DIE ZEITSCHRIF T FÜR AUSLANDSCHWEIZER APRIL 2007 / NR. 2 - Rot und Weiss in der Volksseele Vor 100 Jahren wurde Knorr gegründet Welches ist der ...
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DIE ZEITSCHRIFT FÜR AUSLANDSCHWEIZER APRIL 2007 / NR. 2 Rot und Weiss in der Volksseele Vor 100 Jahren wurde Knorr gegründet Welches ist der richtige Raclettekäse?
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EDITORIAL I N H A LT 3 Steuerstreit: Brüssel gegen Bern ie schweiz übt eine magnetische anziehungskraft auf reiche Privatperso- 5 D nen und potente Unternehmen aus. Pro Jahr zieht es nicht weniger als 500 auslän- dische Firmen in die Schweiz, wie eine Studie des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) festhält. Unter ihnen befinden sich so bekannte Namen wie Google, Ebay, Kraft Briefkasten 5 Gelesen: Das Historische Lexikon Foods oder Albany, die nicht nur wegen der tieferen Unternehmenssteuern in die Schweiz der Schweiz kommen, sondern auch wegen der hervorragenden Infrastruktur und dem Angebot an qualifizierten Arbeitskräften. Sie bezahlen zusammen jährlich rund drei Milliarden Fran- 7 ken Steuern in die Bundeskasse. Auch unzählige ausländische Multimillionäre und Mil- Gesehen: Der Dorffotograf Arnold Zwahlen liardäre möchten in der Schweiz Wohnsitz nehmen und von den Pauschal-Steuerabkom- 8 men profitieren. Swissness: Rot und Weiss in der Volksseele Viel Staub hat in Frankreich der Sänger Jonny Hallyday aufgewirbelt, dessen Steuer- flucht nach Gstaad als Verrat an seiner Heimat betrachtet wird. Der Altrocker befindet 11 sich in guter Gesellschaft. Auch der englische Popstar James Blunt wohnt nun wie viele Politik: Abstimmung zur Einheits- andere Prominente aus dem Showbusiness offiziell in der Schweiz. Ein griechischer Ree- krankenkasse der baut sich in Gstaad ein Chalet für 100 Millionen Franken, andere Milliardäre inves- 12 tieren immerhin 20, 30 oder 40 Millionen Franken in ihre Luxusunterkünfte in den Ber- Neue Münzen für Nationalbank und gen. Der Boom ist zwar gut für das lokale Baugewerbe, aber schlecht für die einheimische Nationalpark Bevölkerung, die sich in Verbier, St. Moritz oder Gstaad kaum noch Wohnungen leisten kann: Angestellte im Gastgewerbe beispielsweise sind nicht in der Lage, für eine kleine Regionalnachrichten 2,5-Zimmer-Wohnung 2500 Franken monatlich zu bezahlen. Ihnen bleibt nur noch der Umzug aus den Nobelkurorten ins Tal; die Schere zwischen den hohen und den kleinen Einkommen öffnet sich immer weiter. Der kantonale Wettbewerb um reiche Steuerzahler stösst nicht nur der EU in Brüssel sauer auf, sondern auch vielen Schweizerinnen und Schweizern. 66 Prozent der Befrag- ten einer repräsentativen Online-Umfrage der «Perspektive Schweiz» möchte den Steu- erwettbewerb unter den Kantonen für Einkommen über 300 000 Franken abschaffen. Die EU-Kommission stört sich vor allem an den Steuerprivilegien, mit denen auslän- dische Holding- und andere Gesellschaften in die Schweiz gelockt werden. Die EU be- zeichnet diese Fiskalpraxis als Wettbewerbsverzerrung und Ver- stoss gegen das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der EU aus dem Jahr 1972. Auch mit dem Geist der bilateralen Zu- Unverwüstlich: Ferdy Kübler. sammenarbeit seien diese Steuerprivilegien nicht zu vereinbaren, meint die EU-Kommission. 13 Ferdy Kübler – ein Gigant auf dem Velo Die Schweiz hat ungewöhnlich scharf reagiert, Verhandlungen zu diesem Thema kategorisch abgelehnt und auf die kantonale 14 Steuerhoheit verwiesen. Und Finanzminister Hans-Rudolf Merz Aus dem Bundeshaus sprach sich gegen jede Konzession an Brüssel aus, da die Schweiz Heinz Eckert sonst ihre Souveränität preisgebe. Handlungsspielraum gebe es in 16 Vor 100 Jahren begann Knorr die Welt dieser Angelegenheit nicht, betonte Merz und verwies auf die teilweise grossen Steuer- zu erobern gefälle innerhalb der EU. Gleich reagierten Economiesuisse und alle bürgerlichen Par- teien, die das Begehren aus Brüssel als rechtlich unhaltbar, wirtschafts- und finanzpoli- 18 tisch schädlich und politisch falsch bezeichneten. Auch fast alle Medien stellten sich Welches ist der richtige Raclettekäse? hinter den Bundesrat und forderten ihn auf, gegenüber der EU hart und unnachgiebig zu bleiben. «Schlechter Stil der EU» betitelte die «Neue Zürcher Zeitung» ihren Kom- 20 mentar. Im Steuerstreit zeigt sich das Land geeint wie sonst selten. Die EU hat sich da- Auslandschweizer-Organisation mit in weiten Kreisen viele Sympathien verscherzt. 23 Ob sich der erste grosse Konflikt zwischen der EU und der Schweiz anbahnt? Man darf In Kürze gespannt sein, wie sich die Kontrahenten bei dieser Interessenlage verhalten werden. Schliesslich geht es nicht nur um viel Geld, sondern auch noch um die Souveränität der Titelbild: Swissness ist gefragt: Im Flaggenwald vor Kantone. dem Genfer Uno-Gebäude. Foto: Keystone S C HWEI ZER REVUE April 2007 / Nr. 2 HEINZ EC KER T, C HEFREDAK T OR I M P R E S S U M : «Schweizer Revue», die Zeitschrift für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, erscheint im 33. Jahrgang in deutscher, französischer, italienischer, englischer und spanischer Sprache in 21 regionalen Ausgaben und einer Gesamtauflage von über 380 000 Exemplaren. Regionalnachrichten erscheinen viermal im Jahr. ■ R E DA K T I O N : Heinz Eckert (EC), Chefredaktor; Rolf Ribi (RR), Alain Wey (AW), Gabriela Brodbeck (BDK), Auslandschweizerdienst EDA, CH-3003 Bern, verantwortlich für die Seiten «Aus dem Bundeshaus». Vom politischen Geschehen berichtet René Lenzin (RL). Übersetzung: CLS Communication AG ■ P O S T A D R E S S E : Herausgeber/Sitz der Redaktion/Inseraten-Adminis- Foto: AS Verlag tration: Auslandschweizer-Organisation, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +41 31 356 6110, Fax +41 31 356 61 01, PC 30-6768-9. Internet: www.revue.ch ■ E - M A I L : revue@aso.ch ■ D RU C K : Zollikofer AG, CH-9001 St.Gallen. ■ ADRESS ÄNDERUNG: Bitte teilen Sie Ihre neue Adresse Ihrer Botschaft oder Ihrem Konsulat mit und schreiben Sie nicht nach Bern. Einzelnummer CHF 5.– ■
Publireportage Seit 150 Jahren in der Schweiz daheim und in der Welt zuhause. Alpentunnels, Eisenbahnlinien, Brücken: Bereit für die Zukunft. Vieles von dem, was wir heute als selbst- verständlich erachten, ist im 19. Jahrhun- Es lohnt sich früh fürs Alter zu sparen. dert geschaffen worden. Auch Swiss Life. Denn staatliche und berufliche Vorsorge- Vor 150 Jahren gründete der Thurgauer einrichtungen garantieren kein finanziell Conrad Widmer die Schweizerische Ren- gesichertes Leben im Alter. Wer diese Zeit Stefan Böni Generalagent Swiss Life, Meilen tenanstalt, den ersten Lebensversicherer geniessen will, muss die Altersvorsorge «Geniessen Sie Ihr Leben in finanzieller Sicher- mit Schweizer Wurzeln. Daraus ist im Jahr rechtzeitig selber in die Hand nehmen. Ob heit. Wir unterstützen sie bei der Planung 2004 Swiss Life geworden. Seit Jahrzehn- Finanzplanung oder sichere renditeorien- und Umsetzung Ihrer persönlichen Wünsche und Vorstellungen.» ten Marktführerin, versichert Swiss Life tierte Anlagen: Swiss Life ist dabei ein ver- heute allein in der Schweiz eine Million lässlicher Partner, der seine helvetischen Swiss Life Dorfstrasse 140 Menschen. Swiss Life ist als einer der füh- Wurzeln mit Stolz im Namen trägt. Noch 8706 Meilen renden europäischen Vorsorgeanbieter eines hat sich in 150 Jahren nicht geändert Telefon +41 44 925 39 39 Telefax +41 44 925 39 30 auch in Frankreich, Deutschland, den und wird sich auch nicht ändern: Swiss Life auslandschweizer@swisslife.ch Benelux-Ländern und Liechtenstein zu engagiert sich für eine sichere Vorsorge. Hause. 9000 Mitarbeitende gewinnen das Damit Menschen in eine sichere Zukunft Vertrauen der Kunden Tag für Tag aufs blicken können. Ein Leben lang. neue. Und machen dabei keinen Unter- schied, ob es den Kunden um private Alters- vorsorge oder die Verwaltung grosser insti- Wir freuen uns auf Sie. tutioneller Vermögen geht. Swiss Life Betriebswirtschaftliches Institut & Seminar Basel AG Fernstudium BETRIEBSWIRTSCHAFT Telefon +41 (0)61 261 2000, info@bwl-institut.ch, www.bwl-institut.ch Rente oder und Kapital Der Anlageplan RentenTIP® erhält Ihr Kapital und sichert Ihnen ein regelmäs- siges Einkommen in Form einer Rente in der Höhe von 6,5% pro Jahr Ihres inve- stiertenKapitals*.VerlangenSieunsereUnterlagenoderinpersönlichesGespräch. Wir freuen uns auf Ihren Anruf. *Beispiel: Eine Einlage von €250’000.- ergibt Auszahlungen von €16’250 pro Jahr. ProTIP Financial Products AG Telefon +41 052 369 05 65 Hauptstrasse 36A Telefax +41 052 369 05 68 CH-8546 Islikon info@protip.ch www.protip.ch
BRIEFKASTEN GELESEN 5 Vielen Dank Noch einmal vielen Dank dafür, Fünf Bände sind bereits erschienen, dreizehn werden es ins- Historisches Lexikon der Schweiz Es war sehr interessant, etwas dass Sie mich immer über mein gesamt sein. Wenn das bisher anspruchsvollste geisteswis- über die Geschichte der Schwei- Heimatland, das ich so sehr senschaftliche Projekt des Bundes abgeschlossen ist, wird in zer Schokoladenindustrie zu vermisse, auf dem Laufenden 13 Bänden mit rund 36 000 Artikeln zu Personen, Familien, erfahren, allerdings war ich ein halten. Mein Mann und ich Orten und Sachthemen ein umfassender Überblick über die wenig enttäuscht, dass die Ereig- werden hoffentlich bald nach Geschichte der Schweiz von der Altsteinzeit bis zur Gegen- nisse der jüngeren Geschichte Hause reisen, extra für mich wart vorliegen. Der erste Band des Historischen Lexikons der nicht miteinbezogen wurden. Wir (aber auch mein Mann liebt das Schweiz ist 2002 gleichzeitig in den drei Landessprachen waren schockiert, als wir kürzlich Essen und die Landschaften in Deutsch, Französisch und Italienisch mit identischen Inhal- auf einer Toblerone-Packung der Schweiz). ten erschienen. Inhaltlich werden alle Regionen der Schweiz lasen, dass die Tobler AG mittler- MIC HELE WHITEAKER, LEXING T ON, nach einem festen Schlüssel angemessen berücksichtigt. weile ein Tochterunternehmen K E NTU C K Y, U S A Das Historische Lexikon der Schweiz ist ein seit 1988 lau- des Tabakkonzerns Philip Morris fendes Projekt, das den Stand des Wissens über die Geschichte ist! Globalisierung statt Tradi- Bitte neutral bleiben der Schweiz in Form einer Enzyklopädie darstellen will. He- tion? «Schoggi» für den Meist- In Ausgabe 6/06 trug eine Seite rausgeberin des Historischen Lexikons ist die Stiftung Hel- bietenden? Wir schätzen die den Titel «Das Jahr 2006 im vetisches Lexikon der Schweiz (HLS), die unter dem Patronat der «Schweizer Revue» sehr, vielen Rückblick». Auf dieser Seite fin- Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften Dank! det sich ein kurzer Artikel mit und der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte steht. Die Fi- A N N A M A R I A M AG N U S , T A S M A N I E N der Überschrift «Die Fehltritte nanzierung erfolgt durch die Eidgenossenschaft aus Steuergeldern. von Christoph Blocher». Falls es Die Redaktion umfasst rund dreissig Mitarbeiter. Insgesamt arbei- Heimwehherz Ihre Absicht ist, so Ihre Meinung ten über 2500 Autoren und Autorinnen am umfangreichen Werk. Wie schön, dass ihr die Weih- über die Leistungen von Politi- Chefredaktor des Lexikons ist Marco Jorio. nachtsgeschichte von -minu kern zum Ausdruck zu bringen, Durch die moderne Grafik ist ein ebenso attraktives wie über- gewählt habt. Mein «Heimweh- teilen Sie mir dies bitte mit, denn sichtliches Nachschlagewerk entstanden. Rund 20 Prozent des Um- herz» lachte vor Freude und dann würde ich Ihnen mitteilen, fangs ist der Bebilderung vorbehalten, welche die Texte unterstützt glücklich (und ein wenig stolz) dass ich nicht mehr daran inte- und ergänzt. Zahlreiche Grafiken, Karten und Tabellen veranschau- war ich auch, dass es «en Bebbi» ressiert bin, Ihre Zeitschrift zu lichen und erweitern den gebotenen Stoff vorbildlich. geschrieben hat. Ich vermisse erhalten. Wenn ich Ihnen raten Das Lexikon umspannt die gesamte Humangeschichte vom Auf- den -minu hier in Finnland. Jedes darf: Bleiben Sie neutral und treten der ersten Menschen im Raum der heutigen Schweiz bis zur Jahr an Weihnachten denke ich schlagen Sie nicht diese Richtung Gegenwart. Es werden alle Perioden der Geschichte erfasst, aber in an ihn, wenn ich die roten Samt- ein. Es gibt genügend unerfreu- unterschiedlichem Mass berücksichtigt: Je näher das Ereignis zur herzen von ihm aufhänge. liche Dinge, die man auch über Gegenwart steht, desto grösser ist der zur Verfügung stehende E. HUNZINGER-LYHDE, Bundesräte schreiben könnte, Raum. Rund zehn Prozent des Textumfangs behandeln die Ur- und FINNL AND die sich links der Mitte positio- Frühgeschichte, 20 Prozent das Mittelalter, 30 Prozent die Neuzeit, nieren. 40 Prozent das 19., 20. und das beginnende 21. Jahrhundert. Die Herzlichen Glückwunsch PE TE R S C HAAD, L ON D ON moderne Historiographie habe sich in den letzten Jahrzehnten von Ich möchte Ihnen vielmals dafür einer Geschichte der politischen Ereignisse und ihrer Handlungs- danken, dass Sie mich über Wer weiss es besser? träger zu einer «Histoire totale» entwickelt, die sich mit allen Be- die neusten Ereignisse in mei- Im Briefkasten 6/06 warnt reichen der Gesellschaft beschäftige, erklärt die Redaktion des His- nem Heimatland informieren. A. Brandenberg aus Kanada die torischen Lexikons. Das Interesse an übergreifenden Strukturen und Mein Ehemann und ich lesen Schweizer vor Christoph Blo- Prozessen sowie am alltäglichen Leben aller Gesellschaftsschichten Ihr Blatt «von A bis Z». Ihr cher und der SVP. Sie wüssten sei massiv gestiegen. Diese Entwicklung wurde bei Artikel über Schokolade hat mir alles besser als die anderen Par- der Wahl der Stoffe berücksichtigt. besonders gut gefallen, ich werde teien, meinten sie. Gegenfrage: Das Historische Lexikon der Schweiz ist das diese Ausgabe auch meinen Wissen es die anderen Parteien erste Nachschlagewerk für Schweizer Geschichte amerikanischen Freunden und besser? Ist A. Brandenberg auf seit Victor Attingers Historisch-Biographischem Nachbarn zum Lesen geben. Hier die Medien hereingefallen, die Lexikon aus den 1920er und 1930er Jahren. weiss kaum jemand, dass in der fast alle gegen Christoph Blocher Es ist eine Freude, das Historische Lexikon der Schweiz neben Nestlé oder Lindt geschrieben haben? Nach meiner Schweiz Seite für Seite durchzublättern, anzu- noch andere Markenschokolade Meinung streben Herr Blocher schauen und zu lesen und sich spannend und anschaulich über die hergestellt wird. Vielen Dank! und die SVP eine bodenständi- Schweiz zu informieren. Seit 1998 ist auch eine Version im Internet S C HW EIZER REVU E April 2007 / Nr. 2 Ich möchte ausserdem Frau gere, aufrichtigere und auch ver- zu finden. Aber wer will diese Informationen schon elektronisch, Calmy-Rey zu ihrer Wahl zur nünftigere Politik an. Sie wollen wenn sie in einer so schönen gedruckten Form zu haben sind: ein Bundespräsidentin gratulieren. die Schweiz so lange als möglich Genuss für alle Freunde schöner Bücher. www.hls.ch HEINZ EC KER T Ich bin mir sicher, dass sie kluge und so unabhängig als möglich Es erscheint jährlich ein Band, der 298 Franken kostet. Bestellung: deutsche Veränderungen herbeiführen erhalten. Ausgabe: www.schwabe.ch / französische Ausgabe: www.editions-attinger.ch / wird: Möge sie lange leben! B . WAC H T E R , K A N D Y, S R I L A N K A italienische Ausgabe: www.editore.ch
Publireportage Jahresbericht 2006 nada, Zimbabwe, im Irak und im Prozess die Rechnung der Ge- Libanon helfen dürfen. Weitere nossenschaft. Die Kosten belau- Die Genossenschaft Solidaritätsfonds der Auslandschwei- Gesuche aus Bolivien und Ko- fen sich im Berichtsjahr auf 2.4 zer hat im Jahr 2006 mehreren Not leidenden Familien in lumbien standen zum Jahres- MCHF. Über die Restrukturie- Afrika und im Mittleren Osten mit einer Pauschalentschädi- ende in Abklärung. Die aus- rung muss Soliswiss der Eidge- gung helfen können. Ausserdem hat sich Soliswiss neu schliesslich von Privaten getra- nössischen Bankenkommission konstituiert und eine Tochtergesellschaft gegründet, die gene Genossenschaft ist bei der (EBK) regelmässig Bericht er- sich als modernes Finanzdienstleistungsunternehmen in Bearbeitung der Anträge auf die statten. Die von der Generalver- den Bereichen Versicherungsvermittlung und Vermögens- tatkräftige Unterstützung aus sammlung gewählte Revisions- verwaltung betätigt. dem EDA und den Aussenver- stelle Ernst & Young AG tretungen in den betroffenen begleitet die Umwandlung im Das Jahr 2006 hat die gesamte im Eigentum der Genossen- Gebieten angewiesen. Auftrag der EBK. Ebenso leistet Organisation stark gefordert. schaft stehende Soliswiss AG uns eine renommierte Anwalts- Deshalb spricht Soliswiss als ers- vermittelt marktgängige Ban- Marketingmassnahmen kanzlei aus Basel grosse Dienste tes ihren Mitarbeitenden und ken- und Versicherungsdienst- im Inland bei der Anpassung des rechtli- ihren Organen sowie dem EDA leistungen zur finanziellen Absi- Schweizerinnen und Schweizer chen Rahmens. ein grosses Dankeschön aus. Sie cherung. Die Genossenschaft planen ihre Auswanderung meis- alle haben Ausserordentliches bezweckt weiterhin den finanzi- tens voraus. Zur Erleichterung Aktive Aktiengesellschaft geleistet und die Genossenschaft ellen Schutz von Auslandschwei- ihres Standortwechsels und der Soliswiss AG hat ihren operati- durch einen heftigen Sturm ma- zern bei Existenzverlust durch damit verbundenen sozialen und ven Betrieb im Juli aufgenom- növriert. politische Ereignisse. finanziellen Absicherung hat So- men und mit einem ausgegliche- liswiss die meisten Schweizer nen Jahresresultat abgeschlossen. Wechsel im Präsidium Lebenslange Mitgliedschaft Gemeinden mit mehr als 5000 Der Bereich Versicherungsver- Hervorheben möchten wir die beliebt Einwohnern besucht. Damit ha- mittlung erzielte im stark ver- unermüdliche Arbeit von Ulrich Wie haben die Genossenschaf- ben Einwohnerämter die Mög- kürzten Geschäftsjahr mit 0.6 Pfister, der die Genossenschaft ter auf die Neuausrichtung rea- lichkeit, Auswanderungswillige MCHF Kommissionserträgen von 1994 bis 2006 präsidierte giert? Vier Fünftel der Mitglie- über die Finanzdienstleistungen aus Kranken- und Lebensversi- und sein Amt aus Altersgründen der haben bis Ende 2006 die von von Soliswiss zu informieren. cherungen eine gute Grundlage Barbara Rigassi übergab. Er hat der Generalversammlung 2006 für das weitere Wachstum. Der der Genossenschaft Solidari- verabschiedeten Änderungen Finanziell eigenständig Bereich Vermögensverwaltung tätsfonds für Auslandschweizer mit einem individuellen Schrei- Soliswiss prosperiert, die be- erwirtschaftete knapp 0.2 neue Perspektiven eröffnet. Wir ben bestätigt und ihre Mitglied- triebswirtschaftlichen Zahlen MCHF, da die Umschichtung wünschen ihm, der auch im Aus- schaft für 2007 bekräftigt. Dass sprechen für sich: Sämtliche von Spargeldern auf Vermögens- landschweizerrat für das Wohl die überwiegende Mehrheit der Rückstellungen und Reserven verwaltungsmandate erst im No- der Auslandschweizer eintrat, Genossenschafter der Solidari- für Pauschalentschädigungen vember anlief. einen abwechslungsreichen tätsgemeinschaft ihre Treue sowie Hilfeleistungen summie- Soliswiss hat mit den grossen neuen Lebensabschnitt. hält, freut die Verwaltung. Wie ren sich heute auf 16.2 MCHF. Veränderungen im Jahr 2006 zu der Geschäftsverlauf zeigt, gibt Dieses Nettovermögen ist so sich zurück gefunden. Die bei- In der Tiefe restrukturiert es sogar ermutigende Anzeichen, hoch, dass die Genossenschaft den Genossenschaftszwecke von Im Berichtsjahr machten eine dass die Neuerungen rege bean- mutmasslich nicht von der Aus- 1958, Pauschalentschädigung Reihe von strenger gewordenen sprucht werden. In der Berichts- fallgarantie des Bundes Ge- und Sparbatzen in der Heimat, aufsichtsrechtlichen Bestim- periode sind 430 Mitglieder dem brauch machen muss. sind auf der Basis der heutigen mungen eine tiefe Restrukturie- Solidaritätsfond beigetreten. Gesetzgebung neu verankert rung unumgänglich. Rein äus- Viele wechselten zur lebenslan- Kostenintensive worden. serlich hat die Genossenschaft gen Mitgliedschaft. Umwandlung Soliswiss – mit Schweizer zwar nur eine Tochtergesell- Die Genossenschaft hat Soli- Sicherheit im Ausland. schaft gegründet. Aber innerlich Beste Zusammenarbeit swiss AG mit der arbeitsinten- ist sie mit einem neuen Mandat, mit dem EDA siven Schliessung der Sparkonti Dr. Felix Bossert einem frischen Team und star- Die Genossenschaft hat im Jahr beauftragt. Neben anderen Re- Direktor ken Partnern zu neuen Ufern 2006 verschiedenen Familien strukturierungsfolgen belastet aufgebrochen. Die vollständig aus den Krisengebieten in Ka- vor allem dieser sehr aufwändige S C HW EIZER REVU E April 2007 / Nr. 2 Mit Schweizer Sicherheit im Ausland leben. www.soliswiss.ch
GESEHEN 7 Der Dorfchronist. Arnold Zwahlen (1916), Uhrmacher und Fotograf, begann als Soldat im Aktivdienst das Leben in seiner Einheit zu fotografieren. Dann dokumentierte er in seiner Freizeit Menschen, Kultur und Lebensweise seines Dorfes Leuk fotografisch. Sein Werk bietet einen spannenden Blick auf das Leben im alpinen Raum nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Dorffotograf (deutsch/französisch), Benteli Verlag, 3084 Wabern – Bern, 78 Franken. www.benteliverlag.ch Der Dorfschmied Jules Mathieu, um 1947. Auf der Varneralp, um 1945. Pause, Frühling 1940. Walter Sewer und Familie, um 1952. Bilder: Benteli Verlag/Arnold Zwahlen/Médiathèque Valais-Martigny S C HW EIZER REVU E April 2007 / Nr. 2 Leuker beim Kegelturnier im «Alpenrösli», um 1955. Raclette
8 SWISSNESS ALS MARKENZEICHEN Rot und Weiss in der Volksseele Die Meinungsforscher wollten genauer wissen, worin der Stolz auf die Politik und Welches Bild und welches Selbstverständnis haben die auf die Wirtschaft besteht. «Gibt es be- Eidgenossen von ihrem Land? Wie steht es also mit stimmte Dinge, auf die Sie an der schweize- der Schweizer Identität und mit dem Stolz auf die Heimat? rischen Politik besonders stolz sind?» Diese Faktoren wurden an vorderster Stelle ge- Eine repräsentative Umfrage und die Meinung von Persön- nannt: Eigenständigkeit und Unabhängig- lichkeiten zum helvetischen Zeitgeist. Von Rolf Ribi keit, die Neutralität, das Zusammenleben der verschiedenen Sprachgruppen, die Bun- desverfassung, Volksrechte wie Initiative und In einem Fahnenmeer in Rot und Weiss san- sondere junge Schweizer sind mit unserem Land Referendum, die Mitsprache der Kantone im gen fünfzigtausend begeisterte Schweizer stark verbunden.» Die ehemalige Rechtsprofes- Föderalismus. Also: Unabhängigkeit und Fans die Nationalhymne «Trittst im Morgen- sorin Suzette Sandoz ist «nicht sicher, dass die Neutralität gelten als die zentralen politi- rot daher». So geschehen am 26. Juni 2006 Bürger und Bürgerinnen heute dem Land tief schen Erfolgsfaktoren, auf die 92 Prozent der im Stadion von Köln beim Weltmeister- verbunden sind». Gerade in den grossen Städ- Befragten sehr stolz oder ziemlich stolz sind. schaftsspiel der Schweizer Fussball-Natio- ten «gibt es die Identität Schweiz fast nicht Auch das Zusammenleben der verschiedenen nalmannschaft gegen die Ukraine. Eine bei- mehr». Auch alt Bundesrat Rudolf Friedrich Sprachgruppen wird von einer grossen Mehr- spiellose Euphorie hatte das ganze Volk äussert sich kritisch: «Ein wesentlicher Teil un- heit mit Stolz vermerkt. Bundesverfassung, erfasst und mit Stolz erfüllt. Junge Schwei- seres Volkes ist dem Land hauptsächlich deshalb Volksrechte und Föderalismus werden zwar zerinnen und Schweizer zeigten sich fortan verbunden, weil man von ihm Leistungen und betont, aber jeweils nicht von einer «stolzen» im roten T-Shirt mit dem weissen Kreuz und persönliche Vorteile erwartet.» Mehrheit. fanden das «cool». Aber auch im Wirtschafts- Auffallend stark ist die Konkordanz einge- leben ist «Swissness» als Markenzeichen Vom Stolz der Eidgenossen brochen, also das Zusammenwirken der hoch im Kurs. Und für die nächsten eidge- «Sind Sie stolz, Schweizerin oder Schweizer massgebenden politischen Kräfte in der Re- nössischen Wahlen werben die politischen zu sein», fragten die Meinungsforscher. «Sehr gierung. Darauf waren 2004 noch 79 Prozent Parteien mit Symbolen wie Schweizerkreuz stolz» waren 21 Prozent, «eher stolz» 54 Pro- stolz, heute sind es nur noch 63 Prozent. Die- und Matterhorn. Die neuen Heimatgefühle zent. Drei Viertel der Eidgenossen verspü- ser Rückgang entspricht fast einer Dreivier- lassen die Frage aufkommen, wie es wirklich ren also ein stolzes Gefühl für ihr Land, aber telmillion Menschen. «Die Konkordanz ist steht um das Innenleben in der Eidgenossen- mehr als ein Fünftel sind nicht stolz. «Insge- von allen politischen Elementen mit Abstand schaft. samt ist ein starker Nationalstolz in der dasjenige, welches am meisten an Identitäts- Die Schweizer Identität, also das Bild und Schweiz nicht sehr verbreitet», kommentiert kraft verloren hat», sagt Projektleiter Gol- das Selbstverständnis der Menschen von gfs-Projektleiter Lukas Golder. Es gibt in- der. Die Polarisierung am rechten und am ihrem Land, ermittelt jeweils das Berner dessen Unterschiede in den Kantonen: So linken Rand des politischen Spektrums hat Meinungsforschungsinstitut gfs. Die neuste zeigen etwa die Mittellandkantone Aargau, offensichtlich ihren Preis – die sinkende An- Studie von Ende 2006 geht Fragen nach wie Thurgau und Zürich deutlich weniger Iden- erkennung der Konkordanz. diesen: Sind die Schweizer und Schweizerin- titätskraft als die Südkantone Graubünden, «Gibt es bestimmte Dinge, auf die Sie an nen stolz auf ihr Land, auf die Politik, auf die Tessin und Wallis. der schweizerischen Wirtschaft besonders Wirtschaft? Wofür steht für sie «die Schweiz»? Welche Stärken, welche Schwä- Stärken der Schweiz 2006 chen des Landes erkennen sie? Wie ist das «Welches sind die Stärken der Schweiz, über die in der letzten Zeit diskutiert und Verhältnis zum Staat und seinen Leistungen? geschrieben worden ist?» (Mehrfachnennungen möglich) Welche Reformen sind angezeigt? Gibt es Neutralität 45 Gefahren für die Schweizer Identität? Schweizer Qualität 42 «Das Verhältnis der Schweizer und Schwei- Bildung 36 zerinnen zum eigenen Land ist sachlich und Mitspracherechte 35 nüchtern geworden», meint der frühere Staats- Frieden 35 rechtsprofessor Georg Müller. Die «Vaterlands- Grafiken: Credit Suisse/Sorgenbarometer 2006/gfs.bern verehrung» spiele kaum noch eine Rolle. «Wir Finanzplatz/Banken 28 fühlen uns mit unserer Gemeinde, unserem Kan- Stabilität 25 ton und dem Bund verbunden, weil wir an der S C HW EIZER REVU E April 2007 / Nr. 2 Ordnung/Sauberkeit 25 Gestaltung des politischen Willens mitwirken.» Zusammenleben der Kulturen 23 Alt Bundesrat Adolf Ogi, heute Uno-Sonderbot- schafter für Sport im Dienst von Entwicklung Individuelle Freiheiten 23 und Frieden, erklärt: «Ich beobachte grundsätz- Freizeit/Tourismus 22 lich einen weniger verkrampften Umgang der © gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2006 (N = 1010) Angabe in % Stimmberechtigter Menschen mit ihrer Schweizer Identität. Insbe-
9 stolz sind?» Der internationale Ruf der eine andere Heimat hätte, würde ich diese auch Neutralität an zweiter Stelle wurde im letz- Schweizer Qualität ist das zuerst genannte lieben.» ten Jahr besonders stark gewichtet. Element. Es folgen die Uhrenindustrie, die Der Schriftsteller Adolf Muschg betont: Weil Wenn die Meinungsforscher nach nur drei Forschung, die starken schweizerischen Mar- die Schweiz «eine Konföderation und nicht eine Elementen fragen, die für die Schweiz ste- ken im Ausland, die erfolgreichen Klein- und Nation wie andere» ist, sind die Schweizer zu- hen, ergibt sich diese Reihenfolge: Sicherheit Mittelunternehmen sowie die Maschinenin- erst mit den kleineren Einheiten Gemeinde und und Frieden, Neutralität, Freiheit und Mei- dustrie und die Pharmaindustrie. Und wo Kanton verbunden. «Nationalstolz passt nicht nungsfreiheit, Demokratie und Mitsprache, stehen die Banken und der Finanzplatz dazu, war in der Schweizer Geschichte auch nie Sauberkeit, Ordnungsbewusstsein und Prä- Schweiz? Auch sie werden zu den Stärken der recht natürlich.» Und: «Die Schweiz erinnert zision, Wohlstand, Geld und Luxus, Land- Wirtschaft gezählt, aber immerhin 16 Pro- mich wohltuend daran, dass die ‹Nation› ein schaft. Die «Solidarität» wird eher klein ge- zent der Schweizer und Schweizerinnen sind spätes und keineswegs Glück bringendes Produkt schrieben, «Heimat und Heimatland» werden nicht stolz darauf, und 19 Prozent empfin- der Geschichte ist.» Alt Bundesrat Rudolf Fried- noch weniger genannt. den beim Bankkundengeheimnis gar keinen rich erklärt: «Was soll ich stolz sein auf etwas, Stolz. für das ich nichts kann? Ich bin nicht stolz, aber Stärken und Schwächen im Profil Beim Vergleich der Schweizer Wirtschaft zutiefst dankbar dafür, in einem friedlichen und Welche Stärken des Landes sehen die befrag- mit der Wirtschaft im Ausland kommt eben- freiheitlichen Land wirken und leben zu dür- ten Schweizer und Schweizerinnen? Ein po- falls Stolz auf: Für 17 Prozent der befragten fen». Und er redet vom «verfluchten National- litischer Faktor steht an der Spitze – die Personen steht die schweizerische Wirt- stolz mit seiner Überheblichkeit und der Gering- Neutralität. Ob es eine passive neutrale Hal- schaft sehr gut und für weitere 69 Prozent schätzung anderer». Ähnlich die Waadtländer tung ist (wie sie Bundesrat Blocher wünscht) eher gut da beim Vergleich mit dem Ausland Professorin Suzette Sandoz: «Ich bin eher dank- oder eine aktive Friedenspolitik des Neutra- – mit steigender Tendenz gegenüber früher. bar als stolz, denn wirklich stolz bin ich auf mei- len (im Sinne von Bundesrätin Calmy-Rey) nen Vater, meine Eltern und Grosseltern, alle wurde nicht hinterfragt. Zu den primären «Ja, ich bin stolz, Schweizer zu sein», sagt alt echte und ehrliche Patrioten.» Im Übrigen sei Stärken der Schweiz werden sodann die Bundesrat Adolf Ogi. Er spricht vom wunder- «Nationalstolz ein Gefühl der Kriegsgenera- Qualität und die Bildung gezählt, gefolgt von schönen Land, dem hohen Lebensstandard, der tion». der politischen Mitsprache und dem Frieden. gut funktionierenden Demokratie. «Die Schwei- Dann werden der Finanzplatz und die Ban- zer sind seit jeher stolz auf ihr Land», erklärt Wofür die Schweiz steht ken genannt, noch vor so politischen Begrif- Professor Georg Müller und erwähnt den Klein- Konkreter wird das subjektive Bild von der fen wie individuelle Freiheiten, humanitäre staat mit seinen verschiedenen Sprachräumen Schweiz, wenn gefragt wird, «wofür die Tradition oder soziale Partnerschaft. Das und Kulturen, die Unabhängigkeit, den Wohl- Schweiz für Sie persönlich steht». Dies sind Gesundheitswesen und die Pharmaindustrie, stand. «In der Regel zeigen die nüchternen die vorrangigen Nennungen: Sicherheit und die Landwirtschaft und die Uhrenindustrie Schweizer diesen Nationalstolz nicht», fügt er Frieden (21 Prozent), Neutralität (20), Ord- gehören ebenfalls zu den Stärken der bei. Ein emotionales Bekenntnis kommt von Ja- nungsbewusstsein und Präzision (19), Land- Schweiz. kob «Köbi» Kuhn, dem Coach der Schweizer schaft, Freiheit und Meinungsfreiheit, Wohl- Und wo sehen die repräsentativ befragten Fussball-Nationalmannschaft: «Ich liebe die stand, Geld und Luxus, Sauberkeit. Das Eidgenossen die Schwächen der Schweiz? Schweiz, ich bin stolz darauf, mein Land in mei- primäre Bild vom sicheren und friedlichen Die am meisten genannten Schwachstellen ner Disziplin zu vertreten.» Und: «Wenn ich Land besteht schon seit einigen Jahren. Die zielen direkt auf den Staat: zu viele Gesetze, zu kompliziertes Gesundheitswesen, zu hohe Schwächen der Schweiz 2006 Steuern, zu wenig Steuergerechtigkeit, Re- «Welches sind die Schwächen der Schweiz, über die in der letzten Zeit diskutiert und formunfähigkeit. Die weiter genannten Ele- geschrieben worden ist?» (Mehrfachnennungen möglich) mente: Abhängigkeit vom Ausland und na- mentlich von der Europäischen Union, ein Zu viele Gesetze 52 Zuviel an Multikultur, zu wenig starke Poli- 48 tiker und Politikerinnen. Und dann wird eine Kompliziertes Gesundheitswesen politische Gegenposition genannt – die Ver- Zu hohe Steuern 44 schlossenheit der Schweiz und die Nichtmit- Ungerechte Steuern 38 gliedschaft in der Europäischen Union. «Die Reformunfähigkeit 28 Schwächen der Schweiz werden sehr zentral Grafiken: Credit Suisse/Sorgenbarometer 2006/gfs.bern in der Politik gesucht. Im Vordergrund ste- Zu viele Blockademöglichkeiten 26 hen so zentrale Elemente des Staatswesens Abhängigkeit vom Ausland 26 wie die Steuern und die Gesetze», kommen- S C HW EIZER REVU E April 2007 / Nr. 2 Zu viel Multikulturelles 23 tiert der Projektleiter Lukas Golder. Zu wenig starke Politiker 22 Zu den Stärken der Schweiz befragt, nennt Abhängigkeit von der EU 21 Professorin Suzette Sandoz die direkte Demo- kratie und die Konkordanz, die Freiheit der © gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2006 (N = 1010) Angabe in % Stimmberechtigter Meinungsäusserung und die Fähigkeit zum
10 SWISSNESS ALS MARKENZEICHEN Dialog. Als Schwächen erwähnt sie den Verkauf Kein starkes Reformbedürfnis Steuerleistung mehr gewürdigt als jene der grosser Schweizer Unternehmen ins Ausland, Wenn die Schwächen der Schweiz vor allem «Grossen». die Angst vor der internationalen Meinung, den im politischen System geortet werden, Verlust des gemeinsamen Verantwortungs- und müsste die Politik gefordert sein. Aber: «Alle Widersprüche zur Rolle des Staates Pflichtgefühls. Alt Bundesrat Rudolf Friedrich Schwächen und Gefährdungspotenziale füh- Die Berner Meinungsforscher fragten auch betont als wesentliche Stärke die innere Stabili- ren nicht zu einem eindeutig gerichteten Re- nach den Leistungen des Staates für den Ein- tät und die leistungsfähige Wirtschaft dank der formbedürfnis», erklärt Projektleiter Golder. zelnen – und nach dem eigenen Beitrag für soliden Arbeit von zehntausenden. Die grösste In der Tat – weniger als die Hälfte der befrag- den Staat. Eine knappe Mehrheit der Befrag- Schwäche sieht er darin, «dass wir der interna- ten Personen sind bei der Forderung nach ten hält die staatlichen Leistungen für unge- tionalen Entwicklung ständig hinterherlaufen, Reformen am politischen System voll oder nügend und fühlt sich vom Staat im Stich ge- so gegenüber der Europäischen Union und bei eher einverstanden. Nur 15 Prozent sind un- lassen. Auf der anderen Seite hat fast ein der Armee, wo doch unser Kleinstaat autonom eingeschränkt der Meinung, das politische Drittel der befragten Personen das Gefühl, nicht mehr zu verteidigen ist». Adolf Muschg System müsse gründlich reformiert werden. der Staat leiste zu viel für die Allgemein- hebt positiv hervor, dass die Schweiz schon im Immerhin, wenn den Befragten eine Liste heit. 18. und 19. Jahrhundert ein «europäisches Land» mit aktuellen politischen Zielen vorgelegt Wenn es um den Beitrag des Einzelnen für war, dessen spätmittelalterliche Struktur die wird, werden die «Baustellen» in der Politik den Staat und für die Allgemeinheit geht, er- Grundlage hergab «für einen Kleinstaat mit so- sichtbar. Und diese sind: die Sicherung der gibt sich ein ernüchterndes Bild: Fast die zialer Vernunft und grossem kosmopolitischem Alters- und die Invalidenversicherung (für 80 Hälfte der Bürger und Bürgerinnen glaubt, Potenzial». Eine Schwäche ortet der frühere Prozent sehr wichtig), die Förderung des man leiste selber zu viel – eine klar individu- Literaturprofessor im Pragmatismus: «Die wirtschaftlichen Wachstums, die Verminde- alistische Sicht. Das grosse Kennedy-Wort Schweiz handelt immer nur von Fall zu Fall, sie rung des Kostenanstiegs im Gesundheitswe- «Frage nicht zuerst, was der Staat für dich tun wirkt charakter- oder ideenlos.» sen, die Eindämmung der Ausgaben im Bund, kann, sondern was du für den Staat tun Der frühere Magistrat Adolf Ogi betont die die Bekämpfung der Kriminalität, gefolgt kannst» gilt offensichtlich wenig. «bedeutende Rolle unseres Kleinstaates auf dem von weiteren Zielen wie «Bildung fördern», internationalen Parkett, dank dem grossen Ein- «Bürokratie senken», «Erwerbstätigkeit si- Gefahren für die Identität satz von Schweizern in der humanitären Hilfe chern», «Beruf und Familie besser vereinba- Als grösste Gefahr für die schweizerische und in anderen Bereichen». Die Wirtschaft ren», «Treibhausemissionen stabilisieren». Identität wird in der Meinungsumfrage die müsse innovativ und wettbewerbsfähig bleiben Im Vergleich zur Politik steht die Wirt- Einwanderung gesehen. Nicht weniger als 74 und auf typisch schweizerische Werte setzen wie schaft bezüglich Schwächen und Reformbe- Prozent der befragten Personen nennen die- Qualität, Zuverlässigkeit, Präzision. Der weit darf etwas besser da. Aber eine Mehrheit der ses Argument an erster Stelle – Tendenz stei- gereiste Schweizer Filmregisseur Marc Forster Befragten wünscht mehr Arbeitsstellen und gend. Weitere Gefährdungen der Schweizer meint unpolitisch: «Wenn man hier ankommt, mehr Ausbildungsplätze und ist zudem der Identität, die von einer Mehrheit wahrge- hat man das Gefühl, die Luft sei einfach viel bes- Meinung, die Grossunternehmen bezahlten nommen werden, sind: die internationale ser als überall auf der Welt. Alles ist so sauber, zu wenig Steuern. Eindeutig freundlicher Öffnung, der zunehmende Egoismus im die Leute sind gut angezogen, die Gebäude se- fallen die Urteile bei den Klein- und Mittel- Lande, der politische Reformstau und die hen aus wie frisch gewaschen. Sonst ist in der unternehmen aus: Ihr Engagement für die Polarisierung durch die politischen Parteien Welt alles so heruntergekommen, so abgewetzt.» Allgemeinheit wird anerkannt und ihre rechts und links. Und wie denken die Schweizer und Drei Dinge, wofür die Schweiz steht Schweizerinnen im Ausland über ihr Land, «Sagen Sie mir bitte drei Dinge, wofür die Schweiz für Sie persönlich steht.» ihre Heimat? Dazu gibt die hier wiedergege- 21 bene Umfrage keine Antwort. Gilt vielleicht Sicherheit, Frieden 20 der Grundsatz «Wer die Heimat kennen Neutralität 19 lernen will, muss sie verlassen»? Oder hat der Ordnungsbewusstsein, Präzision 15 Amerika-Korrespondent des «Tages-Anzei- Landschaft 14 ger-Magazins» Peter Haffner recht: «Aus- Freiheit, Meinungsfreiheit 14 landschweizer sind lebende Zeugen von Zeit- Berge, Alpen 12 reisen. Sie haben die Heimat eingefroren zu Wohlstand, Geld, Luxus 11 dem Zeitpunkt, an dem sie sie verlassen ha- Sauberkeit Grafiken: Credit Suisse/Sorgenbarometer 2006/gfs.bern 10 ben.» Demokratie Tourismus 9 S C HW EIZER REVU E April 2007 / Nr. 2 Banken 7 Selbstständigkeit, Unabhängigkeit 5 Tradition 5 Vielsprachigkeit 4 Dokumentation Die hier zitierte Umfrage zur Schweizer Identität wurde Solidarität, Sozialstaat 3 vom Meinungsforschungsinstitut gfs.bern im Auftrag © gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2006 (N = 1010) Basis: Inhaltliche Nennungen des Bulletins von Credit Suisse erhoben (credit-suisse.com/emagazine)
POLITIK/ABSTIMMUNG 11 Deutliches Nein zur Einheitskasse Kommentar Das Ergebnis der Volksabstimmung vom 71 Prozent der Stimmenden und 24 Kantone lehnten eine 11. März lässt an Deutlichkeit nichts zu Einheitskrankenkasse ab. Die Beteiligung lag bei 46 Prozent. wünschen übrig: Sieben von zehn Stim- menden und 24 von 26 Kantonen wollen Nein-Anteile der Schweizer Kantone bei der Abstimmung nichts von einer Einheitskasse und von 75.4% zur Einheitskrankenkasse. einkommensabhängigen Krankenkas- 65.4% 82.1% senprämien wissen. Zwar schnitt die 74.4% 78.2% entsprechende Volksinitiative in der la- 42.3% 81.6% 81.5% teinischen Schweiz erwartungsgemäss 75.3% 91.7% 80.3% besser ab als in der Deutschschweiz. 84.2% Aber mit Ausnahme von Jura und Neu- 82.6% 87.2% enburg sagten auch die Westschweizer 48.7% 81.8% 88.5% Kantone und das Tessin Nein zum Be- 69.9% 87.2% 81.2% gehren, das von welschen Linken lan- 82.5% 54.9% 62.7% ciert und von Grünen, Sozialdemokraten und Gewerkschaften unterstützt worden war. Das Verdikt bestätigt frühere Ab- 54.2% stimmungen mit ähnlicher Stossrich- 54.2% 72.7% tung. Zuletzt hatten Volk und Stände vor vier Jahren die so genannte Gesund- heitsinitiative der SP im fast gleichen Verhältnis abgelehnt. Trotz stetig steigender Gesundheits- kosten und Krankenkassenprämien hatte die Initiative keine Chance. Das Revision der Invalidenversicherung liegt in erster Linie daran, dass sie mehr Fragen stellte als beantwortete. Der Ini- Bundesrat und Parlament wollen Invalide schneller wieder tiativtext war so allgemein formuliert, in die Arbeitswelt integrieren und die Leistungen der Invaliden- dass dem Parlament bei der Umsetzung versicherung leicht kürzen. Am 17. Juni entscheidet das Volk. ein sehr breiter Ermessensspielraum ge- Von René Lenzin blieben wäre. Insbesondere blieb völlig offen, wer künftig mehr und wer weni- Die Invalidenversicherung (IV) ist hoch ver- Noch nicht befunden hat das Parlament ger Prämien hätte entrichten müssen. schuldet und bedarf dringend einer Sanie- hingegen über die vom Bundesrat vorge- Die Gegner der Initiative haben diesen rung. Darüber herrscht Einigkeit. Umstrit- schlagenen Mehreinnahmen. Die bürgerli- Umstand geschickt ausgenutzt. Sie prä- ten ist allerdings, auf welchem Weg die chen Parteien wollen höhere Mehrwertsteu- sentierten Berechnungsmodelle, wo- Gesundung erfolgen soll. Der Bundesrat und ern oder Lohnabzüge erst bewilligen, wenn nach mittelständische Familien bei einer die bürgerliche Mehrheit des Parlaments die Revision unter Dach ist. Annahme des Begehrens stärker belastet schlagen mit der fünften Revision der IV ei- Ob die Reform überhaupt in Kraft tritt, ist worden wären. Den Initianten gelang es nen Mix aus verstärkten Integrationsbemü- jedoch offen. Denn kleine Behindertenver- nicht, diese Behauptung überzeugend hungen und Leistungskorrekturen vor. bände haben erfolgreich das Referendum er- zu widerlegen. Sie haben aber auch Nach dem Motto Eingliederung vor Rente griffen. Für sie gehen die Massnahmen ein- nicht glaubhaft darlegen können, wes- sollen Langzeitkranke wenn möglich in den seitig zulasten der Invaliden. Es fehlten halb es in der Gesundheitspolitik einen Arbeitsprozess zurückgeführt werden, statt verbindliche Bestimmungen, damit die Wirt- grundlegend neuen Kurs braucht. Und eine IV-Rente zu erhalten. Dazu schlägt die schaft behinderte Menschen auch wirklich darauf lief die Initiative letztlich hinaus. Politik ein Früherkennungssystem vor, und beschäftige. Und ohne zusätzliche Einnah- Wie geht es weiter? Mit dem Nein zur für allfällige Integrationsmassnahmen will sie men lasse sich die IV nicht sanieren. Unter- Volksinitiative ist noch keines der vielen eine Mitwirkungspflicht der Betroffenen stützt wird das Referendum von den Grünen. Probleme im Gesundheitswesen gelöst. einführen. Zudem strebt sie eine finanzielle Gegen den Willen der Parteileitung hat auch Zwar bestätigt das klare Nein zu einem S C HW EIZER REVU E April 2007 / Nr. 2 Entlastung der IV an: Gestrichen werden die Basis der sozialdemokratischen Partei be- radikalen Kurswechsel die bisherige sollen Zusatzrenten für Ehepartner und die schlossen, gegen die Vorlage anzutreten. Auf Politik von Bundesrat und Parlaments- Rentenerhöhungen für Personen, die vor Seiten des Bundesrats kämpfen die Christ- mehrheit. Aber um die Probleme zu dem 45. Lebensjahr invalid werden. lichdemokraten, die Freisinnigen, die Libe- lösen, müssen diese schon noch etwas (Für eine ausführliche Beschreibung der ralen und die Schweizerische Volkspartei für mehr Reformeifer an den Tag legen. Revision, siehe «Schweizer Revue» 2/06.) die Revision. RENÉ LENZIN
12 SONDERMÜNZEN Neue Münzen für Nationalbank und Nationalpark Die Schweizerische Nationalbank kann dieses Jahr den 100. Geburtstag feiern. Aus diesem Anlass hat die Eidgenössische Münzstätte Swissmint eine Gold- und eine Silbermünze geprägt, die thematisch einer historischen und einer aktuellen Banknote gewidmet sind. Im Kontrast dazu stehen die neuen Sondermünzen der Serie «Schweizerischer Nationalpark», die mit der Sonderprägung «Steinbock» gestartet wird. Beide Münzen erscheinen in streng limitierter Auflage. Von Heinz Eckert 100 Jahre Schweizerische Nationalbank 2007, Gold, 100 Jahre Schweizerische Nationalbank 2007, Schweizerischer Nationalpark, Steinbock 2007, Nennwert 50 Franken. Silber, Nennwert 20 Franken. Bimetall, Nennwert 10 Franken. www.swissmint.ch Mit der Schweizerischen Nationalbank note mit dem Porträt des Schweizer König unter den Wildtieren der Alpen. Im (SNB) und dem Schweizerischen National- Komponisten Arthur Honegger (1892–1955). Irrglauben an die Heilkraft von verschiede- park (SNP) stehen zwei wichtige Institutio- Gestaltet wurde sie vom Genfer Künstler nen Steinbockpräparaten wurde das Tier vor nen des Landes im Mittelpunkt der neuen Roger Pfund. Für die Goldmünze wählte Jahrhunderten fast ausgerottet und über- Prägung: Die SNB als Hüterin des Schwei- Swissmint den «Holzfäller» von Ferdinand lebte nur im italienischen Gran-Paradiso- zer Frankens, der SNP als geschützter Le- Hodler (1853–1918), eine der bekanntesten Massiv. Von dort wurden 100 Jungtiere in die bensraum für Flora und Fauna. Schöpfungen des Künstlers. «Der Holzfäl- Schweiz geschmuggelt und 1920 im Natio- Die Doppelausgabe einer Gold- und einer ler» geht auf einen direkten Auftrag der Na- nalpark angesiedelt. Heute leben dort 300 bis Silbermünze zum 100-Jahr-Jubiläum der Na- tionalbank im Jahr 1908 zurück, als Hodler 45o Steinböcke. tionalbank unterstreicht deren Bedeutung die erste Notenserie der Schweiz gestalten Die 10-Franken-Sondermünze wurde vom für das Wohl des Landes. 1907 nahm die konnte. Dabei schuf er den «Holzfäller» für Bündner Künstler Gian Vonzun gestaltet. SNB ihre Tätigkeit als unabhängige Zentral- die damalige 50-Franken-Note. Zwischen 2008 und 2010 wird die vierteilige bank auf und wacht seither für Preisstabili- Mit der Bimetall-Münze «Steinbock» star- Serie «Schweizerischer Nationalpark» mit tät unter Berücksichtigung der Konjunktur tet Swissmint die vierteilige Serie «Schwei- typischen Alpentieren fortgesetzt. Als Zei- – eine Grundvoraussetzung für die Entwick- zerischer Nationalpark», die ausgewählten chen für die Mehrsprachigkeit in unserem lung der Wirtschaft, für Wachstum und Wildtieren des Alpenraums gewidmet ist. Land erscheint die Bezeichnung «Schweize- Wohlstand. Daneben versorgt die National- Der Nationalpark ist der älteste Park seiner rischer Nationalpark» auf dem äussersten bank den Handel mit Banknoten, übernimmt Art in den Alpen und befindet sich im Enga- Ring in einer der vier Landessprachen. Der die Münzverteilung und ist eine der Haupt- din und im Münstertal im Kanton Graubün- Steinbock als erste Münze der Serie startet trägerinnen des Zahlungsverkehrssystems. den. Seit der Gründung 1914 hat die Natur mit der rätoromanischen Beschriftung: «Parc Die Schweizerische Nationalbank hat je ei- dort auf 170 Quadratkilometern Fläche Naziunal Svizzer». S C HW EIZER REVU E April 2007 / Nr. 2 nen Sitz in Bern und in Zürich. zwischen 1400 und 3100 Metern über Meer Die neuen Sondermünzen sind ab sofort Die Bildseiten der 50-Franken-Gold- ein einzigartiges Refugium. Dank strenger bei ausgewählten Münzhändlern oder Ban- münze und der 20-Franken-Silbermünze Schutzbestimmungen geniesst der Park in- ken oder über das Internet erhältlich: www. Fotos: Swissmint dokumentieren Kunstwerke aus zwei Jahr- ternational ein grosses Renommee. Der swissmint.ch. Mit dem Erlös aus dem Ver- hunderten: Die Silbermünze zeigt einen Teil- Steinbock gilt wegen seines massiven Kör- kauf der Münzen werden kulturelle Projekte ausschnitt der aktuellen 20-Franken-Bank- perbaus mit dem mächtigen Geweih als in der ganzen Schweiz unterstützt.
DAS «PHÄNOMEN KÜBLER» 13 «Ferdy national» – Eine Schweizer Legende und war theoretischer Leader. In der Abfahrt erlitt er auf der Schotterstrasse mehrmals Er gilt als der grösste Schweizer Sportler aller Zeiten. Sein Reifenschaden. Nachdem er das Rad eigen- Aufstieg aus der Armut und seine Erfolge als Radrennfahrer händig repariert hatte, hielt er die Pumpe machten «Ferdy national» zum Sporthelden. Ein schönes Buch fälschlicherweise für defekt. Das Bild des völlig verzweifelten Kübler ging durch die dokumentiert mit Text und grossartigen Bildern die Karriere Presse. Die Enttäuschung über die verlorene des 87-jährigen Ferdy Kübler – und damit ein Stück Schweizer Tour de France hat ihn später nie mehr los- Zeitgeschichte. Von Rolf Ribi gelassen. Doch 1950 schaffte Kübler in der Frankreich-Rundfahrt seinen bisher gröss- ten Erfolg. «Bei der Einfahrt in Paris bis zum Es war in meinen Bubenjahren, als ich mein Morgen auf einem Damenfahrrad zurück. Parc des Princes wollten hunderttausende, ja Herz in beide Hände nahm und beim Velo- Sein eiserner Wille, seine Leidensfähigkeit, Millionen diesen Kübler sehen», schrieb ein hersteller Tebag um ein Autogramm von die absolute Besessenheit für den Rennsport Schweizer Journalist. Ferdy Kübler bat. Kurz darauf brachte die gehörten zu seinem Charakter. Die Franzo- 1951 (ich höre die Radioreportage von Post ein Bild des «Adlers von Adliswil» in sen nannten ihn später «le fou pédalant». Sepp Renggli noch heute) wurde Ferdy Küb- sausender Fahrt, mit dem eigenhändigen, Der zweite Grund des Phänomens Küb- ler gar Weltmeister. Aber «Champion du schön geschriebenen Namenszug «F. Küb- ler: seine eindrücklichen Erfolge gegen die monde» hätte er schon zwei Jahre früher ler». Mein Glück war voll- werden können: Um den kommen, das Foto besitze Sieg von Coppi zu verhin- ich noch heute. dern, machte der Schweizer Kein Zweifel, der Rad- gemeinsame Sache mit van rennfahrer mit der markan- Steenbergen und liess den ten Nase ist der berühmteste Belgier gewinnen. Nach dem Schweizer Sportler des zwan- dritten Platz von 1950 kam zigsten Jahrhunderts – oder ein Jahr darauf der Triumph sogar aller Zeiten. Als das von Varese. Nach achtein- Schweizer Radio 1983 den halb Stunden zermürbender «beliebtesten Sportler des Fahrt bei grosser Hitze kam Jahrhunderts» suchte, siegte es zum Finish gegen drei Kübler mit grossem Abstand Italiener. Der spurtstarke vor dem Skirennfahrer Bern- Schweizer gewann das Re- hard Russi, seinem Konkur- genbogentrikot. Die Begeis- renten Hugo Koblet und terung im ganzen Land war dem Autorennfahrer Clay riesig. Regazzoni. Ende der Vierzi- Während fast zwei Jahr- gerjahre und in der ersten zehnten hatte «Ferdy natio- Hälfte der Fünfzigerjahre ge- nal» sein Geld als einer der wann Kübler fast alle grossen weltbesten Rennfahrer ver- Rennen und Rundfahrten. dient. Der Übergang ins nor- Was macht das «Phäno- male Berufsleben fiel dem men Kübler» aus, der noch populären Kübler erstaun- Ferdy Kübler war ein grosser Kämpfer mit eisernem Willen. heute Autogrammstunden lich leicht. Für die National- gibt? Der erste Grund: Der Versicherung warb er acht Aufstieg des jungen Mannes aus der Armut damaligen «Grossen» mit so berühmten Na- Jahre lang auf Plakaten mit seinem Konter- und Misere der Kindheit zum gefeierten men wie Coppi, Bartali, Koblet oder Bobet. fei und der markanten Nase. Und für die Sportler und später zum erfolgreichen Ge- Dreimal gewann Kübler die Schweizer Lan- Kreditanstalt wurde er zum populären Aus- schäftsmann. «Wir waren fünf Kinder und desrundfahrt, nämlich 1942, 1948 und 1951. hängeschild, die Bank sponserte bald jahre- blieben arm wie eine Kirchenmaus», erzählte In die Geschichte der Tour de Suisse ging lang die Tour de Suisse. er zu seiner frühen Kindheit. «Ich wollte so 1947 seine 213-Kilometer-Alleinfahrt von schnell wie möglich der Armut entfliehen.» Bellinzona nach Sitten im Wallis ein, ständig S C HW EIZER REVU E April 2007 / Nr. 2 Als Ausläufer einer Bäckerei in Männedorf verfolgt von den italienischen Cracks Bartali Martin Born, Hanspeter Born, fuhr er jeden Tag mit dreissig Kilo Brot auf und Coppi. Mit jenem Sieg schaffte Kübler Sepp Renggli: FERDY KÜBLER –«FERDY NATIONAL». dem Rücken wie wild den Pfannenstil hinauf. den Sprung in die Weltklasse. Herausgegeben von Als Ausläufer des Zürcher Uhrengeschäftes In der Tour de France von 1949 kam es Fotos: AS Verlag Peter Schnyder. AS Verlag Buchkonzept AG, Barth legte er die 42 Kilometer zu seinem zum Drama am Col du Vars: Auf der Pass- 2006, Zürich Wohnort Marthalen jeden Abend und jeden höhe hatte Kübler 3:50 Minuten Vorsprung CHF 88.– / Euro 54.80
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