LOST IN HOMEOFFICE? Neue Rechtsgrundlagen 2021 und aktuelle Gestaltungstipps - Aus der Broschürenserie Gewerkschaft GPA - Grundlagenabteilung ...
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LOST IN HOMEOFFICE? Neue Rechtsgrundlagen 2021 und aktuelle Gestaltungstipps Aus der Broschürenserie Gewerkschaft GPA – Grundlagenabteilung, Abteilung Arbeit & Technik 1
IMPRESSUM: Herausgeber: Gewerkschaft GPA, 1030 Wien, Alfred-Dallinger-Platz 1 Redaktion: Alexander Pichler, Gewerkschaft GPA – Grundlagenabteilung sowie Abteilung Arbeit & Technik Layout: Christina Schier, Gewerkschaft GPA – GB Organisierung und Marketing Bilder/Fotos: iStock, Michael Mazohl ÖGB ZVR-Nr.: 576439352 Stand: Mai 2021
AUTORiNNEN Mag. Florentin Döller ist Jurist und arbeitet in der Grundlagenabteilung der Gewerkschaft GPA. Er beschäftigt sich vorrangig mit den Themen Steuern, Arbeitszeit, Sozial- politik sowie betriebliche Altersvorsorge. Mag.a Clara Fritsch ist Soziologin und arbeitet in der Abteilung Arbeit & Technik der Gewerk- schaft GPA. Sie beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Themen Kon- trolle am Arbeitsplatz, Beschäftigten-Datenschutz sowie IKT-Systemen und berät diesbezügliche zur Gestaltung von Betriebsvereinbarungen. Dr. Michael Gogola ist Jurist und arbeitet in der Grundlagenabteilung sowie der Abteilung Arbeit & Technik der Gewerkschaft GPA. Er beschäftigt sich unter ande- rem mit den Themen Arbeitszeit, Digitalisierung und Datenschutz sowie mit Rechtsfragen der modernen Arbeitswelt. Mag.a Isabel Koberwein ist Politikwissenschafterin und arbeitet in der Grundlagenabteilung der Gewerkschaft GPA und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den The- men ArbeitnehmerInnenschutz, Arbeitszeit und Sozialpolitik. Mag.a Claudia Kral-Bast ist Juristin und leitet die Abteilung Arbeit & Technik der Gewerkschaft GPA. Sie setzt sich insbesondere mit den Themenfeldern Arbeitsbewertung und Arbeits(zeit)gestaltung, digitale Arbeit und Datenschutz sowie kollektive Mitbestimmung auseinander. Die Inhalte sind nach bestem Wissen erstellt und sorgfältig geprüft. Es besteht jedoch keine Haftung seitens der AutorInnen oder der Gewerkschaft GPA. Inhalte dürfen unter Angabe der AutorInnen weiterverbreitet werden (CC-Urheberrecht). 3
VORWORT 4 © MichaelMazohl
COVID-19 hat in vielen Belangen Fakten geschaffen und bisherige Realitäten tiefgreifend verändert. Das Homeof- fice nutzten zwar schon zuvor eine steigende Anzahl an ArbeitnehmerInnen, durch den Ausbruch der Pandemie und den damit einsetzenden Lockdowns, ist die Erwerbsarbeit aber für so viele Menschen wie noch nie gleichsam über Nacht zu Hause eingezogen. In der Praxis bedeutete dies beispielsweise, statt am Schreibtisch am Küchentisch zu arbeiten, KollegInnen nur mehr in der virtuellen Welt oder am Handy zu begegnen, Patronen für den privaten Drucker besorgen zu müssen und gemeinsam mit den sich im Homeschooling befindlichen Kindern die Kapazi- tätsgrenzen der Datenverbindungen auszutesten. Klare und tatsächlich wirksame Regelungen zwischen Arbeitge- berInnen und ArbeitnehmerInnen fehlten zumeist. Themen wie die Abgeltung der entstehenden Kosten, Arbeitszeit, Datenschutz, Haftung sowie Sicherheit und Gesundheitsschutz blieben somit bestenfalls schwammig gelöst. Schnell wurde klar, dass COVID-19 keine sich in ein paar Wochen auflösende Situation ist. Bei den Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus spielt auch die Arbeit im Homeoffice und die damit einhergehende Reduzierung von Kontakten eine wichtige Rolle. Vermehrt zeigten sich für viele ArbeitnehmerInnen auch die positiven Aspekte der Arbeit von zu Hause aus, wie zum Beispiel der Wegfall stressiger Arbeitswege oder auch die Möglichkeit, sich die Arbeit selbstbestimmter einteilen zu können. COVID-19 hat fraglos eine Entwicklung beschleunigt, die schon lange in Gang war: Das Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Mit der Gestaltung der Arbeit im Homeoffice beschäftigt sich die Gewerkschaft GPA schon seit geraumer Zeit. Durch Musterbetriebsvereinbarungen, Arbeitsbehelfe und direkte Beratung unterstützen wir nicht erst seit der COVID-19-Pandemie BetriebsrätInnen rund um die zentralen Themen, die dabei wichtig sind. In der Coronasituation haben wir von Beginn an verstärkt darauf gedrängt, unsere Forderungen nach verbindlichen und ausgewogenen gesetzlichen Bestimmungen zu realisieren. Mit dem von den Sozialpartnern erarbeiteten und im April 2021 in Kraft getretenen Homeoffice-Gesetzespaket ist dies auch gelungen. Jetzt kommt es auf die erfolgreiche betriebliche Umsetzung und die Gestaltung individuell passender Lösungen an. Die Gewerkschaft GPA will dabei auch mit der vorliegenden Broschüre unterstützen. Barbara Teiber, MA Vorsitzende 5
INHALT Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Zur Arbeit gehen oder daheim bleiben? Das ist immer wieder die Frage!. . . . . . . . . . . . . . . 8 Bisher kaum Sonderregelungen zum Thema Homeoffice. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Nun gibt es endlich konkretere Regelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Fragen und Antworten rund um Homeoffice. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Wann treten die neuen gesetzlichen Bestimmungen in Kraft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Homeoffice im Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Arbeitszeit im Homeoffice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 ArbeitnehmerInnenschutz im Homeoffice. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Arbeitsmittel im Homeoffice. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Aufwandersatz für Homeoffice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Steuerliche Regelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Krank im Homeoffice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Unfall im Homeoffice (Unfallversicherungsschutz). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Haftung für Sachschäden im Homeoffice. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Datenschutz und Datensicherheit im Homeoffice. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Schutz vor Überwachung im Homeoffice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Mitbestimmung des Betriebsrates. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Homeoffice mit Auslandsbezug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 6
Muster-Betriebsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Muster-Einzelvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Rechtsgrundlagen: Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 § 2h AVRAG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 § 97 ArbVG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 § 2 DHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 § 175 ASVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Rechtsgrundlagen: Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Werbungskosten (§ 16 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Leistungen des Arbeitgebers, die nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallen (§ 26 EStG). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 § 124b EStG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Wertvolle Tipps Wichtige Hinweise Erklärung zu gesetzlichen Regelungen 7
EINLEITUNG ZUR ARBEIT GEHEN ODER DAHEIM BLEIBEN? erlebte die Verlagerung der Arbeit in die Wohnung DAS IST IMMER WIEDER DIE FRAGE! der ArbeitnehmerInnen im Zuge der im Frühjahr 2020 einsetzenden COVID-19-Pandemie und den Appellen Arbeiten in der eigenen Wohnung? In der vorindus- der Bundesregierung an die Wirtschaft, die Arbeitneh- triellen Zeit war dies der Normalzustand. Lager, La- merInnen, wo möglich, von zu Hause aus arbeiten zu dentisch, Werkstatt und Wohnort befanden sich in der lassen. Die Voraussetzungen für flächendeckendes Regel unmittelbar nebeneinander bzw. waren ident. Homeoffice waren durch die umfangreichen Entwick- Im Zuge der Industriellen Revolution wurden Lohnar- lungen im Bereich der Digitalisierung während der ver- beit und Privates zunehmend voneinander getrennt. gangenen Jahre und Jahrzehnte – z. B. Verfügbarkeit Arbeiten in der eigenen Wohnung, das bedeutete im von Breitbandinternet in den allermeisten Haushalten, 20. Jahrhundert meist schlecht bezahlte, handwerkli- Ausstattung vieler ArbeitnehmerInnen mit Diensthan- ches Können erfordernde und anstrengende (häufig dys und Laptops – bereits geschaffen worden. Die Aus- Frauen-)Arbeit ohne soziale Absicherung. In Öster- stattung mit technischen Arbeitsmitteln ermöglicht nun reich wurde die sogenannte Heimarbeit erstmals 1918 den Nachrichtenaustausch online, die Abhaltung von in einem Gesetz geregelt – zum damaligen Zeitpunkt Videokonferenzen oder den Zugriff auf Dokumente in ein wichtiger sozialpolitischer Schritt. Demzufolge wird der virtuellen Cloud. Vor dem Hintergrund der COVID- Heimarbeit geleistet bei der „Herstellung, Bearbei- 19-Krise arbeiteten und arbeiten nun so viele Men- tung, Verarbeitung oder Verpackung von Waren“. Nun schen in den eigenen vier Wänden, wie noch nie zuvor. werden jedoch auch unkörperliche Tätigkeiten in der Vieles deutet darauf hin: Homeoffice ist gekommen, eigenen Wohnung erbracht: um zu bleiben. Unter Bezeichnungen wie „Telearbeit“, „mobile Ar- Die massive Zunahme der Verbreitung von Home- beit“, „dislozierte Arbeit“ oder eben auch „Home- office in der Arbeitswelt lässt sich auch statistisch office“ erlebt die Arbeit in der eigenen Wohnung eine belegen: So arbeiteten im Jahr 2019 einer Erhebung gewisse Renaissance. Der Wohnort wurde und wird von Eurostat1 zufolge bloß 5,8% der österreichischen nun zusehends wieder zum Arbeitsort – nicht nur für ArbeitnehmerInnen üblicherweise in ihrer Wohnung. Selbstständige, sondern auch für Arbeitnehmerinnen Gemäß den Ergebnissen einer IFES-Befragung2 und Arbeitnehmer. Einen besonders starken Schub im Auftrag der Arbeiterkammer arbeiteten im Zuge 1 Eurostat, How usual is it to work from home? Verfügbar unter: https://ec.europa.eu/eurostat/web/products-eurostat-news/-/DDN-20200206-1 [15.03.2021; im Dataset muss „employees“ gewählt werden]. 2 IFES, Zeit- und ortsungebundenes Arbeiten, verfügbar unter: https://www.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/arbeitundsoziales/arbeitszeit/Home- Office_Welle_2_PK_2020-11-24.pdf [15.03.2021]. 8
© iStock der COVID-19-Pandemie schließlich über 40 % der BISHER KAUM SONDERREGELUNGEN ZUM ArbeitnehmerInnen zumindest zeitweise im Home- THEMA HOMEOFFICE office. Bislang gab es in Österreich kaum spezielle rechtliche Vor der Pandemie vergleichsweise ein Randthema, Regelungen für die Arbeit im Homeoffice. Auf europä- finden nun intensive politische Debatten rund um ischer Ebene einigten sich die Sozialpartnerorgani- Homeoffice statt. WissenschafterInnen beschäftigen sationen bereits 2002, wie Telearbeit zu gestalten sei.3 sich damit, welche Vor- und Nachteile die Arbeit im Freiwilligkeit, Gleichstellung mit ArbeitnehmerInnen im Homeoffice bringt, nach welchen Kriterien sie gestaltet Unternehmen, Gesundheit und Sicherheit, Ausstattung werden sollte, etc. Auch Gewerkschaften setzen sich in- mit Arbeitsmitteln, Datenschutz, Privatsphäre, Aus- und tensiv dafür ein, dass die Standards, die in den letzten Weiterbildung sowie kollektive Rechte der Telearbeite- 100 Jahren geschaffen wurden (z. B. soziale Absiche- rInnen werden in der Rahmenvereinbarung adressiert. rung bei Unfällen, geregelte Entlohnung, klare Arbeits- Niederlande, Schweiz und Spanien haben in den ver- zeiten etc.), auch für die Arbeit zu Hause gelten. gangenen Jahren Sondergesetze zum Homeoffice ver- abschiedet. 3 Europäische Sozialpartner, Rahmenvereinbarung zu Telearbeit, verfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ TXT/?uri=LEGISSUM%3Ac10131 [10.03.2021]. 9
Die österreichischen Sozialpartnerorganisationen hat- aufgezeichnet? Wie sollte ein gesunder Arbeitsplatz ten sich angesichts der COVID-19-Pandemie und des zu Hause gestaltet sein? Wie ist mit dem Thema Da- großen Drucks aus AK, ÖGB und der kritischen Öffent- tenschutz bei der Arbeit in der eigenen Wohnung um- lichkeit im Dezember 2020 auf Eckpunkte für neue Re- zugehen? Was passiert, wenn der/die ArbeitnehmerIn gelungen zum Thema Homeoffice geeinigt. versehentlich ein Arbeitsgerät beschädigt? Wie wird sichergestellt, dass nicht im Gegenzug Büroflächen Das Thema Homeoffice ist jedoch nicht erst seit der verkleinert – Stichwort: Desk Sharing – oder die Be- Corona-Pandemie auf der Agenda. Die Gewerkschaft schäftigten über digitale Tools kontrolliert werden? GPA fordert schon seit längerer Zeit, dass die beson- deren Bedingungen der Arbeit im Homeoffice ange- Das jüngste Projekt zum Thema Homeoffice hat die Ge- messen berücksichtigt werden müssen. Unter dem werkschaft GPA im Sommer 2020 in Form einer online Titel „Telearbeit – Vorschläge zur Gestaltung“ hat die Umfrage gestartet4. Welche Anliegen haben Beschäf- Gewerkschaft GPA 1996 eine erste Publikation zum tigte im Homeoffice in ihrem Arbeitsalltag? Wie handha- Thema veröffentlicht. Darin wurde untersucht, welche ben die Betriebe das Arbeiten im Homeoffice? Um das Vor- und Nachteile Telearbeit aus ArbeitnehmerIn- zu erfahren, hat die Gewerkschaft GPA nach dem ersten nensicht haben kann (z. B. soziale Isolation, Wegfall COVID-bedingten Anstieg an ArbeitnehmerInnen im von Wegzeiten und Verkehrsentlastung, Problematik Homeoffice in Österreich, die BetriebsrätInnen online der Erfassung der Arbeitszeit etc.) und welche ver- befragt. Die BetriebsrätInnen haben bekannt gegeben, traglichen Vereinbarungen daher zwischen Arbeit- welche Themen ihnen beim Homeoffice am wichtigsten nehmerIn und ArbeitgeberIn getroffen werden sollten sind: (z. B. Maßnahmen gegen belastenden Arbeitsdruck, Kostenübernahme durch ArbeitgeberInnen, Festle- ● Es müsse eine gesetzlich wasserdichte Regelung gung gemeinsamer Zeiten im Betrieb). her. Die oftmals aufgrund der überraschenden Ein- führung von Homeoffice praktizierte Variante ohne Seither hat sich die Gewerkschaft GPA immer wieder genaue Vereinbarung kann nur kurzfristig, aber mit dem Thema Homeoffice bzw. Telearbeit beschäf- nicht langfristig gelingen. tigt: Muster für Einzelvereinbarungen und Betriebs- ● Die Arbeitsmittel sollen arbeitgeberseitig zur Ver- vereinbarungen zu „work@home“ wurden erstellt. fügung gestellt werden. Betriebsvereinbarungen zu „remote work“ wurden ge- meinsam mit den BetriebsrätInnen ausverhandelt. Be- ratungen und Weiterbildung zum „mobilen Arbeiten“ wurden angeboten. FunktionärInnen haben das „Recht auf Abschalten“ beim Bundesforum der Gewerkschaft GPA gefordert. Broschüren rund um das Thema „Ent- grenzung“ und „anywhere working“ wurden verfasst. Das Arbeiten von zu Hause war also immer ein wich- tiger Bestandteil der inhaltlichen Auseinandersetzung in der Gewerkschaft GPA. Die meisten der Gestaltungs- anforderungen aus der Broschüre von 1996 (Abb. TELEARBEIT Vorschläge zur Gestaltung rechts) bestehen 25 Jahre später nach wie vor: Welche (Gruppen von) Beschäftigten haben die Möglichkeit, 1996 von der eigenen Wohnung aus zu arbeiten? Welche technische Ausstattung ist für die Arbeit im Home- office notwendig? Haben ArbeitnehmerInnen Anspruch auf Aufwandersatz? Welches Arbeitszeitmodell wird gewählt und wie wird die Arbeitszeit von zu Hause aus 4 Die Ergebnisse finden sich in der GPA-Broschüre „Home-Office, gekommen um zu bleiben, Erfahrungen und Gestaltungstipps?“. 10
EINLEITUNG ● Es muss einen Ausgleich für die finanziellen Belas- gilt das selbstverständlich auch weiterhin. Klargestellt tungen geben (z. B. WLAN, Druckerausstattung). wurde (in den erläuternden Bemerkungen) überdies, dass die Bestimmungen des Arbeitszeit- und des Ar- Daran zeigt sich, dass die Arbeit im Homeoffice Vor- beitsruhegesetzes auch im Homeoffice in vollem Um- aber auch Nachteile für die Beschäftigten bieten kann: fang zur Anwendung kommen. Ebenfalls klargestellt Lästige Anfahrtswege fallen weg und mitunter lassen ist nun, dass ArbeitgeberInnen die für die Arbeitser- sich Privat- und Berufsleben besser in Einklang brin- bringung im Homeoffice notwendige technische Inf- gen. Die zeitliche und örtliche Souveränität von Arbeit- rastruktur bereitstellen, andernfalls einen angemessen nehmerInnen steigt. Viele hoffen, selbstbestimmter ar- Kostenersatz zu leisten haben. Das Dienstnehmerhaft- beiten zu können. Andererseits erhöht sich die Gefahr, pflichtgesetz wurde auf Haushaltsangehörige des/der dass länger und häufig auch außerhalb der vereinbar- ArbeitnehmerIn erweitert. In puncto ArbeitnehmerIn- ten Arbeitszeiten gearbeitet wird, dass die Abgrenzung nenschutz wird ein Leitfaden zur besseren Überprüf- zwischen Arbeit und Privatleben schwerer fällt. Die Po- barkeit möglicher belastender Faktoren bei der Arbeit sition der Gewerkschaft GPA war diesbezüglich immer in der eigenen Wohnung angeboten, außerdem müs- klar: Homeoffice kann nur dann gut und unter fairen sen ArbeitgeberInnen die Beschäftigten vor Beginn Bedingungen funktionieren, wenn niemand gezwun- der Tätigkeit im Homeoffice zu den Erfordernissen der gen wird, von zu Hause aus zu arbeiten. Es braucht Arbeitsplatzgestaltung unterweisen. Der im Zuge der also Freiwilligkeit bei der Einrichtung von Homeoffice- COVID-19-Krise vorübergehend geschaffene erweiter- Arbeitsplätzen und eine entsprechende arbeitsrecht- te Unfallversicherungsschutz für Personen, die von der liche Absicherung zum Schutz der Beschäftigten. Au- eigenen Wohnung aus arbeiten, wurde – wie von ÖGB ßerdem müssen BetriebsrätInnen bei der Einführung und AK gefordert – ins Dauerrecht übernommen. von Homeoffice jedenfalls mitbestimmen und somit mitgestalten können. Ihnen kommt also eine besonders Neben gesetzlichen Regelungen, die nun im Hin- wichtige Aufgabe zu, wenn es darum geht, faire Regeln blick auf viele Fragestellungen im Zusammenhang für die Arbeit von zu Hause aus festzulegen. mit Homeoffice vorliegen, braucht das Arbeiten am Wohnort eine verbindliche und faire Gestaltung, die auf die konkreten Bedingungen im jeweiligen Unter- NUN GIBT ES ENDLICH KONKRETERE nehmen abgestimmt ist. In vielen Fällen bedeutet eine REGELUNGEN dauerhafte Umsetzung von – zumindest teilweiser – Arbeit im Homeoffice sowohl für ArbeitgeberIn und Nach vehementen Forderungen von Arbeiterkam- ArbeitnehmerInnen, aber auch für den Betriebsrat, mern und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund auch eine deutliche Kulturänderung. Die Gewerk- haben sich die Sozialpartnerorganisationen bereits schaft GPA hat Überlegungen dazu angestellt, welche Ende 2020 auf neue Regeln im Zusammenhang mit der Elemente eine gelungene Betriebsvereinbarung zum Arbeit im Homeoffice geeinigt. Im Jänner 2021 fasste Thema Homeoffice jedenfalls enthalten sollte und die Bundesregierung einen entsprechenden Beschluss eine umfangreiche Muster-Betriebsvereinbarung ent- im Ministerrat, wonach die von den Sozialpartneror- wickelt (siehe S. 26). Sie findet sich in der vorliegenden ganisationen erarbeiteten Regelungen Eingang in Broschüre ebenso wie ein Einzelvereinbarungsmuster die Gesetz finden sollen. So ist nun explizit klargestellt, (siehe S. 34), eine ausführliche Sammlung der wich- dass die Arbeit im Homeoffice nur freiwillig erfolgen tigsten Fragen und Antworten zum Thema Homeoffice darf, eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeit- (siehe S. 12) sowie eine kurze Kommentierung der ein- geberIn und ArbeitnehmerIn ist aus Beweisgründen schlägigen gesetzlichen Passagen (siehe S. 39). Die abzuschließen. Ein neuer Betriebsvereinbarungstat- Gewerkschaft GPA-Broschüre mit dem Titel „Irgend- bestand „Festlegung von Rahmenbedingungen für wie – irgendwo – irgendwann“ bietet zusätzlich die Arbeit im Homeoffice“ wurde geschaffen. Wo bereits Möglichkeit zur intensiven und detailreichen Ausein- bisher zwingend eine Betriebsvereinbarung abzu- andersetzung mit den rechtlichen und sozialen Her- schließen ist – Stichwort technische Kontrollsysteme – ausforderungen der mobilen Arbeit. 11
FRAGEN UND ANTWORTEN RUND UM HOMEOFFICE WANN TRETEN DIE NEUEN GESETZ- Warum gibt es kein verpflichtendes Homeoffice? LICHEN BESTIMMUNGEN IN KRAFT? Der Gewerkschaft GPA war es wichtig zu erreichen, Die steuerrechtlichen Teile der gesetzlichen Neurege- dass Homeoffice von den ArbeitgeberInnen nicht ein- lung zum Thema Homeoffice sind mit 1.1.2021 in Kraft seitig angeordnet werden kann. Auf betrieblicher Ebe- getreten. Alle arbeitsrechtlichen Ansprüche bestehen ne sollen die bestmöglichen Rahmenbedingungen für ab Inkrafttreten der Änderungen im AVRAG (1. Ap- die Arbeit im Homeoffice geschaffen werden – unter ril 2021) auch für alle bestehenden und bereits in der Einbindung des Betriebsrates. Dennoch sollte gerade Vergangenheit geschlossenen Vereinbarungen. Selbst während der Zeit der Pandemie überall wo es möglich wenn also bereits im Jahr 2020 Homeoffice vereinbart ist, von zu Hause aus gearbeitet werden. wurde, muss ab 1. April 2021 Kostenersatz für digita- le Arbeitsmittel geleistet werden, sofern diese von den Was mache ich, wenn mein/meine ArbeitgeberIn ArbeitnehmerInnen selbst zur Verfügung gestellt wer- Homeoffice nicht erlauben will? den. Besteht (noch) keine schriftliche Vereinbarung, kommen dennoch die neuen Bestimmungen, also ins- Homeoffice muss immer zwischen ArbeitnehmerIn und besondere der Anspruch auf Kostenersatz sowie das ArbeitgeberIn einvernehmlich vereinbart werden. Rücktrittsrecht aus wichtigem Grund, zur Anwendung. Zwei Szenarien: ● Unternehmen mit Betriebsrat können per Betriebs- HOMEOFFICE IM ARBEITSVERTRAG vereinbarung einheitliche Zugangsvoraussetzun- gen für Homeoffice festlegen. In diesem Rahmen Habe ich ein Recht auf Homeoffice? kann man dann eine Einzelvereinbarung abschlie- ßen. Die Betriebsvereinbarung ist aber grund- Nein, ein Recht auf Homeoffice gibt es nicht. sätzlich nicht gegen den Willen des Arbeitgebers/ der Arbeitgeberin durchsetzbar – für bestimmte Kann mich der/die ArbeitgeberIn gegen meinen Wil- Aspekte, etwa die Einführung eines elektronischen len ins Homeoffice schicken? Zeiterfassungssystems auf dem Arbeitslaptop oder die Verpflichtung zur Verwendung von Videokonfe- Nein, Homeoffice braucht eine schriftliche Vereinba- renzsystemen, muss jedenfalls eine Betriebsverein- rung. Der/die ArbeitnehmerIn muss also jedenfalls zu- barung abgeschlossen werden. stimmen, andernfalls ist Homeoffice nicht möglich. ● In Unternehmen ohne Betriebsrat können sich Ar- 12
© iStock beitnehmerInnen nur auf eine Einzelvereinbarung selbst entscheiden, wann er/sie von zu Hause aus ar- stützen. Mit den neuen gesetzlichen Regeln sind sie beiten will. Fehlt eine solche konkrete Regelung, ist die allerdings besser abgesichert als zuvor. Durchführung von anlassbezogenem Homeoffice nur einvernehmlich möglich, also in jedem einzelnen Fall Kann ich vom Homeoffice auch wieder zurücktreten, mit dem/der ArbeitgeberIn zu vereinbaren. wenn ich das nicht mehr möchte? Darf ich von jedem beliebigen Ort aus arbeiten? Es gibt die Möglichkeit, von der Vereinbarung wie- der zurückzutreten, wenn wichtige Gründe vorliegen. Grundsätzlich bedeutet Homeoffice natürlich, dass von Wenn zum Beispiel Kinder in die Familie kommen und der eigenen Wohnung aus gearbeitet wird. Es können damit die räumlichen Möglichkeiten nicht mehr gege- allerdings auch andere Orte vereinbart werden, etwa ben sind, die Wohnung gewechselt wird oder sich die die Wohnung des/der LebensgefährtIn oder naher An- eigene Lebenssituation sonst entscheidend ändert, lie- gehöriger. Die Festlegung konkreter Arbeitsorte ist im gen wichtige Gründe vor. Hinblick auf die rechtliche Absicherung der Arbeitneh- merInnen allerdings dringend zu empfehlen. Eine einvernehmliche Beendigung ist selbstverständ- lich jederzeit möglich, außerdem kann in der Verein- Kann der/die ArbeitgeberIn verlangen, dass ich trotz barung auch eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit Homeoffice für eine Besprechung ins Büro kommen festgelegt werden. muss? ? Unter welchen Voraussetzungen kann ad-hoc Home- Genauso wie der/die ArbeitgeberIn mich etwa zu Be- office durchgeführt werden? sprechungen außerhalb des Büros schicken kann, wenn das Teil meiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit ist, Wann ad-hoc Homeoffice durchgeführt werden kann sie/er mich aus dem Homeoffice zu einer Bespre- kann und welche Voraussetzungen dafür notwendig chung ins Büro holen. Allerdings kann das nicht so weit sind, sollte durch eine Betriebsvereinbarung geregelt gehen, dass sie/er mich an jedem vereinbarten Home- werden, ansonsten darf der/die ArbeitnehmerIn nicht office-Tag ins Büro bestellt. 13
ARBEITSZEIT IM HOMEOFFICE ben ganztägig verbraucht werden kann und ein Ver- brauch in Zusammenhang mit einer wöchentlichen Muss ich im Homeoffice ständig erreichbar sein? Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist. Im Homeoffice gelten dieselben Arbeitszeitregelun- gen, die sonst im Büro gelten. Somit gibt es einen Be- ARBEITNEHMERINNENSCHUTZ ginn und ein Ende der Arbeitszeit. Bei Gleitzeit kann IM HOMEOFFICE man das sogar in einem gewissen Rahmen selbst fest- legen. Nur während der vereinbarten Arbeitszeit muss Haben ArbeitgeberInnen, Präventivfachkräfte oder man auch erreichbar sein. Arbeitsinspektion das Recht, meine Wohnung zu be- treten, um die Einhaltung des ArbeitnehmerInnen- schutzes zu überprüfen? Die Arbeitszeiten immer so genau wie möglich ArbeitnehmerInnen müssen niemanden in ihre Privat- aufschreiben! räumlichkeiten lassen, wenn sie das nicht möchten. Das ergibt sich schon aus dem Grundrecht auf Privat- sphäre. Daher hat auch der/die ArbeitgeberIn keine Darf ich mir meine Arbeitszeit im Homeoffice frei Möglichkeit dazu. Das Arbeitsinspektorat ist darü- einteilen? ber hinaus nicht für Privatwohnungen zuständig und die ArbeitsinspektorInnen dürfen die Wohnung des/ Es gelten grundsätzlich die gleichen Arbeitszeiten der ArbeitnehmerIn auch nicht betreten (es sei denn wie im Büro. Und Arbeitszeiten müssen immer irgend- der/die ArbeitnehmerIn verlangt dies). Das bedeutet wo geregelt sein: Etwa in einer Betriebsvereinbarung gleichzeitig nicht, dass es keine ArbeitnehmerInnen- oder individuell. Sehr wohl sind auch im Homeoffice schutzregeln im Homeoffice gibt. erbrachte, vereinbarte bzw. angeordnete Mehr- oder Überstunden abzugelten. Wer berät mich zum ArbeitnehmerInnenschutz? Der/die ArbeitgeberIn ist dafür verantwortlich z. B. über die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung aufzu- Schreib dir täglich auf, wann die Arbeitszeit klären. Die ArbeitnehmerInnen haben das Recht, die begonnen und wann sie wieder geendet hat. betrieblichen Präventivdienste (ArbeitsmedizinerInnen, Sicherheitsfachkräfte, ggf. andere ExpertInnen z. B. ArbeitspsychologInnen), darüber hinaus auch Sicher- Sind Überstunden im Homeoffice möglich, müssen heitsvertrauenspersonen für Beratungen in Anspruch diese angeordnet werden? zu nehmen. Grundsätzlich müssen Überstunden angeordnet wer- Gibt es spezielle gesetzliche Regelungen für die Bild- den, wobei die Anordnung nicht ausdrücklich erfol- schirmarbeit im Homeoffice? gen muss, sondern auch eine konkludente Anordnung möglich ist. Wenn die angeordnete Arbeit aufgrund Hinsichtlich der Bildschirmarbeit gelten im Homeof- ihrer Menge etwa innerhalb der Normalarbeitszeit fice im Wesentlichen dieselben Regelungen wie in der nicht geleistet werden kann, ist darin eine schlüssige betrieblichen Arbeitsstätte. Die Gestaltung der Ar- Anordnung von Überstunden zu erblicken. Kommt ein beitsbedingungen und Auswahl der Arbeitsmittel, inkl. Gleitzeitmodell zum Einsatz kann innerhalb des Gleit- Software, sind demnach auf die jeweilige Tätigkeit ab- zeitrahmens gearbeitet werden, sofern dabei die täg- zustimmen. Dabei sind außerdem der Stand der Technik lichen Arbeitszeithöchstgrenzen nicht überschritten bzw. arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu beachten. werden. In der Gleitzeit dürfen grundsätzlich 10 Stun- Das bedeutet auch, dass der/die ArbeitgeberIn bei der den täglich nicht überschritten werden. Die Leistung Zurverfügungstellung von Arbeitsmitteln nicht in jedem von bis zu 12 Normalarbeitsstunden ist zulässig, wenn Fall mit der Bereitstellung von lediglich Laptop, Handy die Gleitzeitvereinbarung vorsieht, dass ein Zeitgutha- und Datenverbindung seine Verpflichtungen in vollem 14
FRAGEN UND ANTWORTEN RUND UM HOMEOFFICE DER GESUNDE ARBEITSPLATZ IM HOMEOFFICE © studioback.at/Annett Stolarski 15
Umfang wird erfüllen können. Mitunter wird also etwa Darf der/die ArbeitgeberIn die Wohnung des/der Be- noch ein externer Bildschirm und in der Regel eine Tas- schäftigten betreten, um die Arbeitsleistung zu kon- tatur zur Verfügung gestellt werden müssen. trollieren? Muss ich vom/von der ArbeitgeberIn für die Arbeit Nein. Es ergibt sich schon aus grundrechtlichen Erwä- im Homeoffice bestimmte Arbeitsmittel zur Verfü- gungen, dass ArbeitgeberInnen nicht in den Privatbe- gung gestellt bekommen? reich ihrer Beschäftigten eindringen dürfen. Die zum Wesen des Arbeitsvertrages gehörenden Kontrollrech- Der/die ArbeitgeberIn hat die für die Arbeit im Home- te des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin können daher office erforderlichen digitalen Arbeitsmittel (inkl. Daten- nur auf anderem Wege wahrgenommen werden. Viele verbindung) zur Verfügung zu stellen. Welche Arbeits- ArbeitgeberInnen versuchen daher, die Beschäftigten mittel das konkret sind, hängt von der Tätigkeit ab, die mit technologiegestützten Systemen zu kontrollieren. im Homeoffice verrichtet wird. Handelt es sich um die- Das ist allerdings nur innerhalb sehr enger Grenzen selbe Tätigkeit wie in der Arbeitsstätte, braucht es auch möglich. Ist ein technisches System als Kontrollmaß- eine entsprechende Ausstattung im Homeoffice (z. B. nahme bzw. technisches Kontrollsystem iSd § 96 Abs 1 größerer Bildschirm bei Grafikarbeiten, o. ä.). Kommt es Z 3 ArbVG zu werten, so muss der Betriebsrat zuvor je- durch das Homeoffice zu einer Anpassung der Tätigkeit denfalls zugestimmt haben, andernfalls ist der Einsatz (z. B. nur Textbearbeitung) kann auch ein Laptop mit unzulässig. ausreichender Bildschirmgröße genügen. Im Homeof- fice können auch eigene Arbeitsmittel der/des Arbeit- Auch die nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nehmerIn verwendet werden. Bei digitalen Arbeitsmit- bestehende Verpflichtung zur Arbeitsplatzevaluierung, teln ist ein entsprechender Kostenersatz zu vereinbaren. die auch für die Arbeit im Homeoffice gilt, berechtigt Ar- Auf ergonomische Bedingungen ist freilich auch bei der beitgeberInnen nicht dazu, die Privatwohnung ihrer Be- Verwendung eigener Arbeitsmittel zu achten. schäftigten zu betreten. Ebenson dürfen die Präventiv- fachkräfte (ArbeitsmedizinerIn und Sicherheitsfachkraft Ist der/die ArbeitgeberIn für die ergonomische Ge- bzw. sonstige ExpertInnen wie etwa ArbeitspsychologIn- staltung des Arbeitsplatzes im Homeoffice verant- nen) den Arbeitsplatz im Homeoffice nur auf ausdrück- wortlich? lichen Wunsch des/der ArbeitnehmerIn besichtigen. Der/die ArbeitgeberIn ist auch im Homeoffice für die ergonomische Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen ARBEITSMITTEL IM HOMEOFFICE verantwortlich. Jedoch ist er/sie laut ArbeitnehmerIn- nenschutzgesetz nicht verpflichtet, im Home-office Muss ich meinen eigenen Computer verwenden, einen Arbeitstisch bzw. Arbeitsflächen und eine Sitz- wenn ich im Homeoffice bin? gelegenheit zur Verfügung zu stellen. Der/die Arbeit- geberIn hat für eine Evaluierung der psychischen und Grundsätzlich hat der/die ArbeitgeberIn die erforder- physischen Belastungen am Homeoffice-Arbeitsplatz lichen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Welche Sorge zu tragen. Damit ist auch gemeint, dass geeigne- Arbeitsmittel konkret umfasst sind, muss im Einzelfall te Maßnahmen zur Vermeidung von Gesundheitsrisiken beurteilt werden. Es kann auch vereinbart werden, dass zu setzen sind. Außerdem müssen die Beschäftigten vor der/die ArbeitnehmerIn die eigenen digitalen Arbeits- Beginn der Tätigkeit im Homeoffice zu den Erforder- mittel verwendet. In diesem Fall gebührt aber eine an- nissen der Arbeitsplatzgestaltung unterwiesen werden, gemessene Abgeltung des Aufwands. damit sie in der Lage sind, sich den Arbeitsplatz zuhause ergonomisch richtig einzurichten. Die Unterweisung ist Der/die ArbeitgeberIn will die Verwendung eines während der Arbeitszeit durchzuführen und muss in ei- ganz bestimmten Gerätes im Homeoffice vorschrei- ner Form erfolgen, die sicherstellt, dass die vermittelten ben. Ist das möglich? Inhalte verstanden und angewendet werden können. Es muss daher auch die Möglichkeit für Nachfragen und Stellen der/die ArbeitgeberIn das Gerät zur Verfügung, individuelle Erklärungen geben. liegt darin kein Problem. Sollen die ArbeitnehmerInnen ihre privaten Geräte verwenden, ist jedenfalls ein an- 16
FRAGEN UND ANTWORTEN RUND UM HOMEOFFICE gemessener Aufwandersatz zu leisten. Fraglich ist die versteuert. Höhere Kosten für Arbeitsmittel, die man Situation insbesondere dann, wenn die Beschäftigten selbst angeschafft hat, können jedoch in der Arbeit- ein bestimmtes Gerät selbst anschaffen sollen. Dies ist nehmerInnenveranlagung geltend gemacht werden jedenfalls zu vereinbaren und ein angemessener Kos- (gegen entsprechende Belege, siehe dazu Abschnitt tenersatz ist zu leisten. Andernfalls ist wohl davon aus- „Steuerliche Regelungen“). zugehen, dass der/die ArbeitgeberIn die Anschaffung und die damit verbundenen Kosten auf die Beschäftig- Bekomme ich eine Abgeltung für den Mehraufwand ten abschieben will. Darin kann man eine Überwälzung (Strom, Heizung, Internet), der mir im Homeoffice des Unternehmerrisikos erblicken, weshalb unter Um- entsteht? ständen Sittenwidrigkeit vorliegt. Wie bisher sollen und können ArbeitgeberInnen anfal- Dürfen die vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin lende Kosten übernehmen (Strom, Heizung, Arbeitsmö- für die Arbeit im Rahmen von Homeoffice zur Verfü- bel, etc.). Diese Kosten können auch in Form einer Pau- gung gestellten Geräte auch privat genutzt werden? schale (z. B. in einer Betriebsvereinbarung festgelegt) ersetzt werden. Es besteht eine grundsätzliche Pflicht Ob die Nutzung der vom Arbeitgeber/von der Arbeit- des Arbeitgebers, Aufwände der ArbeitnehmerInnen geberin zur Verfügung gestellten Geräte auch für den zu ersetzen – von dieser Grundregel konnte bisher in Privatgebrauch zulässig ist, sollte Teil der Betriebsver- allen Fällen durch eine vertragliche Vereinbarung ab- einbarung über die mobile Arbeitserbringung im Rah- gewichen werden. men von Homeoffice sein und muss jedenfalls geregelt werden. Man muss hier aber künftig zwischen Kosten für eigene Grundsätzlich kann der/die ArbeitgeberIn die Privat- digitale Arbeitsmittel und sonstigen Mehrkosten unter- nutzung seiner Geräte untersagen. Die Nutzung für scheiden. Für eigene digitale Arbeitsmittel (z. B. Lap- ein kurzes Online-Meeting, bei dem keine Software top, Handy, Internetverbindung) muss künftig jeden- installiert wird und auch sonst keine Veränderungen falls ein angemessener Kostenersatz erfolgen, wenn am Gerät vorgenommen werden oder ein besonders deren Verwendung vereinbart wurde. Es kann also von wichtiges privates E-Mail wird er wohl tolerieren müs- der gesetzlichen Grundregel nicht mehr abgegangen sen. In jedem Fall ist es sinnvoll, zu vereinbaren, inwie- werden. weit der Laptop auch privat genutzt werden darf. Jedenfalls gebührt also eine angemessene Abgeltung für den Fall, dass eigene digitale Arbeitsmittel (z. B. Com- puter, Handy, Internetverbindung) verwendet werden. AUFWANDERSATZ FÜR HOMEOFFICE Durch den neuen Homeoffice-Kostenersatz werden Habe ich Anspruch auf Kostenersatz? manche ArbeitgeberInnen kein Homeoffice gewähren! Digitale Arbeitsmittel sind vom Arbeitgeber/von der Das ist möglich: Was wir wollen ist, dass kein/e Arbeit- Arbeitgeberin zur Verfügung zu stellen oder der Auf- nehmerIn die Kosten für das Homeoffice selbst zu tragen wand muss finanziell abgegolten werden. Soweit die hat und eine Kostenverschiebung von den Arbeitgebe- notwendigen Arbeitsmittel nicht vom/von der Arbeit- rInnen hin zu den ArbeitnehmerInnen vermieden wird. geberIn bereitgestellt werden, besteht Anspruch auf angemessenen Kostenersatz durch den/die Arbeit- Der Kostenersatz deckt meine Homeoffice-Kosten geberIn jedenfalls für digitale Arbeitsmittel (Laptop, nicht zur Gänze ab. ? Diensthandy, Datenverbindung etc.). Pauschalzahlun- gen sind bis zu 300 EUR/Jahr steuerfrei. Der Ersatz für Es wurden Regeln ausgearbeitet, die anfallenden Kos- digitale Arbeitsmittel kann nun nicht mehr vertraglich ten anteilig zu ersetzen. Es besteht eine grundsätzliche ausgeschlossen werden. Der angemessene Kosten- Pflicht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, Aufwän- ersatz, der arbeitsrechtlich zusteht, kann auch höher de der ArbeitnehmerInnen zu ersetzen – von dieser als 300 EUR sein. Dann wird die 300 EUR übersteigen- Grundregel konnte bisher in allen Fällen durch eine de Pauschalzahlung durch den/die ArbeitgeberIn vertragliche Vereinbarung abgewichen werden. 17
Man muss hier aber künftig zwischen Kosten für ei- Monatstarife der Internetanbieter, ist eine Abrechnung gene digitale Arbeitsmittel und sonstigen Mehrkosten nach Monatsbetrachtung wegen der besseren Nach- unterscheiden – für digitale Arbeitsmittel (z. B. Laptop, vollziehbarkeit zu bevorzugen. Denn in diesem Fall Handy, Internetverbindung) muss künftig jedenfalls ein würde der/die ArbeitnehmerIn jedenfalls die Fixkosten angemessener Kostenersatz erfolgen, es kann also von zu tragen haben, der/die ArbeitgeberIn aber nur im der gesetzlichen Grundregel nicht mehr abgegangen Ausmaß der jeweiligen betrieblichen Nutzung tage- werden. Darüber hinausgehende Kosten werden wie weise Kosten tragen. Eine Beteiligung an den Fixkosten bisher behandelt. erscheint sachlich stärker gerechtfertigt. Was tun wenn das Unternehmen sich weigert, Kosten Wie können ArbeitnehmerInnen die Zahlung von Kos- für die Internetverbindung zu übernehmen und argu- tenersatz gegenüber ihren ArbeitgeberInnen durch- mentiert, die ArbeitnehmerInnen könnten auch vom setzen? Büro aus arbeiten? Mit der neuen Bestimmung über den Kostenersatz für Wenn Internet erforderlich ist, kann das so nicht verein- digitale Arbeitsmittel (§ 2h AVRAG) wird ein Rechtsan- bart werden. ArbeitnehmerInnen können diese Kosten spruch auf Abgeltung der Kosten für digitale Arbeits- einklagen, insbesondere geht aus der schriftlichen mittel, soweit diese von den ArbeitnehmerInnen selbst Vereinbarung hervor, in welchem Ausmaß im Home- zur Verfügung gestellt werden müssen, begründet. office zu arbeiten ist/gearbeitet werden kann. ArbeitnehmerInnen können derartige Kosten also ge- richtlich einklagen. Wie hoch ist eine „angemessene“ Abgeltung in Bezug auf die Internetverbindung? Muss ein Kostenersatz geleistet werden, wenn die Ar- beitnehmerInnen eine Überzahlung erhalten? Das hängt von der konkret benötigten Verbindung und den Tarifen der Anbieter ab und lässt sich daher nicht Hier sind mehrere Fälle zu unterscheiden: pauschal beantworten. 30 Euro monatlich für eine Ver- Erhält ein/eine ArbeitnehmerIn eine Überzahlung über bindung können wohl typischerweise als erforderlich den KV-Mindestlohn für das Arbeitszeitausmaß gemäß angesehen werden (auf der Grundlage durchschnitt- Kollektivvertrag, also ein höheres Entgelt, als der/die licher Verbindungstarife im Jahr 2021). ArbeitgeberIn (für z. B. 38,5 h/Woche) zu zahlen ver- pflichtet ist, so gebührt die Überzahlung als Teil des Wie hoch ist der berufliche Anteil einer bestehenden, Entgelts für die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit und privaten Internetverbindung anzusetzen? schließt keinen Kostenersatz ein. Stellt der/die Arbeit- geberIn nicht sämtliche benötigte digitale Arbeitsmit- Wenn man eine leistungsstarke Verbindung wegen der tel zur Verfügung, so ist jedenfalls ein angemessener Arbeit im Homeoffice angeschafft hat, wird wohl davon Kostenersatz zusätzlich auszuzahlen. auszugehen sein, dass, analog zu steuerrechtlichen Regelungen, zumindest 60% als beruflicher Anteil an- Wurde zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn gesehen wird. in der Vergangenheit eine All-in-Vereinbarung ge- schlossen, so kommt es darauf an, was konkret verein- Verwendet man eine bestehende private Internetver- bart wurde und welche Kosten durch die Vereinbarung bindung, könnte man auch eine tageweise Betrach- abgedeckt sein sollen. Häufig sind durch All-in-Ver- tung anwenden, z. B. 1 EUR je Tag? einbarungen nur Mehr- und Überstunden abgedeckt, nicht aber sämtliche Kosten. In diesem Fall kann die Grundsätzlich ist auch eine Abgeltung pro Tag mög- Vereinbarung nur Mehrarbeit abdecken, nicht jedoch lich, allerdings nicht empfehlenswert und oft nicht Aufwand (z. B. Spesen, Kilometergeld). sachlich. 1 EUR stellt wohl die absolute Untergrenze dar, die in vielen Fällen nicht als angemessen betrach- Bereits bestehende (Arbeits-)Verträge und All-in-Ver- tet werden kann. Nachdem die ArbeitnehmerInnen einbarungen können selbstverständlich auch nicht bei gleichen Kosten auch hinsichtlich der Abgeltung einseitig durch den/die ArbeitgeberIn abgeändert gleichbehandelt werden müssen und auch wegen der werden. 18
FRAGEN UND ANTWORTEN RUND UM HOMEOFFICE © iStock Wenn bei Vertragsschluss einer All-in-Vereinbarung dokumentieren und dem Finanzamt gegenüber nach- auch Aufwandsersatz vereinbart wurde, kommt es auf weisen zu können. Auch aus ArbeitgeberInnenpers- die konkrete Formulierung an. War von einer Abgel- pektive macht eine Einrechnung von Kostenersätzen in tung eines Aufwandersatzes bei Homeoffice keine Rede, Überzahlungen und All-in-Gehälter daher kaum Sinn. dann dürfen derartige Kosten auch nicht nachträglich in die All-in-Vereinbarung „eingerechnet“ werden. STEUERLICHE REGELUNGEN Werden All-in-Vereinbarungen neu abgeschlossen, ist eine Einbeziehung von Aufwandersätzen im Zusam- Kommt es in steuerrechtlicher Hinsicht zu Verbesse- menhang mit Homeoffice nur dann möglich, wenn rungen? sämtliche geschuldete Mehr- und Überstunden sowie die beim/bei der konkreten ArbeitnehmerIn anfallen- Vor 2021 waren Kosten im Zusammenhang mit der Tä- den Kosten im Zusammenhang mit Homeoffice (jeden- tigkeit im Homeoffice nur eingeschränkt absetzbar. So falls für Einsatz eigener digitaler Arbeitsmittel) in voller konnte zwar der berufliche Anteil von (digitalen) Ar- Höhe rechnerisch im All-in-Gehalt Platz finden. Das beitsmitteln wie z. B. Laptop, Handy oder der Internet- kollektivvertragliche Mindestgehalt darf dabei selbst- verbindung geltend gemacht werden. Sonstige anfal- verständlich nicht unterschritten werden. lende Kosten (z. B. Strom, Heizung, Büromobiliar) waren jedoch nur dann absetzbar, wenn quasi ausschließlich Besonders praktikabel erscheint eine solche Vorge- im Homeoffice gearbeitet wurde und der/die Arbeit- ? hensweise jedoch nicht: Der/die ArbeitgeberIn hat nehmerIn zudem über keinen Arbeitsplatz im Betrieb die Anzahl der Homeoffice-Tage jedes/jeder Arbeit- verfügte (sog. „Arbeitszimmer-Regelung“). Bei den nehmerIn in der Lohnverrechnung zu dokumentieren. steuerlichen Regelungen für Homeoffice kommt es nun Außerdem wird es im Hinblick auf die Möglichkeit der zu deutlichen Verbesserungen. Diese gelten vorerst bis steuerfreien Auszahlung von Aufwandersätzen bis zu Ende 2023. Die Gewerkschaft GPA setzt sich selbstver- 300 Euro pro Jahr (3 Euro pro Homeoffice-Tag) durch ständlich für eine Verlängerung als unbefristete Rege- den/die ArbeitgeberIn notwendig sein, die Höhe der an lung ein. die Beschäftigten gezahlten Kostenersätze ebenfalls zu 19
Was versteht man unter Homeoffice-Pauschale bzw. Variante: Hätte der Drucker 200 Euro gekostet, könnte Differenz-Werbungskosten und wie werden diese man keine zusätzlichen Werbungskosten geltend ma- steuerlich berücksichtigt? chen, weil der berufliche Anteil des Druckers dann be- reits durch das Homeoffice-Pauschale gedeckt ist. Zahlungen der ArbeitgeberInnen für Aufwendungen, die man im Homeoffice hat – sei es WLAN, Strom, Hei- Inwiefern kann man ergonomisches Büromobiliar zung oder der Einsatz eigener digitaler Arbeitsmittel absetzen? (z. B. Laptop, Handy) – sind bis zu 3 Euro je Homeoffice- Tag, maximal bis zu 300 Euro pro Jahr, steuer- und so- ArbeitnehmerInnen können ab 2021 bis zu 300 Euro zialversicherungsfrei (sog. „Homeoffice-Pauschale“). pro Jahr für ergonomisch geeignetes Mobiliar (da- Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der runter versteht man insb. Drehstühle, Schreibtische bisherigen Rechtslage, wo derartige Pauschalzahlun- und Beleuchtungskörper) steuerlich geltend machen. gen voll versteuert wurden. Zahlt der/die ArbeitgeberIn Voraussetzung dafür ist, dass der/die Beschäftigte an weniger als 3 Euro je Homeoffice-Tag, kann die Diffe- zumindest 26 Tagen im Jahr ausschließlich im Home- renz als Werbungskosten in der ArbeitnehmerInnen- office gearbeitet hat. veranlagung abgesetzt werden (sog. „Differenz-Wer- bungskosten“). Diese Regelungen gelten ab 1.1.2021. Welche Sonderregelungen gelten bezüglich der Ab- setzbarkeit von ergonomischem Büromobiliar für die Beispiel: A arbeitet an 42 Tagen ausschließlich in sei- Veranlagungsjahre 2020 und 2021? ner Wohnung im Homeoffice. Er erhält dafür zwei Euro steuerfrei pro Tag, in Summe also 84 Euro als Home- Für bereits 2020 gekauftes Büromobiliar gilt: Grundsätz- office-Pauschale von seinem Arbeitgeber. In der Ar- lich beträgt der Höchstbetrag im Jahr 2020 150 Euro. beitnehmerInnenveranlagung kann er/sie den Betrag Wird dieser nicht ausgeschöpft, kann die Differenz auf von 42 Euro zusätzlich als Werbungskosten geltend 150 Euro im Jahre 2021 hinzugerechnet werden. Das machen. Dieser Betrag ergibt sich aus der Differenz heißt, dass für die Jahre 2020 und 2021 gemeinsam ma- zwischen dem höchsten zustehenden Homeoffice- ximal 300 Euro geltend gemacht werden können. Pauschale von 126 Euro (42 Tage x 3 Euro) und dem vom Arbeitgeber steuerfrei zugewendeten Betrag von Beispiel: Im Jahr 2020 wird ein Drehstuhl um 100 Euro 84 Euro. angeschafft und in der ArbeitnehmerInnenveran- lagung geltend gemacht. Im Jahr 2021 kann daher Auch Ausgaben des/r ArbeitnehmerIn für beruflich Büromobiliar um maximal 200 Euro geltend gemacht verwendete – eigene – digitale Arbeitsmittel sind werden. grundsätzlich weiterhin steuerlich abzugsfähig. Diese sind aber um das Homeoffice-Pauschale und allfällige Kann ich neben den Aufwendungen für ergonomi- Differenzwerbungskosten zu kürzen. sches Büromobiliar und dem Homeoffice-Pauschale zusätzlich noch weitere Werbungskosten geltend Beispiel: Der Arbeitgeber stellt einen Laptop, jedoch machen (z. B. für Strom- und Heizungskosten, anteili- keinen Drucker zur Verfügung. Der/die Arbeitneh- ge Miete, Kaffee etc.)? merIn kauft sich daher einen Drucker um 250 Euro. Der/die ArbeitnehmerIn war 40 Tage im Homeoffice Neben den Kosten für das ergonomische Mobiliar tätig und der Arbeitgeber hat dafür 3 Euro je Tag als (insb. Schreibtisch, Drehstuhl und Lampe) und dem Homeoffice-Pauschale ausbezahlt. Der Arbeitgeber Homeoffice-Pauschale können Kosten für beruflich hat somit 120 Euro (3 Euro an 40 Tagen) an Homeof- verwendete und selbst gekaufte Arbeitsmittel (z. B. Dru- fice-Pauschale steuerfrei gezahlt. Da der Drucker zu cker) wie bisher geltend gemacht werden. Bei digitalen 60 Prozent beruflich genutzt wird (dieser Prozentsatz Arbeitsmitteln erfolgt allerdings eine Gegenrechnung wird vom Finanzamt üblicherweise als beruflicher An- des Homeoffice-Pauschales und allfälliger Differenz- teil angenommen), ist von den Anschaffungskosten der werbungskosten (siehe obiges Beispiel). Andere Kos- Betrag von 150 Euro zu berücksichtigen. Davon ist die ten, wie anteilige Strom- und Heizungskosten, Miete, Homeoffice-Pauschale abzuziehen, sodass 30 Euro als Kaffee etc. können nicht als Werbungskosten geltend Werbungskosten geltend gemacht werden können. gemacht werden. 20
FRAGEN UND ANTWORTEN RUND UM HOMEOFFICE Was gilt in steuerrechtlicher Hinsicht als Home- KRANK IM HOMEOFFICE office-Tag? Muss ich im Krankenstand im Homeoffice arbeiten? Als Homeoffice-Tage gelten nur jene Tage, an denen die berufliche Tätigkeit ausschließlich in der Wohnung Nein. Krankenstand bedeutet, dass der Arzt/die Ärztin ausgeübt wird. Arbeitet man beispielsweise nur den meine Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat. Hier gibt es halben Tag in der Wohnung und fährt nachher ins Büro keinen Unterschied zur Arbeit im Büro: Arbeitsunfähig oder auf Dienstreise, so liegt kein Homeoffice-Tag vor. ist man auch zuhause. Im Krankenstand soll man ge- Nimmt man sich hingegen im Anschluss an die Home- sund werden und nicht arbeiten. office-Tätigkeit am Vormittag für den Rest des Tages Zeitausgleich oder einen halben Urlaubstag, dann handelt es sich um einen Homeoffice-Tag. Dasselbe UNFALL IM HOMEOFFICE gilt auch bei Teilzeitkräften, die beispielsweise halb- tags arbeiten – wird die gesamte berufliche Tätigkeit Bin ich im Homeoffice unfallversichert? an einem Arbeitstag im Homeoffice erbracht, gilt die- ser Tag als Homeoffice-Tag im Sinne des Homeoffice- Während der Tätigkeit im Homeoffice gilt der Unfall- Pauschales, unabhängig von der täglichen Normalar- versicherungsschutz in vollem Umfang so wie auch im beitszeit des/r ArbeitnehmerIn. Büro. Das betrifft auch Wegunfälle, auf dem Weg vom Homeoffice in die Arbeitsstätte, zu einem Arzttermin, zu Wie wird die Anzahl der Homeoffice-Tage dokumen- einer Interessenvertretung oder wenn man beispiels- tiert? weise die Kinder in den Kindergarten bringt und ins Homeoffice zurückgeht. Unfallversichert sind außer- Der Arbeitgeber hat zu erfassen, an welchen Tagen dem jene Wege zur Befriedigung lebensnotwendiger seine ArbeitnehmerInnen im Homeoffice tätig sind. Er Bedürfnisse in der Nähe der Wohnung, also etwa der muss – ab 2021 – die Anzahl der Homeoffice-Tage im Einkauf eines Mittagessens. Das Aufsuchen eines Arztes Lohnkonto und im Jahreslohnzettel (L 16) anführen. bzw. einer Ärztin ist dem/der ArbeitgeberIn zuvor mit- zuteilen. Wie weise ich meine Kosten im Homeoffice nach? Ich habe einen beruflichen Weg aus dem Home- Bei Nachfrage des Finanzamtes muss man abgesetz- Office heraus – bin ich dabei unfallversichert? te Aufwendungen nachweisen können, daher sollten sämtliche Belege aufgehoben werden. Im Bereich der Ja, es ist ein Dienstweg. Steuer sind Belege sieben Jahre lang aufzubewahren. Die Höhe des gezahlten Aufwandersatzes ist durch den/die ArbeitgeberIn nachzuweisen. HAFTUNG FÜR SACHSCHÄDEN IM HOMEOFFICE Sind Kosten im Zusammenhang mit Homeschooling absetzbar? Mein Kind hat den Kakao über den Firmenlaptop ge- leert. Werde ich schadenersatzpflichtig? Die Aufwendungen für Homeschooling (z. B. Laptop und/oder Tablet, die vom Kind für die Schule verwen- Haushaltsangehörige des/der ArbeitnehmerIn werden det werden oder auch Druckerpatronen) fallen nicht in den Anwendungsbereich des Dienstnehmerhaft- ? unter die steuerlichen Homeoffice-Regelungen. Bei pflichtgesetzes einbezogen. Unmündige Kinder und diesen Kosten handelt es sich – wie bisher – um Auf- Haustiere werden dem/der ArbeitnehmerIn zugerech- wendungen der privaten Lebensführung, die in der Ar- net. Es gilt also dasselbe, als wäre der Schaden durch beitnehmerInnenveranlagung nicht geltend gemacht den/die ArbeitnehmerIn verursacht worden. Handelt werden können. es sich um leichte Fahrlässigkeit, dann muss der Scha- den nicht in vollem Umfang, in vielen Fällen auch gar nicht, vom/von der ArbeitnehmerIn bzw. den Haus- haltsangehörigen ersetzt werden. 21
Was passiert, wenn während des Homeoffice ein Vi- SCHUTZ VOR ÜBERWACHUNG IM rus den Computer des Arbeitgebers befällt? HOMEOFFICE In diesem Fall stellen sich Fragen der Haftung. Wurden Ein Arbeitgeber möchte die Beschäftigten im Home- die vorgegebenen Sicherheitsstandards eingehalten office stärker kontrollieren und digitale Kontroll- und hat der/die ArbeitnehmerIn den Computer be- maßnahmen einführen – was ist zu beachten? stimmungsgemäß verwendet, kann er oder sie nicht für auftretende Störungen und Virenbefall im Compu- Grundsätzlich haben ArbeitgeberInnen das Recht, die tersystem verantwortlich gemacht werden. Diese Frage Erbringung der im Arbeitsvertrag geschuldeten Leis- sollte jedoch jedenfalls in einer Betriebsvereinbarung tung zu kontrollieren. Allerdings kann die Einführung geregelt werden. derartiger Kontrollsysteme laut Arbeitsverfassungsge- setz (ArbVG) eine zustimmungspflichtige Maßnahme Was passiert, wenn der Laptop zu Schaden kommt? darstellen, bei der dem Betriebsrat ein Mitwirkungs- recht zukommt. Der neue Betriebsvereinbarungstatbe- Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) galt bisher stand zu Homeoffice (§ 97 Abs 1 Z 27 ArbVG) ändert nur unmittelbar zwischen ArbeitgeberIn und Arbeit- daran nichts. In Betrieben ohne Betriebsrat dürfen nehmerIn. Beschädigt ein/eine ArbeitnehmerIn un- derartige Systeme nur eingesetzt werden, wenn die absichtlich den Laptop des/der ArbeitgeberIn, muss qualifizierte Zustimmung der einzelnen Beschäftigten also in der Regel nicht Schadenersatz in voller Höhe eingeholt wurde. geleistet werden. Problematisch ist, wenn der Scha- den von einer anderen Person, wie in etwa von dem/ der LebensgefährtIn, verursacht wird. Das DHG wurde MITBESTIMMUNG DES durch das Homeoffice-Paket auf Haushaltsangehörige BETRIEBSRATES des/der ArbeitnehmerIn erweitert, diese sind nun also ebenfalls geschützt. Wenn es bei Betrieben mit Betriebsrat eine Betriebs- vereinbarung zum Thema Homeoffice geben soll, kann sie vom Betriebsrat einseitig durchgesetzt wer- DATENSCHUTZ UND DATENSICHERHEIT den? IM HOMEOFFICE Nein. Arbeitgeber und Betriebsrat müssen sich darauf Ändert Homeoffice etwas an der Verantwortlichkeit einigen. Für bestimmte Aspekte, etwa die Einführung des Arbeitgebers für Datenschutz und Datensicher- eines elektronischen Zeiterfassungssystems auf dem heit? Arbeitslaptop oder die Verpflichtung zur Verwendung von Videokonferenzsystemen, muss jedenfalls eine Be- Auf den Schutz von Daten und Informationen muss im triebsvereinbarung abgeschlossen werden (§ 96 Abs 1 Homeoffice ebenso geachtet werden wie dies im Be- Z 3 ArbVG). trieb vorgesehen ist. Auch wenn im Homeoffice ge- arbeitet wird, bleibt das Unternehmen datenschutz- Sind die ständig im Homeoffice tätigen Beschäftig- rechtlich verantwortlich und hat für die Einhaltung der ten eines Unternehmens zum Betriebsrat wahlbe- DSGVO und des DSG zu sorgen. Etwa dadurch, dass rechtigt? es technische und organisatorische Maßnahmen er- greift, um Datensicherheit zu gewährleisten und die Die im Homeoffice tätigen Beschäftigten sind glei- ArbeitnehmerInnen regelmäßig zu Datenschutz- und chermaßen als »im Rahmen eines Betriebes beschäf- Sicherheitsfragen informiert, unterweist und schult. tigte Personen« anzusehen und somit wahlberechtigt. ArbeitnehmerInnen sind verpflichtet, vorgegebene Si- Es kommt nicht auf die räumliche Nähe oder Distanz zu cherheitsstandards und Weisungen einzuhalten. Die den betrieblichen Räumlichkeiten an, sondern auf das im Homeoffice verwendeten Kommunikations- und Vorliegen einer engen Beziehung zum Betrieb. Datenverarbeitungssysteme sind so zu konfigurieren, dass ein möglichst hoher Schutz der Privatsphäre ge- währleistet ist. 22
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