Ältere Erwerbspersonen in Zeiten der Covid-19-Pandemie

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Alterssicherung                                                                           223

Ältere Erwerbspersonen in Zeiten der Covid-19-Pandemie
Prof. Dr. Ulrich Walwei, Nürnberg

 Ältere Personen zählten zu den Gewinnerinnen und Gewinnern des Beschäftigungsauf-
 schwungs zwischen der Finanzkrise und der Covid-19-Pandemie. Die Erwerbstätigen-
 quoten der über 50-Jährigen nähern sich immer mehr denjenigen der jüngeren Alters-
 gruppen an. Gleichzeitig legte auch die Zahl derjenigen Erwerbstätigen spürbar zu, die
 nach Erreichen der Regelaltersgrenze noch am Arbeitsmarkt aktiv sind. Es stellt sich die
 Frage, wie sich die Covid-19-Pandemie bereits auf die Beschäftigungssituation älterer
 Erwerbspersonen ausgewirkt hat und welche Konsequenzen sich daraus für deren zu-
 künftige Partizipation am Arbeitsmarkt ergeben könnten. Die Ergebnisse zeigen, dass Äl-
 tere in der Tendenz zwar weniger häufg von Beschäftigungsverlusten betroffen sind, sich
 eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt aber als schwierig darstellt. Durch die langanhaltende
 Krise und die wohl noch längere Zurückhaltung bei den Neueinstellungen könnte sich
 dieses Problem im Nachgang zur Covid-19-Pandemie als noch gravierender erweisen als
 in früheren Rezessionen. Erschwerend kommt hinzu, dass die gesundheitlichen Risiken
 der Covid-19-Pandemie für Ältere besonders hoch sind, was deren Erwerbsfähigkeit und
 -neigung sowie die Präferenz von Arbeitgebern beeinfussen kann.

1. Einleitung                                    setzen aber dem Arbeitsmarkt noch immer
                                                 schwer zu. Die Erwerbstätigkeit war in 2020
Aufgrund der Alterung der Bevölkerung und        seit geraumer Zeit erstmals wieder stark ge-
der sukzessiven Umsetzung der „Rente mit 67“     sunken und die Arbeitslosigkeit deutlich ge-
stehen dem hiesigen Arbeitsmarkt immer           stiegen. Die Frage ist nun, wie sich diese in
mehr ältere Erwerbspersonen zur Verfü-           vielfacher Hinsicht besondere Krise bereits
gung. Dabei ist von Bedeutung, dass sich         auf die Beschäftigungssituation älterer Er-
der Arbeitsmarkt für diesen Personenkreis        werbspersonen ausgewirkt hat und welche
in den letzten beiden Dekaden deutlich ver-      Konsequenzen sich daraus für deren zukünf-
bessert hat (Schneider und Rinne 2019). Die      tige Partizipation am Arbeitsmarkt ergeben
Erwerbstätigenquoten der 50- bis 60-Jäh-         könnten. Dabei ist insbesondere zu berück-
rigen nähern sich immer mehr denjenigen          sichtigen, welche Erkenntnisse zur früheren
der jüngeren Altersgruppen an und auch die       und aktuellen Krisenbetroffenheit Älterer vor-
über 60-Jährigen sind deutlich stärker am        liegen.
Arbeitsmarkt präsent, als dies in der Vergan-    Der Beitrag beginnt mit einer Bestandsauf-
genheit der Fall war. Gleichzeitig legte auch    nahme der Beschäftigungssituation älterer
die Zahl derjenigen Erwerbstätigen spürbar       Personen vor der Covid-19-Pandemie (Ab-
zu, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze     schnitt 2). Danach werden ausgehend von
noch am Arbeitsmarkt aktiv sind. Diese Ent-      den Konsequenzen früherer Wirtschaftskri-
wicklungen führten dazu, dass Deutschland        sen die möglichen Folgen der Covid-19-Pan-
im internationalen Vergleich kontinuierlich zu   demie für die Arbeitsmarktpartizipation älte-
Ländern mit hohen Erwerbstätigenquoten           rer Erwerbspersonen erörtert (Abschnitt 3).
bei den Älteren aufschließen konnte.             Im Anschluss daran werden die bisher vor-
Die geschilderten Trends bilden den Zeitraum     liegenden empirischen Befunde während der
vor der Covid-19-Pandemie ab. Die Folgen         Covid-19-Pandemie dargelegt und mögliche
der noch andauernden Covid-19-Pandemie           Folgen daraus für die nahe Zukunft abgelei-
224                                                                           Deutsche Rentenversicherung 3/2021

Tabelle:          Erwerbstätigenquoten nach Alter in ausgewählten Ländern, 1993 und 2018,
                  in Prozent

                             Deutsch- Frank-               Großbri-                     Schwe-          OECD
                                                                              Italien          USA
                             land     reich                tannien                      den             total
 Erwerbstätigenquote nach Alter
             25 – 54            76,8            78,0           76,3             66,7     83,2   78,5     74,4
 1993
             55 – 64            35,9            30,1           46,6             30,4     63,4   53,8     46,1
             25 – 54            84,9            80,6           83,6             69,8     86,6   79,4     78,4
 2018
             55 – 64            71,5            52,2           65,1             53,7     78,2   63,1     61,4
 Erwerbstätigenquote nach Geschlecht, Alter 55 – 64
             männlich           47,8            36,5           55,9             48,2     65,9   63,1     59,7
 1993
             weiblich           24,2            24,2           37,6             14,1     60,9   45,3     33,4
             männlich           76,1            54,0           70,2             64,2     80,5   69,1     70,2
 2018
             weiblich           66,9            50,4           60,2             43,9     75,8   57,5     53,1
 Erwerbstätigenquote 65 +
 2018                             7,4             3,0          10,5              4,7     16,9   18,9     15,1
Quelle: OECD (2021), Employment/population ratio, aufgerufen am 05.05.2021.

tet (Abschnitt 4). Im Fazit werden schließlich                     hend von ihrem bereits in den 1990er-Jahren
die Ergebnisse zusammengetragen und der                            vergleichsweise hohem Niveau – unter den
arbeitsmarktpolitische Handlungsbedarf dis-                        hier ausgewählten Ländern den geringsten
kutiert (Abschnitt 5).                                             Anstieg auf. Gleichzeitig verzeichneten die
                                                                   USA in 2018 den höchsten Anteil an Er-
                                                                   werbstätigen, die älter als 65 Jahre sind. In
2. Bestandsaufnahme: Erwerbsarbeit                                 Frankreich und Italien sind diese Anteile am
   vor der Covid-19-Pandemie                                       geringsten. Deutschland liegt hier im unteren
                                                                   Mittelfeld. Dennoch gibt es auch hierzulan-
Die Bundesrepublik Deutschland gehört in-                          de einen Aufwärtstrend, denn der Anteil der
zwischen zu den OECD-Ländern mit einer                             65- bis 69-jährigen Erwerbstätigen hat sich
Erwerbstätigenquote der Älteren, die deut-                         in den letzten zehn Jahren verdoppelt (Sta-
lich oberhalb des Durchschnitts liegt und nur                      tistisches Bundesamt 2021a).
noch von wenigen Ländern übertroffen wird.                         Vergleicht man die Beschäftigungsentwick-
Die Länderauswahl in der Tabelle zeigt, dass                       lung der älteren Arbeitskräfte mit jüngeren
die Erwerbstätigenquote älterer Arbeitneh-                         Arbeitskräften, wird zudem deutlich, dass
merinnen und Arbeitnehmer (55 bis 64 Jahre)                        Ältere klar als Gewinner der letzten Dekaden
im Jahr 2018 in Schweden am höchsten war,                          gelten können. Betrachtet man die hiesigen
was sowohl für Männer als auch für Frauen                          Erwerbstätigenquoten der 55- bis 64-Jähri-
gilt. Während unter den betrachteten Ländern                       gen noch etwas genauer, ist zudem festzu-
der größte Anstieg der Erwerbstätigenquote                         stellen, dass alle Geburtsjahrgänge dieser
älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer                         Gruppe von dem Aufwuchs proftieren konn-
zwischen 1993 und 2018 in Deutschland zu                           ten. Allerdings sinkt das Niveau der Erwerbs-
beobachten war, wiesen die USA – ausge-                            tätigenquote mit dem Alter (Dietz und Walwei
Alterssicherung                                                                          225

2011). Eine wichtige Ursache hierfür ist, dass   keren Arbeitsmarktpartizipation Älterer ge-
mit zunehmendem Alter mehr Übergänge in          stellt haben (Steiner 2017). Zu erwähnen
den Ruhestand zu beobachten sind. Zu dem         sind hier rentenpolitische Entscheidungen
Anstieg der Erwerbstätigenquoten der Älte-       wie etwa die Einführung der „Rente mit 67“
ren passt, dass auch rentenberechtigte Per-      oder auch arbeitsmarktpolitische Refor-
sonen stärker auf dem Arbeitsmarkt in Er-        men wie die Einführung der Grundsicherung
scheinung treten. Empirische Befunde legen       (Hartz IV), die einen vorzeitigen Ausstieg
nahe, dass Betriebe vor der Covid-19-Pan-        von Arbeitslosen aus dem Erwerbsleben
demie vermehrte Anstrengungen unternom-          erschwert haben. Ein wichtiges Indiz dafür,
men haben, rentenberechtigte Mitarbeiterin-      dass die institutionellen Änderungen Effekte
nen und Mitarbeiter zu halten (Czepek et al.     ausgelöst haben könnten, ist der empirische
2017).                                           Befund, dass die sozialversicherungspfich-
Die vorteilhafte Entwicklung der Beschäfti-      tige Beschäftigung der Älteren vor allem zu-
gungssituation Älterer hierzulande in der Ver-   genommen hatte, weil weniger (vorzeitige)
gangenheit ist auf mehrere Faktoren zurück-      Abgänge zu verzeichnen waren (Dietz und
zuführen (Walwei 2018). Zunächst einmal          Walwei 2011; BA-Statistik 2019). Ledig-
begünstigt eine allgemein positive Arbeits-      lich die 2014 in Kraft getretene „Rente mit
marktentwicklung tendenziell die Beschäfti-      63“ wirkte den Anreizen zu einer stärkeren
gungssituation aller Altersgruppen. Das be-      Arbeitsmarktpartizipation Älterer entgegen.
rühmte Kennedy-Zitat „A rising tide lifts all    Langjährig Versicherte können seither ohne
boats“ bringt dies in einem anschaulichen        Abschläge zu einem früheren Zeitpunkt in
Bild zum Ausdruck. Des Weiteren sind hier        Rente gehen. Analysen zufolge proftieren
zwei soziodemografsche Trends zu berück-         hiervon im Durchschnitt jedoch weniger ge-
sichtigen, die der Beschäftigung Älterer zu-     sundheitlich stark beanspruchte Arbeiterin-
gutekommen. Zum einen führt die seit eini-       nen und Arbeiter als vielmehr Versicherte mit
gen Jahrzehnten kontinuierlich wachsende         höheren Rentenansprüchen (Börsch-Supan
Frauenerwerbsbeteiligung dazu, dass es in-       et al. 2014).
zwischen für Frauen auch im Alter selbstver-     Die günstige Entwicklung der Älteren am
ständlicher geworden ist, weiter am Arbeits-     Arbeitsmarkt darf aber nicht darüber hin-
markt teilzuhaben. Zum anderen hat das           wegtäuschen, dass Alter weiterhin als ein
Qualifkationsniveau der Erwerbspersonen          Risikomerkmal am Arbeitsmarkt zu betrach-
im Zeitablauf zugelegt (Bosch 2011; Buslei       ten ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn
et al. 2018). Der Anteil der Akademikerinnen     ältere Arbeitskräfte einmal ihren Arbeits-
und Akademiker in der Erwerbsbevölkerung         platz verloren haben oder aber von unste-
stieg und der entsprechende Anteil der Ge-       tigen Erwerbsbiografen betroffen sind. So
ringqualifzierten sank. Da höhere Qualifka-      zeigt sich, dass sich selbst in dem langge-
tion auch mit längerfristig höheren Arbeits-     zogenen Arbeitsmarktaufschwung in den
marktchancen einhergeht, stärkt dies den         2010er-Jahren die Zugangsraten Älterer in
Beschäftigungstrend zugunsten der Älteren.       eine sozialversicherungspfichtige Beschäfti-
Neben der Beschäftigungsfähigkeit kommt          gung nicht nennenswert erhöht haben (Wal-
auch der Erwerbsfähigkeit eine zentrale          wei 2017). Auch Analysen zu den Abgangs-
Rolle für die Weiterbeschäftigung Älterer zu.    chancen von Leistungsempfängerinnen und
Der Ausbau der Angebote der Deutschen            Leistungsempfängern im SGB II legen nahe,
Rentenversicherung in den Bereichen beruf-       dass (ein höheres) Alter unter Kontrolle wei-
liche Rehabilitation und Prävention leistete     terer soziodemografscher Merkmale den
hierzu einen wichtigen Beitrag.                  (Wieder-)Einstieg in eine existenzsichernde
Von großer Bedeutung ist schließlich die         Beschäftigung erschwert (Beste und Trapp-
Rolle institutioneller Reformen, welche hier-    mann 2016). Die Beschäftigungschancen
zulande die Weichen in Richtung einer stär-      älterer Arbeitsloser werden weiter dadurch
226                                                     Deutsche Rentenversicherung 3/2021

geschmälert, dass sie im Vergleich zu jünge-      zudem zu Nachfrageeinbrüchen. Die auf-
ren Altersgruppen weniger häufg an arbeits-       grund der Eindämmungsmaßnahmen vollzo-
marktpolitischen Maßnahmen teilnehmen,            gene Schließung ganzer Wirtschaftszweige
häufger langzeitarbeitslos sind und in stär-      wie Gastwirtschaften, Hotels und Tourismus
kerem Maße mit gesundheitlichen Proble-           sowie das Verbot von Großveranstaltungen
men konfrontiert sind (BA-Statistik 2019).        in Bereichen wie Kultur, Sport, Freizeit und
Dem steht lediglich entgegen, dass es Älte-       Wirtschaftsmessen ist ein Novum und wirkt
ren weniger häufg als Jüngeren an einer for-      bis zum aktuellen Rand fort. Im Vorjahresver-
malen Qualifkation fehlt. Dabei ist jedoch zu     gleich verringerte sich das BIP in 2020 um
berücksichtigen, dass sich deren Fähigkei-        ungefähr 5 Prozent. Im Zuge des zögerlichen
ten und Kompetenzen durch längere Arbeits-        Erholungsprozesses ist wohl erst Ende 2021
losigkeit oder Strukturwandel ganz oder teil-     mit einem Erreichen des Vorkrisenniveaus
weise entwertet haben könnten.                    der Volkswirtschaft zu rechnen.
                                                  Im Vergleich zur Finanzkrise von 2008 bis
                                                  2010, die einen ähnlich starken BIP-Rück-
3. Die Covid-19-Pandemie:                         gang mit sich brachte, weist die Covid-
   Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt              19-Pandemie eine ganze Reihe von Be-
                                                  sonderheiten auf. Die Finanzkrise war
Die Covid-19-Pandemie hat die Weltwirt-           hierzulande durch einen V-Verlauf mit relativ
schaft und auch die hiesige Volkswirtschaft       schneller Erholung, einer ihr vorausgehen-
in eine schwere und lang andauernde Krise         den Boomphase der Volkswirtschaft, einer
gestürzt. Vor allem für vorerkrankte und le-      starken Betroffenheit des exportorientierten
bensältere Menschen bestehen durch das            verarbeitenden Gewerbes und einer ver-
Virus SARS-CoV-2 erhebliche gesund-               gleichsweise geringen Bedeutung struktu-
heitliche Risiken. Zur Eindämmung des In-         reller Begleitfaktoren gekennzeichnet. Im
fektionsgeschehens kamen und kommen               Gegensatz dazu vollzieht sich im Rahmen
umfassende Maßnahmen zum Einsatz:                 der Covid-19-Pandemie nicht zuletzt durch
Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen,              die langgezogenen Lockdown-Maßnahmen
weitreichende Hygienemaßnahmen (wie               in weiten Teilen Europas eine wesentlich län-
zum Beispiel Abstandsregelungen und das           gere Erholungsphase (langes V). Erschwe-
Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen),                rend kommt hinzu, dass der Covid-19-Pan-
eine stärkere Nutzung des Arbeitens von           demie bereits eine leicht rezessive Tendenz
zu Hause und vermehrte Testungen. Der             der Wirtschaft vorausging, die Branchenbe-
Schlüssel für eine nachhaltige wirtschaftliche    troffenheit deutlich breiter ist und sich eine
Erholung liegt anders als in früheren Krisen      offenbar forcierte Transformation der Wirt-
nicht zuallererst im Spielfeld der Wirtschafts-   schaft, insbesondere durch die schneller vo-
und Finanzpolitik, sondern ist in erster Linie    ranschreitende Digitalisierung, vollzieht (ifo-
im Bereich des globalen Gesundheitsschut-         Institut 2020).
zes zu verorten. Als zentral erscheint dabei      Die Diffusion digitaler Technologien hat das
eine möglichst weitgehende Immunisierung          für die Eindämmung der Pandemie wichti-
der Bevölkerung durch wirksame Impfstoffe.        ge Social Distancing unterstützt. Zuallererst
Die Covid-19-Pandemie hat bereits schwe-          sind hier die zuletzt stark gewachsenen Mög-
ren wirtschaftlichen Schaden angerichtet.         lichkeiten des Arbeitens von zu Hause zu
Während des ersten Lockdowns im Frühjahr          nennen. Befragungen zeigen, dass im Früh-
2020 wurden Absatzwege und Lieferket-             jahr 2021 rund zwei Drittel der Beschäftigten
ten durchbrochen, was den internationalen         in Betrieben arbeiteten, in denen zumindest
Handel vorübergehend erheblich beeinträch-        eine Arbeitnehmerin beziehungsweise ein
tigte. Durch die damit verbundene enorme          Arbeitnehmer von zu Hause arbeiten kann
Abschwächung der Weltwirtschaft kam es            (Frodermann et al. 2021). Von den Beschäf-
Alterssicherung                                                                                                227

Abbildung 1:           Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Prozentpunkten und der sozialversiche-
                       rungspfichtig Beschäftigten in Tausend von Februar 2018 bis Februar 2021

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, aufgerufen am 05.05.2021.

tigten in diesen Betrieben üben wiederum je-                           2021). Die Erwerbstätigkeit und sozialver-
weils die Hälfte Tätigkeiten aus, die aufgrund                         sicherungspfichtige Beschäftigung gingen
der zu verrichtenden Tätigkeiten nicht von                             zurück und die Arbeitslosigkeit erhöhte sich
zu Hause erledigt werden können. Was die                               (vgl. Abbildung 1). Stabilisiert wurde der
letztere Gruppe angeht, zeigen Befragungs-                             Arbeitsmarkt einerseits durch wirtschaftliche
ergebnisse, dass das Potenzial im Zuge                                 Hilfen für Unternehmen und andererseits
der Pandemie immer stärker ausgeschöpft                                durch den massiven Einsatz von Kurzarbeit.
wurde. Während vor der Covid-19-Pande-                                 In der Spitze (Frühjahr 2020) gab es rund
mie noch knapp die Hälfte dieser Homeof-                               sechs Millionen kurzarbeitende Leistungs-
fce-Möglichkeiten ganz oder tageweise ge-                              empfängerinnen und -empfänger, was unter
nutzt wurde, waren es im April 2021 mehr als                           Berücksichtigung des Arbeitsausfalls einem
80 Prozent. Eine weitere wichtige Rolle zur                            Beschäftigungsvolumen von rund drei Mil-
Eindämmung der Pandemie am Arbeitsplatz                                lionen entsprach. Hierdurch konnten Ent-
ermöglichten virtuelle Konferenzen, durch                              lassungen in großem Stil verhindert werden,
die Kontakte im betrieblichen Kontext weiter                           weil die danach wieder rückläufge Kurz-
begrenzt werden konnten.                                               arbeit nicht mit einer wachsenden Arbeits-
Insgesamt hat die Covid-19-Pandemie den                                losigkeit einherging (Walwei 2021a). Gleich-
Arbeitsmarkt schwer getroffen. Der hierzu-                             zeitig führen Krisenpuffer wie die Kurzarbeit
lande bis 2019 anhaltende Beschäftigungs-                              aber dazu, dass diese bei wirtschaftlicher
boom wurde in 2020 gestoppt (Bauer et al.                              Erholung wieder zurückgefahren werden
228                                                    Deutsche Rentenversicherung 3/2021

müssen und dadurch andernfalls notwendi-         Älteren sind über die Sektoren in etwa so
ge Neueinstellungen bremsen. Auswirkun-          verteilt wie Jüngere, jedoch etwas seltener in
gen hat dies vor allem für diejenigen Men-       der Zeitarbeitsbranche tätig und etwas häu-
schen, die Zugang zum Arbeitsmarkt fnden         fger in der öffentlichen Verwaltung vertreten.
wollen. Hierzu zählen (Langzeit-)Arbeitslose,    Zudem arbeiten Ältere etwas öfter unterhalb
Berufseinsteigerinnen und -einsteiger sowie      der tarifvertraglich festgelegten Arbeitszeit,
Berufsrückkehrerinnen und -rückkehrer. We-       auch wegen der Nutzung von Altersteilzeit-
niger Neueinstellungen begrenzen auch die        modellen (BA-Statistik 2019). Ältere sind
Aufwärtsmobilität sowie Karrierechancen          vor und nach Renteneintritt zudem stärker
von Beschäftigten, können den Rückzug            in Minijobs und Selbstständigkeit vertreten
vom Arbeitsmarkt beschleunigen und zum           (Walwei 2018a).
Aufbau einer sogenannten stillen Reserve         Weil die Gesundheitsrisiken der Covid-
beitragen.                                       19-Pandemie mit dem Alter zunehmen und
Typisch für Wirtschaftskrisen sind deren         durch die Eindämmungsmaßnahmen gleich-
asymmetrische Effekte. Dies gilt sowohl in       zeitig wirtschaftliche Aktivitäten gebremst
sektoraler Hinsicht als auch für verschiede-     werden, ergeben sich für ältere Erwerbs-
ne Beschäftigungsformen (Walwei 2021b).          personen zwei wesentliche Konsequenzen
So hat sich die oft auch als Große Rezession     negativer Art. Zum einen können deren Be-
bezeichnete schwere Finanzkrise (2008 bis        schäftigungschancen durch die Pandemie
2010) in erster Linie in einem Rückgang der      negativ beeinfusst werden. Zum anderen
Erwerbstätigkeit im verarbeitenden Gewer-        kann sich durch die Gesundheitskrise ihre Er-
be bemerkbar gemacht. Im Gegensatz dazu          werbspräferenz verändern. Während der Fi-
bewegten sich die Erwerbstätigenzahlen in        nanzkrise zeigte sich, dass Ältere tendenziell
den Dienstleistungsbereichen nahezu unver-       weniger von Beschäftigungsverlusten be-
mindert weiter nach oben. Im Ergebnis führ-      troffen waren als Jüngere. Gleichwohl legen
te dies dazu, dass insbesondere unbefristete     die Befunde nahe, dass Ältere es im Nach-
Vollzeitbeschäftigung und Leiharbeit beson-      gang schwer hatten, wieder in den Arbeits-
ders stark von der Krise betroffen waren. In     markt zurückzukommen (BA-Statistik 2019).
der Covid-19-Pandemie zeigt sich ein etwas       Durch die Folgen der Covid-19-Pandemie
anderes Bild. Zwar war am Anfang durch den       könnten sich weitreichendere Konsequen-
Einbruch des Welthandels eine ähnliche Ent-      zen für die Älteren ergeben. Die Zurückhal-
wicklung wie in der Finanzkrise zu beobach-      tung bei den betrieblichen Neueinstellungen
ten. Doch mit der Wiederherstellung der Lie-     kann sich durch mögliche Gesundheitsrisi-
ferketten und Absatzwege erholten sich die       ken weiter verstärken. Gleichzeitig erleichtert
Industrie und das produzierende Gewerbe.         aber die stärkere Nutzung von Homeoffce
Dagegen waren Dienstleistungsbereiche wie        den Betrieben die Möglichkeit, bestimmte
zum Beispiel das Gastgewerbe über lange          Gruppen, zum Beispiel Älteren mit Wissens-
Zeit weitreichenden Beschränkungen ausge-        und Bürotätigkeiten, in Beschäftigung zu
setzt. Dadurch werden anders als in der Fi-      halten. Für andere Ältere könnte die Pande-
nanzkrise die in diesen Branchen stärker vor-    mie gesundheitliche Folgen nach sich gezo-
kommenden sozialversicherungspfichtigen          gen haben, die ihnen eine Erwerbsarbeit er-
Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse, Minijobs     schweren. Wiederum andere Ältere möchten
und selbstständige Tätigkeiten mehr in Mitlei-   oder müssen gegebenenfalls noch länger
denschaft gezogen als in der Vergangenheit.      arbeiten, haben aber eventuell vergleichs-
Je nachdem, wie sich Personengruppen             weise geringe Chancen eines Zugangs zum
auf verschiedene Sektoren und Erwerbs-           Arbeitsmarkt. Nachfolgend sollen die bisher
formen verteilen, können sie demnach in          vorliegenden (empirischen) Befunde zur Be-
unterschiedlicher Weise von Wirtschaftskri-      schäftigung Älterer in der Covid-19-Pande-
sen betroffen sein. Die hier interessierenden    mie dargelegt werden.
Alterssicherung                                                                            229

4. Befunde zur Beschäftigungssituation            gesamt günstigen Entwicklung und Stabili-
   Älterer in der Covid-19-Pandemie               sierung der sozialversicherungspfichtigen
                                                  Beschäftigung dürfte der bereits erwähnte
Die Erkenntnisse zu den Auswirkungen der          starke Einsatz von Kurzarbeit einen maßgeb-
Covid-19-Pandemie auf die Beschäftigungs-         lichen Beitrag geleistet haben. Mit Blick auf
situation Älterer können naheliegenderweise       die individuelle Betroffenheit von Kurzarbeit
noch nicht als abgeschlossen gelten. Gleich-      erweist sich auch unter Kontrolle anderer
wohl zeichnen sich erste wichtige Tendenzen       Faktoren das Alter nicht als signifkante De-
ab, die auch in der mittleren und längeren        terminante (IAB 2020).
Frist zu beachten sein werden.                    Etwas anders stellt sich die Situation dar,
Die Entwicklung der Arbeitslosenquoten            wenn die Entwicklung der altersbezogenen
nach Altersgruppen illustriert zunächst ein-      Erwerbstätigkeit in der Covid-19-Pandemie
mal, dass Jüngere (15 bis 24 Jahre) – wie         betrachtet wird. Zu den Erwerbstätigen zäh-
schon in vergangenen Krisen – im Zuge der         len neben den sozialversicherungspfich-
Folgen der Covid-19-Pandemie anfangs be-          tig Beschäftigten auch Beamte, Minijobber,
sonders stark betroffen waren und Ältere          Selbstständige und mithelfende Familien-
(55 bis 64 Jahre) zunächst eher glimpfich         angehörige. Hier ist ein Rückgang bei den
davongekommen waren (vgl. Abbildung 2).           Ältesten von knapp 1,6 Prozentpunkten im
Mit dem Voranschreiten der Pandemie zeigt         vierten Quartal 2020 zum Vorjahresquartal
sich jedoch, dass die Arbeitslosenquoten          und von 0,6 Prozentpunkten im ersten Quar-
Älterer kontinuierlich zunehmen, was auf die      tal 2021 zum Vorjahresquartal zu beobach-
bereits angesprochenen Probleme der Grup-         ten (vgl. Abbildung 5). Auch die anderen Al-
pe beim Zugang zum Arbeitsmarkt hinweist.         tersgruppen verzeichnen Rückgänge bei den
Deutlich wird dies auch bei der Entwicklung       Erwerbstätigenquoten, insbesondere die 15-
der Langzeitarbeitslosigkeit, die gerade zu-      bis 24-Jährigen.
letzt wieder stark gestiegen ist. Insgesamt       Durch die starke Krisenbetroffenheit be-
weisen die Älteren über den gesamten Be-          stimmter Dienstleistungsbereiche (zum Bei-
trachtungszeitraum seit Anfang 2019 und           spiel dem Gastgewerbe oder auch dem
auch zuletzt im April 2021 die mit Abstand        Einzelhandel) ist – wie bereits erwähnt – ins-
höchste anteilige Langzeitarbeitslosenquo-        besondere die Zahl der Minijobs deutlich
te (3,0 Prozent) auf (vgl. Abbildung 3). Aller-   eingebrochen. Hier zeigt sich jedoch, dass
dings ist festzustellen, dass sich der Anstieg    – obwohl Ältere Minijobs eher überpropor-
der anteiligen Langzeitarbeitslosenquoten         tional ausüben – insbesondere die 15- bis
der 55- bis 64-Jährigen leicht unter dem Auf-     54-Jährigen stärker vom Rückgang dieser
wuchs der 25- bis 54-Jährigen bewegt.             Beschäftigungsform betroffen sind (vgl. Ab-
Blickt man auf die Entwicklung der sozial-        bildung 6).
versicherungspflichtigen Beschäftigung            Starke Auswirkungen der Pandemie zeigen
nach Altersgruppen, ergeben sich im Zeit-         sich schließlich für die Gruppe der Selbst-
raum Oktober 2019 bis Oktober 2020 für die        ständigen, bei denen Ältere ebenfalls über-
15- bis 24-Jährigen (minus 0,6 Prozentpunk-       proportional vertreten sind (Walwei 2021b).
te) und die 15- bis 54-Jährigen (minus 1,0        Nachdem zwischen 2015 und 2019 die
Prozentpunkte) leichte Rückgänge bei den          Zahl der Selbstständigen (einschließlich
betreffenden Quoten (vgl. Abbildung 4). Da-       mithelfender Familienangehörige) mit Ver-
gegen zeigt sich bei den Älteren sogar eine       änderungsraten zwischen – 1,2 Prozent und
Fortsetzung des bereits vorher zu beobach-        – 1,7 Prozent jährlich bereits kontinuierlich
tenden Aufwärtstrends. Die Quote der so-          gesunken waren, weisen Zahlen des Statis-
zialversicherungspfichtigen Beschäftigung         tischen Bundesamtes für 2020 einen Rück-
unter den 55- bis 64-Jährigen stieg von           gang von 142 000 beziehungsweise 3,4 Pro-
54,4 auf 56,3 Prozent spürbar. Zu der ins-        zent aus (Destatis 2021b). Für 2021 gehen
230                                                                       Deutsche Rentenversicherung 3/2021

Abbildung 2:            Arbeitslosenquoten nach verschiedenen Altersgruppen
                        von Januar 2019 bis April 2021, in Prozent

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Datenstand: April 2021.

Abbildung 3:            Anteilige Langzeitarbeitslosenquote nach verschiedenen Altersgruppen
                        von Januar 2019 bis April 2021, in Prozent

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Datenstand: April 2021.
Alterssicherung                                                                             231

Abbildung 4:            Quote der sozialversicherungspfichtig Beschäftigten nach verschiedenen
                        Altersgruppen von Januar 2019 bis Oktober 2020, in Prozent

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Datenstand: April 2021.

Abbildung 5:            Erwerbstätigenquoten nach verschiedenen Altersgruppen
                        vom 1. Quartal 2019 bis zum 1. Quartal 2021, in Prozent

Quelle: OECD (2021), Employment rate by age group (indicator), doi: 10.1787/084f32c7-en.
232                                                                               Deutsche Rentenversicherung 3/2021

Abbildung 6:            Ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte nach verschiedenen
                        Altersgruppen, von Januar 2019 bis Oktober 2020

Anmerkung: Index Januar 2019 = 100.

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit für Deutschland (Arbeitsort), Datenstand: April 2021.

vorliegende Prognosen von einem nochmal                                 tegekommen sein, andererseits sind aber
ähnlich großen Rückgang aus (Bauer et al.                               auch vorzeitige Geschäftsaufgaben wegen
2021). Bisherige Analysen deuten zudem                                  der ohnehin nicht mehr langen Erwerbsper-
darauf hin, dass insbesondere Selbststän-                               spektiven ebenfalls im Bereich des Mögli-
dige in den Krisenbranchen durch Umsatz-                                chen.
rückgänge und damit verbundene Einkom-                                  Für die Eindämmung der Pandemie und
mensverluste teils schwer von der Krise in                              den gleichzeitigen Erhalt von Beschäftigung
Mitleidenschaft gezogen wurden (Rat der                                 spielte und spielt die Nutzbarmachung des
Arbeitswelt 2021). Zudem berichten viele                                Homeoffces eine wichtige Rolle. Bei einem
Selbstständige durch die andauernde Krise                               Vergleich der Altersgruppen zeigt sich keine
über Existenzrisiken. Ein verstärktes Insol-                            besonders stark erhöhte Inanspruchnahme
venzgeschehen ist in der nahen Zukunft                                  seitens der Älteren, anders als man das auf-
wahrscheinlich. Bisher liegen keine syste-                              grund ihrer gesundheitlichen Risiken hätte
matischen Informationen dazu vor, wie ver-                              erwarten können. Die mittleren Altersgrup-
schiedene Altersgruppen unter den Selbst-                               pen sind hier gemessen an ihrer Repräsen-
ständigen durch die Krise gekommen sind.                                tanz in den Belegschaften am stärksten ver-
Einerseits könnten ihnen höhere Rücklagen                               treten (Frodermann et al. 2021). Von Interesse
im Vergleich zu jungen Gründerinnen und                                 ist in diesem Zusammenhang auch, dass Äl-
Gründern bei der Existenzsicherung zugu-                                tere mit den Eindämmungsmaßnahmen ins-
Alterssicherung                                                                          233

gesamt eher zufriedener waren als Jüngere       nicht von Verlusten der sozialversiche-
(Westermeier 2020).                             rungspfichtigen Beschäftigung betroffen.
Schließlich betrifft die Covid-19-Pandemie      Im Gegenteil: Es zeigt sich ein weiterer An-
nicht nur die Nachfrageseite am Arbeits-        stieg. Dagegen stellt sich eine Rückkehr in
markt. Fehlende Beschäftigungsoptionen          den Arbeitsmarkt als schwierig dar. Durch
und beträchtliche gesundheitliche Risiken       die langanhaltende Krise und die wohl
können zum Rückzug vom Arbeitsmarkt             noch längere Zurückhaltung bei den Neu-
beitragen. Bei der Analyse der Entwicklung      einstellungen könnte sich dieses Problem
des Erwerbspersonenpotenzials kommt             im Nachgang zur Covid-19-Pandemie als
gerade dies in der Covid-19-Pandemie zum        noch gravierender erweisen als in früheren
Tragen. Dies gilt vor allem für die Gruppe      Rezessionen. Darüber hinaus ist diese Krise
der über 65-Jährigen, die als Selbststän-       aber auch aus zwei weiteren Gründen eine
dige oder Minijobber teils besonders stark      besondere Herausforderung für Ältere. Zum
von der Pandemie betroffen waren (Fuchs         einen sind die gesundheitlichen Risiken
et al. 2020).                                   der Covid-19-Pandemie für Ältere beson-
Internationale Vergleiche bestätigen weitge-    ders hoch, was deren Erwerbsfähigkeit und
hend die Entwicklung in Deutschland. Ins-       -neigung sowie die Präferenz von Arbeit-
gesamt sind Jüngere nahezu überall stärker      gebern beeinfussen kann. Mit Blick auf die
von der Krise betroffen als Ältere, dennoch     demografsche Entwicklung und den sich
legen ähnlich wie hierzulande am aktuellen      abzeichnenden Nachwuchsmangel wäre
Rand die Arbeitslosenquoten der Älteren         dies ein schwerer Rückschlag. Gleichzei-
zu. US-Studien verweisen darauf, dass ins-      tig ist aber auch festzustellen, dass Ältere
besondere Personen, die älter als 65 Jahre      mit dem Krisenmanagement der Regierung
alt sind, besonders häufg ihren Job verlo-      zufriedener sind als Jüngere (Westermeier
ren hätten (Economic Observatory 2020).         2020). Zum anderen vollzieht sich gerade
Sie belegen zudem, dass Ältere früher in        eine transformative Rezession, die vermut-
den Ruhestand gegangen sind als sie dies        lich mit einer schnelleren Humankapitalent-
eigentlich geplant hatten. Generell deuten      wertung einhergeht. Zwar gibt es Hinweise,
die vorliegenden Befunde darauf hin, dass       dass Ältere im Zuge der Krise ihre digitalen
sich Ältere durch den Digitalisierungsschub     Skills weiterentwickeln konnten. Ob dieser
vermehrt digitale Kompetenzen angeeignet        Prozess aber mit der Geschwindigkeit der
haben beziehungsweise aneignen mussten,         Diffusion digitaler Technologien Schritt hält,
die ihre Beschäftigungsfähigkeit in der nahen   ist offen. Gerade Personen, die länger nicht
Zukunft positiv beeinfussen könnten (Kuop-      in Arbeit sind, könnten hierdurch leicht den
pamäki und Östund 2020; Beier et al. 2020;      Anschluss zum Arbeitsmarkt verlieren.
Morrow-Howell et al. 2020). Anders als für      Ausgehend von den bestehenden renten-
Deutschland zeigt sich für Schweden, dass       rechtlichen Rahmenbedingungen und den
die Gruppe der über 60-Jährigen in Zeiten       Konsequenzen der demografschen Ent-
der Covid-19-Pandemie die höchste Ho-           wicklung ist ein hohes Beschäftigungsniveau
meoffce-Affnität aufwiesen (Foucault und        der Älteren nach wie vor eine der wichtigen
Galasso 2020).                                  Säulen für die längerfristige Stabilisierung
                                                des Erwerbspersonenpotenzials. Dem Erhalt
                                                und der Weiterentwicklung der Beschäfti-
5. Fazit                                        gungs- und Erwerbsfähigkeit durch lebens-
                                                langes Lernen und gesundheitliche Vorsor-
Bei den Älteren zeigt sich in der Covid-        ge wird entscheidende Bedeutung dafür
19-Pandemie im Großen und Ganzen das            zukommen, ob weiter mit der immer größer
altbekannte Bild aus früheren Phasen des        werdenden Gruppe der Älteren am Arbeits-
wirtschaftlichen Abschwungs. Sie sind           markt gerechnet werden kann.
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