Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
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Impressum Herausgeber: Die Handlungsempfehlungen wurden von PwC im Umweltbundesamt Vorhaben „Mobilitätskonzepte für einen nachhalti- Fachgebiet 2.6 Nachhaltige Mobilität in Stadt und Land gen Stadtverkehr 2050: Metaanalyse, Maßnahmen Postfach 14 06 und Strategien“ (FKZ 3717 58 1030) erarbeitet. 06813 Dessau-Roßlau Das Vorhaben wurde im Rahmen des Ressortfor- Tel: +49 340-2103-0 schungsplanes des Bundesministeriums für Umwelt, buergerservice@umweltbundesamt.de Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert und Internet: www.umweltbundesamt.de im Auftrag des Umweltbundesamtes vergeben. /umweltbundesamt.de /umweltbundesamt /umweltbundesamt /umweltbundesamt Autoren: PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Moskauer Straße 19, 40227 Düsseldorf Maximilian Rohs Gabriel Flore Redaktion: Fachgebiet I 2.1 Umwelt und Verkehr Marco Schäfer Fachgebiet I 2.6 Nachhaltige Mobilität in Stadt und Land Alena Büttner Gestaltung: Studio GOOD, Berlin Publikationen als pdf: www.umweltbundesamt.de/publikationen Bildquellen: Titel: Clara Pfister / Unsplash, S.4: GoodLifeStudio / iStockphoto, S.8: Aleksandr Kondratov / shutterstock. com, kleines Bild: Caron Badkin / shutterstock.com, S.13: Volodymyr Dvornyk / shutterstock.com, S.14: Sjo / iStock- photo, S.15: Monika Wisniewska / shutterstock.com, S.16: martin-dm / iStockphoto, S.18: golero / iStockphoto, S.19: anouchka / iStockphoto, S.20: fionn-grosse / Unsplash, S.23: Steven Van Aerschot / shutterstock.com, kleines Bild: Mikalai Nick Zastsenski / shutterstock.com Stand: Oktober 2021 ISSN 2363-832X [Online]
Inhalt Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen.......... 6 A Ökonomische Instrumente Parken im privaten Raum und beim Arbeitgeber................................................................. 8 Parken im öffentlichen Straßenraum................................................................................ 10 B Digitalisierung............................................................................................................. 14 C Rechtliche Instrumente Instrumente zur Reduzierung bzw. Anpassung des Stellplatz- und Parkstandangebots...... 18 Integrationsmöglichkeiten alternativer Mobilitätsmodelle............................................... 22 Fazit............................................................................................................................... 24 Quellenverzeichnis.......................................................................................................... 27 5
Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen Deutschland und die EU insgesamt haben sich ambiti- onierte Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele gesetzt. Um sie zu erreichen, muss auch die Mobilität nachhalti- ger werden. Die negativen Auswirkungen des Verkehrs- sektors auf die menschliche Gesundheit, die urbane Lebensqualität und die Umwelt sind weiter zu reduzie- ren. Ohne die Mobilität der Menschen und den Transport von Gütern einzuschränken, muss deshalb der Verkehr nachhaltiger und umweltfreundlicher gestaltet werden. Mit diesem Ziel hat das UBA im März 2017 seine Vision für „Die Stadt für Morgen“ vorgestellt. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Menschen umweltschonend mobil sind und nicht unter Lärm und Abgasen leiden. In der Stadt für Morgen sind die Wege durch eine kompakte, nutzungsgemischte Bauweise verkürzt und ist der Flä- chenverbrauch reduziert. Die Stadt ist grün und attrak- tiv. Der öffentliche Raum fungiert mehr als Lebensraum und weniger als Parkraum. 6
sowie deren Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Aufenthaltsqualität. Im Ergebnis führt eine nachhaltige Mobilität nicht nur zu geringeren Umweltbelastungen und höherer Lebensqualität, sondern darüber hinaus auch zu langfristigen Vorteilen für Wirtschaft und Be- schäftigung (UBA 2015). Zielsetzung Die vorliegende Broschüre gibt einen Überblick über zentrale Instrumente des Parkraummanagements als Gestaltungswerkzeug für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen. Der Begriff Parkraum- management umfasst die zeitliche und räumliche Beeinflussung des Parkraumangebots und der Par- kraumnachfrage zur Steuerung der Parkraumnutzung. Parkraumbewirtschaftung als Bestandteil des Par- kraummanagements bezieht sich auf die Bewirtschaf- tung des öffentlichen Parkraums durch die Erhebung von Parkgebühren. Zu den zentralen Instrumenten des Parkraummanagements zählen: A. Ökonomische Instrumente: Parken im privaten Raum bzw. beim Arbeitgeber sowie Parken im Das Forschungsprojekt „Mobilitätskonzepte für ei- öffentlichen Raum nen nachhaltigen Stadtverkehr 2050: Metaanalysen, B. Digitalisierung Maßnahmen und Strategien“ hat darauf aufbauend C. Rechtliche Instrumente: Instrumente zur Redu- Grundlagen für die Entwicklung einer Gesamtstrategie zierung bzw. Anpassung des Stellplatz- und Park- für nachhaltige Mobilität in der Stadt erarbeitet. Das standangebots sowie Integrationsmöglichkeiten Projekt erweitert und vertieft die UBA-Vision „Die Stadt alternativer Mobilitätsmodelle. für Morgen“ um die erforderlichen Rahmenbedingun- gen, um eine nachhaltige Stadtmobilität umzusetzen Die Möglichkeiten der Digitalisierung können die Um- und präzisiert die Maßnahmenpakete, die in der Vision setzung von ökonomischen und rechtlichen Instrumen- bereits benannt wurden. ten beeinflussen. Daher wird die Digitalisierung hier als Querschnittsthema betrachtet. Ein wichtiger Einflussfaktor auf das Mobilitätsverhal- ten in den Städten ist das Parken im öffentlichen Raum Da diese Instrumente des Parkraummanagements in auf Parkständen und im privaten Raum auf Stellplät- Deutschland bisher allerdings nur bedingt eingesetzt zen. Werden die Rahmenbedingungen des ruhenden werden, umfasst diese Broschüre Handlungsempfehlun- Kfz-Verkehrs verändert, fördert dies die Nutzung von gen zu den einzelnen Instrumenten. Zur Veranschauli- nachhaltigen Verkehrsarten. Dadurch sinken die Emis- chung wird die Broschüre um konkrete nationale und sionen von Luftschadstoffen, Treibhausgasen und Lärm internationale Fallbeispiele ergänzt. 7
A Ökonomische Instrumente – Parken im privaten Raum und beim Arbeitgeber Der Pkw ist aktuell das zentrale Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit und zurück. Um die Mobilität in den deutschen Städten nachhaltiger zu gestalten, muss die Parksituation beim Arbeitgeber so verändert werden, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer freiwillig mehr Wege mit dem öffentlichen Verkehr, Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen. A1 „Kostenwahrheit“ beim Arbeitgeberparken Arbeitgeber stellen ihren Angestellten in vielen Fällen kostenlose Parkplätze zur Verfügung. Da sie für die Errichtung und Instandhaltung der Parkplätze aufkommen, gewähren sie den Angestellten indirekt einen monetären Vorteil. Dadurch entsteht für diese Fallbeispiel „Workplace Parking Levy“ ein Anreiz, im Pkw, meist in Einzelbesetzung, zur Arbeit zu fahren. Wenn Angestellte für die mit dem Im April 2012 führte Nottingham als erste Stadt in Parken verbundenen Kosten selbst aufkommen müss- Europa eine Abgabe für private, von Arbeitgebern ten, würde ein Anreiz entstehen, umweltfreundliche zur Verfügung gestellte Parkplätze, die sogenannte Verkehrsmittel zu nutzen. „Workplace Parking Levy“, ein. Für jeden bereitge- stellten Parkplatz müssen Arbeitgeber mit mehr als zehn Parkplätzen für ihre Angestellten eine jährliche Eine entsprechende Abgabe würde die Angestellten Abgabe von inzwischen rund 500 Euro bezahlen. Von allerdings zusätzlich zu den Fahrtkosten zur Arbeit der Gebühr sind etwa 27.000 Parkplätze betroffen, und zurück weiter finanziell belasten. Da sich dies in so dass die Stadt Nottingham pro Jahr durch die der Folge negativ auf die Attraktivität des Arbeitge- „Workplace Parking Levy“ mehr als 10 Mio. Euro bers für dessen Angestellte auswirkt, ist eine Umset- einnimmt. Diese werden für die Finanzierung des öf- zung nur schwierig durchsetzbar. Eine Möglichkeit fentlichen Verkehrs verwendet, zum Beispiel für die umfangreiche Erweiterung des Straßenbahnnetzes stellt die Einführung einer Abgabe für private, von oder die Beschaffung von Elektro- und Biogasbus- Arbeitgebern zur Verfügung gestellte Parkplätze sen. Die Einführung der „Workplace Parking Levy“ dar. Hierdurch würde die Anzahl der zur Verfügung führte zu einer Verlagerung vom motorisierten Indivi- gestellten Parkmöglichkeiten sinken, was die Bildung dualverkehr zum öffentlichen Verkehr und hierdurch von Fahrgemeinschaften und die Nutzung umwelt- zu einer Reduzierung der negativen externen Effekte freundlicher Verkehrsmittel begünstigt. des Verkehrs in Form von Emissionen und Staus. 8
A2 (Finanzielle) Anreize für den Stellplatz- erforderlichen Parkplatzausbaus. Alternativ zur Aus- verzicht zahlung im Rahmen des „Parking Cash Out“ ist auch die Bereitstellung eines Jobtickets für den öffentlichen Ein besonders erfolgsversprechender Ansatz ist, den Verkehr denkbar. Angestellten einen finanziellen Anreiz bei Verzicht auf den bislang gebührenfrei zur Verfügung gestellten Die Einführung bietet sich vor allem bei Unternehmen Stellplatz durch den Arbeitgeber zu gewähren. Bei in innerstädtischen Lagen an, die gut an den öffent- dem sogenannten „Parking Cash Out“ erhalten die lichen Verkehr angebunden sind und für die die Be- Angestellten eine Auszahlung für den Stellplatzver- reitstellung von Parkmöglichkeiten mit entsprechend zicht. Durch die Kompensation des Verzichts wird hohen Kosten verbunden ist. Besonders vorteilhaft ist das Konzept „Parking Cash Out“ bei den Angestellten es, wenn die Parkplätze angemietet sind und entspre- positiv aufgenommen. Gleichzeitig können die Arbeit- chend relativ flexibel aufgegeben werden können. Zu- geber von der geringeren Stellplatznachfrage und den dem kann das Konzept eine wichtige Rolle im Rahmen damit verbundenen Kosteneinsparungen profitieren, von geplanten Unternehmenserweiterungen spielen, zum Beispiel durch die Reduzierung der angemieteten bei denen über den Bedarf des zukünftigen Parkplat- Parkplatzfläche oder durch Vermeidung eines sonst zangebots entschieden werden muss. 80 % 70 % vor Einführung 60 % nach Einführung 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% Pkw in Einzelbesetzung Fahrgemeinschaft Öffentlicher Verkehr Fahrrad und zu Fuß Fallbeispiel „Parking Cash Out“ – Ergebnisse einer Analyse von acht Unternehmen in Kalifornien (vgl. Shoup 2005) Arbeitgeber, die für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bislang kostenlose oder subventionierte Parkplät- ze zur Verfügung gestellt hatten, stellten diese vor die Wahl, ihren Stellplatz zu behalten oder diesen gegen Erhalt einer Geldzahlung aufzugeben. Damit setzten die Arbeitgeber einen Anreiz, Fahrgemeinschaften zu bilden und umweltfreundliche Verkehrsmittel zu nutzen. Gleichzeitig ergaben sich Kosteneinsparungen für die Arbeitgeber. Die Wirksamkeit der Maßnahme basierte insbesondere darauf, dass keine Arbeitnehmerin bzw. kein Arbeitnehmer einen Nachteil erfährt und ihren bzw. seinen Stellplatz aufgeben muss. Diejenigen, die ihren Stellplatz freiwillig aufgaben, wurden hingegen belohnt. Im Rahmen dieses Beispiels belief sich die monatliche Geldzahlung durch das „Parking Cash Out“ auf mehr als 30 US-Dollar pro Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer. Das Angebot wurde von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern positiv aufgenommen. Die Einführung des „Parking Cash Out“-Programms wirkte sich positiv auf ihre Zufriedenheit aus und verbesserte die Chance zur Anwerbung von neuen Angestellten. Zudem hat sich das Mobilitätsverhalten erkennbar geändert. Im Durchschnitt wurden 12 % weniger Pkw-Kilometer pro Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer im Jahr zurückgelegt. Dieser Rück- gang entsprach einer Reduzierung von jedem achten Pkw. Dabei hat insbesondere die Nutzung von Fahrgemein- schaften zugenommen, wie die nebenstehende Analyse zum Mobilitätsverhalten vor bzw. nach der Einführung des „Parking Cash Out“-Programms zeigt. Quellen der Handlungsempfehlungen Für einen detaillierten Einblick in diese Handlungsempfehlungen und weiterführende Informationen siehe: Evangelinos / Matthes / Lösch / Hofmann (2010), Hess (2001), United States Environmental Protection Agency Office of Air and Radiation (2005a), United States Environmental Protection Agency Office of Air and Radiation (2005b).). 9
Ökonomische Instrumente – Parken im öffentlichen Straßenraum Durch ein flächenschonendes Parkraummanagement können wichtige Impulse für eine nachhaltige Stadtmobilität und effiziente Nutzung des öffentlichen Straßenraums gesetzt werden. Im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung stehen hierzu mit einer flexiblen und nachfrageorientierten Preisgestaltung sowie einer nutzergruppenspezifischen Preisdifferen- zierung zwei grundlegende ökonomische Instrumente zur Verfügung. A3 Flexible Bepreisung von Parkständen Die Höhe der Parkgebühren beeinflusst die Nachfrage Fallbeispiel Projekt „SFpark“ in San Francisco nach Parkständen stark. In Abhängigkeit vom jewei- ligen Preisniveau wird ein Anreiz dafür gesetzt, ein Im Jahr 2011 stattete die Stadt San Francisco im anderes Verkehrsmittel zu wählen oder eine Fahrt auf Rahmen des Projekts „SFpark“ in sieben Pilotzonen einen früheren oder späteren Zeitraum zu verlegen. rund 7.000 Parkplätze mit Sensoren zur Erfassung Grundsätzlich variiert die Parknachfrage im Tagesver- der Parkplatzauslastung aus und installierte neue lauf und in Abhängigkeit vom Gebiet bzw. Stadtteil. Parkuhren, deren Parkgebühr dynamisch angepasst werden kann. Durch eine flexible Preisgestaltung Dabei kann es in bestimmten Gebieten oder zu be- sollte ein angestrebter Auslastungsgrad der Park- stimmten Zeiten zu einer sehr hohen Auslastung oder plätze zwischen 60 % und 80 % erreicht werden. Zu sogar Überlastung der vorhandenen Parkmöglichkei- geringe Preise führen zu einer Auslastung oberhalb ten kommen, während an anderen Orten oder zu einer von 80 %, was zu zusätzlichem Parksuchverkehr und früheren oder späteren Zeit die Auslastung gering zu Staus führen würde. Auch eine Auslastung unter- ausfällt. Damit trifft die bisher starre Preisgestaltung halb von 60 % durch entsprechend hohe Preise galt es zu vermeiden, um negatie Auswirkungen auf den auf eine zeitlich und räumlich dynamische Nachfrage umliegenden Handel und damit auf die Arbeitsplätze nach Parkmöglichkeiten. und Steuereinnahmen zu verhindern. Zur Erreichung eines Auslastungsgrads zwischen 60 % und 80 % Um das Parkverhalten zu lenken, bietet sich daher erfolgte die Anpassung der Parkgebühren etwa alle die räumlich und zeitlich variable Bepreisung von zwei Monate, wenn der angestrebte Auslastungs- Parkplätzen an. In Abhängigkeit von der gewünschten grad über- oder unterschritten wurde. Parkplatzauslastung können die Preise in mehreren In einem Großteil der Blocks im Untersuchungs- Schritten so lange angepasst werden, bis der ange- gebiet wurde der angestrebte Auslastungsgrad strebte Auslastungsgrad erreicht wird. Zu beachten ist erreicht. Dabei fielen die Preise in der Zeit zwischen 12 und 15 Uhr am höchsten aus. Durch die flexible jedoch, dass die Verhaltensänderungen auf diese Prei- Preisgestaltung sank im Untersuchungsgebiet die sanpassungen eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen durchschnittliche Dauer für die Suche nach einem können. Dabei spielt neben der absoluten Höhe der Parkplatz um 43 %. Gleichzeitig ging das Verkehr- Parkgebühren im öffentlichen Raum auch die relative saufkommen in Fahrzeugkilometern um 30 % zu- Preisdifferenz zu nahegelegenen Stellplätzen eine rück. Dabei lag die durchschnittliche Preiselastizität wichtige Rolle, z. B. in Parkhäusern und Tiefgaragen. bei - 0,4, d. h. bei einem Anstieg der Parkgebühren um 1,0 % sank die Nachfrage um 0,4 %. Darüber hin- aus waren positive Effekte auf die lokalen Geschäfte Daher sollten die Preise der Parkstände und der sowie ein Anstieg der Einnahmen durch die Park- Stellplätze im Sinne einer effizienten Verteilung der gebühren erkennbar. Zudem wurde von geringeren Nachfrage nach Parkplätzen aufeinander abgestimmt Unfallzahlen und Stauergebnissen berichtet. werden. Um eine Verlagerung in Parkhäuser und Tiefgaragen zu erzielen, müssen die Parkgebühren zur Nutzung der Parkstände entsprechend hoch ausfallen. 10
Das Mobilitätsverhalten kann durch die Einführung einer flexiblen Bepreisung von Parkständen effizienter gesteuert werden. Um die beabsichtigten verkehrlichen Wirkungen zonen, Bewohnerparken und Mischparken unter- zu erzielen, ist die regelmäßige Überwachung des schieden werden. Parkraums, die Ahndung von Verstößen und die Erhebung von Verwarn- und Bußgeldern in einer In Gebieten mit ausgeprägter Einzelhandelsnutzung wirksamen Höhe nötig. bieten sich Kurzparkzonen mit einer vorgegebenen Höchstparkdauer, zum Beispiel von zwei Stunden, A4 Differenzierte Bewirtschaftungsform und der Verzicht auf Bewohnerparkausweise an. nach Nutzergruppen Hierdurch wird das Dauerparken von Bewohnern Im Sinne einer Feinsteuerung sind die im Rahmen der oder Pendelnden verhindert, so dass die Parkmög- Parkraumbewirtschaftung erhobenen Parkgebühren lichkeiten in erster Linie den Kundinnen und Kunden nach den unterschiedlichen Nutzergruppen zu diffe- des Einzelhandels zur Verfügung stehen. Gleichzeitig renzieren. Um etwa die Parkplatzsuche für Bewohner, wird ein hoher Parkplatzumschlag sichergestellt. Kunden, Menschen mit Behinderungen, Ärztinnen und Ärzte, Handwerkstreibende oder Lieferanten in Das Parken für die Bewohnenden kann durch die bestimmten Gebieten zu vereinfachen, ist die Ge- Einführung von Bewohnerparken mit der Ausgabe währung von Sonderrechten denkbar. Um umwelt- von kostenpflichtigen, ganzjährigen Bewohnerpark- freundliche Verkehrsmittel zu fördern, bietet es sich ausweisen erleichtert werden. In Gebieten verdich- beispielsweise auch an, die Parkgebühren für Carsha- teter Wohnnutzung mit angrenzenden Arbeitsplatz- ring-Fahrzeuge oder für Fahrzeuge mit alternativen konzentrationen oder besucherintensiven Nutzungen Antrieben zu reduzieren bzw. zu streichen, Rabatte können damit die Parkchancen für Bewohner erhöht für Nutzende von P+R Anlagen zu gewähren oder und Pendel- bzw. Besuchsverkehre verlagert werden. Park- und ÖPNV-Tickets miteinander zu verknüpfen. In entsprechenden Gebieten gilt dabei in der Regel ein eingeschränktes Halteverbot, von dem Bewoh- Grundsätzlich richtet sich die Parkraumbewirt- nerinnen und Bewohner mit einem entsprechenden schaftungsform eines Gebietes nach der jeweiligen Parkausweis befreit sind. Nachfragestruktur. So kann etwa zwischen Kurzpark- 11
Viele Gebiete mit hohem Parkdruck zeichnen sich durch die Konkurrenz einer Vielzahl an unterschied- lichen Nutzergruppen aus wie Bewohner, Kundinnen 21 und Kunden oder Pendelnde. Durch die Einführung 19 von Mischparken stehen die Parkplätze, für die 20 18 17 2 22 Parkgebühren erhoben werden, der Allgemeinheit zur 9 16 7 8 1 Verfügung. Bewohner können durch den Erwerb eines 14 15 6 4 5 3 kostenpflichtigen, ganzjährigen Bewohnerparkaus- 13 12 10 11 weises vergünstigt parken, konkurrieren mit den an- 23 deren Nutzergruppen aber um die Parkmöglichkeiten. A5 Faktencheck zu den Anordnungsvoraus- Fallbeispiel Parkraumbewirtschaftung in Wien setzungen für die Parkraumbewirtschaftung Im Rahmen eines Faktenchecks zum Thema Par- Die österreichische Hauptstadt Wien gilt als klassisches kraumbewirtschaftung wurde die folgende Fra- Vorbild für die Steuerung und Bewirtschaftung von Parkplätzen. Seit dem Jahr 1993 betreibt die Stadt eine ge beantwortet: „Durch welche Änderungen am Parkraumbewirtschaftung mittels flächendeckender Rechtsrahmen in Deutschland können ohne großen Kurzparkzonen im Innenstadtbereich, die kontinuierlich Aufwand deutlich mehr Gebiete mit Parkraumbe- auf weitere Bezirke ausgeweitet und überarbeitet wird. wirtschaftung entstehen?“ Die gestellte Frage weist Das Parkraummanagement wird dabei durch weitere einen komplexen rechtlichen Hintergrund auf und Pull-Maßnahmen wie ÖPNV-Ausbau oder Förderung des kombiniert Rechtsfragen des Straßenverkehrsrechts Garagenbaus flankiert. mit Vorschriften des Baurechts. Die entsprechenden In den zentralen Bezirken 1 bis 9 und 20 gilt derzeit an Regelungen ergeben sich aus einem Zusammenspiel Wochentagen zwischen 9 und 22 Uhr eine maximale von Bundesrecht, Landesrecht und teils kommuna- Parkdauer von zwei Stunden. In den Bezirken 10 bis 12 und 14 bis 19 kann maximal drei Stunden geparkt lem Satzungsrecht, das von den Behörden vor Ort werden. Die Parkgebühren betragen 1,15 Euro für 30 auf die konkreten, lokalen Verhältnisse angewandt Minuten, für einen Bewohnerparkausweis werden je werden muss. nach Bezirk eine Parkabgabe zwischen 90 Euro und 120 Euro pro Jahr fällig. Dabei ist zwischen Bestands- und Neubaugebieten zu Von der maximalen Parkdauer ausgenommen sind differenzieren. Parkraumbewirtschaftungszonen im Bewohner mit einer entsprechenden Berechtigung in bebauten und unbeplanten Innenbereich deutscher den Bezirken 1 bis 9 und 12, für die speziell reservierte Städte lassen sich lediglich nach den Regelungen des Parkplätze bereitgestellt werden. Am Wiener Stadtrand Straßen- und Straßenverkehrsrechts einrichten. Maß- stehen zahlreiche an den ÖPNV angeschlossene Park & Ride-Anlagen für 3,60 Euro pro Tag zur Verfügung. stab sind dann grundsätzlich keine städtebaulichen Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung sind Erwägungen, sondern lediglich die Sicherheit und zweckgebunden für die finanzielle Förderung des ÖP- Ordnung des Straßenverkehrs. Auch hinsichtlich des NVs, des Radverkehrs sowie des privaten Garagenbaus. Bewohnerparkens steht den Gemeinden lediglich eine Die Parkraumbewirtschaftung stellt eine zentrale Säule beschränkte Einflussnahme auf die Anordnungen der der Wiener Mobilitätsstrategie dar. Gegenüber dem Jahr Straßenverkehrsbehörden zu. Demgegenüber spielen 1993 konnte bis ins Jahr 2018 der Modal Split des moto- städtebauliche Ziele der Parkraumbewirtschaftung risierten Individualverkehrs von 40 % auf 28 % reduziert bei der Ausweisung neuer Baugebiete sehr wohl eine werden. Der ÖPNV wuchs im selben Zeitraum von 29 % Rolle und sind bei der Bauleitplanung zwingend zu auf 38 %, der Radverkehr von 3 % auf 7 %. Für das Jahr berücksichtigen. 2025 wird eine weitere Verlagerung auf den Umwelt- verbund angestrebt. 80 % der Wege sollen dann mit dem Umweltverbund zurückgelegt und der motorisierte Im Rahmen geltenden Rechts ergeben sich einige Individualverkehr auf einen Anteil von 20 % reduziert Ansatzpunkte für rechtliche Änderungen zur ver- werden. Eng mit dieser Entwicklung verbunden lässt einfachten Schaffung von Parkraumbewirtschaf- sich ein Rückgang der Motorisierung (Pkw pro 1.000 tungszonen, deren Zulässigkeit im Einzelnen näher Einwohner) in fast allen Bezirken bis 2017 beobachten. zu untersuchen ist. Ein „Patentrezept“ ist dabei aber nicht ersichtlich. 12
Seit dem Jahr 1993 baut die Stadt Wien die Parkraumbewirtschaftung konsequent aus. Änderung § 45 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) Änderung § 1 Abs. 5, Abs. 6 Nr. 9 Baugesetzbuch Eine Ausweitung der Voraussetzungen, unter de- (BauGB) nen Parkraumbewirtschaftungszonen in § 45 StVO Durch Änderung von § 1 BauGB könnten Parkraum- angeordnet werden können, würde die Anordnung bewirtschaftungszonen leichter eingeführt werden. entsprechender Zonen vereinfachen. Denkbar wäre Bereits heute darf die Vermeidung und Verringerung die Definition von Kennzahlen durch den Gesetzge- des Verkehrs im Rahmen der bei der Bauleitplanung ber, die die Straßenverkehrsbehörde zur Einrichtung zu treffenden Abwägungsentscheidung berücksichtigt einer Parkraumbewirtschaftungszone berechtigen werden. Das Berücksichtigen des städtebaulichen bzw. diese sogar dazu verpflichten. Mögliche Bei- Belangs „Verkehrsreduzierung“ müsste in ein Be- spiele wären die Bevölkerungsdichte im Verhältnis zwecken erweitert werden, in dem dieser in die Ziele zu Verkehrsaufkommen bzw. verfügbaren Stellplät- städtebaulicher Entwicklung gemäß § 1 Abs. 5 BauGB zen in einem bestimmten Gebiet. Grundlage dieser aufgenommen wird. Diese Aufwertung hätte mittelbar Kennzahlen könnten die Inhalte der derzeit geltenden auch einen straßenverkehrsrechtlichen Effekt, weil Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung dann die Ausweisung von Parkraumbewirtschaf- (VwV-StVO) sein. tungszonen in vielen Fällen städtebaulich erforderlich würde. Ein weiterer Ansatz ist die Aufnahme einer Vorgabe in die StVO, Parkraumbewirtschaftungszonen generell Änderung der (Landes-)Bauordnungen in Gebieten anzuordnen, für die ein Bebauungsplan Durch Änderungen der (Landes-)Bauordnungen existiert oder für die in einem Bebauungsplan be- können Parkraumbewirtschaftungszonen leichter ge- stimmte Gebietstypen festgesetzt sind, zum Beispiel schaffen werden. Ein Ansatzpunkt wäre es, die Mög- Kerngebiet, urbanes Gebiet etc. lichkeit zur finanziellen Ablösung der Stellplatzpflicht nach der jeweiligen Landesbauordnung anzupassen. Denkbar wäre auch die Berücksichtigung städtebauli- Diese Ablöse, also der Verzicht auf die Schaffung not- cher Belange im Straßenverkehrsrecht. Das bedeutet, wendiger Stellplätze, könnte beispielsweise nur unter dass die Parkraumbewirtschaftung in Bestandsge- den folgenden Voraussetzungen rechtlich zulässig bieten nicht nur ordnungsrechtlich, sondern auch sein: das Vorhaben befindet sich (künftig) in einer städtebaulich zulässig wäre. Neben den Belangen der Parkraumbewirtschaftungszone und diese sieht aus- Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs müssten reichend Parkraum für die zusätzlich erforderlichen also auch bauleitplanerische Erwägungen die Anord- Stellplätze vor und/oder das Vorhaben liegt in einem nung von Parkraumbewirtschaftungszonen erlauben. Gebiet mit einer guten ÖPNV-Anbindung. Quellen der Handlungsempfehlungen Für einen detaillierten Einblick in diese Handlungsempfehlungen und weiterführende Informationen siehe: Agora Verkehrswende (2018a), Agora Verkehrswende (2019), Bundesanstalt für Straßenwesen (2007), Forschungsgesellschaft Mobilität FGM – Austrian Mobility Research AMOR (2017), Millard-Ball et al. (2016), MVBW (2016), MVBW (2017), Pierce / Shoup (2013), Shoup (1997), Shoup (2015), Stadt Wien (2014), Stadt Wien (2016). 13
B Digitalisierung Im Rahmen der Digitalisierung ergeben sich Möglichkeiten, durch die sich das Parken und damit der Verkehr in den Städten effizienter und umweltfreundlicher gestalten lässt. Dabei spielt die Steuerung des Verkehrs eine zentrale Rolle, um nicht den Pkw-Verkehr, sondern die nachhaltige Mobilität insgesamt zu fördern. B1 Datenerfassung und -analyse Bislang liegen Städten nur eingeschränkt detaillierte Informationen zum Bestand und zur Auslastung von Parkplätzen, den mit der Bereitstellung und Instand- haltung verbundenen Kosten sowie den Erlösen im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung vor. Im Zuge der Digitalisierung von Parkflächen und des Stra- ßenverkehrs im Allgemeinen ergeben sich jedoch Möglichkeiten, entsprechende Informationen unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben zu Fallbeispiel Digitale Parkraumüberwachung erheben, aufzubereiten und zu nutzen. in Amsterdam Beispielsweise ermöglicht das sogenannte „Smart In Amsterdam erfolgt die Parkraumüberwachung bereits digital. Dabei erfassen seit 2017 Scan-Au- Parking“ durch den Einsatz von Sensorik und Park- tos die Fahrzeuge und Nummernschilder auf den Apps das digitale Auffinden und Reservieren von Parkständen und gleichen diese mit den digitalen Parkmöglichkeiten und das Bezahlen von Park- Parkscheinen für die betreffende Parkzone ab. Wenn dienstleistungen. Mit den hierbei gewonnenen Daten kein Parkschein gebucht wurde, verhängt das Ord- können Prognosen zur künftigen Parkplatznachfrage nungsamt ein Bußgeld. abgeleitet werden. Diese Prognosen bilden eine wich- Grundlage hierfür bildet die Digitalisierung der Par- tige Grundlage für zukünftige Verkehrs- und Par- kraumbewirtschaftung. Die Pkw-Fahrenden buchen kraumplanungen hinsichtlich des Parkraumangebots den jeweiligen Parkstand digital über eine App bzw. und dessen Bepreisung. Dadurch können Städte das eine Online-Plattform. Im Gegensatz zur Situation in Deutschland müssen die Mitarbeitenden des Park- und Mobilitätsverhalten zielgerichteter steuern. Ordnungsamtes zur Ahndung von Falschparkenden nicht vor Ort anwesend sein, so dass das händische Durch eine digitale Parkflächenerfassung bzw. die Verteilen von Strafzetteln in den Straßen entfällt. Digitalisierung analoger Informationen über Park- flächen in einer Stadt kann die Grundlage für ein intelligentes und digitales Parkraummanagement geschaffen werden. von Falschparkenden vor Ort anwesend sein müssen, werden so gezielt zu den ordnungswidrig abgestellten B2 Digitale Parkraumüberwachung Fahrzeugen geleitet. Auch die Parkraumüberwachung kann effizienter und effektiver gestaltet werden. Durch die Kombination Neben den dadurch erhöhten Einnahmen durch der Informationen zum Belegungszustand, die mit Ordnungsgelder für das Falschparken wird gleich- Hilfe von Sensoren in Echtzeit erfasst werden, mit zeitig das Falschparken für Verkehrsteilnehmende den Informationen aus digitalen Parkplatzbuchungs- unattraktiver. Dadurch steigert sich die Qualität der und -abrechnungssystemen können falschparkende öffentlichen Räume und die Nutzung alternativer Fahrzeuge unmittelbar identifiziert werden. Die Verkehrsmittel wird attraktiver. Zudem wird so eine Mitarbeitenden des Ordnungsamtes, die zur Ahndung Verbesserung der Verkehrssicherheit erreicht. 14
B3 Informationssysteme für einen effizien- ten Parkvorgang in Kombination mit ein- schränkenden Maßnahmen zur Vermeidung von induzierten Verkehren Durch den Einsatz dynamischer Informations- und Leitsysteme können die Kosten für die Parkplatzsuche verringert und unnötiger Parksuchverkehr vermieden werden. Über die dynamischen Informations- und Leitsysteme werden den Pkw-Fahrerinnen und -Fah- rern Informationen über die Parkmöglichkeiten in der Stadt in Echtzeit bereitgestellt. Informationen zu der Belegung der einzelnen Parkstände bzw. Stellplätze werden dabei über „Smart Parking“-Systeme erfasst. Die Informationsbereitstellung und Navigation zu frei- en Parkmöglichkeiten erfolgen über digitale Anzeigen im öffentlichen Raum oder über Smartphone-Apps. „Smart Parking“ zum digitalen Auffinden, Reservie- Infobox ren und Bezahlen von Parkdienstleistungen bildet auch eine wichtige Grundlage für die Einführung „Smart Parking“ einer zeitlich und räumlich flexiblen Bepreisung der Parkstände bzw. Stellplätze. Durch die Erfassung der Intelligentes Parken, das sogenannte „Smart Schadstoffklassen der Fahrzeuge anhand der Kenn- Parking“, zielt auf eine effiziente Organisation des ruhenden Verkehrs ab. Durch den Einsatz von Tech- zeichen besteht auch die Möglichkeit einer emissions- nologien wie Sensorik, Informationssysteme etc. abhängigen Differenzierung der Parkgebühren. wird Pkw-Fahrenden das Auffinden und Reservieren von Parkmöglichkeiten und das Bezahlen von Park- Eine Verknüpfung zum öffentlichen Verkehr könnte dienstleistungen ermöglicht. „Smart Parking“-Sys- dadurch erfolgen, dass Parkierungsanlagen mit Ein- teme weisen dabei vor allem folgende Funktionen und Ausfahrtsschranken so ausgestattet werden, auf: dass sie mit einer Abonnementkarte für den öffent- • Identifikation und Kommunikation der Belegung lichen Verkehr geöffnet werden können und damit von Parkständen bzw. Stellplätzen die Bezahlung vor Ort entfällt. Das setzt aber voraus, • Navigation zu freien Parkständen bzw. Stellplätzen dass die Bezahlung digital über die Abonnementkar- • elektronische Buchung und Zahlung te erfolgt. Denkbar wäre dabei ein Preisnachlass für • elektronische Prüfung auf spezielle Zugangsbe- die ÖPNV-Abonnenten, um einen weiteren Anreiz zur rechtigung • Verwaltung von Zugangsberechtigungen Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu setzen. Diese • dynamische Preisfindung Verknüpfung bietet sich unter anderem für Parkplät- • effiziente Ermittlung von Falschparkenden ze im suburbanen Raum an, die sich in fußläufiger • Ableitung der Parknachfrage zur Unterstützung der Entfernung zu einer wichtigen Haltestelle des öffent- Verkehrsplanung lichen Verkehrs befinden, um einen Anreiz für den Umstieg zum öffentlichen Verkehr auf dem Weg in die Mit Hilfe von Sensoren wird die Belegung von Park- ständen bzw. Stellplätzen automatisch ermittelt Innenstädte zu setzen. und ausgewertet. Auf dieser Basis können die Fahrenden per Smartphone oder Navigationssystem Digitale Informationssysteme bieten darüber hinaus zu einem freien Parkstand bzw. Stellplatz geführt die Möglichkeiten, Stellplatz-Sharing auszubauen. werden. Dabei können auch die speziellen Parkbe- Viele Stellplätze werden nur in einem begrenzten rechtigungen, beispielsweise für Elektrofahrzeu- Zeitraum des Tages genutzt. So verwenden Pkw-Fah- ge, Reisebusse, den Lieferverkehr, Bewohnende, körperlich eingeschränkte Personen etc. berück- rerinnen und -Fahrer ihren Stellplatz am Wohnort sichtigt werden. in der Regel tagsüber nicht, während vor allem bei Berufspendelnden tagsüber ein Bedarf an städtischen 15
Die kombinierte Buchung bzw. Abrechnung von Parkmöglichkeiten und Ladeinfrastruktur erleichtern die Nutzung von Elektrofahrzeugen Stellplätzen besteht. Durch die Informationsbereit- untersucht: „Wie kann das Dauerparken von Kraft- stellung und Kommunikation, beispielsweise über fahrzeugen in der Stadt verhindert werden? Und Sharing-Plattformen, können einzelne Stellplätze welche rechtlichen Änderungen wären erforderlich, während des gesamten Tages durch mehrere Nut- um technische Lösungen zur Parkdauerüberwachung zende effizient ausgelastet werden. Die einzelnen sowohl für Pkw als auch für Transporter zulassen zu Nutzenden profitieren durch die geteilten Kosten und können?“ gleichzeitig sinkt der Flächenbedarf für das Parken. Zur automatischen technischen Parkraumüberwa- Durch die Potenziale der Digitalisierung wird das chung werden vor allem optisch-elektronische und/ Parken und damit der Verkehr mit dem Pkw in den oder optisch-sensorische Einrichtungen eingesetzt, Städten attraktiver. Neben den positiven Auswir- die als optische Parkraumüberwachung bezeichnet kungen wie der Verringerung des Parksuchverkehrs wird. besteht die Gefahr, dass neue Verkehre induziert werden oder eine Verlagerung von nachhaltigen Ver- Bislang besteht keine gesetzliche Grundlage, die kehrsmitteln zum Pkw erfolgt. Um dies zu vermeiden, wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der sollten gleichzeitig Maßnahmen zur Einschränkung optischen Parkraumüberwachung durch öffentli- des Pkw-Verkehrs umgesetzt werden. Hierzu zählen che Stellen wäre. Eine solchen Rechtsnorm könnte beispielsweise die Erhöhung der Parkgebühren oder der Bund durch seine Gesetzgebungskompetenz im die Reduzierung der Anzahl der Parkstände. Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung in das Straßenverkehrsgesetz (StVG) als Bundesgesetz auf- Faktencheck zu den rechtlichen Rahmenbedingun- nehmen, das vor allem die Grundlagen des Straßen- gen des Einsatzes technischer Mittel – insbesondere verkehrsrechts in Deutschland regelt. optischer Erkennungsmaßnahmen – bei der Parkrau- müberwachung Bei der Ausgestaltung einer entsprechenden gesetz- Im Rahmen eines Faktenchecks zum Thema Parkrau- lichen Grundlage ist insbesondere dem Grundrecht müberwachung wurde die folgende Fragestellung auf informationelle Selbstbestimmung ausreichend 16
Rechnung zu tragen, indem die im Folgenden ge- Tarifen. So könnte nach der erwarteten bzw. tatsäch- nannten Anforderungen an die gesetzliche Grundlage lichen Ladezeit die Parkgebühr deutlich ansteigen, eingehalten werden. um ein längerfristiges Blockieren der Ladesäulen zu vermeiden. Hierdurch wird ein Anreiz gesetzt, die Skizzierung eines Anforderungskatalogs an eine Ladeinfrastruktur effizient zu nutzen. Dabei dürfen Vorschrift zum Einsatz optischer Sensorik zur Über- die Tarifmodelle aber nicht zu restriktiv ausgestaltet wachung von Parkraumnutzung/Parkraumverstößen sein, um nicht abschreckend zu wirken. Eine Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz opti- scher Sensorik zur Parkraumüberwachung muss den B5 Einbindung von innovativen Mobilitätsformen Anforderungen an eine Rechtfertigung des Eingriffs Die Digitalisierung vereinfacht auch die Einbindung in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von innovativen Mobilitätsformen in ein attraktives genügen. Dafür muss die Rechtsgrundlage zunächst Gesamtmobilitätsangebot. Multimodale Mobilitäts- bereichsspezifisch auf die optische Parkraumüberwa- plattformen mit Schnittstellen zwischen den einzel- chung zugeschnitten sein. Zudem ist das Zweckbin- nen Verkehrsmitteln fördern ein nachhaltiges Mobili- dungsgebot einzuhalten. Das Gebot besagt, dass die tätsverhalten. Datenverarbeitung auf bestimmte, konkret festgelegte Zwecke zu beschränken ist. Darüber hinaus unter- Reservierte Parkstände für Sharing- oder Pooling- liegt die Vorschrift einer umfassenden und strengen Fahrzeuge an den Mobilitätsknoten erleichtern den Verhältnismäßigkeitsprüfung. Relevant ist vor allem. Umstieg zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln. ob die Verhältnismäßigkeit der Zweckbindung seitens Idealerweise sind diese Parkstände über die multimo- des Gesetzgebers ausreichend verfahrensmäßig abge- dale Mobilitätsplattform digital buch- und abrechen- sichert worden ist. bar. Falls die Parkmöglichkeiten nicht ausschließlich für die alternativen Mobilitätsformen vorgehalten Damit können negative Auswirkungen für die Bevöl- werden, sollte diesen aber zumindest eine höhere kerung durch so genannten Informationseingriffen Priorität gegenüber den gewöhnlichen Pkw-Fahren- mit hoher Streubreite vermeiden werden. Durch die den eingeräumt werden. Zur Förderung von Fahr- Verknüpfung der einzeln gewonnenen Informationen gemeinschaften können hier auch „Kiss-and-Ride ist sonst unter Umständen eine Profilbildung von (K+R)“-Stellplätze zum kurzzeitigen Parken oder einzelnen Personen möglich ist. Eine hohe Streubreite Halten für das Ein- und Aussteigen von Mitfahrenden liegt vor, weil grundsätzlich jede Person betroffen eingerichtet werden. Insgesamt kann so ein Umstieg sein kann, auch wenn kein Rechtsverstoß vorliegt. zu den anderen Formen nachhaltiger Mobilität voran- Deshalb müssen bereits in der gesetzlichen Grund- getrieben werden. lage verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen werden. B4 Kombinierte Buchung bzw. Abrechnung von Park- möglichkeiten und Ladeinfrastruktur Durch integrierte Abrechnungsmodelle, welche über eine Schnittstelle die kombinierte Buchung und Ab- rechnung von Park- und Lademöglichkeiten ermög- lichen, lässt sich die Nutzung von Elektrofahrzeugen komfortabler gestalten. Solche Abrechnungsmodelle können die Nutzung von Elektrofahrzeugen kunden- freundlicher gestalten, weil das Parken effizienter wird. Damit kann der Ausbau der Elektromobilität in Deutschland unterstützt werden. Hierfür eignet sich der Einsatz von differenzierten Quellen der Handlungsempfehlungen Für einen detaillierten Einblick in diese Handlungsempfehlungen und weiterführende In- Tarifmodellen mit reduzierten Parkgebühren für Elek- formationen siehe: Anke / Scholle (2016), Bundesanstalt für Straßenwesen (2011), Frank- furt University of Applied Scienes (2018), Fraunhofer IAO (2019), Polisnetwork (2018), trofahrzeuge, idealerweise mit zeitlich gestaffelten Schweizerische Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten (2011). 17
C Rechtliche Instrumente – Instrumente zur Reduzierung bzw. Anpassung des Stellplatz- und Parkstandangebots Bislang wird ein großer Teil der städtischen Flächen vom ruhenden Verkehr belegt. Durch eine Reduzierung der Parkmöglichkeiten sinkt die Attraktivität des Pkw-Verkehrs. Gleichzei- tig können die freiwerdenden Flächen unter anderem für den Ausbau der Fuß- und Radinf- rastruktur sowie für attraktive öffentliche Räume genutzt werden, so dass die Lebensquali- tät in den Städten steigt. C1 Abschaffung der Stellplatzpflicht für Kraftfahrzeuge Das Angebot an privaten Parkmöglichkeiten in den Städten wird insbesondere durch die jeweiligen Stellplatzvorschriften für Kraftfahrzeuge bestimmt. Die Bauordnungen der meisten Bundesländer enthal- ten weiterhin eine Stellplatzpflicht bei Bauvorhaben. Beispielsweise beläuft sich die Stellplatzpflicht in Nordrhein-Westfalen bei Gebäuden mit Wohnungen auf einen Stellplatz pro Wohnung. Fallbeispiel Stellplatzpflicht in Hamburg und Berlin Die Bundesländer haben durch Anpassungen der Bauordnungen die Möglichkeit, die Stellplatzpflicht Die Bauordnung von Hamburg wurde dahingehend für Kraftfahrzeuge bei Wohnbauvorhaben oder bei verändert, dass seit dem Jahr 2014 die Kfz-Stell- platzpflicht bei allen Wohnbauvorhaben entfallen dem Neubau von Gebäuden insgesamt zu streichen. ist. Darüber hinaus lässt sich die Festsetzung der Denkbar ist auch eine Staffelung der erforderlichen notwendigen Stellplätze bei zuvor bereits erteilten Anzahl an Stellplätzen, beispielsweise in Abhängig- Baugenehmigungen widerrufen. Durch den Wegfall keit von der Lage im Stadtgebiet oder des Anschlusses des Zweckentfremdungsverbots können Bauherrin- an den öffentlichen Verkehr. In Deutschland haben nen und Bauherren ehemals notwendige Kfz-Stell- diesbezüglich die Stadtstaaten Hamburg und ins- plätze auch anderweitig nutzen oder beseitigen. Unter bestimmten Bedingungen können sogar die besondere Berlin Regelungen mit Vorbildcharakter in den Bebauungsplänen ausgewiesenen Stellplatz- etabliert. flächen für die Errichtung von Wohnungsvorhaben verwendet werden. Durch die Einschränkung im Pkw-Verkehr wird ein Noch weiter ist das Land Berlin gegangen, denn Anreiz gesetzt, auf umweltfreundliche Verkehrsmittel Berlin hat als einziges Bundesland die Stellplatz- umzusteigen. Zudem werden durch die Reduzierung baupflicht für Kraftfahrzeuge beim Neubau von der Stellplatzschlüssel Baukosten eingespart und ggf. Gebäuden komplett abgeschafft. Damit liegt es im weniger öffentliche Fördermittel für den Stellplatzbau Ermessen der Bauherren, die erforderliche Anzahl an verwendet. Den sinkenden öffentlichen Ausgaben Stellplätzen zu errichten. Weiterhin verpflichtend ist aber die Errichtung von Stellplätzen für Menschen mit stehen allerdings geringere Einnahmen der Städte schwerer Gehbehinderung und für Rollstuhlnutzende durch die mögliche Stellplatzablösung gegenüber. Um sowie von Abstellplätzen für Fahrräder. Die Richtzah- ein vermehrtes Abstellen von Pkw auf den knappen len für Abstellplätze für Fahrräder belaufen sich bei- Flächen des öffentlichen Raums zu vermeiden, muss spielsweise bei Gebäuden mit Wohnungen auf einen die Abschaffung der Stellplatzpflicht mit einer Par- Stellplatz je Wohnung mit bis zu 50 m2 und bis zu vier kraumbewirtschaftung verknüpft werden. Stellplätze je Wohnung mit mehr als 100 m2. 18
C2 Rückbau von Stellplätzen Nachbarschaft die Stellplätze anmieten. Die Öffnung Der Umgang mit bestehenden Stellplätzen gestaltet der Parkmöglichkeiten könnte auch auf die Allge- sich hingegen schwieriger. Der Rückbau von Stellplät- meinheit ausgeweitet werden. Gleichzeitig bietet sich zen im Bestand ist nur auf freiwilliger Basis möglich, die Umgestaltung und Aufwertung des dabei frei- wenn keine verkehrlichen oder sonstigen Missstände werdenden öffentlichen Raums an. Auch profitieren vorliegen, was in der Regel nicht der Fall ist. Dennoch die Stellplatzbesitzer unmittelbar monetär durch die bestehen verschiedene Ansätze, wie Städte die Redu- Mieteinnahmen. zierung der Stellplätze initiieren bzw. unterstützen können. Als Ansatz für den freiwilligen Stellplatz-Abbau wäre auch die Anrechnung bestehender Stellplätze bei So können Städte die Stellplatzeigentümerinnen Nutzungserweiterungen im Rahmen von Baubewil- und -eigentümer dabei unterstützen, die bestehen- ligungsverfahren zur Reduzierung des zusätzlichen den Parkmöglichkeiten für Dritte zu öffnen, indem Bedarfs denkbar. beispielsweise Firmen oder Einpendelnde in der Fallbeispiel Verlagerung vom öffentlichen Straßenraum auf privaten Grund in Zürich In den 1990er Jahren hat die Stadt Zürich damit begonnen, in der Innenstadt Parkstände vom öffentlichen Straßen- raum in Parkhäuser zu verlagern. Durch die Wegnahme von Parkständen im Straßenraum und paralleler Errichtung von Quartiersparkhäusern wurde die Aufenthaltsqualität erhöht und mehr Platz für nachhaltige Mobilitätsangebote geschaffen, insbesondere auch für den Rad- und Fußverkehr. Gleichzeitig wurde mit der stärkeren Nutzung von privaten Parkhäusern im Bestand deren Auslastung erhöht und eine höhere Investitionssicherheit geschaffen. Im Zeitraum zwischen den Jahren 1990 und 2017 hat die Stadt Zürich rund 1.000 Straßenparkplätze in Parkhäuser und Tiefgaragen verlagert und damit gleichzeitig die Anzahl an Parkmöglichkeiten gedeckelt. Darüber hinaus unterstützt die Stadt Zürich mit ihrem „Leitfaden zum Umgang mit Parkplatzüberhängen“ die Eigen- tümerschaft von Immobilien mit Stellplatzüberhängen und zeigt konkrete Möglichkeiten des freiwilligen Stellplatz- abbaus auf. Von Parkplatzüberhängen wird gesprochen, wenn eine Parkierungsanlage mehr Parkplätze umfasst, als gemäß geltender Parkplatzverordnung in Zürich zulässig sind. Der Normalbedarf beläuft sich auf einen Personenwa- genabstellplatz pro 120 m2 Geschossfläche. Der minimal erforderliche und maximal zulässige Bedarf variiert aber im Stadtgebiet und beläuft sich beispielsweise in der Altstadt auf 10 % des Normalbedarfs und in der City auf 25 % bis 45 %. Zu den Möglichkeiten des freiwilligen Stellplatzabbaus zählt unter anderem die Anrechnung bestehender Parkplätze bei Nutzungserweiterungen, die Öffnung von Parkierungsanlagen für Dritte, die Verlagerung von Straßen- parkplätzen in eine Parkierungsanlage sowie die Aufhebung und Umnutzung überzähliger Stellplätze. Auch die Ausgestaltung der städtischen Parkplatzverordnung ist förderlich zur Reduzierung des Gesamtangebots der Parkmöglichkeiten in Zürich. Je zentraler und besser das Gebiet an den öffentlichen Verkehr angeschlossen ist, desto geringer fällt die erforderliche Anzahl an Stellplätzen gemäß der städtischen Parkplatzverordnung aus. Die Vorgaben sinken bis zu einem Wert von 10 % im Vergleich zum Normalbedarf mit einem Stellplatz pro 120 m2 Wohnnutzfläche. 19
Die Gebühren in den Parkraumbewirtschaftungs- und Bewohnerparkzonen sollten die tatsächlichen Kosten des Parkens widerspiegeln. C3 Reduzierung und Verlagerung von öffent- Parkmöglichkeiten abseits des öffentlichen Stra- lichen Parkmöglichkeiten ßenraums gebündelt werden, wird gleichzeitig die Städte können das Mobilitätsverhalten stark beein- „Sichtbarkeit“ und Attraktivität des Pkw-Verkehrs flussen, indem sie die öffentlichen Parkmöglichkeiten reduziert. verändern. Die freiwerdenden Flächen, die durch die Reduzierung der Parkstände frei werden, können für Während die öffentlichen Parkmöglichkeiten redu- breitere Fußwege, Fahrradinfrastruktur, den öffent- ziert und verlagert werden, gilt es parallel, das öffent- lichen Nahverkehr und für stationsbasierte Carsha- liche Verkehrsangebot auszubauen und attraktiver zu ring-Angebote sowie für Freizeit- und Grünflächen gestalten. Damit kann die Attraktivität in den Städten genutzt werden. Um Parkstände zu reduzieren, bietet gesichert und weiter verbessert werden. sich auch die Einführung von autofreien Fußgänger- zonen, verkehrsberuhigten Bereichen sowie weiteren C4 (Teil-)Entwidmung und Umwidmung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm öffentlichen Straßen und Abgasen an. Städte haben die Möglichkeit, im Rahmen einer Ent- widmung oder Teilentwidmung und Umwidmung die Einerseits wird dadurch die nachhaltigere Mobilität Nutzung öffentlicher Straßen zu verändern und damit gefördert, andererseits steigt auch die Lebensqualität Einfluss auf das Mobilitätsverhalten zu nehmen. Dies in den Städten deutlich an. Indem die öffentlichen ist in den Straßengesetzen der Bundesländer geregelt. 20
Bei der Entwidmung verliert eine Straße durch Parksuchverkehr. Um die tatsächlichen Kosten des Verwaltungsakt die Eigenschaft einer öffentlichen Parkens zu finanzieren, müssten die Gebühren für die Straße. Bei der Umwidmung wird die jeweilige Wid- Parkausweise jedoch deutlich ansteigen. Durch den mung einer Straße verändert. Voraussetzung für eine Wegfall der Gebührendeckelung im Juli 2020 besteht Entwidmung bzw. Teilentwidmung ist grundsätzlich, für die Städte vollumfängliche Handlungsfreiheit. dass Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen. C6 Erhöhung der Verwarnungs- und Bußgel- Im Rahmen der Umwidmung kann die Nutzung der der für unzulässiges Parken oder Halten Straße in verschiedenen Bundesländern auf bestimm- Falsches Parken und Halten verstoßen gegen das gel- te Benutzungsarten, Benutzungszwecke, Benutzer- tende Recht und führen zu einem gesellschaftlichen kreise oder in sonstiger Weise beschränkt werden. Schaden. Hierzu zählen beispielsweise Unfälle und Nach dem Berliner Straßengesetz kann beispielswei- die Inanspruchnahme des wertvollen öffentlichen se eine Umwidmung zur Realisierung von Maßnah- Raums. Daher sollten die diesbezüglichen Sanktio- men der Verkehrslenkung und Verkehrsberuhigung nen auch eine entsprechende Abschreckungswirkung veranlasst werden. Dabei erfolgt der dauerhafte Aus- entfalten. schluss bestimmter Verkehrsarten von dem durch die Widmung der Verkehrsfläche festgelegten verkehr- Insbesondere die Differenz zu den örtlichen Parkge- süblichen Gemeingebrauch. Neben der Gestaltung bühren fällt aber oft so gering aus, dass Pkw-Nutzen- von Fußgängerzonen bietet sich auch die Errichtung de das Risiko eines geringen Verwarnungsgeldes in von Fahrradstraßen mit oder ohne Linienbusbetrieb Kauf nehmen. Bislang lagen die Regelsätze in vielen an. Fällen lediglich in einem niedrigen Bereich. Im April 2021 wurden die Bußgelder angepasst. Seitdem wird C5 Ausweitung von Parkraumbewirtschaf- das verbotswidrige Parken auf Rad- und Gehwegen tungs- und Bewohnerparkzonen mit bis zu 110 Euro und die unerlaubte Nutzung des Die Städte können Parkraumbewirtschaftungs- und Gehwegs durch Fahrzeuge mit bis zu 100 Euro sank- Bewohnerparkzonen neu ausweisen bzw. bestehende tioniert. Zonen ausweiten. Neben den externen Kosten des Pkw-Verkehrs in Form von Luftschadstoffen, Treib- Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Europa, hausgas- und Lärmemissionen, Unfallkosten etc. sind wie beispielsweise Dänemark, den Niederlanden oder die Errichtung und Instandhaltung von Parkständen Norwegen, fallen die Strafzahlungen in Deutschland mit hohen öffentlichen Ausgaben verbunden. Durch gemäß der Bußgeldkatalog-Verordnung bislang aber die Parkraumbewirtschaftung können Einnahmen weiterhin eher gering aus. Damit entfalten diese nur zur Finanzierung generiert werden. Idealerweise soll- bedingt eine abschreckende Wirkung. Durch eine ten die Parkgebühren die tatsächlichen Kosten des deutliche Erhöhung der Verwarnungs- und Bußgel- Parkens widerspiegeln, was jedoch mit einem deutli- der für unzulässiges Parken oder Halten kann die chen Anstieg der Parkgebühren verbunden wäre. abschreckende Wirkung gegen Parkverstöße erhöht werden. Daher sind in Deutschland sowohl eine wei- Als Voraussetzung für Parkraumbewirtschaftungszo- tere Verschärfung als auch eine konsistentere Ausge- nen muss ein erheblicher Parkraummangel vorliegen. staltung der Bußgeldkatalog-Verordnung anzustre- Die Voraussetzungen für die Parkraumbewirtschaf- ben. Darüber hinaus sollte die Kontrolldichte erhöht tung könnten in der StVO jedoch geändert werden. werden. Hierbei könnte die oben als Handlungsemp- Wenn nicht mehr für jede Straße einzeln ein Park- fehlung B2 aufgeführte digitale Parkraumüberwa- druck nachgewiesen werden muss, würde sich die chung eingesetzt werden. Anwendung der Anordnung erleichtern. Hierdurch würde sich der Bestand an kostenfrei zugänglichen Parkmöglichkeiten reduzieren. Auch durch die Ausweisung von Parkzonen für Quellen der Handlungsempfehlungen Für einen detaillierten Einblick in diese Handlungsempfehlungen und weiterführende Bewohnende wird die Pkw-Attraktivität für andere Informationen siehe: Agora Verkehrswende (2018b), BBSR (2015), Deutscher Bundestag (2019), Dittrich (2017), Freie und Hansestadt Hamburg (2018), Hermann et al. (2019), Nutzer reduziert. Gleichzeitig verringert sich der Manville / Shoup (2010), Stadt München (2016), Stadt Zürich (2015), Stadt Zürich (2018). 21
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