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Talente finden und fördern Tätigkeitsbericht 2016 Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main
TALENTE ENTDECKEN In der Kreativwerkstatt von Holger Burckhardt lernten die Teilnehmer des Kollegs für junge Talente, wie man den eigenen Ideenreichtum anregt.
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 Inhalt 6 Vorwort des Vorstands 10 Stifterversammlung 12 Das war 2016 16 Bildung 18 Sprach- und Persönlichkeitsbildung 26 Wissenschaft und Technik 28 Hinführung zu Wissenschaft und Technik 36 Kunst, Kultur und Pflege des kulturellen Erbes 38 Hinführung zu Musik und Kunst 44 Kultur und Geschichte in der Stadt 48 Soziales, Karitatives, Humanitäres 50 Familienbildung 57 Mitwirkung in der Bürgergesellschaft 60 Alumni- und Ehrenamtsnetzwerk 62 Die Stiftung in der Öffentlichkeit 4 Talente finden und fördern | Inhalt
66 Förderprojekte 68 Marga Coing-Stiftung 70 Finanzen 70 Vermögensmanagement 73 Projekte in Zahlen 77 Jahresabschluss 2016 80 Bericht des Stiftungsrats 2016 84 Geschäftsstelle 86 Markenkranz 88 Unsere Partner
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 IN DER KREATIVWERKSTATT Prof. Dr. Roland Kaehlbrandt (Vorstandsvorsitzender; Inhalte, Projekte, Kommunikation; links) und Johann-Peter Krommer (Mitglied des Vorstands; Finanzen, Organisation, Personal). 6 Talente finden und fördern | Vorwort
Talente finden und fördern Vorwort des Vorstands Der kleine Adnan* fiel bereits in den ersten Tagen auf. Gemeinsam mit der Stadt Frankfurt hatte die Stiftung in einer Schule in Frankfurt, der Paul-Hindemith-Schule im Gallus-Viertel, einen Standort des dreiwöchigen DeutschSommers speziell für Flüchtlingskinder aufgebaut. 33 Kinder nahmen an der intensiven Deutschförde- rung teil. Der neunjährige Adnan war erst vor wenigen Monaten nach Deutsch- land gekommen. Im Unterricht war er aufmerksam und beteiligte sich lebhaft. Nach nur drei Wochen Sprachtraining spielte er bereits mit anderen Kindern auf Deutsch. Im September 2016 wurde Adnan gemeinsam mit seinen Eltern in ein Förderprogramm für Flüchtlingsfamilien aufgenommen, das Diesterweg-Projekt Frankfurt-Bonames. Adnan hat sich in wenigen Monaten gut zurechtgefunden und zeigt vielfältige Talente. Die Stiftung ist an seiner Seite, damit der talentierte Junge gemeinsam mit seinen Eltern seinen Weg in Deutschland machen kann. Talente finden und fördern – das ist eine zentrale Aufgabe in einem Land, das auf seine Talente besonders angewiesen ist. Als private Stiftung können wir ganz genau hinschauen. Wir können dort suchen, wo die allgemeine Bildungsversor- gung aufgrund ihrer Breitenausrichtung nicht alles erkennen kann. Einer Studie der Vodafone Stiftung zufolge bleiben in der öffentlichen Bildungsversorgung viele Talente unentdeckt. Der polytechnischen Tradition entsprechend geht es unserer Stiftung um vielfältige Talente: solche im Bereich der Naturwissenschaften, der Sprache, der Musik, des Engagements. Die Stiftung unterstützt verborgene oder auch bereits hervorstechende Fähigkeiten, so zum Beispiel in den naturwissen- schaftlichen Bildungsprojekten wie Mathe für kleine Asse oder wie der Junior- Ingenieur-Akademie; oder Sprachbegabungen, die sich in dem Projekt Meine Zeitung oder auch im großen Diktatwettbewerb zeigen. Im Projekt ANKLANG kön- nen sehr musikinteressierte Grundschüler ihre Fähigkeiten ausprägen. Ein neues Kolleg für junge Talente richtet sich an vielseitig motivierte, interessierte und talen- tierte Jugendliche im Alter zwischen 14 und 16 Jahren. In einem Studium generale erhalten die von ihren Schulen nominierten 20 Kollegiaten ein Jahr lang ver- tiefende Seminare und Möglichkeiten eigener Gestaltung. * Name geändert 7
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 »Talente finden und fördern – das ist eine zentrale Aufgabe in einem Land, das auf seine Talente besonders angewiesen ist.« Talente gibt es jeden Alters. Viele Teilnehmer an unseren Programmen sind Erwach- sene, so zum Beispiel die im Durchschnitt eher älteren StadtteilHistoriker, die mit Akribie und Findigkeit Beiträge zur Frankfurter Stadtgeschichte leisten. Auch Eltern und Familien gehören dazu. So konnten einige Familien aus dem Förder- programm der Willkommenstage in das Diesterweg-Stipendium für Kinder und ihre Eltern aufgenommen werden. Talentförderung heißt auch Persönlichkeitsbildung. In den großen Stipendien- programmen der Stiftung geht es um intellektuelle Fähigkeiten, aber auch um personale Fähigkeiten wie Überblick, Urteilskraft, Einfühlungsvermögen und Kommunikationsstärke. Im Ehrenamtsstipendium StadtteilBotschafter kommt es besonders auf die letztgenannten Fähigkeiten an. Auch das Ehrenamt bedarf beson- derer Talente, denn die gesellschaftliche Aufgabenstellung wird immer anspruchs- voller, wie sich gerade jüngst bei der Flüchtlingszuwanderung gezeigt hat. Stiftungen sind auf Dauerhaftigkeit angelegt. Sie müssen vorsorglich handeln. Die Lage an den Kapitalmärkten erfordert besondere Umsicht und Voraussicht; im Pro- jektbereich ist intelligentes Fördern notwendig. Vorstand und Stiftungsrat haben daher eine Strategie für die Jahre 2017 bis 2021 festgelegt. Sie lautet »Erfolge sichern, Potenziale nutzen«. Dies bedeutet für den Projektbereich, dass die erfolg- reichen Leitprojekte, die sich als effektive Leistungsbeiträge für eine dynamische Einwanderungsgesellschaft mit hohem Integrationsbedarf erwiesen haben, beibe- halten werden. Es ist vorteilhaft, dass die Stiftung vor allem personenbezogene Stipendienprogramme aufgelegt hat, die im Bedarfsfall eine gewisse Elastizität in Anzahl, Höhe und Dauer erlauben. Projekterfolge abzusichern heißt, die Qualität und die Leistungsfähigkeit der Leitprojekte abzusichern. Potenziale zu nutzen bedeutet, eine Anpassung mancher Leitprojekte an aktuelle gesellschaft- liche Aufgaben, zum Beispiel in der Flüchtlingsintegration, vorzunehmen. Ein gutes Potenzial für die Zukunft bieten auch mittlere Projekte jüngeren Datums: das Kolleg für junge Talente, ein Projekt naturwissenschaftlicher Familienbildung oder auch eines zur Förderung sehr junger Mathematiktalente. Es gelingt der Stiftung immer wieder, Organisationen für eine Projektpartnerschaft zu gewinnen. Aber auch 8 Talente finden und fördern | Vorwort
Potenziale zur Beendigung, Streckung oder Reduzierung von Projekten, die nicht in der ersten Reihe stehen, werden genutzt. Die Linie für die Projektarbeit lautet mithin: Die erprobten Projekte weiter detaillieren und für neue Problemlagen nutz- bar machen; noch junge Projekte erfolgreich einführen und schließlich Projekte aus der zweiten Reihe beenden, reduzieren oder strecken. Damit ist die Stiftung für die sich abzeichnenden Herausforderungen, die aus dem historisch niedrigen Zinsniveau und den dadurch eingeschränkten Ertragspoten- zialen erwachsen, grundsätzlich gut positioniert. Im Berichtsjahr 2016 konnten allerdings alle Projektvorhaben im geplanten Umfang umgesetzt werden. Für die gemeinnützige Zweckerfüllung wurde mit 6,4 Millionen Euro der bislang zweit- höchste Betrag seit Gründung der Stiftung bereitgestellt. Nach dem im Vorjahr durch eine Großförderung beeinflussten Spitzenwert bedeutet dies zwar einen Rückgang. Er war aber angekündigt und geplant und bedeutet lediglich eine Rückkehr auf das bisherige Niveau. Denn trotz der durch verschiedene Einflüsse komplexen Lage an den internationalen Kapitalmärkten erzielte das Vermögensmanagement eine zufriedenstellende Wertentwicklung des Stiftungsvermögens von 3,8 Prozent. Neben einer Erhaltung des Stiftungsvermögens steht im Mittelpunkt der Aktivi- täten des Vermögensmanagements die Stabilisierung des Aufkommens an lauf- enden Erträgen. An Zinsen, Dividenden und Mieten konnten im letzten Jahr wiederum 10,6 Millionen Euro vereinnahmt werden. Daher war es möglich, neben den Projektaufwendungen und den sich stabil zeigenden Kosten der Admi- nistration der Freien Rücklage wiederum den steuerlich maximal zulässigen Betrag in Höhe von 3,4 Millionen Euro zuzuweisen. Unter Berücksichtigung des positiven Saldos aus Vermögensumschichtungen wuchs das Stiftungsver- mögen insgesamt um 5,6 Millionen Euro auf 426,7 Millionen Euro. Der Vorstand dankt dem Stiftungsrat für die intensive und vertrauensvolle Zusam- menarbeit. Er dankt der Stifterversammlung für ihr Vertrauen und das hilfreiche Netzwerk, das die Polytechniker bieten. Unsere kompetenten und engagierten Mit- arbeiter sind das Rückgrat der Stiftungsarbeit. Ihnen gilt unser Dank – wie auch unseren ehrenamtlichen Helfern und unseren Stipendiaten, den Botschaftern der Stiftung in der Stadtgesellschaft. Prof. Dr. Roland Kaehlbrandt Johann-Peter Krommer 9
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 ENTSCHEIDEND Die Mitglieder der Polytechnischen Ge- sellschaft bilden die Stifterversammlung, die einmal jährlich zusammenkommt. 10 Talente finden und fördern | Stifterversammlung
Kooperativ Stifterversammlung am 8. Juni 2016 Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft wurde im eingesetzt. Dem Vermögensmanagement sei es gelun- Jahr 2005 von der Polytechnischen Gesellschaft e. V. gen, den Einfluss rückläufiger Zinserträge durch zusätz- errichtet. Die Mitglieder der Polytechnischen Gesell- liche Dividenden und Mieteinnahmen zu kompensieren. schaft sind gleichzeitig die Stifter und damit Mit- Dadurch seien die laufenden Erträge nochmals leicht auf glieder der Stifterversammlung, vor der Vorstand 11,1 Millionen Euro gestiegen, das drittbeste Ergebnis und Stiftungsrat einmal im Jahr Rechenschaft über seit Gründung der Stiftung. Erfreulich seien auch zu- ihre Arbeit ablegen. Die Stifterversammlung fand am sätzliche Mittel aus Kooperationen und von Spendern. 8. Juni 2016 in der Alten Oper Frankfurt statt. Diese Mittel hätten sich im Berichtsjahr auf 500.000 Euro belaufen. Der Vorstandsvorsitzende, Dr. Roland Kaehlbrandt, hob hervor, dass die Flüchtlingszuwanderung des Jahres Der Stiftungsratsvorsitzende, Walther von Wietzlow, 2015 die Kooperation öffentlicher und privater Akteure berichtete, dass der Entwicklung des Vermögens im erfordert habe. So habe die Stiftung mit der Stadt Jahr 2015 die besondere Aufmerksamkeit des Stiftungs- Frankfurt und befreundeten Stiftungen die Initiative rats gegolten habe. Der Rekordwert für den Überschuss Frankfurt hilft ins Leben gerufen. Zugleich habe die aus der Vermögensverwaltung sei besonders begrüßt Stiftung ihre anderen Bildungsziele im Auge behalten. worden. Der Stiftungsrat habe sich intensiv der Anlage- Dazu sei ihre Projektkette im naturwissenschaftlich- strategie gewidmet. Das Bestreben, mittelfristig eine technischen Bereich weiter ausgebaut worden. Zu Drittelparität von Renten, Aktien und Immobilien zu einem besonders erfolgreichen Modellprojekt habe erreichen, finde weiterhin seine Unterstützung. Ferner sich die Junior-Ingenieur-Akademie entwickelt. Ein habe sich der Stiftungsrat mit der Zweckerfüllung der weiterer Schwerpunkt habe auf der Förderung gesell- Stiftung befasst. Es sei erfreulich, dass die Wirksam- schaftlicher Mitwirkung gelegen. Hier sei insbeson- keit der Stiftungsarbeit auch durch wissenschaftliche dere die BürgerAkademie zu nennen, in deren Rahmen Evaluationen unterstrichen werde. In ihrem Jubiläums- besonders engagierte Ehrenamtler gefördert würden. jahr habe die Stiftung auf zehn erfolgreiche Jahre zurückblicken können. Sie habe sich zu einem wichti- Johann-Peter Krommer, Vorstand für Finanzen, Per- gen, unentbehrlichen, gemeinwohlorientierten Akteur sonal und Organisation, referierte über die wirtschaft- in Frankfurt entwickelt. liche Entwicklung der Stiftung. Bezogen auf das Jahr 2015 habe mit 7,3 Millionen Euro der bislang höchste Betrag für die Projektarbeit aufgewendet werden kön- nen. Damit habe die Stiftung seit ihrer Gründung 46,5 Millionen Euro für das Gemeinwohl in Frankfurt 11
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 Talente Das war 2016 2016 VERLEIHUNG DES POLYTECHNIK-PREISES 16. Februar – Für das Didaktik-Konzept KEMIE – Kinder erleben mit ihren Eltern Chemie erhielt Prof. Dr. Katrin Sommer von der Ruhr-Universität Bochum die Hauptauszeichnung beim Polytechnik- Preis für außerschulische Lernorte. Hinführung zu Wissenschaft und Technik, Seite 33 FRANKFURT SCHREIBT! 2. März – 140 Schüler, Eltern und Lehrer traten beim fünften Frankfurt-Finale des großen Diktatwettbewerbs an. Wiebke Reimer (Kategorie »Eltern«, Ziehenschule, Mitte) holte sich mit vier Fehlern zum zweiten Mal den Gesamtsieg – und verteidigte ihn beim überregionalen Finale am 14. Juni. Sprach- und Persönlichkeitsbildung, Seite 23 23 En- gagierte AUFNAHME IN DIE BÜRGERAKADEMIE V 24. Februar – 23 besonders engagierte Frankfurter Ehrenamtler zwischen 20 und 69 Jahren wurden in die V. Generation der BürgerAkademie aufgenommen, darunter Juri Jarczyk. Mitwirkung in der Bürgergesellschaft, Seite 59 12 Talente finden und fördern | Das war 2016
ABSCHLUSS DER IV. GENERATION DES DIESTERWEG-STIPENDIUMS 13. Juli – Bunt und feierlich wurden Najiba Rahman und 31 weitere Diesterweg-Kinder mit ihren Eltern im Kinder- und Jugendzirkus Zarakali verabschiedet. Sprach- und Persönlichkeitsbildung, Seite 22 »Bürger, AUFNAHME DER NEUEN MAINCAMPUS- schreib’ GENERATION 26. April – 24 besonders leistungsstarke und en- gagierte Frankfurter Studenten, Doktoranden Geschichte« und Postdoktoranden wurden in das MainCampus- Stipendiatenwerk aufgenommen. Unter ihnen Oleg Boguslawski. Hinführung zu Wissenschaft und Technik, Seite 29 ERSTE STADTTEILHISTORIKER IN WIESBADEN 15. April – »Bürger, schreib’ Geschichte«: Unter diesem Motto trug die Wiesbaden Stiftung in Koope- ration mit dem Kulturfonds Frankfurt RheinMain das Projekt StadtteilHistoriker in die hessische Landes- hauptstadt. »Niedrigschwellig- Kultur und Geschichte in der Stadt, Seite 46 keit – ein Begriff schafft Wirklichkeit« FRANKFURTER HAUSGESPRÄCHE 18. Mai bis 8. Juni – Im Rahmen der Frankfurter Haus- gespräche 2016 fanden vier Veranstaltungen zum Thema »Niedrigschwelligkeit – ein Begriff schafft Wirk- lichkeit« statt. Die Stiftung in der Öffentlichkeit, Seite 63 13
Talente 2016 START DES ZEHNTEN DEUTSCHSOMMERS 18. Juli – 187 Drittklässler aus 44 Frankfurter Grund- schulen nahmen an den »Ferien, die schlau machen« teil. Für 33 Kinder mit Fluchterfahrung gab es erst- mals einen innerstädtischen Projektstandort. Sprach- und Persönlichkeitsbildung, Seite 21 NEUER FÖRDERPREIS FÜR ERFORSCHUNG JÜDISCHEN LEBENS IN FRANKFURT 8. Dezember – Dr. des. David Schnur erhielt den ers- ten Arno-Lustiger-Förderpreis. Dr. Alexandra Klei wurde mit dem Rosl-und-Paul-Arnsberg-Preis 2016 ausgezeichnet. Kunst, Kultur und Pflege des kulturellen Erbes, Seite 46 10 Projekt- KULTURPREIS DEUTSCHE SPRACHE 8. Oktober – Für das Sprachförderprojekt Deutsch- standorte Sommer erhielt die Stiftung den Kulturpreis Deut- sche Sprache. Sprach- und Persönlichkeitsbildung, Seite 21 TRANSFER DES DIESTERWEG- STIPENDIUMS NACH BERLIN 17. November – In Berlin-Spandau wurden erstmals acht Familien zu Diesterweg-Stipendiaten – und damit die Bundeshauptstadt zum zehnten Projektstandort. Sprach- und Persönlichkeitsbildung, Seite 21 14 Talente finden und fördern | Das war 2016
VERABSCHIEDUNG DER V. STADTTEIL- BOTSCHAFTER-GENERATION 13. Oktober – In 18 Monaten haben Hossein Nasseri und 23 weitere StadtteilBotschafter viel in der Stadt bewegt. Mitwirkung in der Bürgergesellschaft, Seite 57 200. Geburtstag BÜRGERTAG 10. September – Anlässlich des 200. Geburtstags der Polytechnischen Gesellschaft e. V. lud die Bürger- vereinigung, die 2005 die Stiftung Polytechnische Gesellschaft gegründet hatte, zum Bürgertag ein. Die Stiftung in der Öffentlichkeit, Seite 62 MUSIKWERKSTATT 16. / 17. September – 43 musikbegeisterte Stipendia- ten und Alumni sangen, tanzten und musizierten beim ersten Musikwerkstattwochenende der Stiftung. BEGINN DES KOLLEGS FÜR JUNGE TALENTE Alumni- und Ehrenamtsnetzwerk, Seite 61 16. Oktober – Mit einer Herbstakademie starteten 20 vielseitig begabte und interessierte Jugendliche in die Pilotphase des neuen Projekts. Sprach- und Persönlichkeitsbildung, Seite 24 15
Bildung STARKE BEGLEITERIN Zu Beginn des Diesterweg-Stipendiums bekam die Schülerin Jasmeet Pardesi als Patin Olivia Metzendorf zur Seite gestellt. Auch sechs Jahre später haben die beiden noch guten Kontakt.
HERZLICH WILLKOMMEN Am 4. November wurde die fünfte Frankfurter Generation in das Diester- weg-Stipendium aufgenommen. 18 Talente finden und fördern | Bildung
Sprach- und Persönlichkeitsbildung Talente gehen ihren Weg Jasmeet Pardesi ist bereits seit 2010 eng mit der Stif- Erziehung und gesellschaftliche Teilhabe im Schul- tung Polytechnische Gesellschaft verbunden. Damals – leben beraten. Auf Wunsch stehen den Kindern ehren- Jasmeet ging in die 4. Klasse der Günderrodeschule – amtliche Diesterweg-Paten als Mentoren zur Seite. wurde sie zusammen mit ihrer Familie in die zweite Jasmeets Patin Olivia Metzendorf kam nicht nur zum Generation des Diesterweg-Stipendiums für Kinder gemeinsamen Lernen, sondern es standen auch Aus- und ihre Eltern aufgenommen. Sie ist damit eines der flüge in Frankfurter Freizeit- und Bildungseinrichtun- mittlerweile 150 Kinder, die im Rahmen von Deutsch- gen auf dem gemeinsamen Programm. Auch nach dem lands erstem Familienbildungsstipendium in Frankfurt Abschluss des Stipendiums pflegen die beiden noch gefördert wurden und werden. Das zweijährige Pro- regelmäßigen Kontakt. gramm wurde 2008 von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft ins Leben gerufen, um die Bildungschan- Ist das Diesterweg-Stipendium zu Ende, können die cen von Kindern mit gutem Leistungspotenzial, aber Familien zwei weitere Jahre das Aufbaumodul Diester- förderbedürftigen Deutschkenntnissen zu erhöhen und weg plus nutzen, das vom Zentrum Familie im Haus die Eltern als Bildungsbegleiter ihrer Kinder zu stärken. der Volksarbeit e. V. angeboten wird. Im Anschluss Wissbegierde und Persönlichkeitsentwicklung der stehen das Angebot Diesterweg Langzeit, das die Kin- Kinder werden mit Exkursionen, themenbezogenen der in den Klassen 8 bis 10 mit Ferienkursen auf die Mittlere Reife vorbereitet, und das Alumniprogramm Mittlerweile 150 der Stiftung zur Verfügung. FRANKFURTER IDEE VERBREITET SICH Kinder und ihre Am 4. November 2016 wurde die fünfte Frankfurter Familien in Frank- Diesterweg-Generation in das Stipendium aufgenom- men: 137 Eltern und Kinder aus 32 Familien und 13 Herkunftsländern. Der Hessische Kultusminister, furt gefördert Prof. Dr. R. Alexander Lorz, sagte bei der feierlichen Aufnahme im Saalbau Gallus: »Das Stipendium ist eine echte Erfolgsgeschichte und ein hervorragen- Akademietagen und Ferienkursen in Frankfurter Kul- des Angebot für Familien, das Kinder gemeinsam mit tur- und Bildungseinrichtungen gefördert. Bei den ihren Eltern in der wichtigen Phase des Übergangs regelmäßig stattfindenden Eltern-Kind-Treffen werden von der Grundschule an eine weiterführende Schule auch die Eltern intensiv zu Themen rund um Bildung, unterstützt.« 19
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 BLICK NACH VORN Bei Akademietagen und Exkursionen lernen die Diesterweg-Familien Frankfurt und Umgebung kennen und werden auf den Übergang zur weiterführenden Schule vorbereitet. 20 Talente finden und fördern | Bildung
Das Diesterweg-Stipendium ist eine echte Erfolgsgeschichte und ein hervorragendes Angebot für Familien. Dass dies funktioniert, zeigt sich darin, dass allen 118 Der Transfer des Stipendiums an andere deutsche Orte Frankfurter Diesterweg-Kindern der Generationen schritt 2016 ungebrochen fort. Die Frankfurter Neue eins bis vier der Übergang auf die weiterführende Presse titelte am 5. November 2016 gar: »Frankfurter Schule gelungen ist. Erfolgreich ist das Stipendium Idee erobert die Republik«, als sie darüber berichtete, nicht zuletzt auch wegen des großen Netzwerks von dass mit der Aufnahme der ersten acht Familien in Berlin- Frankfurter Ämtern, Bildungseinrichtungen, Museen Spandau die Bundeshauptstadt zum zehnten Projekt- sowie Kunst- und Kulturbetrieben, die es beständig standort wurde. Zudem wurde das Diesterweg-Stipen- unterstützen. dium unter der Trägerschaft der Diakonie Frankfurt am Main mit Unterstützung der Stiftung Polytechnische Intensiv beraten und betreut werden die Familien vom Gesellschaft, der Linsenhoff-Stiftung und einer privaten Diesterweg-Team der Stiftung: Seit dem 1. August 2016 Mäzenin in der Großunterkunft für Flüchtlingsfamilien ist die Gymnasiallehrerin Beate Moran neue Projektlei- auf dem Alten Flugplatz Frankfurt-Bonames einge- terin. Sie löste Gisela von Auer ab, die das Stipendium führt. Am 11. November 2016 wurden dort zwölf Kinder von Beginn an leitete. Gisela von Auer bleibt der Stif- aus elf Familien in das in diesem Fall einjährige Pro- tung auch nach ihrem Eintritt in den Ruhestand als gramm aufgenommen. Beauftragte für Nachhaltigkeit und Transfer erhalten. 118 Anders als Jasmeet, die von ihrer Grundschullehrerin Frankfurter Diesterweg- für das Diesterweg-Stipendium vorgeschlagen wurde, Kindern der Genera- hatten rund 50 Prozent der Frankfurter Diesterweg-Kin- tionen eins bis vier ist der vorher am DeutschSommer, einer Ferienfreizeit der Übergang auf die für Drittklässler mit besonderem Förderbedarf in der weiterführende Schule deutschen Sprache, teilgenommen. Dank zahlreicher gelungen. Kooperationspartner konnten die »Ferien, die schlau machen« 2016 zum zehnten Mal stattfinden – und Erweitert und ergänzt wird das Stipendium durch das wurden, passend zum Jubiläum, am 8. Oktober 2016 Fortbildungsangebot der Diesterweg-Schulwerkstatt. mit dem »Kulturpreis Deutsche Sprache« ausge- In enger Abstimmung mit dem Hessischen Kultus- zeichnet. Zuvor hatten in den ersten drei Sommer- ministerium trägt sie die Erkenntnisse aus dem Sti- ferienwochen 187 Kinder aus 44 Grundschulen pendium in die Frankfurter Schullandschaft. Die Schul- ihre Sprachfähigkeiten mit Deutschunterricht und werkstatt ist Teil des Fortbildungsprogramms Impulse, sprachintensivem Theaterspiel trainiert. Hinzu kam das die Stiftung seit 2015 für Lehrer und pädagogi- ein anregendes Freizeitprogramm. Dazu fuhren die sche Fachkräfte anbietet. DeutschSommer-Kinder in Jugendherbergen und 21
»Das Stipendium und die Stiftung haben mir Sicherheit gegeben und mich weiter- gebracht.« Talent 2016 NAJIBA RAHMAN, 12 JAHRE, DIESTERWEG-STIPENDIATIN Was hat sich in deinem Leben durch das Diesterweg-Stipendium verändert? Das Stipendium und die Stiftung haben mir Sicherheit gegeben und mich weiter- gebracht. Ich bin zum Beispiel selbstbewusster geworden, weil ich viele Leute kennengelernt habe, die sich in der gleichen Lage befinden wie ich. Durch das Stipendium habe ich mir auch viele Gedanken über das Verhältnis zu meinen Eltern gemacht. Wir sind ja ein Team, und das hat uns die Stiftung noch einmal gezeigt. Außerdem habe ich neue Freunde in meinem Alter gefunden und viel gelernt. Und ich habe viele Orte besucht, zu denen ich sonst nie gefahren wäre. Was machst du gerne in deiner Freizeit? Ich häkle und bastle gerne, und ich lese viel. In der Stadtbibliothek in Niederrad bin ich ein Stammgast. Ich habe dort schon manchmal Schränke durchwühlt, auf der Suche nach Büchern, die ich noch nicht kenne. Jetzt gehe ich auch jeden Tag in die Schulbücherei. Am liebsten lese ich Krimis und Fantasy-Bücher. Und mit meiner Mutter nehme ich an dem Projekt KEMIE teil (siehe Seite 33). Wir waren im Labor und haben ein Farbrad gedreht – ganz schnell, sodass sich alle Farben vermischt haben und es am Ende weiß aussah. Das war richtig cool, und ich hätte das auch nicht gedacht. Was wir bei KEMIE machen, habe ich bei der Vergabe des Polytechnik-Preises vorgestellt. Da stand ich zum ersten Mal auf einer Bühne.
Schullandheime in Bad Orb, Schmitten-Oberreifen- schreibt! zu einem kniffligen Diktat an. Am 14. Juni berg und erstmals in Wetzlar. Eine weitere Premiere 2016 trafen die Frankfurter Champions im Rahmen ereignete sich in der Paul-Hindemith-Schule im Frank- des überregionalen Finales auf ihre Herausforderer furter Gallus: Dort wurde – finanziert durch die Stadt aus 19 hessischen Schulen sowie aus Hamburg, Osna- Frankfurt – für 33 Kinder mit Fluchterfahrung erst- brück und erstmals auch aus Münster, Wiesbaden und mals ein innerstädtischer DeutschSommer-Stand- dem Rhein-Pfalz-Kreis. Zudem stellten sich Teams der ort eingerichtet. Am 4. Dezember 2016 besuchten Universitäten Frankfurt und Gießen, des Verbands 66 DeutschSommer-Familien das Theaterstück »Peter der Freien Lektorinnen und Lektoren sowie der UBS Pan« im Schauspiel Frankfurt. Mit solchen Familien- Deutschland AG dem sportlich-heiteren Rechtschreib- angeboten hält die Stiftung auch nach dem Deutsch- wettstreit. Bei Die Goethe schreibt schrieben 2016 Sommer Kontakt mit den Kindern und ihren Angehörigen. zum zweiten Mal Studenten, Wissenschaftler und Mit- Zudem trafen sich in der letzten Woche der Weihnachts- arbeiter der Frankfurter Universität um die Wette, und ferien 96 DeutschSommer-Kinder beim Endspurt im in der Industrie- und Handelskammer kamen 90 Mitar- Schullandheim Wegscheide wieder, um ihre im Sommer beiter von Wirtschaftsunternehmen zu Die Wirtschaft erworbenen Kenntnisse aufzufrischen und zu vertiefen. schreibt zusammen. Das Trainieren von Wortschatz und Rechtschreibung Neben einem umfangreichen Wortschatz und guten steht auch beim großen Diktatwettbewerb im Mit- Rechtschreibkenntnissen sind Medien- und Lesekom- telpunkt. Am 2. März 2016 traten 140 Teilnehmer aus petenzen ein Schlüssel zur sachgerechten Ausein- 15 Frankfurter Schulen beim Wettbewerb Frankfurt andersetzung mit gesellschaftlichen Themen und FÖRDERUNG GENIESSEN Der DeutschSommer steht seit zehn Jahren für Ferien, die schlau machen. 23
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 zur Mitwirkung in der Bürgergesellschaft. Diesen Geschichte und Ethik, anderen Ländern und Kulturen. Fähigkeiten widmet sich das Projekt Meine Zeitung – Aufgrund ihrer außerordentlich guten schulischen Frankfurter Schüler lesen die F.A.Z. Im Schuljahr Leistungen, ihres vielfältigen Engagements und ihrer 2015 / 2016 nutzten 1.252 Schüler aus 27 Frankfurter Wissbegierde wurde Jasmeet im Sommer 2016 für den Schulen die Zeitung als Schulbuch. Sie lernten sie Pilotdurchgang des Kollegs für junge Talente nomi- dabei nicht nur als Informationsquelle kennen, son- niert. Das Kolleg wurde von der Stiftung in Zusam- dern gestalteten auch eigenständig eine Langzeitar- menarbeit mit dem Hessischen Kultusministerium beit über ein selbst gewähltes Thema. Brexit, Schule und dem Staatlichen Schulamt der Stadt Frankfurt am und Bildung oder besondere Frauen in der F.A.Z. – die Main initiiert. Gefördert wird es von der DZ Bank Stif- thematische Vielfalt der Dossiers zeugte von intensi- tung, der Erhard Kunert-Stiftung, der Linsenhoff-Stiftung, ver Auseinandersetzung. Die besten Arbeiten wurden einem Frankfurter Stifterehepaar und einer Mäzenin. von einer Jury ausgewählt und auf der Zeitungsgala in der Alten Oper prämiert. Als Studium generale angelegt, bietet das Programm vielfältig begabten und interessierten Jugendlichen wie Sich kritisch mit verschiedenen Themen auseinander- Jasmeet die Möglichkeit, sich vertiefend mit Themen zusetzen, neue Perspektiven zu entwickeln und die der Mathematik, Philosophie, Musik und Sprache zu eigenen Stärken und Fähigkeiten auszuloten sind The- beschäftigen und durch individuelle Beratung neue men, die auch Jasmeet derzeit beschäftigen. Mittler- Perspektiven zu entwickeln und persönliche Stärken weile geht sie in die 9. Klasse der Bettinaschule und auszubauen. »Als ich durch das Diesterweg-Team auf steht vor der Entscheidung, welche Leistungskurse sie das Kolleg für junge Talente aufmerksam wurde, wusste belegen soll – was gar nicht so einfach ist, wenn man so ich sofort: ›Das passt!‹ «, schwärmt Jasmeet. Die He- vielfältig interessiert und begabt ist wie sie. Neben Eng- rausforderungen und Perspektiven, die das Kolleg den lisch und Französisch lernt Jasmeet auch Chinesisch 14- bis 18-Jährigen bietet, nehmen neben Jasmeet noch und Italienisch. Sie spielt Handball und Harmonium, 19 weitere junge Talente mit viel Begeisterung, Elan interessiert sich für Biologie und ist fasziniert von und Engagement an. ST IMMEN ZU R ST IF T U NG Ann Kathrin Linsenhoff Stifterin und Vorstandsvorsitzende der Linsenhoff-Stiftung Ein gebildeter Mensch hat das Rüstzeug, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen. Doch hier- zulande hängt gute Bildung immer mehr vom sozialen Status ab. Umso wichtiger sind Projekte wie das Diesterweg-Stipendium. Die Beteiligten haben eine – vielleicht einmalige – Chance, ihren Bildungsweg und ihre soziale Teilhabe als gesamte Familie nachhaltig zu verbessern. Bereits das Konzept hat mich über- zeugt. Aber auch die Treffen mit den Kindern und ihren Familien sowie das spürbare Engagement der Pro- jektleitung überzeugen mich immer wieder. Ich freue mich, dass es diese Chance nun auch für Flüchtlings- familien in Frankfurt gibt. Diese Familien haben schmerzhafte Verluste erlitten. Bildung aber kann einem nie genommen werden. 24 Talente finden und fördern | Bildung
Fakten DIESTERWEG-STIPENDIUM DEUTSCHSOMMER 19 besuchen 187 33 davon mit Flucht- erfahrung 21 Grund- Mädchen schulen Drittklässler 13 in 16 Stadt- aus 44 Grundschulen in 27 Frankfurter Stadtteilen aus teilen 42 betreut Jungen von 51 Pädagogen 12 Kinder aus 11 Familien im Diesterweg-Projekt für Flüchtlings- familien in Bonames Herkunfts- ländern DER GROSSE DIKTATWETTBEWERB Die Wirtschaft MEINE ZEITUNG schreibt! 90 Mitarbeiter aus 16 Unternehmen nahmen teil 7.650 1.252 Euro Spendengelder der teilnehmenden Unternehmen für das gemeinnützige Schüler nutzen die Tages- Projekt »Joblinge« zeitung als Schulbuch
Wissenschaft und Technik HÖCHST TALENTIERT Der MainCampus-Stipendiat Oleg Boguslawski ist nicht nur Chemieingenieur, sondern auch Internationaler Meister im Schach. Polytechniker Ekkehardt Sättele ist sein Mentor, Schach- und Gesprächspartner.
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 FRÜH ÜBT SICH Im Projekt Junge Forscher vermitteln MainCampus- Stipendiaten Frankfurter Dritt- und Viertklässlern erste Einblicke in naturwissenschaftliche Forschungen. 28 Talente finden und fördern | Wissenschaft und Technik
Hinführung zu Wissen- schaft und Technik Talente als Botschafter für den Wissenschaftsstandort Frankfurt Sie zeichnen sich durch ihre überdurchschnittliche TALENTE MIT VORBILDFUNKTION wissenschaftliche oder künstlerische Begabung aus, durch hohe Leistungsbereitschaft, Weltoffenheit und Ähnlich wie Oleg Boguslawski engagieren sich auch ihr Interesse am Gemeinwohl. Dies befand die Jury viele seiner Mitstipendiaten im sportlichen oder sozialen über jeden einzelnen der insgesamt 24 neuen Main- Bereich. So entstand beispielsweise während eines Campus-doctus- und -academicus-Stipendiaten, die MainCampus-Seminars die Idee, ein unkompliziertes am 26. April 2016 als sechste Generation in das Main- Begegnungsforum für Flüchtlinge und Einheimische Campus-Stipendiatenwerk aufgenommen wurden. zu schaffen – und so hoben einige Stipendiaten das Projekt Sport- und Spielintegration für Flüchtlinge, Einer der 14 neuen Academicus-Stipendiaten ist Oleg Boguslawski. Im Dezember 1985 in Charkiw in der Ukraine geboren, kam er 2002 mit seinen Eltern und dem jüngeren Bruder nach Deutschland. Schon in Viele Stipendiaten der Schule begeisterte sich Oleg für Chemie, und so begann auch sein beruflicher Werdegang mit der Aus- engagieren sich bildung zum Chemielaboranten bei einem großen deut- schen Pharmaunternehmen. Es folgten vier Jahre in der ehrenamtlich. Entwicklung von diagnostischen Sensoren zur Blutzu- ckerbestimmung und als Ausbilder für junge Chemiela- kurz SuSI, aus der Taufe. Andere wiederum geben ihre boranten. Parallel dazu machte Oleg seinen Bachelor- naturwissenschaftliche Leidenschaft und Expertise abschluss in Chemieingenieurwesen an der Provadis an die nächste Generation weiter: Im Projekt Junge Hochschule in Frankfurt, wo er sich seit 2014 auch Forscher – wer wir sind und was wir tun ermög- dem Master of Science in Chemischer Verfahrenstech- lichen MainCampus-Stipendiaten verschiedener Gene- nik widmet. In seiner Freizeit ist Oleg Boguslawski rationen Dritt- und Viertklässlern erste praxisnahe Denksportler mit Leib und Seele: Seit 2010 trägt er Begegnungen mit naturwissenschaftlicher Forschung. den Titel »Internationaler Meister im Schach«. Neben In der Liebfrauenschule lernten 2016 zwei dritte Klas- Wettkämpfen in der ersten Schachbundesliga trainiert sen spielerisch die Strukturen und Funktionen der er ehrenamtlich schachbegeisterte Jugendliche an der menschlichen DNS kennen und besuchten die Jungen Karpov-Schachakademie Rhein-Neckar e. V. Einige Forscher an ihren Arbeitsplätzen in der Goethe-Uni- seiner Schützlinge haben bereits Medaillen bei den versität. In der Comeniusschule experimentierten zwei deutschen Jugendmeisterschaften gewonnen. vierte Klassen zum Thema »kleine Teilchen« – und besuchten unter anderem das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. 29
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 Junge Menschen wie Oleg Boguslawski begeistern und motivieren andere und werden dadurch zu Vorbildern. Junge Menschen wie Oleg Boguslawski begeistern jeweils zwei Jahre zu den Themen Robotik und Bionik. und motivieren andere und werden dadurch zu Vor- An der Elisabethenschule steht Lebensmitteltechnolo- bildern. Dies wird auch in Frankfurt erkannt, und gie auf dem Lehrplan, im Projekt »E wie DURCHSTAR- so ehrte die Kommunale Ausländervertretung Oleg, TEN« der Wöhlerschule geht es in Kooperation mit der drei weitere MainCampus-Stipendiaten und einen ehe- Stiftung Deutsches Design Museum um die Gestal- maligen StadtteilBotschafter im November 2016 als tung technischer Produkte. Im Schuljahr 2015 / 2016 »herausragende Persönlichkeiten mit Migrationshinter- kam am Gymnasium Riedberg die vierte Junior- grund«. Mit dem MainCampus-Stipendium möchte Ingenieur-Akademie hinzu. In ihrem Rahmen beschäf- die Stiftung junge wissenschaftliche Spitzenkräfte als tigen sich 17 Schüler mit Orthopädietechnik: Prof. Leistungs- und Verantwortungsträger fördern – und Dr. Ludwig Zichner, ehemaliger ärztlicher Direktor damit auch als Botschafter Frankfurts. des Frankfurter Universitätsklinikums und Mitglied der Polytechnischen Gesellschaft, führte die Teilnehmer FRÜH BEGEISTERUNG WECKEN durch das Deutsche Orthopädiemuseum, und in der Physiotherapeutischen Praxis Adolf Katzenmeier lern- Möglichst früh das Interesse für Studiengänge der ten die Junior-Ingenieure in praktischen Versuchen die Ingenieur- und Naturwissenschaften zu wecken und Funktionen von Muskeln kennen. eine erste Berufsorientierung in diesem Bereich zu geben ist das Ziel der Junior-Ingenieur-Akademie. Mit vier Junior-Ingenieur-Akademien in einer Stadt Ein enges Netzwerk aus Schule, Wissenschaft und nimmt Frankfurt einen Spitzenplatz unter den 60 Projekt- Wirtschaft ermöglicht Acht- und Neuntklässlern an vier standorten in Deutschland ein. Auch das Ziel, Schüler vermehrt für Fächer des MINT-Bereichs (Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik und Technik) zu be- Mit vier Junior-Ingenieur-Akademien geistern, wird erreicht: An den drei Schulen mit langjäh- in einer Stadt nimmt Frankfurt riger Akademieerfahrung haben bislang im Verhältnis doppelt so viele Junior-Ingenieure MINT-Leistungs- einen Spitzenplatz unter den 60 Pro- kurse gewählt wie ihre Mitschüler an anderen Schulen. Zudem sind rund 30 Prozent der Teilnehmer jektstandorten in Deutschland ein. Mädchen. Ihre Erfolge präsentierten die Junior- Ingenieure 2016 unter anderem beim Bürgertag zum Frankfurter Schulen tiefe Einblicke in ingenieurwissen- 200. Geburtstag der Polytechnischen Gesellschaft am schaftliches Arbeiten und erste praktische Erfahrun- 10. September: Die Wöhlerschüler brachten selbst gen im Wahlpflichtunterricht. Die Ziehenschule nahm gebaute Solarmobile mit, und der Schoko-3D-Drucker 2009 als erste hessische Schule überhaupt an der Aka- der Elisabethenschüler sorgte bei den Besuchern für demie teil. Die jungen Ingenieure forschen dort für so manchen Serotoninschub. 30 Talente finden und fördern | Wissenschaft und Technik
»Mich interessiert einfach zu viel!« Talent 2016 LUCA NEUPERTI, 18 JAHRE, ALUMNUS DER JUNIOR-INGENIEUR- AKADEMIE UND DES STADTTEILBOTSCHAFTER-STIPENDIUMS »Schleimpilze mögen Haferflocken«, strahlt Luca. Suchten sie ihre Lieblingsnah- rung, könnten sie gar den kürzesten Weg zwischen zwei Punkten erkennen – etwa zwischen zwei Haferflocken am Aus- und Eingang eines Labyrinths. Luca, der gerade auf den Abidurchschnitt 1,0 zusteuert, liebt Biologie, Mathe und Physik ganz besonders, und so kam er auch zur Junior-Ingenieur-Akademie. Im Kurs »Lebensmitteltechnologie« lernte er Zeit- und Projektmanagement, wie man 3D-Drucker repariert, die Sphärisierung von Bubble Tea mit Alginat, wie man Maschinen baut, die Pralinen mit selbst entwickelter veganer Cashew- creme herstellen, Ventiltechnik und mehr. »So bekam ich ein integraleres Wissenschaftsbild und wurde zu einem richtigen Teammenschen«, sagt der leb- hafte 18-Jährige. Nach der Akademie landete er in einem Schülerkurs des Führungskräfteprogramms Common Purpose, bekam Lust auf Ehrenamt und wurde StadtteilBotschafter. Seine Idee: ein Tauschmarkt. Und weil Luca stark an Nachhaltigkeit interessiert ist, soll es den auch über seine Botschafter- Zeit hinaus geben, etwa als Tauschforum für Weihnachtsgeschenke. Ebenfalls steht nach dem Abitur ein Koreanisch-Kurs an. »Ich weiß gar nicht, was ich aus meinem Leben machen soll«, ulkt er, »mich interessiert einfach zu viel!«
FASZINATION TECHNIK Der selbst gebaute 3D-Drucker der Elisabethenschüler begeistert die Junior-Ingenieure. 32 Talente finden und fördern | Wissenschaft und Technik
Mit dem Polytechnik-Preis schließt sich im Bereich der Förderung von Naturwissenschaften ein Wirkungs- kreis: Seit 2011 vergibt die Stiftung die Auszeichnung für Fachdidaktiker und pädagogische Fachkräfte, die PREISGEKRÖNT herausragende Unterrichtskonzepte und Lernangebote Das Projekt KEMIE – Kinder erleben mit in den MINT-Fächern entwickelt, erprobt und umge- ihren Eltern Chemie wurde 2016 mit setzt haben. Die dritte Ausschreibung richtete sich dem Polytechnik-Preis ausgezeichnet. an Vermittlungskonzepte an außerschulischen Lern- orten wie etwa Schülerlaboren, Science Centern, Zoos, Museen und Naturschutzzentren. Die Jury erreichten 118 Bewerbungen, aus denen sie vier Preisträgerkon- zepte auswählte. Am 16. Februar 2016 wurde der mit insgesamt 70.000 Euro dotierte Preis im Senckenberg Naturmuseum vergeben. Im Anschluss an die Preisverleihung werden die sieg- reichen Konzepte in einem strukturierten, zweijährigen Transferprozess in Frankfurter Bildungseinrichtungen eingeführt. Zahlreiche Fortbildungen, Austausch- treffen und Exkursionen unterstützen die teilneh- menden Pädagogen dabei, die neuen Angebote in ihrer Arbeit zu verankern. Auch der Transferprozess für den dritten Polytechnik-Preis ist bereits in vol- lem Gange: Im September 2016 starteten 38 Eltern- Kind-Teams im Pilotdurchgang des Projekts KEMIE – Kinder erleben mit ihren Eltern Chemie, für das Prof. Dr. Katrin Sommer (Ruhr-Universität Bochum) mit 118 Bewerbungen, 4 Preisträger- konzepte, 1. Preis: KEMIE, 2. Preis: Vom Sehen zur Optik, 3. Preis: Mathe für kleine Asse, Sonderpreis: Der Stoff, aus dem die Dinge sind dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde. KEMIE rich- tet sich an Kinder, die gemeinsam mit ihren Eltern naturwissenschaftlichen Fragen auf den Grund gehen wollen. An neun Samstagen forschen die 10- bis 13- Jährigen mit einem Elternteil im Goethe-Schülerlabor und in den Laborräumen von Provadis im Industrie- park Höchst. Das Rahmenthema lautet »Ernährung, eine Wissenschaft für sich«, und so drehen sich die monatlichen Experimentiertage stets um Lebensmittel, 33
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 ST IMMEN ZU R ST IF T U NG ihre Inhaltsstoffe und Möglichkeiten der Konser- vierung. Bei ihrer Arbeit werden die Tandems von Prof. Dr. Studenten und Wissenschaftlern des Goethe-Schüler- labors der Universität Frankfurt begleitet und unter- Tanja Brühl stützt. Der zweite Preis ging an die Professoren Dr. Burkhard Priemer (Humboldt-Universität zu Ber- lin) und Dr. Lutz-Helmut Schön (Universität Wien). Vizepräsidentin der Goethe-Universität Unter dem Titel »Vom Sehen zur Optik« entwickelten Frankfurt sie einen phänomenologischen Ansatz, der Schülern Grundideen der Optik vermittelt. Die sinnliche Wahr- nehmung sowie das direkte Erfahren und Beschreiben Den Horizont erweitern – das ist ein kostbares von Lichtbeobachtungen spielen hierbei eine beson- Geschenk. Solche Geschenke verteilt die Stiftung dere Rolle. Der Transfer wird in Kooperation mit dem Polytechnische Gesellschaft. Sie erweitert Hori- ExperiMINTa Science Center stattfinden. Den dritten zonte, indem sie Begeisterung weckt und Raum Preis erhielt Prof. Dr. Friedhelm Käpnick (Westfäli- für neue Gedanken und Arbeitsweisen gibt. sche Wilhelms-Universität Münster) für »Mathe für Wenn Schülerinnen und Schüler der 8. Klasse kleine Asse«. Das Projekt für besonders mathematik- begeistert über Aktionspotenziale und die interessierte und -begabte Schüler startete im zweiten myoelektrischen Prothesen sprechen, die sie im Schulhalbjahr 2016 / 2017 mit 22 Drittklässlern. Im Rahmen der Junior-Ingenieur-Akademie bauen, 14-tägigen Rhythmus gehen die kleinen Mathe-Asse statt pubertätsbedingt chillen zu wollen, dann in 90-minütigen Forscherstunden und verschiedenen ist das Ausdruck der Freude an der Horizont- Exkursionen den Geheimnissen der Mathematik auf erweiterung. Dasselbe gilt für die Stipendiatin- die Spur. Dieser Transfer wird durch die Kooperation nen und Stipendiaten des MainCampus-Stipen- mit der Adolf Messer Stiftung, der Didaktik der Mathe- diatenwerks. Die Begeisterung für das eigene matik an der Goethe-Universität und dem Hessischen Studium beziehungsweise die Dissertation springt Kultusministerium ermöglicht. in jedem Gespräch über – auch weil Main- Campus einen sicheren Raum gibt, um den Hori- Ein weiteres Bildungsprogramm der Stiftung ist die zont zu erweitern. Samstagsschule für begabte Handwerker – ein Spitzen- trainingsprogramm für den Führungskräftenachwuchs Für uns als Goethe-Universität sind beide Pro- im Handwerk. Das Ziel der Samstagsschule besteht gramme extrem wichtig, da sie die innere Flamme in der Ausbildung von Schlüsselkompetenzen und entzünden und sie weitergetragen werden kann, der Vermittlung wichtiger Zusatzqualifikationen. Dies damit auch die folgenden Generationen den Ho- soll die Teilnehmer motivieren, eine Führungsposition rizont erweitern können. anzustreben und Verantwortung für einen Betrieb zu übernehmen – vielleicht sogar ein eigenes Unter- nehmen zu gründen und den Meisterbrief zu erwerben. Das breit gefächerte Seminarprogramm bietet den teilnehmenden Gesellen in sechs ein- bis zweitägigen berufsbegleitenden Veranstaltungen vertiefende Ein- blicke in die Themen »Kommunikation für Führungs- kräfte«, »Trends und Optionen – Die Zukunft des Handwerks«, »Rhetorik und Präsentation«, »Aus der Praxis lernen – Besuche von Betrieben in der Region« und »Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre«. Ge- fördert wird das Stipendium von der Marga Coing- Stiftung (siehe Seite 68). 34 Talente finden und fördern | Wissenschaft und Technik
Fakten JUNIOR-INGENIEUR-AKADEMIE SAMSTAGSSCHULE FÜR BEGABTE HANDWERKER 15 17 Frankfurter Schüler im neuen Schwerpunkt »Orthopädietechnik« Hand- insgesamt werks- gesellen rund 30 % Informationselektroniker, Mädchen Friseurin, Konditorinnen, Fahrzeugsattler, Zimmerer, Tischler, Kraftfahrzeug- MAINCAMPUS-STIPENDIATENWERK mechatroniker, Zweirad- 14 Studenten und 10 Doktoranden mechaniker, Raumaus- an 5 Frankfurter Hochschulen in 11 Fachrichtungen statterin, Anlagenmecha- niker, Uhrmacherin, in der VI. Maßschneiderin, Elektriker Generation
Kunst, Kultur und Pflege des kulturellen Erbes HÖREN LERNEN Musikpädagogin Heike Kopp-Deubel und ANKLANG- Stipendiat Cosmin erinnern sich an die gemeinsamen Workshops in Dr. Hoch's Konservatorium.
HÖR GUT ZU! Kinder ans bewusste Hören heranzu- führen ist wichtiger Bestandteil des Projekts ANKLANG. 38 Talente finden und fördern | Kunst, Kultur und Pflege des kulturellen Erbes
Hinführung zu Musik und Kunst An kultureller Bildung wachsen »Ohren auf und hör' gut zu, was um dich rum die Anderen tun«, schallt es in einem Kanon aus 22 Kin- derstimmen durch Dr. Hoch's Konservatorium. Dann ertönt ein Gong, und es wird still im Raum. »Ich hab' das Lied in meinem Bauch gespürt. Und in meinem Hals. Und gehört habe ich es natürlich auch – mit mei- nen Ohren«, erklärt der zehnjährige Cosmin seine Emp- findungen. Wieder ertönt das Klavier. Die Kinder aber sind mucksmäuschenstill, bewegen nur Hände und Füße zur Musik, öffnen gestisch Türen und Fenster, hören auf die Geräusche um sie herum. Bewusstes Hören, der aufmerksame Umgang mit Geräu- schen und das Erspüren von Klängen sind Bestandteile des Programms ANKLANG – eine Schule des Hörens für Frankfurter Kinder. »Unsere Welt ist voller Geräu- sche. Viele Kinder – und auch Erwachsene – können gar nicht mehr gezielt hinhören, anhören und zuhö- ren«, sagt Musikpädagogin Heike Kopp-Deubel, die den Musik-Workshop leitet. Um die Ohren junger Men- schen für ein bewusstes Hören von Musik zu öffnen, wurde 2015 das Projekt ANKLANG ins Leben gerufen. »Wir wollen die Kinder auf die Geräusche um sie herum aufmerksam machen und das Hören schulen. Sie sollen lernen, genau hinzuhören, das Gehörte zu beschreiben und die Geräusche einzusortieren«, erklärt Projektleiter Tobias Henn von der Alten Oper Frankfurt. »Cosmin MITMACHEN ERWÜNSCHT! macht das schon sehr, sehr gut. Er ist sehr aufmerk- In sechs fünfstündigen Workshops sam und aufgeweckt«, lobt Heike Kopp-Deubel den erleben die Kinder das Universum Jungen, der als einer von 22 Grundschülern am ersten der Geräusche, Töne und Klänge. Projektdurchlauf teilnahm. Genauer gesagt sind es ausgewählte Viertklässler verschiedener Frankfurter 39
SINFONIK HAUTNAH! Grundschüler tauchen in die Welt der klassischen Musik ein. ST IMMEN ZU R ST IF T U NG Dr. Stephan Pauly Intendant und Geschäftsführer der Alten Oper Frankfurt Mit der Stiftung Polytechnische Gesellschaft verbinden uns besonders im Bereich der Musikvermittlung zen- trale Anliegen. Denn als »Haus für Alle« sieht sich die Alte Oper verpflichtet, Kindern und Jugendlichen unab- hängig von ihrer sozialen Herkunft eine Teilhabe an musikpädagogischen Angeboten zu ermöglichen. Mit der Stiftung als zuverlässigem Partner konnten wir über viele Jahre unterschiedliche Projekte realisieren: Bei SINFONIK HAUTNAH durften Tausende Frankfurter Grundschulkinder ein Orchester live in unserem Haus erleben. Das Projekt ANKLANG hingegen geht in die Tiefe: Ein Jahr lang werden Schüler in Workshops auf intensive Weise an das Wahrnehmen und Hören von Musik herangeführt – eine Fähigkeit, die auch uns Erwachsenen allzu häufig abhandengekommen ist! 40 Talente finden und fördern | Kunst, Kultur und Pflege des kulturellen Erbes
In zwei aufeinanderfolgenden Konzerten werden bis zu 2.000 Grundschüler in die Welt der klassischen Musik entführt und erleben große Sinfonik. Grundschulen, die im Verlauf eines Schuljahres durch Auch für rund 1.600 Frankfurter Kindergartenkinder wur- Dozentinnen von Dr. Hoch's Konservatorium an be- de es 2016 wieder klassisch – im Programm Sinfonik wusstes Hören herangeführt werden. In insgesamt für Kindergärten. Am 18. April wurde für sie im sechs fünfstündigen Workshops außerhalb der regu- Mozart-Saal der Alten Oper »Der Frühling« aus Antonio lären Unterrichtszeit lernen die Kinder, den eigenen Vivaldis »Vier Jahreszeiten« aufgeführt – dargeboten Hörsinn zu schärfen und das Universum der Geräusche, vom Philharmonischen Orchester mit Musikern des Töne und Klänge neu zu entdecken. Sie bekommen Frankfurter Opern- und Museumsorchesters unter kleine Hausaufgaben, sollen beispielsweise Alltags- Leitung von Vlado Brunner. Am 13. Dezember ver- geräusche sammeln. Ihre Entdeckungen, Erlebnisse setzte Tschaikowskys »Nussknacker« im Titusforum und Empfindungen halten sie in einem Hörtagebuch 800 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren in vor- fest und schulen so auch gleichzeitig Sprache und weihnachtliche Stimmung. Beide Programmformate Ausdrucksvermögen. Zum Abschluss besuchen die werden in den Kindergärten und Grundschulen inten- aufmerksamen Hörer die Alte Oper und erhalten ein siv vor- und nachbereitet und wirken so auch in das Abzeichen. Das Projekt, welches das Konzerthaus auf Alltagsleben der Kinder hinein. Die Konzerte stoßen Initiative und mit Förderung der Stiftung Polytechni- auf sehr gute Resonanz, die Veranstaltungen sind sche Gesellschaft umsetzt, ist eine Ergänzung und meist komplett belegt. Vertiefung des Projektklassikers SINFONIK HAUT- NAH!, der Schülerkonzerte in der Alten Oper, bei denen seit 2008 der Große Saal des Hauses jährlich Das Jazz-Projekt versucht, für einen Vormittag fest in Kinderhand ist: In zwei aufeinanderfolgenden Konzerten werden bis zu 2.000 jungen Menschen Frankfurts Grundschüler in die Welt der klassischen Musik ent- Erbe als deutsche Jazzhaupt- führt und erleben hautnah große Sinfonik. Am 20. April 2016 fand – moderiert von Felix Koch, Professor für stadt nahezubringen. Alte Musik / Barockcello und Konzertpädagogik / Musik- vermittlung an der Hochschule für Musik Mainz – das An Schüler aller Jahrgangsstufen wendet sich das Pro- jüngste Doppelkonzert statt. Dirigiert von Johannes jekt Jazz und Improvisierte Musik in die Schule!. Klumpp, bot das LandesJugendSinfonieOrchester Dabei geht es neben der Musikbildung und -vermitt- Hessen den Grundschülern ein Mozart-Programm lung auch um den Erhalt einer Frankfurter Tradition: mit der Ouvertüre zu »Idomeneo« und dem Klavier- Das Projekt versucht, jungen Menschen Frankfurts Erbe konzert C-Dur KV 467. als deutsche Jazzhauptstadt nahezubringen. Es wurde 41
Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main | Tätigkeitsbericht 2016 2011 von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft ins im Schuljahr findet außerdem eine ganztägige Leh- Leben gerufen. Seit dem Schuljahr 2014 / 2015 wird es rerwerkstatt statt, die sich den Grundlagen der Jazz- unter der Leitung des Musikpädagogen Sascha Wild in vermittlung widmet und um fünf zweistündige Fort- bildungsmodule erweitert werden kann. Schließlich Im Herbst 2016 beging kommt »der fahrende Jazzclub« für Mitmachkonzerte auf Frankfurter Schulhöfe. Im Schuljahr 2015 / 2016 wurde das Frankfurter Schüler-Jazzensemble als Platt- das Projekt sein fünf- form für besonders talentierte bzw. musikerfahrene Schüler und als künstlerisches Aushängeschild des Pro- jähriges Jubiläum. gramms gegründet. Es formiert sich in jedem Schul- jahr neu und arbeitet mit einem namhaften Dozenten der Frankfurter Jazzszene zusammen. Im Herbst 2016 modifizierter Form von der Musikschule Frankfurt fort- beging das Projekt mit einer jazzigen Feierstunde sein geführt und von der Stiftung unterstützt. Bei Schüler- fünfjähriges Jubiläum. Jamsessions können Schüler aller Niveaustufen im Frankfurter Jazzkeller zweimal im Jahr gemeinsam musizieren und improvisieren. Unterstützt werden sie von einer professionellen Rhythmusgruppe, zur Vorbe- reitung wird ein Session-Training angeboten. Einmal JAZZ ERLEBEN, ENTDECKEN, VERTIEFEN Sascha Wild und seine Kollegen bringen den Jazz in die Klassenzimmer. 42 Talente finden und fördern | Kunst, Kultur und Pflege des kulturellen Erbes
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