Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION

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Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION
acatech DISKUSSION

Lebenslanges Lernen
fördern – gute Beispiele
aus der Praxis
Ein Good-Practice-Bericht des
Human-­Resources-Kreises von acatech.
Lessons Learned, wissenschaftliche Analysen
und Handlungsoptionen.

J. C. Jacobs, H. Kagermann, D. Spath (Hrsg.)
Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION
Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION
acatech DISKUSSION

Lebenslanges Lernen
fördern – gute Beispiele
aus der Praxis
Ein Good-Practice-Bericht des
Human-­Resources-Kreises von acatech.
Lessons Learned, wissenschaftliche Analysen und
Handlungsoptionen.

J. C. Jacobs, H. Kagermann, D. Spath (Hrsg.)
Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION
Die Reihe acatech DISKUSSION
Diese Reihe sammelt Autorenbeiträge über technikwissenschaftliche
und technologiepolitische Themen. Sie dokumentiert die fachüber-
greifende Diskussion auf Veranstaltungen, in Projekten und Arbeits-
kreisen von acatech. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den
jeweiligen Autorinnen und Autoren.

Alle bisher erschienenen acatech Publikationen stehen unter
www.acatech.de/publikationen zur Verfügung.
Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION
Inhalt
Vorwort                                                                          5

Projekt                                                                          6

1 Ausgangslage                                                                   8

2 Beispiele aus der P­ raxis                                                     11
   2.1 „Mitarbeiter im Fahrersitz ihrer eigenen Lerngeschichte“                  12
          Lernkultur-Initiative youlearn, Deutsche Telekom AG
   2.2 „Zukunft gestalten mit dynamischer Lernkultur“                            13
          Weiterbildungsinitiative TechUcation, Otto Group
   2.3 „Mitarbeiter als Spezialisten in ihren Aufgabenbereichen zertifizieren“   16
          Konzerninitiative Certified, Deutsche Post DHL Group
   2.4 „Digitalisierung als Chance“                                              18
          Data Analytics Curriculum, Munich Re
   2.5 „Beschäftigte motivieren, sich mit anderen Sprachen
       und Kulturen auseinanderzusetzen“                                         20
          Digitalisierung von Sprachtrainings, Bayer AG
   2.6 „Eine neue Lernkultur etablieren und selbstbestimmtes Lernen fördern“     22
          Bosch Learning Company Initiative, Robert Bosch GmbH
   2.7 „Motivation als Schlüssel zum Erfolg“                                     23
          Digital Ambassador Program, SMS group
   2.8 „Menschen befähigen, in der digitalen Welt erfolgreich zu sein“           25
          Udacity Data Science Scholarship Program, Bertelsmann SE & Co. KGaA
   2.9 Azubis „Fit For Future“                                                   27
          BMW TalentFactory, BMW Group
   2.10 „Lernende und deren individuelle Bedürfnisse
        noch stärker in den Mittelpunkt rücken“                                  29
          Digital Skills Initiative, Infineon Technologies AG
   2.11 „Digitale Fitness und operative Exzellenz der Mitarbeitenden fördern“    31
          DB Lernwelt, Deutsche Bahn AG
   2.12 „Personalisierte Lernlösungen schaffen und die
        Selbstverant­wortung der Einzelnen fürs Lernen stärken“                  33
          Kompetenz-Matrizen und Lernreisen, innogy SE
   2.13 „Chancen von Künstlicher Intelligenz gemeinsam nutzen“                   35
          Forschungsprojekt NAWID, Deutsche Lufthansa AG
   2.14 „Kontinuierlichen Kompetenz­erwerb fördern und
        den Wandel aktiv gestalten“                                              37
          Strategische Skill-Transformation bei SAP, SAP SE
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3 Lessons Learned                                                                            40

4 Perspektive der Wissenschaft                                                               42
   4.1 Lebenslanges Lernen – die menschliche Seite
       der digitalen Transformation                                                          42
        Prof. Dr. Manfred Prenzel, Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität Wien/acatech
   4.2 Den Trichter auf den Kopf gestellt –
       Lernkulturen in einer Kultur der Digitalität                                          43
        Prof. Dr. Steffi Robak, Leibniz Universität Hannover
   4.3 „Seeing is believing“: Warum Tech-Konferenzen
       das neue Zentrum der organisationalen Weiterbildung sind                              45
        Christoph Höllig & Prof. Dr. Isabell Welpe, Technische Universität München/acatech

5 Politische Handlungsoptionen                                                               46

6 Ausblick                                                                                   48
Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION
Vorwort

                                                                    Unser Papier haben wir seinerzeit in die politischen Diskussionen
Vorwort                                                             um die Ausgestaltung der Nationalen Weiterbildungsstrategie
                                                                    eingebracht. Wir begrüßen die Initiative der Bundesregierung, die
                                                                    berufliche Weiterbildung im digitalen Wandel zu unterstützen. Der
                                                                    Staat leistet einen wichtigen Beitrag zur Förderung des Lebens-
Der Human-Resources-Kreis (HR-Kreis) von acatech und die            langen Lernens, indem er das Engagement von Unternehmen, Be-
Hans-Böckler-Stiftung haben im Oktober 2018 die acatech             schäftigten und Betriebspartnern zusätzlich flankiert.
­DISKUSSION Die digitale Transformation gestalten: ­Lebens­langes
 Lernen fördern vorgelegt. Dort werden zwei Diskussions­stränge     In der betrieblichen Praxis sehen wir bereits gute Beispiele, wie
 zusammengeführt: Aufbauend auf den Arbeiten des HR-Kreises         Unternehmen gemeinsam mit Beschäftigten und den Sozial- und
 und der Kommission Arbeit der Zukunft unter Vorsitz von Reiner     Betriebspartnern innovative Ansätze für Lebenslanges Lernen
 Hoffmann und Prof. Dr. Kerstin Jürgens haben acatech und die       entwickeln.
 Hans-Böckler-Stiftung den Dialog zum Thema Lebenslanges
 Lernen gemeinsam fortgesetzt. Zusammen haben wir Lösungs-          Die vorliegende acatech DISKUSSION stellt einige dieser Bei-
 vorschläge und Empfehlungen erarbeitet, wie wir den Heraus-        spiele vor, leitet Lessons Learned für lernförderliche Arbeitsum-
 forderungen in der Weiterbildung begegnen und diese aktiv ge-      felder ab und präsentiert Perspektiven der Wissenschaft zum
 stalten können.                                                    Thema Lebenslanges Lernen.

J­ oh. Christian Jacobs                      Henning Kagermann                            Dieter Spath
 Managing Partner                            Vorsitzender des Kuratoriums                 Präsident acatech
 Joh. Jacobs & Co. (AG & Co.) KG             acatech

                                                                                                                                   5
Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION
–   Prof. Dr. Steffi Robak, Leibniz Universität Hannover, Institut
Projekt                                                                 für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung, Vorstand
                                                                    –   Petra Scharner-Wolff, Otto (GmbH & Co. KG), Konzern-­
                                                                        Vorständin Finanzen, Controlling, Personal
Projektleitung                                                      –   Martin Seiler, Deutsche Bahn AG, Vorstand Personal und
                                                                        Recht
–   Dr. Joh. Christian Jacobs, Joh. Jacobs & Co. (AG & Co.) KG,     –   Hauke Stars, Deutsche Börse AG, Mitglied des Vorstands,
    Managing Partner/acatech Senator                                    verantwortlich für Cash Market, Pre-IPO & Growth Financing
–   Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. Henning Kagermann, acatech, Vor-           sowie Personal, Arbeitsdirektorin
    sitzender des Kuratoriums                                       –   Uwe Tigges, innogy SE, Vorstandsvorsitzender
–   Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Dr. h. c. Dieter Spath, acatech       (bis Oktober 2019)
    Präsident                                                       –   Dr. Bettina Volkens, Deutsche Lufthansa AG, Mitglied des
                                                                        Vorstands, Ressort Personal und Recht, Arbeitsdirektorin
                                                                        (bis Dezember 2019)
Mitglieder des HR-Kreises                                           –   Prof. Dr. Isabell M. Welpe, Technische Universität München,
                                                                        Lehrstuhl für Strategie und Organisation/acatech
–   Birgit Bohle, Deutsche Telekom AG, Mitglied des Vorstands,      –   Prof. Dr.-Ing. Katja Windt, SMS group GmbH, Mitglied der
    Bereich Personal, Arbeitsdirektorin                                 Geschäftsführung/acatech
–   Dr. Elke Eller, TUI AG, Mitglied des Vorstands, Bereich
    Personal, Arbeitsdirektorin
–   Jochen Hanebeck, Infineon Technologies AG, Mitglied des         Expertengruppe
    Vorstands und Chief Operations Officer, verantwortlich für      zum Thema „Transformation und Lebenslanges Lernen“
    Operations, einschließlich Manufacturing, Logistics, Quality,   aus den Unternehmen des HR-Kreises
    Customs und Purchasing                                          zur Erarbeitung dieses Good-Practice-Berichts
–   Dr. Immanuel Hermreck, Bertelsmann SE & Co. KGaA, Mit-
    glied des Vorstands, Bereich Personal                           Expertinnen und Experten:
–   Dr. Doris Höpke, Münchener Rückversicherungs-Gesell-            – Martina Ahnert (Deutsche Lufthansa AG)
    schaft AG, Mitglied des Vorstands, Ressort Europe and           – Laura Aleyt (Otto Group Holding)
    Latin America inklusive der Financial Lines, Personal,          – Dr. Judith Ambrosius (Bertelsmann SE & Co. KGaA)
    Arbeitsdirektorin                                               – Shakil Awan (Deutsche Telekom AG)
–   Ilka Horstmeier, BMW AG, Mitglied des Vorstands, Personal-      – Christian ­Böhler (innogy SE)
    und Sozialwesen, Arbeitsdirektorin                              – Stefan Brindt (SMS group GmbH)
–   Dr. Hartmut Klusik, Bayer AG, Mitglied des Vorstands, Be-       – ­Dr. Daniela Feuchtinger (Münchener Rückversicherungs-Ge-
    reich Personal, Technologie und Nachhaltigkeit, Arbeits-           sellschaft AG)
    direktor (bis Dezember 2019)                                    – Dr. Martin Göbbels (Robert Bosch GmbH)
–   Christoph Kübel, Robert Bosch GmbH, Geschäftsführer und         – Juliane Göke (Deutsche Bahn AG)
    Arbeitsdirektor                                                 – Nadja Gschaider (BMW Group)
–   Dr. Thomas Ogilvie, Deutsche Post DHL Group, Mitglied des       – Dr. Florian Henn (Deutsche Lufthansa AG)
    Vorstands, Bereich Personal                                     – Christoph Höllig (Technische Universität München)
–   Zhengrong Liu, Beiersdorf AG, Mitglied des Vorstands, Be-       – Inge Könneker (Otto Group Holding)
    reich Human Resources, Arbeitsdirektor                          – Dr. Heike Laube (SAP SE)
–   Prof. Dr. Manfred Prenzel, Zentrum für LehrerInnenbildung       – Markus Lecke (Deutsche Telekom AG)
    der Universität Wien, Leiter/acatech                            – Nora Maiworm (Bayer AG)
–   Stefan Ries, SAP SE, Mitglied des Vorstands, Chief Human        – Dr. Bert Pütz (Deutsche Post DHL Group)
    Resources Officer, Arbeitsdirektor                              – Anke Rosenthal (SMS group GmbH)
                                                                    – Stephan Rothe (Deutsche Bahn AG)

6
Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION
Projekt

–   Sabine Schule (Deutsche Bahn AG)           Koordination und Redaktion
–   Sabrina Schulze (Deutsche Bahn AG)
–   Nina Schwarting (Otto Group Holding)       –   Dr. Thomas Lange, acatech Geschäftsstelle
–   Marie Ströbert (Deutsche Post DHL Group)   –   Luise Ortloff, acatech Geschäftsstelle
–   Thomas Weiss (innogy SE)                   –   Katharina Winkler, acatech Geschäftsstelle
–   Christopher Werner (Otto Group Holding)
–   Corinna Wolf (Infineon Technologies AG)
                                               Unterstützung
                                               acatech dankt Herrn Dr. Joh. Christian Jacobs und den Unter-
                                               nehmen des HR-Kreises für ihre Unterstützung.

                                                                                                              7
Lebenslanges Lernen fördern - gute Beispiele aus der Praxis - acatech DISKUSSION
wie Design Thinking und Scrum oder der Umgang mit digitalen
               1 Ausgangslage
Ausgangslage

                                                                                   Arbeitsmitteln zur virtuellen und internationalen Zusammen­
                                                                                   arbeit immer bedeutsamer (Methoden­     kompetenz). Darüber
                                                                                   ­hinaus ergeben sich im Zuge der Digitalisierung aber auch
               Die digitale Transformation ist der Strukturwandel unserer           völlig neue Kompetenz­bedarfe: Bestehende Tätigkeiten und
               Zeit: Sie verändert unser Verständnis von Arbeit und geht mit       Jobs verändern sich, und neue – teils deutlich anspruchs-
               einem Wandel in Richtung datenbasierter Geschäftsmodelle,           vollere – Beschäftigungs­ möglichkeiten entstehen, die mehr
               Hyper­skalierung, digitaler Ökosysteme und einer Plattformöko-      Zusammenhangswissen erfordern.
               nomie einher. Die Visionen von Industrie 4.0, Smart Service Welt
               und Lernenden Systemen verdeutlichen, welche Veränderungen          Lebenslanges Lernen wird dabei zum kritischen Erfolgsfaktor –
               dabei auf Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zu-             für Unternehmen, individuelle Karrieren sowie die Arbeits- und
               kommen. Schon jetzt haben diese Entwicklungen viele klassische      Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
                                                                                   ­
               Wertschöpfungs­ketten radikal verändert. Arbeits-, Führungs- und    nehmern. Die Befähigung zum kontinuierlichen Wissens- und
               Organisationsprozesse in Unternehmen werden grundlegend
               ­                                                                   Kompetenzerwerb und das entsprechende Selbstverständnis
               umgestaltet.                                                        sind ein Schlüssel, um die neuen Kompetenzbedarfe frühzeitig zu
                                                                                   adressieren und diesen Wandel in Chancen für Beschäftigung
               Für eine gelingende Transformation ist es entscheidend, dass Be-    und gute Arbeit umzumünzen.
               schäftigte und Unternehmen den Wandel gemeinsam gestalten.
               In vielen Unternehmen vollzieht sich bereits ein technologischer    Insgesamt ist die Idee Lebenslangen Lernens als bildungs-
               Wandel, ein Wandel der Geschäftsmodelle und ein Wandel der          wissenschaftliches und bildungspolitisches Konzept nicht neu;
               Organisation nach innen. Dies erfordert Anpassungsleistungen        angesichts der Geschwindigkeit, Dynamik und Komplexität der
               und stetiges Dazulernen aufseiten der Beschäftigten und des         Ver­änderungen hat sie nun aber eine neue Dringlichkeit und
               Arbeitgebers. Zugleich stellt der erweiterte Grad an Flexibilität   gesamtgesellschaftliche Relevanz. Während frühere Trans-
               und Komplexität der Prozesse neuartige Anforderungen an die         formationsprozesse über einige Jahre begleitet werden konnten,
               Kompetenzen und Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mit-       finden heutige Veränderungen innerhalb kürzester Zeit statt.
               arbeiter in Unternehmen.                                            Unternehmen müssen immer schneller auf immer radikalere
                                                                                   technische Umbrüche reagieren – nicht zuletzt aufgrund der
               Neben den technischen Themen gehören auch in Zukunft                Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Neue
               weiterhin überfachliche Kompetenzen wie analytisches und            daten­getriebene Geschäftsmodelle brechen etablierte Wert-
               kritisches Denken, Urteilsfähigkeit, Kreativität, komplexes         schöpfungsstrukturen auf und können Unternehmen, Branchen
               Problemlösen sowie Projekt- und Kundenmanagement zu den             und komplette Geschäftsmodelle grundlegend infrage stellen.
               relevanten Inhalten. Vor allem im Kontext teils neuer Formen        Damit einher geht eine immer kürzere Halbwertszeit von Wissen
               der Zusammenarbeit in Teams und in Netzwerken zählen                und Kompetenzen; sie müssen kontinuierlich und flexibel
               Kollabo­rationsfähigkeit, Kommunikationsstärke und Konflikt­        weiterentwickelt werden. Dabei wird es kaum Tätigkeiten oder
               fähigkeit zu den Schlüsselkompetenzen, die zukünftig noch           Berufe geben, die nicht von dem Wandel betroffen sind.
               wichtiger werden. Zudem gewinnen die Fähigkeit zu Selbst­
               management und selbstgesteuertem Lernen, Veränderungs­              Diese Entwicklungen verändern auch das Lernen selbst grund­
               bereitschaft sowie eigenständiges Denken und Entscheiden            legend: Im Zuge der digitalen Transformation werden der Zu-
               immer mehr an Bedeutung. Insbesondere für Führungskräfte            gang zu und der Zugriff auf Wissen in vielfacher Hinsicht er-
               spielt zusätzlich der Umgang mit Veränderungen, Unsicher-           leichtert. Dadurch ergeben sich erweiterte Anforderungen an
               heit und Interkulturalität eine entscheidende Rolle. Um sich        Selbstständigkeit und Eigenverantwortung, Zusammenarbeit
               souverän in der zunehmend komplexen und dynamischen                 und Offenheit für lösungsorientiertes Handeln. Zugleich eröffnet
               Welt bewegen und diese aktiv mitgestalten zu können, be-            die Transformation vielfältige neue Möglichkeiten, im und
               darf es darüber hinaus digitaler Grundkenntnisse. Hierzu            durch das berufliche Handeln zu lernen und sich weiterzuent­
               zählt neben dem bewussten Umgang mit digitalen Techno-              wickeln. Digital verfügbare Lerninhalte und intelligente Lern­
               logien auch die Fähigkeit, Daten auf kritisch-­reflexive Weise      systeme, auf die die Lernenden jederzeit zugreifen können, er-
               sammeln, managen, bewerten und nutzen zu können (Digital            gänzen das Bildungsangebot. Innovative, technologiegestützte
               Literacy). ­Außerdem wird das Erlernen neuer Arbeitsmethoden        Lehr-Lern-­Lösungen, sogenannte „Education Technologies“, und

               8
Ausgangslage

deren Kombination mit anderen Lernformaten gewinnen hierbei     lernförderlicher und motivierender Arbeitsumgebungen und

                                                                                                                                  Ausgangslage
gegenüber klassischen Angeboten der Fort- und Weiterbildung     die Möglichkeit, bisherige starre Denkstrukturen aufzubrechen
immer mehr an Bedeutung.                                        und neue Wege zu beschreiten. Insgesamt geht es darum, ge-
                                                                meinsam Freiräume und Flexibilität für das Lernen zu schaffen
Dabei gibt es für die Gestaltung guten und produktiven Lernens und so Potenziale für Kreativität und Weiterentwicklung ge-
keine generischen, allgemeingültigen „One-size-fits-all“-­ zielter zu nutzen; dies schließt zeitliche Freiräume für Lernen, Er-
Lösungen. Viele Unternehmen erproben daher derzeit neue proben und Reflexion mit ein.
Lern- und Lehrformen. Zentrale Fragen sind dabei die Gestaltung

                                                                                                                             9
Beispiele aus der ­Praxis

                                                                    bestmöglich vermitteln? Wie kann eine Unternehmens- und
2 B
   eispiele aus der                                                Lernkultur entstehen, die selbstbestimmtes und bedarfs-
                                                                    gerechtes Lernen fördert? Wie lässt sich Lebenslanges Lernen
  ­Praxis                                                           zielgruppengerecht gestalten? Welche innovativen Lehr-Lern-
                                                                    Lösungen eröffnen sich im Zuge der Digitalisierung? Wie
                                                                    können Unternehmen, Beschäftigte und Betriebspartner zu-
Zahlreiche Beispiele aus der deutschen Wirtschaft belegen: Viele    kunftsfähige Mitbestimmungsprozesse im Bereich des be-

                                                                                                                                             Beispiele aus der Praxis
Unternehmen sind auf dem Weg, Lebenslanges Lernen noch              trieblichen Lernens ausgestalten?
strategischer zu fördern. Sie haben ein hohes Eigeninteresse,
gutes und produktives Lernen zu fördern – gerade auch vor dem       Die nachfolgenden 14 Beispiele aus der betrieblichen
Hintergrund der digitalen Transformation. Gemeinsam mit Be-         Praxis bieten Orientierung bei der Beantwortung dieser
schäftigten und den Sozial- und Betriebspartnern entwickeln         Fragen. Neben den Eckpunkten der Umsetzung mit ihren
sie innovative Ansätze für eine zukunftsorientierte Aus- und        unternehmensseitigen Voraussetzungen enthalten die Praxis-
Weiterbildung.                                                      beispiele auch Hinweise auf kritische Erfolgsfaktoren sowie
                                                                    gewonnene Erfahrungen und Erkenntnisse der Unternehmen.
Wie können Weiterbildungsprogramme relevante Grund-
kenntnisse und fachliches Know-how zu digitalen Themen

Good Practices – Lebenslanges Lernen fördern
Good Practices – Lebenslanges Lernen fördern

Mitwirkende Unternehmen                                            Dargestellte Anwendungsbereiche

                                                                                             Zielgruppen-            Innovative
                                                                   Unternehmenskultur
                                                                                              orientierte        Lehr-Lern-Lösungen
                                                                       und Lernen
                                                                                             Lernformate

                                                                                 Strategisches       Sozialpartnerschaft
                                                                               Skill-Management      und Mitbestimmung

                                                                                                                                       11
2.1	„Mitarbeiter im Fahrersitz ihrer                            Methodenwissen auch Angebote aus den Bereichen Kunst,
                                eigenen Lerngeschichte“                                     Kultur, Gesundheit und Psychologie.

                           	Lernkultur-Initiative youlearn
                                                                                           Insgesamt beruht LEX auf der Annahme, dass bereits sehr viel
                             Deutsche Telekom AG                                           Wissen im Unternehmen existiert, jedoch nicht immer bekannt
                                                                                           ist, an wen man sich mit bestimmten Fragen oder Problem-
                           Die Deutsche Telekom möchte die Lernkultur im Unternehmen stellungen wenden kann. Die Peer-to-Peer-Plattform bietet
Beispiele aus der Praxis

                           nachhaltig verbessern und selbstgesteuertes, bedarfsgerechtes die Möglichkeit eines „Give and Take“ zu relevanten Themen
                           Lernen „on the Job“ noch stärker fördern. Mit youlearn wurde und des Wissensaustauschs unter Kolleginnen und Kollegen.
                           ein Konzernprojekt gestartet, das die Themen Lernkultur, IT-­ In kleineren Lernformaten wie beispielsweise 60-minütigen
                           Lösungen sowie Rahmenbedingungen des Lernens ganzheitlich Web-Sessions teilen Expertinnen und Experten ihr Wissen
                           betrachtet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten dabei mit anderen Beschäftigten. Darüber hinaus stellt LEX eine
                           mehr Raum für selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Expertenliste, eine Lerntauschbörse und einen Lern-Video-
                           Lernen; die Unternehmens- und Führungskultur unterstützt diese kanal zur Verfügung und unterstützt bei der Bildung von
                           Entwicklung. So will das Unternehmen selbst zu einer lernenden Lernnetzwerken („virtuelle ­Communities“). Im Unterschied zu
                           Organisation heranwachsen.                                      klassischen Qualifizierungs­angeboten des Konzerns basiert das
                                                                                           Netzwerk auf Freiwilligkeit, Engagement und Kollegialität der
                           Um eine nachhaltige Veränderung des Lernverhaltens der Be- Mitwirkenden und ist weitgehend unreguliert. Dabei findet
                           schäftigten zu erreichen, wurden im Rahmen von youlearn einige weder eine Erfassung von Lern­     zeiten und der Lernhistorie
                           Neuerungen in der gesamten Lernorganisation eingeführt:         statt, noch ist die Zertifizierung des Erlernten vorgesehen.
                                                                                           Seit dem Start im IT-Bereich der Telekom im Jahr 2018 ist so
                           § Ein Career-Coach-Tool zeigt die Entwicklung des eigenen eine vollkommen neue Lernkultur entstanden, die von den Be-
                               Stellenprofils über die nächsten Jahre auf und gibt so Auf- schäftigten selbst initiiert wurde („Bottom-up“) und aus sich
                               schluss über sich verändernde Kompetenzen und passende heraus immer weiter gewachsen ist.
                               Qualifizierungsangebote.
                           § Das bestehende Learning-Management-System wurde LEX ist damit Ausdruck einer noch konsequenteren Aus-
                               um Funktionalitäten ergänzt, die die Lernerfahrungen der richtung des Lernens an den individuellen Bedürfnissen der Mit-
                               Nutzerinnen und Nutzer berücksichtigen.                     arbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Integration von Lernen
                           § Neue mobile Lernanwendungen ermöglichen orts- und zeit- in den Prozess der Arbeit. Es ist ein Beispiel für Social Learning
                               flexibles Lernen.                                           und zeigt, welche Wirkkraft der informelle, selbstorganisierte
                           § Eine unternehmensweite Kampagne flankiert den Wandel, Wissens­austausch im Unternehmen entfalten kann.
                               indem sie die Bedeutung und den Nutzen des Lernens im
                               Arbeitsprozess verdeutlicht.                                Kritische Erfolgsfaktoren

                           Lernen von Experten (LEX) – selbstorganisiertes                  Kritischer Erfolgsfaktor für die Lernkultur-Initiative ist neben
                           Forum für den globalen Wissensaustausch                          dem Engagement einzelner Treiber der Initiative (sogenannter
                                                                                            „Lernbotschafter“) und der Nutzung des internen Enterprise
                           Mit der Initiative youlearn hat sich auch ein internationales,   Social Network „You and Me“ auch die wachsende Bereit-
                                                                                            ­
                           konzernweites Austauschforum für Expertenwissen im Unter-        schaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der
                           nehmen entwickelt. Lernen von Experten (LEX) ist ein selbst­     Führungskräfte, sich untereinander weiterzuhelfen und sich
                           organisiertes Mitarbeiter-Netzwerk, das den globalen Wissens­    gegenseitig zu unterstützen. Eine einfache und agile Hand-
                           austausch und das Lernen voneinander unterstützt. In dem         habung der Lernplattform und ihrer Inhalte ist dabei Voraus-
                           internen Enterprise Social Network der Deutschen Telekom         setzung für deren Akzeptanz und Nutzung. Zudem ist es ent-
                           können Beschäftigte ihr eigenes Wissen einbringen („User         scheidend, dass den Beschäftigten der erforderliche Freiraum
                           und Expert Generated Content“) und auf die im Konzern            gewährt wird, damit sie sich untereinander austauschen und
                           vorhandenen Kenntnisse zugreifen; partizipatives Lernen          Wissen teilen können; die Lernzeit wird dabei als Arbeitszeit
                           und Lernen in Netzwerken werden dadurch gefördert. Das           gewertet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden so zu
                           Themen­spektrum umfasst neben berufsbezogenem Fach- und          Multiplikatoren des Wissens und haben die Möglichkeit, den

                           12
Beispiele aus der ­Praxis

Wandel der Lernkultur selbst mitzugestalten. Eine aktive Be-         und breite Akzeptanz im Unternehmen. Insgesamt eignet sich
teiligung und Unter­stützung durch das (Top-)Management bis          LEX insbesondere für Fachbereiche, die in Projektarbeit tätig
hin zur Vorstands­ebene (beispielsweise durch Wissensbeiträge        sind und somit tendenziell einen höheren Grad an Flexibilität
von Vorständen) verschafft dem Projekt zusätzliche Relevanz          ihrer ­Arbeits- und Organisationsprozesse aufweisen.

   Lernen von Experten (LEX)

                                                                                                                                                    Beispiele aus der Praxis
                                                #usergenerated #relevant #accessible
                                                                                            Content
                                                #scalable #transparent #adaptable

                                                                                                         #selforganized #userdriven #agile
                                                                                        Agile
                                                                                                         #fast #veryshortwaitingtime

                                                        #helpfulness #responsiveness        Sharing
                                                        #appreciation #motivation

                                                                                                         #inherent #continous #improvement
                                                                                       Quality
                                                                                                         #optimization #likewished

                                                 #ondemand #visible #flexible #24/7
                                                                                          Availability
                                                 #onboardtools #yam #webex

        LEX
                                                                                                         #simpleusage #nooverhead
                                                                                       Usability
                                                                                                         #emotional #quicktouse

                                                #informallearning #fastlearning
                                                                                          DT Benefit
                                                #onboardlearning #costsavinglearning

                                                                                                              #FUTURE
                                                                                                              #recognisedearningplatform
                                                                                                              #worldwidelearning
                                                                                                              #shareknowledge

2.2	„Zukunft gestalten mit                                          persönliche Weiterentwicklung zu ermöglichen. Darüber hinaus
                                                                     sollen Lernen und insbesondere digitale Bildung selbstverständ-
     dynamischer Lernkultur“                                         licher Bestandteil des Arbeitsalltags werden. Der Konzernvor-
	Weiterbildungsinitiative TechUcation                               stand sieht es als seine Verantwortung an, dafür Sorge zu tragen,
  Otto Group                                                         dass alle Beschäftigten in der Otto Group über die nötigen
                                                                     digitalen Kompetenzen verfügen, um die digitale Transformation
                                                                     aktiv und erfolgreich zu gestalten.
In einer Welt, die von großen Unsicherheiten und hoher Ver-
änderungsgeschwindigkeit geprägt ist, ist die Bereitschaft           Weiterbildung ist kein Privileg für Einzelne, sondern
zu Lebenslangem Lernen unabdingbarer Wettbewerbsvorteil              wichtig für alle
sowohl für Unternehmen als auch für jede und jeden Einzelnen.
In der Otto Group gibt es eine Vielzahl von internen und ex-         Deshalb wurde die Initiative TechUcation gestartet, um die
ternen Weiterbildungsangeboten, Seminaren und Coachings,             Zukunftsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie
um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine fachliche und          der gesamten Unternehmensgruppe sicherzustellen. Zu diesem

                                                                                                                                              13
Zweck kooperiert die Otto Group mit Masterplan.com, einer 2017     funktionsübergreifenden Zugang aller weltweit rund 52.000 Mit-
                           in Deutschland gegründeten innovativen Lernplattform für beruf-    arbeiterinnen und Mitarbeiter der Otto Group. Die Teilnahme ist
                           liche Weiterbildung. Auf Masterplan teilen Digital-Expertinnen     verbindlich, um ein einheitliches, grundlegendes Verständnis zum
                           und -Experten aus der ganzen Welt in ansprechenden, kurzen         Thema Digitalisierung im Konzern sicherzustellen. In zusätzlich
                           Videos ihr Wissen anhand von anschaulichen Beispielen aus der      produzierten Videos erklären Kolleginnen und Kollegen nach den
                           Praxis.                                                            Lektionen ganz konkret, wie sich die Umsetzung der Themen in den
                                                                                              Unternehmen der Gruppe gestaltet.
Beispiele aus der Praxis

                           In einem Pilotprojekt wurden die Inhalte von der Otto Group
                           Holding gemeinsam mit rund 400 Beschäftigten verschiedener         Gemeinsames Lernen für gemeinsamen Erfolg
                           Konzernunternehmen sowie dem Vorstand und dem Betriebs-
                           rat auf die Bedürfnisse der Otto Group abgestimmt. Entstanden      TechUcation lässt sich nahtlos in den Arbeitsalltag integrieren
                           ist ein digitales Lernmodul mit rund acht Stunden Video-           und das Modul kann auf den verschiedenen Arbeitsgeräten, also
                           material, das allen in der Otto Group dabei hilft zu verstehen,    PC, Tablet oder Smartphone, genutzt werden. Alle Teilnehmenden
                           was Digitalisierung eigentlich bedeutet und welche Heraus-         können in ihrem jeweiligen Tempo die einzelnen Lektionen
                           forderungen, aber auch Chancen sich dadurch für jeden persön-      durchlaufen. Am Ende der verschiedenen Lerneinheiten werden
                           lich ebenso wie für das Unternehmen ergeben.                       Quizfragen gestellt, für die bei richtiger Beantwortung ent-
                                                                                              sprechende Punkte vergeben werden. TechUcation wird auf
                           Im Gegensatz zu bisherigen Qualifizierungsmodellen, die            diese Weise auch zu einer spielerischen Challenge, die den
                           nur einzelne Personengruppen adressieren, ermöglicht               Spaß am Lernen aktiviert. Im Anschluss steht auf Masterplan
                           TechUcation sukzessive einen gleichberechtigten, hierarchie- und   für einen Zeitraum von drei Jahren ein umfassendes Angebot

                                Startbildschirm von TechUcation mit Begrüßung durch
                                den CEO der Otto Group, Alexander Birken

                           14
Beispiele aus der ­Praxis

an freiwilligen weiterführenden Kursen, je nach Fachgebiet und           Führungskräfte begleiten den Lernprozess und agieren als
Kenntnisstand, zur Verfügung, das kontinuierlich erweitert und           Lerncoaches im Transformationsprozess.
aktualisiert wird. Ein intelligenter Lern­algorithmus soll der Beleg-
schaft zukünftig individuelle Lern­pfade vorschlagen.                    TechUcation wird bereits sukzessive in den Konzern-
                                                                         gesellschaften der Otto Group ausgerollt und vor Ort durch
Kritische Erfolgsfaktoren                                                individuelle, auf die lokalen Bedürfnisse abgestimmte Maß-
                                                                         nahmen begleitet. Eine Verzahnung mit bestehenden Lernan-

                                                                                                                                               Beispiele aus der Praxis
Bei TechUcation geht es aber um mehr als die reine Vermittlung           geboten sowie eine begleitende Kommunikation sind mitent-
neuer Fertigkeiten für die Digitalisierung. Mit der Initiative schafft   scheidend für den Erfolg der Initiative. So fand beispielsweise
die Otto Group gleichzeitig den Raum und den Rahmen für eine             auf dem Campus der Unternehmenszentrale in Hamburg ein
zeitgemäße Lernkultur, in der Lernen zum integralen Bestand-             sogenannter „Digital Learning Day“ statt, der dazu motivierte,
teil des Arbeitsalltags wird. Indem die Kolleginnen und Kollegen         sich an Marktständen über TechUcation sowie weitere Lernan-
das Gelernte in der Praxis gemeinsam ausprobieren und darüber            gebote und Tools zu informieren und in interaktiven Sessions
diskutieren können, fördert TechUcation neben digitalem Lernen           auszutauschen.
auch soziales und informelles Lernen. Dazu bietet die Otto Group
auf der Plattform viele Ideen, wie das dort vermittelte Wissen           Für eine konsequente Verankerung der neuen Lernkultur ist die
ganz praktisch im (Arbeits-)Alltag angewendet werden kann.               Initiative TechUcation auf mehrere Jahre angelegt; sie wird die
Dafür hat das TechUcation-Projektteam zum Beispiel praktische            Beschäftigten der Otto Group fortlaufend mit Angeboten rund
Tipps und Tricks – sogenannte „Lernhacks“ – entwickelt, die die          um selbstorganisiertes Lernen bei der Entwicklung eigenver-
Teams situativ und flexibel im Arbeitsalltag einsetzen können.           antwortlicher Lernkompetenzen unterstützen.

    Begleitende Kommunikation für den Start von TechUcation

                                                                                                                                         15
2.3	„Mitarbeiter als Spezialisten                                   Eckpunkte der Umsetzung
                                in ihren Aufgabenbereichen
                                                                                                Im Verlauf der letzten Jahre haben über 290.000 Beschäftigte
                                zertifizieren“                                                  an Certified-Trainings teilgenommen. Kern der Initiative ist ein
                           	Konzerninitiative Certified                                        breit gefächertes modulares Programm: In einem zweitägigen
                             Deutsche Post DHL Group                                            Basistraining wird allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
                                                                                                ein über alle Unternehmensbereiche und Länder hinweg
Beispiele aus der Praxis

                           Die Deutsche Post DHL Group möchte weltweit als erstes global        reichendes gemeinsames Verständnis der Unternehmenswerte
                           operierendes Unternehmen jede Mitarbeiterin und jeden Mit-           sowie der strategischen Ziele des Konzerns vermittelt. Zusätz-
                           arbeiter zertifizieren. Die Grundlage hierfür bildet eine tiefe      lich erhalten die Teilnehmenden einen Einblick in Geschäfts-
                           Verankerung dieser Vision in der Konzernstrategie. Certified         modelle, Strategie und Kultur des jeweiligen Unternehmens-
                           ist die konzernweite Initiative zur Förderung von Mitarbeiter­       bereichs; spezifisches Wissen über den Konzern und die Rolle,
                           engagement, Wissen und kulturellem Wandel. Es ist das größte         die jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter darin innehat,
                           und umfassendste Mitarbeiter-Engagement-Programm der                 wird so erworben. Das Einführungsmodul ist für alle Be-
                           Deutschen Post DHL Group, das mehr als eine halbe Million            schäftigten obligatorisch. Nach Abschluss des Moduls erhalten
                           Menschen in über 220 Ländern dabei unterstützt, ihr Potenzial        die Teilnehmenden einen sogenannten „Lernpass“, welcher den
                           zu entfalten und zu Spezialistinnen und Spezialisten in ihren        persönlichen Entwicklungsweg durch Certified abbildet. Für er-
                           Unternehmens­bereichen zu werden. Damit fördert das Unter-           worbenes Wissen, die erbrachte Leistung und das Engagement
                           nehmen eine Kultur der Kundenorientierung und ein Verständ-          in Trainings und Veranstaltungen erhalten die Lernenden
                           nis für die Zusammenhänge und Geschäftsabläufe im Konzern.           Stempel und Abzeichen in ihrem Lernpass. So werden Lern-
                           Die Initiative wird gemeinsam mit und für die Beschäftigten          erfolge sichtbar gemacht und anerkannt – ein wichtiger
                           umgesetzt. ­  Lebenslanges Lernen und der Wissenstransfer            Schlüssel zur Individualisierung und Personalisierung der
                           werden so gefördert, der Zusammenhalt und die Loyalität zum          Weiterbildung wie auch ein effektiver Weg, um Lernmotivation
                           Unternehmen gestärkt. Eine Unternehmenskultur, zu der Offen-         und Lernerfolg zu steigern. Gleichzeitig ist der Pass ein Symbol
                           heit, Feedback, Wertschätzung und kontinuierliches Lernen ge-        der Identität und Verbundenheit zum Unternehmen.
                           hören, ist dabei von zentraler Bedeutung.
                                                                                                Aufbauend auf dem Einführungsmodul gibt es ein breit ge-
                           Ihren Ursprung hat die Initiative im Unternehmensbereich             fächertes Programm mit Folgeseminaren. Diese sind funktions-
                           Express, welcher 2010 mit dem Personalschulungsprogramm              spezifisch und adressieren die fachlichen Kompetenzen der
                           ­„Certified International Specialist“ startete. Mittlerweile zählt   Lernenden. In verschiedenen Führungskräftetrainings werden
                            DHL Express über 100.000 zertifizierte Mitarbeiterinnen und         zudem beispielsweise die konzernweiten Führungsattribute
                            Mitarbeiter. Das Programm ist in über 40 Sprachen verfüg-           vermittelt. Alle Certified-Module werden von eigens dafür aus-
                            bar und wird von 1.800 Beschäftigten aus dem Bereich Ex-            gebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Führungs-
                            press durchgeführt, die eigens als Trainerinnen und Trainer         kräften durchgeführt. Hinter diesem Konzept steht die Über-
                            geschult wurden. Die Trainingsmodule sind methodisch wie            zeugung, dass Moderatorinnen und Moderatoren aus den
                            ein Trichter aufgebaut – von allgemeinen Inhalten bis hin zu        eigenen Reihen in besonderem Maße die Werte der Deutschen
                            Spezialtrainings für den jeweiligen Tätigkeitsbereich. Neben        Post DHL Group verkörpern, diesen entsprechend Gewicht ver-
                            einem Grundkurs absolvieren die Teilnehmenden spezialisierte        leihen und von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als
                            Module zu Themen wie Vertrieb oder Führung. Nach dem                besonders glaubwürdig wahrgenommen werden. Zudem er-
                            Erfolg des Programms bei DHL Express wurde C            ­ertified   möglicht es die Tätigkeit als Trainerin oder Trainer, eigene Fähig­
                            konzernweit ausgerollt und findet sich inzwischen in jedem          keiten auszubauen und mehr über das Geschäft sowie die Mit-
                            Unter­nehmensbereich auf der ganzen Welt.                           arbeiterinnen und Mitarbeiter zu lernen.

                                                                                                Die Trainingseinheiten werden vor allem mit Blick auf
                                                                                                Lern­
                                                                                                    architekturen, Methodenvielfalt, Multisensorik und
                                                                                                Gamifizierung konzipiert. Interaktive Lernmaterialien sowie

                           16
Beispiele aus der ­Praxis

eine Kombina­  tion aus innovativen Lehr-Lern-Lösungen und         Darüber hinaus müssen alle Module festgelegte Qualitäts-
didaktischen Konzepten, bei denen der Trainer die Rolle eines      kriterien erfüllen – sowohl visuell als auch auf das Lern-
Moderators einnimmt, fördern den Erkenntnisgewinn, wie bei-        erlebnis der Teilnehmenden bezogen. Außerdem werden die
spielsweise beim Flipped-Classroom-Prinzip, wo die Lerninhalte     Module kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst, die
selbstständig von den Lernenden erarbeitet werden und die An-      Moderatorinnen und Moderatoren umfassend qualifiziert. Diese
wendung und Transferleistung im Training erfolgt. Partizipatives   durchlaufen zunächst selbst das entsprechende Modul, bevor
Lernen und das Lernen in Netzwerken unterstützen dies. Neben       sie im Rahmen von Workshops die Konzeption, Moderation und

                                                                                                                                          Beispiele aus der Praxis
klassischen Präsenztrainings und Workshops setzt das Unter-        Umsetzung von Trainings erproben. Erst danach werden sie als
nehmen dabei zunehmend auf ein digitales Lernumfeld.               Trainerinnen und Trainer eingesetzt. Zudem unterstützt der „First
                                                                   Choice Weg“ – ein Programm zur systematischen und kontinuier-
Kritische Erfolgsfaktoren                                          lichen Verbesserung interner Prozesse, Services und Produkte –
                                                                   die Qualitätssicherung im Unternehmen.
Festgelegte Grundsätze bestimmen die inhaltliche und
methodische Ausgestaltung der Module. Demnach liegt                Entscheidend für den Erfolg und die Akzeptanz der Initiative
die Programmverantwortung zwar bei den jeweiligen Unter-           sind neben der hohen Reichweite und der unternehmens-
nehmensbereichen, gemeinsame Standards bilden jedoch               weiten Kommunikation auch die Ausgestaltung der Module
den Gestaltungsrahmen. Themen mit konzernweiter Relevanz           sowie die Orientierung an den Bedarfen der Lernenden. Dabei
werden dabei bereichsübergreifend bearbeitet, wohingegen die       sind besonders die Aktivierung und Emotionalisierung aller Mit-
funktionellen Qualifizierungsmaßnahmen Teil der bereichsspezi-     arbeiterinnen und Mitarbeiter von Bedeutung, denn dies fördert
fischen Programme sind. Sonder- und Fachthemen für kleinere        die Vermittlung der Werte und Besonderheiten des Unter-
Zielgruppen bleiben als separate Angebote bestehen und             nehmens. Certified zeigt spürbar positive Auswirkungen auf das
werden nicht als Certified-­Module aufgenommen.                    Mitarbeiterengagement und die Kundenzufriedenheit.

   Persönliche Entwicklungswege mit dem Lernpass abbilden

                                                                                                                                    17
2.4 	„Digitalisierung als Chance“                                 offen. Auf einem allgemeinen Level wird die Relevanz von Daten-
                                  Data Analytics Curriculum                                   analyse für Munich Re und die Branche in neun kurzen Lernein-
                                  Munich Re                                                   heiten dargestellt. Die Lernenden werden befähigt, Bedeutung,
                                                                                              Herausforderungen und Chancen für das eigene Aufgabenfeld
                                                                                              zu identifizieren, und lernen die für die Datenanalyse relevanten
                           Munich Re zielt in der Weiterentwicklung der Unternehmens­         Tools kennen. Ein spielerisch angelegtes Mini-Quiz erhöht das
                           kultur darauf ab, ein gemeinsames neues Verständnis für die        Interesse am Thema und fördert die Motivation.
Beispiele aus der Praxis

                           Chancen der Digitalisierung zu entwickeln. Digitalisierung und
                           Vernetzung erhöhen die Datenmenge. Grundlage für die Aus-          Das Advanced-Level richtet sich an Mitarbeiterinnen und Mit-
                           weitung der Versicherbarkeit sowie die Effizienzsteigerung der     arbeiter im Kunden- und Kerngeschäft, die bereits mit großen
                           Prozesse bilden die technischen Möglichkeiten durch Datenana-      Datenmengen arbeiten, sowie an Führungskräfte. In fachspezi-
                           lyse, maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz. Der Um-      fischen praxis- oder theorieorientierten Workshops lernen sie Ein-
                           gang mit Daten und Algorithmen spielt in diesem Zusammen-          satzmöglichkeiten und Grenzen in Bezug auf geschäftsfeldspezi-
                           hang eine Schlüsselrolle für das traditionell datenbasierte        fische Fragestellungen kennen. Das Ziel: Lösungsansätze mittels
                           Unternehmen. Damit geht eine deutliche Veränderung der Mit-        Datenanalyse und maschinellen Lernens verstehen und deren
                           arbeiterprofile und der benötigten Kompetenzen einher. Die         Nutzen erklären können. Zudem geben die Kurse einen Einblick
                           Überzeugung, dass eine Vielzahl der Mitarbeiterinnen und Mit-      in eingesetzte Tools und vermitteln Verständnis zum Thema
                           arbeiter über gute Voraussetzungen verfügt, um für die Daten-      Daten. Konkrete Anwendungsfälle und Datenquellen mit Bezug
                           analyse qualifiziert zu werden, ist dabei handlungsleitend.        zur Wertschöpfungskette der Kunden werden in die Trainings
                           Die Personalstrategie fokussiert bei der Förderung einer unter-    integriert. Diese praxisorientierten Bestandteile werden durch
                           stützenden Lernkultur die Elemente Freiwilligkeit und selbst-      einen theoretischen Rahmen aus Modellen, Methoden und recht-
                           bestimmtes Lernen.                                                 lichen Implikationen kombiniert. Die Teilnehmenden lernen, Aus-
                                                                                              wirkungen auf die Systeme, die operativen und die Geschäfts-
                           Mitte 2018 wurde die Plattform „Digital School“ gegründet –        prozesse der Kunden abzuleiten.
                           die Beschäftigten können in ihrer Geschäftsregion direkt auf
                           das gesamte für digitales Arbeiten relevante Fort- und Weiter-     Daten-Spezialistinnen und -Spezialisten mit einem mathe­
                           bildungsangebot zugreifen, zum Beispiel auf das globale so-        matischen oder statistischen Hintergrund werden mit dem An-
                           genannte Data Analytics ­Curriculum (DAC). Ziel ist es, ein        gebot des Black-Belt-Level angesprochen. Für die Teilnahme
                           Bewusstsein für die Themen Datenanalyse und Künstliche             können sich Interessierte bewerben, oder sie werden von der
                           Intelligenz zu schaffen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter   Führungskraft nominiert. ­Human Resources, das Competence
                           durch konkreten Anwendungsbezug in den entscheidenden              Center Data Analytics und der jeweilige Fachbereich entscheiden
                           Techniken zu befähigen. Die Qualifizierungsangebote wurden         gemeinsam, welche Kandidatinnen und Kandidaten für diese be-
                           von den Fachbereichen Human Resources, Competence Center           sondere Förderung am besten geeignet sind. Die selbstständige
                           Data Analytics und Corporate Underwriting gemeinsam ent-           Ableitung von Datenanalyse-Lösungen aus allgemeinen ge-
                           wickelt. Sie adressieren verschiedene Lernlevel und sind auf       schäftlichen Problemstellungen steht im Mittelpunkt bei den
                           individuelle Aufgaben, Vorwissen und Entwicklungsziele ab-         unternehmensinternen Präsenztrainings sowie Hochschul-
                           gestimmt. Dabei handelt es sich nicht um ein durchgängiges         kursen in Kooperation mit der LMU München beziehungsweise
                           Lerncurriculum mit aufeinander aufbauenden Modulen,                der Rutgers University Princeton. Die Absolvierenden mit Uni-
                           sondern um theoretische und praktische Trainings, die je nach      versitätszertifikat werden in ihrer Organisationseinheit so zu
                           zu erreichendem Kenntnisstand untergliedert sind. Im Mittel-       zentralen Ansprechpersonen und fungieren als Schnittstelle
                           punkt steht die Frage, wie die jeweiligen Kompetenzen auf-         zwischen Kompetenzzentren und operativen Geschäftseinheiten.
                           und ausgebaut werden können.                                       Die praktischen Anwendungsfälle aus ihrem Fachgebiet be-
                                                                                              arbeiten sie nach dem Training weiter; der nachfolgende Aus-
                           Curriculum mit vier Kompetenz-Leveln                               tausch untereinander wird durch Netzwerktreffen gefördert.

                           Im Curriculum werden vier Level unterschieden: In einer ersten     Maßgeschneiderte, hoch individualisierte Qualifizierungs- und
                           Stufe wurde unternehmensweit der E-Learning-Kurs Basic-Level       Entwicklungsangebote wie Rotationen und Kongresse sind Be-
                           eingeführt. Dieser steht allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern   standteil des Expert-Levels. Dieses richtet sich an alle Expertinnen

                           18
Beispiele aus der ­Praxis

und Experten der Daten­analyse. Die Lernenden werden in die            der Lernenden wurden Beschäftigte aller Funktionsbereiche
Lage versetzt, Datenanalyse-Lösungen auf Expertenniveau                und Hierarchieebenen erreicht. Dies belegen die weltweit hohe
voranzutreiben, und erhalten einen umfassenden aktuellen Über-         Nachfrage und das Feedback nach den Trainings. Eine Heraus-
blick über Methoden, Tools und Prozesse. In dieser exponierten         forderung stellen die Ressourcen der internen Fachleute dar:
Position definieren sie interne Standards, agieren als Meinungs-       Denn die stark individualisierten und auf die spezifischen
führer und beraten interne sowie externe Stakeholder.                  Themenbereiche ausgerichteten Trainings erfordern eine hohe
                                                                       Investitionsbereitschaft des Unternehmens für die Initiative.

                                                                                                                                                    Beispiele aus der Praxis
Kritische Erfolgsfaktoren
                                                                       Mit der Initiative konnte ein spürbarer Wandel im Unternehmen
Die grundlegende Überzeugung der Mitarbeiterinnen und Mit-             eingeleitet werden: Eine gesteigerte Offenheit für das Thema
arbeiter von der ­Vision und Strategie des Unternehmens hat die        Datenanalyse wie auch eine zunehmende Anzahl entsprechender
Bereitschaft zur Teilnahme am Data Analytics Curriculum ge-            Projekte sind zu beobachten. Aufgrund des besseren Verständ-
fördert. Der modulare Charakter und die freiwillige Teilnahme          nisses der Möglichkeiten und Chancen von Data ­       Analytics
erhöhen zusätzlich die Motivation der Mitarbeiterinnen und             werden zunehmend potenzielle Anwendungsfälle identifiziert,
Mitarbeiter. Mittels nachhaltigen internen Marketings sowie            Lösungen für verschiedene Aufgabenstellungen ent­wickelt und
intensiver persönlicher, direkter Kommunikation und Begleitung         entsprechende Use-Case-Projekte initiiert.

   Die Kompetenzstufen
   Kompetenzstufen           sind auf
                   – auf Bedürfnisse der die  Bedürfnisse
                                         Zielgruppen        der Zielgruppen zugeschnitten.
                                                     zugeschnitten

                                Niveau                       Niveau                        Niveau                         Niveau
                            Grundlagen                 Fortgeschritten                 Anwender                         Experten
                              (Basics)                   (Advanced)                   (Black Belts)                     (Experts)

                                  *                         **                         ***                          ****
                Ziel

                        Sensibilisierung & Basis   Verständnis & Ideenfindung    Zur Anwendung befähigen                 Gestalten
         Zielgruppe               Alle                        Alle                 Mathematiker, Aktuare           Erfahrene Spezialisten

       Lernmethode             E-Learning                  Präsenzschulung              Präsenzschulung                 Individuell

            Umfang
                        Zwei Stunden                   Mehrtägig                            Vier Wochen Brücken-            Durchgängig

       Zertifizierung                                                                                   bauer
                                                                                        Hochschulzertifikat

          Standorte             Weltweit                    Weltweit            München, Princeton, Singapur               Weltweit

                                                                                                                                              19
2.5 	„Beschäftigte motivieren, sich mit                              Eckpunkte der Umsetzung
                                 anderen Sprachen und Kulturen
                                                                                                 Die Einführung der Sprachlernlösung inkludiert folgende Elemente:
                                 auseinanderzusetzen“
                           	Digitalisierung von Sprachtrainings                                 § eine digitale Lernplattform mit einem vielfältigen, ab-
                             Bayer AG                                                                wechslungsreichen Angebot zum Erhalt beziehungsweise
                                                                                                     Erlernen der deutschen und der englischen Sprache (un-
Beispiele aus der Praxis

                           Weiterbildungsoptionen können durch die Digitalisierung                   begrenzt),
                           effizienter, effektiver und flexibler gestaltet werden. Innovative    §   virtuelle, trainergesteuerte Gruppentrainings mit Kolleginnen
                           Bildungstechnologien eröffnen dabei neue Möglichkeiten,                   und Kollegen sowie Beschäftigten anderer Unternehmen
                           Inhalte passgenau und individualisiert zu vermitteln. Deshalb             zum Erhalt beziehungsweise Erlernen der englischen Sprache
                           möchte das Unternehmen Bayer seinen Mitarbeiterinnen und                  (unbegrenzt),
                           Mitarbeitern – neben den klassischen Lernformaten – eine ab-          §   virtuelle, trainergesteuerte Einzeltrainings zum Erwerb der
                           wechslungsreiche und moderne Sprachlernlösung zur Verfügung               deutschen und der englischen sowie 16 weiterer Sprachen
                           stellen, die dem aktuellen Bedarf der Beschäftigten nach zeit-            (als Zusatzpaket bei Bedarf buchbar).
                           und ortsunabhängigem Lernen und dem Lernen in Netzwerken
                           entspricht.                                                           Mit Blick auf die unterschiedlichen Lernpräferenzen und
                                                                                                 ­-geschwindigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bietet
                           Im Rahmen seiner Digitalisierungsstrategie führt Bayer eine neue,      die neue Sprachlernlösung allen Lernenden die Möglichkeit,
                           vollständig digitale und auf die individuellen Bedarfe der Mit-        einen individuellen, strukturierten Lernpfad aus einem breiten
                           arbeiterinnen und Mitarbeiter zugeschnittene Sprachlernlösung          Angebotsportfolio auszuwählen. Die Selbstlernplattform mit
                           ein. Ziel ist es, allen Beschäftigten in Deutschland unbegrenzten      industrie- und businessspezifischen Inhalten sowie unterschied-
                           Zugriff auf eine E-Learning-Plattform für webbasiertes Lernen          lichen Lernmethoden ermöglicht dabei vollständig flexibles und
                           von Sprachen zu ermöglichen und auf diese Weise selbst-                eigenständiges Lernen. Für den direkten Austausch mit anderen
                           gesteuertes sowie eigenverantwortliches Lernen zu fördern. Im          Lernenden stehen den Teilnehmenden die virtuellen Gruppen-
                           Zuge der ­Initiative erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter     oder Einzelkurse mit festen Lernzeiten zur Verfügung.
                           außerdem ein zusätzliches, unbegrenztes Angebot an virtuellen
                           Gruppentrainings sowie bedarfsorientierte, virtuelle Einzel-          Entscheidend für die Auswahl der Lernpakete ist neben den
                           trainings; partizipatives und soziales Lernen sowie der kollegiale,   persönlichen Präferenzen das konkrete Lernziel, beispielsweise
                           länderübergreifende Austausch mit anderen Lernenden sowohl            die Anforderungen an das aktuelle oder zukünftige Stellen-
                           innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens werden so an-           profil der oder des Beschäftigten. Soll ein bereits bestehendes
                           geregt. Zudem unterstützt die Entwicklung der sprachlichen            Sprachlevel gehalten oder erweitert werden, stehen den
                           und interkulturellen Kompetenzen die Beschäftigten dabei,             Lernenden die Selbstlernplattform und das virtuelle Gruppen-
                           sich gezielt auf globale Positionen in der eigenen Organisation       training zur Verfügung. Dagegen kann individueller virtueller
                           vorzubereiten. Auf diese Weise fördert Bayer eine Kultur des          Einzelunterricht gebucht werden, wenn die gezielte Entwicklung
                           Lebenslangen Lernens und motiviert seine Mitarbeiterinnen             hin zu einem höheren Sprachlevel in kurzer Zeit angestrebt wird.
                           und Mitarbeiter, sich mit anderen Sprachen und Kulturen aus-          Die klare Differenzierung zwischen Spracherhalt und Sprach-
                           einanderzusetzen. Die Implementierung einer zunehmend web-            erwerb gewährleistet die notwendige Qualität des Lernprozesses
                           und computerbasierten Lernlandschaft bereitet sie gleichzeitig        und effizientes, zielgerichtetes Lernen. Der individuelle Lernpfad
                           auf den digitalen Wandel vor.                                         wird dabei auf Basis eines Einstufungstests und einer Bedarfs-
                                                                                                 analyse (Ziel-Sprachlevel) definiert. Die Lerninhalte sowie die
                                                                                                 Auswahl der Lernformate richten sich nach dem Start- und dem
                                                                                                 gewünschten Ziel-Sprachlevel der Teilnehmenden und können
                                                                                                 je nach Lerntyp, zeitlicher Verfügbarkeit und Lernziel gewählt
                                                                                                 werden. Sowohl bei der Einstufung als auch beim Kursabschluss

                           20
Beispiele aus der ­Praxis

erhalten die Teilnehmenden ein Zertifikat nach dem Ge-                  Endgeräten nutzbar ist, erhalten die Lernenden Zugriff auf die
meinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER).               Sprachlernplattform. Obwohl das Projekt lokal aus Deutschland
Die Lernenden haben dabei jederzeit den Überblick über ihre             gesteuert wird, wurden bei der Suche nach einem geeigneten
individuelle Gesamtleistung und steuern ihren Lernfortschritt           Anbieter auch Aspekte wie die globale Verfügbarkeit, bereits
selbstständig; die Lernzeit wird stets als Arbeitszeit gewertet.        bestehende Arbeitsbeziehungen sowie lokale Anforderungen
                                                                        in anderen Ländern berücksichtigt. Außerdem wurden ex-
Kritische Erfolgsfaktoren                                               terne Expertenkreise zum Benchmarking, Austausch und Von-

                                                                                                                                                   Beispiele aus der Praxis
                                                                        einander-Lernen herangezogen. Dies förderte die globale, unter-
Neben der Einbettung der Sprachlernlösung in die globale,               nehmensübergreifende Zusammenarbeit und Synergieeffekte
cloud-basierte Bayer-Lernmanagement-Plattform My Learning               zwischen den Bayer-Stand­orten in den einzelnen Ländern.
sind der leichte Zugang sowie die intuitive und anwender-
freundliche Nutzung der Sprachlernplattform entscheidend für            Kritische Erfolgsfaktoren für das Gelingen der Initiative sind
die Umsetzung und Akzeptanz der Initiative. Die neue digitale           auch die Offenheit und eine positive Grundeinstellung der
Sprachlernlösung soll so als adäquate Alternative zu bereits be-        Organisation gegenüber digitalen Lernformaten. Zudem wurden
stehenden Präsenztrainings angenommen werden. Ein Schwer-               der HR-Leitungskreis und die Mitbestimmungsgremien von
punkt der Projektarbeit lag daher auf der technischen Um-               Beginn an aktiv in das Projekt eingebunden. Dabei wurden Ziel-
setzung und Implementierung. Bayer hat sich bewusst für einen           setzung und Realisierung der digitalen Sprachlernlösung fort-
Komplettanbieter für Sprachtrainings entschieden, der sowohl            laufend transparent an die Beschäftigten kommuniziert; so wird
die Plattform bereitstellt als auch sämtliche Serviceleistungen         jede und jeder Einzelne durch den Veränderungsprozess begleitet.
übernimmt, die den Sprachlernprozess der Teilnehmenden                  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die neue Plattform bereits
fördern. Hierzu zählen beispielsweise eine intensive, individuelle      getestet haben, berichten über verschiedene Kommunikations-
Lernbegleitung und die Motivation der Lernenden. Über ihren             kanäle im Unternehmen von ihren Nutzungserfahrungen.
Computer und in naher Zukunft auch via App, die mit mobilen

.

    Bayers „Learning & Training Ecosystem“

                                       Interner
                              Trainingskatalog    My Learning
                                                                                             Selbstlernplattform

                                                                                             Virtuelle Einzel- und Gruppentrainings
                 Skillsoft
              E-Learning-
                                                                Sprachlern-                  18 Sprachen
                                                                 plattform
               Bibliothek                                                                    Einstufungstests und Abschlusszertifikate

                                                                                             Inhalte zu Alltags- und Businesskontext

                                                                                             Zugriff über mobile Endgeräte

                                                                                             Integration in My Learning
                  Social-Learning-                                    Externer
                         Plattform
                                     SAP Jam                          Trainingskatalog

                                                                                                                                             21
2.6 	„Eine neue Lernkultur etablieren                                einzubringen und auf der internen Videoplattform „Bosch Tube“
                                 und selbstbestimmtes Lernen                                     mit Kolleginnen und Kollegen zu teilen. Zur Förderung der Lern­
                                                                                                 agilität auf allen Ebenen, also der Fähigkeit, Wissen schnell und
                                 fördern“                                                        effizient über Bereichs- und Ländergrenzen hinweg zu generieren
                           	Bosch Learning Company Initiative                                   und zu teilen, wurde die „Learnagility Toolbox“ – ein Set an
                             Robert Bosch GmbH                                                   Methoden für agiles Lernen – entwickelt und im Unternehmen
                                                                                                 ausgerollt (Cluster 3).
Beispiele aus der Praxis

                           Bosch möchte Lernen auf allen Ebenen des Unternehmens als
                           wichtiges und transformationsrelevantes Thema verankern. Die          Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens sind
                           Beschäftigten sollen beim kontinuierlichen Kompetenzerwerb            zur Teilnahme an Weiterbildungen berechtigt. Methoden wie
                           unterstützt werden und die Möglichkeit erhalten, ihr Wissen best-     das „Self Organized Learning Forum“ (kurz SOLF), in dem die Teil-
                           möglich in den Arbeitsalltag zu integrieren. Zu diesem Zweck hat      nehmenden ihren Lernbedürfnissen entsprechend eigenständig
                           das Unternehmen Anfang 2017 die Bosch Learning Company                Lerngruppen gründen und gemeinsam lernen können, oder das
                           (BLC) ins Leben gerufen – eine bereichsübergreifende, agile, sich     „Competence Camp“ zur Unterstützung einer selbstbestimmten,
                           selbst steuernde Initiative, die von zahlreichen Führungskräften      aktiven Kompetenzentwicklung in Teams richten sich an die
                           und Learning-Stakeholdern mitgetragen wird. Das Unternehmen           gesamte Belegschaft. Auch bestimmte Angebote externer Lern-
                           geht damit auch einen Schritt in Richtung nachfrageorientierter       plattformen („eUniversities“) stehen zur Verfügung. Andere
                           Personalentwicklung, in der die Mitarbeiterinnen und Mit-             Programme wie die Veranstaltung „Digital Transformation in a
                           arbeiter individuell und entsprechend ihren Bedürfnissen über         Nutshell“ für Managerinnen und Manager sowie leitende An-
                           Lerninhalte und die Art der Wissensvermittlung entscheiden. In-       gestellte oder das Teilprojekt „Shop­floor Enabling“, das den Mit-
                           zwischen wurde das Programm weltweit etabliert; in Deutsch-           arbeiterinnen und Mitarbeitern in der Produktion eine aktive
                           land laufen noch Gespräche mit den Betriebsräten über die Frei-       Beteiligung an der digitalen Transformation ermöglicht, sind
                           gabe einiger digitaler Lernangebote.                                  auf spezifische Zielgruppen ausgerichtet. Alle Angebote und
                                                                                                 Methoden haben den Anspruch, eigenverantwortliches Lernen
                           Fokus auf drei Cluster                                                im Moment des Bedarfs zu ermöglichen.

                           Mit dem Ziel, die Transformation bei Bosch voranzutreiben und         Aus Sicht des Unternehmens wurde mit der Bosch Learning
                           selbstgesteuertes, eigenverantwortliches Lernen zu fördern,           Company ein Praxisbeispiel mit Leuchtturmcharakter geschaffen.
                           konzentriert sich die Initiative auf drei Cluster: transformations-   Kennzeichnend ist dabei vor allem die Einbeziehung unterschied-
                           bezogene Qualifizierungsangebote, eine moderne (digitale)             licher Ebenen, Geschäftsbereiche und Divisionen, aber auch der
                           Lern­­infrastruktur sowie moderne Lernformate und -methoden.          Charakter einer selbstgesteuerten, weltweiten Initiative ohne
                           Die Angebote zur Transformationsqualifizierung sollen die Be-         Auftrag seitens der Geschäftsführung („Grassroots Initiative“).
                           schäftigten auf die Herausforderungen des digitalen Wandels           Während die Initiative aus einer Zentralabteilung heraus ko-
                           vorbereiten. Hierzu wurden eigens Lern- und Informationsan-           ordiniert wurde, realisierten Kolleginnen und Kollegen aus den
                           gebote entwickelt. Neben Methoden, die sich agiler Elemente im        Geschäftsbereichen die vielfältigen Teilprojekte und entwickelten
                           Kontext des Lernens bedienen und erfahrungsbasiertes Lernen           Angebote für verschiedenste Zielgruppen im Unternehmen.
                           unterstützen, umfasst dieses Cluster beispielsweise auch ein
                           Hochschulseminar, das grundlegendes Wissen im Bereich der             Kritische Erfolgsfaktoren
                           Softwareentwicklung vermittelt. Angebote wie das sogenannte
                           „Selbst-Check-Tool“ zur anonymen Evaluation individueller             Nachdem die Initiative Anfang 2017 Bottom-up gestartet ist,
                           Kompetenzen und Erfahrungen zu Themen der digitalen Trans-            wird sie seit 2018 aktiv von der Geschäftsführung unterstützt.
                           formation schaffen das notwendige Bewusstsein und motivieren          Als kritische Erfolgsfaktoren gelten in erster Linie:
                           zur Nutzung der Lernangebote. Das zweite Cluster bildet eine
                           moderne Lernarchitektur mit vielfältigen Formaten. Lernen             § die Energie, die durch den Charakter der selbstgesteuerten
                           soll so individueller, schneller und flexibler möglich sein. Vor          Initiative und die gemeinsame Zielsetzung entfaltet wurde,
                           allem video­basiertes Lernen, das auch über mobile Endgeräte          § das Aufbrechen von Silos, bereichsübergreifende Kollabora­
                           möglich ist, ergänzt die gewohnten Klassenraumschulungen.                 tion und das Verhindern von Bereichsoptimierung,
                           Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eigenes Wissen

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