Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen

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Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
Parkraummanagement
für eine nachhaltige
urbane Mobilität in der
Stadt für Morgen
Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
Impressum

Herausgeber:                                                  Die Handlungsempfehlungen wurden von PwC im
Umweltbundesamt                                               Vorhaben „Mobilitätskonzepte für einen nachhalti-
Fachgebiet 2.6 Nachhaltige Mobilität in Stadt und Land        gen Stadtverkehr 2050: Metaanalyse, Maßnahmen
Postfach 14 06                                                und Strategien“ (FKZ 3717 58 1030) erarbeitet.
06813 Dessau-Roßlau                                           Das Vorhaben wurde im Rahmen des Ressortfor-
Tel: +49 340-2103-0                                           schungsplanes des Bundesministeriums für Umwelt,
buergerservice@umweltbundesamt.de                             Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert und
Internet: www.umweltbundesamt.de                              im Auftrag des Umweltbundesamtes vergeben.

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Autoren:
PricewaterhouseCoopers GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Moskauer Straße 19, 40227 Düsseldorf

Maximilian Rohs
Gabriel Flore

Redaktion:
Fachgebiet I 2.1 Umwelt und Verkehr
Marco Schäfer
Fachgebiet I 2.6 Nachhaltige Mobilität in Stadt und Land
Alena Büttner

Gestaltung:
Studio GOOD, Berlin

Publikationen als pdf:
www.umweltbundesamt.de/publikationen

Bildquellen:
Titel: Clara Pfister / Unsplash, S.4: GoodLifeStudio /
iStockphoto, S.8: Aleksandr Kondratov / shutterstock.
com, kleines Bild: Caron Badkin / shutterstock.com, S.13:
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martin-dm / iStockphoto, S.18: golero / iStockphoto, S.19:
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Stand: Oktober 2021

ISSN 2363-832X [Online]
Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
Parkraummanagement
für eine nachhaltige
urbane Mobilität in der
Stadt für Morgen
Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
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Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
Inhalt

Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen.......... 6

A Ökonomische Instrumente
Parken im privaten Raum und beim Arbeitgeber................................................................. 8
Parken im öffentlichen Straßenraum................................................................................ 10

B Digitalisierung............................................................................................................. 14

C Rechtliche Instrumente
Instrumente zur Reduzierung bzw. Anpassung des Stellplatz- und Parkstandangebots...... 18
Integrationsmöglichkeiten alternativer Mobilitätsmodelle............................................... 22

Fazit............................................................................................................................... 24
Quellenverzeichnis.......................................................................................................... 27

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Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
Parkraummanagement für eine nachhaltige
    urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
                     Deutschland und die EU insgesamt haben sich ambiti-
                     onierte Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele gesetzt.
                     Um sie zu erreichen, muss auch die Mobilität nachhalti-
                     ger werden. Die negativen Auswirkungen des Verkehrs-
                     sektors auf die menschliche Gesundheit, die urbane
                     Lebensqualität und die Umwelt sind weiter zu reduzie-
                     ren. Ohne die Mobilität der Menschen und den Transport
                     von Gütern einzuschränken, muss deshalb der Verkehr
                     nachhaltiger und umweltfreundlicher gestaltet werden.
                     Mit diesem Ziel hat das UBA im März 2017 seine Vision
                     für „Die Stadt für Morgen“ vorgestellt. Sie zeichnet sich
                     dadurch aus, dass die Menschen umweltschonend mobil
                     sind und nicht unter Lärm und Abgasen leiden. In der
                     Stadt für Morgen sind die Wege durch eine kompakte,
                     nutzungsgemischte Bauweise verkürzt und ist der Flä-
                     chenverbrauch reduziert. Die Stadt ist grün und attrak-
                     tiv. Der öffentliche Raum fungiert mehr als Lebensraum
                     und weniger als Parkraum.

6
Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
sowie deren Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und
                                                           Aufenthaltsqualität. Im Ergebnis führt eine nachhaltige
                                                           Mobilität nicht nur zu geringeren Umweltbelastungen
                                                           und höherer Lebensqualität, sondern darüber hinaus
                                                           auch zu langfristigen Vorteilen für Wirtschaft und Be-
                                                           schäftigung (UBA 2015).

                                                           Zielsetzung
                                                           Die vorliegende Broschüre gibt einen Überblick über
                                                           zentrale Instrumente des Parkraummanagements als
                                                           Gestaltungswerkzeug für eine nachhaltige urbane
                                                           Mobilität in der Stadt für Morgen. Der Begriff Parkraum-
                                                           management umfasst die zeitliche und räumliche
                                                           Beeinflussung des Parkraumangebots und der Par-
                                                           kraumnachfrage zur Steuerung der Parkraumnutzung.
                                                           Parkraumbewirtschaftung als Bestandteil des Par-
                                                           kraummanagements bezieht sich auf die Bewirtschaf-
                                                           tung des öffentlichen Parkraums durch die Erhebung
                                                           von Parkgebühren. Zu den zentralen Instrumenten des
                                                           Parkraummanagements zählen:

                                                           A. Ökonomische Instrumente: Parken im privaten
                                                              Raum bzw. beim Arbeitgeber sowie Parken im
Das Forschungsprojekt „Mobilitätskonzepte für ei-             öffentlichen Raum
nen nachhaltigen Stadtverkehr 2050: Metaanalysen,          B. Digitalisierung
Maßnahmen und Strategien“ hat darauf aufbauend             C. Rechtliche Instrumente: Instrumente zur Redu-
Grundlagen für die Entwicklung einer Gesamtstrategie          zierung bzw. Anpassung des Stellplatz- und Park-
für nachhaltige Mobilität in der Stadt erarbeitet. Das        standangebots sowie Integrationsmöglichkeiten
Projekt erweitert und vertieft die UBA-Vision „Die Stadt      alternativer Mobilitätsmodelle.
für Morgen“ um die erforderlichen Rahmenbedingun-
gen, um eine nachhaltige Stadtmobilität umzusetzen         Die Möglichkeiten der Digitalisierung können die Um-
und präzisiert die Maßnahmenpakete, die in der Vision      setzung von ökonomischen und rechtlichen Instrumen-
bereits benannt wurden.                                    ten beeinflussen. Daher wird die Digitalisierung hier als
                                                           Querschnittsthema betrachtet.
Ein wichtiger Einflussfaktor auf das Mobilitätsverhal-
ten in den Städten ist das Parken im öffentlichen Raum     Da diese Instrumente des Parkraummanagements in
auf Parkständen und im privaten Raum auf Stellplät-        Deutschland bisher allerdings nur bedingt eingesetzt
zen. Werden die Rahmenbedingungen des ruhenden             werden, umfasst diese Broschüre Handlungsempfehlun-
Kfz-Verkehrs verändert, fördert dies die Nutzung von       gen zu den einzelnen Instrumenten. Zur Veranschauli-
nachhaltigen Verkehrsarten. Dadurch sinken die Emis-       chung wird die Broschüre um konkrete nationale und
sionen von Luftschadstoffen, Treibhausgasen und Lärm       internationale Fallbeispiele ergänzt.

                                                                                                                   7
Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
A
Ökonomische Instrumente – Parken im privaten Raum
und beim Arbeitgeber
Der Pkw ist aktuell das zentrale Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit und zurück. Um die
Mobilität in den deutschen Städten nachhaltiger zu gestalten, muss die Parksituation beim
Arbeitgeber so verändert werden, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer freiwillig
mehr Wege mit dem öffentlichen Verkehr, Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen.

A1 „Kostenwahrheit“ beim Arbeitgeberparken
Arbeitgeber stellen ihren Angestellten in vielen Fällen
kostenlose Parkplätze zur Verfügung. Da sie für
die Errichtung und Instandhaltung der Parkplätze
aufkommen, gewähren sie den Angestellten indirekt
einen monetären Vorteil. Dadurch entsteht für diese
                                                          Fallbeispiel „Workplace Parking Levy“
ein Anreiz, im Pkw, meist in Einzelbesetzung, zur
Arbeit zu fahren. Wenn Angestellte für die mit dem        Im April 2012 führte Nottingham als erste Stadt in
Parken verbundenen Kosten selbst aufkommen müss-          Europa eine Abgabe für private, von Arbeitgebern
ten, würde ein Anreiz entstehen, umweltfreundliche        zur Verfügung gestellte Parkplätze, die sogenannte
Verkehrsmittel zu nutzen.                                 „Workplace Parking Levy“, ein. Für jeden bereitge-
                                                          stellten Parkplatz müssen Arbeitgeber mit mehr als
                                                          zehn Parkplätzen für ihre Angestellten eine jährliche
Eine entsprechende Abgabe würde die Angestellten
                                                          Abgabe von inzwischen rund 500 Euro bezahlen. Von
allerdings zusätzlich zu den Fahrtkosten zur Arbeit       der Gebühr sind etwa 27.000 Parkplätze betroffen,
und zurück weiter finanziell belasten. Da sich dies in    so dass die Stadt Nottingham pro Jahr durch die
der Folge negativ auf die Attraktivität des Arbeitge-     „Workplace Parking Levy“ mehr als 10 Mio. Euro
bers für dessen Angestellte auswirkt, ist eine Umset-     einnimmt. Diese werden für die Finanzierung des öf-
zung nur schwierig durchsetzbar. Eine Möglichkeit         fentlichen Verkehrs verwendet, zum Beispiel für die
                                                          umfangreiche Erweiterung des Straßenbahnnetzes
stellt die Einführung einer Abgabe für private, von
                                                          oder die Beschaffung von Elektro- und Biogasbus-
Arbeitgebern zur Verfügung gestellte Parkplätze           sen. Die Einführung der „Workplace Parking Levy“
dar. Hierdurch würde die Anzahl der zur Verfügung         führte zu einer Verlagerung vom motorisierten Indivi-
gestellten Parkmöglichkeiten sinken, was die Bildung      dualverkehr zum öffentlichen Verkehr und hierdurch
von Fahrgemeinschaften und die Nutzung umwelt-            zu einer Reduzierung der negativen externen Effekte
freundlicher Verkehrsmittel begünstigt.                   des Verkehrs in Form von Emissionen und Staus.

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Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
A2 (Finanzielle) Anreize für den Stellplatz-                                                erforderlichen Parkplatzausbaus. Alternativ zur Aus-
verzicht                                                                                    zahlung im Rahmen des „Parking Cash Out“ ist auch
                                                                                            die Bereitstellung eines Jobtickets für den öffentlichen
Ein besonders erfolgsversprechender Ansatz ist, den                                         Verkehr denkbar.
Angestellten einen finanziellen Anreiz bei Verzicht
auf den bislang gebührenfrei zur Verfügung gestellten                                       Die Einführung bietet sich vor allem bei Unternehmen
Stellplatz durch den Arbeitgeber zu gewähren. Bei                                           in innerstädtischen Lagen an, die gut an den öffent-
dem sogenannten „Parking Cash Out“ erhalten die                                             lichen Verkehr angebunden sind und für die die Be-
Angestellten eine Auszahlung für den Stellplatzver-                                         reitstellung von Parkmöglichkeiten mit entsprechend
zicht. Durch die Kompensation des Verzichts wird                                            hohen Kosten verbunden ist. Besonders vorteilhaft ist
das Konzept „Parking Cash Out“ bei den Angestellten                                         es, wenn die Parkplätze angemietet sind und entspre-
positiv aufgenommen. Gleichzeitig können die Arbeit-                                        chend relativ flexibel aufgegeben werden können. Zu-
geber von der geringeren Stellplatznachfrage und den                                        dem kann das Konzept eine wichtige Rolle im Rahmen
damit verbundenen Kosteneinsparungen profitieren,                                           von geplanten Unternehmenserweiterungen spielen,
zum Beispiel durch die Reduzierung der angemieteten                                         bei denen über den Bedarf des zukünftigen Parkplat-
Parkplatzfläche oder durch Vermeidung eines sonst                                           zangebots entschieden werden muss.

             80 %

             70 %                                                                                                                            vor Einführung
             60 %                                                                                                                            nach Einführung

             50 %

             40 %

             30 %

             20 %

             10 %

              0%
                       Pkw in Einzelbesetzung                  Fahrgemeinschaft                    Öffentlicher Verkehr                  Fahrrad und zu Fuß

     Fallbeispiel „Parking Cash Out“ – Ergebnisse einer Analyse von acht Unternehmen in Kalifornien
     (vgl. Shoup 2005)

     Arbeitgeber, die für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bislang kostenlose oder subventionierte Parkplät-
     ze zur Verfügung gestellt hatten, stellten diese vor die Wahl, ihren Stellplatz zu behalten oder diesen gegen Erhalt
     einer Geldzahlung aufzugeben. Damit setzten die Arbeitgeber einen Anreiz, Fahrgemeinschaften zu bilden und
     umweltfreundliche Verkehrsmittel zu nutzen. Gleichzeitig ergaben sich Kosteneinsparungen für die Arbeitgeber. Die
     Wirksamkeit der Maßnahme basierte insbesondere darauf, dass keine Arbeitnehmerin bzw. kein Arbeitnehmer einen
     Nachteil erfährt und ihren bzw. seinen Stellplatz aufgeben muss. Diejenigen, die ihren Stellplatz freiwillig aufgaben,
     wurden hingegen belohnt. Im Rahmen dieses Beispiels belief sich die monatliche Geldzahlung durch das „Parking
     Cash Out“ auf mehr als 30 US-Dollar pro Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer.

     Das Angebot wurde von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern positiv aufgenommen. Die Einführung des
     „Parking Cash Out“-Programms wirkte sich positiv auf ihre Zufriedenheit aus und verbesserte die Chance zur
     Anwerbung von neuen Angestellten. Zudem hat sich das Mobilitätsverhalten erkennbar geändert. Im Durchschnitt
     wurden 12 % weniger Pkw-Kilometer pro Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer im Jahr zurückgelegt. Dieser Rück-
     gang entsprach einer Reduzierung von jedem achten Pkw. Dabei hat insbesondere die Nutzung von Fahrgemein-
     schaften zugenommen, wie die nebenstehende Analyse zum Mobilitätsverhalten vor bzw. nach der Einführung des
     „Parking Cash Out“-Programms zeigt.

Quellen der Handlungsempfehlungen
Für einen detaillierten Einblick in diese Handlungsempfehlungen und weiterführende Informationen siehe: Evangelinos / Matthes / Lösch / Hofmann (2010), Hess (2001), United States
Environmental Protection Agency Office of Air and Radiation (2005a), United States Environmental Protection Agency Office of Air and Radiation (2005b).).

                                                                                                                                                                                     9
Parkraummanagement für eine nachhaltige urbane Mobilität in der Stadt für Morgen
Ökonomische Instrumente – Parken im öffentlichen
Straßenraum
Durch ein flächenschonendes Parkraummanagement können wichtige Impulse für eine
nachhaltige Stadtmobilität und effiziente Nutzung des öffentlichen Straßenraums gesetzt
werden. Im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung stehen hierzu mit einer flexiblen und
nachfrageorientierten Preisgestaltung sowie einer nutzergruppenspezifischen Preisdifferen-
zierung zwei grundlegende ökonomische Instrumente zur Verfügung.

A3 Flexible Bepreisung von Parkständen
Die Höhe der Parkgebühren beeinflusst die Nachfrage        Fallbeispiel Projekt „SFpark“ in San Francisco
nach Parkständen stark. In Abhängigkeit vom jewei-
ligen Preisniveau wird ein Anreiz dafür gesetzt, ein       Im Jahr 2011 stattete die Stadt San Francisco im
anderes Verkehrsmittel zu wählen oder eine Fahrt auf       Rahmen des Projekts „SFpark“ in sieben Pilotzonen
einen früheren oder späteren Zeitraum zu verlegen.         rund 7.000 Parkplätze mit Sensoren zur Erfassung
Grundsätzlich variiert die Parknachfrage im Tagesver-      der Parkplatzauslastung aus und installierte neue
lauf und in Abhängigkeit vom Gebiet bzw. Stadtteil.        Parkuhren, deren Parkgebühr dynamisch angepasst
                                                           werden kann. Durch eine flexible Preisgestaltung
Dabei kann es in bestimmten Gebieten oder zu be-
                                                           sollte ein angestrebter Auslastungsgrad der Park-
stimmten Zeiten zu einer sehr hohen Auslastung oder        plätze zwischen 60 % und 80 % erreicht werden. Zu
sogar Überlastung der vorhandenen Parkmöglichkei-          geringe Preise führen zu einer Auslastung oberhalb
ten kommen, während an anderen Orten oder zu einer         von 80 %, was zu zusätzlichem Parksuchverkehr und
früheren oder späteren Zeit die Auslastung gering          zu Staus führen würde. Auch eine Auslastung unter-
ausfällt. Damit trifft die bisher starre Preisgestaltung   halb von 60 % durch entsprechend hohe Preise galt
                                                           es zu vermeiden, um negatie Auswirkungen auf den
auf eine zeitlich und räumlich dynamische Nachfrage
                                                           umliegenden Handel und damit auf die Arbeitsplätze
nach Parkmöglichkeiten.                                    und Steuereinnahmen zu verhindern. Zur Erreichung
                                                           eines Auslastungsgrads zwischen 60 % und 80 %
Um das Parkverhalten zu lenken, bietet sich daher          erfolgte die Anpassung der Parkgebühren etwa alle
die räumlich und zeitlich variable Bepreisung von          zwei Monate, wenn der angestrebte Auslastungs-
Parkplätzen an. In Abhängigkeit von der gewünschten        grad über- oder unterschritten wurde.
Parkplatzauslastung können die Preise in mehreren          In einem Großteil der Blocks im Untersuchungs-
Schritten so lange angepasst werden, bis der ange-         gebiet wurde der angestrebte Auslastungsgrad
strebte Auslastungsgrad erreicht wird. Zu beachten ist     erreicht. Dabei fielen die Preise in der Zeit zwischen
                                                           12 und 15 Uhr am höchsten aus. Durch die flexible
jedoch, dass die Verhaltensänderungen auf diese Prei-
                                                           Preisgestaltung sank im Untersuchungsgebiet die
sanpassungen eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen          durchschnittliche Dauer für die Suche nach einem
können. Dabei spielt neben der absoluten Höhe der          Parkplatz um 43 %. Gleichzeitig ging das Verkehr-
Parkgebühren im öffentlichen Raum auch die relative        saufkommen in Fahrzeugkilometern um 30 % zu-
Preisdifferenz zu nahegelegenen Stellplätzen eine          rück. Dabei lag die durchschnittliche Preiselastizität
wichtige Rolle, z. B. in Parkhäusern und Tiefgaragen.      bei - 0,4, d. h. bei einem Anstieg der Parkgebühren
                                                           um 1,0 % sank die Nachfrage um 0,4 %. Darüber hin-
                                                           aus waren positive Effekte auf die lokalen Geschäfte
Daher sollten die Preise der Parkstände und der            sowie ein Anstieg der Einnahmen durch die Park-
Stellplätze im Sinne einer effizienten Verteilung der      gebühren erkennbar. Zudem wurde von geringeren
Nachfrage nach Parkplätzen aufeinander abgestimmt          Unfallzahlen und Stauergebnissen berichtet.
werden. Um eine Verlagerung in Parkhäuser und
Tiefgaragen zu erzielen, müssen die Parkgebühren zur
Nutzung der Parkstände entsprechend hoch ausfallen.

10
Das Mobilitätsverhalten kann durch die Einführung
                                                        einer flexiblen Bepreisung von Parkständen effizienter
                                                        gesteuert werden.

Um die beabsichtigten verkehrlichen Wirkungen           zonen, Bewohnerparken und Mischparken unter-
zu erzielen, ist die regelmäßige Überwachung des        schieden werden.
Parkraums, die Ahndung von Verstößen und die
Erhebung von Verwarn- und Bußgeldern in einer           In Gebieten mit ausgeprägter Einzelhandelsnutzung
wirksamen Höhe nötig.                                   bieten sich Kurzparkzonen mit einer vorgegebenen
                                                        Höchstparkdauer, zum Beispiel von zwei Stunden,
A4 Differenzierte Bewirtschaftungsform                  und der Verzicht auf Bewohnerparkausweise an.
nach Nutzergruppen                                      Hierdurch wird das Dauerparken von Bewohnern
Im Sinne einer Feinsteuerung sind die im Rahmen der     oder Pendelnden verhindert, so dass die Parkmög-
Parkraumbewirtschaftung erhobenen Parkgebühren          lichkeiten in erster Linie den Kundinnen und Kunden
nach den unterschiedlichen Nutzergruppen zu diffe-      des Einzelhandels zur Verfügung stehen. Gleichzeitig
renzieren. Um etwa die Parkplatzsuche für Bewohner,     wird ein hoher Parkplatzumschlag sichergestellt.
Kunden, Menschen mit Behinderungen, Ärztinnen
und Ärzte, Handwerkstreibende oder Lieferanten in       Das Parken für die Bewohnenden kann durch die
bestimmten Gebieten zu vereinfachen, ist die Ge-        Einführung von Bewohnerparken mit der Ausgabe
währung von Sonderrechten denkbar. Um umwelt-           von kostenpflichtigen, ganzjährigen Bewohnerpark-
freundliche Verkehrsmittel zu fördern, bietet es sich   ausweisen erleichtert werden. In Gebieten verdich-
beispielsweise auch an, die Parkgebühren für Carsha-    teter Wohnnutzung mit angrenzenden Arbeitsplatz-
ring-Fahrzeuge oder für Fahrzeuge mit alternativen      konzentrationen oder besucherintensiven Nutzungen
Antrieben zu reduzieren bzw. zu streichen, Rabatte      können damit die Parkchancen für Bewohner erhöht
für Nutzende von P+R Anlagen zu gewähren oder           und Pendel- bzw. Besuchsverkehre verlagert werden.
Park- und ÖPNV-Tickets miteinander zu verknüpfen.       In entsprechenden Gebieten gilt dabei in der Regel
                                                        ein eingeschränktes Halteverbot, von dem Bewoh-
Grundsätzlich richtet sich die Parkraumbewirt-          nerinnen und Bewohner mit einem entsprechenden
schaftungsform eines Gebietes nach der jeweiligen       Parkausweis befreit sind.
Nachfragestruktur. So kann etwa zwischen Kurzpark-

                                                                                                                 11
Viele Gebiete mit hohem Parkdruck zeichnen sich
                                                            durch die Konkurrenz einer Vielzahl an unterschied-
                                                            lichen Nutzergruppen aus wie Bewohner, Kundinnen
                                            21
                                                            und Kunden oder Pendelnde. Durch die Einführung
                              19                            von Mischparken stehen die Parkplätze, für die
                                   20
                         18
                    17
                                        2         22        Parkgebühren erhoben werden, der Allgemeinheit zur
                              9
                    16
                            7
                             8 1                            Verfügung. Bewohner können durch den Erwerb eines
              14
                         15 6 4
                              5
                                        3                   kostenpflichtigen, ganzjährigen Bewohnerparkaus-
         13
                         12
                                   10
                                             11             weises vergünstigt parken, konkurrieren mit den an-
                   23
                                                            deren Nutzergruppen aber um die Parkmöglichkeiten.

                                                            A5 Faktencheck zu den Anordnungsvoraus-
Fallbeispiel Parkraumbewirtschaftung in Wien                setzungen für die Parkraumbewirtschaftung
                                                            Im Rahmen eines Faktenchecks zum Thema Par-
Die österreichische Hauptstadt Wien gilt als klassisches
                                                            kraumbewirtschaftung wurde die folgende Fra-
Vorbild für die Steuerung und Bewirtschaftung von
Parkplätzen. Seit dem Jahr 1993 betreibt die Stadt eine
                                                            ge beantwortet: „Durch welche Änderungen am
Parkraumbewirtschaftung mittels flächendeckender            Rechtsrahmen in Deutschland können ohne großen
Kurzparkzonen im Innenstadtbereich, die kontinuierlich      Aufwand deutlich mehr Gebiete mit Parkraumbe-
auf weitere Bezirke ausgeweitet und überarbeitet wird.      wirtschaftung entstehen?“ Die gestellte Frage weist
Das Parkraummanagement wird dabei durch weitere             einen komplexen rechtlichen Hintergrund auf und
Pull-Maßnahmen wie ÖPNV-Ausbau oder Förderung des
                                                            kombiniert Rechtsfragen des Straßenverkehrsrechts
Garagenbaus flankiert.
                                                            mit Vorschriften des Baurechts. Die entsprechenden
In den zentralen Bezirken 1 bis 9 und 20 gilt derzeit an    Regelungen ergeben sich aus einem Zusammenspiel
Wochentagen zwischen 9 und 22 Uhr eine maximale
                                                            von Bundesrecht, Landesrecht und teils kommuna-
Parkdauer von zwei Stunden. In den Bezirken 10 bis
12 und 14 bis 19 kann maximal drei Stunden geparkt
                                                            lem Satzungsrecht, das von den Behörden vor Ort
werden. Die Parkgebühren betragen 1,15 Euro für 30          auf die konkreten, lokalen Verhältnisse angewandt
Minuten, für einen Bewohnerparkausweis werden je            werden muss.
nach Bezirk eine Parkabgabe zwischen 90 Euro und 120
Euro pro Jahr fällig.                                       Dabei ist zwischen Bestands- und Neubaugebieten zu
Von der maximalen Parkdauer ausgenommen sind                differenzieren. Parkraumbewirtschaftungszonen im
Bewohner mit einer entsprechenden Berechtigung in           bebauten und unbeplanten Innenbereich deutscher
den Bezirken 1 bis 9 und 12, für die speziell reservierte   Städte lassen sich lediglich nach den Regelungen des
Parkplätze bereitgestellt werden. Am Wiener Stadtrand
                                                            Straßen- und Straßenverkehrsrechts einrichten. Maß-
stehen zahlreiche an den ÖPNV angeschlossene Park
& Ride-Anlagen für 3,60 Euro pro Tag zur Verfügung.
                                                            stab sind dann grundsätzlich keine städtebaulichen
Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung sind          Erwägungen, sondern lediglich die Sicherheit und
zweckgebunden für die finanzielle Förderung des ÖP-         Ordnung des Straßenverkehrs. Auch hinsichtlich des
NVs, des Radverkehrs sowie des privaten Garagenbaus.        Bewohnerparkens steht den Gemeinden lediglich eine
Die Parkraumbewirtschaftung stellt eine zentrale Säule      beschränkte Einflussnahme auf die Anordnungen der
der Wiener Mobilitätsstrategie dar. Gegenüber dem Jahr      Straßenverkehrsbehörden zu. Demgegenüber spielen
1993 konnte bis ins Jahr 2018 der Modal Split des moto-     städtebauliche Ziele der Parkraumbewirtschaftung
risierten Individualverkehrs von 40 % auf 28 % reduziert    bei der Ausweisung neuer Baugebiete sehr wohl eine
werden. Der ÖPNV wuchs im selben Zeitraum von 29 %
                                                            Rolle und sind bei der Bauleitplanung zwingend zu
auf 38 %, der Radverkehr von 3 % auf 7 %. Für das Jahr
                                                            berücksichtigen.
2025 wird eine weitere Verlagerung auf den Umwelt-
verbund angestrebt. 80 % der Wege sollen dann mit
dem Umweltverbund zurückgelegt und der motorisierte         Im Rahmen geltenden Rechts ergeben sich einige
Individualverkehr auf einen Anteil von 20 % reduziert       Ansatzpunkte für rechtliche Änderungen zur ver-
werden. Eng mit dieser Entwicklung verbunden lässt          einfachten Schaffung von Parkraumbewirtschaf-
sich ein Rückgang der Motorisierung (Pkw pro 1.000
                                                            tungszonen, deren Zulässigkeit im Einzelnen näher
Einwohner) in fast allen Bezirken bis 2017 beobachten.
                                                            zu untersuchen ist. Ein „Patentrezept“ ist dabei aber
                                                            nicht ersichtlich.

12
Seit dem Jahr 1993 baut die Stadt Wien die
                                                                                          Parkraumbewirtschaftung konsequent aus.

Änderung § 45 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)                                              Änderung § 1 Abs. 5, Abs. 6 Nr. 9 Baugesetzbuch
Eine Ausweitung der Voraussetzungen, unter de-                                            (BauGB)
nen Parkraumbewirtschaftungszonen in § 45 StVO                                            Durch Änderung von § 1 BauGB könnten Parkraum-
angeordnet werden können, würde die Anordnung                                             bewirtschaftungszonen leichter eingeführt werden.
entsprechender Zonen vereinfachen. Denkbar wäre                                           Bereits heute darf die Vermeidung und Verringerung
die Definition von Kennzahlen durch den Gesetzge-                                         des Verkehrs im Rahmen der bei der Bauleitplanung
ber, die die Straßenverkehrsbehörde zur Einrichtung                                       zu treffenden Abwägungsentscheidung berücksichtigt
einer Parkraumbewirtschaftungszone berechtigen                                            werden. Das Berücksichtigen des städtebaulichen
bzw. diese sogar dazu verpflichten. Mögliche Bei-                                         Belangs „Verkehrsreduzierung“ müsste in ein Be-
spiele wären die Bevölkerungsdichte im Verhältnis                                         zwecken erweitert werden, in dem dieser in die Ziele
zu Verkehrsaufkommen bzw. verfügbaren Stellplät-                                          städtebaulicher Entwicklung gemäß § 1 Abs. 5 BauGB
zen in einem bestimmten Gebiet. Grundlage dieser                                          aufgenommen wird. Diese Aufwertung hätte mittelbar
Kennzahlen könnten die Inhalte der derzeit geltenden                                      auch einen straßenverkehrsrechtlichen Effekt, weil
Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung                                         dann die Ausweisung von Parkraumbewirtschaf-
(VwV-StVO) sein.                                                                          tungszonen in vielen Fällen städtebaulich erforderlich
                                                                                          würde.
Ein weiterer Ansatz ist die Aufnahme einer Vorgabe in
die StVO, Parkraumbewirtschaftungszonen generell                                          Änderung der (Landes-)Bauordnungen
in Gebieten anzuordnen, für die ein Bebauungsplan                                         Durch Änderungen der (Landes-)Bauordnungen
existiert oder für die in einem Bebauungsplan be-                                         können Parkraumbewirtschaftungszonen leichter ge-
stimmte Gebietstypen festgesetzt sind, zum Beispiel                                       schaffen werden. Ein Ansatzpunkt wäre es, die Mög-
Kerngebiet, urbanes Gebiet etc.                                                           lichkeit zur finanziellen Ablösung der Stellplatzpflicht
                                                                                          nach der jeweiligen Landesbauordnung anzupassen.
Denkbar wäre auch die Berücksichtigung städtebauli-                                       Diese Ablöse, also der Verzicht auf die Schaffung not-
cher Belange im Straßenverkehrsrecht. Das bedeutet,                                       wendiger Stellplätze, könnte beispielsweise nur unter
dass die Parkraumbewirtschaftung in Bestandsge-                                           den folgenden Voraussetzungen rechtlich zulässig
bieten nicht nur ordnungsrechtlich, sondern auch                                          sein: das Vorhaben befindet sich (künftig) in einer
städtebaulich zulässig wäre. Neben den Belangen der                                       Parkraumbewirtschaftungszone und diese sieht aus-
Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs müssten                                        reichend Parkraum für die zusätzlich erforderlichen
also auch bauleitplanerische Erwägungen die Anord-                                        Stellplätze vor und/oder das Vorhaben liegt in einem
nung von Parkraumbewirtschaftungszonen erlauben.                                          Gebiet mit einer guten ÖPNV-Anbindung.

Quellen der Handlungsempfehlungen
Für einen detaillierten Einblick in diese Handlungsempfehlungen und weiterführende Informationen siehe: Agora Verkehrswende (2018a), Agora Verkehrswende (2019), Bundesanstalt
für Straßenwesen (2007), Forschungsgesellschaft Mobilität FGM – Austrian Mobility Research AMOR (2017), Millard-Ball et al. (2016), MVBW (2016), MVBW (2017), Pierce / Shoup
(2013), Shoup (1997), Shoup (2015), Stadt Wien (2014), Stadt Wien (2016).

                                                                                                                                                                            13
B
Digitalisierung
Im Rahmen der Digitalisierung ergeben sich Möglichkeiten, durch die sich das Parken und
damit der Verkehr in den Städten effizienter und umweltfreundlicher gestalten lässt. Dabei
spielt die Steuerung des Verkehrs eine zentrale Rolle, um nicht den Pkw-Verkehr, sondern
die nachhaltige Mobilität insgesamt zu fördern.

B1 Datenerfassung und -analyse
Bislang liegen Städten nur eingeschränkt detaillierte
Informationen zum Bestand und zur Auslastung von
Parkplätzen, den mit der Bereitstellung und Instand-
haltung verbundenen Kosten sowie den Erlösen im
Rahmen der Parkraumbewirtschaftung vor. Im Zuge
der Digitalisierung von Parkflächen und des Stra-
ßenverkehrs im Allgemeinen ergeben sich jedoch
Möglichkeiten, entsprechende Informationen unter
Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben zu           Fallbeispiel Digitale Parkraumüberwachung
erheben, aufzubereiten und zu nutzen.                       in Amsterdam

Beispielsweise ermöglicht das sogenannte „Smart             In Amsterdam erfolgt die Parkraumüberwachung
                                                            bereits digital. Dabei erfassen seit 2017 Scan-Au-
Parking“ durch den Einsatz von Sensorik und Park-
                                                            tos die Fahrzeuge und Nummernschilder auf den
Apps das digitale Auffinden und Reservieren von             Parkständen und gleichen diese mit den digitalen
Parkmöglichkeiten und das Bezahlen von Park-                Parkscheinen für die betreffende Parkzone ab. Wenn
dienstleistungen. Mit den hierbei gewonnenen Daten          kein Parkschein gebucht wurde, verhängt das Ord-
können Prognosen zur künftigen Parkplatznachfrage           nungsamt ein Bußgeld.
abgeleitet werden. Diese Prognosen bilden eine wich-        Grundlage hierfür bildet die Digitalisierung der Par-
tige Grundlage für zukünftige Verkehrs- und Par-            kraumbewirtschaftung. Die Pkw-Fahrenden buchen
kraumplanungen hinsichtlich des Parkraumangebots            den jeweiligen Parkstand digital über eine App bzw.
und dessen Bepreisung. Dadurch können Städte das            eine Online-Plattform. Im Gegensatz zur Situation
                                                            in Deutschland müssen die Mitarbeitenden des
Park- und Mobilitätsverhalten zielgerichteter steuern.
                                                            Ordnungsamtes zur Ahndung von Falschparkenden
                                                            nicht vor Ort anwesend sein, so dass das händische
Durch eine digitale Parkflächenerfassung bzw. die           Verteilen von Strafzetteln in den Straßen entfällt.
Digitalisierung analoger Informationen über Park-
flächen in einer Stadt kann die Grundlage für ein
intelligentes und digitales Parkraummanagement
geschaffen werden.                                       von Falschparkenden vor Ort anwesend sein müssen,
                                                         werden so gezielt zu den ordnungswidrig abgestellten
B2 Digitale Parkraumüberwachung                          Fahrzeugen geleitet.
Auch die Parkraumüberwachung kann effizienter und
effektiver gestaltet werden. Durch die Kombination       Neben den dadurch erhöhten Einnahmen durch
der Informationen zum Belegungszustand, die mit          Ordnungsgelder für das Falschparken wird gleich-
Hilfe von Sensoren in Echtzeit erfasst werden, mit       zeitig das Falschparken für Verkehrsteilnehmende
den Informationen aus digitalen Parkplatzbuchungs-       unattraktiver. Dadurch steigert sich die Qualität der
und -abrechnungssystemen können falschparkende           öffentlichen Räume und die Nutzung alternativer
Fahrzeuge unmittelbar identifiziert werden. Die          Verkehrsmittel wird attraktiver. Zudem wird so eine
Mitarbeitenden des Ordnungsamtes, die zur Ahndung        Verbesserung der Verkehrssicherheit erreicht.

14
B3 Informationssysteme für einen effizien-
                                                       ten Parkvorgang in Kombination mit ein-
                                                       schränkenden Maßnahmen zur Vermeidung
                                                       von induzierten Verkehren
                                                       Durch den Einsatz dynamischer Informations- und
                                                       Leitsysteme können die Kosten für die Parkplatzsuche
                                                       verringert und unnötiger Parksuchverkehr vermieden
                                                       werden. Über die dynamischen Informations- und
                                                       Leitsysteme werden den Pkw-Fahrerinnen und -Fah-
                                                       rern Informationen über die Parkmöglichkeiten in der
                                                       Stadt in Echtzeit bereitgestellt. Informationen zu der
                                                       Belegung der einzelnen Parkstände bzw. Stellplätze
                                                       werden dabei über „Smart Parking“-Systeme erfasst.
                                                       Die Informationsbereitstellung und Navigation zu frei-
                                                       en Parkmöglichkeiten erfolgen über digitale Anzeigen
                                                       im öffentlichen Raum oder über Smartphone-Apps.

                                                       „Smart Parking“ zum digitalen Auffinden, Reservie-
Infobox                                                ren und Bezahlen von Parkdienstleistungen bildet
                                                       auch eine wichtige Grundlage für die Einführung
„Smart Parking“                                        einer zeitlich und räumlich flexiblen Bepreisung der
                                                       Parkstände bzw. Stellplätze. Durch die Erfassung der
Intelligentes Parken, das sogenannte „Smart
                                                       Schadstoffklassen der Fahrzeuge anhand der Kenn-
Parking“, zielt auf eine effiziente Organisation des
ruhenden Verkehrs ab. Durch den Einsatz von Tech-      zeichen besteht auch die Möglichkeit einer emissions-
nologien wie Sensorik, Informationssysteme etc.        abhängigen Differenzierung der Parkgebühren.
wird Pkw-Fahrenden das Auffinden und Reservieren
von Parkmöglichkeiten und das Bezahlen von Park-       Eine Verknüpfung zum öffentlichen Verkehr könnte
dienstleistungen ermöglicht. „Smart Parking“-Sys-      dadurch erfolgen, dass Parkierungsanlagen mit Ein-
teme weisen dabei vor allem folgende Funktionen
                                                       und Ausfahrtsschranken so ausgestattet werden,
auf:
                                                       dass sie mit einer Abonnementkarte für den öffent-
• Identifikation und Kommunikation der Belegung        lichen Verkehr geöffnet werden können und damit
  von Parkständen bzw. Stellplätzen                    die Bezahlung vor Ort entfällt. Das setzt aber voraus,
• Navigation zu freien Parkständen bzw. Stellplätzen   dass die Bezahlung digital über die Abonnementkar-
• elektronische Buchung und Zahlung                    te erfolgt. Denkbar wäre dabei ein Preisnachlass für
• elektronische Prüfung auf spezielle Zugangsbe-
                                                       die ÖPNV-Abonnenten, um einen weiteren Anreiz zur
  rechtigung
• Verwaltung von Zugangsberechtigungen                 Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu setzen. Diese
• dynamische Preisfindung                              Verknüpfung bietet sich unter anderem für Parkplät-
• effiziente Ermittlung von Falschparkenden            ze im suburbanen Raum an, die sich in fußläufiger
• Ableitung der Parknachfrage zur Unterstützung der    Entfernung zu einer wichtigen Haltestelle des öffent-
  Verkehrsplanung                                      lichen Verkehrs befinden, um einen Anreiz für den
                                                       Umstieg zum öffentlichen Verkehr auf dem Weg in die
Mit Hilfe von Sensoren wird die Belegung von Park-
ständen bzw. Stellplätzen automatisch ermittelt        Innenstädte zu setzen.
und ausgewertet. Auf dieser Basis können die
Fahrenden per Smartphone oder Navigationssystem        Digitale Informationssysteme bieten darüber hinaus
zu einem freien Parkstand bzw. Stellplatz geführt      die Möglichkeiten, Stellplatz-Sharing auszubauen.
werden. Dabei können auch die speziellen Parkbe-       Viele Stellplätze werden nur in einem begrenzten
rechtigungen, beispielsweise für Elektrofahrzeu-
                                                       Zeitraum des Tages genutzt. So verwenden Pkw-Fah-
ge, Reisebusse, den Lieferverkehr, Bewohnende,
körperlich eingeschränkte Personen etc. berück-        rerinnen und -Fahrer ihren Stellplatz am Wohnort
sichtigt werden.                                       in der Regel tagsüber nicht, während vor allem bei
                                                       Berufspendelnden tagsüber ein Bedarf an städtischen

                                                                                                           15
Die kombinierte Buchung bzw. Abrechnung von
                                                             Parkmöglichkeiten und Ladeinfrastruktur erleichtern
                                                             die Nutzung von Elektrofahrzeugen

Stellplätzen besteht. Durch die Informationsbereit-    untersucht: „Wie kann das Dauerparken von Kraft-
stellung und Kommunikation, beispielsweise über        fahrzeugen in der Stadt verhindert werden? Und
Sharing-Plattformen, können einzelne Stellplätze       welche rechtlichen Änderungen wären erforderlich,
während des gesamten Tages durch mehrere Nut-          um technische Lösungen zur Parkdauerüberwachung
zende effizient ausgelastet werden. Die einzelnen      sowohl für Pkw als auch für Transporter zulassen zu
Nutzenden profitieren durch die geteilten Kosten und   können?“
gleichzeitig sinkt der Flächenbedarf für das Parken.
                                                       Zur automatischen technischen Parkraumüberwa-
Durch die Potenziale der Digitalisierung wird das      chung werden vor allem optisch-elektronische und/
Parken und damit der Verkehr mit dem Pkw in den        oder optisch-sensorische Einrichtungen eingesetzt,
Städten attraktiver. Neben den positiven Auswir-       die als optische Parkraumüberwachung bezeichnet
kungen wie der Verringerung des Parksuchverkehrs       wird.
besteht die Gefahr, dass neue Verkehre induziert
werden oder eine Verlagerung von nachhaltigen Ver-     Bislang besteht keine gesetzliche Grundlage, die
kehrsmitteln zum Pkw erfolgt. Um dies zu vermeiden,    wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der
sollten gleichzeitig Maßnahmen zur Einschränkung       optischen Parkraumüberwachung durch öffentli-
des Pkw-Verkehrs umgesetzt werden. Hierzu zählen       che Stellen wäre. Eine solchen Rechtsnorm könnte
beispielsweise die Erhöhung der Parkgebühren oder      der Bund durch seine Gesetzgebungskompetenz im
die Reduzierung der Anzahl der Parkstände.             Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung in das
                                                       Straßenverkehrsgesetz (StVG) als Bundesgesetz auf-
Faktencheck zu den rechtlichen Rahmenbedingun-         nehmen, das vor allem die Grundlagen des Straßen-
gen des Einsatzes technischer Mittel – insbesondere    verkehrsrechts in Deutschland regelt.
optischer Erkennungsmaßnahmen – bei der Parkrau-
müberwachung                                           Bei der Ausgestaltung einer entsprechenden gesetz-
Im Rahmen eines Faktenchecks zum Thema Parkrau-        lichen Grundlage ist insbesondere dem Grundrecht
müberwachung wurde die folgende Fragestellung          auf informationelle Selbstbestimmung ausreichend

16
Rechnung zu tragen, indem die im Folgenden ge-          Tarifen. So könnte nach der erwarteten bzw. tatsäch-
nannten Anforderungen an die gesetzliche Grundlage      lichen Ladezeit die Parkgebühr deutlich ansteigen,
eingehalten werden.                                     um ein längerfristiges Blockieren der Ladesäulen zu
                                                        vermeiden. Hierdurch wird ein Anreiz gesetzt, die
Skizzierung eines Anforderungskatalogs an eine          Ladeinfrastruktur effizient zu nutzen. Dabei dürfen
Vorschrift zum Einsatz optischer Sensorik zur Über-     die Tarifmodelle aber nicht zu restriktiv ausgestaltet
wachung von Parkraumnutzung/Parkraumverstößen           sein, um nicht abschreckend zu wirken.
Eine Ermächtigungsgrundlage für den Einsatz opti-
scher Sensorik zur Parkraumüberwachung muss den         B5 Einbindung von innovativen Mobilitätsformen
Anforderungen an eine Rechtfertigung des Eingriffs      Die Digitalisierung vereinfacht auch die Einbindung
in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung       von innovativen Mobilitätsformen in ein attraktives
genügen. Dafür muss die Rechtsgrundlage zunächst        Gesamtmobilitätsangebot. Multimodale Mobilitäts-
bereichsspezifisch auf die optische Parkraumüberwa-     plattformen mit Schnittstellen zwischen den einzel-
chung zugeschnitten sein. Zudem ist das Zweckbin-       nen Verkehrsmitteln fördern ein nachhaltiges Mobili-
dungsgebot einzuhalten. Das Gebot besagt, dass die      tätsverhalten.
Datenverarbeitung auf bestimmte, konkret festgelegte
Zwecke zu beschränken ist. Darüber hinaus unter-        Reservierte Parkstände für Sharing- oder Pooling-
liegt die Vorschrift einer umfassenden und strengen     Fahrzeuge an den Mobilitätsknoten erleichtern den
Verhältnismäßigkeitsprüfung. Relevant ist vor allem.    Umstieg zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln.
ob die Verhältnismäßigkeit der Zweckbindung seitens     Idealerweise sind diese Parkstände über die multimo-
des Gesetzgebers ausreichend verfahrensmäßig abge-      dale Mobilitätsplattform digital buch- und abrechen-
sichert worden ist.                                     bar. Falls die Parkmöglichkeiten nicht ausschließlich
                                                        für die alternativen Mobilitätsformen vorgehalten
Damit können negative Auswirkungen für die Bevöl-       werden, sollte diesen aber zumindest eine höhere
kerung durch so genannten Informationseingriffen        Priorität gegenüber den gewöhnlichen Pkw-Fahren-
mit hoher Streubreite vermeiden werden. Durch die       den eingeräumt werden. Zur Förderung von Fahr-
Verknüpfung der einzeln gewonnenen Informationen        gemeinschaften können hier auch „Kiss-and-Ride
ist sonst unter Umständen eine Profilbildung von        (K+R)“-Stellplätze zum kurzzeitigen Parken oder
einzelnen Personen möglich ist. Eine hohe Streubreite   Halten für das Ein- und Aussteigen von Mitfahrenden
liegt vor, weil grundsätzlich jede Person betroffen     eingerichtet werden. Insgesamt kann so ein Umstieg
sein kann, auch wenn kein Rechtsverstoß vorliegt.       zu den anderen Formen nachhaltiger Mobilität voran-
Deshalb müssen bereits in der gesetzlichen Grund-       getrieben werden.
lage verfahrensmäßige Absicherungen vorgesehen
werden.

B4 Kombinierte Buchung bzw. Abrechnung von Park-
möglichkeiten und Ladeinfrastruktur
Durch integrierte Abrechnungsmodelle, welche über
eine Schnittstelle die kombinierte Buchung und Ab-
rechnung von Park- und Lademöglichkeiten ermög-
lichen, lässt sich die Nutzung von Elektrofahrzeugen
komfortabler gestalten. Solche Abrechnungsmodelle
können die Nutzung von Elektrofahrzeugen kunden-
freundlicher gestalten, weil das Parken effizienter
wird. Damit kann der Ausbau der Elektromobilität in
Deutschland unterstützt werden.

Hierfür eignet sich der Einsatz von differenzierten     Quellen der Handlungsempfehlungen
                                                        Für einen detaillierten Einblick in diese Handlungsempfehlungen und weiterführende In-
Tarifmodellen mit reduzierten Parkgebühren für Elek-    formationen siehe: Anke / Scholle (2016), Bundesanstalt für Straßenwesen (2011), Frank-
                                                        furt University of Applied Scienes (2018), Fraunhofer IAO (2019), Polisnetwork (2018),
trofahrzeuge, idealerweise mit zeitlich gestaffelten    Schweizerische Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten (2011).

                                                                                                                                           17
C
Rechtliche Instrumente – Instrumente zur Reduzierung
bzw. Anpassung des Stellplatz- und Parkstandangebots
Bislang wird ein großer Teil der städtischen Flächen vom ruhenden Verkehr belegt. Durch
eine Reduzierung der Parkmöglichkeiten sinkt die Attraktivität des Pkw-Verkehrs. Gleichzei-
tig können die freiwerdenden Flächen unter anderem für den Ausbau der Fuß- und Radinf-
rastruktur sowie für attraktive öffentliche Räume genutzt werden, so dass die Lebensquali-
tät in den Städten steigt.

C1 Abschaffung der Stellplatzpflicht für
Kraftfahrzeuge
Das Angebot an privaten Parkmöglichkeiten in den
Städten wird insbesondere durch die jeweiligen
Stellplatzvorschriften für Kraftfahrzeuge bestimmt.
Die Bauordnungen der meisten Bundesländer enthal-
ten weiterhin eine Stellplatzpflicht bei Bauvorhaben.
Beispielsweise beläuft sich die Stellplatzpflicht in
Nordrhein-Westfalen bei Gebäuden mit Wohnungen
auf einen Stellplatz pro Wohnung.                        Fallbeispiel Stellplatzpflicht in Hamburg und
                                                         Berlin
Die Bundesländer haben durch Anpassungen der
Bauordnungen die Möglichkeit, die Stellplatzpflicht      Die Bauordnung von Hamburg wurde dahingehend
für Kraftfahrzeuge bei Wohnbauvorhaben oder bei          verändert, dass seit dem Jahr 2014 die Kfz-Stell-
                                                         platzpflicht bei allen Wohnbauvorhaben entfallen
dem Neubau von Gebäuden insgesamt zu streichen.
                                                         ist. Darüber hinaus lässt sich die Festsetzung der
Denkbar ist auch eine Staffelung der erforderlichen      notwendigen Stellplätze bei zuvor bereits erteilten
Anzahl an Stellplätzen, beispielsweise in Abhängig-      Baugenehmigungen widerrufen. Durch den Wegfall
keit von der Lage im Stadtgebiet oder des Anschlusses    des Zweckentfremdungsverbots können Bauherrin-
an den öffentlichen Verkehr. In Deutschland haben        nen und Bauherren ehemals notwendige Kfz-Stell-
diesbezüglich die Stadtstaaten Hamburg und ins-          plätze auch anderweitig nutzen oder beseitigen.
                                                         Unter bestimmten Bedingungen können sogar die
besondere Berlin Regelungen mit Vorbildcharakter
                                                         in den Bebauungsplänen ausgewiesenen Stellplatz-
etabliert.                                               flächen für die Errichtung von Wohnungsvorhaben
                                                         verwendet werden.
Durch die Einschränkung im Pkw-Verkehr wird ein
                                                         Noch weiter ist das Land Berlin gegangen, denn
Anreiz gesetzt, auf umweltfreundliche Verkehrsmittel     Berlin hat als einziges Bundesland die Stellplatz-
umzusteigen. Zudem werden durch die Reduzierung          baupflicht für Kraftfahrzeuge beim Neubau von
der Stellplatzschlüssel Baukosten eingespart und ggf.    Gebäuden komplett abgeschafft. Damit liegt es im
weniger öffentliche Fördermittel für den Stellplatzbau   Ermessen der Bauherren, die erforderliche Anzahl an
verwendet. Den sinkenden öffentlichen Ausgaben           Stellplätzen zu errichten. Weiterhin verpflichtend ist
                                                         aber die Errichtung von Stellplätzen für Menschen mit
stehen allerdings geringere Einnahmen der Städte
                                                         schwerer Gehbehinderung und für Rollstuhlnutzende
durch die mögliche Stellplatzablösung gegenüber. Um      sowie von Abstellplätzen für Fahrräder. Die Richtzah-
ein vermehrtes Abstellen von Pkw auf den knappen         len für Abstellplätze für Fahrräder belaufen sich bei-
Flächen des öffentlichen Raums zu vermeiden, muss        spielsweise bei Gebäuden mit Wohnungen auf einen
die Abschaffung der Stellplatzpflicht mit einer Par-     Stellplatz je Wohnung mit bis zu 50 m2 und bis zu vier
kraumbewirtschaftung verknüpft werden.                   Stellplätze je Wohnung mit mehr als 100 m2.

18
C2 Rückbau von Stellplätzen                                   Nachbarschaft die Stellplätze anmieten. Die Öffnung
Der Umgang mit bestehenden Stellplätzen gestaltet             der Parkmöglichkeiten könnte auch auf die Allge-
sich hingegen schwieriger. Der Rückbau von Stellplät-         meinheit ausgeweitet werden. Gleichzeitig bietet sich
zen im Bestand ist nur auf freiwilliger Basis möglich,        die Umgestaltung und Aufwertung des dabei frei-
wenn keine verkehrlichen oder sonstigen Missstände            werdenden öffentlichen Raums an. Auch profitieren
vorliegen, was in der Regel nicht der Fall ist. Dennoch       die Stellplatzbesitzer unmittelbar monetär durch die
bestehen verschiedene Ansätze, wie Städte die Redu-           Mieteinnahmen.
zierung der Stellplätze initiieren bzw. unterstützen
können.                                                       Als Ansatz für den freiwilligen Stellplatz-Abbau wäre
                                                              auch die Anrechnung bestehender Stellplätze bei
So können Städte die Stellplatzeigentümerinnen                Nutzungserweiterungen im Rahmen von Baubewil-
und -eigentümer dabei unterstützen, die bestehen-             ligungsverfahren zur Reduzierung des zusätzlichen
den Parkmöglichkeiten für Dritte zu öffnen, indem             Bedarfs denkbar.
beispielsweise Firmen oder Einpendelnde in der

   Fallbeispiel Verlagerung vom
   öffentlichen Straßenraum auf
   privaten Grund in Zürich

   In den 1990er Jahren hat die Stadt Zürich damit begonnen, in der Innenstadt Parkstände vom öffentlichen Straßen-
   raum in Parkhäuser zu verlagern. Durch die Wegnahme von Parkständen im Straßenraum und paralleler Errichtung
   von Quartiersparkhäusern wurde die Aufenthaltsqualität erhöht und mehr Platz für nachhaltige Mobilitätsangebote
   geschaffen, insbesondere auch für den Rad- und Fußverkehr. Gleichzeitig wurde mit der stärkeren Nutzung von
   privaten Parkhäusern im Bestand deren Auslastung erhöht und eine höhere Investitionssicherheit geschaffen. Im
   Zeitraum zwischen den Jahren 1990 und 2017 hat die Stadt Zürich rund 1.000 Straßenparkplätze in Parkhäuser und
   Tiefgaragen verlagert und damit gleichzeitig die Anzahl an Parkmöglichkeiten gedeckelt.

   Darüber hinaus unterstützt die Stadt Zürich mit ihrem „Leitfaden zum Umgang mit Parkplatzüberhängen“ die Eigen-
   tümerschaft von Immobilien mit Stellplatzüberhängen und zeigt konkrete Möglichkeiten des freiwilligen Stellplatz-
   abbaus auf. Von Parkplatzüberhängen wird gesprochen, wenn eine Parkierungsanlage mehr Parkplätze umfasst, als
   gemäß geltender Parkplatzverordnung in Zürich zulässig sind. Der Normalbedarf beläuft sich auf einen Personenwa-
   genabstellplatz pro 120 m2 Geschossfläche. Der minimal erforderliche und maximal zulässige Bedarf variiert aber
   im Stadtgebiet und beläuft sich beispielsweise in der Altstadt auf 10 % des Normalbedarfs und in der City auf 25 %
   bis 45 %. Zu den Möglichkeiten des freiwilligen Stellplatzabbaus zählt unter anderem die Anrechnung bestehender
   Parkplätze bei Nutzungserweiterungen, die Öffnung von Parkierungsanlagen für Dritte, die Verlagerung von Straßen-
   parkplätzen in eine Parkierungsanlage sowie die Aufhebung und Umnutzung überzähliger Stellplätze.

   Auch die Ausgestaltung der städtischen Parkplatzverordnung ist förderlich zur Reduzierung des Gesamtangebots der
   Parkmöglichkeiten in Zürich. Je zentraler und besser das Gebiet an den öffentlichen Verkehr angeschlossen ist, desto
   geringer fällt die erforderliche Anzahl an Stellplätzen gemäß der städtischen Parkplatzverordnung aus. Die Vorgaben
   sinken bis zu einem Wert von 10 % im Vergleich zum Normalbedarf mit einem Stellplatz pro 120 m2 Wohnnutzfläche.

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Die Gebühren in den Parkraumbewirtschaftungs- und
                                                          Bewohnerparkzonen sollten die tatsächlichen Kosten
                                                          des Parkens widerspiegeln.

C3 Reduzierung und Verlagerung von öffent-               Parkmöglichkeiten abseits des öffentlichen Stra-
lichen Parkmöglichkeiten                                 ßenraums gebündelt werden, wird gleichzeitig die
Städte können das Mobilitätsverhalten stark beein-       „Sichtbarkeit“ und Attraktivität des Pkw-Verkehrs
flussen, indem sie die öffentlichen Parkmöglichkeiten    reduziert.
verändern. Die freiwerdenden Flächen, die durch die
Reduzierung der Parkstände frei werden, können für       Während die öffentlichen Parkmöglichkeiten redu-
breitere Fußwege, Fahrradinfrastruktur, den öffent-      ziert und verlagert werden, gilt es parallel, das öffent-
lichen Nahverkehr und für stationsbasierte Carsha-       liche Verkehrsangebot auszubauen und attraktiver zu
ring-Angebote sowie für Freizeit- und Grünflächen        gestalten. Damit kann die Attraktivität in den Städten
genutzt werden. Um Parkstände zu reduzieren, bietet      gesichert und weiter verbessert werden.
sich auch die Einführung von autofreien Fußgänger-
zonen, verkehrsberuhigten Bereichen sowie weiteren       C4 (Teil-)Entwidmung und Umwidmung von
Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm            öffentlichen Straßen
und Abgasen an.                                          Städte haben die Möglichkeit, im Rahmen einer Ent-
                                                         widmung oder Teilentwidmung und Umwidmung die
Einerseits wird dadurch die nachhaltigere Mobilität      Nutzung öffentlicher Straßen zu verändern und damit
gefördert, andererseits steigt auch die Lebensqualität   Einfluss auf das Mobilitätsverhalten zu nehmen. Dies
in den Städten deutlich an. Indem die öffentlichen       ist in den Straßengesetzen der Bundesländer geregelt.

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Bei der Entwidmung verliert eine Straße durch           Parksuchverkehr. Um die tatsächlichen Kosten des
Verwaltungsakt die Eigenschaft einer öffentlichen       Parkens zu finanzieren, müssten die Gebühren für die
Straße. Bei der Umwidmung wird die jeweilige Wid-       Parkausweise jedoch deutlich ansteigen. Durch den
mung einer Straße verändert. Voraussetzung für eine     Wegfall der Gebührendeckelung im Juli 2020 besteht
Entwidmung bzw. Teilentwidmung ist grundsätzlich,       für die Städte vollumfängliche Handlungsfreiheit.
dass Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen.
                                                        C6 Erhöhung der Verwarnungs- und Bußgel-
Im Rahmen der Umwidmung kann die Nutzung der            der für unzulässiges Parken oder Halten
Straße in verschiedenen Bundesländern auf bestimm-      Falsches Parken und Halten verstoßen gegen das gel-
te Benutzungsarten, Benutzungszwecke, Benutzer-         tende Recht und führen zu einem gesellschaftlichen
kreise oder in sonstiger Weise beschränkt werden.       Schaden. Hierzu zählen beispielsweise Unfälle und
Nach dem Berliner Straßengesetz kann beispielswei-      die Inanspruchnahme des wertvollen öffentlichen
se eine Umwidmung zur Realisierung von Maßnah-          Raums. Daher sollten die diesbezüglichen Sanktio-
men der Verkehrslenkung und Verkehrsberuhigung          nen auch eine entsprechende Abschreckungswirkung
veranlasst werden. Dabei erfolgt der dauerhafte Aus-    entfalten.
schluss bestimmter Verkehrsarten von dem durch die
Widmung der Verkehrsfläche festgelegten verkehr-        Insbesondere die Differenz zu den örtlichen Parkge-
süblichen Gemeingebrauch. Neben der Gestaltung          bühren fällt aber oft so gering aus, dass Pkw-Nutzen-
von Fußgängerzonen bietet sich auch die Errichtung      de das Risiko eines geringen Verwarnungsgeldes in
von Fahrradstraßen mit oder ohne Linienbusbetrieb       Kauf nehmen. Bislang lagen die Regelsätze in vielen
an.                                                     Fällen lediglich in einem niedrigen Bereich. Im April
                                                        2021 wurden die Bußgelder angepasst. Seitdem wird
C5 Ausweitung von Parkraumbewirtschaf-                  das verbotswidrige Parken auf Rad- und Gehwegen
tungs- und Bewohnerparkzonen                            mit bis zu 110 Euro und die unerlaubte Nutzung des
Die Städte können Parkraumbewirtschaftungs- und         Gehwegs durch Fahrzeuge mit bis zu 100 Euro sank-
Bewohnerparkzonen neu ausweisen bzw. bestehende         tioniert.
Zonen ausweiten. Neben den externen Kosten des
Pkw-Verkehrs in Form von Luftschadstoffen, Treib-       Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Europa,
hausgas- und Lärmemissionen, Unfallkosten etc. sind     wie beispielsweise Dänemark, den Niederlanden oder
die Errichtung und Instandhaltung von Parkständen       Norwegen, fallen die Strafzahlungen in Deutschland
mit hohen öffentlichen Ausgaben verbunden. Durch        gemäß der Bußgeldkatalog-Verordnung bislang aber
die Parkraumbewirtschaftung können Einnahmen            weiterhin eher gering aus. Damit entfalten diese nur
zur Finanzierung generiert werden. Idealerweise soll-   bedingt eine abschreckende Wirkung. Durch eine
ten die Parkgebühren die tatsächlichen Kosten des       deutliche Erhöhung der Verwarnungs- und Bußgel-
Parkens widerspiegeln, was jedoch mit einem deutli-     der für unzulässiges Parken oder Halten kann die
chen Anstieg der Parkgebühren verbunden wäre.           abschreckende Wirkung gegen Parkverstöße erhöht
                                                        werden. Daher sind in Deutschland sowohl eine wei-
Als Voraussetzung für Parkraumbewirtschaftungszo-       tere Verschärfung als auch eine konsistentere Ausge-
nen muss ein erheblicher Parkraummangel vorliegen.      staltung der Bußgeldkatalog-Verordnung anzustre-
Die Voraussetzungen für die Parkraumbewirtschaf-        ben. Darüber hinaus sollte die Kontrolldichte erhöht
tung könnten in der StVO jedoch geändert werden.        werden. Hierbei könnte die oben als Handlungsemp-
Wenn nicht mehr für jede Straße einzeln ein Park-       fehlung B2 aufgeführte digitale Parkraumüberwa-
druck nachgewiesen werden muss, würde sich die          chung eingesetzt werden.
Anwendung der Anordnung erleichtern. Hierdurch
würde sich der Bestand an kostenfrei zugänglichen
Parkmöglichkeiten reduzieren.

Auch durch die Ausweisung von Parkzonen für             Quellen der Handlungsempfehlungen
                                                        Für einen detaillierten Einblick in diese Handlungsempfehlungen und weiterführende
Bewohnende wird die Pkw-Attraktivität für andere        Informationen siehe: Agora Verkehrswende (2018b), BBSR (2015), Deutscher Bundestag
                                                        (2019), Dittrich (2017), Freie und Hansestadt Hamburg (2018), Hermann et al. (2019),
Nutzer reduziert. Gleichzeitig verringert sich der      Manville / Shoup (2010), Stadt München (2016), Stadt Zürich (2015), Stadt Zürich (2018).

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