Lernort Kommune Schule und kommunale Jugendbeteiligung - Landeszentrale für politische Bildung ...
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Handreichung „Lernort Kommune“ Lernort Kommune Schule und kommunale Jugendbeteiligung Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
2 Impressum Herausgeber Autoren Landeszentrale für politische Bildung Martina Bechtle, Projektmitarbeiterin Baden-Württemberg Lautenschlagerstr. 20 Jessica Bold, Realschullehrerin am 70173 Stuttgart August-Ruf-Bildungszentrum Ettenheim Redaktion Christian Diem (StR), Gymnasium Dr. Gerfried Kübler, Daniel Mühl, Peter Ettenheim Rauls, Karl-Ulrich Templ, Udo Wenzl Moritz Dreßen, Emmendingen Redaktionsschluss Johanna Forth, Schulsozialarbeit Albert- August 2020 Schweitzer-Gymnasium Gundelfingen Dr. Gerfried Kübler, Regierungspräsidium Freiburg, Abteilung Schule und Bildung Jana Kempf, Stadt Waldkirch, Abteilung Jugend, Soziales und Integration Anne Kunzweiler (StR’in), Heimschule St. Landolin Ettenheim Daniel Mühl, Projektmitarbeiter, Freiburg David Pomp (StR), Albert-Schweitzer- Gymnasium Gundelfingen Peter Rauls, Regierungspräsidium Freiburg, Abteilung Schule und Bildung Heike Schillinger, Stadt Ettenheim, Stabstelle Stadtentwicklung, Bürger- beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit Christine Schweizer, BA Erziehungs- wissenschaften, MA Public Manage- ment, Freiburg Filipe Fraga Sousa, Leiter des Jugend- zentrums Gundelfingen Karl-Ulrich Templ, Landeszentrale für politische Bildung, Stuttgart Pavlos Wacker, Projektmitarbeiter, Waldkirch Udo Wenzl, Landeszentrale für politische Bildung, Waldkirch
3 Inhalt 1. Vorwort ........................................................ 4 Modul 4: „Politik in unserer Gemeinde? Da bin ich dabei.“ ............................................. 22 Modul 5: „Heute war es wirklich ganz 2. Jugendbeteiligung weiterdenken: besonders interessant!“ .................................. 23 Was ist das Ziel? ........................................ 6 Modul 6: „Wir arbeiten gemeinsam!“.............. 23 a) Politische Bildung und Jugendbeteiligung 6 b) Mögliche Varianten der Beteiligungs- Kommunale Jugendbeteiligung unter und Arbeitsformate – eine Auswahl ............. 24 Einbindung des Paragrafen 41a der Gemeindeordnung Baden-Württemberg und des Kinder- und Jugendhilfegesetzes ............ 6 4. Das Pilotprojekt ........................................ 26 Das Sozialgesetzbuch VIII a) Das „Gundelfinger Modell“ ............................ 27 (Kinder- und Jugendhilfegesetz) .................... 6 b) Das „Waldkircher Modell“ .............................. 34 Ausgangssituation für eine c) Das „Ettenheimer Modell“ ............................. 40 kommunale Jugendpolitik .............................. 7 d) Evaluation der Pilotprojekte in Kommunale Jugendbeteiligung Gundelfingen und Waldkirch .......................... 43 in der Praxis..................................................... 8 e) Ein Umsetzungsvorschlag – b) Demokratiebildung im Bildungsplan der Verankerung des Projekts „Schule und Schulen in Baden-Württemberg ................... 10 kommunale Jugendbeteiligung“ im Vor welchen Herausforderungen stehen die Fachunterricht sowie im Schulkonzept Demokratie und die Demokratiebildung? ........ 10 Demokratiebildung ......................................... 46 Welches sind Elemente einer nachhaltigen f) Ein weiteres Projekt: Die beruflichen Demokratiebildung in der Schule? ................. 11 Schulen Emmendingen (mit dem Demokratiebildung als verfassungsrechtlicher Schwerpunkt der politischen Bildung) ........... 49 und gesetzlicher Auftrag der Schulen ............ 12 Demokratiekompetenzen und deren 5. Standort- und konzeptübergreifende Verankerung im Bildungsplan der Erkenntnisse und Empfehlungen … .... 52 Grundschule und den weiterführenden allgemeinbildenden Schulen........................... 14 Einführung in den Bildungsplan ..................... 14 6. Integration der Ergebnisse Fächerübergreifende Leitperspektiven .......... 15 in Form von Leitlinien ............................ 54 Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen der Einbindung der Fächer ............................. 15 7. Anhang .......................................................... 58 c) Einbindung der SMV ....................................... 16 a) Das Modell des 8er-Rats ................................ 58 b) Das Jugendrathaus als Wegbereiter 3. Gemeinsam Jugendbeteiligung für den 8er-Rat in Rheinfelden ...................... 60 gestalten ...................................................... 20 c) Kinder- und Jugendbeteiligung in der Stadt Konstanz: Handreichung zum a) Sechs Module für Schule und Gemeinde ....... 20 Konzept der Schulthementage ...................... 65 Modul 1: „Darüber möchten wir gerne d) Cyberdingen – ein Planspiel der mit Ihnen reden!“............................................. 20 politischen Bildung zur Kommunalpolitik Modul 2: „Jetzt geht’s los!“ ............................. 21 und Jugendbeteiligung ................................... 78 Modul 3: „Hiermit beschließt die SMV also ...“ 22
4 1. Vorwort Wer einen Schatz heben möchte ... Der Ort, an dem junge Leute diese grundlegenden Erfahrungen machen und gemeinsam reflektieren Wer einen Schatz heben möchte, erhöht seine Erfolgs- können, ist die Schule. Sie ist, so Hans Anand Pant in aussichten ungemein, wenn er über eine Schatzkarte der Einführung zum Bildungsplan 2016, „der Gelegen- verfügt, in der eine Wegbeschreibung, die wichtigsten heitsraum für gelebte Demokratie“. Schüler*innen, Abzweigungen, besondere Streckenabschnitte und denen sich im Unterricht, in Projekten und in Arbeits- natürlich Fundorte verzeichnet sind. Vielleicht ist nicht gemeinschaften, auf Klassenebene und im Schülerrat auf den ersten Blick erkennbar, dass Sie eine solche die Gelegenheit bietet, in bedeutsamen schulischen Schatzkarte gerade in Händen halten, aber es stimmt. Bereichen mitzubestimmen und Verantwortung zu Besser noch: Die Lektüre dieser Handreichung wird übernehmen, werden sich voller Lust aktiv im Unter- zeigen, dass es zum Fundort dieses Schatzes, mitten richt und in der Schülermitverantwortung engagieren. in Ihrer Gemeinde und in deren Schulen gelegen, gar nicht so weit ist und dass schon der Weg dahin voller Schulen, die Möglichkeiten des Demokratielernens im bemerkenswerter Erlebnisse ist. Unterricht schaffen und sich für eine demokratische Schulkultur einsetzen, werden vielfach belohnt: Studi- Wenn eine Schatzkarte mit dem Hinweis beginnt, dass en belegen eindeutig, dass auf diesem Weg Störungen „§ 41a GemO” zum 1.12.2015 geändert wurde, dann abnehmen und das Miteinander noch besser gelingt klingt das zunächst wenig spektakulär. So verständlich und dass durch die entfachte Motivation, das größere es wäre, mit einem Achselzucken zu reagieren, so falsch Wohlbefinden und die gesteigerte Selbstwirksam- wäre es. § 41a regelt die vormals den Gemeinden frei- keitsüberzeugung auch der Lernerfolg zunimmt. In gestellte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen der demokratiefreundlichen Schule öffnet sich der nun rechtsverbindlich: „Die Gemeinde soll Kinder und Erprobungs- und Erfahrungsraum zum Kompetenz- muss Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die erwerb des Einzelnen und zum Wohle aller. ihre Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen. Dafür sind von der Gemeinde geeignete Die in § 41a GemO formulierte Vorgabe wird somit zu Beteiligungsverfahren zu entwickeln.“ unser aller Schatz. Für jede Gemeinschaft gilt: Ein demokratisches, friedliches Miteinander funktioniert Die hier formulierte Vorgabe stärkt die Beteiligungs- nur mit überzeugten Demokraten, die offen und ernst- rechte von Kindern und Jugendlichen. Sie ist Grundlage haft an Entscheidungen teilhaben und dabei auch ihres demokratischen Anspruchs, sich in Gestaltungs- andere Standpunkte tolerieren können. fragen des Gemeinwesens einzumischen und ihre Interessen in der Kommune einzubringen. § 41a der Unser Zusammenleben kann nur gelingen mit über- Gemeindeordnung verspricht allen Kindern und zeugten Demokraten, die gemeinsame demokratische Jugendlichen jeder Gemeinde Baden-Württembergs Werte anerkennen und praktizieren, die sich für an- damit auch den Schatz der Demokratie: Du gehörst dere engagieren und für die Gemeinschaft Verant- dazu! Deine Stimme wird gehört! Deine Tatkraft wird wortung übernehmen. Wer heute Kinder und Jugend- gebraucht! Dein Engagement wird wertgeschätzt! liche an Gestaltungsfragen der Gemeinschaft, in der Wer diese existentiell wichtigen Erfahrungen macht, Schule wie in der Gemeinde, beteiligt, trägt also einer- lernt und erlebt Demokratie. Wer diese Gelegenheit seits zur Zukunftsfähigkeit unserer Demokratie bei wahrnimmt, wird und bleibt Demokrat. und bereichert andererseits bereits das gegenwärtige Zusammenleben durch die Mitwirkung junger Leute. Deren kluge, kreative Ideen und besondere Tatkraft sind für viele Planungen und Vorhaben ein Schatz, auf den keine Schule und keine Gemeinde verzichten kann.
Vorwort 5 Schließlich formuliert § 41a GemO auch den Auftrag an In manchen Schulen und Gemeinden ist der Schatz der die Gemeinden Baden-Württembergs, angemessene Kinder- und Jugendbeteiligung schon längst gefunden, Formen und geeignete Verfahren der Beteiligung zu in anderen wird man sich aufmachen, ihn zu entdecken. finden. Möglich sind also an repräsentativ-parlamen- Auch wenn es auf dem Weg vielleicht das eine oder tarischen Verfahren orientierte Beteiligungsformen andere Mal nach einem schwierigen Unterfangen aus- wie z. B. Jugendgemeinderäte, denkbar sind auch viel- sehen mag, so sollte niemand aufgeben. Diese Hand- fältige offene oder projektorientierten Beteiligungs- reichung, Ihre Schatzkarte zeigt: Der Schatz ist da! formen. Welches Beteiligungsverfahren das richtige, Er wartet nur darauf, gehoben zu werden! zu einer Gemeinde und Ihren Möglichkeiten passende ist, lässt die Gemeindeordnung offen. Dass sich aber Mit der Handreichung wollen wir alle in Schule und jede Gemeinde auf die Suche nach der angemessenen Gemeinde bei der Entwicklung von Jugendbeteili- Beteiligungsweise und dem geeigneten Format bege- gungsformaten ermutigen und unterstützen. ben muss, wird hier sehr deutlich formuliert. Für die Landeszentrale für politische Bildung Diese Handreichung richtet sich an die, die auf eben Karl-Ulrich Templ und Udo Wenzl dieser Suche sind. Sie erkundet und dokumentiert insbesondere offene und projektbezogene Formate, Für das Regierungspräsidium Freiburg, die mit besonderem Blick auf lokale Gegebenheiten Abteilung Schule und Bildung und im Kooperationsgeschehen von Schulen und Dr. Gerfried Kübler und Peter Rauls Gemeinden entwickelt wurden. Die Kooperation von Schulen und Gemeinden ist dabei ebenso naheliegend wie neu. Unsere Handreichung versucht auszuloten, wo durch das Zusammenwirken schulischer Demokratiebildungsarbeit und kommuna- ler Jugendbeteiligungsangebote Synergien und neue Bildungsperspektiven entstehen können und welches dabei die Gelingensfaktoren sind. Die in der Arbeit insbesondere mit den Gemeinden Gundelfingen und Waldkirch sowie den jeweils betei- ligten Schulen entstandenen sechs Module für Schule und Gemeinde konkretisieren Etappen auf dem Weg der gemeinsamen Gestaltung von Jugendbeteiligung. Auf Ihrer eigenen Suche können Sie gerne auf die Inhalte dieser Module zurückgreifen. Sie sind als In- formations-, Austausch- und Erarbeitungsangebote so konzipiert, dass alle relevanten Entscheidungen von den in ihrer Schule und Gemeinde beteiligten Perso- nen, darunter natürlich die Jugendlichen, getroffen werden – eigene Abzweigungen und besondere lokale Wegabschnitte inklusive.
6 2. Jugendbeteiligung weiterdenken: Was ist das Ziel? a) Politische Bildung und Kommunale Jugendbeteiligung unter Einbindung Jugendbeteiligung des Paragrafen 41a der Gemeindeordnung Baden- Württemberg und des Kinder- und Jugendhilfe- von Karl-Ulrich Templ, Pavlos Wacker und Udo Wenzl gesetzes Kommunen sind Beteiligungsorte für alle Generationen Mit der am 17. Oktober 2015 novellierten Gemeinde- und zugleich auch Bildungsorte. Kinder und Jugend- ordnung von Baden-Württemberg (GemO) wurde mit liche sollten dabei besonderes im Blick sein, denn sie der nun verbindlich festgeschriebenen Jugendbeteili- sind Gegenwart und Zukunft in einem. Werden sie gung ein Steuerungsinstrument für eine aktivierende frühzeitig ins kommunale Geschehen einbezogen, Jugendpolitik auf den Weg gebracht. § 41a (Kinder- und kann eine hohe Identifikation mit dem Gemeinwesen Jugendbeteiligung) der Gemeindeordnung lautet „Die entstehen. Dies bedeutet u. a. Gemeinschaft und Wert- Gemeinde soll Kinder und muss Jugendliche bei Pla- schätzung zu erfahren und Beteiligung zu lernen, um nungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, auf diesem Wege möglichst früh positive Erfahrungen in angemessener Weise beteiligen. Dafür sind von der mit demokratischen Entscheidungsprozessen zu ma- Gemeinde geeignete Beteiligungsverfahren zu entwi- chen. Junge Menschen können auf der kommunalen ckeln. Insbesondere kann die Gemeinde einen Jugend- Ebene unmittelbar erfahren, wie gemeinsam mit gemeinderat oder eine andere Jugendvertretung ein- anderen ein sozial gedeihliches Zusammenleben ver- richten.“ antwortungsvoll gestaltet werden kann. Die Idee hierbei ist, dass Kinder, Jugendliche, Erwachsene und 2017/2018 hat die Landeszentrale eine umfassende Senioren einvernehmlich an der Entwicklung der Erhebung bezüglich der Umsetzung von § 41a durch- Gemeinde mitwirken. Dies setzt einen ständigen Aus- geführt. Von 1.101 Städten und Gemeinden nahmen tausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinde- 1.068 an der Studie teil (97 %), erstmals liegt damit ein rat und Bürgermeister*in sowie Mitarbeitenden der landesweiter Überblick vor. 53 % der Kommunen in Kommunalverwaltung voraus. Baden-Württemberg geben an, dass sie Jugendbetei- ligungsformate anbieten, wobei die projektbezogene Beteiligung am häufigsten eingesetzt wird. Die gesamte Studie ist zu finden unter https://www.lpb-bw.de/fileadmin/lpb_hauptportal/pdf/bausteine_ materialien/studie_jugendbeteiligung_2018.pdf Das Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) Das Sozialgesetzbuch VIII das Kinder- und Jugend- hilfegesetz bildet eine wichtige gesetzliche Grundlage für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Neben der Gemeindeordnung Baden-Württemberg ist für die (kommunale) Jugendarbeit das Kinder- und Jugend- hilfegesetz (SGB VIII) von großer Bedeutung. In § 1 und 11 sind wichtige Aspekte und Voraussetzungen für die Umsetzung der Jugendarbeit beschrieben. Gleichzeitig formuliert das Gesetz auch die „strukturelle Zusam-
Jugendbeteiligung weiterdenken: Was ist das Ziel? 7 menarbeit“ (§ 81) mit Organisationen, deren Tätigkeit Ausgangssituation für eine kommunale Jugendpolitik sich auf die Lebenssituation junger Menschen auswirkt. Es spricht somit auch eine Kooperationsempfehlung Kinder und Jugendliche sind in repräsentativen Demo- mit Schulen aus. kratien häufig unterrepräsentiert. Dies wird nicht nur in den Landtagen und dem Bundestag deutlich, son- Der Auftrag der Kinder- und Jugendarbeit wird in § 11 dern zeigt sich erst recht und noch viel stärker in un- konkretisiert: „Jungen Menschen sind die zur Förderung seren Kommunalparlamenten. Eine Erhebung der ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugend- Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl hat erge- arbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Inter- ben, dass die Zahl der bis zu 25-jährigen Gemeinde- essen junger Menschen anknüpfen und von ihnen rät*innen in Baden-Württemberg nur verschwindend mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbst- gering ist. Sie liegt gerade mal bei 0,6 %. Hieraus er- bestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mit- geben sich zwei größere Problemfelder, mit denen wir verantwortung und zu sozialem Engagement anregen als Gesellschaft umgehen müssen. Zum einen ist und hinführen.” Weiter heißt es auch, dass zu den fraglich, ob jugendpolitische Themen bei einer derart Schwerpunkten der Jugendarbeit „die außerschulische gravierenden Unterrepräsentation überhaupt Mehr- Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, heiten finden und zum anderen bleibt natürlich offen, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und tech- ob 18- bis 25-Jährige wirklich die Interessen von nischer Bildung“ (§ 11, Abs. 1) gehören. Kindern und Jugendlichen angemessen repräsentie- ren wollen und können. In § 1 wird als eine zentrale Zielsetzung der Jugendhilfe und somit auch der Jugendarbeit formuliert, „Bei der Die Politik in der Kommune wird öfters geringwertig Umsetzung der im SGB VIII formulierten Maßnahmen, eingeschätzt und steht im Schatten der s.g. „hohen“ sind positive Lebensbedingungen für junge Menschen und Politik. Zu Unrecht. Gerade in Kommunen wird das ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Politische greifbar, erlebbar und für (Jung-)Bür- Umwelt zu erhalten oder zu schaffen“ (§ 1, Abs.3, 4). ger*innen erfahrbar gemacht. Hier werden die großen Probleme in ihre Einzelteile zerlegt und müssen prag- Die Jugendsozialarbeit an Schulen findet ihre rechtliche matisch gelöst werden. Es ist daher nur konsequent, Basis in § 13 Jugendsozialarbeit (SGB VIII), zielt ins- in der politischen Bildungsarbeit dort anzusetzen, wo besondere auf die Unterstützung junger Menschen mit junge Menschen unweigerlich ihren Erstkontakt mit sozialen Benachteiligungen ab. Dies allein ist aber dem Politischen finden; in der Kommune. Kinder und nicht nur der Auftrag der Schulsozialarbeit, da sich die Jugendliche müssen die Kommune und ihr persönli- Konzepte der Schulsozialarbeit sehr stark ausdifferen- ches Umfeld als etwas hoch Politisches erleben. ziert haben und wichtiger Baustein in der kommunalen Bildungslandschaft geworden ist. Die kommunale Jugendbeteiligung löst also zwei Dinge: Zum einen bietet die Gemeinde eine Plattform, in der Die gesetzliche Grundlage der Jugendarbeit (§ 11) und Interessen, Ideen, Visionen und damit schlussendlich Jugendsozialarbeit (§ 13) verbunden mit der Koopera- die zentralen Kernthemen junger Menschen artikuliert tionsaufforderung von Jugendhilfe mit Schule (§ 81 werden können. Zum anderen gestaltet die Gemeinde Zusammenarbeit der Jugendhilfe mit Schule), sind damit, wie im Kinder- und Jugendhilfegesetz vorge- gerade für die sozialpädagogischen Akteur*innen be- sehen, das Feld der politischen Bildung mit. deutsam, um Teil der Umsetzung der Kinder- und Jugendbeteiligung in Kooperation mit Schulen zu sein. Eine jugendpolitisch attraktive Gemeinde wird schnell für junge Familien interessant. Hier können noch un- genutzte Potentiale aktiviert werden. Des Weiteren wird sich ein junger Mensch, der in einer für ihn/sie
8 attraktiven Gemeinde lebt, zweimal überlegen, ob sich Jugendgemeinderat (parlamentarisch): ein Umzug nach der Volljährigkeit lohnt. Vor allem für Der Jugendgemeinderat (JGR) ist ein recht be- ländliche Gemeinden ist ein nachhaltiges, auf junge kanntes Beteiligungsformat mit langer Tradition Menschen ausgelegtes Gemeindeentwicklungskon- in Baden-Württemberg (1985 gründete die Stadt zept gewinnbringend. Sie investieren in junge Men- Weingarten in Oberschwaben den ersten Jugend- schen und können dadurch junge Menschen auch als gemeinderat). In Jugendgemeinderäten werden Bürgerinnen und Bürger halten oder im Idealfall sogar junge Menschen zu einer Art Gemeinderat ge- gewinnen. wählt, haben in der Regel ein Antrags- und ein Anhörungsrecht und einen festen Sitzungsrhyth- Kommunale Jugendbeteiligung in der Praxis mus. Jugendgemeinderäte sind vergleichbar mit dem Gemeinderat, aber für junge Menschen. Es Unter kommunaler Jugendbeteiligung versteht man ist ein institutionalisiertes Verfahren auf der grundsätzlich alle Formate und Verfahren, in denen Basis von Satzungen und Geschäftsordnungen. Jugendliche an Gemeindeentwicklungsprozessen teil- Aus Untersuchungen ist bekannt, dass Jugend- haben dürfen. Seit 2015 gibt es hierfür auch eine re- gemeinderäte in der Regel junge Menschen er- formierte Rechtsgrundlage. § 41a schreibt vor: „Die reichen, die ein positives Verhältnis zu ihrer Gemeinde soll Kinder und muss Jugendliche bei Pla- Kommune und zu Politik haben. Aus der Praxis nungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in ist bekannt, dass es mancherorts nicht immer angemessener Weise beteiligen. Dafür sind von der Ge- leicht ist, junge interessierte Kandidatinnen und meinde geeignete Beteiligungsverfahren zu entwickeln.“ Kandidaten für eine Wahl zu motivieren. Damit sind Gemeinden zwar juristisch angehalten, geeignete Beteiligungsverfahren zu entwickeln. Doch Einen Überblick über Jugendgemeinderäte welche Verfahren gibt es und welche eignen sich ins- findet man unter: besondere für die jeweils eigene Kommune? Genauso https://www.lpb-bw.de/fileadmin/Abteilung_III/ vielfältig wie unsere 1101 politisch selbstständigen jugend/pdf/jgr_statistik_juli_2017.pdf. Gemeinden in Baden-Württemberg sind auch die Ver- fahren und Formate, mit denen wir junge Menschen beteiligen können. Die hier vorgestellten Verfahren Jugendhearing (offen): Das Jugendhearing ist ein sind also keine Musterantwort für jede Gemeinde, sie Verfahren, in dem die Interessen, Positionen und sind vielmehr eine kleine Auswahl an sich bereits Meinungen von Jugendlichen in einer partizipati- bewährt habenden Verfahren. Grundsätzlich wird ven Form einmal punktuell abgefragt und gehört zwischen den parlamentarischen, offenen, schulbe- werden („Hearing“ engl. für „hören“). Jugend- zogenen und projektorientierten Formen differenziert. hearings haben in der Regel keine Satzung und sind nicht bzw. wenig institutionell verankert. In der Regel werden die Ergebnisse im Anschluss in einer Gemeinderatssitzung oder in einem Aus- schuss durch die Jugendlichen selbst vorgestellt. Dieses Verfahren ist besonders für kleine Gemein- den gut geeignet, um mit den am Ort lebenden Jugendlichen jugendpolitische Themen aufzu- arbeiten.
Jugendbeteiligung weiterdenken: Was ist das Ziel? 9 Jugendforum (offen): Ein Jugendforum vereint die Projektbezogene Beteiligung: Projekte sind zeit- Flexibilität eines Jugendhearings mit dem institu- lich begrenzte Aktivitäten, die sich in der Regel tionellen Charakter eines Jugendgemeinderats. durch einen hohen Grad an Mitwirkung durch be- In der Regel findet im Rahmen eines Jugend- stimmte Zielgruppen auszeichnen. Die Klassiker forums turnusgemäß ein Hearing statt, in welchem hierbei sind die Planung, Gestaltung und Umset- Jugendliche, beispielsweise in Form eines World- zung der Skateranlage, das Anbringen von Basket- Cafés, kommunalpolitische Themen bearbeiten. ballkörben, aber auch „Projekte“ der Integration Hierzu wird öffentlich eingeladen und alle Schü- geflüchteter Menschen oder die konkrete Gestal- lerinnen und Schüler in der Gemeinde nehmen tung eines Schulhofs. schulübergreifend an dem Verfahren teil. Die Er- gebnisse werden im Anschluss in einer Gemeinde- Kinder- und Jugendbüros: Die Kinder- und ratssitzung vorgestellt. Mit einem offenen Format Jugendbüros bzw. die Kinder- und Jugendreferate erreicht man in der Regel eine größere Gruppe sind häufig die zentralen Koordinierungsstellen an Kindern und Jugendlichen und erreicht somit der Beteiligung. Je nach Größe der Kommune auch politisch Jungbürger*innen, die selbst von und der Verwaltungen sind diese Fachbereiche sich sagen, kaum ein Interesse an Politik zu haben. unterschiedlich personell ausgestattet und unter- schiedlich hierarchisch in der Verwaltungsstruktur Der 8er-Rat (schulbezogen): Im Grunde ist die eingebunden (bis zur Stabsstelle beim Oberbür- Idee des 8er-Rates einfach: alle Achtklässler einer germeister). In der Regel haben Kommunen ab Stadt kommen in einem großen Arbeitsforum zu- 10.000 Einwohner*innen kommunale Jugend- sammen. Dort artikulieren sie ihr Lebensgefühl referate, die über die besten Voraussetzungen als junge Bewohner*innen der Gemeinde und für die Koordination der Beteiligung verfügen. formulieren deren Stärken und Schwächen aus Dennoch bleibt die Jugendbeteiligung eine Quer- ihrer Sicht. Sie entwickeln Ideen, wie sie das schnittsaufgabe aller Bereiche einer Kommunal- Gemeinwesen zum Positiven verändern wollen. verwaltung, da viele jugendrelevante Themen Es werden schulübergreifend Gruppen gebildet, häufig auch mit baulichen Maßnahmen in Verbin- in denen die Jugendlichen gemeinsam ihre An- dung stehen. Wichtig jedoch ist, dass es überhaupt liegen diskutieren und formulieren, dann werben eine Kommunikations- und Koordinierungsstelle sie gegenüber der Politik für diese Anliegen. hierfür gibt, und wenn es in kleineren Gemeinden Danach werden die Jugendlichen begleitet, um der/die Bürgermeister*in selbst organisiert. ihre Projektideen auch umsetzen zu können. Es handelt sich also nicht um einen repräsentativen Manche Begriffe und Formen werden häufig synonym Rat, in den die Achtklässler gewählt werden, son- verwendet. Häufig werden auch Elemente aus ver- dern im Sinne des ursprünglichen Räte-Gedan- schiedenen Verfahren gemischt (Methodenmix) und kens um ein Modell, bei dem jede*r, weil er/sie neue Verfahren gemeindespezifisch entwickelt. Den Teil der Gemeinschaft ist, auch Teil des Rates ist. Königsweg in der Jugendbeteiligung gibt es nicht. Der 8er-Rat funktioniert besonders gut dann, wenn von möglichst vielen Schulformen (Werk- realschule, Gemeinschaftsschule, SBBZ, Real- schule, Gymnasium) eine 8te-Klasse mit dabei ist.
10 b) Demokratiebildungen im Wenn du dich nicht entscheidest, Bildungsplan der Schulen in dann verlasse ich dich. Baden-Württemberg Deine Demokratie von Dr. Gerfried Kübler Vor welchen Herausforderungen stehen die Während – vor allem nach dem Ende des Ost-West- Demokratie und die Demokratiebildung? Konflikts – von einem weltweiten Siegeszug von demo- kratisch legitimierten politischen Ordnungen gespro- chen wurde, muss sich die Demokratie seit einiger Zeit wieder verstärkt Legitimationsfragen und/oder Fragen, ab wann man überhaupt von einer Demokratie spre- chen kann, stellen. Diesen Fragen muss sie sich sowohl innerhalb der Bundesrepublik Deutschland als auch weltweit stellen. So wird man in der Bundesrepublik Deutschland beispielsweise seit einiger Zeit wieder verstärkt mit einem Demokratieverständnis konfron- tiert, das von einem „einheitlichen Volkswillen“ aus- geht, der mit „gesundem Menschenverstand“ erkenn- bar sei. Ein zentrales Prinzip einer jeden Demokratie, die pluralistische Auseinandersetzung bei Sachthemen im Rahmen eines öffentlichen Diskurs, wird dabei bewusst negiert. ZUFRIEDENHEIT MIT DEN FUNKTIONEN Die damit einhergehenden zentralen Herausforde- DER DEMOKRATIE rungen für politisch-historische Bildung an Schulen bestehen zum einen darin, Demokratiebildung als fortlaufende und kontinuierliche Aufgabe – unab- 7,8 % 13,5 % hängig von den immer wiederkehrenden „Kon- junkturzyklen“ bezüglich der Einstellungen zur Demokratie – zu betrachten. Demokratie braucht den vielbeschworenen „mündigen Bürger“, oder wie es Theodor Eschenburg, 38,8 % der erste Lehrstuhlinhaber für Politikwissen- schaft in Deutschland, auch mit Blick auf die 39,9 % politisch-historische Bildung formulierte: „Demokraten fallen nicht vom Himmel“. Zum anderen besteht auf der eher analytischen sehr zufrieden Ebene eine zentrale Herausforderung in der Klä- ziemlich zufrieden rung der Frage, welche Merkmale unabdingbar sind, wenig zufrieden damit von einer Demokratie gesprochen werden kann. Nur dadurch ist es möglich, transparent und nach- überhaupt nicht zufrieden vollziehbar, unterscheiden zu können, wann bei einer n = 2495 existierenden politischen Ordnung von einer Demo- Quelle: Umfrage FES/Universität Bonn 2019 kratie gesprochen werden kann.
Jugendbeteiligung weiterdenken: Was ist das Ziel? 11 Welchen Beitrag kann nun die Schule in diesem Kon- Empathie: sich in Interessen und Denkweisen text leisten? Sie kann geeignete Lernangebote und anderer Menschen hineinversetzen und das Lernarrangements anbieten, die es den Schülerinnen eigene Verhalten reflektieren können und Schülern ermöglichen die relevanten prozess- und Argumentieren: die Fähigkeit, Positionen sachlich inhaltsbezogenen Kompetenzen zu erwerben, damit und überzeugend vertreten und Positionen anderer sie befähigt werden sich zu „mündigen Bürgern“ ent- sachlich und kritisch hinterfragen zu können wickeln zu können. Konfliktlösung: die Erprobung einer produktiven Streitkultur und kompromissorientierter Konflikt- Welches sind Elemente einer nachhaltigen lösungsmuster Demokratiebildung in der Schule? Lebensweltbezug: das (Er-)leben demokratischer Prozesse durch eigenes Handeln. Damit verbun- Die bisher vorliegenden evidenzbasierten Befunde den ist u.a. die Förderung der Motivation zur über Elemente einer nachhaltigen Demokratiebildung aktiven Gestaltung des eigenen Umfelds oder die an Schulen sind noch sehr bruchstückhaft und haben Entwicklung eines Verständnisses für den hohen nur einzelne kleinere Teilelemente im Blick. Gemein- – vor allem auch zeitlichen – Aufwand für demo- same Grundlage aller Befunde ist aber, dass eine kratische Prozesse nachhaltige Demokratiebildung an Schulen zwei Grunddimensionen im Blick zu behalten hat: Den Methodenkompetenz Erwerb von Demokratiekompetenzen und Demokratie Medienkompetenz: die Fähigkeit Informationen zu (er)leben. Aus diesen zwei Grunddimensionen, den gewinnen, zu verarbeiten und zielgruppen-adäquat zuvor skizzierten Herausforderungen an Demokratien zu präsentieren; aber auch die gewonnenen In- und den evidenzbasierten Befunden lassen sich nach- formationen quellenkritisch zu hinterfragen und folgende grundlegende Elemente einer nachhaltigen dabei auch die Zuverlässigkeit unterschiedlicher Demokratiebildung herauskristallisieren: Medien und Quellen einzuschätzen Analyse- und Urteilskompetenz Personale Kompetenz Kenntnisse: der Erwerb von Kenntnissen im Selbstvertrauen: das Erlangen von Selbstver- Themenfeld Demokratie durch kognitive Aktivie- trauen u.a. durch eigenes Handeln und darauf rung (u.a. mittels der didaktischen Prinzipien) aufbauend die Entwicklung der Freude am Ge- und konstruktive Unterstützung stalten des politischen Umfelds Analysieren: die Fähigkeit politische Prozesse Werteorientierung: Schaffung des Bewusstseins und Entscheidungen zielgerichtet zu analysieren für wertorientiertes Handeln. Wesentlich ist die Perspektiven: das Bewusstsein des Vorhanden- Verinnerlichung demokratischer Grundwerte und seins unterschiedlicher Perspektiven, verbunden Haltungen, die auf den Grund- und Menschen- mit der Fähigkeit diese auch einnehmen zu rechten basieren, wie etwa der Menschenwürde können (individuell, öffentlich, systemisch) als der wichtigsten Werteentscheidung. Grund- Urteilen: die Fähigkeit sich eigenständig ein legend ist die Einsicht, dass Freiheit und Verant- kriterienorientiertes Urteil zu bilden wortung konstitutive Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind, die es zu Handlungskompetenz sichern und weiterzuentwickeln gilt. Interessenwahrnehmung: die Fähigkeit eigene Interessen in schulischen und außerschulischen Zusammenhängen wahrnehmen und an demo- kratischen Verfahren in Schule und Politik mitwirken zu können
12 Die sich daraus ergebende zentrale Frage für die Demokratiebildung als verfassungsrechtlicher und politisch-historische Bildung an Schulen ist: Mittels gesetzlicher Auftrag der Schulen welcher Konzepte sowie Lernangebote können die Schülerinnen und Schüler am effizientesten Kompe- Die Bedeutung der Schulen wie auch die Verantwor- tenzen in diesen Bereichen erwerben? tung und die Pflicht der Schulen zur Demokratiebildung ist an mehreren Stellen in der Landesverfassung sowie Unsere These hierzu ist: Demokratisch kompetentes eine rechtliche Ebene tiefer, im baden-württembergi- Verhalten, die Fähigkeit mitzubestimmen und Verant- schen Schulgesetz, verankert. wortung zu übernehmen, muss man erlernen. Der Erwerb demokratischer Kompetenzen gelingt, wenn Auf Ebene der Landesverfassung Baden-Württembergs junge Menschen auf der Grundlage solider Fachkennt- wird in Artikel 12, Absatz 1 eher allgemein festgehalten: nisse in entsprechenden Lern- und Lebenssituationen „Die Jugend ist in der Ehrfurcht vor Gott, im Geiste der Erfahrungen machen können. Entscheidend ist die christlichen Nächstenliebe, zur Brüderlichkeit aller Ermöglichung eines Gelegenheitsraums für gelebte Menschen und zur Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Demokratie. Dies beinhaltet zugleich die nachhaltige Heimat, zu sittlicher und politischer Verantwortlichkeit, Öffnung und Handlungsorientierung des Unterrichts zu beruflicher und sozialer Bewährung und zu freiheit- vor allem auch durch eine Zusammenarbeit der licher demokratischer Gesinnung zu erziehen.“ Partner vor Ort. 1 Die im Bildungsplan 2016 in Baden- Württemberg verankerten Kompetenzen zur Demokratiebildung sind mit den bundesweit von der Kultusminister- konferenz formulierten Kompetenzen kongruent und differenzieren diese aus. Vgl. hierzu: Beschluss der Kultus- ministerkonferenz i.d.F. vom 11.10.2018 „Demokratie als Ziel, Gegenstand und Praxis historisch-politischer Bildung und Erziehung in der Schule”.
Jugendbeteiligung weiterdenken: Was ist das Ziel? 13 Auf Ebene des baden-württembergischen Schulgeset- → auf die Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen zes werden die Ausführungen schon etwas konkreter staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten vorzube- (Schulgesetz § 1, Absatz 2): „Die Schule hat den in der reiten und die dazu notwendige Urteils- und Ent- Landesverfassung verankerten Erziehungs- und Bil- scheidungsfähigkeit zu vermitteln.” dungsauftrag zu verwirklichen. Über die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten hinaus ist die Diese in der Landesverfassung und im Schulgesetz Schule insbesondere gehalten, die Schüler (…) verankerten allgemeinen Ziele für Demokratiebildung werden im Bildungsplan 2016 in den fachübergrei- → zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstel- fenden Leitperspektiven aufgegriffen und mehr oder lungen der freiheitlich-demokratischen Grundord- weniger in den Fachplänen konkretisiert1. nung zu erziehen, die im Einzelnen eine Auseinan- dersetzung mit ihnen nicht ausschließt, wobei jedoch die freiheitlich-demokratische Grundordnung, wie in Grundgesetz und Landesverfassung verankert, nicht in Frage gestellt werden darf, DAS „HAUS DER DEMOKRATIEBILDUNG“ AN SCHULEN Demokratiebildung Landesverfassung und Schulgesetz Einführung in den Bildungsplan Leit- Leit- Leit- Leit- perspektive perspektive perspektive perspektive BNE BTV PG MB Inhalts- und prozessbezogene Kompetenzen der Fächer Basiskurs Medienbildung Leitfaden Demokratiebildung
14 Demokratiekompetenzen und deren Verankerung Einführung in den Bildungsplan im Bildungsplan der Grundschule und den weiter- führenden allgemeinbildenden Schulen Bereits in der Einführung zum Bildungsplan werden in noch allgemeiner Form grundlegende Aspekte zur Beim Blick in den Bildungsplan der weiterführenden Demokratiebildung ausgeführt: „Der Bildungsplan 2016 allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg ist angelegt auf vernetztes und nachhaltiges Lernen ins- wird eine zentrale Herausforderung für eine nachhal- besondere in den Feldern Demokratieerziehung, Frie- tige Demokratiebildung augenscheinlich. Demokratie- densbildung und kulturelle Bildung. Dabei sollen sich kompetenzen oder allgemeinere Bildungsziele mit schulisches und außerschulisches Lernen verbinden.“ Blick auf Demokratiebildung sind an unterschiedlichen Stellen verbindlich verankert2: Mit Blick auf die Felder der Demokratieerziehung und der Friedensbildung werden nachfolgende Konkreti- 1. in der Einführung in den Bildungsplan sierungen vorgenommen: 2. in der fächerübergreifenden Leitperspektiven 3. in unterschiedlichen Umfang in den prozess- und Demokratieerziehung. den inhaltsbezogenen Kompetenzen der Fächer „Für die Schule der Gegenwart ist die Fähigkeit zu (als Leitfach ist hier das Fach Gemeinschafts- demokratischem Handeln in mehrfacher Hinsicht kunde zu identifizieren, welches jedoch erst ab zentral. Sie ist konstitutiv für partizipativ gestaltete, Klasse 7 bzw. 8 einsetzt und im Fächerkanon nachhaltige Schulentwicklung und gleichzeitig stellt eine geringe Anzahl von Kontingentstunden zur sie ein bedeutsames Lernziel für jeden einzelnen Verfügung hat) Schüler und jede einzelne Schülerin dar. (…) Die Schule Demzufolge wird eine nachhaltige Demokratiebildung nur gelingen können, wenn von den Schulen aber auch von den Erstellern von Angeboten die Vernetzung dieser drei „Bausteine“ in den Blick genommen wird, um so Synergien nutzen zu können. In diesem Zusam- 2 Die mit dem Leitfaden „Demokratiebil- menhang erweist es sich als sehr hilfreich, dass der dung“ ab dem SJ 2019/20 den Schulen in den drei „Bausteinen Demokratiebildung“ des Bil- zur Verfügung stehende Umsetzungs- dungsplans erkennbare „rote Faden“ eine weitgehende hilfe zur Demokratiebildung beinhaltet Übereinstimmung mit den im vorangegangen Ab- keine zusätzlich zu den Bildungsplänen schnitt definierten Elementen für eine nachhaltige zu vermittelnde Kompetenzen (siehe Demokratiebildung zeigt (siehe oben Abschnitt II). Kap. 3a, S. 22). Zusätzlich zu den Vor- gaben des Bildungsplans wird aber die Nachfolgend soll deshalb näher darauf eingegangen verbindliche Umsetzung der Kompe- werden, welche grundlegenden Ansatzpunkte in den tenzen in den vier Handlungsfeldern drei „Bausteinen der Demokratiebildung“ des Bil- (Fachunterricht, fächerverbindender/ dungsplans mit Blick auf die definierten Elemente für -übergreifender Unterricht, Verankerung eine nachhaltige Demokratiebildung enthalten sind. in der Schulkultur, Zusammenarbeit mit externen Partnern) sowie die Ab- stimmung, Koordination und Evaluation der Umsetzung der Kompetenzen über die zuständigen Gremien (Fachkonfe- renzen, Gesamtlehrerkonferenz und Schulkonferenz) formuliert (Kap. 1, S. 9).
Jugendbeteiligung weiterdenken: Was ist das Ziel? 15 soll ein Gelegenheitsraum für gelebte Demokratie Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt sein, eine Kultur der Konfliktlösung im schulischen (BTV) im Sinne der Befähigung zu Toleranz und Alltag aufweisen und darauf ausgerichtet sein, Lern- Akzeptanz von Vielfalt sowie zu diskriminierungs- prozesse partizipativ zu gestalten. (…) Wichtige As- freiem Umgang mit Vielfalt in personaler, pekte für die schulische Arbeit sind hierbei, dass de- religiöser, geschlechtlicher, kultureller, ethnischer mokratisches Verständnis über persönliche Erfahrung und sozialer Hinsicht; und das eigene Handeln entwickelt wird und dass Prävention und Gesundheitsförderung (PG) im Demokratieerziehung als Aufgabe aller Fächer ver- Sinne einer Stärkung der Persönlichkeit durch standen wird. die Förderung eines sozial kompetenten und gesundheitsbewussten Umgangs mit sich selbst Friedensbildung. und anderen. Artikel 12 der baden-württembergischen Landesver- fassung regelt, dass die Jugend zur „Brüderlichkeit Themenspezifische Leitperspektive aller Menschen und zur Friedensliebe“ zu erziehen ist. Medienbildung (MB) im Sinne der Befähigung, Diese Aufgabe kommt den Schulen des Landes, aber Medien sinnvoll auszuwählen, das Medienangebot auch der außerschulischen Jugendbildung sowie der kritisch zu reflektieren, die Medien verantwortlich Kinder- und Jugendarbeit zu. Dazu gehört die Sensi- zu nutzen sowie die eigene mediale Präsenz bilisierung von Kindern und Jugendlichen für den selbstbestimmt zu gestalten. Schutz der Menschenrechte und die Wahrung von Frie- den und Sicherheit. Dabei kann Friedensbildung nicht Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen nur eine Frage der gedanklich-argumentativen Aus- der Fächer einandersetzung mit Unterrichtsgegenständen sein, sondern hängt auch von der erlebten Kultur der Kon- Siehe hierzu die in den Bildungsplänen der Fächer fliktlösung im schulischen Alltag ab. Programme für formulierten prozess- und inhaltsbezogenen Kompe- Streitschlichter und Angebote zur Mediation und Bera- tenzen sowie insbesondere die dort enthaltenen Ver- tung im schulischen Bereich können sowohl die Prä- weise auf die Leitperspektiven „Bildung für nachhalti- vention von Gewalt als auch die Einübung von friedli- ge Entwicklung (BNE)“ (vor allem die Verweise auf die cher Konfliktlösung durch die Jugendlichen befördern.“ Begriffe zur Konkretisierung dieser Leitperspektive: (H. A. Pant, Einführung in den Bildungsplan 2016) „Werte und Normen in Entscheidungssituationen“, „Teilhabe, Mitwirkung, Mitbestimmung“, „Demokratie- Fächerübergreifende Leitperspektiven fähigkeit“, „Friedensstrategien“), „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)“ (die Verweise auf Der Bildungsplan unterscheidet zwischen allgemeinen alle Begriffe zur Konkretisierung dieser Leitperspek- und themenspezifischen Leitperspektiven, womit je- tive), „Prävention und Gesundheitsförderung (PG)“ doch keine Gewichtung der jeweiligen Leitperspektiven (vor allem die Verweise auf den Begriff „Selbstregula- intendiert ist. Mit Blick auf Demokratiebildung sind tion und Lernen“ zur Konkretisierung dieser Leitper- vor allem die nachfolgenden fächerübergreifenden spektive) sowie die Verweise auf die Leitperspektive Leitperspektiven von Relevanz: „Medienbildung (MB)“ (vor allem die Verweise auf die Begriffe zur Konkretisierung dieser Leitperspektive: Allgemeine Leitperspektiven „Mediengesellschaft“, „Medienanalyse“, „Information Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) im und Wissen“). Sinne der Befähigung durch zivilgesellschaftliches Engagement und politisches Handeln einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten zu können.
16 c) Einbindung der SMV „Auch das noch?!” Die Mitwirkung bei kommunalen Jugend- beteiligungsprojekten ist für SMVen kein Muss, Ein kurzes Gespräch zwischen einem Verbindungs- bietet aber Chancen lehrer und einem an der Arbeit der Schülermitverant- wortung interessierten Kollegen verläuft in meiner Peter Rauls Vorstellung folgendermaßen: Auf die Frage, ob er denn zufrieden mit dem Stand der SMV-Dinge sei, wird der Verbindungslehrer, so hoffe ich, nicken und dann ausführen, dass nach den Wahlen zu diversen SMV-Ämtern sich auf den SMV-Planungs- tagen verschiedene Themen und Projektgruppen ge- funden haben. „Dann kümmert Ihr Euch also wieder um die Unterstufenparty und unsere Fastnachtsfeier, um das Patensystem für die 5.-Klässler und um den Spenden- lauf zugunsten unserer afrikanischen Partnerschule?”, fragt der Kollege vielleicht. „Ja, und um die Arbeit am Leitbild und um Evaluationsprozesse an unserer Schule auch. Ach ja, und am Projekt ‚Schule mit Courage – Schule ohne Rassismus’ sind wir auch dran”, ergänzt der Verbindungslehrer möglicherweise. Anerkennend nickt nun der interessierte Kollege und fragt: „Und engagiert sich unsere SMV auch bei einem der Jugend- beteiligungsprojekt, die es jetzt in Kooperation der Ge- meinden mit den Schulen gibt?” Der Verbindungslehrer lässt eine kleine Pause entstehen, bevor er zunächst mit einer Gegenfrage antwortet: „Auch das noch?” S ck Foto: Sto Sna kS nap / piixabay na
Jugendbeteiligung weiterdenken: Was ist das Ziel? 17 Stellen Sie sich beim Lesen dieser Zeilen bitte die Schon das gemeinsame Nachdenken über diese Frage beiden Kollegen vor. Fragt der eine hoffnungsvoll und und das damit einhergehende Bewerten der Chancen, das Engagement der Schüler bewundernd nach den die eine eventuelle Mitwirkung der Schülermitverant- verschiedenen Tätigkeitsbereichen der SMV? Schwingt wortung im Rahmen der Jugendbeteiligungsprojekte im Gespräch Anerkennung mit für die umfangreiche verschiedener Ausprägung bietet, öffnet den „Gelegen- und wichtige Arbeit des Verbindungslehrers? Und der heitsraum für gelebte Demokratie” (vgl. H. A. Pant, Verbindungslehrer, begleitet er seine letzte Gegenfrage Einführung in den Bildungsplan 2016) und den „Erpro- mit einem sanften Stöhnen ob der vielen SMV-Projekte, bungs- und Erfahrungsraum” (vgl. Leitfaden Demokra- die er engagiert und schon jetzt über das erwartbare tiebildung, Anhörungsfassung) ein großes Stück weit. Maß einer Anrechnungsstunde hinaus begleitet? Diese im Bildungsplan 2016 formulierte und in den Oder zeigt die Intonation am Satzende bereits jetzt Leitperspektiven bzw. im Leitfaden Demokratiebildung Lust am Projekt und nur ein kleines, rhetorisches konkretisierte zentrale schulische Aufgabe, die Ermög- Fragezeichen? lichung des Demokratielernens, nimmt die Schule als Ganzes, das heißt alle am Schulleben Beteiligten, Ich bin zunächst einmal um die Fragehaltung beider auch alle Fächer und natürlich auch die Schülermit- Kollegen froh. Ein zentraler Grundsatz der SMV-Arbeit verantwortung, in die Pflicht sich so zu organisieren, ist, dass die Schülermitverantwortung und ihre Organe dass der Erwerb demokratischer Handlungskompe- sich ihre Aufgaben selbst stellen (vgl. SMV-Verordnung tenzen möglich wird. Das geht besonders gut, wenn § 7,2). Entsprechend ist es nicht die Aufgabe der Ver- junge Menschen in gestalteten Lern- und Lebenssitu- bindungslehrkraft, die Entscheidung zu treffen, son- ationen Demokratie erfahren, wenn sie in wirklich dern diesen Informations-, Diskussions- und Entschei- interessanten und bedeutsamen Bereichen („den ei- dungsprozess zu ermöglichen. Hier informiert er also genen Angelegenheiten”) mit argumentieren, mitbe- den Schülerrat und gerne auch weitere Schüler (vgl. stimmen und Verantwortung übernehmen und wenn SMV-Verordnung § 7,1: Die Schülermitverantwortung dann diese Erfahrungen gemeinsam reflektiert wer- ist – unbeschadet der besonderen Aufgabe der Schüler- den können. Das macht, dieser Gedanke liegt jetzt auf vertreter – Sache aller Schüler der gesamten Schule.) der Hand, eine aktive, von allen am Schulleben Be- über Formen der Jugendbeteiligung und mögliche teiligten unterstützte (vgl. SMV-Verordnung § 1,2) Kooperationsprojekte und begleitet die sich ergebende Schülermitverantwortung für jede Schule so immens Diskussion des Schülerrates. Sind das, so könnte die wichtig. mit Max Frisch und seiner Definition von Demokratie gestellte Frage lauten, „unsere eigenen Angelegen- heiten”, in die wir uns „einmischen” wollen, oder sind andere SMV-Aufgaben hier an unserer Schule vor- rangig?
18 Der SMV kommt beim Gestalten des schulischen „Ge- So gesehen kann die Mitwirkung der Schülermitver- legenheitsraum für gelebte Demokratie” also fraglos antwortung bei kommunalen Jugendbeteiligungspro- eine besondere Bedeutung zu. Sie ist – in der Klasse, jekten, wie sie in dieser Handreichung geschildert im Schülerrat, in Projektgruppen – der Ort, an dem werden, dieses Kompetenzzentrum erweitern und Schüler über Gestaltungs- und Regelungsfragen bereichern. Sowohl das Nachdenken über die Frage, nachdenken, Vorschläge entwickeln und realisieren: in welchen kommunalen Politikfeldern Interessen Welche Regeln des Zusammenlebens sollen in unse- junger Menschen berührt sind, als auch das gemein- rer Klasse oder Schule gelten? Wie können wir ge- same Suchen einer guten und konsensfähigen Orga- meinsam Schulleben und Lernen verbessern? Wie nisationsform, sowohl das erstmalige argumentie- gestalten wir die Entscheidungsprozesse an unserer rende Gespräch mit Vertretern der Kommune als auch Schule und wie können wir diese so gestalten, dass die inhaltliche Ausgestaltung einer sich institutiona- mehr Mitbestimmung möglich wird? Für welche Ziele lisierenden Jugendbeteiligung lässt Demokratie er- setzen wir uns gemeinsam ein? Wie können wir denen lebbar werden und fördert den Erwerb verschiedener helfen, die unsere Hilfe brauchen? usw.. sozialer und demokratischer Kompetenzen. Und wenn die Schüler auch ihre Kommune als Beteiligungsort Die Schülermitverantwortung wird so zu einem „Kom- erfahren, verstärken sich diese Lerneffekte nochmals petenzzentrum”, in dem Schüler Lern- und Lebens- und zudem auch das Engagement, die Bereitschaft situationen so gestalten können, dass sie ihre Ideen zur Verantwortungsübernahme und insgesamt die und Fähigkeiten einbringen und neue Kompetenzen Identifikation mit dem Gemeinwesen. erwerben bzw. ihre im Unterricht erworbenen Kom- petenzen weiter einüben und ausbauen können. Die Im Rahmen des Projektes kann an einem von SMV- damit einhergehenden Lernerfahrungen sind in ihrer Beauftragten gestalteten „Tag der Schülermitverant- Bedeutung sowohl für den Einzelnen als auch für die wortung” für alle Klassensprecher bzw. SMV-aktive Schule und die Gesellschaft unverzichtbar und nicht Schüler der Schulen einer Gemeinde das Kooperati- hoch genug zu bewerten. onsprojekt gebündelt erlebbar werden: Da tauschen sich SMV-Vertreter der beteiligten Schulen über Schul- artgrenzen hinweg über gelingende SMV-Projekte aus, artikulieren Interessen und Veränderungswünsche der SMV-Aktiven mit Blick auf Schule und Gemeinde, gehen ins lebhafte Gespräch mit Vertretern der Ge- meinde und thematisieren in Workshops, Vorträgen und Diskussionsrunden nach Wahl ihr schulisches „Kompetenzzentrum SMV”.
Jugendbeteiligung weiterdenken: Was ist das Ziel? 19 Unabhängig von der Entscheidung einer Schülermit- verantwortung, sich innerhalb solcher Jugendbeteili- gungsprojekte zu engagieren oder nicht, gilt dabei immer: Eine gute Schule kann auf das „Kompetenz- zentrum SMV” nicht verzichten. Eine aktive SMV- Arbeit ist eine anstrengende, aber sehr lohnenswerte Sache für alle Schüler und alle Lehrer. Wenn durch eine aktive SMV-Arbeit eine Schule zu einem „Gele- genheitsraum für gelebte Demokratie” wird, wird auch das gesamte Miteinander besser, die Freude am Lernen größer und bringt dann sogar steigende Leis- tungen mit sich. Es gilt: Die demokratiefreundliche Schule ist die bessere Schule! Deshalb sind alle am Schulleben Beteiligten gut beraten, der Arbeit der Schülermitverantwortung Aufmerksamkeit und Inter- esse, Unterstützung und Mitarbeit zu widmen. pl Ob diese oder ähnliche Gedanken den beiden Lehrern emp ich Tem e mp in der kleinen Gesprächspause durch den Kopf gehen? Vielleicht ist die Frage des Verbindungslehrers „Auch rric Ullri -Ul das noch?” durchaus von einem kleinen Stöhnen be- rl-U o o: © Karl U gleitet, denn das Arbeitsvolumen der an der SMV- Arbeit Beteiligten ist schon jetzt ein großes. In meiner Fot Vorstellung sagt er dann jedoch zu seinem interes- sierten Kollegen: „Weißt Du, die Schüler sind noch in der Informationsphase und haben das noch nicht ent- Workshop Schulzentrum Oberes Elztal schieden. Wenn der Schülerrat die Entscheidung trifft, in diesem Jugendbeteiligungsprojekten mitzumischen, dann unterstütze ich die Arbeit der Schüler natürlich. Auf Deine Unterstützung und die der Kollegen zähle ich dabei auch.” Und da ist es der Kollege, der nickt ...
20 3. Gemeinsam Jugendbeteiligung gestalten a) Sechs Module für Schule Modul 1: und Gemeinde „Darüber möchten wir gerne mit Ihnen reden!“ Gespräche zur Information und Unterstützung der Dr. Gerfried Kübler und Peter Rauls Entscheidungsfindung Inhalt und Ziele: Die Teilnehmer/-innen erhalten Erstinformationen zu den Modulen erhalten Informationen über die bisherigen Erfahrungen hinsichtlich der Umsetzung des Projekts diskutieren, welche Akteure in Schule und Ge- meinde bei der Entscheidungsfindung informiert und einbezogen werden sollten. Grundlegende Fragen sind in diesem Zusammenhang: Wurden z. B. die Mitspracherechte der schuli- schen Gremien in angemessener Weise berück- sichtigt? Wurden die involvierten Fachschaften angemessen eingebunden? Wurde der Schülerrat eingebunden, falls das Projekt auch über dieses Gremium in der Schule verankert werden soll? Zielgruppen: Vertreter interessierter Kommunen (Bürger- meister, Mitglieder des Stadt- bzw. Gemeinde- rates, Jugendreferent, Schulsozialarbeiter) und Schulen (Schulleitungen, (Gemeinschaftskunde-) Lehrkräfte, Verbindungslehrkräfte, Vertreter der Schülermitverantwortung) Zeitlicher Umfang: je nach Informations- und Abstimmungsbedarf
Gemeinsam Jugendbeteiligung gestalten 21 Modul 2: Zielgruppen: „Jetzt geht’s los!“ Schulverwaltung und Schulen: RP/SSÄ-Referen- Im Auftaktworkshop gemeinsam erfolgreich starten ten und/oder Fachberater, Schulleitungen, (Gemeinschaftskunde)-Lehrkräfte, Verbindungs- Inhalt und Ziele: lehrer, Schulsozialarbeiter, Schülerinnen und Die Teilnehmer/-innen Schüler erhalten weiterführende Informationen zu den Kommune: (Ober)Bürgermeister, Gemeinderäte, Modulen Vertreter der Verwaltung, Vertreter der Jugend- erhalten die Möglichkeit sich in Foren über we- beteiligungsformen sentliche Fragen der Umsetzung auszutauschen Lokale Presse und erste Abstimmungen vorzunehmen. Mögliche Foren und Fragestellungen könnten sein: Zeitlicher Umfang: – Forum für Schulleitungen der beteiligten 90–120 Minuten Schulen, RP/SSÄ-Referenten, Bürgermeister und entsprechend der lokalen Situation mit Vertretern der Verwaltung bzw. des Gemeinde- rats, Jugendreferent, Schulsozialarbeiter etc.. Möglichen Fragestellungen: – Wie erfolgen die Kommunikation und Organi- sation zwischen den beteiligten Schulen? Wer übernimmt die Koordination? – Wie erfolgen die Kommunikation und Organi- sation mit der Gemeinde? Wer übernimmt die Koordination? – Welche Grundvariante(n) der Beteiligungs- und Arbeitsformate sind denkbar? Welche Varianten zu Institutionalisierung in der Schule? Was soll schulartübergreifend bzw. schulartspezifisch ungesetzt werden? Forum für Lehrkräfte der beteiligten Fächer, Ver- bindungslehrer, Fachberater des RP/SMV-Beauf- tragte, Schulsozialarbeiter, Schülerinnen und Schüler, Vertreter der Jugendbeteiligungsformen, und nach Bedarf mit Vertretern der Verwaltung bzw. des Gemeinderats bzw. wenn vorhanden mit dem externen Projektbeauftragten. Mögliche Fragestellungen könnten sein: – Wie kann die Verknüpfung des Projekts mit dem Fachunterricht erfolgen? – Welche Rolle kann und will die SMV über- nehmen? – entwickeln wir einen ersten „Meilensteinplan“
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