LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume

 
WEITER LESEN
LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume
LEADER
                                     2004

Dossier: S. 20 – 33

Herausgeber:

Deutsche Vernetzungsstelle LEADER+
leader@ble.de
www.leaderplus.de
LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume
Dossier

                  Demographischer
                  Ideen statt
                   Resignation

                 D     ie Entwicklung in den ländlichen Regionen gestalten:
                       nach Meinung der Autoren dieses Dossiers ist das trotz
                  aller Verunsicherung möglich, wenn man rechtzeitig und mit
                  den richtigen Mitteln darauf reagiert. Ansatzpunkte dafür
                  gibt es viele. Denn: Längst nicht alle wollen gehen.
                  Es gilt Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Entschei-
                  dung zum Bleiben erleichtern. Das können Ideen sein, wie
                  Familien Zugang zu günstigem Wohneigentum erhalten oder
                  wie neue Wohnformen und Betreuungsmöglichkeiten für
                  ältere Mitbürger gestaltet sein können. Denkbar sind aber
                  auch Planungen auf Kommunal- oder Kreisebene, Bereiche
                  wie Gesundheit, Bildung und öffentlichen Personennah-
                  verkehr – wenn möglich in Kooperation – bedarfsgerecht
                  weiterzuentwickeln. Grundsätzliche Überlegungen und
                  klare Leitbilder für die Zukunft bieten in den Regionen eine
                  Chance, leistungsfähigere Strukturen aufzubauen, auch
                  wenn man dazu hin und wieder ausgetretene Pfade ver-
                  lassen muss.

20        L E A D E R forum 2.2004
LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume
Dossier
         Schrumpfung versus
Wandel   Wachstum
         VON   PAUL GANS

         Die zukünftige Bevölkerungsentwicklung
         Deutschlands wirft nicht nur allgemeine
         Fragen nach der Effizienz sozialer
         Sicherungssysteme, der Entwicklung des
         Arbeitsmarktes, der Auslastung von
         Infrastrukturen oder der Leistungsfähigkeit
         öffentlicher Haushalte auf. Sämtliche
         Trends weisen auf eine deutliche Mani-
         festierung regionaler Unterschiede in den
         kommenden Jahren hin.

         D   ie wesentlichen Charakteristika der regionalen Differenzie-
             rung sowie ausgewählte sektorale Problemstellungen für
         ländlich geprägte Gebiete – nach der Definition des Bundes-
         amtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) – lassen sich in
         sieben Punkten zusammenfassen. Sie geben zugleich die wich-
         tigsten Ergebnisse des Arbeitskreises "Räumliche Auswirkun-
         gen des demographischen Wandels" der Akademie für Raum-
         forschung und Landesplanung wieder.

         Alterung, Heterogenisierung und Vereinzelung prägen die
         zukünftige Bevölkerungsentwicklung in Deutschland.

         Für Deutschland insgesamt sowie für mehrere Bundesländer
         liegen verschiedene Bevölkerungsvorausberechnungen bis
         2020 vor. Alle Prognosen weisen übereinstimmend vier grund-
         legende Trends des demographischen Wandels aus:
         ● In knapp der Hälfte der Regionen werden die Einwohner-
             zahlen nach den Berechnungen des BBR bis 2020 weiter
             zunehmen.
         ● Die Alterung wird sich fortsetzen.
         ● Der Anteil der Einpersonenhaushalte wird weiter ansteigen.
         ● Die Zusammensetzung der Bevölkerung nach Herkunft,
             Sprache, Religion oder Bildungsstand wird noch vielfältiger.

         Die zukünftige Bevölkerungsentwicklung verläuft regional wie
         lokal sehr differenziert.

         Auch unter der Annahme, dass die Bevölkerungsstruktur in
         den verschiedenen Regionen zu einem bestimmten Zeitpunkt
         identisch ist, führen die regionale Wirtschaftsstruktur, die
         unterschiedliche Ausstattung der einzelnen Teilräume – bei-
         spielsweise mit Bildungs- und Forschungseinrichtungen –
         sowie Erreichbarkeitskriterien dazu, dass weniger begünstigte
         Gebiete im Vergleich zu prosperierenden Regionen überpropor-
         tional von Alterung und Bevölkerungsrückgang betroffen sein
         werden. Dabei verläuft der demographische Wandel nur be-
         dingt in Übereinstimmung mit Siedlungsstrukturen. So erwar-
         tet das BBR von 2000 bis 2020 für die Ballungsräume eine
         Zunahme der Einwohnerzahlen von 0,3 Prozent (West: -1,1
         Prozent; Ost: +6,1 Prozent), für die ländlichen Räume jedoch
         insgesamt eine Abnahme von 2,6 Prozent (West: +1,1 Prozent;
         Ost: -10,6 Prozent). Auch innerhalb der weniger verdichteten

                                                          L E A D E R forum 2.2004   21
LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume
Dossier

                  Gebiete schwanken die Werte in den alten (-9,6 bis +9,5 Pro-      In strukturschwachen ländlichen Regionen rufen Sterbeüber-
                  zent) wie neuen Ländern (-16,9 bis +12,8 Prozent) erheblich.      schüsse und Wanderungsverluste eine rückläufige Nachfrage,
                  Diese Variation setzt sich auf der Ebene von Kreisen, Gemein-     Wohnungsleerstände, geringe Marktgängigkeit des Bestandes
                  den und Ortsteilen fort.                                          sowie den Verfall der Immobilienwerte hervor und stellen
                  Bis 2020 werden durchweg Sterbeüberschüsse erwartet. Vor          Kommunen, Privathaushalte, Wohnungs- und Bauwirtschaft vor
                  diesem Hintergrund werden die zukünftigen Einwohnerzahlen         Probleme (s. S. 28-29). Auch kleinere Städte in Ost und West
                  und Bevölkerungsstrukturen entscheidend von Binnen- und           werden davon betroffen sein.
                  Außenwanderungen und den damit verbundenen selektiven             In allen Teilräumen ist eine wachsende Nachfrage nach alters-
                  Effekten bestimmt. Die Migrationen werden vorliegende regio-      gerechten Wohnmöglichkeiten abzusehen. Vereinzelung und
                  nale Disparitäten noch verstärken, da sich die Wanderungs-        veränderte Präferenzen der Haushalte, insbesondere das Stre-
                  ströme mit entgegengesetzten Vorzeichen in den Herkunfts-         ben nach Eigentum – die Wohneigentumsbildung mit ihren
                  und Zielgebieten auf zahlreiche Faktoren auswirken – beispiels-   sozialen Vorteilen ist in anderen Ländern deutlich höher –
                  weise auf Humankapital, Kaufkraft, Alterung und Nachfrage
                  nach Gütern und Dienstleistungen. Die Außenwanderungen
                  werden sich auf Ballungsräume und größere Städte konzentrie-
                  ren, während ländlich geprägte Gebiete mit hohem Wohn- und
                  Freizeitwert oder in guter Erreichbarkeit zu Verdichtungs-
                  räumen von Binnenwanderungen jüngerer Haushalte und älte-
                  ren Menschen profitieren.

                  Der demographische Wandel beeinflusst direkt Umfang und
                  Struktur der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter.

                  Der Rückgang der Einwohnerzahlen verringert das Arbeits-
                  kräfteangebot in einer Region. Aus dieser Verknappung kann
                  allerdings nur bedingt auf einen Rückgang der Arbeitslosen-
                  zahlen geschlossen werden, da für die Beschäftigungssituation
                  beispielsweise die Sozial- und Lohnpolitik oder die Diskrepanz
                  ("mismatch") zwischen Qualifikationsanforderungen und -ange-
                  boten auf dem Arbeitsmarkt eine wesentliche Rolle spielen.
                  Die dezentralen Strukturen der Fachhochschulen sind dabei
                  noch am ehesten geeignet, junge Studierende zu binden und
                  auch nach Studienabschluss in der Region zu halten.
                  Der steigende Anteil älterer Erwerbstätiger bei gleichzeitig
                  merklichem Rückgang junger Erwachsener kumuliert zwar
                  Erfahrungen, schwächt aber eher die Innovationskraft von
                  Unternehmen und verlangsamt das Produktivitätswachstum.
                  Die Änderungen in der Altersstruktur des Arbeitskräftepoten-
                  zials können die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Ökono-
                  mie gefährden, wenn es nicht gelingt, Innovation und Erfah-
                  rung unter dem Stichwort "lebenslanges Lernen" zu bündeln
                  und dieses auch in die Praxis umzusetzen.

                  Der demographische Wandel beeinflusst quantitativ wie quali-
                  tativ die Wohnungsnachfrage.

                  In Regionen mit Wanderungsgewinnen, die sogar den negati-
                  ven natürlichen Saldo mehr als ausgleichen, wird auch zukünf-
                  tig gebaut. Positiv schneiden hier die weniger verdichteten
                  Gebiete im Umland der Metropolen Berlin und Hamburg oder
                  in Nachbarschaft zu den Ballungsgebieten, beispielsweise von
                  Rhein-Ruhr, Rhein-Main, Stuttgart oder München, ab. Trotz
                  zunehmender Einwohnerzahlen ist hier allerdings auch eine
                  ausgeprägte Alterung zu erwarten: Zum einen fallen die Wan-
                  derungsbilanzen älterer Menschen positiv aus, zum anderen
                  wird der Zuzug der Haushalte in den suburbanen Raum häufig
                  von der Wohneigentumsbildung motiviert – dies betrifft über-
                  wiegend die kleiner werdende Gruppe der 30- bis 45-Jährigen.
                  Die Folge ist eine anschließend hohe Immobilität ("aging in
                  place").

22        L E A D E R forum 2.2004
LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume
Dossier
beeinflussen ein sich änderndes Verhältnis von Nachfrage und      ländlicher Siedlungen als Wohnstandorte und verstärken damit
Angebot auf den regionalen Wohnungsmärkten, und ein räum-         kumulative Schrumpfungsprozesse.
liches Nebeneinander von Neubau und Leerstand wird zu             Bei Standortplanungen muss berücksichtigt werden, dass sich
beobachten sein – mit der Gefahr einer weiteren Landschafts-      der Rückgang der jungen Bevölkerung nicht kontinuierlich,
zersiedelung.                                                     sondern in einem wellenförmigen Abwärtsverlauf vollzieht.
                                                                  Zudem kann die Verringerung der Bevölkerung im erwerbsfähi-
Der demographische Wandel ändert die Auslastung insbeson-         gen Alter zu einer erhöhten Erwerbsquote von Frauen führen
dere von altersspezifisch genutzten Infrastrukturen.              und damit die Nachfrage nach Kindertagesstätten oder Ganz-
                                                                  tagsschulen steigern. Denkbar wäre auch, dass nicht viele
Die rückläufigen Einwohnerzahlen in den Altersgruppen der         Schüler an einem Ort konzentriert werden, sondern wenige
unter 20-Jährigen bis 2020 (ländliche Gebiete West: -20 Pro-      Lehrer dezentral arbeiten.
zent; Ost: -29 Prozent) senkt die Nachfrage beispielsweise nach   Als Alternative zur Konzentration auf wenige Standorte wären
Krippen- und Hortplätzen, Kindergärten und Schulen. Die übli-     außerdem die multifunktionale Nutzung vorhandener Einrich-
che Reaktion auf solche Tendenzen ist die Konzentration des       tungen sowie die interkommunale Kooperation zu bedenken –
Infrastrukturangebots, um die Sollauslastung der verbliebenen     auch um die Bedürfnisse der älteren Menschen einzubeziehen,
Standorte zu gewährleisten. Bei dieser Vorgehensweise ist         deren Zahl bis 2020 stark zunimmt (ländliche Gebiete West:
allerdings zu bedenken, dass die Wege zum Aufsuchen der           +24 Prozent; Ost: +27 Prozent) und die in den neuen Ländern
Einrichtungen in der Regel länger werden. Die Kosten werden       sogar rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung stellen werden
häufig nur verlagert, und Maßnahmen wie die Schließung von        (s.S. 32-33).
Kindergarten oder Grundschule verschlechtern die Attraktivität
                                                                  Die Planung der Netzinfrastruktur muss stärker als bisher den
                                                                  Rückgang und die Alterung der Bevölkerung berücksichtigen.

                                                                  Aufgrund der abnehmenden Einwohnerzahlen –
                                                                  insbesondere in den mobilen jüngeren und mittleren
                                                                  Altersgruppen – müssen sich in der Verkehrsinfrastruktur
                                                                  die knappen Mittel auf den Bestand und Erhalt statt auf
                                                                  den permanenten Ausbau konzentrieren. In den ländlichen
                                                                  Gebieten wird die stark zurückgehende Zahl von schul-
                                                                  pflichtigen Kindern und Jugendlichen den öffentlichen
                                                                  Nahverkehr vor große Probleme stellen.

                                                                                                                  L E A D E R forum 2.2004   23
LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume
Dossier

                  Innovative Konzepte wie kleinere Busse, flexiblere Fahrpläne    tungen, verlängert die Wege, steigert die Kosten, kann in der
                  oder die stärkere Bündelung von Nutzungen an wenigen            Folge zu Stilllegungen von Betrieben führen und verstärkt
                  Standorten können die Daseinsgrundvorsorge in gewissem          damit den Schrumpfungsprozess.
                  Umfang sichern. Offen bleibt aber, ob diese neuen Strukturen
                  immer eine wirkliche Alternative zum Linienverkehr sind.
                  In den ländlichen Gebieten mit ihrer niedrigen Bevölkerungs-    Kooperation als Königsweg
                  dichte ist besonders zwischen den finanziellen Aufwendungen
                  aller Beteiligten sowie der wachsenden Gruppe älterer Men-      Da viele Einrichtungen mit fortschreitendem Bevölkerungs-
                  schen, die nicht mehr auf einen Pkw zurückgreifen können,       rückgang aus Rentabilitätsgründen an die Grenzen ihrer Trag-
                  abzuwägen. Grundsätzlich muss beim weiteren Ausbau der          fähigkeit stoßen, stehen die Kommunen nicht nur in ländlichen
                  Ver- und Entsorgungssysteme die steigende Kostenbelastung       Gebieten zunehmend vor dem Problem, die Herausforderungen
                  der Haushalte vor dem Hintergrund zukünftig rückläufiger        des demographischen Wandels nicht mehr eigenständig mei-
                  Einwohnerzahlen berücksichtigt werden.                          stern zu können. Die Kosten für die Infrastrukturangebote fal-
                                                                                  len mit sinkenden Einwohnerzahlen sowie mit geringeren
                  Der Bevölkerungsrückgang und die selektiven Wanderungs-         Steuereinnahmen und Zuweisungen aus dem Finanzausgleich
                  verluste der Jüngeren in ländlichen Gebieten können kumulati-   zusammen.
                  ve Schrumpfungsprozesse hervorrufen.                            Deshalb sind die Kommunen verstärkt auf regionale Koopera-
                                                                                  tionen angewiesen. Diese eröffnen beispielsweise Chancen zur
                  Bevölkerungsrückgang produziert Leerstände, reduziert die       Kostensenkung bei gleichzeitigem Erhalt der Versorgungsqua-
                  Auslastung der Netzinfrastruktur, verringert die regionale      lität. Auch stärken sie die regionale Wettbewerbsfähigkeit
                  Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, erhöht die wirt-    durch die Ergänzung um mobile Produktionsfaktoren. Der
                  schaftlichen Schwierigkeiten vom Einzelhandel bis zu den        demographische Wandel ist also handhabbar. Die Frage ist nur:
                  Facharztpraxen, dünnt Nahverkehrsangebote aus, vergrößert       Akzeptiert die Gesellschaft die Herausforderung, und wie rea-
                  die Einzugsbereiche von privaten und öffentlichen Dienstleis-   giert sie darauf?

                                                                                  Nähere Informationen
                                                                                  Prof. Dr. Paul Gans
                                                                                  Geographisches Institut
                                                                                  Universität Mannheim
                                                                                  68131 Mannheim
                                                                                  Tel. (0 621) 181-19 58 / -19 63
                                                                                  E-Mail: paulgans@uni-mannheim.de

24        L E A D E R forum 2.2004
LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume
Dossier
Infrastruktur und demographischer Wandel:
Die Anpassung managen
VON   MARTINA KOCKS

Die Bevölkerung Deutschlands nimmt ab, wird älter und internationaler. Bevölkerungs-
rückgang bedeutet generell Auslastungsprobleme bei öffentlichem Personennahverkehr
(ÖPNV), Handel und Dienstleistungen, sozialer und kultureller Infrastruktur sowie
Energie- und Wasserversorgung. Die alternde Gesellschaft erhöht die Nachfrage nach
altengerechten öffentlichen Angeboten, und die Internationalisierung erfordert Ein-
richtungen für Integrationsaufgaben.

U   m die vielfältigen Aufgaben, die der demographische Wan-
    del mit sich bringt, zu bewältigen, hat das Bundesamt für
Bauwesen und Raumordnung 2003/2004 sechs neue Modell-
                                                                der 90er-Jahre, die Abwanderungen in den Westen und die
                                                                geringen internationalen Wanderungsgewinne. Während die
                                                                Schrumpfung hier sehr viel weiter fortgeschritten ist als in den
vorhaben zum Themenschwerpunkt "Infrastruktur und demo-         alten Bundesländern, gilt dies umgekehrt im Westen für das
graphischer Wandel" ausgewählt (siehe Textkasten). Drei wei-    Stadium der Alterung.
tere Vorhaben unter dem Titel "Anpassungsstrategien für länd-
                                                                Da beide Phänomene aber – zeitlich versetzt – auf beide Lan-
liche/periphere Regionen mit starkem Bevölkerungsrückgang
                                                                desteile zukommen werden, können die Projekte von den
in den neuen Ländern" befinden sich bereits in der              jeweiligen Erfahrungen der anderen lernen und deren experi-
Schlussphase.                                                   mentelle Phase für die eigene Zukunft auswerten. Dahinter
                                                                steht die Einsicht, dass der demographische Wandel ein sehr
                                                                zäher Vorgang ist, der sich – vor 30 Jahren begonnen – nicht
Osten schrumpft, Westen altert                                  mehr aufhalten, sondern bestenfalls verlangsamen lässt. Die
                                                                Chance liegt in der aktiven Gestaltung des Unabwendbaren.
Diese Modellvorhaben berücksichtigen die unterschiedliche
Bevölkerungsentwicklung in Ost- und Westdeutschland. So
liegt der Fokus in den neuen Bundesländern insbesondere auf
den stark rückläufigen Bevölkerungszahlen in den ländlichen
Räumen. Verantwortlich hierfür sind die Geburteneinbrüche

                                                                                                                 L E A D E R forum 2.2004   25
LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume
Dossier

                  Erster Schritt: die Bevölkerung sensibilisieren                    Südniedersachen schlägt die Brücke zwischen beiden Modell-
                                                                                     regionen mit einer Generationen übergreifenden Infrastruktur-
                  Allen Modellvorhaben gemeinsam ist die Notwendigkeit, zu-          planung. Im Mittelpunkt steht die modellhafte Entwicklung von
                  nächst der Öffentlichkeit die Auswirkungen des demographi-         "Generationen-Agenturen": Regionale Zentralstellen und de-
                  schen Wandels und den daraus abzuleitenden Handlungsbedarf         zentrale Anlaufstellen in den Gemeinden wollen gemeinsam
                  zu vermitteln. Dazu werden Fachforen und "Werkstätten" orga-       mit bestehenden Institutionen ambulante Dienstleistungen im
                  nisiert und eine intensive Pressearbeit, nicht nur in den Pla-     Bildungs-, Gesundheits- und Freizeitbereich für Kinder, Fami-
                  nungsverbänden, den überwiegenden Trägern der Prozesse,            lien und Senioren organisieren und vermitteln.
                  geleistet. Im Mittelpunkt stehen dabei Bestandsanalysen zur
                  öffentlichen Daseinsvorsorge und die Frage, wie diese zukünf-
                  tig an Zahl und Altersstruktur der Einwohner angepasst wer-        Alternativen zum Staat
                  den kann.
                                                                                     Immer wichtiger wird das Thema "Infrastrukturplanung" auch
                  Ein Ziel der Projekte ist es, effizient mit Haushaltsmitteln um-   im Hinblick auf die öffentlichen Kassen. Nicht ausgelastete
                  zugehen und falsch dimensionierte Planungen mit über Jahre         Einrichtungen haben sinkende Einnahmen bei gleichen Fix-
                  festgeschriebenen Fixkosten zu vermeiden. Es geht darum,           kosten zur Folge; gleichzeitig nehmen bei rückläufiger Bevölke-
                  Lebensverhältnisse zu sichern und Regionen zu stärken. Dies        rung auch die einwohnerbezogenen Schlüsselzuweisungen ab.
                  alles dient natürlich auch dazu, die Bevölkerung in der Region     Es stellt sich also die Frage, wie die öffentliche Hand durch pri-
                  zu halten und die Standortfaktoren für die Ansiedlung von Ge-      vate Dienstleister und bürgerschaftliches Engagement unter-
                  werbe zu verbessern. Vor allem soll ein Klima geschaffen wer-      stützt werden kann. Viel wird darüber diskutiert, wie der
                  den, das es Familien erleichtert, sich für Kinder zu entscheiden   Eigeninitiative mehr Raum eröffnet, wie "der Staat" zurückge-
                  und das der älteren Generation gleichzeitig einen würdigen         nommen werden kann, damit solche Initiativen mehr Kompe-
                  Lebensabend beschert. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der        tenz erlangen können.
                  Überwindung rein lokaler Sichtweisen und in einer langfristi-
                  gen, vorausschauenden Planung.                                     In der Region Neumarkt wird untersucht, wie eine stärkere
                                                                                     Beteiligung der Älteren in der Gesellschaft gefördert werden
                                                                                     kann.
                  Anpassung der Infrastruktur: sechs Regionen,                       Der Kommunalverband Ruhrgebiet hat explizit die Auswirkun-
                                                                                     gen infrastruktureller Anpassungen auf die öffentlichen Finanz-
                  sechs Lösungen                                                     mittel zum Thema. Er will aufzeigen, wie die Ausgaben durch
                                                                                     den Zusammenschluss dreier Städte gesenkt werden können.
                  Alle neuen Modellregionen haben es sich zur Aufgabe ge-
                                                                                     Die dünn besiedelte Region Lommatzscher Pflege schließlich
                  macht, das öffentliche Infrastrukturangebot an die sich wan-       befasst sich mit Kosten sparender Infrastrukturplanung durch
                  delnden Generationen anzupassen.                                   multifunktionale und flexible Lösungen.
                  Die Region K.E.R.N in Schleswig-Holstein verfolgt das Ziel, die
                  öffentlichen Leistungen an die Bedürfnisse von Senioren anzu-
                  passen. Dabei soll durchaus auch die wachsende Gruppe der          Lösungen für Deutschlands am dünnsten
                  Älteren als neues Wirtschaftspotenzial entdeckt werden. Die        besiedelte Räume
                  Region Heilbronn versucht, besonders für die jüngere Genera-
                  tion kinder- und familienfreundliche Rahmenbedingungen zu          Die Regionen Mecklenburgische Seenplatte, Lausitz-Spreewald
                  schaffen.                                                          und Ostthüringen haben an dem Modellvorhaben "Anpassungs-
                                                                                     strategien für ländliche/periphere Regionen mit starkem Bevöl-
                                                                                     kerungsrückgang in den neuen Ländern" teilgenommen und
                                                                                     hierfür in den vergangenen zwei Jahren Konzepte entwickelt.
                                                                                     Im Mittelpunkt stand die Entwicklung der sozialen Infrastruk-
                                                                                     tur mit den Themen Bildung/Ausbildung und medizinische
                                                                                     Versorgung, technische Infrastruktur, ÖPNV und leitungsgebun-
                                                                                     dene Ver- und Entsorgungssysteme sowie die Weiterentwick-
                                                                                     lung der integrierten Gesamtplanungen.

                                                                                     Alle drei Modellregionen gehören dem am dünnsten besiedel-
                                                                                     ten ländlichen Raum in Deutschland an. Entsprechend schnell
                                                                                     kommen Tragfähigkeiten an ihre Grenzen. Schließungen, Ange-
                                                                                     botsreduzierungen und verschlechterte Erreichbarkeit der ver-
                                                                                     bliebenen Einrichtungen sind die Folge. Um Vielfalt und Quali-
                                                                                     tät der Einrichtungen zu sichern, haben die Modellregionen
                                                                                     unterschiedlichste Handlungsoptionen entwickelt. Diese Erfah-
                                                                                     rungen sind in die "Cottbuser Erklärung", die im Mai 2004 bei
                                                                                     der Abschlussveranstaltung des Modellvorhabens verabschiedet
                                                                                     wurde, eingegangen. Auszüge daraus werden nachfolgend dar-
                                                                                     gestellt.

                                                                                     Angebot flexibel, Qualität gesichert
                                                                                     Am Beispiel der Bildung wird deutlich, dass angesichts weiter
                                                                                     sinkender Schülerzahlen innerhalb eines Kreises einerseits die
                                                                                     wohnortnahe Bildung für jüngere Kinder nur durch jahrgangs-
                                                                                     übergreifende Klassen mit neuen pädagogischen Konzepten

26        L E A D E R forum 2.2004
LEADER 2004 - Netzwerk Ländliche Räume
Dossier
                                                                  Die regionale Öffentlichkeit muss verstehen, dass eine über
                                                                  finanzielle Einsparungen hinausgehende Angebotsreduzierung
                                                                  auch vorteilhaft sein kann. Beispielsweise können weniger
                                                                  Berufsschulen, deren Ausbildungsgänge aber erstmals aufeinan-
                                                                  der abgestimmt sind, mehr Vielfalt bieten als viele Kleinst-
                                                                  berufsschulen, was letztendlich die Ausbildungschancen er-
                                                                  höht. Von "außen" ist dies nicht ohne weiteres ersichtlich.
                                                                  Dementsprechend muss die Bevölkerung frühzeitig in die
                                                                  Diskussion über Notwendigkeit und Art von Veränderungen
                                                                  einbezogen werden. Deshalb gilt es, Formen einer aktiven
                                                                  Beteiligung für all diejenigen zu finden, die von den Vorhaben
                                                                  betroffen bzw. an ihnen interessiert sind.

                                                                  Ein neues Leitbild entwickeln

gesichert werden kann, andererseits zukunftsfähige berufsbil-     Die Voraussetzung, derartige Ansatzpunkte für alternative Ver-
dende Angebote nur in großräumigem Maßstab bereitgestellt         sorgungsstrategien erkennen zu können, ist eine gemeinsame
werden können. Der ÖPNV, der beispielsweise bei solch rück-       Vision, ein Leitbild bzw. ein Entwicklungsszenario zu den
läufigen Angeboten die Erreichbarkeit gewährleisten muss,         Lebensbedingungen der Menschen in 30 Jahren. Vor dem Hin-
kann nicht durch Insellösungen leistungsfähig gehalten wer-       tergrund des Anpassungsdruckes müssen wesentliche Fragen
den. Deshalb wird künftig mit flexiblen Bedienformen gearbei-     zu Bildung, Gesundheit, Beschäftigung, Kultur und Freizeit
tet werden müssen. Um die organisatorische und wirtschaftli-      angesprochen werden. Ein solches regional konsensfähiges
che Basis der Anbieter dauerhaft sicherzustellen, wird bei pri-   Leitbild bildet dann den Rahmen für die zukunftsfähige Gestal-
vaten und öffentlichen Angeboten verstärkt eine Bündelung an      tung einzelner Infrastrukturbereiche und für konkrete Anpas-
die Stelle separater Einrichtungen verschiedener Träger treten    sungsstrategien.
müssen. Im Interesse der Kundenorientierung müssen mobile
Dienstleistungen erprobt werden.

Das Angebot an notwendiger Daseinsvorsorge muss also wei-
terentwickelt werden – mit neuen inhaltlichen und organisato-
rischen Konzepten, die geltende Rahmenvorgaben auch be-
wusst überschreiten können. Die wissenschaftliche Begleitung,
deren Analysen und Gutachten liefern Argumentationshilfen.
Zukünftig müssen flexible Öffnungsklauseln in den Regel-
werken aufgenommen werden, die innovative Ansätze ermögli-
chen. Die Modellregionen geben dazu Anregungen. Es bedarf
aber einer auf die regionalen Bedingungen zugeschnittenen
Lösung.

Neue Partner finden
Zentrales Element zur Anpassung der Infrastruktur ist der
Ausbau von Kooperationen. Dies sind zum einen die interkom-
munalen Kooperationen, bei denen hemmende Verwaltungs-
grenzen überwunden und räumlich-funktionale Verflechtungen
stärker berücksichtigt werden müssen. Das Instrument des
raumordnerischen Vertrages zur Leistungsabstimmung der             Mehr Informationen zum "Modellvorhaben der Raumordnung"
Partner sollte deshalb noch stärker genutzt werden. Weiterhin      des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,
sollten Institutionen unterschiedlichen Typs, die in einem         mit dessen Betreuung das Bundesamt für Bauwesen und
Infrastrukturbereich verschiedene Verantwortlichkeiten haben       Raumordnung beauftragt ist, unter
oder fachliche Teilthemen behandeln und in unterschiedlichen       www.bbr.bund.de/index.html?raumordnung/moro/
hierarchischen oder rechtlichen Verhältnissen zueinander ste-      innovative_projekte.htm
hen (Kommunen, staatliche Einrichtungen, Verbände, private
Akteure etc.), ihre Aktivitäten künftig aufeinander abstimmen.
Durch die Verflechtung der bislang streng abgegrenzten eige-
nen Wirkungskreise wird gemeinsam Verantwortung für einen         Nähere Informationen
Bereich übernommen, was neue Lösungen ermöglicht.                 Martina Kocks, Projektleiterin
                                                                  Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
                                                                  Referat I 4
Die Bevölkerung aktiv beteiligen                                  Deichmanns Aue 31-37
                                                                  53179 Bonn
Der Dialog mit den Akteuren ist eine entscheidende Voraus-        Tel. (0 18 88) 401-23 21
setzung für die Entwicklung und spätere Akzeptanz neuer           Fax (0 18 88) 401-23 46
Infrastrukturangebote. Dies erfordert eine Umstellung nicht       E-Mail: martina.kocks@bbr.bund.de
nur auf der Anbieter-, sondern auch auf der Nutzerseite. So       Web: www.bbr.bund.de
bedarf ein flexibler Bedienverkehr der aktiven Mitwirkung der
Fahrgäste – und sei es nur durch einen einfachen Anruf.

                                                                                                                  L E A D E R forum 2.2004   27
Dossier

                  Dörfer am Scheidepunkt
                  VON   MARTINA KLÄRLE

                  Der starke Bevölkerungsrückgang der vergangenen Jahrzehnte hat in den Ortskernen
                  zahlreicher kleiner Dörfer seine Spuren hinterlassen. Die LEADER+ Aktionsgruppe
                  Hohenlohe-Tauber in Baden-Württemberg will jetzt zeigen, wie solche Dörfer wieder
                  belebt werden können.

                  V   iele Dörfer mit weniger als 1.000 Einwohnern mussten in
                      den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland einen Ein-
                  wohnerrückgang von mehr als 30 Prozent hinnehmen. Was
                                                                                     zugsgebiet von Großstädten bleiben. Ein etwas kleinerer Anteil
                                                                                     (17 Prozent) will weiterhin im Ortskern wohnen bleiben. Die
                                                                                     knapp zwei Drittel der Befragten, die weder die Region verlas-
                  zurückbleibt ist meist eine ernüchternd hohe Anzahl leer ste-      sen noch im Ortskern bleiben möchten, stellen die Zielgruppe
                  hender Gebäude in den gewachsenen Ortskernen. In der               des Handbuchs dar.
                  Region Hohenlohe-Tauber zeigt sich im Rahmen des demogra-
                  phischen Wandels, dass gerade aus kleinen Dörfern oft mehr
                  als die Hälfte der 18- bis 40-Jährigen abwandert. Die LEADER-
                                                                                     Entscheidungshilfen für junge Familien
                  Region Hohenlohe-Tauber, die sich aus 23 Gemeinden in den
                                                                                     Junge Menschen, vor allem während der Familiengründung,
                  Landkreisen Main-Tauber-Kreis, Hohenlohekreis und Landkreis
                                                                                     sind investitionsfreudig. Die Entscheidung, an welcher Stelle
                  Schwäbisch Hall zusammensetzt, will diesem Trend etwas ent-        und in welchem Umfang das Familiendomizil errichtet werden
                  gegensetzen.                                                       soll, hängt in unserer schnelllebigen und kapitalbewussten
                                                                                     Gesellschaft vor allem von der Geschwindigkeit und Kosten-
                  Der demographische Wandel vollzieht sich schleichend, aber
                                                                                     sicherheit bei der Umsetzung ab.
                  konstant. Die Einwohner, vor allem die zurückbleibende ältere
                  Generation, reagieren betroffen und ohnmächtig. Dem Appell,
                                                                                     Bauen auf der grünen Wiese ist im Moment schneller und
                  die Orte vor dem Ausbluten zu schützen, können die Kommu-
                                                                                     günstiger umzusetzen als die Altbaurenovierung. Das hängt vor
                  nen bislang mit keinem geeigneten Werkzeug nachkommen,
                                                                                     allem mit Entscheidungen auf kommunaler Ebene zusammen.
                  zumal die Verantwortung vordergründig bei den abwandernden
                                                                                     Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob ländliche
                  Bewohnern selbst liegt.
                                                                                     Gemeinden auch künftig bereit sind, wachsende finanzielle
                                                                                     Verpflichtungen für die Instandhaltung neuer Baugebiete zu
                                                                                     übernehmen, obwohl eine Vielzahl innerörtlicher Gebäude leer
                  Gewusst wie: Die Abwanderung stoppen                               steht – bei kontinuierlichem Rückgang der Steuerzahler.

                  Ein Leitfaden für Kommunen soll hier Abhilfe schaffen.
                  Zustande gekommen ist er in Zusammenarbeit mit der Lokalen
                  Aktionsgruppe (LAG) Hohenlohe-Tauber und einer wissen-
                                                                                     Die Ortskerne stärken: Handbuch gibt Rat
                  schaftlichen Begleitforschung, die 14 Projektgemeinden einbe-
                                                                                     Das LEADER+ Handbuch der LAG Hohenlohe-Tauber unter-
                  zieht. Das Handbuch zeigt den Gemeinden, wie der Abwan-
                                                                                     stützt Bürgermeister und Entscheidungsträger, die von diesem
                  derung insbesondere junger Leute entgegengewirkt werden
                                                                                     Kurs bewusst abweichen und durch die Nutzung der innerörtli-
                  kann. Zielgruppe sind in erster Linie diejenigen, die es vorzie-
                                                                                     chen Potenziale eine überzogene Flächeninanspruchnahme im
                  hen, in Neubaugebiete der Region zu ziehen, obwohl genügend
                                                                                     Außenbereich begrenzen wollen. Das Handbuch `Best-Practice´
                  innerörtliche Wohnmöglichkeiten vorhanden sind.
                                                                                     ist auf eine Vielzahl ländlicher Regionen übertragbar und erläu-
                                                                                     tert die Ergebnisse an konkreten Fällen. Neben einer Reihe
                  Bei exemplarischen Erhebungen in der Region hat sich heraus-
                                                                                     von städtebaulichen Hilfestellungen bilden folgende Themen
                  gestellt, dass knapp ein Fünftel der Befragten die Region ganz
                                                                                     die Schwerpunkte:
                  verlassen will. Hierbei handelt es sich vor allem um Studienab-
                  gänger, die aufgrund der besseren Berufsperspektive im Ein-

28        L E A D E R forum 2.2004
Dossier
Überzeugungsarbeit bei Multiplikatoren
Sind die Bürgermeister, Ortsvorsteher, Pfarrer, Ortschaftsräte          Eine Kurzfassung des Handbuchs `Best Practice´ ist ab Februar
oder Vereinsvorsitzenden von den Zielen einer nachhaltigen              2005 erhältlich, Vorbestellungen sind in der LEADER+ Geschäfts-
Ortsentwicklung und einer Stärkung der Ortskerne überzeugt,             stelle Hohenlohe-Tauber möglich.
tragen diese die Pläne in die Köpfe der Ortsbewohner. Die
Überzeugungsarbeit kann in Vorträgen, Stadtratsitzungen, kom-           Prof. Dr. Martina Klärle erarbeitet das Handbuch `Best Practice´
munalen Agenda-Gruppen oder in Einzelgesprächen erfolgen.
                                                                        im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung für die LEADER+
                                                                        Aktionsgruppe Hohenlohe-Tauber, zusammen mit ihren Mitarbei-
Öffentlichkeitsarbeit
                                                                        terinnen des gleichnamigen Ingenieurbüros. Sie ist Professorin an
Viele Bauherren orientieren sich an den scheinbar attraktiven
und werbewirksamen Offerten von Bauträgern wie den kom-                 der Fachhochschule Osnabrück, Fakultät Agrarwissenschaften und
munalen Bauplatzangeboten, die günstig sind, häufig sogar               Landschaftsarchitektur.
unter den Selbstkostenpreisen liegen. Der Leitfaden soll hier
ein Gegengewicht darstellen und die Vorteile des Bauens im
Bestand aufzeigen, etwa das besondere Flair eines renovierten,
großzügigen Altbaus, das Miteinander mehrerer Generationen
oder die auffallend großen, gewachsenen Grünstrukturen in             Nähere Informationen
der Ortsmitte. Die Öffentlichkeitsarbeit kann über Bürgerver-         Thomas Schultes
sammlungen, öffentliche Vorträge, Infobroschüren und eine             LEADER+ Geschäftsstelle Hohenlohe-Tauber
Reihe von Presseartikeln realisiert werden.                           Landratsamt Schwäbisch Hall
                                                                      Münzstr. 1
Grundstückspool – Transparenz                                         74523 Schwäbisch Hall
Ein Grundstückspool wird einerseits allen Verkaufswilligen            Tel. (0 791) 755 - 76 34
eine Plattform geben, um ihre Gebäude und Flächen zum Ver-            Fax (0 791) 755 - 73 99
kauf anzubieten; zudem skizzieren die Planer Nutzungsvari-            E-Mail: schultes@leader-hohenlohe-tauber.de
anten. Andererseits gibt der Grundstückspool Bauwilligen die
                                                                      Web: www.leader-hohenlohe-tauber.de
Möglichkeit, sich näher über das Angebot zu informieren.
Die Planer werden die Informationen austauschen und sorgen            Wissenschaftliche Begleitung und Erarbeitung des Handbuches
damit für Transparenz im dörflichen Immobiliengeschehen,              Prof. Dr. Martina Klärle
gespickt mit einer Reihe von Ideen, wie die Entwicklung der
                                                                      Ingenieurbüro Prof. Dr. Klärle
Objekte konkret aussehen kann.
                                                                      Bachgasse 5
Architektengespräche                                                  97990 Weikersheim
Eigentümer alter Immobilien, vor allem von landwirtschaftli-          Tel. (0 79 34) 38 45
chen Anwesen, fehlt häufig der Überblick, wie vielseitig sich         E-Mail: info@klaerle.de
die Umnutzung ihrer Gebäude darstellen kann. Deshalb emp-             Web: www.klaerle.de
fiehlt der Leitfaden, mit den Eigentümern detaillierte Architek-
tengespräche durchzuführen. Durch skizzenhafte Grund- und
Aufrissdarstellungen (z.B. Maßstab 1:200) werden konkrete
Ideen einer neuen Nutzung aufgezeigt. Die Skizzen dienen als
Diskussionsgrundlage in der Familie, als Planungsgrundlage für
weitere Ideen und als Antragsgrundlage für mögliche Förder-
gelder.

Mission geglückt?
Man darf gespannt sein, ob die Dörfer die Herausforderung
annehmen, die Schönheit und Einzigartigkeit der ländlichen
Regionen als Lebensqualität zu erkennen und zurückzugewin-
nen und so das Image des Dorflebens auf eine angemessene
Stufe zu stellen.

                                                          Fotos: Büro Prof. Klärle

                                                                                                                           L E A D E R forum 2.2004   29
Dossier

                  Hoffen ist gut,
                  handeln ist besser
                  VON   ANNE-MARIE TRUNIGER

                  Wo die Bevölkerung schwindet, steigen die kommunalen Gebühren, denn fixe Kosten
                  müssen auf immer weniger Köpfe umgelegt werden. Auch im Werra-Meißner-Kreis ist
                  dieses Problem bekannt. Tatenlos zuschauen will die Lokale Aktionsgruppe (LAG)
                  Werra-Meißner der Entwicklung dort allerdings nicht.

                                                                                   ... mögliche Strategien diskutiert ...
                                                                                   Prof. Dr. Ulf Hahne, Universität Kassel, entwarf vier Szenarien
                                                                                   für mögliche Anpassungsreaktionen von Kommunen und
                                                                                   Akteuren:
                                                                                   ● Keine Reaktion ➛ Schrumpfen für alle
                                                                                   ● Konzentration ➛ leere Dörfer
                                                                                   ● Teilraumstabilisierung aufgrund von lokalen Stärken ➛
                                                                                      Jeder für sich
                                                                                   ● Gemeinsame Anpassungsstrategie ➛ Kooperation

                                                                                   Handeln statt abwarten, war die einstimmige Meinung des
                                                                                   Regionalforums. Diskutiert wurden zahlreiche Vorschläge wie
                                                                                   die Ausweisung interkommunaler Gewerbegebiete, eine zwi-
                                                                                   schen Kommunen abgestimmte Siedlungsentwicklung, Perspek-
                                                                                   tiven für altersgerechte Wohnungen, die Einrichtung einer
                                                                                   familien- und altersfreundlichen Region sowie neue Formen für
                                                                                   Einzelhandel und Dienstleistung.

                                                                                   ... und praktisch umgesetzt
                                                                                   Um die Bevölkerung zu sensibilisieren und Lösungsansätze
                  D   ie Hoffnung stirbt zuletzt, ein geflügeltes Wort, das auch
                      für den demographischen Wandel gilt: Allen Prognosen
                  zum Trotz wird auf Zuwanderung gehofft, um die Auswirkun-
                                                                                   gemeinsam umsetzen zu können, gründete der Verein für
                                                                                   Regionalentwicklung Werra-Meißner – dem die Aufgaben einer
                  gen sinkender Bevölkerungszahlen auffangen zu können.            LAG zukommen – im April 2004 eine Arbeitsgruppe. In dieser
                                                                                   sind der Verein, die Landfrauen, das Familienzentrum, die
                  Hoffen allein genügt aber nicht, meint die LAG Werra-Meißner.
                                                                                   Wirtschaftsförderung, zwei Bürgermeister sowie das Amt für
                  Auf ihre Initiative hin traf sich im März 2004 das Regional-
                                                                                   den ländlichen Raum vertreten. In den kommenden Monaten
                  forum Werra-Meißner, dem neben der LAG selbst der Landrat
                                                                                   wird eine Checkliste zur Beurteilung öffentlicher Infrastruk-
                  sowie Vertreter aus den Kommunen und Kreisen angehören.          turen – notwendig / änderungsbedürftig / überflüssig – erar-
                  Das Ziel der Veranstaltung: Konsequenzen des Wandels erken-      beitet. Konzepte für eine sinnvolle Nachnutzung leer stehender
                  nen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.                          Bausubstanz sollen entwickelt und verschiedene Szenarien mit
                                                                                   konkreten Auswirkungen erarbeitet werden, um sie anschlie-
                  Auswirkungen dargelegt ...                                       ßend der Bevölkerung in kreativer Weise vorzustellen. Prof. Dr.
                                                                                   Hahne sicherte zu, die Vorhaben mit studentischen Projekten
                  Die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre war        zu unterstützen. Für weitere Aktionen soll der Tag der
                  nicht vorhersehbar und im Zusammenhang mit der demogra-          Regionen 2005 genutzt werden. Vorstellbar ist auch, dass der
                  phischen Entwicklung deshalb nicht in Betracht gezogen wor-      demographische Wandel das Leitthema des Open Flair Festivals
                  den, lautete die Bilanz von Prof. Dr. Rainer Winkel, TU Dres-    in Eschwege 2005 bildet.
                  den. Seine Prognose: zehn Prozent weniger Einwohner für den
                  Werra-Meißner-Kreis im Jahr 2020. Die Folgen: Weite Wege
                  zur Gesundheitsversorgung, da Arztpraxen auf dem Lande wirt-     Nähere Informationen
                  schaftlich nicht mehr attraktiv sind und weite Schulwege für     Verein für Regionalentwicklung Werra-Meißner e.V.
                  Kinder, weil Schulen geschlossen werden müssen. Auch der         Anne-Marie Truniger
                  Brandschutz, bislang auf freiwilliger Basis, könne nicht mehr
                                                                                   Niederhoner Str. 54
                  ohne Mehraufwand sichergestellt werden. Kosten für Infra-
                                                                                   37269 Eschwege
                  struktur und öffentliche Gebäude wie Dorfgemeinschaftshäuser
                                                                                   Tel. (0 56 51) 7 05 11
                  müssen in den kommenden Jahren ebenfalls von weniger
                  Bürgern aufgebracht werden.                                      Fax (0 56 51) 33 11 66
                                                                                   E-Mail: info@vfr-werra-meissner.de
                                                                                   Web: www.vfr-werra-meissner.de

30        L E A D E R forum 2.2004
Dossier
Heiß begehrt:
Die Generation "60 plus"
VON   GERD LEHMANN     UND   SILKE LIEBHER

Drastischer Geburtenrückgang und erhebliche Abwanderung haben die Bevölkerungs-
zahlen in weiten Teilen Ostdeutschlands massiv sinken lassen; der Anteil älterer
Menschen wird immer größer. Drei Brandenburger LEADER+ Regionen sehen in dieser
vordergründig negativen Entwicklung allerdings ein erhebliches Potenzial.

I n den LEADER+ Regionen "UckerRegion", "Fläming-Havel"
  und "Naturparkregion Uckermärkische Seen" wird die Bevöl-
kerungsdichte mit dem demographischen Wandel auf weit
                                                                  direkter Zusammenarbeit mit Projektträgern in der Region im
                                                                  Vordergrund. Diese sollen die Grundlage für die Vorbereitung
                                                                  von Investitionen, baulichen Veränderungen, Existenzgründun-
unter 50 Einwohner/km2 bis 2020 sinken. Gleichzeitig wird         gen und neuen Geschäftsfeldern bilden, die im Anschluss
der Anteil der Einwohner im Rentenalter überproportional stei-    durch die Projektträger umgesetzt werden. Zur Förderung in-
                                                                  vestiver Maßnahmen stellt LEADER+ finanzielle Mittel bereit.
gen. Den Kommunen droht mit Defiziten in der Grundversor-
gung ein erheblicher Imageverlust. Weitere Abwanderungen,
insbesondere von jungen Menschen, sind die Folge, während
                                                                  Erste Schritte
Anreize zur Zuwanderung fehlen. Sowohl Dienstleister als auch
                                                                  Die beteiligten Regionen sind sich einig, nur gemeinsam politi-
Gewerbebetriebe verlieren Nachfragepotenziale, und mit den
                                                                  sche Handlungsempfehlungen erarbeiten zu können. Derzeit
Einwohnern geht den Kommunen zugleich Steuerkraft verlo-          werben sie auf allen Ebenen des LEADER+ Prozesses für ihr
ren.                                                              Projekt, das bereits mit ersten konkreten Ideen aufwarten
                                                                  kann:
Anpassung als Chance
                                                                  ●   Umnutzung leer stehender Mietwohnungen im ländlichen
Diesem "Schicksal" treten die drei LEADER+ Regionen mit               Raum zur Existenzgründung im Bereich "betreuten
einem ungewöhnlichen Plan entgegen. Ziel ihres Gemein-                Wohnen",
schaftsprojektes ist es, ihre Regionen für Menschen im dritten    ●   Tagespflege und Urlaubsangebote für Familien mit
Lebensabschnitt attraktiver zu gestalten. Der Imagegewinn, so         pflegebedürftigen Mitgliedern,
ihre Idee, könnte zu einer Zuwanderung von älteren Menschen       ●   Ausbildung für die kombinierte Kranken- und Altenpflege.
mit – in der Regel – höherem Einkommen führen. Langfristig
könnten sich sogar Synergie-Effekte für weitere Bevölkerungs-
gruppen ergeben, beispielsweise durch die Schaffung von
                                                                  Nähere Informationen
Ausbildungs- und Arbeitsplätzen für junge Menschen in den
                                                                  LAG UckerRegion e.V.
wachsenden Märkten für Senioren.
                                                                  Geschäftsbesorger Agro-Öko-Consult GmbH
                                                                  Dr. Gerd Lehmann und Silke Liebher
Miteinander planen und umsetzen
                                                                  Friedrichstr. 2
Bevor das Projekt starten kann, steht eine Grundlagenstudie       17921 Prenzlau
zur Situationsanalyse in den beteiligten Regionen an.             Tel. 03984 / 83 38 27
Es sollen Aussagen getroffen werden zu:                           Fax 03984 / 83 38 29
                                                                  E-Mail: lag-uckerregion@web.de
●   Bevölkerungsentwicklung und deren Auswirkung auf              Web: www.uckerregion.de
    die einzelnen Regionen;
●   Speziellen Bedürfnissen älterer Menschen (Wohnsituation
    und Wohnumfeld, begleitende Dienstleistungen,
    Infrastruktur, räumliche Mobilität, soziale Netze, barriere
    freier Tourismus);
●   Bereits vorhandenen seniorengerechten Angeboten (soziale
    und medizinische Dienste, Wohnen, Tourismus, Freizeit,
    Bildung und Versorgung);
●   Handlungsbedarf zur Bestimmung der Modellvorhaben
    (z.B. Qualitätsverbesserung, Schaffung neuer Angebote,
    innovative Finanzierungslösungen, Anpassung des Wohn-
    bestandes).

Den Abschluss der Studie bildet je ein Regionalforum mit Teil-
nahme der Kooperationspartner. Neben der Diskussion und
Wissensvermittlung im "Netzwerk demographischer Wandel"
steht die Erarbeitung umsetzungsfähiger Modellvorhaben in

                                                                                                                   L E A D E R forum 2.2004   31
Dossier

                  Betreutes Wohnen daheim
                  VON   ANITA LANZL

                  Bis zum Jahr 2010 wird der Anteil der über 65-Jährigen im Landkreis Kelheim auf 20
                  Prozent ansteigen. Da viele junge Menschen aus beruflichen Gründen aus ihren Heimat-
                  orten wegziehen, leben immer mehr Senioren allein. Um ihnen dennoch ein eigenstän-
                  diges Leben zu ermöglichen, bietet das LEADER-Projekt "Leben+plus" betreutes
                  Wohnen in den eigenen vier Wänden.
                                                                                   Gezielt auf die Bedürfnisse eingehen
                  D   er Anteil allein lebender älterer Menschen nimmt ständig
                      zu und erfasst zunehmend auch ländlich strukturierte
                  Gebiete. Der Landkreis Kelheim verzeichnete 2002 insgesamt       Von der Lokalen Aktionsgruppe Kelheim wurde "Leben+plus"
                  17.413 Personen über 65 Jahre, dies entspricht einem Anteil      als Schlüsselprojekt eingestuft. Dieses wird wissenschaftlich
                  von 16 Prozent der Bevölkerung. Bis 2010 ist mit einem           begleitet vom Institut für Dienstleistungsökonomik der TU
                  Zuwachs auf 19.200 Senioren zu rechnen. Die Versorgung die-      München-Weihenstephan, um unter anderem die Perspektive
                  ser Menschen durch ambulante Dienste ist nur teilweise und       und Nachhaltigkeit sowie die Übertragbarkeit auf andere
                  auch nur im Pflegebereich abgedeckt. Ziel war es daher, ein      Regionen zu prüfen und um durch Marktanalysen das Konzept
                  Versorgungssystem in den Bereichen soziale Kontakte und          beständig und bedarfsorientiert anpassen zu können. Anfang
                  Pflege, Haushalt und Ernährung, Mobilität und Sicherheit auf-    2004 wurden Interviews mit über 65-Jährigen durchgeführt,
                  zubauen, welches für Senioren finanzierbar ist und deren         um den Bedarf an hauswirtschaftlichen Leistungen, Hilfe bei
                  Vereinsamung vermeidet.                                          Behördengängen, sozialen und kulturellen Leistungen und dem
                                                                                   Interesse an Sicherheitseinrichtungen, z.B. einem Hausnotruf,
                                                                                   zu ermitteln. Ein Großteil der Befragten schätzt den eigenen
                  Mehr Unabhängigkeit, weniger Konflikte
                                                                                   zukünftigen Bedarf vor allem im Bereich Haushalt und Sicher-
                  Ein Servicebüro in Abensberg betreut seit Dezember 2002 das      heit als sehr hoch ein. Die Angebotspalette wurde entspre-
                  Projekt "Leben+plus" – initiiert und getragen vom Bayerischen    chend angepasst und anschließend im Landkreis durch Marke-
                  Roten Kreuz – mit fast 50 Senioren. Bei mehr als der Hälfte      tingmaßnahmen (Pressearbeit, Vorträge, Info-Stände) bekannt
                  dieser Senioren leben die Kinder vor Ort, bei den anderen aber   gemacht.
                  weiter entfernt; einige der Senioren haben keine direkten
                  Angehörigen mehr. Die am Ort lebenden Familien sehen die         Von Einzelleistung bis "All inclusive"
                  ambulante Versorgung durch Leben+plus als wichtig für die
                  Unabhängigkeit der älteren Familienmitglieder an. Diese kön-     Das aktuelle Angebot von "Leben+plus" ist vielfältig (siehe
                  nen so ihr Leben nach ihren eigenen Bedürfnissen gestalten       Kasten). Alle Leistungen können einzeln, im Paket und/oder
                  und müssen sich nicht nach dem Zeitplan der Kinder richten.      im Abo gebucht werden. Die Pakete werden individuell auf die
                  Auch kann die Versorgung durch "Fremde" zur Entzerrung           Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten. Zurzeit werden vor
                  häuslicher Spannungen beitragen.                                 allem Einzelleistungen im hauswirtschaftlichen Bereich und in
                                                                                   der Betreuung in Anspruch genommen. Der "Renner" ist die
                                                                                   täglich frisch zubereitete, warme Mahlzeit, die monatlich über
                                                                                   500-mal ausgeliefert wird.

                                                                                   Möchte ein älterer Mensch oder ein Angehöriger Leistungen in
                                                                                   Anspruch nehmen, wird das Servicebüro meist telefonisch kon-
                                                                                   taktiert. Beim Erstkontakt werden Wünsche und Vorstellungen
                                                                                   besprochen. Es folgt ein persönlicher Besuch durch die Sozial-
                                                                                   pädagogin, um das Umfeld kennen zu lernen, um festzustellen,
                                                                                   ob weitere Hilfe notwendig wäre und um Leistungen schriftlich
                                                                                   zu vereinbaren (für Einzelleistungen reichen mündliche Ab-
                                                                                   sprachen aus). Helfer werden einem Kunden fest zugeordnet,
                                                                                   so dass ein enger, teilweise familiärer Umgang entstehen kann.
                                                                                   Wichtig ist dies insbesondere bei Senioren ohne beziehungs-
                                                                                   weise mit weit entfernt wohnenden Angehörigen.

32        L E A D E R forum 2.2004
Dossier
                                                                                                                          Fotos: Leben+plus - Team 2003/4
Arbeitsplätze für die Region                                      Nähere Informationen
                                                                  Inge Morath
Seit Februar 2004 gibt es ein weiteres Servicebüro in Kelheim.    Gesamtprojektleitung Leben+plus
In beiden Dienststellen arbeiten je eine Sozialpädagogin (ver-    Servicebüro Kelheim
antwortlich für Beratung und Betreuung) und eine Verwal-
                                                                  BRK – Kreisverband Kelheim
tungsangestellte als hauptamtliche Mitarbeiterinnen (alle Teil-
                                                                  Stadtknechtstr. 22
zeit) sowie je ein Zivildienstleistender, verantwortlich für
                                                                  93309 Kelheim
Essensauslieferungen und Hilfsdienste wie Begleitung bei
Aktivitäten. Alle weiteren Helferinnen haben eine Ausbildung      Tel. (0 94 41) 50 28 - 17 oder - 18
im pflegerischen oder im hauswirtschaftlichen Bereich. Es sind    Fax (0 94 41) 50 28 - 22
entweder jüngere Frauen, die während der Kindererziehung          E-Mail: morath@kvkelheim.brk.de
nicht ganz aus dem Arbeitsleben aussteigen wollen und die
Möglichkeit der Teilzeitarbeit nutzen, oder aber Frauen, die      Anita Lanzl
nach Zeiten der Kindererziehung wieder in das Berufsleben         Projektleitung Leben+plus Abensberg
einsteigen wollen. Eine Zusammenstellung, die sich bisher gut     Servicebüro Abensberg
bewährt hat. Die Helferinnen arbeiten auf 410-Euro-Basis oder     Edelhardgasse 9
ehrenamtlich.                                                     93326 Abensberg
                                                                  Tel. (0 94 43) 99 26 37
Mehr Lebensqualität bei sinkenden Kosten                          Fax (0 94 43) 99 26 39
Bereits 2005 wird ein drittes Servicebüro in Mainburg eröffnet,   E-Mail: lanzl@kvkelheim.brk.de
um eine wohnortnahe Betreuung im gesamten Landkreis zu
garantieren. Durch die häusliche Versorgung und die Einbin-
dung in das soziale Netz wird ein regionales, altersgerechtes
Integrationsmodell geschaffen. Mit Hausnotrufsystemen und          Leistungspalette von Leben+plus
der schnellen Erreichbarkeit des Servicebüros wird ein hohes
Maß an Sicherheit geboten. Ebenso ist über das Büro eine gute      Haushalt:         Haushaltshilfen, Wäscheservice, Garten-
Kommunikation mit Hausärzten und Fachstellen gewährleistet.                          und Grabpflege, handwerkliche Tätigkeiten,
Durch das Projekt "Leben+plus" wird für die Bürger ein sozia-                        Kehr- und Räumdienste, Haussitting
les, kommunikatives und zuverlässiges Netz für einen sicheren                        bei Abwesenheit während des Urlaubs,
Lebensabend geschaffen und ein Umzug der Senioren in ein                             Krankenhaus- oder Kuraufenthaltes
Pflegeheim oftmals vermieden. Für die Kommunen ergibt sich         Ernährung:        Versorgung mit warmen Mahlzeiten,
daraus eine erhebliche Kosteneinsparung im Vergleich zu sta-                         Einkaufsdienste
tionären Aufenthalten und eine qualitative Verbesserung der        Versorgung:       Friseur, Handwerksdienste, Botengänge
regionalen Lebensqualität auch für erwerbstätige Bürger mit        Mobilität:        Hol-/ Bringdienste, (Behinderten-)Fahrdienste
betreuungsbedürftigen Angehörigen.
                                                                                     auf Stundenbasis oder Kilometerpauschale
                                                                   Pflege:           ambulante häusliche Pflege, Organisation der
Projekt steht bald auf eigenen Füßen                                                 ärztlichen Versorgung
Unterstützt wird "Leben+plus" in den ersten drei Jahren durch      Sicherheit:       Hausnotruf, regelmäßige Hausbesuche,
LEADER+ und die GlücksSpirale. Durch eine LEADER+ An-                                Nachtwache, Urlaubsbetreuung,
schubfinanzierung werden unter anderem Kosten für Personal                           Wohnberatung
in der Initialphase und Investitionen, Fortbildungsmaßnahmen       Soziale Kontakte: Beratung, Besuchsdienst, Kultur- und
und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Evaluierung durch die TU                         Freizeitangebote
München-Weihenstephan finanziert. Über die GlücksSpirale
erhält das Projekt eine Gesamtförderung mit festen jährlichen      Alle Dienste können einzeln oder im Abo gebucht werden;
Beträgen. Das Ziel, ab 2006 wirtschaftlich und kostendeckend       auch die Zusammenstellung von Betreuungspaketen mit und ohne
zu arbeiten, kann voraussichtlich erreicht werden.
                                                                   Hausnotruf ist möglich. Ferner können Einzelleistungen per
                                                                   Gutschein verschenkt werden.

                                                                                                                      L E A D E R forum 2.2004              33
Sie können auch lesen