KURZ ERKLÄRT 2019 DER BUND KURZ ERKLÄRT 2019 - Bundeskanzlei
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Titelbild Schneeweiss spiegeln sich die Wolken im dunklen Blau des «Lai Nair». Wie Goldsplitter schwimmt das Laichkraut auf der Wasserober- fläche. Der Moorsee im Unterengadin liegt auf 1500 Metern Höhe.
EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser «Wir haben uns an Wahlen Gemäss einem immerwährenden Kalender wird jeweils am zweitletzten Sonntag des drittletzten Monats im letzten Jahr gewöhnt, aber selbst der vierjährigen Legislatur der Nationalrat mit seinen 200 verständlich sind sie nicht.» Sitzen gewählt. Gleichzeitig erfolgen in 25 von 26 Ständen die Wahlen in den Ständerat. Am 20. Oktober 2019 ist dies wieder der Fall. Es lohnt sich insbesondere deshalb, im «Bund kurz erklärt» die Seiten über das Parlament genauer zu studieren. Wir haben uns an diese Wahlen gewöhnt, aber selbstverständ- lich sind sie nicht. Noch vor hundert Jahren gab es weltweit kein Land, in dem jede Bürgerin und jeder Bürger ab einem gewissen Mindestalter an freien und fairen Wahlen teilnehmen konnte. Und bis heute werden Menschen in vielen Ländern an der Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte gehindert. Oder das Wahlrecht wird ausgehöhlt: Die Menschen dürfen zwar an die Urne, aber zu wählen haben sie nicht viel. Das Wahlrecht der Schweiz – seit 1971 auch für die Frauen und seit 1991 auch für die 18- und 19-Jährigen – ist seit hun- dert Jahren, seit Einführung der Proporzwahlen 1919, er- staunlich stabil. Es ist eine Errungenschaft: Wer etwas verän- dern oder erhalten will, hat im Herbst Gelegenheit, jene zu wählen, die dasselbe wollen, oder jene von der Liste zu strei- chen, die das Gegenteil anstreben. Dieses Recht ist leider vie- len keine Pflicht, lag doch die Stimmbeteiligung 2015 unter 50 Prozent! Der «Bund kurz erklärt» ist keine Wahlanleitung, aber eine Grundlage, um besser zu verstehen, was zwischen den Parla- mentswahlen vier Jahre lang in Bundesbern passiert. Dazu er- klärt er auf Stufe Bund nicht nur das Parlament, sondern auch die Regierung (den Bundesrat) und die Gerichte, die beide vom Parlament gewählt werden, sowie die ganze Bundesver- waltung. In diesem Sinne ist er allen zur Lektüre empfohlen. Bundeskanzler Walter Thurnherr 3
INHALTSVERZEICHNIS FAKTEN FUNDAMENT SCHWEIZ DIREKTE DEMOKRATIE 6 14 Bundespräsident Ueli Maurer Gewaltenteilung 16 zur digitalen Zukunft 6 Wählen und abstimmen 18 Bevölkerung 8 Parteien von links bis rechts 20 Finanzen des Bundes 9 Parteien in Kürze 22 Geschichte der Schweiz 10 Föderalismus 12 Die App zur Broschüre Leitprogramm DER BUND KURZ ERKLÄRT DER BUND KURZ ERKLÄRT Didaktische Unterlagen auf Deutsch, Französisch und Englisch: iOS / Android www.hep-verlag.ch/der-bund-kurz-erklaert CH info 4
LEGISLATIVE EXEKUTIVE JUDIKATIVE PARLAMENT REGIERUNG GERICHTE 24 40 76 National- und Ständerat 26 Bundesrat 42 Justiz 78 Das Parlament in Zahlen 27 Bundesverwaltung 44 Bundesgericht und erstinstanzliche Gerichte Organisation der Räte 28 Eidgenössisches Departement des Bundes 80 für auswärtige Angelegenheiten Mechanik des Parlaments 31 EDA 46 Milizparlament 32 Eidgenössisches Departement des Innern EDI 50 Vernetzung mit der Welt 33 Eidgenössisches Justiz- und Parlamentsdienste 34 Polizeidepartement EJPD 54 100 Jahre Proporz 35 Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungs- Weg zu einem neuen Gesetz 36 schutz und Sport VBS 58 Parlamentsgebäude 38 Eidgenössisches Finanz departement EFD 62 Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF 66 Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK 70 Bundeskanzlei BK 74 5
SCHWEIZ Bundespräsident Ueli Maurer zur digitalen Zukunft MIT BEWÄHRTEN WERTEN DIE ZUKUNFT MEISTERN Angetrieben durch den technologischen Fortschritt, heit stark gemacht haben. Falsch wäre es, wenn wir dreht sich die Welt immer schneller. Das stellt auch den ob dieser Entwicklung in Ehrfurcht erstarren würden: Kleinstaat Schweiz vor grosse Herausforderungen. Wir Vielmehr müssen wir diese Herausforderung als können diese meistern, wenn Staat und Gesellschaft Chance wahrnehmen und nutzen. auf jene Werte setzen, die uns schon in der Vergangen SCHWEIZ Blockchain, Kryptowährungen, digitale Transformation, Schlankere Verwaltungsabläufe Cyber-Risiken: Noch vor ein paar Jahren existierten diese Auch ich musste mich dem digitalen Wandel stellen. Zum Begriffe in keinem Wörterbuch. Heute vergeht kein Tag, einen, weil er schlicht und einfach nicht aufzuhalten ist. ohne dass wir in den Medien auf diese Wortschöpfungen Dann aber auch, weil sich das von mir geleitete Eidgenös- stossen. Bereits haben findige Köpfe Geschäftsmodelle ent- sische Finanzdepartement (EFD) gleich auf zwei Ebenen wickelt, welche diese Errungenschaften wirtschaftlich mit der Informatik im weitesten Sinn befasst: zum einen nutzen oder deren Risiken bewältigen helfen. Teile der Be- im strategischen Bereich, zum andern – als Dienstleister völkerung aber tasten sich erst allmählich an diese Tech- für alle Mitarbeitenden der Bundesverwaltung – in Bezug nologien heran. Sie begegnen ihnen noch immer mit teil- auf Hardware, Software und Kommunikationsinfrastruk- weise grossem Respekt. Auch gibt es Leute, die als Folge tur. Zwei Ämter meines Departements sind zudem daran, der Automatisierung Veränderungen in der Arbeitswelt aus der Digitalisierung praktischen Nutzen zu schaffen. befürchten. Der Staat selber ist gefordert, beispielsweise Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat mit dem Projekt indem er für den Finanzplatz innovationsfreundliche Rah- Fiscal-IT soeben den Sprung ins digitale Zeitalter voll menbedingungen schafft. zogen. Fiscal-IT sorgt für effizientere Verfahren in der Ver- 6 Der Bund kurz erklärt 2019 | Schweiz
waltung und wird insbesondere auch uns bisher stark gemacht hat, können Wandel zu meistern. Auch aus dem der Bevölkerung den Verkehr mit der wir sehr wohl auch in der virtuellen digitalen Wandel, für den ich in mei- SCHWEIZ Steuerbehörde wesentlich erleich- Welt bestehen. Es sind dies traditio- ner Neujahrsansprache symbolisch tern. Eine eigentliche Transformation nelle Werte, für welche ich in meiner ein Smartphone gewählt habe, kann – abgestützt ebenfalls auf IT-Innova- Neujahrsansprache als Symbol eine eine Erfolgsstory werden. Es braucht tionen – ist aktuell bei der Eidgenös- hölzerne Kuh, seit Generationen ein dazu natürlich auch so etwas wie eine sischen Zollverwaltung im Gang. Das Spielzeug und klassisches Souvenir positive Grundeinstellung, indem wir Ziel sind auch hier schlankere Verwal- aus der Schweiz, gewählt habe. bereit sind, die grossartigen neuen tungsabläufe und einfachere Behör- Chancen und Möglichkeiten zu erken- denkontakte beim Grenzübertritt – nen und wahrzunehmen. Und es sprich: kein Papierkram mehr und braucht die Bereitschaft, sich diesem kaum mehr Wartezeiten. Wandel zu stellen – neugierig und mit «Auch aus der gebotenen Gelassenheit. Das vor- Als gewöhnlicher Benutzer eines ausgesetzt, bin ich überzeugt, dass Handys habe ich mich anfänglich dem digitalen wir diese Umwälzungen nicht nur auch gefragt, wohin uns die Digitali- ohne Verlierer oder anderweitige Kol- sierung führen würde. Auch ich war, Wandel kann lateralschäden hinter uns bringen wie wahrscheinlich viele Mitbürge- können, sondern dass sie uns auch rinnen und Mitbürger, zuerst einmal eine Erfolgs weiterbringen werden, sei es im ein bisschen argwöhnisch. Heute bin Privat- und Berufsleben, in der Wirt- ich überzeugt, dass wir diese Ent- story werden.» schaft oder in der Forschung. wicklung als Chance betrachten und aus diesem Potenzial den bestmögli- chen Nutzen ziehen sollten. Am Anfang dieses sanften Meinungs Zu den typisch schweizerischen Er- umschwungs stand bei mir ein Blick rungenschaften zähle ich die direkte zurück: Ich habe mir zunächst verge- Demokratie, den Föderalismus, die genwärtigt, dass die Schweiz ja schon Skepsis den Mächtigen gegenüber – manchen Wandel durchgemacht hat. ob sie nun im Ausland auf uns einzu- Und dass sie solche Prozesse zumeist wirken oder sich im Inland aufzuspie- in eine Erfolgsstory umgemünzt hat, len versuchen. Hinzu kommen wie unser Wohlstand, unsere Wirt- individuelle Stärken der Bewohnerin- schaftskraft, das Funktionieren unse- nen und Bewohner der Schweiz wie res Sozialstaats und unser guter Ruf etwa Fleiss und Pünktlichkeit, Be- in der Welt zeigen. scheidenheit, Neugier oder Innovati- onsfreude. Mit Neugier und Gelassenheit Informationen zum Die Garanten dieses Erfolgs werden Solche Werte waren die Basis dafür, Bundespräsidium und uns helfen, auch die durch die Digita- dass es uns heute so gut geht. Zusam- zu den Aktivitäten des lisierung bedingten Umwälzungen zu men mit dem ausgezeichneten (Aus-) Bundespräsidenten: www.admin.ch > meistern. Wenn wir uns zurückbesin- Bildungsniveau in unserem Land wer- Bundespräsidium nen auf unsere Wurzeln, auf das, was den sie uns helfen, auch den digitalen 7
Die Schweiz in Zahlen BEVÖLKERUNG 8,5 Millionen Menschen 4 Landessprachen Deutsch 63% Französisch 23% Rätoromanisch 0,5% SCHWEIZ Italienisch 8% 8 484 130 Einwohnerinnen und Einwohner andere Sprachen 24% 2 126 392 davon ohne Schweizer Pass Mehrfachnennungen möglich In der Schweiz leben 8,5 Millionen Menschen. Der Die Schweiz ist ein vielsprachiges Land. Es gibt Ausländeranteil beträgt 25%. Mehr als die Hälfte vier Landessprachen: Deutsch, Französisch, Italie der Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft nisch und Rätoromanisch. 63% der Bevölkerung ist entweder in der Schweiz geboren oder lebt seit sprechen hauptsächlich (Schweizer-)Deutsch, mindestens zehn Jahren hier. Die Mehrheit der 23% Französisch, 8% Italienisch und 0,5% Räto- ausländischen Bevölkerung kommt aus einem EU- romanisch. Auch andere Sprachen werden in der oder EFTA-Land. Den grössten Anteil machen Per- Schweiz gesprochen: Englisch, Portugiesisch, sonen aus Italien (15% der Ausländer), Deutsch- Albanisch (je 3 bis 5%) und verschiedene andere land (14%) und Portugal (13%) aus. 17% der Sprachen. Viele geben zwei Sprachen als Haupt- ausländischen Bevölkerung kommen aus nicht sprachen an. europäischen Staaten. Mehrheitlich christlich 68% der Menschen in der Schweiz gehören einer christlichen Glaubensgemeinschaft an. In 14 Kan- tonen machen die Katholiken den grössten Bevöl- kerungsanteil aus, in drei Kantonen die Refor mierten. In den restlichen Kantonen sind die Verhältnisse weniger deutlich. Der Anteil jener, die keiner Glaubensgemeinschaft angehören, beträgt 24% – er nimmt seit Jahren zu. 37% Römisch-katholisch 6% Andere christliche Gemeinschaften 25% Evangelisch-reformiert 5% Islamische Gemeinschaften 24% Konfessionslos 3% Übrige/unbekannt Alle Zahlen sind gerundet. Weitere Informationen zur Bevölkerung: www.statistik.ch 8 Der Bund kurz erklärt 2019 | Schweiz
FINANZEN DES BUNDES 71,09 Milliarden Einnahmen (2017) 68,29 Milliarden Ausgaben (2017) Mehrwertsteuer 32% 34% Soziale Wohlfahrt Direkte Bundessteuer 30% 15% Finanzen und Steuern Verrechnungssteuer 12% 13% Verkehr Mineralölsteuer 7% 11% Bildung und Forschung SCHWEIZ Tabaksteuer 3% 7% Landesverteidigung Stempelabgaben 3% 5% Landwirtschaft und Ernährung Übrige Fiskaleinnahmen 7% 5% Beziehungen zum Ausland Nichtfiskalische Einnahmen 7% 10% Übrige Aufgaben Die wichtigsten Einnahmequellen des Bundes sind die Ein Drittel seiner Ausgaben investiert der Bund in den Be- Mehrwertsteuer und die direkte Bundessteuer. Sie machen reich «Soziale Wohlfahrt»: 23 Milliarden Franken. Die zusammen rund 44 Milliarden Franken aus. Die direkte Hälfte davon geht an die Altersvorsorge (AHV), ein Fünftel Bundessteuer wird bei Privatpersonen auf dem Einkom- an die Invalidenversicherung (IV). Weitere wichtige Berei- men erhoben (progressiv, maximal 11,5%), bei Unterneh- che der sozialen Wohlfahrt sind die Krankenversiche men auf dem Gewinn (8,5%). Für die meisten Waren und rungen (Prämienverbilligungen), die Migrationsausgaben Dienstleistungen gilt ein Mehrwertsteuersatz von 7,7%. und die Ergänzungsleistungen. Die soziale Wohlfahrt ge- Welche Steuern der Bund erheben darf, ist in der Bundes- hört zu den am stärksten wachsenden Aufgabenbereichen verfassung festgehalten. des Bundes. Schuldenbremse Mia. Franken Sozialversicherungen Der Bund ist verpflichtet, seine Aus- 250 gaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht zu halten. Bei guter 200 Konjunktur muss er einen Überschuss Gemeinden erwirtschaften, bei schlechter darf er 150 mehr ausgeben als einnehmen. 2003 Kantone wurde diese «Schuldenbremse» zum 100 ersten Mal angewendet. Seit 2005 konnten die Bundesschulden von 50 Bund 130 Milliarden Franken um mehr als 30 Milliarden reduziert werden. Im 0 internationalen Vergleich steht die Schweiz sehr gut da: Die Schulden- 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 quote des Gesamtstaats beträgt knapp 30% des Bruttoinlandprodukts (BIP). Alle Zahlen sind gerundet. Weitere Informationen zum Bundeshaushalt: www.efv.admin.ch 9
Vom Staatenbund zum Bundesstaat GESCHICHTE DER SCHWEIZ Die Schweiz entwickelte sich über Jahrhunderte aus einem Das politische System geht auf die Bundesverfassung von Geflecht verschiedener Bündnisse über einen Staatenbund 1848 zurück. Seither haben die Kompetenzen des Bundes, hin zum Bundesstaat. Landesgrenzen und Neutralität wur- die Volksrechte und die politische Vielfalt zugenommen. den 1815 international festgelegt und anerkannt. 1291 | Alte Eidgenossenschaft 1803 –1814 | Mediation 1847–1848 | Sonderbundskrieg BÜNDNISPARTNER GELOCKERTE LIBERALE GEGEN SCHAFTEN FREMDHERR KONSERVATIVE SCHAFT SCHWEIZ Wechselnde Bündnisse zwischen Bei der Frage nach der Ausgestal Städten und Landschaften bezwe tung des Bundes kommt es schluss Nach Bürgerkriegen zwischen Föde cken die Sicherung der politischen endlich zu einem Bürgerkrieg zwi ralisten und Anhängern der Helveti Ordnung gegen innen und der Un schen liberalen und katholisch- schen Republik gibt Napoleon der abhängigkeit gegen aussen. 1291 konservativen Kantonen. Der Son Schweiz eine Mediationsverfas schliessen Uri, Schwyz und Unter derbundskrieg endet mit dem Sieg sung. Sie gibt den Kantonen eine walden das erste dokumentierte der liberalen Kräfte. gewisse Eigenständigkeit zurück Bündnis ab. Der Begriff «Eitgenoze» und legt die meisten Kantons taucht 1315 auf. Im Lauf der Jahr grenzen fest. hunderte wächst die Eidgenossen schaft durch weitere Bündnisse und durch Gebietseroberungen. 1200 1800 1850 1848 | Bundesverfassung DEMOKRATISCHER 1815 | Bundesvertrag BUNDESSTAAT NEUTRALITÄT UND Die Bundesverfassung gewährt den STAATENBUND meisten Bürgern – Männern – ver 1798 –1802 | Helvetik schiedene Rechte und Freiheiten, EINHEITSSTAAT Nach dem Sturz Napoleons aner u. a. das Stimm- und Wahlrecht kennen die europäischen Gross (Frauenstimmrecht ab 1971). Auf UNTER FREMDER mächte die Neutralität der Schweiz Bundesebene wird nach amerika HERRSCHAFT und die heute gültigen Landes nischem Vorbild das Zweikammer grenzen werden fixiert. Der Bundes system eingeführt, mit einem Natio Nach dem Einmarsch französischer vertrag von 1815 fasst die verschie nal- und einem Ständerat, die den Truppen wird die Eidgenossen denen eidgenössischen Bündnisse Bundesrat wählen. Einige Bereiche schaft zur Helvetischen Republik zu einem einzigen Staatenbund zu werden zentralisiert. Die Schweiz umgestaltet: zu einem Einheitsstaat sammen. Dieser ist für die Sicher entwickelt sich zum einheitlichen unter Pariser Kontrolle. heitspolitik zuständig. Rechts- und Wirtschaftsraum. 10 Der Bund kurz erklärt 2019 | Schweiz
1874, 1891 | 1919, 1929 | Proporz 1959 – 2003 | Zauberformel Ausbau der Demokratie WEITER RICHTUNG VIELFALT AUCH INITIATIVE, KONSENS IM BUNDESRAT REFERENDUM DEMOKRATIE Die Regierung setzt sich aus Vertre Die revidierte Bundesverfassung tern der wählerstärksten Parteien 1919 wird der Nationalrat zum ers überträgt dem Bund mehr Aufgaben zusammen: 2 FDP, 2 CVP, 2 SP, ten Mal im Proporzverfahren ge und weitet die demokratischen 1 SVP. Diese sogenannte Zauber wählt, und im Bundesrat sitzt nun Rechte auf Bundesebene aus. 1874 formel gilt bis 2003. Seither ist der ein zweites katholisch-konservati wird das Referendum eingeführt, Bundesrat parteipolitisch wech ves Mitglied. Ab 1929 ist auch ein 1891 die Volksinitiative. 1891 wählt selnd zusammengesetzt. Mitglied der Bauern-, Gewerbe- und das Parlament zum ersten Mal einen Bürgerpartei (heute SVP) im Bun Vertreter der Katholisch-Konservati desrat vertreten. ven (heute CVP) in die Regierung: Erstmals seit 1848 besteht der Bun desrat nicht mehr nur aus Freisinni gen. SCHWEIZ 1900 1950 2000 2000 | Dritte Bundesverfassung BEWAHRUNG UND 1939 –1945 | Zweiter Weltkrieg OFFENHEIT 1914 –1918 | EINBINDUNG DER Die totalrevidierte Bundesverfas Erster Weltkrieg, Generalstreik LINKEN sung betont die partnerschaftliche SOZIALISTISCHE Zusammenarbeit zwischen Bund IDEEN Unter dem Eindruck der Bedrohung und Kantonen und regelt die Aufga aus dem Ausland rücken die poli benteilung. Das Schweizer Volk Armut und Arbeitslosigkeit während tischen Kräfte von links bis rechts stimmt den bilateralen Verträgen des ersten Weltkriegs sowie die so zusammen: Während des Zweiten zwischen der Schweiz und der zialistischen Ideen der Russischen Weltkriegs wählt das Parlament Europäischen Union (EU) zu. Zwei Revolution gipfeln 1918 im landes 1943 einen Sozialdemokraten in die Jahre später (2002) entscheidet es weiten Generalstreik. Regierung. sich für den Beitritt zur UNO. 11
Bund, Kantone und Gemeinden FÖDERALISMUS 1 SCHWEIZ 26 2212 12 Der Bund kurz erklärt 2019 | Schweiz
Die Schweiz ist ein föderalistischer Staat: Die Macht ist möglich, dass die Schweiz als Einheit bestehen kann – zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden aufgeteilt. trotz vier Sprachkulturen und unterschiedlicher regio Kantone und Gemeinden haben grosse Spielräume, um naler Eigenheiten. ihre Aufgaben zu erfüllen. Der Föderalismus macht es Bund Seit 1848 ist die Schweiz ein Bundesstaat, bezeichnet auch als «Eidgenossenschaft» oder als «Bund». Die Bundes • Elf Prozent der Schweizerinnen und verfassung legt die Aufgaben des Bundes fest. Dazu gehö- Schweizer leben im Ausland («Ausland- ren u. a. die Beziehungen zum Ausland, die Landesvertei- schweizer»). digung, das Nationalstrassennetz und die Kernenergie. • 85 Prozent der Einwohnerinnen und Ein- National- und Ständerat bilden das eidgenössische Par wohner leben in städtischen Gebieten. lament, die Landesregierung besteht aus sieben Bundes- • Die Einnahmen aus der direkten Bundes- räten, das Bundesgericht stellt die nationale Recht steuer machen rund 30 Prozent der Ein- sprechung sicher. Zu seiner Finanzierung erhebt der Bund nahmen des Bundes aus. u. a. die direkte Bundessteuer. SCHWEIZ Kantone Der Bund besteht aus 26 Kantonen, auch «Stände» ge- nannt. Jeder Kanton hat ein eigenes Parlament, eine eigene • Im Kanton Basel-Stadt ist das Bruttoinland- Regierung, eigene Gerichte und eine eigene Verfassung. produkt (BIP) pro Kopf mehr als dreimal so Diese darf der Bundesverfassung nicht widersprechen. Die gross wie im Kanton Uri. Kantone setzen die Vorgaben des Bundes um, gestalten ihre • In den Nationalen Finanzausgleich zahlen Tätigkeit aber nach eigenen Bedürfnissen. Grossen Gestal- der Bund und sieben Kantone ein, 19 Kan- tungsspielraum haben sie z. B. im Schul- und Spitalwesen, tone erhalten daraus Ausgleichszahlungen. im Bereich Kultur sowie bei der Polizei. Jeder Kanton er- • In den Kantonen Appenzell Innerrhoden hebt zu seiner Finanzierung kantonale Steuern. und Glarus finden noch Landsgemeinden statt. Gemeinden Die 26 Kantone sind in Gemeinden gegliedert. Jeder Kan- ton regelt die Aufgabenteilung zwischen sich und seinen • In der kleinsten Gemeinde (Corippo, TI) Gemeinden selbst. Zu den Aufgaben von Gemeinden gehö- leben 14 Menschen, in der grössten rund ren z. B. die Ortsplanung, der Schulbetrieb, das Fürsorge- 400 000 (Stadt Zürich). wesen und die Feuerwehr. Grössere Gemeinden und Städte • Jedes Jahr gibt es wegen Fusionen im haben Parlamente und Volksabstimmungen. In kleineren Durchschnitt rund 30 Gemeinden w eniger. Gemeinden entscheiden die Bürgerinnen und Bürger an • In vier von fünf Gemeinden entscheiden Gemeindeversammlungen über politische Vorlagen. Jede die Stimmberechtigten an Gemeinde Gemeinde zieht Gemeindesteuern ein. versammlungen über politische Vorlagen. Video Föderalismus: www.youtube.com/chchportal > Föderalismus 13
Fundament DIREKTE DEMOKRATIE D E M O K R AT I E Wahlsonntag: Während sich die Parteien und die Medien mit Hoch- rechnungen beschäftigen, sind die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer in den Gemeinden daran, die Stimmen auszuzählen. 14 Der Bund kurz erklärt 2019 | Direkte Demokratie
Gewaltenteilung 16 Wählen und abstimmen 18 Parteien 20 D E M O K R AT I E 15
Ein Grundprinzip der Demokratie GEWALTENTEILUNG Gewaltenteilung verhindert die Konzentration von Macht bei einzelnen Personen oder Institutionen und schiebt dem Machtmissbrauch einen Rie gel. Die Macht ist auf die drei Staatsgewalten Legislative, Exekutive und Judikative verteilt. Eine Person darf gleichzeitig nur einer der drei Staats gewalten angehören. Die Schweiz hat die Gewaltenteilung mit dem Bun desstaat von 1848 eingeführt. D E M O K R AT I E Die Regierung Die Bundesversammlung setzt Gesetze um erlässt Gesetze NATIONALRAT BUNDESRAT UND VERWALTUNG STÄNDERAT EXEKUTIVE LEGISLATIVE Gesetze umsetzen Gesetze beschliessen Der Bundesrat ist die Regierung der Das Parlament besteht aus dem National- Schweiz. Er führt die laufenden Geschäfte und Ständerat. Die beiden Räte sind gleich und setzt die Gesetzesbeschlüsse des Par berechtigt; zusammen bilden sie die Bun laments um. Jedes der sieben Bundesrats desversammlung. Das Parlament erlässt mitglieder steht e inem Departement vor. Gesetze und überwacht die Geschäfts Zusammen mit der Bundeskanzlei bilden führung des Bundesrats und des Bundes die sieben Departemente die Bundesver gerichts. waltung. 16 Der Bund kurz erklärt 2019 | Direkte Demokratie
Wer wählt wen? In der Schweiz können rund 5,4 Millionen Frauen und Männer an den eidgenössischen Wahlen teilneh- men. Unter 18-Jährige sowie ausländische Staats angehörige haben auf Bundesebene kein Wahlrecht. Das Schweizer Volk wählt das Parlament (Legisla- tive). Das Volk ist somit die oberste politische Instanz der Schweiz. Der Nationalrat repräsentiert die gesamte Bevölkerung, der Ständerat vertritt die 26 Kantone. Die eidgenössischen Wahlen finden alle vier Jahre statt. Das Parlament wählt mehrere Instanzen, nämlich: D E M O K R AT I E • die Exekutive: die sieben Mitglieder des Bundes- rats und die Bundeskanzlerin oder den Bundes- kanzler. Ihre Amtsdauer beträgt vier Jahre; eine Wiederwahl ist möglich. (S. 42) • die Judikative: den Bundesgerichtspräsidenten sowie die Richterinnen und Richter des Bundes gerichts und der drei erstinstanzlichen Gerichte. (S. 80) • den Bundesanwalt: Er leitet die Bundesanwalt- schaft. Diese verfolgt unter anderem Delikte im Die Eidgenössischen Gerichte Zusammenhang mit Sprengstoff und Spionage setzen Gesetze durch sowie Amtsdelikte von Bundesangestellten. www.bundesanwaltschaft.ch Wer kontrolliert wen? Das Parlament hat die Oberaufsicht über den Bun- desrat und die Bundesverwaltung sowie über die eid- 4 GERICHTE genössischen Gerichte und die Bundesanwaltschaft. Die Parlamentsmitglieder wiederum werden vom Volk gewählt. Ihm sind sie Rechenschaft schuldig. JUDIKATIVE Recht sprechen Das Bundesgericht ist das höchste Gericht der Schweiz. Es sorgt für die einheitliche Info-Plattform Demokratie: Anwendung des Rechts und schützt die www.ch.ch/Demokratie Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Zudem entscheidet es als oberste Instanz über Rechtsstreitigkeiten zwischen Bürger und Staat oder Bund und Kantonen. 17
Politische Rechte WÄHLEN UND ABSTIMMEN In kaum einem anderen Staat hat das Volk derart weitrei- chende Mitbestimmungsrechte wie in der Schweiz. Schwei- WAHLRECHT zerinnen und Schweizer, die mindestens 18-jährig sind, dürfen auf nationaler Ebene wählen und abstimmen. Ne- ben den Parlamentswahlen, die alle vier Jahre stattfinden, können sich die Stimmberechtigten bis zu viermal pro Jahr in Volksabstimmungen zu politischen Sachfragen äussern. Wählende Meistens stehen bei einem Urnengang gleich mehrere Vor- lagen zur Diskussion. Über Verfassung und Gesetz Über jede Änderung der Verfassung wird abgestimmt (obligatorisches Referendum). Verfassungsänderungen brauchen die Zustimmung einer Mehrheit des Volks und der Kantone (doppeltes Mehr). Über ein revidiertes oder D E M O K R AT I E neues Gesetz wird hingegen nur abgestimmt, wenn ein fa- kultatives Referendum dies verlangt. Das Gesetz ist ange- National- und Kandidierende Volkswahl Ständerat nommen, wenn das Volk mehrheitlich zustimmt (einfaches Mehr). Wahlen und Abstimmungen 2019 Wählen und gewählt werden 2019 finden die eidgenössischen Abstimmungen an fol- Alle Wahlberechtigten können einerseits Mitglieder genden Sonntagen statt: für das Parlament wählen (aktives Wahlrecht) und 10. Februar, 19. Mai und 24. November. andererseits selbst für einen Parlamentssitz kandi- Jeweils mindestens vier Monate im Voraus legt der Bun- dieren (passives Wahlrecht). Für den Nationalrat desrat fest, welche Vorlagen zur Abstimmung gelangen. sind auch die Auslandschweizerinnen und -schwei- zer wahlberechtigt, in gewissen Kantonen auch für den Ständerat. Videos zu den Abstimmungsvorlagen: www.admin.ch/videos Nationalrat und Ständerat Die 200 Mitglieder des Nationalrats und 46 Mitglie- der des Ständerats werden direkt vom Volk gewählt. Die Wahlen erfolgen alle vier Jahre schriftlich. Einzig in Appenzell Innerrhoden wählt die Landsgemeinde VoteInfo: Die App mit Informationen zu eidgenössischen ihre Vertretung im Ständerat per Handerheben. und kantonalen Abstimmungen Erhältlich im App Store und bei Google Play Eidgenössische Wahlen finden alle vier Jahre statt. Am 20. Oktober 2019 ist es wieder soweit: • Die Wahlbeteiligung bei den eidgenössischen Wahlen 2015 betrug 48 Prozent. • 2015 haben 1308 Frauen und 2480 Männer für den Informationen zu den eidgenössischen Wahlen 2019: Nationalrat kandidiert. www.ch.ch/wahlen2019 • Auf Bundesebene sind die Frauen seit 1971 stimm- und wahlberechtigt. 18 Der Bund kurz erklärt 2019 | Direkte Demokratie
DIREKTDEMOKRATISCHE INSTRUMENTE VOLKSINITIATIVE FAKULTATIVES REFERENDUM JA JA NEIN NEIN NEIN NEIN JA JA NE NE IN IN JA JA D E M O K R AT I E Für eine 100 000 Volks- Gegen eine 50 000 Volks- Verfassungsänderung Unterschriften abstimmung Gesetzesänderung Unterschriften abstimmung Die Verfassung ändern Ein neues Gesetz stoppen Bürgerinnen und Bürger können mit einer Volks Das Parlament verabschiedet neue oder geänderte initiative eine Änderung der Verfassung – nicht aber Gesetze. Bürgerinnen und Bürger können dagegen eines Gesetzes – verlangen. Alle wahlberechtigten und gegen gewisse Staatsverträge ein Referendum Schweizerinnen und Schweizer können eine Volks ergreifen. Auch das Referendumsrecht ist ein wichti- initiative unterzeichnen und in einer Gruppe von ger Bestandteil der direkten Demokratie. mindestens sieben Personen (Initiativkomitee) auch selbst eine Volksinitiative lancieren. 50 000 Unterschriften Wahlberechtigte Schweizerinnen und Schweizer 100 000 Unterschriften können ein Referendum unterzeichnen. Für eine Damit eine Volksinitiative zustande kommt, sind Volksabstimmung sind die gemeinsame Forderung 100 000 gültige Unterschriften nötig. Diese müssen von acht Kantonen (Kantonsreferendum) oder innerhalb von 18 Monaten gesammelt werden. Bun- 50 000 gültige Unterschriften nötig. Diese müssen desrat und Parlament empfehlen eine Annahme oder innerhalb von 100 Tagen gesammelt werden. Die Ablehnung der Volksinitiative. Für eine Zustimmung Vorlage tritt in Kraft, wenn die Mehrheit des Volks ist die Mehrheit von Volk und Kantonen notwendig Ja sagt (einfaches Mehr). Sagt es Nein, gilt das bis- (doppeltes Mehr). Bei einer Annahme erfolgt die herige Recht. konkrete Umsetzung, bei einer Ablehnung gilt das bisherige Recht. • Volksinitiativen gibt es auf Bundesebene seit 1891. • 1874 wurde das Referendum eingeführt. • 215 Volksinitiativen kamen seither zur Abstim- • 187 fakultative Referenden kamen seither zu- mung. 22 wurden angenommen. stande, 80 Vorlagen wurden vom Volk gestoppt. • Am 31.12.2018 waren 12 Initiativen im Sammel • Am 31.12.2018 lief für 24 Bundesgesetze und Bun- stadium, 11 beim Bundesrat oder Parlament hän- desbeschlüsse die Referendumsfrist. Gegen drei gig und eine war abstimmungsreif. Vorlagen wurden Unterschriften gesammelt. 19
Bindeglieder zwischen Volk und Staat PARTEIEN VON LINKS BIS RECHTS Parteien sind für das Funktionieren der Demokratie unent- Linke Parteien befürworten einen ausgebauten Sozial- behrlich: Sie tragen zur politischen Meinungsbildung bei, staat, rechte Parteien setzen vor allem auf eine liberale stellen Kandidierende für öffentliche Ämter und ergreifen Wirtschaftspolitik und auf die Verantwortung jedes Einzel- Initiativen oder Referenden. Parteien unterscheiden sich nen. Neben der Links-rechts-Frage gibt es die Umweltfrage, voneinander durch ihre Auffassungen von Staat, Gesell- die Frage der Öffnung der Schweiz gegenüber Europa und schaft und Wirtschaft. internationalen Organisationen und die Frage der libera- D E M O K R AT I E Links Mi Was heisst «links»? • Ein starker Sozialstaat, der die sozialen Unterschiede ausgleicht • Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Vordergrund • Preiskontrollen, Service public • Mehr Friedenspolitik, weniger Armee 20 Der Bund kurz erklärt 2019 | Direkte Demokratie
len Werte (z. B. gleichgeschlechtliche Partnerschaft). von mehr als zehn Prozent: SVP: 29%, SP: 19%, FDP: 16%, Mitteparteien arbeiten je nach Thema mit linken oder mit CVP: 12%. Diese Parteien sind im Bundesrat vertreten. rechten Parteien zusammen. Die Parteienlandschaft der Schweiz besteht aus vielen Par- Die meisten Parteien gibt es in der ganzen Schweiz. Inner- teien, von denen auf Bundesebene keine die Mehrheit hat. halb der gleichen Parteien bestehen aber je nach Sprach- Vier Parteien erreichen im Nationalrat eine Parteistärke region und Kanton inhaltliche Unterschiede. D E M O K R AT I E I LE G ES A DEI TICIN tte Rechts Was heisst «rechts»? • Freiheit und Selbstverantwortung, Staat greift nur zur Not ein • Interessen der Arbeitgeber im Vordergrund • Freies Unternehmertum, ökonomische Anreize • Starke Landesverteidigung 21
Die zwölf Parteien auf Bundesebene PARTEIEN IN KÜRZE In der Legislatur 2015 – 2019 setzt sich der Nationalrat aus zwölf Parteien zusammen. Sechs davon sind auch im Ständerat vertreten, vier im Bundesrat. Die Parteien auf Bundesebene sind hier kurz vorgestellt. Die Reihen folge entspricht der Anzahl Sitze in der Bundesver sammlung. SVP Schweizerische Volkspartei Parteipräsident Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr Parteipräsident Albert Rösti Sitzanteil gerundet in der Bundesver sammlung Albert Rösti 1971 (BGB 1917) 5 64 2 29% 29% Ständerat 5 Mitglieder: 5 Männer Nationalrat 64 Mitglieder: 13 Frauen und 51 Männer Bundesrat 2 Mitglieder: 2 Männer Gründungsjahr 1971 (BGB 1917) www.svp.ch 13 51 D E M O K R AT I E www.svp.ch SP Sozialdemokratische Partei der Schweiz Parteipräsident Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr Parteipräsident Christian Levrat Sitzanteil gerundet in der Bundesver 1888 Christian Levrat sammlung 12 43 2 22% Ständerat 12 Mitglieder: 4 Frauen und 8 Männer 22% Nationalrat 43 Mitglieder: 24 Frauen und 19 Männer Bundesrat 2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann Gründungsjahr 1888 www.sp-ps.ch 4 8 24 19 1 1 www.sp-ps.ch FDP FDP.Die Liberalen Parteipräsidentin Petra Gössi Parteipräsidentin Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr 1894 (Fusion 2009) Sitzanteil gerundet in der Bundesver Petra Gössi sammlung 13 33 2 19% Ständerat 13 Mitglieder: 1 Frau und 12 Männer 19% Nationalrat 33 Mitglieder: 7 Frauen und 26 Männer Bundesrat 2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann Gründungsjahr 1894 (Fusion 2009) www.fdp.ch 1 12 7 26 1 1 www.fdp.ch CVP Christlichdemokratische Volkspartei Parteipräsident Ständerat Nationalrat Bundesrat Gründungsjahr Parteipräsident Gerhard Pfister Sitzanteil gerundet in der Bundesver sammlung Gerhard Pfister 1912 13 27 1 16% 16% Ständerat 13 Mitglieder: 2 Frauen und 11 Männer Nationalrat 27 Mitglieder: 7 Frauen und 20 Männer Bundesrat 1 Mitglied: 1 Frau Gründungsjahr 1912 www.cvp.ch 2 11 7 20 www.cvp.ch Grüne Grüne Partei der Schweiz Parteipräsidentin Regula Rytz Parteipräsidentin Ständerat Nationalrat Gründungsjahr 1983 Sitzanteil gerundet in der Bundesver Regula Rytz sammlung 1 11 4,8% Ständerat 1 Mitglied: 1 Mann 4,8% Nationalrat 11 Mitglieder: 7 Frauen und 4 Männer Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1983 www.gruene.ch 7 4 www.gruene.ch Je ein Mitglied des Nationalrats und des Ständerats 22 Der Bund kurz erklärt 2019 | Direkte Demokratie gehören keiner Partei an («Parteilose»).
BDP Bürgerlich-Demokratische Partei der Schweiz Parteipräsident Martin Landolt Parteipräsident Ständerat Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 3,3% Ständerat Martin Landolt 2008 1 Mitglied: 1 Mann 1 7 Nationalrat 3,3% 7 Mitglieder: 1 Frau und 6 Männer Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 2008 www.pbd.info 1 6 www.bdp.info glp Grünliberale Partei Schweiz Parteipräsident Jürg Grossen Parteipräsident Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 2,8% 2007 Ständerat Jürg Grossen kein Mitglied 7 Nationalrat 2,8% 7 Mitglieder: 3 Frauen und 4 Männer Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 2007 www.grunliberale.ch 3 4 www.grunliberale.ch EVP Evangelische Volkspartei der Schweiz Parteipräsidentin Marianne Streiff-Feller Parteipräsidentin Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,8% Ständerat Marianne Streiff-Feller 1919 kein Mitglied 2 Nationalrat 0,8% 2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1919 www.evppev.ch 1 1 www.evppev.ch D E M O K R AT I E LdT Lega dei Ticinesi I LE G ES A DEI TICIN Parteipräsident vakant Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,8% 1991 Ständerat kein Mitglied 2 Nationalrat 0,8% 2 Mitglieder: 1 Frau und 1 Mann Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1991 www.lega-dei-ticinesi.ch 1 1 www.lega-dei-ticinesi.ch CSP OW Christlichsoziale Partei Obwalden Parteipräsident Sepp Stalder Parteipräsident Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,4% Ständerat Sepp Stalder 1956 kein Mitglied 1 Nationalrat 0,4% 1 Mitglied: 1 Mann Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1956 www.csp-ow.ch www.csp-ow.ch MCG Mouvement Citoyens Genevois Parteipräsidentin Ana Roch Parteipräsidentin Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,4% Ständerat Ana Roch 2005 kein Mitglied 1 Nationalrat 0,4% 1 Mitglied: 1 Mann Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 2005 www.mcge.ch www.mcge.ch PdA Partei der Arbeit der Schweiz Parteipräsident Gavriel Pinson Parteipräsident Nationalrat Gründungsjahr Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung 0,4% Ständerat Gavriel Pinson 1944 kein Mitglied 1 Nationalrat 0,4% 1 Mitglied: 1 Mann Bundesrat kein Mitglied Gründungsjahr 1944 www.pda.ch www.pda.ch Prozentualer Sitzanteil gerundet in der Bundesversammlung (National- und Ständerat) 23
Legislative PARLAMENT PA R L A M E N T 24 Der Bund kurz erklärt 2019 | Parlament
National- und Ständerat 26 Vernetzung mit der Welt 33 Das Parlament in Zahlen 27 Parlamentsdienste 34 Organisation der Räte 28 100 Jahre Proporz 35 Mechanik des Parlaments 31 Weg zu einem neuen Gesetz 36 Milizparlament 32 Parlamentsgebäude 38 PA R L A M E N T Führung durch die Ausstellung «100 Jahre Proporz» im Parlamentsgebäude. Die Ausstellung ist noch zu sehen bis am 20. Oktober 2019. 25
Zwei Räte – ein Parlament NATIONAL- UND STÄNDERAT Eine Vertretung von Volk und Kantonen Vereinigte Bundesversammlung Das Schweizer Parlament, die Legislative, besteht aus zwei Die Vereinigte Bundesversammlung tagt im Nationalrats- Kammern, die einander gleichgestellt sind und sich doch saal. Während die Mitglieder des Nationalrats an ihren an- unterscheiden: Im Nationalrat, der Grossen Kammer, sit- gestammten Plätzen sitzen, nehmen die Ständerätinnen zen die Volksvertreterinnen und -vertreter, im Ständerat, und Ständeräte an der Rückwand des Saals ihre nach Kan- der Kleinen Kammer, die Kantonsvertreterinnen und -ver- ton angeordneten Sitze ein. Die Leitung hat der oder die treter. Zusammen bilden die beiden Kammern die Verei- jeweilige Vorsitzende des Nationalrats inne. Er oder sie nigte Bundesversammlung. Die 246 Parlamentsmitglieder wird deshalb als höchster Schweizer oder höchste Schwei- stehen für die unterschiedlichen Sprachgemeinschaften, zerin bezeichnet. Parteien, Interessen, Weltanschauungen und Regionen der Schweiz. Zweikammersystem Die 200 Nationalrätinnen und Nationalräte repräsentie- PA R L A M E N T ren die rund acht Millionen Einwohnerinnen und Einwoh- Ein Zweikammersystem ist keine Selbstverständlichkeit – ner der Schweiz – jedes Nationalratsmitglied vertritt also in vielen Ländern gibt es nur eine Parlamentskammer. Wo rund 42 000 Personen. Am grössten ist die Zürcher Dele- es zwei Kammern gibt, hat in der Regel die «grosse» Kam- gation mit 35 Mitgliedern. Da gemäss Bundesverfassung mer, die meist eine Volksvertretung ist, mehr zu sagen als jeder Kanton Anspruch auf mindestens einen Nationalrats die «kleine», die oft die Regionen vertritt. In der Schweiz sitz hat, entsendet auch Appenzell Innerrhoden mit seinen ist das anders: Beide Räte haben dieselben Kompetenzen, 16 000 Einwohnerinnen und Einwohnern einen Volksver- sie behandeln dieselben Geschäfte auf dieselbe Art. Das treter nach Bern. gilt auch für Budgetfragen. Abwechslungsweise berät der eine oder der andere Rat ein Geschäft zuerst. Beide Räte Die 46 Mitglieder des Ständerats repräsentieren ihren müssen übereinstimmende Beschlüsse fassen, damit diese Kanton bzw. Stand. Es sind je zwei pro Kanton, wobei es gültig sind. Auch die einzelnen Mitglieder des Ständerats auch hier eine Ausnahme gibt: Die Kantone Obwalden, und des Nationalrats haben dieselben Rechte: Jeder und Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell jede kann Gesetzesentwürfe oder Aufträge an den Bundes- Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden entsenden als rat einreichen. ehemalige Halbkantone nur je einen Vertreter. Die Mitglie- der des Ständerats werden in direkter Wahl bestimmt. Wegen der unterschiedlichen politischen Zusammenset- zung kommen die Kammern oft nicht zu denselben Ent- National- und Ständerat tagen in der Regel getrennt, scheidungen. Dabei hat auch die Grösse eines Rats ihren gewisse Geschäfte behandeln sie als Vereinigte Bundes Einfluss: Die 46 Mitglieder des Ständerats können sich zu versammlung jedoch gemeinsam. Dazu gehören unter jedem Geschäft spontan äussern, während für die 200 Mit- anderem die Wahl der Mitglieder des Bundesrats und glieder des Nationalrats eine komplexe Redeordnung gilt, der Bundesgerichte. Die Bundesversammlung übt damit – die spontane Voten kaum zulässt. Deshalb ist es im Stän- unter Vorbehalt der Rechte von Volk und Ständen – die derat einfacher als im Nationalrat, mit guten Argumenten oberste Gewalt im Bund aus. Das ist eine Schweizer Beson- eine Abstimmung zu beeinflussen. derheit: Im Unterschied zu anderen Ländern wählt in der Schweiz das Parlament die Regierung und das oberste Bis ein Gesetz in beiden Kammern völlig gleichlautend be- Gericht. Die Entscheide des Parlaments kann kein Gericht schlossen ist, vergeht oft einige Zeit. Wenn es aber einmal überprüfen. Ausserdem kann das Parlament nicht vor beschlossen ist und die Hürde eines eventuellen Referen Ablauf einer Legislatur aufgelöst werden. dums genommen hat, hat es auch Bestand.. Weitere Informationen zum Parlament: www.parlament.ch 26 Der Bund kurz erklärt 2019 | Parlament
Auf einen Blick DAS PARLAMENT IN ZAHLEN Altersgruppen in der Schweizer Frauen und Männer im Parlament Bevölkerung und im Parlament 18 – 30 31 – 40 41 – 50 51 – 60 61 – 70 71+ 1972 1987 2002 2018 200 180 160 % in der Bevölkerung 140 120 % im Parlament 100 80 60 40 20 0 SR NR SR NR SR NR SR NR PA R L A M E N T Frauen Männer Stärke der Fraktionen im Parlament Nationalrat Ständerat SVP SP 7 FDP-Liberale 33 30 CVP Grüne 7 BDP Grünliberale 68 43 13 1 13 12 12 6 1 Film «Erklär mir das Parlament»: www.parlament.ch > Über das Parlament > Wie funktioniert das Parlament? > Film 27
Gewählt – was nun? ORGANISATION DER RÄTE Organe des Parlaments In jeder grösseren Gruppe bedarf es Regeln, so auch im Für die Ratsmitglieder ist es eine schwierige Aufgabe, sich National- und Ständerat: Jedem Ratsmitglied wird ein Sitz- in der Überfülle der Geschäfte, die oft auch eher technische platz zugeteilt, wobei Mitglieder der gleichen Partei in der Fragen behandeln, eine fundierte Meinung zu bilden. Be- Regel beieinander sitzen. An der ersten Sitzung der neuen vor die Geschäfte in den Rat kommen, werden sie deshalb Legislatur wählt jeder Rat seinen Vorsitz und die Mitglie- in den Fraktionen diskutiert: Man versucht, sich auf ein- der des Ratsbüros. Der Ratspräsident oder die Ratspräsi- heitliche Positionen festzulegen, die von den Fraktions dentin leitet die Ratssitzungen. Er oder sie wird dabei vom mitgliedern dann im Rat sowie gegenüber den Medien und Ratssekretariat unterstützt. der Öffentlichkeit vertreten werden. Die Ratsmitglieder stimmen jedoch ohne Weisungen: Es ist jedem Ratsmit- Die Mitglieder einer Partei oder gleichgesinnter Parteien glied freigestellt, bei den Abstimmungen im Rat von der formieren sich zu Fraktionen. Zur Bildung einer Fraktion Fraktionsmeinung oder der Position eines Kantons oder sind mindestens fünf Mitglieder aus einem Rat erforder- eines Verbands abzuweichen. PA R L A M E N T lich. Im Nationalrat haben bei den allermeisten Geschäften nur Mitglieder einer Fraktion das Recht zu sprechen. Zu- Die Kommissionen bbieten Raum, um ausführliche und dem ist dort die Fraktionszugehörigkeit Voraussetzung, vertiefte Diskussionen zu führen, Sachfragen zu klären, um in einer Kommission Einsitz nehmen zu können. Nur Fachleute der Verwaltung, Expertinnen und Experten und wer einer Fraktion angehört, kann also wirksam Politik be- die betroffenen Kreise anzuhören und sich mit den Bun- treiben. Parteien mit weniger als fünf Parlamentsmitglie- desrätinnen und Bundesräten auszutauschen. Sie sind dern bemühen sich deshalb um Anschluss an eine Fraktion. aber auch der Ort, wo ausprobiert werden kann, ob be- Sie werden umgekehrt aber auch umworben. Je grösser stimmte Ideen über Parteigrenzen hinweg mehrheitsfähig nämlich eine Fraktion ist, desto mehr Kommissionssitze sind. stehen ihr zu und desto grösser ist ihr Einfluss im Rat. Sessionsdaten 2019 2.12. – 20.12. Sommer Frühling 4.3 .– 22.3. 3.6. – 21.6. 9.9. – 27.9. Herbst Winter Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Wahl Präsident/-inNationalrat und Ständerat 2020 2.12.2019 Gesamterneuerungswahl Bundesrat und Wahl Bundespräsident/-in und Vizepräsident/-in des Bundesrats 2020 11.12.2019 28 Der Bund kurz erklärt 2019 | Parlament
Zuständigkeiten Die Hauptaufgabe des Parlaments ist es, Gesetze zu be- schliessen. Das Spektrum erstreckt sich vom Ausland- schweizergesetz bis zum Zivildienstgesetz, von Fragen des Allianzen Naturschutzes bis zum Autobahnbau, vom Kriegsmaterial- gesetz bis zur Friedensförderung. Allein bringt keine Fraktion ein Geschäft durch; um zu gewinnen, braucht es Allianzen. Meist teilt sich Das Parlament ist aber auch zuständig für: das Parlament bei strittigen Vorlagen in ein eher bür- • die Freigabe von finanziellen Mitteln (Budget) und die gerliches und ein eher linkes Lager. Damit entschei- Genehmigung der Staatsrechnung des Bundes; det letztlich die politische Mitte über Ja oder Nein, • die Aufsicht über Bundesrat, Verwaltung und Bundes je nachdem, auf welche Seite sie sich schlägt. Ab und gerichte; zu kommt es allerdings auch zu einer sogenannt • die Wahl der Mitglieder des Bundesrats und der Bundes- unheiligen Allianz: Die linke – SP und Grüne – und PA R L A M E N T gerichte sowie des Bundeskanzlers; die rechte Ratsseite – SVP – spannen zusammen, um • völkerrechtliche Verträge, für deren Abschluss nicht der eine Vorlage mit vereinten Kräften, aber aus teils völ- Bundesrat zuständig ist, und lig entgegengesetzten Motiven, grundlegend zu ver- • für die Beziehungspflege zu ausländischen Parlamenten ändern oder gar abzulehnen. Interview mit Nationalratspräsidentin Interview mit Ständeratspräsident Marina Carobbio Guscetti: Jean-René Fournier: www.parlament.ch > Zum Blog www.parlament.ch > Zum Blog Nationalratssaal Ständeratssaal 29
SITZVERTEILUNG NATIONALRAT PA R L A M E N T Wer sitzt wo? Interaktive Darstellung auf www.parlament.ch > Organe > Sitzordnung SITZVERTEILUNG Fraktionen STÄNDERAT SVP Grüne SP BDP FDP-Liberale GLP CVP vakant 30 Der Bund kurz erklärt 2019 | Parlament
Wie man sein Anliegen ein- und durchbringt MECHANIK DES PARLAMENTS Parlamentarische Instrumente Kommissionen Jedes Mitglied von National- und Ständerat kann mit ei- Manch einer staunt vielleicht ob der halbleeren Säle von nem sogenannten Vorstoss die Einführung neuer Verfas- National- und Ständerat. Wenn ein Geschäft im Rat behan- sungsbestimmungen und Gesetze oder deren Änderung delt wird, ist ein Grossteil der parlamentarischen Arbeit beantragen. Es kann Bundesrat und Verwaltung auch jedoch schon gemacht und viele Vorentscheide sind getrof- Berichte in Auftrag geben oder Auskünfte von ihnen ver- fen. Das geschieht in den Kommissionen; dort werden die langen. meisten Geschäfte vorberaten. Jeder Vorstoss bedeutet, dass Bundesrat und Verwaltung Es gibt neun Sachbereichskommissionen, die sich vor Abklärungen treffen und Stellung nehmen müssen, bevor allem mit der Vorberatung von Gesetzen befassen. Ihnen in der zuständigen Kommission und im Rat darüber bera- sind bestimmte Themenkreise wie Verkehr, Rechtsfragen, ten und entschieden wird. Aussen- oder Sozialpolitik usw. zugeordnet. Zusätzlich Damit Vorstösse weiterverfolgt werden, braucht es Mehr- gibt es die Finanzkommission und die Geschäftsprüfungs- PA R L A M E N T heiten: in den vorberatenden Kommissionen, in einem kommission, die sich mit den Bundesfinanzen und der oder gar in beiden Räten. Da Vorstösse aber meistens poli- Geschäftsführung von Bundesrat und Verwaltung befassen tisch umstrittene Themen behandeln, ist es nicht selbstver- und diese überwachen. ständlich, dass dies gelingt. In speziellen Fällen kann eine Parlamentarische Untersu- chungskommission (PUK) bestimmte Vorgänge und Berei- Die parlamentarischen Instrumente werden rege genutzt: che untersuchen. 1996 reichte jedes Ratsmitglied im Schnitt 3,9 Vorstösse ein. 2009, auf dem (vorläufigen) Höhepunkt, waren es be- Im Gegensatz zu den Sitzungen von National- und Stände- reits 9,4. Danach sank die Zahl wieder leicht auf 8 Vorstösse rat sind Kommissionssitzungen nicht öffentlich – die ver- pro Ratsmitglied im Jahr 2011. Das Jahr 2018 stellte mit traulichen Beratungen sollen eine offenere Diskussion 2352 Vorstössen (9,6 pro Ratsmitglied) einen neuen unter den Mitgliedern ermöglichen. Die Kommissionen Höhepunkt dar. informieren die Medien aber nach ihren Sitzungen über die Ergebnisse. Den Kommissionen des Nationalrats gehören je 25 Mitglie- der an, denjenigen des Ständerats je 13. Ihre Zusammen- setzung richtet sich nach der Stärke der Fraktionen. Mit einer parlamentarischen Initiative kann ein Ratsmitglied vorschlagen, dass das Parlament selber Die Kommissionen im Detail: ein Gesetz erlässt, indem es die Idee oder gleich den www.parlament.ch > Organe > Kommissionen Gesetzesentwurf formuliert. Mit einer Motion kann das Ratsmitglied den Ball dem Bundesrat zuspielen und verlangen, dass dieser gesetzgeberisch tätig wird. Mit einem Postulat wird der Bundesrat lediglich be- auftragt zu prüfen, ob ein Gesetzes- oder Beschlusstext Film «Zimmer 286» vorzulegen oder eine Massnahme zu treffen sei, wäh- Kommissionsarbeit hinter verschlossenen Türen: rend eine Interpellation vom Bundesrat Auskunft www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Links > Film über Angelegenheiten des Bundes verlangt. 31
Vom Arbeitsplatz ins Bundeshaus MILIZPARLAMENT Teilzeitmandat Das Schweizer Parlament ist ein sogenanntes Milizparla- ment: Seine Mitglieder widmen zwar ihrem Parlaments- mandat viel Zeit, die meisten gehen jedoch weiterhin einer Geregeltes Einkommen beruflichen Tätigkeit nach. Wegen dieser hohen Arbeits- belastung gibt es Stimmen, die das Milizsystem hinter Gesetz und Verordnung regeln die Bezüge der Parla- fragen und – auch wegen der steigenden Anzahl und der mentarierinnen und Parlamentarier: thematischen Vielfalt der Geschäfte – ein Berufsparlament fordern. Dem wird entgegengehalten, Teilzeitparlamenta- • Das Jahreseinkommen für die Vorbereitung der rierinnen und -parlamentarier seien volksnäher und könn- Ratsarbeit beträgt 26 000 Franken. ten aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen wertvolles • Pro Sitzungstag im Rat, in der Fraktion oder in Fachwissen in die Diskussionen einbringen. Kommissionen wird ein Taggeld von 440 Franken entrichtet. PARLAMEN T Die Ratsmitglieder verbringen viele Tage in Bern. Zur Prä- • Die Jahresentschädigung für Personal- und Sach senz während der Sessionen sind noch die Sitzungstage in ausgaben beläuft sich auf 33 000 Franken. den Kommissionen zu rechnen. Die Mitglieder des Natio- • Dazu kommen Entschädigungen für Mahlzeiten, nalrats sitzen in ein bis zwei, diejenigen des Ständerats in Reise- und Übernachtungskosten. drei bis vier Kommissionen. Das bedeutet, dass die Natio- • Ein Ratsmitglied, das einen Rat präsidiert oder nalrätinnen und Nationalräte an weiteren 30 bis 50 Tagen ein Vizepräsidium innehat, erhält eine zusätzli- und die Ständerätinnen und Ständeräte an 40 bis 70 Tagen che Entschädigung. in die Bundeshauptstadt reisen müssen. Neben diesem Einkommen und den Spesenentschä- digungen erhalten die Ratsmitglieder einen Beitrag Berufliche Vielfalt an die berufliche Vorsorge. Auf dem Einkommen sind AHV/IV/EO/ALV- Zwar geben bereits rund 18 Prozent der Nationalräte bzw. Beiträge zu leisten; das Einkommen der Ratsmitglie- 40 Prozent der Ständeräte an, Berufspolitiker zu sein, die der ist zudem zu versteuern. meisten Parlamentarier sind aber auch noch anderweitig Auf Entschädigungen sind keine Sozialbeiträge zu aktiv. Dabei reicht das Berufsspektrum von der Ärztin oder leisten, sie sind steuerfrei. der Anwältin über den Handwerker und den Unternehmer bis hin zum Verbandspräsidenten. Aber auch Bauern, Ban- www.parlament.ch > Organe > Bezuege ker und Gemeindepolitikerinnen nehmen Einsitz im Parla- ment. 32 Der Bund kurz erklärt 2019 | Parlament
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