LANDWIRTSCHATS-BEIZIEHUNGER EU-AFRIKA: WIE GEHT ES - SPECIAL REPORT | DEZEMBER 2020 Euractiv

Die Seite wird erstellt Anja Thiele
 
WEITER LESEN
LANDWIRTSCHATS-BEIZIEHUNGER EU-AFRIKA: WIE GEHT ES - SPECIAL REPORT | DEZEMBER 2020 Euractiv
LANDWIRTSCHATS-
BEIZIEHUNGER
EU-AFRIKA:
WIE GEHT ES
SPECIAL REPORT | DEZEMBER 2020

https://eurac.tv/9Smm

                 Mit der Unterstützung von
LANDWIRTSCHATS-BEIZIEHUNGER EU-AFRIKA: WIE GEHT ES - SPECIAL REPORT | DEZEMBER 2020 Euractiv
LANDWIRTSCHATS-
BEIZIEHUNGER
EU-AFRIKA:
WIE GEHT ES

SPECIAL REPORT
                        Die Europäische Union gestaltet ihren Umgang mit
https://eurac.tv/9Smm   Afrika neu – in der Hoffnung, langfristig nachhaltige
                        Nahrungsmittelsysteme zu fördern und den Menschen
                        vor Ort zu helfen, mit den Auswirkungen der COV-
                        ID-19-Pandemie umzugehen.

                        Die Klimaziele, die in den Green Deal der EU eingebe-
                        ttet sind, haben das Thema Nachhaltigkeit ganz oben
                        auf die Afrika-Agenda der Union gebracht. Das gilt
                        auch für den Bereich Landwirtschaft.

                        Die Herausforderungen für die Landbevölkerung, die
                        durch die Pandemie entstanden sind, sowie die Not-
                        wendigkeit, lokale Lebensmittel besser zu schützen,
                        sollen ebenfalls im Fokus der künftigen EU-Aktivitäten
                        in Afrika stehen.

                        In diesem Special Report bietet EURACTIV einen
                        Überblick über die neuen Prioritäten der EU-Afri-
                        ka-Partnerschaft und wagt einen Blick in die Zukunft.
LANDWIRTSCHATS-BEIZIEHUNGER EU-AFRIKA: WIE GEHT ES - SPECIAL REPORT | DEZEMBER 2020 Euractiv
Inhalt
 Wegen Pandemie und Klimazielen: Agrar-Beziehungen zu
                              Afrika sollen sich ändern      4
   UN-Vertreter: Afrika braucht seine eigene Farm-to-Fork-
                                                 Strategie   6
EU-Afrika-Beziehungen: Geschützte Ursprungsangaben als
                                   Entwicklungsmotor?        9
      Für einen Wandel im Lebensmittelsystem braucht es
                   europäisch-afrikanische Partnerschaft     11
Kritik an GAP-Auswirkungen auf Entwicklungsländer nicht
                                         gerechtfertigt?
                                                             13
LANDWIRTSCHATS-BEIZIEHUNGER EU-AFRIKA: WIE GEHT ES - SPECIAL REPORT | DEZEMBER 2020 Euractiv
4      SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV

  Wegen Pandemie und Klimazielen:
  Agrar-Beziehungen zu Afrika sollen
             sich ändern
                                  V o n : B e n j a m i n F o x | E U R A C T I V. c o m

                               Viele afrikanische Staaten haben die virusbedingte Unterbrechung von Lebensmittelimporten genutzt, um
                                der heimischen landwirtschaftlichen Produktion und der Ernährungssicherheit Priorität einzuräumen.
                                                                       [SHUTTERSTOCK/PINTO]

A
        ngesichts    der    weiterhin     afrikanischen Ernährungssicherheit,                      Zu den Prioritäten der Taskforce
        grassierenden Coronavirus-        die Vermittlung und Weitergabe von                    gehören nun sowohl die Auswirkungen
        Pandemie        und       den     Fähigkeiten, die Anpassung an den                     der COVID-19-Pandemie als auch
verschärften Klimazielen der EU soll      Klimawandel und Investitionen in das                  die Umstellung auf ehrgeizigere
sich nun auch die Kooperation mit den     „Agribusiness“ des Kontinents.                        Klimaziele im Zusammenhang mit
afrikanischen Staaten verändern.                                                                dem Green Deal der EU.
                                             Anfang dieses Jahres hat sich
   Als die Europäische Kommission         das Mandat nun erweitert; und                            Als die Pandemie im März
und die Afrikanische Union (AU)           insbesondere die Arbeit an den Zielen                 2020 erstmals Europa und Afrika
im Mai 2018 eine zwölfköpfige             für die kommerzielle afrikanische                     erreichte, gab es zunächst vor allem
gemeinsame Taskforce für das              Agrarwirtschaft wurde durch die                       Befürchtungen, dass die afrikanische
ländliche Afrika einrichteten, waren      COVID-19-Pandemie beschleunigt.                       Agrarproduktion       durch       die
ihre Prioritäten die Förderung der                                                              Unterbrechung der Lieferketten stark

                                                                                                Fortsetzung auf Seite 5
LANDWIRTSCHATS-BEIZIEHUNGER EU-AFRIKA: WIE GEHT ES - SPECIAL REPORT | DEZEMBER 2020 Euractiv
SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV                              5

Fortsetzung von Seite 4

beeinträchtigt werden würde.              Grundnahrungsmitteln wie Reis              die Europäische Kommission ein
                                          und Mais verzeichnen. „Die COVID-          Unterstützungspaket       von   180
    Bei     der     ersten    Sitzung     19-Pandemie ist eine einmalige             Millionen Euro für Kleinbauern und
einer       Taskforce      zu     den     Gelegenheit für Ghana, um die              Fischer in Tunesien an. Im November
Auswirkungen        von      COVID-19     Nahrungsmittelproduktion         zu        wurde ein ähnliches Förderprogramm
auf     die    Lebensmittelsicherheit     optimieren, um den heimischen              in Höhe von 38 Millionen Euro
und      Ernährung       in    Afrika,    Bedarf zu decken, um unsere Exporte        für Angolas Landwirte aufgelegt,
die von der Ernährungs- und               zu steigern und um Arbeitsplätze           um damit Mais-, Bohnen- und
Landwirtschaftsorganisation       der     zu schaffen,“ fasste der ghanaische        Sorghumsaatgut sowie Düngemittel,
Vereinten Nationen (FAO) und              Landwirtschaftsminister      Owusu         Arbeitsgeräte und andere kleinere
der Afrikanischen Union im Mai            Afriyie Akoto bereits zusammen.            Ausrüstungsgegenstände zu kaufen.
einberufen wurde, betonte Wolfgang
Burtscher von der Generaldirektion           „Wir    sehen,   dass     immer             Andernorts konzentrieren sich
Landwirtschaft der EU-Kommission          mehr      Unternehmen     in    die        Initiativen wie die Europe-Africa
die Bedeutung des Handels und             Lebensmittelproduktion einsteigen,“        Research & Innovation Partnership
die Rolle der Regierungen, die            erklärte auch Botswanas Ministerin         on Food and Nutrition Security
sicherstellen müssten, dass die           für Handel und Investitionen, Peggy        and       Sustainable  Agriculture
Lieferketten nicht unterbrochen           Serame, im Gespräch mit EURACTIV.          (FNSSA) auf Afrikas langfristigen
werden.                                   com.                                       Landwirtschaftssektor.

   Im       April      bezeichneten           Gleichzeitig folgen die Preise für        Die EU und die AU hatten im Juni
die FAO und die AU das                    Grundnahrungsmittel nicht dem              darüber hinaus eine gemeinsame
Lebensmittelversorgungssystem             Preisverfall, den andere Rohstoffe         Agrar- und Ernährungsplattform ins
als „einen wesentlichen Dienst,           erlebten.     Afrika     verzeichnete      Leben riefen, die den afrikanischen
der in Zeiten von Lockdown,               außerdem lediglich einen leichten          und    europäischen      Privatsektor
Notstand,     Ausgangssperre    und       Anstieg seines Agrarhandels, da die        miteinander vernetzen soll, um so
anderen Eindämmungsmaßnahmen              Länder meist versuchen, ihre eigenen       nachhaltige Investitionen in den
weiter funktionieren muss“. Nur           Nahrungsmittelbestände zu halten.          Agrarbereich zu fördern.
so könne sichergestellt werden,
dass      die     landwirtschaftlich         „Das Problem sind nicht die                 „Landwirtschaft ist Biologie, und
geprägten Kommunen und die                Vorräte oder die Produktion, sondern       unsere Landwirtschaft ist nur so gut
Lebensmittelversorgung            im      der Transport dieser Produkte,“ stellt     wie unsere Wissenschaft. Das Forum
Allgemeinen geschützt werden.             Arif Husain, der Chefökonom des UN-        für Agrarforschung in Afrika (FARA)
                                          Welternährungsprogramms, fest.             treibt das Ziel der Afrikanischen
    Geschichten       und     Hinweise                                               Union voran, die Anwendung von
aus einer Reihe von afrikanischen             Die Weltbank warnt weiter, dass        Wissenschaft und Technologie zu
Ländern deuten nun allerdings darauf      eine tiefgehende Unterbrechung             stärken, um den landwirtschaftlichen
hin, dass diese trotz des tatsächlichen   der Produktions- und Lieferketten          Wandel in Afrika zu beschleunigen,“
Rückgangs der landwirtschaftlichen        nach wie vor „eine Krise der               erklärte außerdem Yemi Akinbamijo,
Produktion (um bis zu 25 Prozent) die     Ernährungssicherheit“ in Afrika            Exekutivdirektor des FARA.
Pandemie und die damit verbundene         auslösen könnte. Wenn es zu weiteren
Unterbrechung ihrer Versorgung            Handelsbeschränkungen kommen                   Er weiß: „Als Nachbarn und
mit Lebensmittelimporten vielmehr         sollte, prognostiziert sie einen           zunehmend auch als Handelspartner
genutzt haben, um der heimischen          Rückgang der landwirtschaftlichen          haben Europa und Afrika viele
landwirtschaftlichen Produktion und       Produktion um bis zu sieben                gemeinsame Interessen und können
der Ernährungssicherheit Priorität        Prozent und einen Rückgang der             viel voneinander lernen, wenn es
einzuräumen.                              Lebensmittelimporte um 25 Prozent.         darum geht, die Herausforderungen
    Ghana ist eines von mehreren              Die EU stellt ihrerseits unterdessen   der     Zukunft     für     unsere
afrikanischen Ländern, die in             finanzielle      Unterstützung      und    Ernährungssysteme zu meistern.“
letzter Zeit einen Anstieg der            technische Hilfe zur Verfügung. Erst
nationalen        Produktion        von   in der vergangenen Woche kündigte
LANDWIRTSCHATS-BEIZIEHUNGER EU-AFRIKA: WIE GEHT ES - SPECIAL REPORT | DEZEMBER 2020 Euractiv
6      SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV

                                                         IN TERVIEW

     UN-Vertreter: Afrika braucht seine
      eigene Farm-to-Fork-Strategie
               V o n : G e r a r d o F o r t u n a | E U R A C T I V. c o m | t r a n s l a t e d b y T i m S t e i n s

                                                                Dr. Donal Brown vom Internationalen Fonds für landwirtschaftliche
                                                                               Entwicklung der UN (IFAD). [IFAD]

A
        frika brauche eine „Farm to          Management beim Internationalen Fonds                  In Afrika hat die COVID-19-
        Fork“-ähnlich Strategie, um          für landwirtschaftliche Entwicklung der            Pandemie gezeigt, wie abhängig
        seine Lebensmittelsysteme            UN (IFAD).                                         die Welt von Kleinbauern ist, und
nachhaltiger zu gestalten, so ein                                                               gleichzeitig die Verwundbarkeit der
hoher Beamter des Fonds der                  Mit ihrer Farm-to-Fork-Strategie (F2F,             Nahrungsmittelsysteme sowie der
Vereinten Nationen für ländliche             dt. auch „Vom Hof auf den Tisch“)                  Leben und der Existenzgrundlage von
Landwirtschaft. Die EU könne ein             versucht die EU-Kommission, die                    Kleinproduzenten verdeutlicht. Ein
Orientierungspunkt sein und im               europäischen Lebensmittelsysteme zu                Großteil von ihnen lebt in Armut und
Zentrum dieses Wandels stehen.               einem globalen Standard im Bereich                 hat aktuell kaum Lebensmittel auf
                                             Nachhaltigkeit zu machen. Glauben                  dem Tisch.
   Dr. Donal Brown ist stellvertretender     Sie, dass dieses F2F-Modell nach
Vizepräsident der Abteilung Programm-        Afrika „exportiert“ werden kann?                       Es liegt auf der Hand, dass wir

                                                                                                Fortsetzung auf Seite 7
LANDWIRTSCHATS-BEIZIEHUNGER EU-AFRIKA: WIE GEHT ES - SPECIAL REPORT | DEZEMBER 2020 Euractiv
SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV                             7

Fortsetzung von Seite 6

in     Afrika     Ernährungssysteme        dazu geführt, dass viele Kleinbauern     bei der Koordinierung einer möglichst
brauchen, die in gewisser Weise der        ihre Ernte nicht verkaufen konnten       internationalen Reaktion für den
„Farm to Fork“-Vision folgen, die          und somit kein Einkommen hatten.         Wiederaufbau nach der Pandemie?
also nachhaltig und klimaangepasst
sind, die ausreichend nahrhafte               Außerdem haben viele Tagelöhner           Es gibt wahrscheinlich zwei
Lebensmittel für alle bereitstellen –      und andere informell Tätige ihre         besondere Herausforderungen. Die
auch für diejenigen, die sie produzieren   Arbeit verloren. Frauen und junge        erste besteht darin, schnell, flexibel
– sowie Ernährungssysteme bieten,          Menschen waren dabei in der Regel        und effektiv zu reagieren. Dazu haben
die effizient und widerstandsfähig         am stärksten betroffen, da sie am        wir viele unserer internen Abläufe
sind. Um dies zu erreichen, braucht        häufigsten informell beschäftigt sind.   vereinfacht, um unsere bestehenden
es politischen Willen, Wissen und                                                   Investitionsprojekte        möglichst
finanzielle Ressourcen.                    Was müsste getan werden, um              schnell umzuwidmen. Außerdem
                                           Unterstützung für den Wiederaufbau       haben wir dank der Unterstützung
    Die    Kommission      und     die     möglichst zielgenau einzusetzen?         von Kanada, Deutschland, den
EU-Mitgliedstaaten           könnten                                                Niederlanden, Schweden und der
bei     der     Umgestaltung       der        Während Nothilfeorganisationen        Schweiz zusätzliche Mittel im Rahmen
Lebensmittelsysteme      in    Afrika      Hilfe leisten, damit hungernde           einer „Fazilität zur Unterstützung
eine     zentrale   Rolle     spielen,     Menschen      jetzt    Zugang      zu    der     armen       Landbevölkerung“
indem sie eine Führungsrolle               Nahrungsmitteln haben, ist es            (Rural Poor Stimulus Facility, RPSF)
übernehmen, Wissen weitergeben             ebenso wichtig, sicherzustellen,         in Höhe von 74 Millionen Euro
und lokale Lösungen fördern sowie          dass es in Zukunft keine hungernden      mobilisiert. Diese soll Aktivitäten
umfangreiche finanzielle Mittel für        Menschen mehr gibt. Um auf diese         finanzieren, die es Kleinerzeugern
die landwirtschaftliche Entwicklung        Herausforderung      zu    reagieren,    ermöglichen,      ihre   Produktions-
bereitstellen. Das würde auch zum          hat der IFAD Kleinbauern in              und Vermarktungskapazitäten zu
Kampf gegen extreme Armut und              Afrika dabei unterstützt, Zugang         bewahren.
Hunger sowie zur Erreichung der            zu     Betriebsmitteln,     Märkten,
Ziele für nachhaltige Entwicklung          Informationen und Finanzmitteln              Eine zweite Herausforderung
(SDGs) beitragen.-                         zu erhalten, die sie benötigen, um       bestand und besteht darin, die
                                           weiterhin Nahrungsmittel anzubauen       Bedingungen       in    abgelegenen
Welche           Herausforderungen         und zu verkaufen.                        ländlichen Gebieten genau zu
ergeben sich aus der Pandemie                                                       verstehen     und    sicherzustellen,
für die Landbevölkerung auf dem                Aber es muss noch mehr getan         dass       unsere      Bemühungen
afrikanischen Kontinent?                   werden. Es ist wichtig, in die           und Lösungsansätze auch den
                                           Stärkung der Widerstandsfähigkeit        tatsächlichen Problemen der armen
   Während          sich        die        der Landbevölkerung in den ärmsten       Kleinerzeuger entsprechen. Hier
gesundheitlichen Auswirkungen der          Ländern Afrikas zu investieren, damit    haben wir uns weniger auf Daten
Pandemie in den ländlichen Gebieten        sie diese Krise überstehen, ihr Leben    gestützt – denn die gab es einfach
Afrikas bisher in Grenzen halten,          schnell wieder aufbauen können und       nicht – und mehr auf das lokale
haben die wirtschaftlichen Effekte         künftige Schocks überstehen.             Wissen unserer Mitarbeitenden und
zweifellos zu einem Anstieg von                                                     Partner vor Ort.
Armut und Hunger geführt.                      Ohne      Unterstützung     droht
                                           vielen afrikanischen Ländern ein         Welchen Eindruck haben Sie von
   Ländliche Kommunen in Afrika            verlorenes Jahrzehnt: Hunger und         der EU-Zusammenarbeit in und mit
und    deren     Bevölkerung     sind      Armut könnten weitere Konflikte und      Afrika?
besonders gefährdet, da die Menschen       Instabilität auslösen sowie Millionen
ohne wirtschaftliche Sicherheitsnetze      junger Menschen zur Migration               In den vergangenen sieben Jahren
von der Hand in den Mund leben.            zwingen.                                 haben der IFAD und die EU ihre
Bewegungseinschränkungen                                                            Kräfte in wichtigen Bereichen von
und   andere      Maßnahmen       zur      Was sind für Finanzinstitutionen wie     gemeinsamem und strategischem
Eindämmung der Pandemie haben              die Ihre die größten Herausforderungen   Interesse gebündelt.

                                                                                    Fortsetzung auf Seite 8
8      SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV

Fortsetzung von Seite 7

    Dazu gehören zum Beispiel            Die EU und IFAD arbeiten auch            das Wissen und die Fähigkeiten
Agrarforschung mit Fokus auf             im Rahmen des sogenannten Agri-          entwickeln, um die mit Technologien
arme Menschen, Überweisungen             Business Capital (ABC) Fonds in Afrika   und Finanzierungen verbundenen
für    Entwicklung,   Unterstützung      zusammen. Was genau ist das?             Möglichkeiten zu nutzen.
für     Bauernorganisationen    und
Netzwerke, Partnerschaften zwischen         Der ABC Fund ist ein unabhängiger        Gerade Internet- und neue
dem öffentlichen und dem privaten        Impact Fund, der in Kleinbauern sowie    Computertechnologien können eine
Sektor sowie Risikomanagement in         kleine und mittlere Unternehmen          entscheidende Rolle dabei spielen,
der Landwirtschaft.                      im ländlichen Raum investiert.           diese Brücke zu schlagen. Ein Beispiel:
                                         Diese sehen sich immer wieder            Mit Mobiltelefonen – auch ohne
   Als Ergebnis der gemeinsamen          Schwierigkeiten ausgesetzt, Zugang zu    Internetzugang – könnten Landwirte
Zusammenarbeit gibt es inzwischen 17     Finanzmitteln zu erhalten, um ihren      auf Beratungsdienste zugreifen, die
laufende Vereinbarungen im Wert von      Betrieb weiter zu entwickeln.            Tipps zur Produktivitätssteigerung,
246 Millionen Euro.                                                               oder zur Gesunderhaltung des
                                            Seit Beginn der Investitionen Ende    Viehbestands oder auch aktuelle
   Durch die Zusammenarbeit treiben      2019 hat der Fonds Bauernkooperativen    Wetterinformationen anbieten.
die EU und der IFAD Innovationen         in der Elfenbeinküste, kleine und
in diesen Bereichen voran und            mittelgroße         Agrarunternehmen         Gleichzeitig   hat    sogenanntes
haben insbesondere in Afrika, aber       in Burkina Faso und Ghana sowie          „Mobiles Geld“ der ländlichen
auch darüber hinaus, neue Ansätze        Finanzinstitute in Ecuador, Kenia        Bevölkerung neue Wege zum Zugang
entwickelt, die inzwischen als           und Uganda, die ihrerseits Kredite       zu Finanzdienstleistungen eröffnet:
entscheidend für das Erreichen der       an Kleinbauern vergeben, mit einem       Die M-Pesa-Initiative hat fast 146
SDGs angesehen werden.                   Gesamtwert von rund zehn Millionen       Millionen aktive Nutzerinnen und
                                         Euro unterstützt.                        Nutzer in Afrika südlich der Sahara.
Könnten Sie uns ein Beispiel nennen?                                              Sie macht ganze zehn Prozent der BIP-
                                            In Burkina Faso zum Beispiel gab      Flüsse in der Region aus.
   Eine der Initiativen ist der Yield    es Kredite für einen Cashew-Nuss-
Uganda Investment Fund, eine             Verarbeiter, der nach Europa und in
Partnerschaft zwischen öffentlichen      die USA exportiert. Damit konnte
und privaten Investoren, die mit EU-     für über 1.200 Produzenten via Bio-
Mitteln über den IFAD eingerichtet       und        Fair-Trade-Zertifizierungen
wurde.                                   Marktzugang sowie sehr gute Preise
                                         gesichert werden. Die meisten dieser
    Der Fonds bietet innovative und      Produzenten waren Frauen.
maßgeschneiderte      Finanzlösungen
unter Einsatz von Eigenkapital,          Welche Innovationen im Bereich
Semi-Eigenkapital und Fremdkapital       Landwirtschaft      könnte     die
für    kleine     und     mittelgroße    Landbevölkerung Ihrer Ansicht nach
landwirtschaftliche Unternehmen und      brauchen?
Bauernkooperativen vor Ort.
                                            Kleinerzeuger benötigen eine
    Dies erzielt eine Wirkung, indem     ganze Reihe von Innovationen – von
die Gründung neuer Unternehmen           landwirtschaftlichen   Technologien
oder Produktlinien in Uganda             auf dem Hof über Finanzierungen
erleichtert, Märkte geschaffen und       bis hin zur Marktgestaltung – um
Dienstleistungen für Kleinerzeuger       lebensfähige,        marktorientierte
angeboten      werden.    Gleichzeitig   Erzeuger und Unternehmer zu
werden auch Arbeitsplätze für Frauen     werden. Sie müssen auch Zugang
und Jugendliche geschaffen.              zu Informationen erhalten sowie
SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV                                                   9

       EU-Afrika-Beziehungen:
   Geschützte Ursprungsangaben als
         Entwicklungsmotor?
                V o n G e r a r d o F o r t u n a | E U R A C T I V. c o m | t r a n s l a t e d b y T i m S t e i n s

                                         Penja-Pfeffer aus Kamerun könnte das erste anerkannte g.U.-Produkt in der EU werden, das aus
                                                         Subsahara-Afrika stammt. [SHUTTESTOCK/JEANLUCICHARD]

D
         ie lange Tradition und               und    in   festgelegten   Regionen                    der Europäischen Kommission, für
         enorme Vielfalt afrikanischer        produziert werden können. Dadurch                      die Wirtschaftsdaten von insgesamt
         Agrarprodukte könnte von             würden Qualität und einzigartige                       3.207 g.U.-geschützten Produkten aus
einem Sonderschutz in Form von                Eigenschaften    der    Lebensmittel                   der gesamten EU gesammelt wurden,
offiziellen Herkunftsbezeichnungen            gesichert.                                             ergab, dass diese Produkte einen
profitieren. Derartige geografische                                                                  Verkaufswert von 74,76 Milliarden
Ursprungsbezeichnungen            sind            Für europäischen Bürgerinnen                       Euro erzielen.
zumindest ein Instrument, das                 und Bürger sind solche Erzeugnisse
den EU-Produzenten sehr ans Herz              mit den roten und blauen Etiketten                         Derartig geschützte Produkte
gewachsen ist.                                für    lokale    Spezialitäten   im                    stellen somit eine Erfolgsgeschichte
                                              Supermarktregal    ein     gewohnter                   dar – und die EU möchte sie weltweit,
    Im Laufe der Jahre hat sich in den EU-    Anblick. Die Produktnamen sind                         insbesondere nach Afrika, exportieren
Länder das Konzept der geschützten            darüber hinaus in das EU-System                        und dort fördern.
Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und             der    geistigen    Eigentumsrechte
geschützten geografische Angaben              aufgenommen, wodurch sie rechtlich                        Die Afrikanische Union (AU) hat
(g.g.A.) immer stärker durchgesetzt.          vor Nachahmung oder illegaler                          die UN-Lebensmittelagentur FAO
Dieses soll die Namen bestimmter              Nutzung geschützt sind.                                ihrerseits bereits um Unterstützung
Produkte so schützen, dass diese                                                                     dabei     gebeten,  ebenfalls   eine
nur nach gewissen Methoden                        Eine kürzlich erschienene Studie                   kontinentweite      Strategie    für

                                                                                                     Fortsetzung auf Seite 10
10     SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV

Fortsetzung von Seite 9

derartige Angaben zu entwickeln.           Biodiversität auf dem afrikanischen          Eine weitere geplante Aktion ist
Es ist ein Aufruf, der von anderen         Kontinent beitragen könnten, da           die Veröffentlichung eines Handbuchs
globalen Institutionen aufgegriffen        traditionelle   Produktionsmethoden       über g.U.-geschützte Produkte in
wurde, darunter die Europäische            ohne den zusätzlichen „Boost“ durch       Afrika, das von der AU und der EU-
Kommission,      die    französische       diese Form des Schutzes aufgegeben        Kommission gemeinsam finanziert
Agentur für Entwicklung (AFD) und          und vergessen werden könnten.             werden soll.
die Weltorganisation für geistiges
Eigentum (WIPO).                               Aus Umweltsicht könnte eine              Seit dem Start der g.U.-Strategie
                                           starke Abhängigkeit von bestimmten        der Afrikanischen Union im Jahr 2017
    Die erarbeitete Strategie für          Produkten jedoch auch Monokulturen        wurde in der DG AGRI ein Ausschuss
geografische Angaben in Afrika             verstärken. Daher unterstützt die         eingerichtet, der die Umsetzung der
wurde schließlich im Oktober 2017          FAO Praktiken, diese Lebensmittel         Strategie begleitet. Er setzt sich aus
vorgelegt. Sie erhielt die unmittelbare    mit Methoden wie Agrarökologie            der Kommission der Afrikanischen
Unterstützung der EU, die die Angaben      zu     produzieren,   die   weniger       Union (AUC), den beiden afrikanischen
als Teil des Protokolls zu den geistigen   Auswirkungen auf die Umwelt haben.        Ämtern für geistiges Eigentum (OAPI
Eigentumsrechten der Afrikanischen                                                   und ARIPO) und der Europäischen
Kontinentalen           Freihandelszone       Laut Slattery von der FAO sind         Kommission zusammen.
(AfCFTA) betrachtet – ein wichtiges        geschützte Produkte auch auf sozialer
Vorzeigeprojekt der AU, bei dem            Ebene vorteilhaft: Da sie traditionelle      FAO, WIPO und EUIPO sind als
sich die EU verpflichtet hat, volle        Arbeitsweisen      und     Erzeugnisse    Beobachter ebenfalls eingespannt.
Unterstützung zu leisten.                  fördern, werde die Bauernschaft stolzer
                                           auf das, was sie produziert. Darüber          Die Umsetzung der Strategie hat
                                           hinaus kann die Rolle von Frauen, die     letztendlich das Ziel, die Probleme beim
   CHANCE FÜR DIE                          für die landwirtschaftliche Produktion    internationalen Schutz geschützter
   ENTWICKLUNG-                            in Entwicklungsländern entscheidend       Produkte      zu     beheben,     indem
   SZUSAMMENARBEIT?                        sind, gestärkt werden.                    einheitliche Regeln und Praktiken
                                                                                     durchgesetzt werden. Dies soll den
    Der       Schutz       bestimmter         BEMÜHUNGEN DER EU                      Handel fördern und die Positionierung
Produkte könnte helfen, die reiche                                                   afrikanischer Produkte auf regionalen,
landwirtschaftliche Tradition Afrikas          Im Hinblick auf den bevorstehenden    kontinentalen und internationalen
zu bewahren und zu fördern, einen          6. AU-EU-Gipfel im kommenden Jahr hat     Märkten verbessern.
rechtlichen Rahmen für geistiges           die Generaldirektion Landwirtschaft
Eigentum zu schaffen und gleichzeitig      der EU-Kommission (DG AGRI) einige           Die EU-Exekutive hat außerdem
zur    ländlichen    Entwicklung   in      konkrete Maßnahmen zu geschützten         Mittel bereitgestellt, um zusammen
afrikanischen Ländern beizutragen.         Produkten vorgeschlagen, die alle vom     mit dem EUIPO ein internationales
                                           Amt der EU für geistiges Eigentum         Kooperationsprojekt namens AfrIPI
    „Es ist ein sehr langer Prozess,       (EUIPO) unterstützt werden. Das EUIPO     zu starten. Es zielt auf die Schaffung,
aber       geografische      Angaben       ist für die Verwaltung und den Schutz     den Schutz und die Durchsetzung von
stellen     ein     wirklich     gutes     von Marken im EU-Binnenmarkt              geistigen Eigentumsrechten in ganz
Werkzeug für die Entwicklung               zuständig.                                Afrika ab.
dar. Und wenn sie erfolgreich
sind, können sie der gesamten                  Eine dieser Maßnahmen wäre
Lebensmittelwertschöpfungskette,           die umgehende Registrierung von
einschließlich der Kleinbauern, einen      Penja-Pfeffer aus Kamerun als g.U.-
Nutzen bringen,“ zeigt sich auch           Produkt in der EU. Es wäre das erste
Sibylle Slattery, Projektkoordinatorin     derartige in der EU zugelassene
in der Abteilung Lebensmittel und          Erzeugnis aus Subsahara-Afrika sowie
Ernährung der FAO, im Gespräch mit         das erste Produkt mit geschützter
EURACTIV.com überzeugt.                    Ursprungsangabe       aus     einem
                                           afrikanischen Land – mit Ausnahme
   Sie fügt hinzu, dass geschützte         Südafrikas.
Produkte auch zum Erhalt der
SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV                                               11

                 Für einen Wandel im
            Lebensmittelsystem braucht
             es europäisch-afrikanische
                    Partnerschaft
                                 V o n : N a t a s h a F o o t e | E U R A C T I V. c o m

                                                           Es gibt Kritik, dass gerade die Zivilgesellschaft von den Diskussionen
                                                             zwischen der EU und der AU ausgeschlossen wird. [Shutterstock]

N
        ach    der     Coronavirus-     (FANRPAN), betonte während einer                       Die       Bewältigung       dieser
        Pandemie      werde      die    Veranstaltung über die mögliche                     Herausforderungen sowie derjenigen,
        Zusammenarbeit    zwischen      Rolle einer nachhaltigen europäisch-                die den Lebensmittelsektor in der
der EU und Afrika wichtiger denn je     afrikanischen     Forschungs-     und               Zukunft erwarten, könne nicht
sein, um die Nahrungsmittelsysteme      Innovationsplattform im Hinblick                    auf eigene Faust erfolgen, betonte
zu stärken und zu transformieren.       auf die Widerstandsfähigkeit von                    sie und hob die Notwendigkeit
Es    müsse aber darauf geachtet        Lebensmittelsystemen, dass Afrika                   hervor, „globale Partnerschaften“ zu
werden, dass eine gleichberechtigte     und Europa beide „mit beispiellosen                 fördern, um die Transformation des
Partnerschaft   entsteht,   betonen     Herausforderungen durch COVID-                      Agrarsektors zu unterstützen.
Expertinnen und Experten.               19 konfrontiert sind, die sich negativ
                                        auf    unsere    Lebensmittelsysteme                   „Wenn wir mit unserem engsten
   Lindiwe Sibanda, Leiterin des        ausgewirkt haben – wodurch ein                      Nachbarn Europa in Sachen Forschung
Food, Agriculture and Natural           kollaborativer Ansatz nun sehr                      und Innovation zusammenarbeiten,
Resources Policy Analysis Network       wichtig ist.“                                       können wir alle Engpässe und Probleme

                                                                                            Fortsetzung auf Seite 12
12     SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV

Fortsetzung von Seite 11

der        Ernährungsunsicherheit      Kommissarin für Humanressourcen,        „Damit diese Plattform effizient ist
gemeinsam angehen und die              Wissenschaft    und Technologie,        und eine Partnerschaft wird, die kein
Ernährungslage     auf     unserem     ausgerichtet wurde.                     reines Hilfsprogramm ist, müssen
Kontinent verbessern,“ glaubt auch                                             wir eine Angleichung der Visionen
Adipala Ekwamu, Exekutivsekretär           Lutzeyer betonte weiter, dass       erreichen und zusammenarbeiten.
des Regionalen Universitätsforums      sich die EU-Förderung auf weitere       Der Schlüssel dazu ist, dass beide
für   Kapazitätsaufbau    in    der    Investitionen    durch    Horizon       Kontinente    und     ebenso      alle
Landwirtschaft (RUFORUM).              Europe      konzentrieren   werde,      Stakeholder an Bord sind.“
                                       zum Beispiel in den Bereichen
   Er plädiere für gegenseitige        Pflanzengesundheit, Agrarökologie          Insbesondere     die     Stimmen
Unterstützung der Kommissionen der     und Mangelernährung.                    von    Kleinbauern,    Verbrauchern
Afrikanischen und der Europäischen                                             und           zivilgesellschaftlichen
Union, um dieses Vorhaben in die Tat      Er betonte die Notwendigkeit,        Organisationen               müssten
umzusetzen.                            Innovationen    in     afrikanischen    dementsprechend gehört werden,
                                       Nahrungsmittelsystemen         durch    forderte er.
    Ähnlicher Meinung war auch         gemeinsame       Forschung       auf
Hans-Jörg Lutzeyer, Senior Policy      beiden Kontinenten zu stärken.             Seine Kommentare kommen vor
Officer in der Generaldirektion        „Ich denke, wir sollten weitere         dem Hintergrund der Kritik, dass
Forschung und Innovation der           Chancen      und      Möglichkeiten     gerade die Zivilgesellschaft von den
Europäischen Kommission, der die       nutzen,   wenn     wir     Netzwerke    Diskussionen zwischen der EU und
Bedeutung der EU-AU-Forschungs-        europäischer Universitäten aufbauen     der AU ausgeschlossen wird.
und        Innovationspartnerschaft    und verknüpfen.“ Dies werde im
für    Ernährungssicherheit    und     kommenden Jahr auf der Agenda              Diese Organisationen warnen,
nachhaltige          Landwirtschaft    stehen.                                 der Prozess dürfe nicht zu einer „Top-
(FNSSA), die Zehnjahres-Roadmap                                                Down-Aktion“ der politischen Eliten
sowie die geplante Plattform für           Philippe           Petithuguenin,   werden.
eine langfristige Zusammenarbeit       stellvertretender     Direktor    für
hervorhob.                             Forschung und Strategie von Leap 4
                                       FNSSA, der langfristigen Forschungs-
   Diese Plattform soll Stakeholder-   und          Innovationspartnerschaft
Gruppen zusammenbringen, die           zwischen der AU und der EU,
durch Forschung und Investitionen      erinnerte hingegen daran, dass die
zu             widerstandsfähigeren    Partnerschaft in beide Richtungen
Nahrungsmittelsystemen beitragen       funktionieren müsse und nur dann
können.                                einen Mehrwert für Europa und
                                       Afrika bieten werde, wenn kooperiert
                                       wird.
   FORSCHUNG UND
   INNOVATIONEN AUF                       „Wir lernen voneinander; jeder
   BEIDEN KONTINENTEN                  Kontinent lernt vom anderen
   VERKNÜPFEN                          Kontinent,“ betonte er.

   Die      Veranstaltung       fand      Petithuguenin wies weiter darauf
vor     dem     Hintergrund      des   hin, es handle sich nicht um ein
ersten    EU-AU-Forschungs-      und   Hilfsprogramm und unterstrich,
Innovationsministertreffens       in   dass die Herausforderungen und
diesem Jahr statt, das von der EU-     Umstände zwar unterschiedlich sein
Innovationskommissarin        Marija   mögen, die beiden Parteien aber ein
Gabriel und von Sarah Agbor, der AU-   gemeinsames Ziel verfolgen müssten:
SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV                                                      13

            Kritik an GAP-Auswirkungen
           auf Entwicklungsländer nicht
                    gerechtfertigt?
               V o n : N a t a s h a F o o t e | E U R A C T I V. c o m | t r a n s l a t e d b y T i m S t e i n s

                                   Kritiker bemängeln, die EU-Agrarpolitik “bestrafe” Kleinbauern in Entwicklungsländern, die sich einem
                                           unfairen Wettbewerb mit europäischen Konzernen gegenüber sehen. [SHUTTERSTOCK]

K
       ritiker, die die Auswirkungen        Matthews, ehemaliger Professor für                     GAP in den vergangenen Jahren,
       der              Gemeinsamen         europäische Agrarpolitik am Trinity                    wobei Kritiker bemängeln, die EU-
       Agrarpolitik (GAP) der EU            College in Dublin.                                     Agrarpolitik „bestrafe“ insbesondere
auf Entwicklungsländer in Afrika                                                                   Kleinbauern in Entwicklungsländern,
monieren, haben nach Ansicht eines              Im Gespräch mit EURACTIV.com                       die sich einem unfairen Wettbewerb
GAP-Experten eine „übertriebene             betont er, das Export-Wachstum lasse                   mit europäischen Erzeugern und
Sicht“ auf die Bedeutung der GAP            sich hauptsächlich auf Asien und nicht                 Konzernen gegenüber sehen.
außerhalb Europas. Einige spezifische       auf Afrika zurückführen. Er weist
Bereiche und bestimmte Produkte             jedoch auch darauf hin, dass die EU                       Diese unzweifelhaft bestehenden
geben dennoch weiterhin Anlass zur          eine engere Beziehung zu Westafrika                    Probleme      würden      jedoch     oft
Sorge, räumt auch er ein.                   pflege, wo EU-Produkte etwa 50                         überschätzt oder missverstanden,
                                            Prozent der Importe ausmachen.                         meint Matthews: „Wenn man es aus
   Auf globaler Ebene macht die                                                                    einer globalen Perspektive betrachtet,
EU etwa 15 Prozent des Welthandels            Seine Kommentare kommen vor                          konzentriert sich die Kritik an der GAP
aus; sie sei also „keineswegs ein           dem Hintergrund einer intensiven                       vor allem auf eine Handvoll Produkte“,
dominanter    Akteur“,  so   Alan           Auseinandersetzung   mit     der                       sagt er und hebt dabei Milchpulver,

                                                                                                   Fortsetzung auf Seite 14
14      SPECIAL REPORT | LANDWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EU-AFRIKA: WIE GEHT ES WEITER? | EURACTIV

Fortsetzung von Seite 13

gefrorenes Geflügel, Zwiebeln und           Konvergenz, zeigt sich Matthews         Menschen vor Ort im Fokus
Tomatenmark hervor.                         optimistischer,  obwohl      vieles     stehe. Dennoch: „Wenn man das
                                            vom    Ergebnis   der    laufenden      betriebswirtschaftliche Know-how
    Mit diesen Produkten hatte er sich      Verhandlungen über die Zukunft der      privater Unternehmen nutzen kann
auch in einem Bericht für das Jahr          GAP zwischen dem Europäischen           und dazu noch etwas öffentliches
2019 eingehend beschäftigt. Dabei           Parlament, dem Rat und der              Geld, könnte sich tatsächlich ein
ging es um die „sehr spezifischen           Kommission abhängen dürfte.             gutes Programm entwickeln.“
Probleme bei diesen Produkten und
in dieser Region, und nicht um die             WERBUNG FÜR DIE                         Als Beispiel verweist er auf
allgemeine Kritik, dass die GAP die            PRIVATWIRTSCHAFT                     Molkereiriesen wie den irischen
EU-Exporte generell subventioniert,“                                                Milchverarbeiter Arla und den
fügt Matthews hinzu.                           Aus Matthews Sicht ist es dennoch    Nahrungsmittelkonzern        Glanbia.
                                            wichtig, die Auswirkungen der EU-       Beide betreiben Fabriken in Nigeria.
   NEGATIVE SICHT AUF DIE                   Politik in anderen Ländern weiterhin
   GAP „VERALTET“?                          im Auge zu behalten – vor allem
                                            angesichts der Tatsache, dass mit
   Ein Großteil der Missverständnisse       der COVID-19-Pandemie die Zahl der
und Kritik im Zusammenhang mit              Hungernden wahrscheinlich deutlich
der GAP sei veraltet und stamme             ansteigen wird und dass Länder mit
aus der Zeit, als die EU noch aktiv         weniger Reaktionsmöglichkeiten am
Exportsubventionen           einsetzte,     heftigsten betroffen sein dürften.
so Matthews. Obwohl die Kritik
zu dieser Zeit „völlig berechtigt“               „Es besteht kein Zweifel, dass
gewesen sei, ist sie heute nicht mehr       diese Länder stärker betroffen sind.
das Hauptthema, betont Matthews,            Ich bin nur nicht wirklich davon
der sich selbst als „ausgesprochenen        überzeugt, dass die GAP ein derart
Kritiker“ der GAP sieht.                    relevantes Instrument diesbezüglich
                                            ist,“ fasst er zusammen und erinnert,
    Er fügt jedoch hinzu, dass es immer     dass afrikanische Länder bereits
noch einige spezifische Bereiche gibt,      komplett zollfreien Zugang zum EU-
die in der EU-Agrarpolitik Anlass           Markt haben.
zur Sorge geben. Insbesondere weist
er darauf hin, dass die sogenannte             Matthews        ist      daher
gekoppelte Stütze im EU-Milchsektor         sicher: „Was benötigt wird, ist
weiterhin       Anwendung         findet.   Entwicklungsunterstützung,   und
Wirtschaftlich mache dies zwar              weniger etwas, das wir im Rahmen
nicht viel aus, sei aber dennoch eine       der GAP tun können.“
„legitime Quelle der Kritik“.
                                               Matthews fügt hinzu, dass
    Eine       Reduzierung       oder       die Entwicklung von öffentlich-
Abschaffung der gekoppelten Stütze          privaten Partnerschaften ebenfalls
wäre demnach ein Schritt in die             ein effektiverer Weg für positive
richtige Richtung. Es sei aber nicht        Veränderungen sein könnte als die
davon auszugehen, dass dies in              GAP.
absehbarer Zeit auf der Tagesordnung
der EU stehe, so der Forscher.                 Er warnt jedoch, dass dies mit
                                            Vorsicht   angegangen      werden
   In anderen Bereichen, wie                müsse, da bei Investoren in Afrika
beispielsweise bei der internen             nicht unbedingt die Armut der
THE D U TCH B I D F O R E M A

         From London to...

         the Amsterdam
         Metropolitan Area

                                        Weitere
                                       Informationen
                                      zu Special Reports
                                     von EURACTIV...

                                               Kontaktieren Sie uns
                                                 Gerardo FORTUNA
                                            Agriculture & Health Editor
                                       gerardo.fortuna@euractiv.com
                                                tel. +32 (0) 2 788 36 69

                                               Teresa DOMINGUEZ
                                                    EU Affairs Manager
                                     teresa.dominguez@euractiv.com
www. net h e rlan d sfo re m a.e u            tel. +32 (0) 47 601 78 26
Sie können auch lesen