/videos
• Die Wahlbeteiligung bei den eidgenössischen
Wahlen 2015 betrug 48 Prozent.
• 2015 haben 1308 Frauen und 2480 Männer für den
Nationalrat kandidiert.
• Auf Bundesebene sind die Frauen seit 1971 stimm-
und wahlberechtigt.
18 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte DemokratieDIREKTDEMOKRATISCHE INSTRUMENTE
VOLKSINITIATIVE FAKULTATIVES REFERENDUM
JA JA
NEIN NEIN
NEIN NEIN
JA JA
NE NE
IN IN
JA JA
D E M O K R AT I E
Für eine 100 000 Volks- Gegen eine 50 000 Volks-
Verfassungsänderung Unterschriften abstimmung Gesetzesänderung Unterschriften abstimmung
Die Verfassung ändern Ein neues Gesetz stoppen
Bürgerinnen und Bürger können mit einer Volks Das Parlament verabschiedet neue oder geänderte
initiative eine Änderung der Verfassung – nicht aber Gesetze. Bürgerinnen und Bürger können dagegen
eines Gesetzes – verlangen. Alle wahlberechtigten und gegen gewisse Staatsverträge ein Referendum
Schweizerinnen und Schweizer können eine Volks ergreifen. Auch das Referendumsrecht ist ein wichti
initiative unterzeichnen und in einer Gruppe von ger Bestandteil der direkten Demokratie.
mindestens sieben Personen (Initiativkomitee) auch
selbst eine Volksinitiative lancieren. 50 000 Unterschriften
Wahlberechtigte Schweizerinnen und Schweizer
100 000 Unterschriften können ein Referendum unterzeichnen. Für eine
Damit eine Volksinitiative zustande kommt, sind Volksabstimmung sind die gemeinsame Forderung
100 000 gültige Unterschriften nötig. Diese müssen von acht Kantonen (Kantonsreferendum) oder
innerhalb von 18 Monaten gesammelt werden. Bun 50 000 gültige Unterschriften nötig. Diese müssen
desrat und Parlament empfehlen eine Annahme oder innerhalb von 100 Tagen gesammelt werden. Die
Ablehnung der Volksinitiative. Für eine Zustimmung Vorlage tritt in Kraft, wenn die Mehrheit des Volks
ist die Mehrheit von Volk und Kantonen notwendig Ja sagt (einfaches Mehr). Sagt es Nein, gilt das bis
(doppeltes Mehr). Bei einer Annahme erfolgt die herige Recht.
konkrete Umsetzung, bei einer Ablehnung gilt das
bisherige Recht.
• Volksinitiativen gibt es auf Bundesebene seit 1891. • 1874 wurde das Referendum eingeführt.
• 209 Volksinitiativen kamen seither zur Abstim • 185 fakultative Referenden sind seither zustande
mung. 22 wurden angenommen. gekommen, 80 davon wurden vom Volk abgelehnt.
• Am 31.12.2017 waren 10 Initiativen im Sammel • Am 31.12.2017 lief für 14 Bundesgesetze und Bun
stadium, 14 beim Bundesrat oder Parlament hän desbeschlüsse die Referendumsfrist. Gegen eine
gig und zwei waren abstimmungsreif. Vorlage wurden Unterschriften gesammelt.
19Bindeglieder zwischen Volk und Staat
PARTEIEN VON LINKS BIS RECHTS
Parteien sind für das Funktionieren der Demokratie unent Linke Parteien befürworten einen ausgebauten Sozial
behrlich: Sie tragen zur politischen Meinungsbildung bei, staat, rechte Parteien setzen vor allem auf eine liberale
stellen Kandidierende für öffentliche Ämter und ergreifen Wirtschaftspolitik und auf die Verantwortung jedes Einzel
Initiativen oder Referenden. Parteien unterscheiden sich nen. Neben der Links-rechts-Frage gibt es die Umweltfrage,
voneinander durch ihre Auffassungen von Staat, Gesell die Frage der Öffnung der Schweiz gegenüber Europa und
schaft und Wirtschaft. internationalen Organisationen und die Frage der libera
D E M O K R AT I E
Links Mi
Was heisst «links»?
• Ein starker Sozialstaat, der die sozialen Unterschiede ausgleicht
• Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Vordergrund
• Preiskontrollen, Service public
• Mehr Friedenspolitik, weniger Armee
20 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte Demokratielen Werte (z. B. gleichgeschlechtliche Partnerschaft). von mehr als zehn Prozent: SVP: 29%, SP: 19%, FDP: 16%,
Mitteparteien arbeiten je nach Thema mit linken oder mit CVP: 12%. Diese Parteien sind im Bundesrat vertreten.
rechten Parteien zusammen.
Die Parteienlandschaft der Schweiz besteht aus vielen Par Die meisten Parteien gibt es in der ganzen Schweiz. Inner
teien, von denen auf Bundesebene keine die Mehrheit hat. halb der gleichen Parteien bestehen aber je nach Sprach
Vier Parteien erreichen im Nationalrat eine Parteistärke region und Kanton inhaltliche Unterschiede.
D E M O K R AT I E
I
LE
G
ES
A
DEI TICIN
tte Rechts
Was heisst «rechts»?
• Freiheit und Selbstverantwortung, Staat greift nur zur Not ein
• Interessen der Arbeitgeber im Vordergrund
• Freies Unternehmertum, ökonomische Anreize
• Starke Landesverteidigung
21Die zwölf Parteien auf Bundesebene
PARTEIEN IN KÜRZE
In der Legislatur 2015 – 2019 setzt sich der Nationalrat
aus zwölf Parteien zusammen. Sechs davon sind auch
im Ständerat vertreten, vier im Bundesrat. Die Parteien
auf Bundesebene sind hier kurz vorgestellt. Die Reihen-
folge entspricht der Anzahl Sitze in der Bundesver-
sammlung.
SVP Schweizerische Volkspartei
Parteipräsident Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr
Parteipräsident
Albert Rösti
Sitzanteil gerundet in der Bundesver
sammlung
Albert Rösti 1971 (BGB 1917)
5 65 2
29%
29%
Ständerat
5 Mitglieder: 5 Männer
Nationalrat
65 Mitglieder: 13 Frauen und 52 Männer
Bundesrat
2 Mitglieder: 2 Männer
Gründungsjahr
1971 (BGB 1917)
www.svp.ch 13 52
D E M O K R AT I E
www.svp.ch
SP Sozialdemokratische Partei der Schweiz
Parteipräsident Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr
Parteipräsident
Christian Levrat
Sitzanteil gerundet in der Bundesver
1888
Christian Levrat
sammlung
12 43 2
22%
Ständerat
12 Mitglieder: 4 Frauen und 8 Männer
22%
Nationalrat
43 Mitglieder: 25 Frauen und 18 Männer
Bundesrat
2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann
Gründungsjahr
1888
www.sp-ps.ch 4 8 25 18 1 1
www.sp-ps.ch
FDP FDP.Die Liberalen
Parteipräsidentin
Petra Gössi Parteipräsidentin Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr
1894 (Fusion 2009)
Sitzanteil gerundet in der Bundesver
Petra Gössi
sammlung
13 33 2
19%
Ständerat
13 Mitglieder: 1 Frau und 12 Männer 19%
Nationalrat
33 Mitglieder: 7 Frauen und 26 Männer
Bundesrat
2 Mitglieder: 2 Männer
Gründungsjahr
1894 (Fusion 2009)
www.fdp.ch 1 12 7 26
www.fdp.ch
CVP Christlichdemokratische Volkspartei
Parteipräsident Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr
Parteipräsident
Gerhard Pfister
Sitzanteil gerundet in der Bundesver
sammlung
Gerhard Pfister 1912
13 27 1
16%
16%
Ständerat
13 Mitglieder: 2 Frauen und 11 Männer
Nationalrat
27 Mitglieder: 9 Frauen und 18 Männer
Bundesrat
1 Mitglied: 1 Frau
Gründungsjahr
1912 www.cvp.ch 2 11 9 18
www.cvp.ch
Grüne Grüne Partei der Schweiz
Parteipräsidentin
Regula Rytz
Parteipräsidentin Ständerat Nationalrat Gründungsjahr
1983
Sitzanteil gerundet in der Bundesver
Regula Rytz
sammlung
1 11
4,8%
Ständerat
1 Mitglied: 1 Mann
4,8%
Nationalrat
11 Mitglieder: 5 Frauen und 6 Männer
Bundesrat
kein Mitglied
Gründungsjahr
1983
www.gruene.ch 5 6
www.gruene.ch
Die Summe der Ständeratsmitglieder ergibt 45 statt 46,
22 Der Bund kurz erklärt 2018 | Direkte Demokratie weil ein Ständeratsmitglied parteilos ist.BDP Bürgerlich-Demokratische Partei der Schweiz
Parteipräsident
Martin Landolt
Parteipräsident Ständerat Nationalrat Gründungsjahr
Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung
3,3%
Ständerat
Martin Landolt 2008 1 Mitglied: 1 Mann
1 7
Nationalrat
3,3%
7 Mitglieder: 1 Frau und 6 Männer
Bundesrat
kein Mitglied
Gründungsjahr
2008
www.pbd.info 1 6
www.bdp.info
glp Grünliberale Partei Schweiz
Parteipräsident
Jürg Grossen
Parteipräsident Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung
2,8%
2007
Ständerat
Jürg Grossen
kein Mitglied
7
Nationalrat
2,8% 7 Mitglieder: 3 Frauen und 4 Männer
Bundesrat
kein Mitglied
Gründungsjahr
2007
www.grunliberale.ch 3 4 www.grunliberale.ch
EVP Evangelische Volkspartei der Schweiz
Parteipräsidentin
Marianne Streiff-Feller
Parteipräsidentin Nationalrat Gründungsjahr
Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung
0,8%
Ständerat
Marianne Streiff-Feller 1919 kein Mitglied
2
Nationalrat
0,8%
2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann
Bundesrat
kein Mitglied
Gründungsjahr
1919
www.evppev.ch 1 1
www.evppev.ch
D E M O K R AT I E
LdT Lega dei Ticinesi
I
LE
G
ES
A
DEI TICIN
Koordinator
Attilio Bignasca
Koordinator Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung
0,8%
1991
Ständerat
Attilio Bignasca
kein Mitglied
2
Nationalrat
0,8% 2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann
Bundesrat
kein Mitglied
Gründungsjahr
1991
www.lega-dei-ticinesi.ch 1 1 www.lega-dei-ticinesi.ch
CSP OW Christlichsoziale Partei Obwalden
Co-Präsidium
Sepp Stalder und Christian Schäli
Co-Präsidium Nationalrat Gründungsjahr
Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung
0,4%
Ständerat
Sepp Stalder 1956 kein Mitglied
1
Nationalrat
0,4%
1 Mitglied: 1 Mann
Christian Schäli
Bundesrat
kein Mitglied
Gründungsjahr
1956
www.csp-ow.ch
www.csp-ow.ch
MCG Mouvement Citoyens Genevois
Parteipräsidentin
Ana Roch
Parteipräsidentin Nationalrat Gründungsjahr
Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung
0,4%
Ständerat
Ana Roch 2005 kein Mitglied
1
Nationalrat
0,4%
1 Mitglied: 1 Mann
Bundesrat
kein Mitglied
Gründungsjahr
2005
www.mcge.ch
www.mcge.ch
PdA Partei der Arbeit der Schweiz
Parteipräsident
Gavriel Pinson
Parteipräsident Nationalrat Gründungsjahr
Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung
0,4%
Ständerat
Gavriel Pinson 1944 kein Mitglied
1
Nationalrat
0,4%
1 Mitglied: 1 Mann
Bundesrat
kein Mitglied
Gründungsjahr
1944
www.pda.ch
www.pda.ch
Prozentualer Sitzanteil gerundet in der
Bundesversammlung (National- und Ständerat) 23PARLAMENT
Legislative
PARLAMENT
PA R L A M E N T
24 Der Bund kurz erklärt 2018 | ParlamentNational- und Ständerat 26 Parlamentsdienste 34
Organisation der Räte 28 Mein Standpunkt 35
Grosse und Kleine Kammer 30 Weg zu einem neuen Gesetz 36
Mechanik des Parlaments 32 Parlamentsgebäude 38
Milizparlament 33
PA R L A M E N T
Das neu renovierte Bundesratszimmer ist jeweils Dreh-
und Angelpunkt von Bundesratswahlen. Hier wurden
auch die eingegangenen Wahlzettel für die Wahl von
Bundesrat Ignazio Cassis ausgezählt.
25Zwei Räte – ein Parlament
NATIONAL- UND STÄNDERAT
Eine Vertretung von Volk und Kantonen Vereinigte Bundesversammlung
Das Schweizer Parlament, die Legislative, besteht aus zwei Die Vereinigte Bundesversammlung tagt im Nationalrats
Kammern, die einander gleichgestellt sind und sich doch saal. Während die Mitglieder des Nationalrats an ihren an
unterscheiden: Im Nationalrat, der Grossen Kammer, sit gestammten Plätzen sitzen, nehmen die Ständerätinnen
zen die Volksvertreterinnen und -vertreter, im Ständerat, und Ständeräte an der Rückwand des Saals ihre nach Kan
der Kleinen Kammer, die Kantonsvertreterinnen und -ver ton angeordneten Sitze ein. Die Leitung hat der oder die
treter. Zusammen bilden die beiden Kammern die Verei jeweilige Vorsitzende des Nationalrats inne. Er oder sie
nigte Bundesversammlung. Die 246 Parlamentsmitglieder wird deshalb als höchster Schweizer oder höchste Schwei
stehen für die unterschiedlichen Sprachgemeinschaften, zerin bezeichnet.
Parteien, Interessen, Weltanschauungen und Regionen der
Schweiz.
Interview mit Nationalratspräsident
Dominique de Buman:
Die 200 Nationalrätinnen und Nationalräte repräsentie
PA R L A M E N T
www.parlament.ch > Zum Blog
ren die rund acht Millionen Einwohnerinnen und Einwoh
ner der Schweiz – jedes Nationalratsmitglied vertritt also
rund 40 000 Personen. Am grössten ist die Zürcher Dele
Interview mit Ständeratspräsidentin
gation mit 35 Mitgliedern. Da gemäss Bundesverfassung Karin Keller-Sutter:
jeder Kanton Anspruch auf mindestens einen Nationalrats www.parlament.ch > Zum Blog
sitz hat, entsendet auch Appenzell Innerrhoden mit seinen
16 117 Einwohnerinnen und Einwohnern einen Volksver
treter nach Bern.
Nationalratssaal
Die 46 Mitglieder des Ständerats repräsentieren ihren
Kanton bzw. Stand. Es sind je zwei pro Kanton, wobei es
auch hier eine Ausnahme gibt: Die Kantone Obwalden,
Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell
Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden entsenden als
ehemalige Halbkantone nur je einen Vertreter. Die Mitglie
der des Ständerats werden in direkter Wahl bestimmt.
National- und Ständerat tagen in der Regel getrennt,
gewisse Geschäfte behandeln sie als Vereinigte Bundes
versammlung jedoch gemeinsam. Dazu gehören unter
anderem die Wahl der Mitglieder des Bundesrats und
der Bundesgerichte. Die Bundesversammlung übt damit –
unter Vorbehalt der Rechte von Volk und Ständen – die
oberste Gewalt im Bund aus. Das ist eine Schweizer Beson
derheit: Im Unterschied zu anderen Ländern wählt in der
Schweiz das Parlament die Regierung und das oberste
Gericht. Die Entscheide des Parlaments kann kein Gericht
überprüfen. Ausserdem kann das Parlament nicht vor
Ablauf einer Legislatur aufgelöst werden.
26 Der Bund kurz erklärt 2018 | ParlamentDie zwei Wege ins Parlament Alle vier Jahre Neuwahlen
Alle vier Jahre im Herbst finden für den Nationalrat Ge Bei den Gesamterneuerungswahlen am Ende der Legis
samterneuerungswahlen statt, die nach schweizweit ein latur werden in der Regel etwa 30 Prozent der Sitze neu
heitlichen Regeln und in den meisten Kantonen nach dem besetzt. Während einer laufenden Legislatur treten rund
Proporzsystem ablaufen. Jeder Kanton bildet einen Wahl zehn Prozent der Ratsmitglieder zurück und werden
kreis und erhält mindestens einen Sitz. ersetzt. Die nächsten Gesamterneuerungswahlen finden
Die Wahl der Ständeratsmitglieder richtet sich hingegen 2019 statt.
nach kantonalem Recht. Ausser in den Kantonen Jura und
Neuenburg wird der Ständerat nach dem Majorzsystem ge
wählt. Die Wahl findet in allen Kantonen gleichzeitig mit
den Nationalratswahlen statt; einzig in Appenzell Inner
rhoden wird der Standesvertreter zu einem anderen Zeit
Film «Erklär mir das Parlament»:
punkt bestimmt. Es gibt im Ständerat also keine Gesamt
PA R L A M E N T
www.parlament.ch > Über das Parlament >
erneuerung und folglich auch keine Legislaturperiode. Wie funktioniert das Parlament? > Film
In der parteipolitischen Zusammensetzung von National-
und Ständerat gibt es beträchtliche Unterschiede, was
unter anderem mit dem Wahlsystem zusammenhängt. Im
Nationalrat ist die SVP mit 65 Mitgliedern derzeit mit
Abstand am stärksten, gefolgt von der SP mit 43, den
FDP-Liberalen mit 33 und der CVP mit 27 Vertreterinnen
und Vertretern. Im Ständerat haben die CVP und die FDP
je 13 Sitze, die SP 12 und die SVP 5 Sitze. Ständeratssaal
Proporz und Majorz
Beim Proporzsystem (Verhältniswahl) werden die Sitze
gemäss der Anzahl Stimmen den Parteien zugeteilt und da
nach die Sitze an die bestplatzierten Kandidierenden der
Parteien vergeben. Dieses System ermöglicht auch kleine
ren Parteien den Einzug ins Parlament.
Beim Majorzsystem (Mehrheitswahl) ist gewählt, wer in
seinem Kanton am meisten Stimmen erhalten hat. Dieses
Verfahren begünstigt grosse Parteien und bekannte Per
sönlichkeiten.
Dass im Ständerat jeder Kanton unabhängig von seiner
Grösse und Bevölkerungsstärke gleich viel Gewicht hat,
schafft im Parlament einen Ausgleich zwischen grossen
und kleinen Kantonen.
Weitere Informationen zum Parlament: www.parlament.ch
27Gewählt – was nun?
ORGANISATION DER RÄTE
Organe des Parlaments
In jeder grösseren Gruppe bedarf es Regeln, so auch im Für die Ratsmitglieder ist es eine schwierige Aufgabe, sich
National- und Ständerat: Jedem Ratsmitglied wird ein Sitz in der Überfülle der Geschäfte, die oft auch eher technische
platz zugeteilt, wobei Mitglieder der gleichen Partei in der Fragen behandeln, eine fundierte Meinung zu bilden. Be
Regel beieinander sitzen. An der ersten Sitzung der neuen vor die Geschäfte in den Rat kommen, werden sie deshalb
Legislatur wählt jeder Rat seinen Vorsitz und die Mitglie in den Fraktionen diskutiert: Man versucht, sich auf ein
der des Ratsbüros. Der Ratspräsident oder die Ratspräsi heitliche Positionen festzulegen, die von den Fraktions
dentin leitet die Ratssitzungen. Er oder sie wird dabei vom mitgliedern dann im Rat sowie gegenüber den Medien und
Ratssekretariat unterstützt. der Öffentlichkeit vertreten werden. Die Ratsmitglieder
stimmen jedoch ohne Weisungen: Es ist jedem Ratsmit
Die Mitglieder einer Partei oder gleichgesinnter Parteien glied freigestellt, bei den Abstimmungen im Rat von der
formieren sich zu Fraktionen. Zur Bildung einer Fraktion Fraktionsmeinung oder der Position eines Kantons oder
sind mindestens fünf Mitglieder aus einem Rat erforder eines Verbands abzuweichen.
PA R L A M E N T
lich. Im Nationalrat haben bei den allermeisten Geschäften
nur Mitglieder einer Fraktion das Recht zu sprechen. Zu Die Kommissionen bieten Raum, um ausführliche und
dem ist dort die Fraktionszugehörigkeit Voraussetzung, vertiefte Diskussionen zu führen, Sachfragen zu klären,
um in einer Kommission Einsitz nehmen zu können. Nur Fachleute der Verwaltung, Expertinnen und Experten und
wer einer Fraktion angehört, kann also wirksam Politik be die betroffenen Kreise anzuhören und sich mit den Bun
treiben. Parteien mit weniger als fünf Parlamentsmitglie desrätinnen und Bundesräten auszutauschen. Sie sind
dern bemühen sich deshalb um Anschluss an eine Fraktion. aber auch der Ort, wo ausprobiert werden kann, ob be
Sie werden umgekehrt aber auch umworben. Je grösser stimmte Ideen über Parteigrenzen hinweg mehrheitsfähig
nämlich eine Fraktion ist, desto mehr Kommissionssitze sind.
stehen ihr zu und desto grösser ist ihr Einfluss im Rat.
Sessionsdaten 2018
26.11. – 14.12.
26.2 .– 16.3.
28.5. – 15.6.
10.9. – 28.9.
Sommer
Frühling
Herbst
Winter
Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
Wahl Präsident/-inNationalrat und Ständerat 2019
28.11.2018
Wahl Bundespräsident/-in und Vizepräsident/-in des Bundesrats 2019
13.12.2018
28 Der Bund kurz erklärt 2018 | ParlamentZuständigkeiten
Die Hauptaufgabe des Parlaments ist es, Gesetze zu be
schliessen. Das Spektrum erstreckt sich vom Ausland
schweizergesetz bis zum Zivildienstgesetz, von Fragen des Lehrjahre
Naturschutzes bis zum Autobahnbau, vom Kriegsmaterial
gesetz bis zur Friedensförderung. Der Ratsvorsitz ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die
Amtszeit ist zudem auf ein Jahr beschränkt. Da aber
Das Parlament ist aber auch zuständig für: jeweils eine erste und zweite Vizepräsidentin bzw.
• die Freigabe von finanziellen Mitteln (Budget) und die ein erster und zweiter Vizepräsident gewählt wer
Genehmigung der Staatsrechnung des Bundes; den, ergibt sich quasi eine zweijährige «Lehrzeit»,
• die Aufsicht über Bundesrat, Verwaltung und Bundes während der ein künftiger Amtsinhaber in die Arbei
gerichte; ten des Präsidiums eingeführt wird. Bei allem Wan
• die Wahl der Mitglieder des Bundesrats und der Bundes del ist somit dennoch eine grosse Kontinuität ge
PA R L A M E N T
gerichte sowie des Bundeskanzlers; währleistet.
• völkerrechtliche Verträge, für deren Abschluss nicht der
Bundesrat zuständig ist, und
• für die Beziehungspflege zu ausländischen Parlamenten. Frauen im Parlament
Die Frauen haben das Stimm- und Wahlrecht in der
Schweiz erst seit 1971. Ihr Anteil im Parlament stieg
von 5 Prozent im Jahr 1971 auf aktuell 30 Prozent.
Diskussion am Rande der Debatte Zum Vergleich: Im weltweiten Durchschnitt sind 23
Prozent der Parlamentssitze von Frauen besetzt, in
den skandinavischen Ländern sind es ca. 40 Prozent.
Den relativ höchsten Anteil an Frauen im Parlament
hat das ostafrikanische Ruanda mit 56 Prozent.
Wird das Parlament immer jünger?
Vor rund 20 Jahren bildeten die 40- bis 60-Jährigen
die Mehrheit im Parlament, in den 1920er-Jahren
war sogar rund ein Fünftel der Parlamentarier jünger
als 40. Heute ist die Verteilung nach Alterskatego
rien ziemlich ausgeglichen. Die jüngste Abgeordnete
ist 29, der älteste 75 Jahre alt.
29Zwei Gleichberechtigte
GROSSE UND KLEINE KAMMER
Das Zweikammersystem schafft einen Ausgleich zwischen des Ständerats können sich zu jedem Geschäft spontan
den grossen und den kleinen Kantonen und gibt den ver äussern, während für die 200 Mitglieder des Nationalrats
schiedenen Sprachregionen mehr Gewicht. Ein Zweikam eine komplexe Redeordnung gilt, die spontane Voten kaum
mersystem ist keine Selbstverständlichkeit – in vielen Län zulässt. Deshalb ist es im Ständerat einfacher als im Natio
dern gibt es nur eine Parlamentskammer. Wo es zwei nalrat, mit guten Argumenten eine Abstimmung zu beein
Kammern gibt, hat in der Regel die «grosse» Kammer, die flussen.
meist eine Volksvertretung ist, mehr zu sagen als die Bis ein Gesetz in beiden Kammern völlig gleichlautend
«kleine», die oft die Regionen vertritt. In der Schweiz ist beschlossen ist, vergeht oft einige Zeit. Wenn es aber ein
das anders: Beide Räte haben dieselben Kompetenzen, mal beschlossen ist und die Hürde eines eventuellen Refe
sie behandeln dieselben Geschäfte auf dieselbe Art. Das rendums genommen hat, hat es auch Bestand. Diese Vor
gilt auch für Budgetfragen. Abwechslungsweise berät der hersehbarkeit und Stabilität der politischen Entscheide
eine oder der andere Rat ein Geschäft zuerst. Beide Räte tragen viel zum Erfolg und Wohlstand der Schweiz bei.
PA R L A M E N T
müssen übereinstimmende Beschlüsse fassen, damit diese
gültig sind. Auch die einzelnen Mitglieder des Ständerats
und des Nationalrats haben dieselben Rechte: Jeder und
jede kann Gesetzesentwürfe oder Aufträge an den Bundes
rat einreichen. Diese vollständige Gleichberechtigung Allianzen
der beiden Kammern gibt es auch im amerikanischen
Kongress, wo Senat und Repräsentantenhaus identische Allein bringt keine Fraktion ein Geschäft durch; um
Kompetenzen haben. In Europa jedoch ist die Schweiz das zu gewinnen, braucht es Allianzen. Meist teilt sich
einzige Land, bei dem das so funktioniert. Auch die das Parlament bei strittigen Vorlagen in ein eher bür
Kantone haben nur eine Parlamentskammer. gerliches und ein eher linkes Lager. Damit entschei
Gesetzesentwürfe werden von jedem Rat bis zu dreimal det letztlich die politische Mitte über Ja oder Nein,
beraten, damit man am Schluss zu gleichlautenden je nachdem, auf welche Seite sie sich schlägt. Ab und
Beschlüssen kommt. Das kann manchmal schwierig sein – zu kommt es allerdings auch zu einer sogenannt
meistens gelingt es, weil jeder Rat Hand bietet für Kompro unheiligen Allianz: Die linke – SP und Grüne – und
misse und Annäherungen. Dies obwohl die beiden die rechte Ratsseite – SVP – spannen zusammen, um
K ammern nicht gleich funktionieren: Wegen der unter- eine Vorlage mit vereinten Kräften, aber aus teils völ
schiedlichen politischen Zusammensetzung kommen lig entgegengesetzten Motiven, grundlegend zu ver
sie oft nicht zu denselben Abstimmungsergebnissen. Der ändern oder gar abzulehnen.
Ständerat ist zudem den Kantonen näher als der National
rat. Auch die Grösse hat einen Einfluss: Die 46 Mitglieder
Die Parlamentsmitglieder von A – Z und nach Kantonen:
www.parlament.ch > Organe
30 Der Bund kurz erklärt 2018 | ParlamentSie können auch lesen