Leibniz Nordost - INP Greifswald

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Leibniz Nordost - INP Greifswald
Leibniz
                                         Nordost
                                         Journal der Leibniz-Institute MV
                                         ISSN 1862-6335       Nr. 33-2022

Neues Wissen
im Transfer
LIKAT: Wasserstoff aus der Batterie
INP: Weltneuheit gegen tödliche Sporen
IOW: Riskantes Kratzen am Fundament
IAP: VAHCOLI – ein Kubikmeter Hightech

Gast
FBN: Stadt – Land – Stall
Leibniz Nordost - INP Greifswald
Editorial                                                                                                                                                                                                                    Gruß
                                                                                                                                                                                                                             Wort
Wissen und Orientierung                                                                                                                    Liebe Leserin,
Ende des Jahres wird eine Gruppe von Wissenschaftlern darüber                            Was bedeutet das für die Wissenschaft?            lieber Leser,
entscheiden, welche „Typlokalität“ den Eintritt ins Anthropozän                          Dies zu betrachten wird wohl zu einer Auf-
repräsentieren soll. Auch das IOW ist mit einem Sedimentkern aus                         gabe der Community werden. Nach Ansicht           in Mecklenburg-Vorpommern haben wir ein
der zentralen Ostsee für eine solche „Typlokalität“ des neuen Erd-                       von Jürgen Renn gelte es unter anderem,           exzellentes Netz der Wissenschaft, das sich
zeitalters im Rennen. Mit dem Anthropozän als neuer geologischer                         „völlig neu über das Verhältnis von Kultur        einer Vielzahl von Forschungsthemen widmet.
Erdepoche würde dann jener Abschnitt in der Entwicklung unseres                          und Natur nachzudenken“, ein Bewusst-             Die Erforschung der Klimaveränderung, die
Planeten bezeichnet, in dem der Mensch dominanten Einfluss auf                           sein für die eigenen Grenzen zu entwickeln        Entwicklung von Katalysatoren zur effizien-
irdische Vorgänge erlangte, gleichviel ob sie belebte oder unbelebte                     und Räume „für Reflexion“ zu öffnen, ins-         ten Nutzung von Ressourcen, die Erzeugung
Materie betreffen.                                                                       besondere in den naturwissenschaftlichen          von Plasmen als „Werkzeug“ in der Medizin,
                                                                                         und technischen Fächern.                          Umwelt oder Produktionstechnik sowie die Er-
Inzwischen hat sich die Erde durch Menschenhand so stark verän-                                                                            forschung der Ökosysteme der Ostsee – das
dert, dass die Wissenschaft mit dem Begriff „Mensch-Erde-System“                         In Krisenzeiten spüren Menschen offenbar          sind nur einige Beispiele für die vielseitigen
etwas grundsätzlich Neues in den Fokus ihrer Forschung rückt. Da-                        das Bedürfnis, sich als Teil einer, wenngleich    Forschungsschwerpunkte der Leibniz-Institute
rauf machte Jürgen Renn, Gründer des neuen Max-Planck-Instituts                          fragilen, Gemeinschaft zu empfinden und           in unserem Land.
für Geoanthropologie in Jena, jüngst in einem Interview aufmerk-                         sich ihres Platzes in der Welt zu vergewis-
sam1. Was treibt die epochalen Veränderungen an? Wie verläuft                            sern. Die Wissenschaft sieht sich zuneh-          Entscheidend ist dabei vor allem die praktische,
deren Dynamik? Welche Eingriffe in das System vermögen sie auf-                          mend mit der Erwartung konfrontiert, „zu          wirtschaftsnahe Umsetzung der Erkenntnisse                                              Reinhard Meyer. Foto: Danny Gohlke

zuhalten?                                                                                einem solchen Orientierungsrahmen beizu-          aus der anwendungsorientierten Forschung.
                                                                                         tragen“. Wäre nicht auch das ein sinnvoller       Die Wissenschaft trägt die große Verantwor-
Und selbstverständlich sind die Erwartungen an die Wissenschaft –                        Transfer in die Gesellschaft?                     tung, erzielte Forschungsergebnisse auch an        Eingebettet in das Netz der Wissenschaft können die ansässigen
bei aller, auch irrationaler, Skepsis – sehr hoch. Der Ruf nach mehr                                                                       ansässige Unternehmen zu vermitteln und die-       Unternehmen von den Erkenntnissen profitieren, wenn aus den
„Transfer“ von Wissen und Technologie ist nicht zu überhören. Hat                        Freude und Erkenntnis beim Lesen!                 se bei der Anwendung zu begleiten. Deshalb         Verbundforschungsprojekten international wettbewerbsfähige
Wissenschaft nicht in hunderten von Jahren stets aufgeklärt und                          Ihre                                              ist insbesondere die Integration gesellschaftli-   Produkte entstehen, die am Ende der Wertschöpfungskette in
Lösungswege aufgezeigt? Gewiss. Sie trägt aber ihren eigenen An-                                                                           cher Fragestellungen in die Forschung wichtig,     Mecklenburg-Vorpommern produziert werden. Um dieses Ziel zu
teil zu den bedrohlichen Veränderungen im System Erde-Mensch                                                                               um der Verantwortung der Wissenschaft für          erreichen, sollen die ansässigen Forschungsinstitute kompetenter
bei. Wissenschaftshistoriker Jürgen Renn sagt: „Die Evolution des                                                                          die regionale Wirtschaft gerecht zu werden.        Partner für Unternehmen im Land bleiben und werden. Mit speziell
Wissens hat uns ins Anthropozän katapultiert.“                                                                                                                                                darauf ausgerichteten Förderinstrumenten für Vorhaben im Bereich
                                                                                                                                           Die Landesregierung unterstützt Unterneh-          Forschung, Entwicklung und Innovation wird das Wirtschaftsmi-

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                                                                                                                                           men, auch im Verbund mit regionalen For-           nisterium bestmöglich unterstützen. Sprechen Sie uns gern an!
    Christian Schwägerl: „Wir müssen umsteuern“ – Interview mit dem Wissen-
                                                                                                                                           schungseinrichtungen, bei der Entwicklung
schaftshistoriker Jürgen Renn. FAZ vom 21. September 2022
                                                                                                                                           und Einführung innovativer Produkte und
                                                                                                                                           Verfahren. Durch eine gezielte Förderung der
                                                                                                                                           Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissen-
                                                                                                                                           schaft können qualifizierte Industriearbeits-                 Reinhard Meyer
                                                                                                                                           plätze sowie Wertschöpfung für die Regionen                   Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus
                                                                                                                                           des Landes entstehen.                                         und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern

Titelbild: Das Leibniz-Institut für Katalyseforschung in Rostock aus der Luft. Mit der roten Fassade: das im Sommer eröffnete Technikum.
Foto: Thomas Müller, LIKAT

2     | Leibniz Nordost 33 - 2022                                                                                                                                                                                                 Leibniz Nordost 33 - 2022 |      3
Leibniz Nordost - INP Greifswald
Einblick

Wasserstoff aus                   Schutz vor                        Riskantes Kratzen                 Ein Kubikmeter                Stadt – Land –                     Synergien und                       News                             Nachgefragt
der Batterie                      tödlichen                         am Fundament                      Hightech                      Stall                              Symbiosen                           Personalia und Projekte:         Die Meeresbiologin Maren Voß
                                  Bakterien-                                                                                                                                                               Aktuelles aus den Instituten.n   erhielt den schwedischen Björn-
Das LIKAT entwickelte gemein-                                       Am IOW wird ein Projekt ko-       Am IAP entsteht mit einem     Am FBN, einem „Außerschu-          Wie   keine   andere    Wissen-
                                                                                                                                                                                                                                            Carlson-Baltic-Sea-Award. Und
sam mit Apex ein katalytisches    sporen                            ordiniert, das die ökologischen   kompakten Gerät namens        lischen Lernort“, ermöglichen      schaftsorganisation ist die Leib-
                                                                                                                                                                                                                                            zwar für ihre wegweisenden

                                                                                                                                                                                                           17
System, das Wasserstoff che-                                        Folgen der Schleppnetzfischerei   VAHCOLI erstmals weltweit     Forscherinnen Kindern und Ju-      niz-Gemeinschaft mit den Uni-
                                                                                                                                                                                                                                            Forschungen zu marinen Stick-
misch speichert und in hoch-      Eine Ausgründung des INP, das     auf das System Ostsee unter-      ein mobiles Lasersystem für   gendlichen altersgerecht einen     versitäten verbunden. Aktuelle
                                                                                                                                                                                                                                            stoffkreisläufen in der Ostsee.
reiner Form beliebig wieder ab-   Startup Nebula Biocides, ent-     sucht.                            die Atmosphärenforschung.     realen Bezug zur Landwirtschaft.   Projekte.
                                                                                                                                                                                                                                            Seit 1992 forscht sie am IOW.
geben kann.                       wickelt aus einer schlauen Idee

                                                                                                                                    14 16
                                  eine Weltneuheit.

6                                 8                                 10 12                                                                                                                                                                   21

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Leibniz Nordost - INP Greifswald
Text: Martha Höhne

Wasserstoff aus der Batterie
Das LIKAT entwickelte gemeinsam mit Apex ein katalytisches System,
                                                                                                                Grafik: Die Wasserstoff-Batterie basiert auf der kohlen-
das Wasserstoff (H2) chemisch speichert und in hochreiner Form                                                  stoffneutralen chemischen Speicherung und Freisetzung
                                                                                                                von H2: CO2, Aminosäure (AA) und H2 werden zu
beliebig wieder abgeben kann.                                                                                   Formiat, dem Salz der Ameisensäure (FA), umgewandelt.
                                                                                                                Das CO2 verbleibt im Kreislauf (fette Pfeile), was Vorteile
                                                                                                                hat gegenüber dem CO2-Recycling (gepunktete Pfeile).
                                                                                                                Grafik: LIKAT

                                                    Batterien und Akkus erleichtern den Alltag                  Die Wasserstoff-Batterie, gemeinsam ent-                      CO2-neutraler Prozess                          ßergewöhnlich hohe Gesamt-TON“ (TON
                                                    enorm. Mit ihnen können wir – unabhängig                    wickelt mit der Apex Group, speichert                         Wie Teammitarbeiter Duo Wei herausfand,        = turnover number, Umsatzzahl) noch nach
                                                    vom Stromnetz – Computer, Telefon oder                      Wasserstoff unabhängig von Ort und Zeit                       laufen die Prozesse katalytisch mit einem      zehn Ladungszyklen.
                                                    Rasenmäher betreiben. Wie wäre es, be-                      in einer deutlich unbedenklicheren chemi-                     Mangan-Komplex ab. Das System folgt
                                                    säßen wir eine Batterie für Wasserstoff, die                schen Substanz und kann ihn beliebig wie-                     dem Prinzip einer elektrischen Batterie, mit   Ein Verfahren auf dieser Basis wird seinen
                                                    künftig jenen Rohstoff und Energieträger                    der abgeben, um z. B. Brennstoffzellen zu                     dem Unterschied, dass anstelle von elekt-      vollen Charme künftig vor allem dann ent-
                                                    lieferte, auf dem seit der Klima- und Ener-                 betreiben.                                                    rischem Strom Wasserstoff genutzt wird.        falten, wenn der zu speichernde Wasser-
                                                    giekrise große Hoffnungen liegen?                                                                                         Eine solche Batterie wird zu Beginn einmal     stoff aus erneuerbaren Quellen der Region
                                                                                                                Für die Fachwelt ein Highlight                                mit CO2 aus der Luft befüllt und durchläuft    kommt, also durch Elektrolyse mittels Strom
                                                    Tatsächlich ist eine solche Batterie am Leib-               Das Fachjournal Nature Energy hat der Ver-                    dann mehrmals den Zyklus der H2-Speiche-       aus Windkraft oder Photovoltaik. „Solche
                                                    niz-Institut für Katalyse entwickelt worden.                öffentlichung im Sommer den Status eines                      rung (chemisch: Hydrierung) und H2-Frei-       Quellen sprudeln ja nicht kontinuierlich“,
                                                    Und zwar von einem Team im Bereich von                      wissenschaftlichen          Highlights        verliehen.      setzung (Dehydrierung). Dabei wird stets       sagt Henrik Junge. „Deshalb braucht die
                                                    LIKAT-Direktor Matthias Beller. Damit kann                  Das gemeinsame Patent wurde von Apex                          wieder neuer Wasserstoff in den Speicher       Wasserstoffwirtschaft auf grüner Basis gro-
                                                    Wasserstoff ein stückweit für den Alltags-                  beantragt. Und im neuen Technikum des                         geladen.                                       ße Speicherkapazitäten, vorzugsweise che-
                                                    gebrauch gezähmt werden. „Denn Knack-                       LIKAT, das Anfang Juli feierlich eröffnet                                                                    mischer Art, auch lokal vor Ort.“
                                                    punkte sind Transport und Speicherung“,                     wurde, überführen die Chemiker ihre Er-                       Henrik Junge: „Üblicherweise wird bei einer
                                                    wie Teamleiter Henrik Junge erläutert. Als                  kenntnisse zur H2-Batterie derzeit in den                     solchen Reaktion das Kohlendioxid wieder
                                                    Gas ist H2 unter normalen Bedingungen                       Pilotmaßstab – eine Vorrausetzung für den                     frei. Wir hingegen halten es dauerhaft in
                                                    flüchtig und von geringer Dichte sowie in                   Transfer in die Praxis.                                       unserem Reaktionssystem fest.“ Der Trick
                                                    Gegenwart von Sauerstoff explosiv.                                                                                        besteht darin, dass die Forscher das CO2 an
                                                                                                                „Als Speichermedium dienen Salze der                          eine Aminosäure binden, im Grunde eine
                                                                                                                Ameisensäure, sogenannte Formiate“, er-                       gewöhnliche Substanz, die in Flora und
                                                                                                                läutert Henrik Junge die Chemie hinter die-                   Fauna vorkommt.
                                                                                                                ser Arbeit. Schon 2021 beschrieb sein Team
                                                                                                                im Fachjournal Chemical Science, wie sie                      Der Vorzug für die
                                                    Wie in dieser Montage können wir uns die Wasserstoff-
                                                    Batterie der Zukunft vorstellen: Die Sonne liefert den      mittels Kohlendioxid (CO2) aus der Luft und                   regionale Versorgung
                                                    Strom für die elektrolytische Produktion (rechts im Bild)   der Aminosäure L-Lysin katalytisch Wasser-                    Das Journal Nature Energy bewertete die-
                                                    von Wasserstoff (H2, weiße Kugeln) aus Wasser. Der H2
                                                    wird in den Batteriespeicher (Kasten in der Mitte) gela-    stoff in Formiaten speichern. Henrik Junge:                   se bahnbrechende Entwicklung in einem                                    Ansprechpartner:
                                                    den und dort mit CO2 (Kombination aus schwarzen und         „Natürlich wäre es elegant, wenn wir im                       Kommentar, der u.a. die hohen Ausbeuten                                    Dr. Henrik Junge
                                                    roten Kugeln) mittels eines Katalysators und einer Ami-
                                                                                                                selben System den Wasserstoff bei Bedarf                      – mehr als 90 Prozent für die H2-Speiche-                          henrik.junge@catalysis.de
                                                    nosäure zu Formiat (Kombination aus roten, schwarzen
                                                    und weißen Kugeln) umgewandelt, bei Bedarf wieder           wieder freisetzen können, um ihn zu nut-                      rung und 80 Prozent H2-Freisetzung – her-                                +49 381 1281-174
                                                    freigesetzt (Ableitung von H2 über die gekrümmten           zen.“ Genau das ist mit der aktuellen Arbeit                  vorhebt. Das sei eine „bemerkenswerte
                                                    Rohre) und z. B. in einer Brennstoffzelle (links im Bild)
                                                    genutzt. Bildmontage: LIKAT                                 gelungen.                                                     Aktivität“ des Katalysators und eine „au-

6   | Leibniz Nordost 33 - 2022                                                                                                                                                                                                            Leibniz Nordost 33 - 2022 |   7
Leibniz Nordost - INP Greifswald
Text: Stefan Gerhardt

Schutz vor tödlichen
Bakteriensporen
Die INP-Ausgründung Nebula Biocides entwickelt
aus einer schlauen Idee eine Weltneuheit.

Etwas Luft, Wasser, Strom und eine große                 zu Mitteln auf Alkoholbasis werden auch
Portion Forschergeist. Diese Zutaten lie-                Bakteriensporen abgetötet, beispiels-
ferten die Idee für ein neuartiges Desin-                weise der Krankenhauskeim Clostri-
fektionsmittel, das Bakterien, Viren, Pilze              dioides difficile, der bei geschwächten
und Bakteriensporen sicher und schnell                   Patientinnen und Patienten oftmals töd-
bekämpft. Unter dem Markennamen Spo-                     liche Durchfälle auslöst. Gleichzeitig ist
rosan soll die Weltneuheit für saubere                   das neue Produkt sehr gut biologisch ab-
Hände und klinisch reine Medizinproduk-                  baubar.
te und Flächen sorgen. Im Unterschied

                                                                                                      Von der Idee zum Prototyp                      lichst schnell an den Markt zu kommen,        bis zur Anwendung in getrennten Flüssig-     Dr. Jörn Winter und Dr. Katja Fricke von
                                                                                                                                                                                                                                                  Nebula Biocides forschen im Labor an
                                                                                                      Die Idee resultiert aus jahrelangen Arbeiten   gewann das Startup namhafte Koopera-          keitstanks vorgehalten.“                            neuartigen Desinfektionsmitteln.
                                                                                                      im Bereich Plasmamedizin am Leibniz-In-        tionspartner aus der Industrie. Mit ihnen     An öffentlicher Ehrung mangelt es dem                     Foto: Stefan Gerhardt, INP

                                                                                                      stitut für Plasmaforschung und Technolo-       zusammen entwickeln die Gründer ange-         Start-up mit seinen mittlerweile fünf Mit-
                                                                                                      gie (INP). Getreu dem INP-Motto „Von der       passte Desinfektionsgeräte mit bisher nicht   arbeitenden nicht. Das belegen der Baltic-
                                                                                                      Idee zum Prototyp“ entstanden erste Um-        dagewesener Leistungsfähigkeit.               Sea-Region Healthcare Award (2020), der
                                                                                                      setzungskonzepte. Öffentlich geförderte                                                      Leibniz Gründungspreis (2021) und der
                                                                                                      Einrichtungen dürfen solche Entdeckun-         Höchst wirksam und umweltfreundlich           Greifswald Research Award (2022). Auch
                                                                                                      gen aber nicht selbst kommerzialisieren.       Winter erläutert die Innovation: „Unser pa-   Investoren fanden sich schnell. Geduld ist
                                                                                                      Hier ist privater Unternehmergeist gefragt     tentiertes System basiert auf den zwei Kom-   bei den notwendigen Genehmigungen ge-
                                                                                                      – Persönlichkeiten mit Mut und Durchhal-       ponenten Wasserstoffperoxid und Nitrit.       fragt. Voraussichtlich 2024 wird Sporosan
                                                                                                      tevermögen, wie die einstigen INP-Forscher     Bringt man sie zusammen, entsteht ein Des-    für die Desinfektion von Medizingeräten
                                                                                                      Jörn Winter und Ansgar Schmidt-Bleker.         infektionsmittel, das für kurze Zeit höchst   zugelassen. Als Hand- und Flächendesinfek-
                                                                                                                                                                                                                                                                  Ansprechpartner:
                                                                                                      Gemeinsam mit INP-Direktor Klaus-Dieter        wirksam ist und dann umweltfreundlich         tion soll das Mittel 2028 erhältlich sein.
                                                                                                                                                                                                                                                                      Dr. Jörn Winter
                                                                                                      Weltmann gründeten sie 2019 in Greifs-         zerfällt. Die Idee stammt aus Versuchen mit
                                                                                                                                                                                                                                                           info@nebula-biocides.de
                                                                                                      wald die Nebula Biocides GmbH.                 Plasmatechnologie, bei der wir die Wirkung
                                                                                                                                                                                                                                                                  +49 3834 550701
                                                                                                      Winter und Schmidt-Bleker erkannten das        der Komponenten entdeckten. In unseren
Dr. Ansgar Schmidt-Bleker von Nebula Biocides kontrolliert das Wachstum sporenbildender Bakterien.
Foto: Nebula Biocides.                                                                                Potenzial der neuen Technologie. Um mög-       Systemen werden die beiden Bestandteile

8   | Leibniz Nordost 33 - 2022                                                                                                                                                                                                                  Leibniz Nordost 33 - 2022 |         9
Leibniz Nordost - INP Greifswald
Text: Barbara Hentzsch

                                                                                                                                Unsichtbare Störungen                                         Wer dachte, dass sich dafür Meeresschutzgebiete be-
                                                                                                                                Seit zwei Jahren läuft ein Projekt, das über die augen-       sonders gut eignen, hat leider Unrecht. Schleppnetz-
                                                                                                                                fälligen Folgen der Schleppnetzfischerei hinaus unter-        fischerei ist dort immer noch nicht verboten und So-
                                                                                                                                sucht, wie sich die Störung des Meeresbodens auf              naraufnahmen vom Meeresboden belegen, dass die
                                                                                                                                die grundlegenden Funktionen der Ökosysteme, wie              Fischerei diese Räume auch nicht freiwillig ausspart

Riskantes Kratzen                                                                                                               Bereitstellung von Nährstoffen und Energie, sowie die
                                                                                                                                Ausgewogenheit der Nahrungsnetze auswirkt.
                                                                                                                                                                                              (siehe Bild unten). Aber zurzeit deutet sich an, dass es
                                                                                                                                                                                              in baldiger Zukunft zu einem Ausschluss kommen wird.

am Fundament                                                                                                                    „Zu einem intakten Ökosystem gehört mehr, als wir
                                                                                                                                mit bloßem Auge erkennen können”, erläutert Klaus             Hoffen auf den Ausschluss
                                                                                                                                Jürgens, Leiter des Projektes. „Wir Biologen unterschei-      „Wir arbeiten jetzt an einer Detailaufnahme des Ist-
                                                                                                                                den neben dem Makrozoobenthos – 0,5 bis 50 mm                 Zustandes in den Meeresschutzgebieten, damit wir ab
Am IOW wird ein Projekt koordiniert, das die ökologi-                                                                           großen wirbellosen Tieren – auch noch die Meiofauna,          dem Tag X erkennen können, wie die unterschiedli-
                                                                                                                                Tiere am und im Boden mit einer Größe von etwa 0,04           chen Gruppen auf den Ausschluss reagieren“, erläutert
schen Folgen der Schleppnetzfischerei untersucht.
                                                                                                                                bis 1 mm, sowie Mikroalgen wie Diatomeen und noch             Klaus Jürgens seinen Forschungsansatz.
                                                                                                                                kleinere Mikroorganismen mit und ohne Zellkern. Sie
In über 70 % der europäischen Meere wird          rungen am Meeresboden, wirbeln das Se-                                        alle sind in ihren Ernährungsweisen auf einander ab-          Neben den dafür erforderlichen regelmäßigen Unter-
regelmäßig Schleppnetzfischerei betrie-           diment auf und hinterlassen tiefe Rinnen.                                     gestimmt und erfüllen fundamentale Funktionen im              suchungen führt das Team auch direkte Schleppnetz-
ben. Global ist jedes Jahr in etwa ein Ge-        Offensichtlich sind ihre Auswirkungen auf                                     Ökosystem.“                                                   studien durch. „Dabei messen wir unmittelbar nach
biet von der Größe Russlands betroffen.           am Boden lebende Fische und Wirbellose,                                                                                                     einem Schleppnetzeinsatz auf einem hinter dem Fi-
Wir reden von rund 15 Millionen km2. Was          wie Muscheln und Schnecken: Nach je-                                          Referenzflächen gesucht                                       schereischiff herfahrenden Forschungsschiff die Was-
passiert da eigentlich?                           dem Einsatz von Schleppnetzen sind nicht                                      Geht es einer dieser Gruppen schlecht, werden die             serchemie und die Umlagerung der Sedimente“, (siehe
Grundschleppnetze sind mit so genannten           nur die Gemeinschaften, sondern auch ihr                                      anderen in Mitleidenschaft gezogen, so die Theorie.           Illustration links). Anschließend wird im Labor auch die
Scherbrettern ausgestattet, die das Netz          Siedlungsraum zerstört. Die Konsequen-                                        Letztlich könnte auf diesem Weg das gesamte Ökosys-           direkte Einwirkung auf die Fauna untersucht. Die Pro-
offen halten sollen. Während das Netz ge-         zen für die Artenvielfalt sind hinlänglich                                    tem aus dem Ruder laufen. Die Wichtigkeit der Mission         jektergebnisse werden zum ersten Mal einen komplet-
zogen wird, durchpflügen sie die Ablage-          beschrieben.                                                                  ist also klar. Aber wo finden sich Vergleichsflächen, an      ten Blick auf die Folgen von Schleppnetzfischerei für
                                                                                                                                denen sich untersuchen lässt, wie das unbeeinträchtig-        die marinen Nahrungsnetze bieten.
                                                                                                                                te System funktioniert?

                                                                                               Das DAM-Projekt
                                                                                               „Ausschluss mobiler, grund-
                                                                                               berührender Fischerei in
                                                                                               Schutzgebieten der deutschen
                                                                                               AWZ der Ostsee“ wird vom                                                                               Klaus Jürgens, Leiter der Arbeitsgruppe „Mikrobielle
                                                                                               Bundesministerium für                                                                                  Ökologie“ am IOW. Foto: K. Beck, IOW
                                                                                               Bildung und Forschung
                                                                                               gefördert.

                                                                                               Mehr Informationen unter:
                                                                                               www.io-warnemuende.de/
                                                                                               dam-mgf-ostsee-start.html
                                                                                                                                                                                                                                            Ansprechpartner:
                                                                                                                                                                                                                                        Prof. Dr. Klaus Jürgens
                                                                                                                                                                                                                        klaus.juergens@io-warnemuende.de

                                                                                                                                Spuren der Grundschleppnetzfischerei, aufgenommen von einem
Prinzip der Schleppnetzstudie. Grafik: I. Piehl                                                                                 Fächerecholot. Quelle: M. Schönke, IOW

10    | Leibniz Nordost 33 - 2022                                                                                                                                                                                         Leibniz Nordost 33 - 2022 |        11
Leibniz Nordost - INP Greifswald
Text: Thorben Mense und Josef Höffner

                                                                                                     Vermessung der mittleren                       Als erster Forschungsschwerpunkt interes-

Ein Kubikmeter Hightech                                                                              Atmosphäre                                     sieren uns Schwerewellen, denn sie trans-
                                                                                                                                                    portieren Energie und Impuls von den unte-
                                                                                                     Hierbei schicken wir einen Laserpuls in die    ren Luftschichten in die obere Atmosphäre.
                                                                                                     Atmosphäre, der von unterschiedlichen Be-      Dort brechen sie und beeinflussen so u. a.
Am IAP entsteht mit einem kompakten Gerät
                                                                                                     standteilen der Atmosphäre gestreut wird.      die Temperatur massiv, und zwar je nach
namens VAHCOLI ein mobiles Lidar-System für                                                          Über die zurückgestreuten Photonen, wel-       Atmosphärenschicht um bis zu 100 Grad.
                                                                                                     che mittels eines Teleskops gesammelt wer-
die Atmosphärenforschung.
                                                                                                     den, ermitteln wir dann die Atmosphären-       Deutlich tiefere Einblicke in
                                                                                                     parameter.                                     die Atmosphäre
                                                                                                     Am IAP entsteht ein komplett neues Lid-
                                                                                                     ar-System für Netzwerke, das gleichzeitig      Die Ausdehnung dieser Wellen liegt ver-
                                              Die Atmosphäre über uns ist gekenn-
                                                                                                     an fünf Laserstrahlen entlang messen wird.     tikal um 10 km und horizontal bei einigen
                                              zeichnet durch eine Vielzahl von dy-                                                                                                                     CAD-Zeichnung eines VAHCOLI-Systems
                                                                                                     Wir nennen es VAHCOLI (Vertical And Ho-        hundert km. Um sie in der mittleren At-
                                              namischen Prozessen: Von meter-                                                                                                                         mit fünf Sichtfeldern und eingezeichneten
                                                                                                     rizontal COverage by LIdar). Es kombiniert     mosphäre zu beobachten, nutzen wir bis-                             Laserstrahlen. Grafik: IAP
                                              großen Turbulenzzellen bis hin zu
                                                                                                     modernste Messtechniken in einem Ge-           her große Hochleistungs-Lidar-Systeme in
                                              Strömungen, die den gesamten Globus
                                                                                                     häuse mit einer Kantenlänge von weniger        Kühlungsborn und auf ALOMAR1. Der 3-di-
                                              umspannen.
                                                                                                     als einem Meter.                               mensionale Charakter der Bewegungen in
                                                                                                     VAHCOLI dient der Erforschung der mittle-      der Atmosphäre wird dabei aber nicht di-
                                              Um dieses komplexe System besser
                                                                                                     ren Atmosphäre (10 – 100 km), es ist klein,    rekt erfasst. Schon ein einziges VAHCOLI-
                                              zu verstehen, werden vertikal und ho-
                                                                                                     leicht und kostengünstig und dennoch ver-      System mit seinen fünf Sichtfeldern hin-
                                              rizontal aufgelöste Messungen von
                                                                                                     gleichbar mit der Leistungsfähigkeit von       gegen kann neue Erkenntnisse liefern, und
                                              Wind und Temperatur benötigt. Mittels
                                                                                                     deutlich größeren Systemen. Damit quali-       im Netzwerkverbund von mehreren Lidar-
                                              Lidar-Systemen lassen sich diese Pa-
                                                                                                     fiziert es sich für den Einsatz im Netzwerk-   Systemen erhalten wir noch deutlich tiefe-
                                              rameter messen.
                                                                                                     verbund, womit diese Geräte, anders als        re Einblicke in die horizontale und vertikale
                                                                                                     ihre gebäudegroßen Geschwister, mobil          Wellenstruktur der Atmosphäre.
                                                                                                     sind und weltweit aufgestellt und konfigu-     VAHCOLI ist das Ergebnis eines konsequen-                Das neue VAHCOLI-System mit fünf
                                                                                                                                                                                                           Sichtfeldern bereit für eine Messung.
                                                                                                     riert werden können.                           ten Wissenschafts-Transfers. Vom Alexand-               Im Hintergrund der Prototyp mit nur
                                                                                                                                                    rit-Laser, über die Messelektroniken bis hin         einem Sichtfeld. Foto: Franco-Diaz, IAP
                                                                                                     Im Visier: einflussreiche                      zum kompakten universellen Lidargehäuse
                                                                                                     Schwerewellen                                  entstanden viele Komponenten in direk-
                                                                                                                                                    ter Zusammenarbeit mit Industriepartnern
                                                                                                     Um die Systeme so kompakt zu gestalten,        und wirtschaftsnahen Forschungsinstitu-
                                                                                                     kombiniert die Arbeitsgruppe um Josef          ten, wofür auch notwendige Fördermittel
                                                                                                     Höffner ein neues Messverfahren, welches       eingeworben wurden. Gerade für den Bau
                                                                                                     ultra-schmalbandige Filter nutzt, mit mo-      von mehreren Systemen für ein Netzwerk
                                                                                                     dernen additiven Fertigungstechnologien.       bietet diese Strategie Vorteile bei der Ska-
                                                                                                     Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für      lierbarkeit entsprechend der wachsenden
                                                                                                     Lasertechnologie in Aachen entwickelten        wissenschaftlichen Fragestellungen.
                                                                                                     wir einen neuartigen diodengepumpten
                                                                                                     Alexandrit-Ringlaser, der für den Einsatz in
                                                                                                                                                                                                                          Ansprechpartner:
                                                                                                     VAHCOLI präzise in der Frequenz gesteuert
                                                                                                                                                                                                                                 Josef Höffner
                                                                                                     werden kann und es erlaubt, die Spektren
                                                                                                                                                                                                                     hoeffner@iap-kborn.de
                                                                                                     des zurückgestreuten Lichtes genau zu ver-
                                                                                                                                                                                                                          +49 38293 68-130
                                              Die VAHCOLI-Arbeitsgruppe vor einem ihrer              messen. Aus diesen Spektren können dann        1
                                                                                                                                                        ALOMAR: Arctic Lidar Observatory for Middle
                                              Prototypen (v. l. n. r.): Alsu Mauer, Josef Höffner,
                                              Thorben Mense, Ronald Eixmann und Jan Froh.
                                                                                                     direkt Wind, Temperatur und Aerosolbela-       Atmosphere Research, Observatorium auf der

                                              Foto: Th. Mense, IAP                                   dung ermittelt werden.                         norwegischen Insel Andøya

12   | Leibniz Nordost 33 - 2022                                                                                                                                                                       Leibniz Nordost 33 - 2022 |           13
Leibniz Nordost - INP Greifswald
Text: Josephine Almstädt
 Gast

                                                 Es begann mit einer Vision von Marianne                    Angebot an die Jugend im Umfeld                Kinder ihr erworbenes Wissen testen. Das        bildung zur Bauernhofpädagogin, was ihr
                                                 Zenk. Sie wollte Kinder mit ihrer Leiden-                  Mitstreiterinnen fand Marianne Zenk in         dazu passende Heft über Rinder ist derzeit      jetzt schon nutzt. Denn aktuell kommen die
                                                 schaft für die Landwirtschaft anstecken.                   ihren Kolleginnen am FBN Anja Baufeld,         in Arbeit.                                      Kindergruppen wieder zahlreicher.
                                                 „Heutzutage          fehlt     Heranwachsenden             Franziska Koch und Manuela Reichelt. 2018      2021 wurde das FBN zum „Außerschulischen        Was planen die vier enthusiastischen Frau-
                                                 oftmals der reale Bezug dazu“, sagt die                    riefen die vier das Projekt „Stadt – Land –    Lernort“ ernannt. Für Marianne Zenk ist das     en für die Zukunft? Gerade erweiterten sie
                                                 Agraringenieurin und Leiterin der Schwei-                  Stall“ (SLS) für Kinder und Jugendliche aus    ein „wichtiger Meilenstein“, denn nun ist       die Materialien durch Videos und interakti-
                                                 neanlage am Forschungsinstitut für Nutz-                   den umliegenden Städten und Dörfern ins        ihr Projekt im Arbeitskreis der Außerschuli-    ve Elemente, wie Marianne Zenk berichtet.
                                                 tierbiologie, FBN. Selten wüssten sie, wo                  Leben. Sie erarbeiteten ein Konzept, dis-      schen Lernorte der Universität Rostock und      Nun hoffen die Forscherinnen, dass ihr neu-
                                                 die Lebensmittel, die sie täglich kaufen,                  kutierten über Zielgruppen und konkrete        im MINT-Forum des Landes vernetzt. Lehr-        er Projektantrag genehmigt wird: gemein-
                                                 herkommen.                                                 Vorhaben. In der coronabedingten Besu-         amtstudierende aller Fachrichtungen der         sam mit der Kommune Dummerstorf Ak-
                                                                                                            cherpause am FBN entwickelten die Frauen,      Universität Rostock sammelten im Modul          tionstage zu gestalten: „Wir laden unsere
                                                 Am FBN in Dummerstorf gibt es die be-                      spezialisiert auf unterschiedliche Bereiche,   „Außerschulische Lernorte“ eigene Erfah-        ‚Nachbarn‘ ein, als Teil unserer Community
                                                 sondere Möglichkeit, bei einem Besuch in                   altersgerechte Materialien für das junge       rungen im Stall, setzten ihre Ideen für einen   am Institut selbst einen Beitrag zu einem
                                                 den Schweinestall zu schauen oder For-                     Publikum.                                      „Unterricht im Stall“ vor Ort um und stell-     Forschungsprojekt zu leisten.“
                                                 schenden im Kuhstall über die Schulter zu                  Dazu zählen Leporellos zu Schweinen und        ten das Ganze während der „Langen Nacht         Natürlich wissen Marianne Zenk und ihre
                                                 blicken. Auf diese Weise ließe sich, so die                Rindern für Kindergartenkinder und ein         der Wissenschaft“ in Rostock vor.               Kolleginnen: Solche Gemeinschaftsprojek-
                                                 Idee, Einblick in die Haltung von Tieren, die              Heft über Schweine für Schulkinder der Se-                                                     te fördern die Akzeptanz ihres Umfelds für
                                                 Herkunft unserer Lebensmittel und auch                     kundarstufe I mit Aufklebern von allen Tie-    Nachbarschaft forscht mit                       Tierhaltung und Forschung. Und natürlich
                                                 in aktuelle Themen wie Tierwohl, Umwelt-                   ren, die am FBN leben. Das Material greift     Um auch pädagogisch besser auf ihr jun-         zählt auch dies, wie Marianne Zenk be-
                                                 und Klimaschutz geben.                                     das beim Besuch Erlebte, Gehörte und Ge-       ges Publikum eingehen zu können, begann         tont, zum Transfer von Wissen in die Ge-
                                                                                                            sehene auf. Mit Quiz und Rätsel können die     Marianne Zenk eine einjährige Zusatzaus-        sellschaft.

                                                 Sie ermöglichen den Heranwachsenden einen Einblick
                                                 in Stall und Nutztierhaltung (v. l. n. r.): Anja Baufeld                                                                                                  Realer Bezug zur Landwirtschaft: Wo kommen die
                                                 (links hinten), Franziska Koch (links vorne), Marianne                                                                                                    Lebensmittel her? Unter anderem aus diesem Stall.
                                                 Zenk und Manuela Reichelt. Foto: J. Almstädt, FBN                                                                                                         Foto: M. Reichelt, FBN

Stadt – Land – Stall
„Wie die Welt von morgen aussehen wird, hängt                                                                                                                                                                                            Ansprechpartnerin:
                                                                                                                                                                                                                                                Marianne Zenk
in großem Maße von der Einbildungskraft jener                                                                                                                                                                                      zenk@fbn-dummerstorf.de
ab, die gerade jetzt lesen lernen.“ Das stammt                                                                                                                                                                                             +49 38208 68-950
                                                                                                                                                                                                                  www.fbn-dummerstorf.de/stadt-land-stall/
von Astrid Lindgren und wird am FBN, einem
„Außerschulischen Lernort“, gelebt.

 14   | Leibniz Nordost 33 - 2022                                                                                                                                                                                          Leibniz Nordost 33- 2022 |          15
Leibniz Nordost - INP Greifswald
Synergien und                                                                                                      Text: Barbara Hentzsch

                                                                                                                                                                       News
Symbiosen:                                                                                                                                  IOW: Maren Voß erhielt Björn Carlson-Ostsee-Preis

                                                                                                                                            Anfang Juni wurde Maren Voß in Stockholm von der schwedischen Kronprinzessin Victoria
                                                                                                                                            mit dem Björn Carlson Ostsee-Preis ausgezeichnet. Der mit 3 Mio. schwedischen Kronen
     Unterwasserarbeiten im gemeinsamen
     DFG-Graduiertenkolleg Baltic Transcoast.                                                                                               dotierte Preis der Björn Carlson Baltic Sea Foundation wurde dieses Jahr erstmalig ver-                  IAP: Verabschiedung
     Foto: Hanna Schade                                                                                                                     liehen. Die Stiftung würdigte damit die wegweisende Forschung der Wissenschaftlerin zu
                                                                                                                                                                                                                                                     von Direktor
                                                                                                                                            marinen Stickstoff-Kreisläufen in der Ostsee. Mit innovativen Methoden erfasste Maren
                                                                                                                                            Voß die unterschiedlichen Eintragsquellen und Umsetzungsprozesse dieses Nährstoffs und                   Franz-Josef Lübken
                                                                                                                                            trug so dazu bei, dass bei der Bekämpfung der Ostsee-Überdüngung der Fokus verstärkt
                                                                                                                                            auf Stickstoff gelegt wurde. Maren Voß forscht seit 1992 am IOW und war maßgeblich am                    Der langjährige Direktor des IAP, Franz-
                                                                                                                                            Ausbau des Bereiches Biologische Meereskunde beteiligt.                                                  Josef Lübken, wurde am 24. Juni mit
                                                                                                                                                                                                                                                     einem Festkolloquium verabschiedet.
                                                                                                                                                                                                                                                     Die Festredner betonten durchweg, wie
                                                                                                                                                                                                                                                     sehr die Bekanntheit des Instituts durch
                                                                                                                                                                                                                                                     ihn geprägt worden ist, und zwar durch
                                                                                                                                                                                                                                                     die Kombination von wissenschaftlicher
                                                                                                                                                                                                                                                     Qualität, begeisternder Kommunikation
                                                                                                                                                                                                                                                     und umsichtiger Organisation.
                                                                                                                                                                                                                                                     Zahlreiche Doktoranden waren gekom-
                                                                                                                                                                                                                       Kronprinzessin Viktoria       men, um ihren einstigen Doktorvater zu
                                                                                                                                                                                                                       bei der Überreichung des      ehren. Sie forschen inzwischen, auch
                                                                                                                                                                                                                       Björn-Carlson Ostsee-
                                                                                                                                                                                                                                                     das ist eine vielsagende Einzelheit, in
                                                                                                                                                                                                                       Preises an Maren Voß.
                                                                                                                                                                                                                       Foto: AxlMedia                aller Welt.
                                                Beispiel Graduierten-Schulen: Das IAP gestaltet gemeinsam mit dem IOW die Studien-
Leibniz und die
                                                richtung „Ocean, Atmosphere and Space” im Fachbereich Physik. Ausgehend von einer
                                                                                                                                            INP: Plasmadruckverfahren bald
Universitäten                                   Leibniz-Förderung hat sich die Graduiertenschule ILWAO etabliert, die Ausbildungseinhei-
                                                ten zum Thema Schwerewellen in Atmosphäre und Ozean anbietet.                               kommerziell verfügbar
Wie keine andere Wissenschaftsorga-             Das von der DFG geförderte Graduiertenkolleg Baltic Transcoast ist ein weiteres Beispiel.
nisation ist die Leibniz-Gemeinschaft           Die Universität Rostock und das IOW betreuen gemeinsam Promovierende, die die Folgen        Moderne Diagnoseverfahren der Mikrofluidik basieren auf Mikrochips, die gleichzeitig eine
mit den Universitäten verbunden: Viele          des Klimawandels für Küstenmoore und -gewässer erforschen. In der ersten Kohorte            Vielzahl von Untersuchungen mit minimalsten Mengen an Flüssigkeiten durchführen kön-
leitende Leibniz-Wissenschaftlerinnen           (2016 – 2019) schafften 10 junge Forschende die Promotion. Seit 2020 forschen insge-        nen. Ein am INP entwickeltes Plasmadruckverfahren, SurfAP3® genannt, ermöglicht che-
und Wissenschaftler haben einen in              samt 26 weitere Promovierende am Thema.                                                     misch strukturierte Oberflächen im Submillimeter- bis Mikrometerbereich, die derartige
gemeinsamer Berufung erworbenen                 Beispiel WissenschaftsCampi: Sie werden von der Leibniz-Gemeinschaft gefördert, um          Analysen gestatten.
Lehrstuhl inne. Sie übernehmen Lehr-            ihre Institute und Hochschulen thematisch fokussiert zusammenzubringen. In Mecklen-
verpflichtungen und betreuen Quali-             burg-Vorpommern etablierten sich gleich zwei. In ComBioCat entwickeln Promovierende                                                       Weitere Anwendungsbereiche sind Biosen-
fizierungsarbeiten. In gemeinsamen              am LIKAT und am INP neuartige Katalysatoren für eine nachhaltige Chemie. Dazu                                                             soren, Biochips und die Mikroelektronik.
Projekten erhalten Forschende und               verbinden sie unterschiedliche Prinzipien ihrer Disziplinen miteinander: der Chemie, der                                                  Unter dem Namen MICROQUASAR plant
Studierende der Universitäten Zugang            Biochemie, des Protein-Engineering und der Plasmaphysik. Solcher Zugang zu den                                                            die INP-Forscherin Laura Barillas-Mora eine
zu hochmoderner Infrastruktur der               Nachbarfächern macht sie fit für interdisziplinäre Spitzenforschung in zukunftsträchtigen                                                 Ausgründung mit Systemen für den indus-
                                                                                                                                                                                                                                                     Greift noch einmal kräftig in die Tasten: Franz-Josef
Leibniz-Institute.                              Themen, wie Photokatalyse und Metalloenzyme.                                                                                              triellen Einsatz des neuen Plasmadruckver-
                                                                                                                                                                                                                                                     Lübken (am Keyboard) mit seiner Band Swingin´
                                                Im Leibniz-WissenschaftsCampus Phosphorforschung Rostock sind gleich vier Leibniz-                                                        fahrens. Die ersten Geräte sind voraussicht-               Seagulls: Christian Ahnsehl (Gitarre), Andreas
                                                                                                                                                                                                                                                     Pasternack (Saxophon) und Enrique Marcano-
                                                Institute sowie das FBN vertreten, die gemeinsam mit Forschenden aus 5 Fakultäten der                                                     lich 2023 erhältlich.
                                                                                                                                                                                                                                                     González (Bass). Foto: Mense, IAP
                                                Universität Rostock wissenschaftliche Grundlagen schaffen, um künftige Wirtschaftskreis-
                                                                                                                                                                                          Während des Plasmadrucks entsteht auf einem Silizium-
                                                läufe weitgehend unabhängig von den begrenzten mineralischen Phosphatlagerstätten                                                         wafer ein chemisches Mikromuster in Form einer Spira-
                                                zu gestalten.                                                                                                                             le, das einem Quasar ähnelt. Foto: L. Barillas-Mora, INP

16     | Leibniz Nordost 33 - 2022                                                                                                                                                                                                                               Leibniz Nordost 33 - 2022 |          17
Leibniz Nordost - INP Greifswald
IOW: Erster Ostseetag nach                                                        INP: 30 Jahre Plasmaforschung
                                                                                                                                                                                                                                                               IAP:
                                                                             Corona-Pause                                                                      Das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP) feierte Ende Sep-
                                                                                                                                                                                                                                                               Abschlusskolloquium
                                                                                                                                                               tember sein 30-jähriges Jubiläum. Die Plasmaforschung hat Tradition in Greifswald.
                                                                             Unter dem Motto „Die Ostsee im Zeichen des Klimawandels“
                                                                                                                                                               Seit den 1920er Jahren experimentierten Pioniere wie Rudolf Seeliger in der Hanse-              „Dynamic Earth“
                                                                             luden am 8. Juni wieder die vier Institutionen zum Ostseetag
                                                                                                                                                               stadt mit ionisierten Gasen. Aus der 1946 von Paul Schulz gegründeten „Forschungs-
                                                                             ein, die in Mecklenburg-Vorpommern dafür sorgen, dass Ost-
                                                                                                                                                               stelle für Gasentladungsphysik“ entstand nach der deutschen Wiedervereinigung im                Das    „Dynamic        Earth“-Schwerpunktpro-
FBN: Bessere Open-Science-Praxis                                             see-Expertise in nationale und internationale Meerespolitik
                                                                                                                                                               Jahr 1992 das „Institut für Niedertemperatur-Plasmaphysik“ (INP Greifswald)‚ das von            gramm beendete seine sieben erfolgreichen
                                                                             einfließen kann: das IOW, das Bundesamt für Seeschifffahrt
                                                                                                                                                               Anfang an zur Leibniz-Gemeinschaft gehörte. Es erhielt 2007 seinen heutigen Namen.              Jahre im Jahr 2022. Das Abschlusskollo-
Transparenz und breite Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen              und Hydrographie Rostock, das Deutsche Meeresmuseum
                                                                                                                                                               Die rund 200 Mitarbeitenden begingen den Ehrentag gemeinsam mit Gästen aus Poli-                quium fand am 31. Mai und 2. Juni 2022
helfen u. a. den Transfer von innovativen Erkenntnissen zu verbes-           Stralsund sowie das Thünen-Institut für Ostseefischerei. Rund
                                                                                                                                                               tik, Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft mit einem Festakt und Barbecue.                     am IAP statt. In dem Programm arbeitete
sern. Der schon Mitte der 1980er Jahre geprägte Begriff „Open                1000 Gäste besuchten im Rostocker Stadthafen die drei For-
                                                                                                                                                                                                                                                               eine breit gefächerte Gruppe von Forschern
Science“ steht dabei für alle Praktiken, die Forschungserkenntnis-           schungsschiffe an der Kaikante sowie die Themeninseln für
                                                                                                                                                                                                                                                               erfolgreich in einem etablierten internatio-
se für jedermann zugänglich und somit auch reproduzierbar ma-                den Bürger-Dialog. In der Bühne 602 gab es eine hochkarätig
                                                                                                                                                                                                                                                               nalen Forschungsrahmen für Gravitation,
chen. Forschende des FBN haben jetzt gemeinsam mit Kollegen                  besetzte Podiumsdiskussion für Fachpublikum sowie die Preis-
                                                                                                                                                                                                                                                               Geomagnetismus, Weltraum- und Atmo-
aus Frankreich, USA, Portugal, Finnland und Irland einen Leitfaden           verleihung des Schülerwettbewerbs „Meine Ostsee im Jahr
                                                                                                                                                                                                                                                               sphärenwissenschaften zusammen. Die zu-
mit sieben Schritten entwickelt, der dazu beitragen soll, „Open              2100“.
                                                                                                                                                                                                                                                               gehörigen Projekte nutzten Satellitendaten
Science“ in der Nutztierforschung zu stärken. Die Empfehlungen
                                                                                                                                                                                                                                                               und befassten sich mit Studien, die auf bo-
sind im Kern auch auf andere Wissenschaftszweige anwendbar.
                                                                                                                                                                                                                                                               dengestützten Beobachtungen und Simula-
in einem Leitartikel der renommierten Fachzeitschrift PNAS Nexus,
                                                                                                                                                                                                                                                               tionen basieren. Das Kolloquium bot dem
abrufbar unter https://academic.oup.com/pnasnexus/article/1/3/
                                                                                                                                                                                                                                                               gesamten Team und dem Bewertungsaus-
pgac106/6639893.
                                                                                                                                                                                                                                                               schuss u. a. die Gelegenheit, die Erkennt-
                                                                                                                                                                                                                                                               nisse sowie wissenschaftliche Fragen dar-
                                                                                                                                                                                                                                                               zustellen, die sich auf dieser dynamischen
LIKAT: Auszeichnungen für Forscher                                                                                                                                                                                                                             Reise um die Erde neu ergeben haben.
                                                                                                                                                               Martina Brockmeier, Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft, gratulierte dem INP beim Festakt am
                                                                                                                                                               29. September 2022 zum 30-jährigen Bestehen. Foto: INP
Mit gleich drei Auszeichnungen wurden
zwei Chemikerinnen und ein Chemiker am                                       Gehörten zur Diskussionsrunde über die Folgen des Klimawandels (v. l. n. r.) :
LIKAT für ihre Leistungen beim Transfer von                                  HELCOM-Generalsekretär Rüdiger Stempel, Maritime Koordinatorin Claudia            LIKAT: Technikum eröffnet                                                                       LIKAT: Italienische
                                                                             Müller, Direktor des Thünen-Instituts für Ostseefischerei Christopher Zimmer-
Wissen und Forschungserkenntnissen in                                        mann und Klimamodellierer Markus Meier vom IOW. Foto: K. Beck, IOW
                                                                                                                                                                                                                                                               Chemische Gesellschaft
Öffentlichkeit, Gesellschaft und Wirtschaft                                                                                                                    Anfang Juli ist am LIKAT das neue Technikum feierlich eröffnet worden. Die Forscher
geehrt. Doktorandin Nora Jannsen „über-                                                                                                                        können dort nun selbst die Anwendungsreife ihrer Erkenntnisse aus dem Labor im                  ehrt Matthias Beller
setzte“ beim Wettbewerb „Rostocks 11“                                                                                                                          Pilotmaßstab überprüfen. Es bietet u.a. Versuchsständen für chemische Reaktionen
mit ihrem Vortrag „Öffne die Blackbox!          Jola Pospech. Foto: privat                                                                                     im Kilogramm-Bereich Platz, womit vor allem die Grundlagenforschung näher an die                LIKAT-Direktor Matthias Beller wurde mit
Mechanismus-Forschung in der Katalyse“                                       FBN: Ausgezeichnete                                                               Praxis heranrücken wird. Das Technikum entstand in einer Bauzeit von etwa dreiein-              der Luigi-Sacconi-Medaille 2022 geehrt.
einem Laienpublikum ihre Forschung und                                                                                                                         halb Jahren und wurde mit ca. 12 Mio Euro vom Bund und Land Mecklenburg-Vor-                    Es ist die höchste Auszeichnung der Itali-
                                                                             molekularbiologische
belegte den zweiten Platz. Für „sehr gute                                                                                                                      pommern gefördert.                                                                              enischen Chemischen Gesellschaft im Be-
Lehrleistungen am Institut für Chemie“ ver-                                  Nutztierforschung                                                                                                                                                                 reich der Anorganischen Chemie und wird
lieht die Mathematisch-Naturwissenschaft-                                                                                                      Wietje Nolte.                                                                                                   alljährlich verliehen. Die Laudatio würdig-
liche Fakultät an der Universität Rostock ih-                                Im September 2022 wurde Wietje                              Foto: Peter Leukert                                                                                                   te die Pionierarbeiten von Beller und seiner
ren diesjährigen Lehrpreis an Jola Pospech,                                  Nolte von der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde                                                                                                                           Rostocker Forschungsgruppe auf dem Ge-
Themenleiterin am LIKAT. Außerdem wur-                     Esteban Mejìa.    e.V. (DGfZ) mit dem Preis für die beste Dissertation in Deutsch-                                                                                                                  biet metallorganischer Katalysatoren für die
                                                              Foto: LIKAT
de das Projekt „Schwefelreiche Polymere                                      land im Bereich Nutztierforschung ausgezeichnet. Das Thema                                                                                                                        Entwicklung ressourcen- und umweltscho-
als Klebstoff bei der Herstellung von Solar-                                 der prämierten Doktorarbeit, die Nolte am FBN durchführte,                                                                                                                        nender chemischer Reaktionen. Diese Kata-
batterien“ unter Beteiligung von Themen-                                     lautet „Identifizierung und Charakterisierung der Rolle langer                                                                                                                    lysatoren ermöglichen die Entwicklung von
leiter Esteban Mejìa mit dem „Science and                                    nichtkodierender RNA (lncRNA) bei der Genregulation von                                                                                                                           alternativen Energietechnologien auf Basis
Innovation Prize“ der University von Island                                  Stoffwechselprozessen beim Rind“. Die Forscherin, die schon                                                                                                                       von Wasserstoff.
in der Kategorie „Technologie und Fort-                                      ihren Master am FBN absolvierte, deckte spezielle moleku-                                                                                                                         Links: Zur Eröffnung des Technikums am 4. Juli über-
schritt“ ausgezeichnet.                                                      larbiologische Mechanismen auf, die bei Kühen regulieren,                                                                                                                         gaben Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (rechts) und
                                                                                                                                                                                                                                                               Wissenschaftsministerin Bettina Martin den Fördermit-
                                                                             wieviel der aufgenommenen Nahrung für das Wachstum der                                                                                                                            telbescheid für das PtX-Transfer-Projekt an LIKAT-Direk-
                                                Nora Jannsen. Foto: privat   Tiere und wieviel für die Milchproduktion verwendet wird.                                                                                                                         tor Matthias Beller. Foto: LIKAT

18   | Leibniz Nordost 33 - 2022                                                                                                                                                                                                                                                                                   19
Leibniz-Gemeinschaft

                                 Die Leibniz-Gemeinschaft ist ein Zusammenschluss von knapp Hundert Forschungseinrichtun-
                                 gen, die wissenschaftliche Fragestellungen von gesamtstaatlicher Bedeutung bearbeiten. Sie
                                 stellen Infrastruktur für Wissenschaft und Forschung bereit und erbringen forschungsbasierte
                                                                                                                                         Nach-                                                                 Name:
                                                                                                                                                                                                               Institut:
                                                                                                                                                                                                                           Prof. Dr. Maren Voß
                                                                                                                                                                                                                           Leibniz-Institut für Ostseeforschung

                                                                                                                                         gefragt
                                                                                                                                                                                                                           Warnemünde (IOW)
                                 Dienstleistungen für Öffentlichkeit, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Sie forschen auf den
                                                                                                                                                                                                               Beruf:      Meeresbiologin
                                 Gebieten der Natur-, Ingenieurs- und Umweltwissenschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften
                                                                                                                                                                                                               Funktion: Leitung der Arbeitsgruppe
                                 bis hin zu den Geisteswissenschaften. www.leibniz-gemeinschaft.de
                                                                                                                                                                                                                           Mariner Stickstoffkreislauf am IOW

                                 Leibniz im Nordosten
                                                                                                                                         Was wollten Sie werden, als Sie zehn Jahre alt waren?
                                 Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik (IAP)
                                                                                                                                         Meeresbiologin! Als Schleswig-Holsteinerin haben mich die großen
                                 Das IAP erforscht die mittlere Atmosphäre im Höhenbereich von ca. 10 bis 110 km, mit
                                                                                                                                         Forschungsschiffe in Kiel total begeistert. Da wollte ich mitfahren
                                 Schwerpunkt auf die Mesosphäre. Erkundet werden u.a. die Kopplung der Schichten, deren
                                                                                                                                         und mitmachen. Davon konnte mich auch nicht abhalten, dass ich
                                 Langzeitverhalten sowie Zusammenhänge zum Klima, und zwar mittels Lidar, Radar, Ballon
                                                                                                                                         bei der Studienberatung zu hören bekam, dass das nichts für Frau-
                                 und Höhenforschungsraketen sowie mit Modellrechnungen. www.iap-kborn.de
                                                                                                                                         en ist.

                                 Leibniz-Institut für Katalyse e. V. (LIKAT)
                                                                                                                                         Sie erhielten in diesem Jahr für Ihre wissenschaftliche Arbeit
                                 Das LIKAT erforscht die Grundlagen des Phänomens Katalyse in all ihren Facetten. Es entwi-
                                                                                                                                         den Björn-Carlson-Baltic-Sea-Award. Was war bei Ihrer
                                 ckelt neue katalytische Verfahren mit dem Ziel, Reaktionsausbeuten zu erhöhen, Ressourcen
                                                                                                                                         Forschung der größte Aha-Effekt?
                                 zu schonen und Emissionen zu vermeiden. Diese „grüne“ Chemie soll zunehmend fossile
                                                                                                                                         Vor rund 10 Jahren habe ich als einzige Meereswissenschaftlerin
                                 Energieträger und Rohstoffe durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen. www.catalysis.de
                                                                                                                                         an einer großen europäischen Auswertung von Stickstoffströmen
                                                                                                                                         mitgewirkt. Diese gleichzeitige Betrachtung der Ströme an Land,
                                 Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW)
                                                                                                                                         im Meer und in der Luft machte mir klar, wie eng alles miteinander
                                 Das IOW erforscht Küstenmeere wie die Ostsee in einem interdisziplinären Ansatz. Seine Er-
                                                                                                                                         verbunden ist. Auf der großen globalen Skala wird deutlich: Jeder
                                 kenntnisse dienen der Entwicklung von Zukunftsszenarien, mit denen die Reaktion der Meere
                                                                                                                                         Eingriff in den Stickstoffkreislauf löst Reaktionen aus, wenngleich
                                 und ihrer Ökosysteme auf die Nutzung durch die menschliche Gesellschaft oder auf Klima-
                                                                                                                                         das auch nicht immer unmittelbar erkennbar ist.
                                 änderungen veranschaulicht werden kann. www.io-warnemuende.de
                                                                                                                                                                                                               Diesjährige Preisträgerin des Björn-Carlson-
                                                                                                                                         Wie erklären Sie Ihre Arbeit einem Kind?
                                 Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e. V. (INP)                                                                                                              Baltic-Sea-Awards: Maren Voß. Foto: AxlMedia
                                                                                                                                         Stickstoff gehört zu den Grundbausteinen des Lebens auf der Erde.
                                 Das INP fördert neben der Anwendung anwendungsorientierter Grundlagenforschung die Ent-
                                                                                                                                         Bevor die Menschen anfingen, in die Natur einzugreifen, gab es
                                 wicklung plasmagestützter Verfahren und Produkte. Im Mittelpunkt stehen Plasmen für Materia-
                                                                                                                                         ein Gleichgewicht zwischen dem Angebot und der Nutzung dieses         1988: Diplom in Biologie, Universität Kiel
                                 lien & Energie, Umwelt & Bioökonomie, Hygiene & Gesundheit. Das INP ist die größte außeruni-
                                                                                                                                         Nährstoffes durch Tiere und Pflanzen. Ich untersuche, was passiert,   1991: Promotion in Biologischer Meereskun-
                                 versitäre Forschungseinrichtung zu Niedertemperaturplasmen in Europa. www.leibniz-inp.de
                                                                                                                                         wenn dieses Gleichgewicht nicht mehr da ist, weil zum Beispiel von    de, Universität Kiel
                                                                                                                                         den Äckern zu viel Nährstoffe abfließen und ins Meer geraten.         1992 – 1996: PostDoc, Biologische Meeres-
                         Gast    Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN), Dummerstorf
                                                                                                                                                                                                               kunde, Leibniz-Institut für Ostseeforschung
                                 Das FBN erforscht die biologischen Prozesse von Nutztieren auf den Ebenen des Genoms, des
                                                                                                                                         Vor welcher großen Herausforderung steht Ihre                         Warnemünde (IOW)
                                 Stoffwechsels und des Verhaltens. Dies dient dem Verständnis und der Bewahrung der Biodi-
                                                                                                                                         Wissenschaftsdisziplin gerade?                                        Seit 1996: Seniorwissenschaftlerin, Leiterin
                                 versität und einer Nutztierhaltung, die dem Tierwohl, dem Klima und der Umwelt verpflichtet
                                                                                                                                         Wissenschaftlich fordert uns der Klimawandel heraus: wir wis-         der Arbeitsgruppe Mariner Stickstoffkreis-
                                 ist sowie die globale Ernährungslage sichern hilft. www.fbn-dummerstorf.de
                                                                                                                                         sen noch lange nicht, wie die Meeresbewohner damit umgehen            lauf, IOW
                                                                                                                                         werden. Das zwingt uns über den Tellerrand unserer Fachwissen-        2003: Habilitation an der Universität Rostock
                                                                                                                                         schaften zu schauen und gemeinschaftlich nach Erkenntnissen zu        seit 2003: Mitglied des Lenkungsausschusses
Impressum   Leibniz Nordost Nr. 33, November 2022                      Redaktion:                                                        suchen. Aber es gibt noch einen anderen Aspekt: die Gesellschaft      der „European Nitrogen Initiative (INI)“
            Herausgeber:                                               Stefan Gerhardt (INP), Dr. Martha Höhne (LIKAT),                  erwartet von uns, dass wir unsere Ergebnisse mit allen teilen.        seit 2015: Außerplanmäßige Professur für
            Die Leibniz-Institute in MV und das FBN                    Dr. Barbara Hentzsch (IOW), Dr. Christoph Zülicke (IAP),          Auch darauf muss sich die nächste Generation an Forschenden           Marine Biogeochemie, Universität Rostock
            Anschrift:                                                 Josephine Almstädt (FBN), Regine Rachow                           einstellen.
            Redaktion Leibniz Nordost                                  Grafik: Werbeagentur Piehl
            c/o Regine Rachow,                                         Druck: STEFFEN MEDIA GmbH
            Habern Koppel 17 a,                                        Auflage: 1050, gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier
            19065 Gneven.                                              Die nächste Ausgabe von Leibniz Nordost
            E-Mail: reginerachow@gmail.com                             erscheint im Frühjahr 2023.

                                                                                                  Leibniz Nordost 33 - 2022 |     20                                                                                                    Leibniz Nordost 33 - 2022 |   21
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