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Leben & Wohnen Immobilienbeilage Samstag/Sonntag, 2./3. Oktober 2021 Heute: Neue Möb elt aus Londorends n Der Kindergarten als Dorf Die Architekten Feuerstein Hammer Pfeiffer realisierten einen Kindergarten als Dorf für kleine Menschen zwischen eins und sechs.
4 Leben & Wohnen Samstag/Sonntag, 2./3. Oktober 2021 Vorarlberger Nachrichten Samstag/Sonntag, 2./3. Oktober 2021 Vorarlberger Nachrichten 5 EINGANG „Wenn der Eingang nicht stimmig ist, tut sich das Haus schwer, eine angemessene Geste zu setzen“, sagt Architekt Gerhard Feuerstein. Hier ist er als Nische eingerückt. RECHTS VOM FOYER befinden sich die Räume für die Kindergarten- pädagog(inn)en. Sie schauen über den Fußballplatz in Richtung Ortschaft. DIE NISCHE vor dem Eingang schützt vor Witterung und bietet auch Einblick ins Foyer. Der Kindergarten als Dorf P rimisweiler ist ein Dorf gestaltet. „Wenn der Eingang die Grundschule. Die Architekten bei Wangen im Allgäu. nicht stimmig ist, tut sich das verdichteten die örtliche Typo- Etwa 3000 Menschen Haus schwer, eine angemessene logie zum Kindergarten. Er ist so leben hier, der beste- Geste zu setzen“, sagt Architekt etwas wie ein Dorf nach Maß für hende Kindergarten war zu klein, Gerhard Feuerstein. kleine Menschen zwischen ein Der neue Kindergarten von Primisweiler liegt inmitten von Feldern am Ortsrand. es brauchte einen neuen. Er liegt nun etwas hinter Grundschule Ab dem Parkplatz ist die Straße nur noch für landwirtschaftlichen und sechs Jahren. Jede der vier Gruppen ist mit ei- Die Architekten Feuerstein Hammer Pfeiffer konzipierten ihn als Dorf. und Sporthalle, mit der er sich Verkehr zugelassen, die Kinder nem asymmetrischen Satteldach die Parkplätze teilt. Hier ist an können ungefährdet übers Feld als eigenes Häuschen gestaltet. Für jede Gruppe ein kleines Holzhaus mit asymmetrischem Satteldach, der nordöstlichen Stirnseite des bis zum Mitten- oder Blausee Jedes ist aus Holz und hat einen die sich leicht gegeneinander versetzt an einer Art Dorfstraße in der Mitte Kindergartens der Eingang. Die laufen. Im Nordwesten breitet quadratischen Grundriss von etwa Architekten Feuerstein Hammer sich ein Fußballfeld aus, an das 13 x 13 Metern. Darüber steigt das lose aneinanderreihen. Dieser gemeinsame Raum für alle eignet sich als Pfeiffer schoben ihn achtsam im Süden eine sattgrüne Wiese Dach von seiner Traufhöhe von Eingangsfoyer, Speisesaal, zum Spielen, Toben und für Abendveranstaltungen. hinter die Fluchtlinie. So entsteht mit freilaufenden Hühnern an- 2,75 Meter bis zum First auf 5,50 eine witterungsgeschützte Ni- schließt. Im Westen übernimmt Meter an. Das entspricht dem Ver- Denn der Kindergarten ist auch ein Familienzentrum. sche in der dunklen Fassade. Der die Ortschaft: Einfamilienhäuser hältnis 1:2 und wirkt sehr luftig. Vorplatz ist mit Bäumen, Sicht- mit Satteldächern an mäßig be- Autorin: Isabella Marboe | Fotos: Luis Tamaya betonbank und Fahrradständern fahrenen Straßen, dazwischen FORTSETZUNG auf Seite 6
6 Leben & Wohnen Samstag/Sonntag, 2./3. Oktober 2021 Vorarlberger Nachrichten Samstag/Sonntag, 2./3. Oktober 2021 Vorarlberger Nachrichten 7 FORTSETZUNG der Geschichte Der Kindergarten als Dorf von Seite 5 „Wir wollten nicht kindisch, sondern kindgerecht bauen. Die Architektur sollte Großzügigkeit erzeu- gen, die Heimeligkeit vom Material kommen.“ Gerhard Feuerstein Architekt Vorschulkinder haben heute sehr 1 viele Eindrücke zu verarbeiten. Der Kindergarten Primisweiler schafft 1 mit seiner reduzierten Gestaltung einen 2 Ort, der beruhigt und entspannt. Eine Baukulturgeschichte von Der Gruppenraum ist ganz mit von Kindern prägt die Planung. „Wir Weißtanne ausgekleidet, der Boden wollten nicht kindisch, sondern Die Gruppenräume haben große Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und aus Eiche, große Fenster mit niede- kindgerecht bauen. Die Architektur 2 Fenster in den Garten, niedere Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und ren Brüstungen, auf denen Kinder sollte Großzügigkeit erzeugen, die Brüstungen in kindgemäßer Sitzhöhe Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche bequem sitzen und schauen kön- Heimeligkeit vom Material kom- und ein Dach, das von der Traufe bis Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen nen, holen die Landschaft herein. men“, sagt Feuerstein. „Die Kin- zum First auf 5,5 Meter ansteigt. Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at Jeder Gruppenraum hat auch eine dergartenleitung bestärkte uns in Mit freundlicher Unterstützung durch introvertiertere Rückzugsnische, dieser Haltung.“ Fast alle Möbel Der fließende Raum zwischen gemeinsam nehmen sie etwa die sind von den Architekten entworfen 3 den Gruppenhäuschen durchzieht halbe Fläche über die gesamte Sei- und vom Tischler gebaut. Für jede den gesamten Kindergarten und öffnet Daten und Fakten tenlänge ein und ragen zur Gänze in den Garten. Jeder Gruppenraum Schlafmatratze gibt es ein eigenes Fach, jede Garderobe zweigt in eine sich zu Foyer, Speisesaal, Forschungs- bereich und Bewegungsraum. Objekt Kindertagesstätte und Familienzentrum hat mindestens zwei Öffnungen ins gartennahe Matschgarderobe ab, es St. Raphael, Wangen-Primisweiler Freie, jeder ist ein Unikat mit un- gibt ausgetüftelte Kastenwandsys- Bauherr Stadt Wangen im Allgäu terschiedlichen Ausblicken. Das er- teme. „Wir haben keinen cm2 Platz 4 Die Architekten planten auch fast Nutzer Kita St. Raphael, Leitung: Ulrike Heiling leichtert Kindern die Orientierung. verschenkt“, sagt Feuerstein. alle Möbel. Im Schlafraum gibt es Architektur Feuerstein Hammer Pfeiffer Architekten eigene, vertikale Fächer für Matratzen, Die zweite Hälfte der Fläche tei- Es gibt drei Gruppen mit je www.fhp-architekten.de damit diese auslüften und jedem Kind Statik merz kley partner, Dornbirn len sich Garderobe, Sanitäreinhei- 22 Kindern zwischen drei und zugeordnet werden können. www.mkp-ing.com ten und ein Ruheraum zum Schla- sechs Jahren, sowie eine Krip- Landschafts- Martin Kappler, Wangen fen. Die Gruppenhäuschen sind pengruppe mit zehn Kleinkin- architektur https://kappler-landschaftsarchitektur.de paarweise gegeneinander versetzt dern von eins bis drei, insgesamt Das Foyer geht direkt in die Fachplanung Bauleitung: Flatschacher, Dornbirn; – zwei im Südosten, zwei im Nord- 22 Personen – Erzieher(innen), 3 5 zentrale Dorfstraße über. Heizung, Lüftung, Sanitär: Vogt & Feist, westen – an einem durchgehenden Erlebnispädagog(innen), Hauswirt- Ravensburg; Elektro: Lorentz, Ravensburg; Raum angeordnet. Mit seinem ge- schaftslohnkräfte – arbeiten hier. Brandschutz: Anwander, Sulzberg; Akustik: bau8sam, Ravensburg; Bauphysik: Herz schliffenen Estrich am Boden bildet „Kinder haben heute viel zu viele & Lang, Weitnau er gleichermaßen die Dorfstraße. Eindrücke auf einmal zu verarbei- Planung 2017–2019 Robust und fußbodenbeheizt, zieht ten“, sagt Ulrike Heiling, die Leite- Ausführung 2019–2020 er sich als großzügige Bewegungs- rin von Kindergarten und -krippe. Grundstücksgröße 3709 m² fläche fast 50 Meter lang durch Sie schätzt den Purismus des Kin- Nutzfläche 1005 m² das Haus. Er beginnt als Foyer, an dergartens sehr. „Es sind gefühlt Bauweise Holzständerbau; Low-Tech-Gebäude Ausführung Baumeister: Lehnert, Heimenkirch; Holz- das rechts das Büro der Kindergar- nie 80 Kinder da, die Grundatmo- bau: Maier, Wangen; Dach: Holl, Ravens- tenleitung und die Sozialräume sphäre ist immer ruhig und ent- burg; Lüftung: Dieing, Argenbühl; Heizung, anschließen, zwischen den ersten spannt.“ Der Kindergarten ist von Sanitär: Wahl, Wangen; Elektro: Stehle, zwei Gruppen dockt links der Spei- 7.15 bis 15.30 Uhr geöffnet, abends Neukirch; Landschaftsbau: Börner, Lindau; sesaal an, dann schräg gegenüber gibt es Bildungsveranstaltungen Fenster: Stocker, Uttenweiler; Schreiner: hinter Glas der Forschungsbereich für Eltern, Yoga-Workshops und Riedle, Leutkirch; Türen: Holitsch, für die kindliche Erkundung von mehr. „Wir sind auch ein Familien- Tettnang; Estrich: Alma, Berg; Parkett: Mauz, Immenstaad; Trockenbau: Bocht- Naturphänomenen und eine Werk- zentrum“, verweist Heiling auf eine ler, Ingoldingen; Maler: Ebert, Wangen statt, am Ende der Straße liegt der wesentliche Funktion. „Jeder fühlt Energiekennwert 15 kWh/m² im Jahr Bewegungsraum. sich wohl. Die Kinder kommen Baukosten 2,4 Mill. Euro Viel Achtsamkeit und Einfüh- gern, die Familien kommen gern, 4 5 lungsvermögen in die Lebenswelt die Mitarbeitenden kommen gern.“
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