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Vorwort Inhalt Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung und Forschung 06 10 14 18 24 Umweltbelastung, Ozonloch und Treib- angesprochenen Aspekte zu Hause und die Ergebnisse ihrer Arbeit zu dis- hauseffekt sind Schlagworte, die uns noch einmal nachzulesen – um dann kutieren. Das Wissenschaftsjahr geht 04 Der flüchtige Stoff seit Jahren begleiten. Bleibt uns irgend- vielleicht am nächsten Tag mit noch zurück auf die Initiative „Wissenschaft wann die Luft weg? Ist die Aufregung viel mehr Fragen wiederzukommen! im Dialog“, die das Bundesministerium unangemessen? Lässt sich überhaupt eine Veränderung in unserer Atmo- Und für alle,die den Wissenschaftsbahn- hof in Leipzig nicht besuchen konnten, für Bildung und Forschung (BMBF) ge- meinsam mit dem Stifterverband für 06 Eine einzigartige Hülle sphäre und damit des zukünftigen Kli- bietet das Themenheft eine verständ- die Deutsche Wissenschaft und den mas nachweisen? liche Einführung in das spannende Ge- großen Forschungsorganisationen ins biet der Klima- und Atmosphärenfor- Leben gerufen hat. 10 Die Wettermaschine „luft“ ist Gegenstand der zweiten Zen- schung. tralveranstaltung im Jahr der Geowis- Nutzen Sie diese Gelegenheit, sich um- senschaften 2002. Die Auswirkungen Die Ergebnisse und Methoden geowis- fassend zu informieren, mit Forschern 14 Die Propheten mit den Teraflops unserer Industriegesellschaft auf das senschaftlicher Forschung öffentlich zu zu sprechen und Ihre eigene Meinung in Weltklima, das Problem der Luftver- präsentieren und einen breiten Dialog die Diskussion mit einzubringen – und schmutzung und die natürlichen Kli- maveränderungen in der Erdgeschich- zwischen Wissenschaft und Bevölke- rung anzuregen, ist ein wichtiges Ziel entdecken Sie die Faszination Geowis- senschaften! 18 Die missbrauchte Atmosphäre te werden im Leipziger Hauptbahnhof von „planet erde® – 2002 das Jahr der informativ, spannend und kontrovers Geowissenschaften“. Forscherinnen dargestellt und mit Ihnen diskutiert. und Forscher kommen aus den Institu- 24 Auf den Spuren Dieses Heft soll Ihnen die Möglichkeit ten und Labors, um ihre Wissenschaft in geben, einige der auf der Veranstaltung persönlichen Gesprächen vorzustellen der vergangenen Zeit Impressum Herausgeber Allgemeine Informationen zum Informationen zu Jahr der Geowissenschaften Wissenschaft im Dialog (wid) Bundesministerium für Bildung und Forschung bmbf Pressestelle Wissenschaft im Dialog gGmbH Hannoversche Str. 28-30 Markgrafenstr. 37 Konzept, Redaktion & Gestaltung 10115 Berlin 10117 Berlin Tel. 030 - 28 540 - 50 50 Tel. 030 - 20 64 92 - 00 iserundschmidt luft Fax 030 - 28 540 - 55 51 Fax 030 - 20 64 92 - 05 Kreativagentur für PublicRelations GmbH presse@bmbf.bund.de info@wissenschaft-im-dialog.de Bad Honnef – Berlin iserundschmidt Autor Kreativagentur für PublicRelations Dr. Erwin Lausch Hauptstr. 20a 53604 Bad Honnef Tel. 0 22 24 - 95 195 - 41 Fax 0 22 24 - 95 195 - 19 info@planeterde.de
Der Herbststurm „Xylia“ beschert dieser Passantin des Hamburger Gänsemarkts ein rutschiges Pflaster. Im Vergleich zur Grösse unseres Planeten ist die (Foto: dpa) Erdatmosphäre hauchdünn. Hier sieht es so aus, als ob der Mond gerade in die Lufthülle eintauchen würde. (Foto: NASA) Auch im Alltag kann man interessante Wolkenformationen beobachten. Hier ein Schnappschuss aus dem Büro des GEO- Bildarchivs in Hamburg. (Foto: Markus Seewald) Der flüchtige Stoff mit den Gesteinen (Lithosphäre) und Das wenige Wasser, das unsere heutige ausgelösten Treibhauseffekt erwärmt, den Bereichen des Wassers (Hydrosphä- Atmosphäre als Luftfeuchtigkeit ent- wie Niederschläge sich verändern und re), des Eises (Kryosphäre) und des Le- hält, wird laufend mit den anderen ob Extremwetterlagen zunehmen. bens (Biosphäre). Schon die Uratmo- Sphären ausgetauscht. Als Regen geht sphäre entstand aus Gasen, die aus der es auf die Erde nieder und verdunstet Neben der Auswertung aktueller Mess- damals aufgeschmolzenen Erde frei- aus den Ozeanen wieder in die Luft. daten und Modellrechnungen betrei- gesetzt wurden, und sie entwickelte Auch Sauerstoff und Kohlendioxid sind ben Forscher Studien über das Klima sich in ständigem Austausch mit den „Wanderer“ zwischen den Sphären. vor Tausenden und Zehntausenden Als Shakespeare um 1600 den „Ham- kenntnissen der modernen Geowis- anderen Sphären. Aus Wasserdampf, Dass die Atmosphäre so vielseitig be- von Jahren. Die Atmosphäre hat kein »Dieser wunderbare let“ schrieb, wusste man nur sehr wenig senschaften erzählte? Gäbe es die Luft der sich aus ihr niederschlug, entstan- einflusst wird, macht das Geschehen Gedächtnis, aber Klimaarchive finden über den flüchtigen Stoff, der alles un- nicht, wäre die Erde unbewohnbar wie den die Ozeane. Dafür kam Sauerstoff in der Luft, das wir Wetter nennen, so sich in den Böden von Ozeanen und Baldachin, die Luft...« sichtbar umgibt. Alle grundlegenden ihre Nachbarplaneten. Dabei ist die At- in die Luft: von Einzellern, die im Meer unsäglich kompliziert. Umso erstaun- Seen, in Baumstämmen und Korallen, Hamlet (Shakespeare) Entdeckungen über die Atmosphäre mosphäre aber nicht nur wegen ihres lebten, als Abfallprodukt der Photosyn- licher die Fortschritte in der Wetter- Mooren und Höhlensinter, im ewigen waren erst noch zu machen. Offenbar Sauerstoffs, den wir atmen, unentbehr- these freigesetzt. Es war eine Umwelt- vorhersage, die mit enormem techni- Eis. Die Untersuchungen haben erge- übte aber schon damals der weite, blaue lich. Ohne sie würde auf der Erde tags- verschmutzung gigantischen Aus- schen Aufwand erreicht wurden. ben, dass das Klima in der Vergangen- Himmel über uns eine große Faszina- über sengende Hitze und nachts eisige maßes! Denn der Sauerstoff ist che- heit häufig, heftig und schnell ge- tion aus – auch ohne meteorologische Kälte herrschen. Sie schützt das Leben misch aggressiv und für Lebewesen gif- Noch schwieriger ist die Vorhersage schwankt hat. Kenntnisse. Und das, obwohl die Luft auf der Erde auch vor sonst tödlichen tig, wenn sie nicht bestimmte Schutz- künftigen Klimas, weil sich der Einfluss ein Stoff ist, der erst entdeckt werden Strahlen von der Sonne und aus dem mechanismen entwickelt haben. Nur der anderen Sphären auf die Atmo- Die Vergangenheit, sagen Geowissen- will: Es braucht seine Zeit, bis man als All. mit ihnen können Menschen und sphäre langfristig noch stärker aus- schaftler, ist der Schlüssel zur Zukunft. Kind feststellt, dass das „Nichts“ um Tiere Sauerstoff als „Lebenselixier“ nut- wirkt und von komplexen Wechselwir- Danach sind die gewonnenen Erkennt- einen herum offenbar doch „Etwas“ ist… Die Atmosphäre ist keine isolierte Hül- zen. Viele Bakterien scheuen den Stoff kungen bestimmt wird. Besonders nisse eine ernste Warnung, das em- le aus Gasen, sie ist Teil des Systems bis heute, weil es ihnen an diesen akut ist heute die Frage, in welchem pfindliche System Erde, das immer noch Was würde der oben zitierte Dichter Erde. Durch vielerlei Beziehungen ist sie Mechanismen mangelt. Ausmaß und mit welchen Folgen sich Rätsel aufgibt, nicht grob zu stören. erst sagen, wenn man ihm von den Er- mit den anderen „Sphären“ verbunden: die Erde durch einen vom Menschen 04 05
Die Welt von oben: Der Astronaut Mark Lee schwebt ohne Leine um den Globus. (Foto: NASA) Lightshow am Himmel: Polarlichter zählen zu den eindrucks- vollsten Erscheinungen der Atmospähre. Sie entstehen, wenn geladene Teilchen von der Sonne in grosser Höhe mit Luftmo- lekülen zusammenstossen. (Foto: Save-Bild) Eine einzigartige Hülle »Wir sind von einer Atmosphäre umgeben, von der wir noch gar nicht wissen, Umgebung leben bereits erste Einzel- > Geburt aus dem Urnebel Unter dem Einfluss der bei den Kolli- ne. Im Wasser löste sich viel Kohlen- was sich alles in ihr regt und wie es ler. Wollten wir uns draußen etwas sionen der Kleinkörper und beim Zer- dioxid aus der Atmosphäre und ver- umsehen, ginge das allerdings nur Seit der Entstehung der Erde vor vier- fall radioaktiver Elemente freigesetz- band sich mit Kalzium zu Kalk. Übrig mit unserem Geiste in Verbindung steht.« wie bei der Erkundung eines fremden einhalb Milliarden Jahren hat die ten Energie schmolz der Urplanet auf. blieb vor allem der Stickstoff, der in vul- Planeten – mit Schutzanzügen, Atem- Atmosphäre, der wir ganz wesentlich Seine verschiedenen Bestandteile trenn- kanischen Gasen zwar nur in geringen Johann Wolfgang von Goethe geräten und einem gehörigen Vorrat unsere Existenz verdanken, große Ver- ten sich in einen festen Kern aus den Mengen enthalten ist, sich jedoch im an Atemluft. änderungen durchgemacht. Sie ist das schweren Elementen Eisen und Nickel Laufe der Jahrmillionen durch immer Ergebnis glücklicher Umstände: und in unterschiedlich schwere feste neue Eruptionen anreicherte. Die Luft außerhalb der Kapsel besteht Nach den Erkenntnissen der Planeto- und flüssige Hüllen. Dabei entwichen Bitte anschnallen zum Start! Eine Rei- zwar hauptsächlich aus den uns be- logen, unter denen viele Geowissen- große Mengen an Gasen. Diese neue > Der Sauerstoff kommt auf die Welt se mit der Zeitmaschine soll uns tief in kannten Gasen Stickstoff, Kohlendio- schaftler sind, entstand die Erde aus „sekundäre“ Atmosphäre bestand aus die Vergangenheit der Erde führen, drei xid und Wasserdampf, doch in völlig einer Unzahl kleinerer Körper, die sich dem, was heute noch von Vulkanen Ein weiterer Grund für die Wandlung Milliarden Jahre zurück. In der Fanta- anderen Mengenverhältnissen als in wiederum aus einer riesigen rotieren- ausgestoßen wird: vor allem Wasser- der Atmosphäre war die Entstehung sie geht das im Handumdrehen. Die der uns vertrauten Atmosphäre. Frei- den Gas- und Staubwolke, dem solaren dampf, Kohlendioxid und Stickstoff. des Lebens. Die frühe „Erfindung“ der Jahrmillionen rauschen nur so vorbei, en Sauerstoff (O2), den wir zum At- Urnebel, zusammengeballt hatten. Photosynthese durch Bakterien und und schon sind wir da. men brauchen, gibt es überhaupt Vielleicht hat sich eine erste Uratmo- Der Hauptgrund dafür, dass daraus Blaualgen spielte dabei die tragende nicht. Deshalb findet sich in der Stra- sphäre aus den gasförmigen Resten, schließlich unsere heutige Luft wurde, Rolle. Bei diesem Prozess, bei dem aus Aus dem Fenster unserer imaginären tosphäre in 20 bis 50 Kilometer Höhe vor allem Wasserstoff und Helium, ge- unser Lebenselixier, ist die Entfernung Wasser und Kohlendioxid mithilfe der Zeitkapsel blicken wir auf eine Erde, auch kein Ozon (O3), das Organismen bildet. Doch die leichten Gas-Atome der Erde von der Sonne. Sie ist groß Sonnenenergie organische Substanz die nur auf den ersten Blick „wüst und außerhalb des Wassers vor lebensfeind- dürften sich bald im All verflüchtigt genug, dass der meiste Wasserdampf aufgebaut wird, bleibt Sauerstoff übrig. leer“ erscheint: In den Tümpeln der lichen UV-Strahlen schützen könnte. haben. kondensierte – so entstanden die Ozea- Weit über eine Milliarde Jahre lang wur- 06 07
ultraviolettes Sonnenlicht sichtbares Sonnenlicht Infrarotstrahlung Aufsteiger: Dieser Stratosphärenballon kommt bis in Höhen von 50 Kilometern und untersucht Magnetopause dort die Ozonschicht. Er ist am Erdboden nur leicht aufgebläht, damit er bei dem geringen eingedrungene Sonnenwindteilchen Druck in grosser Höhe nicht platzt. (Foto: AWI) s All Polarlicht Erde in mesosphäre Exosphäre Sonnenwind er lung d Erde Plasmaschicht bstrah ea Wärm Polarlicht Magnetosphärenschweif 500 km Ozonschicht Magnetosphäre Thermosphäre Stoßwelle Eiswolken (Cirrus) Vor den elektrisch geladenen Teilchen des Sonnenwindes schützt die Magnetosphäre, die sich unter dem Ansturm zu einem langen Schweif verformt. In den Schweif eingedrungene Teilchen lösen, den Kraftlinien des Mesopause Erdmagnetfeldes folgend, Polarlichter aus. (Grafik: ius) 80km Treibhausgas Wasserdampf (symbolisiert durch Wolken) Der Schutzschild aus dem Erdkern Stratopause Ozonloch 50km Treibhausgase Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid und FCKW (symbolisiert Elektrisch geladene Teilchen von der jeweils sonnenzugewandten Seite zu- durch Abgasfahnen) Sonne, die auf die Erde zurasen, legen sammenbläst, verformt er sie auf der Ozonschicht troposphäre in jeder Sekunde 500 Kilometer zu- abgewandten Seite zu einem Millionen rück. Dieser ständige „Sonnenwind“ er- Kilometer langen Schweif. scheint jedoch wie eine Brise gegenü- Heftig rütteln die Teilchenwinde und Tropopause -50 bis ca. 10km -70°C ber den bei einem Sonnenausbruch aus- -stürme am Magnetfeld im All, lösen geschleuderten Partikeln, die mit dop- elektrische Ströme aus, die wiederum Treibhauseffekt pelt so hoher Geschwindigkeit auf die Magnetfelder induzieren. Bei starken (Wärmestrahlung bleibt in der Troposphäre) Grenzschicht 1km +15°C Erdatmosphäre prasseln. Vor solchen Sonnenausbrüchen stören sie den Trommelfeuern schützt uns das Erd- Funkverkehr, die Kommunikation über magnetfeld, das die meisten Teilchen Satelliten, das Satellitennavigations- um unseren Planeten herumleitet. system GPS. Damit rechtzeitig Vorsor- Aufbau der Atmosphäre. Neben den verschiedenen Schichten ist auch die einfallende Strahlung Ohne die Teilchen von der Sonne verlie- gemaßnahmen getroffen und Schä- (vor allem UV und sichtbares Licht) eingezeichnet. Der dadurch erwärmte Erdboden gibt Infra- fen die Feldlinien des weit ins All aus- den vermieden werden können, beob- rotstrahlung ab. Ein Loch in der schützenden Ozon-Schicht ist ebenso zu sehen wie der Treib- ladenden irdischen Magnetfeldes regel- achten Wissenschaftler über Satelliten hauseffekt. (Grafik: Jörg Kühn/ius) mäßig wie bei dem unvermeidlichen ständig die Aktivität der Teilchen, ihre > Atmosphäre mit Sonnenbrand Schulversuch mit dem Stabmagneten Dichte und Geschwindigkeit. Die Vor- und den Eisenfeilspänen. Der Sonnen- hersage dieses „Weltraumwetters“ ist de der Sauerstoff noch im Wasser ge- schwankt, von weniger als einem bis zu oberfläche absorbiert das eingestrahl- In 50 Kilometer Höhe beginnt die Me- wind verzerrt die Magnetosphäre je- zu einem bedeutsamen Forschungs- bunden, vor allem von Eisen. Daher vier Prozent. te Sonnenlicht, erwärmt sich dadurch sosphäre. Hier ist die Luft schon sehr doch gewaltig. Während er sie auf der gebiet geworden. stammen die weltgrößten Eisenerz- und sendet nun ihrerseits wärmende dünn – ein Hunderttausendstel der Lagerstätten. Atmosphärenforscher unterscheiden Infrarot-Strahlung aus. Von erwärmtem Dichte auf Meereshöhe – und man in der Lufthülle fünf Schichten. Die un- Wasser steigt Wasserdampf auf, der in kann nicht mehr von „Temperatur“ in Mesosphäre spielt die „Ionisierung“ Funkverkehr unentbehrlich, bevor Satel- Doch schließlich erschöpfte sich in den terste, in der sich die Wettervorgänge der Höhe Energie abgibt, wenn er wie- dem Sinne sprechen, wie wir sie im eine wichtige Rolle: Röntgen- und UV- liten für weltweite Kommunikation Ozeanen der Vorrat an Substanzen, die abspielen, die Troposphäre, reicht an der kondensiert. Alltag erleben. In 80 bis 500 Kilometer Strahlen der Sonne schlagen aus den sorgten. das „Abfallgas“ in großem Umfang bin- den Polen sechs bis acht und am Äqua- Höhe befindet sich die Thermosphäre. Molekülen und Atomen der Luft Elek- den konnten. Sauerstoff durchflutete tor bis etwa 17 Kilometer hoch hinauf. Im nächsten Stockwerk, der Stratos- UV- und noch kurzwelligere, energie- tronen heraus. Die ursprünglich elek- Darüber beginnt ein ganz besonderer das Wasser und drang auch in die Luft. Ihre Temperatur beträgt am Boden phäre, treffen UV-Strahlen der Sonne reichere Röntgenstrahlen von der trisch neutralen Luftteilchen bleiben Bereich: die Magnetosphäre. Wie ein Allmählich kam die Atmosphäre zu ih- durchschnittlich 15 Grad Celsius und auf Sauerstoff-Moleküle (O2) und spal- Sonne spalten dort mehr und mehr positiv geladen zurück, sind zu Ionen unsichtbarer Schirm schützt das Erd- rer heutigen Zusammensetzung: 78 nimmt mit jedem Kilometer Höhe um ten sie. Je ein Sauerstoff-Atom verbin- Luftmoleküle in Atome. geworden. Bis in etwa 500 Kilometer magnetfeld das Leben auf unserem Prozent Stickstoff, 21 Prozent Sauerstoff, etwa sechs Grad ab. Am oberen Ende det sich mit einem Molekül zu Ozon Höhe besteht die sogenannte Iono- Planeten vor Strömen energiereicher 0,9 Prozent Argon, Spuren von Kohlen- ist die Temperatur auf -50 bis -70 Grad (O3), das UV-Strahlen absorbiert und Darüber folgt schließlich noch die Exo- sphäre aus drei unterschiedlich stark Teilchen, die unablässig von der Sonne dioxid und anderen Gasen sowie ei- gesunken. Beheizt wird die Troposphä- so von der Erdoberfläche fern hält. sphäre. Hier, aber auch schon in der ionisierten Schichten, die Radiowellen ausgehen. nem Wasserdampf-Gehalt, der stark re hauptsächlich von unten. Die Erd- Thermosphäre und im oberen Teil der sehr gut reflektieren. Sie waren für den 08 09
Monsunregen. In Uma Daro auf Borneo führen Holzstege Ione (links) und Kirsten (rechts) zu einer „Volute“ verschlun- über knietiefen Schlamm. Trotz der nassen Füsse ein Grund gen. Das seltene Phänomen, dass zwei Hurrikane auf diese zur Freude: Der Monsun ist für die Bauern Garant einer fast anmutige Weise miteinander wechselwirken, hat auch guten Reisernte. (Foto: Reinhard Eisele) einen Namen: Fujiwhara-Effekt. (Foto: NOAA) Gleichstellung Die Wettermaschine Tornados wie dieser hinterlassen eine Schneise der Verwüstung (Foto: photodisc). im Himmel Jahrzehntelang trugen in Deutsch- land Hochdruckgebiete männliche und Tiefdruckgebiete weibliche Na- men. Da Tiefs in unseren Breiten meist mit schlechtem Wetter in Ver- bindung gebracht werden, führte Nachrichten vom Wetter lesen sich hen Troposphäre. Sie enthält 75 Pro- »Sonnenschein ist köstlich, oft wie Schilderungen eines Schlacht- zent aller Luft. Diese „Wettermaschine“ ab. Weil warme Luft leichter ist als kal- te, steigt sie auf, und wenn sie sich ab- entgegen dem Uhrzeigersinn – bringt weitere Komplikationen: dies im Zuge der „political correct- ness“ in den neunziger Jahren zu Regen erfrischt, Wind getümmels: Fronten rücken vor, ein Hoch verdrängt ein Tief, Tiefausläufer bringt die Ozeane in Wallung, schleppt Wasser auf die Kontinente, liefert Wär- gekühlt hat, sinkt sie wieder ab. Wäre Die Geschwindigkeit, mit der ein Punkt zahlreichen Protesten von Frauen- das schon alles, würde niemand vom an der Erdoberfläche, aber auch die rechtlerinnen. 1999 fiel dann diese kräftigt, Schnee erheitert. greifen auf Hochdruckzonen über. Für Meteorologen ist diese Balgerei der me in Regionen, die sonst nur von ab- gehärteten Naturen zu bewohnen wä- Wetter reden, denn es bliebe eintönig Luft darüber um die Erdachse kreist, Bastion männlicher Hoch-Herrlich- gleich. Die erhitzte Luft würde nach nimmt zu den Polen hin immer weiter Es gibt kein schlechtes Luftmassen die zwangsläufige Aus- ren. Und der Mensch klinkt sich in die- dem Aufstieg zu den Polen hin abflie- ab. Der Grund: Der zurückgelegte Weg, keit: Hochs und Tiefs wechseln nun Jahr für Jahr das Geschlecht. 2002 wirkung eines globalen Verteilungs- ses unaufhörlich laufende Getriebe ein, ßen, dabei allmählich niedersinken nämlich die Kreisbahn einmal um die Wetter, es gibt nur mechanismus: Sonnenenergie, die in wenn er Windkraft als Energiequelle und am Boden in einem einfachen Erde auf dieser Höhe, wird immer klei- sind wieder einmal Tiefs weiblich und Hochs männlich. einem breiten Gürtel beiderseits des nutzt. verschiedene Arten von Äquators überreichlich einfällt, wird Kreislauf zum Ausgangspunkt zurück- kehren. ner (am Nord- und Südpol dreht man sich nur noch auf der Stelle). So ge- gutem.« John Ruskin in die weniger begünstigten höheren Breiten im Norden und Süden beför- Die Energie, von der die Wetterma- schine angetrieben wird, kommt als langt Luft, die vom Äquator polwärts heitseffekt (Corioliskraft) vom Kurs ab- > Rotationsverfahren strömt, in Regionen mit immer niedri- dert. Weil das nicht so glatt geht, wie sichtbares Licht zur Erde. Es ist aus dem gerer Rotationsgeschwindigkeit. Sie gelenkt, auf der Nordhalbkugel stets es sich anhört, ist das Wetter ein so breiten Spektrum elektromagnetischer Weil jedoch die Erdachse geneigt ist, selbst ist noch von der schnelleren Ro- nach rechts, auf der Südhalbkugel nach interessanter Gesprächsstoff. Strahlung, das die Sonne aussendet, fällt mal auf die nördliche, mal auf die tation angetrieben und eilt daher der links. nahezu der einzige Anteil, der die At- südliche Halbkugel mehr Sonnenener- Erddrehung nach Osten voraus. In um- Die Umverteilung mit dem daraus mosphäre unbehindert passiert. Die gie. Daraus resultieren die Jahreszei- gekehrter Richtung fließend (also von Auf diese Weise entstehen zum Bei- resultierenden Wettergeschehen spielt Erdoberfläche absorbiert das Licht, ten. Die Rotation der Erde um ihre ei- den Polen zum Äquator) fällt sie hinter spiel die Passatwinde, die zwischen sich am unteren Saum der Atmosphä- erwärmt sich dabei und gibt selbst gene Achse – blickt man von oben auf der Erddrehung zurück. In beiden dem Äquator und dem 30. Breiten- re ab, in der im Mittel elf Kilometer ho- unsichtbare Wärmestrahlung (Infrarot) den Nordpol, so dreht sich die Erde Fällen wird die Luft durch den Träg- grad wehen. Die in Äquatornähe aufge- 10 11
Ein umgestürztes Boot liegt am 26.12.1999 am Ufer des Genfer Sees bei Lithographie, um 1850. Neben den vielfältigen „Erscheinungen der Atmosphäre“ Lutry. Das Orkantief „Lothar“ hat an diesem zweiten Weihnachtstag in wurde die eigentlich treibende Kraft hier noch hinter den Hügeln versteckt – Mitteleuropa mehr als 50 Menschenleben gefordert. (Foto: dpa) die Sonne. (Quelle: ABC Antiquariat, Zürich) Kaltes bleibt kalt, Heisses länger heiss. Dieser Slogan für Thermoskannen trifft auch auf die Erde zu: Eis reflektiert das Lothar & Co. Sonnenlicht sehr stark und ist deshalb nur schwer zu erwärmen. Dunkle Erde Das Weihnachtsfest 1999 werden viele hatte. Ähnlich in der Schweiz: Seit Auf- und vor allem die Ozeane nehmen dage- Menschen in Süddeutschland, Frankreich nahme der Sturmholzstatistiken im Jahr gen viel Strahlung auf und speichern und der Schweiz nicht vergessen. Am 1879 wurde ein derartiges Ausmaß von die Wärme. (Fotos: GFZ-Potsdam oben, AWI unten) 26. Dezember tobte Orkantief Lothar mit Waldschäden nicht registriert. hierzulande unbekannter Gewalt über Lothar kam nicht allein. Zwei Tage spä- sie hinweg. Böen erreichten Spitzenge- ter setzte das Orkantief Martin das Zer- schwindigkeiten von 151 Stundenkilome- störungswerk fort, wenige Wochen zu- tern in Karlsruhe bis zu 259 Stunden- vor war bereits Anatol über Nordeuro- stiegene, in höhere Breiten strebende reflektieren am wenigsten: lediglich 4 wird wieder frei, wenn der Dampf kon- die in Amerika Hurrikane, im westli- kilometern auf dem Wendelstein in den pa hinweggebraust. Warmluft wird ostwärts abgelenkt. bis 10 Prozent. Von schneebedeckten densiert. Das bringt Bewegung in die chen Pazifik Taifune und im Indischen Bayerischen Alpen. Drei Jahrhundertstürme in einem Mo- Diese nach Nordost strömende Höhen- Flächen hingegen werden 40 bis 80 Pro- Troposphäre. Ozean Zyklone genannt werden, sind Der Orkan riss Dächer auf, stürzte Strom- nat – ist das noch Zufall? Zeigen sich et- luft, der Antipassat, sinkt etwa am 30. zent des Lichts zurückgeworfen. Wäh- gewaltige Wassertransporteure. masten und Kräne. In Frankreich legte wa die Vorboten eines dramatischen Breitengrad ab und kehrt an der Erd- rend sich Land schnell erhitzt und re- Luft enthält nur wenig Wasser: Rech- er dreimal so viel Holz um, wie sonst in Klimawandels durch den Treibhausef- oberfläche, nun westwärts abgelenkt, lativ schnell wieder abkühlt, sind die net man die Wassermenge, die in der Wenn Luft aufsteigt, fällt am Boden der einem ganzen Jahr geschlagen wird. In fekt (siehe Seite 21)? Fachleute diskutie- als Nordostpassat zum Äquator zurück. Ozeane sehr wirksame Wärmespeicher. Troposphäre enthalten ist, auf die Luftdruck, bildet sich ein Tiefdruckge- Baden-Württemberg wurden die Wald- ren diese Möglichkeit, sind sich aber noch gesamte Erdoberfläche um, kämen bei biet. In Äquatornähe, wo laufend von schäden auf 1,5 Milliarden Mark ge- keineswegs sicher. Geowissenschaftler Mitverantwortlich für das turbulente > Himmlische Dampfmaschine einer vollständigen Entleerung überall der Sonne erwärmte Luft nach oben schätzt – eine Katastrophe, wie es sie bemühen sich, diese Frage durch Klima- Wettergeschehen ist auch die un- gerade mal 30 Millimeter Niederschlag steigt, herrscht daher ständig niedri- dort seit über 200 Jahren nicht gegeben forschung zu klären. gleichmäßige Oberfläche der Erde mit Neben der direkten Wärmeabgabe spielt herunter. Aber der energiereiche Was- ger Luftdruck. Meteorologen sprechen Kontinenten und Meeren, mit Gebir- Wasserdampf eine entscheidende serdampf wird laufend nachgeliefert. von der äquatorialen Tiefdruckrinne. gen und Flachland, mit Gebieten, die Rolle. Dessen Moleküle stecken voller Allein aus den Ozeanen verdunsten Sinkt erkaltete Luft zurück in tiefere von Vegetation bedeckt sind, und mit Energie. Um ein Gramm flüssiges Was- jährlich geschätzte 350 000 Kubikkilo- Schichten, wird der Druck am Boden halten. Die Wolken lösen sich auf – also, was aus der Sonnenstrahlung Wüsten, mit Eis. Je nach der Beschaf- ser in gasförmigen Zustand zu ver- meter Wasser. Mit dem Dampf werden größer. Da die Luftschichten in Boden- keine gute Voraussetzung für Regen. wird, die gleichförmig Tag für Tag in fenheit nimmt die Erdoberfläche Son- wandeln, ist etwa sechsmal so viel Ener- etwa jene Winde beladen, die als nähe eine höhere Temperatur haben, In den subtropischen Hochdruckgür- die Atmosphäre einfällt. Meteorolo- nenlicht in unterschiedlichem Maße gie erforderlich wie benötigt wird, die Sommermonsune in weiten Teilen der erwärmt sich die niedergehende Luft teln nördlich und südlich der äqua- gen können ein Lied davon singen. auf. Die Ozeane, die 71 Prozent der Erde gleiche Menge flüssiges Wasser von 0 Erde Fruchtbarkeit spenden. Auch die zudem. So kann sie wieder mehr torialen Tiefdruckrinne liegen die meis- bedecken, absorbieren am meisten und auf 100 Grad zu erhitzen. Diese Energie gefürchteten tropischen Wirbelstürme, Feuchtigkeit im gasförmigen Zustand ten Wüsten. Ganz schön kompliziert 12 13
Wahrsager der Wissensgesellschaft: Meteorologen sagen die Zukunft voraus – und das meist besser, als landläufig ange- nommen. (Foto: Bilderberg, Peter Ginter) Eine besondere Wolkenverwirbelung hat Cumulus-Wolken transpor- sich an der Insel Guadalupe östlich von tieren Wärme und Feuchtig- Mexiko gebildet. (Foto: NASA) keit in höhere Luftschichten. (Foto: IÖZ, TU Freiberg) Titelblatt des „Hundertjährigen Die Propheten mit Kalenders“. (Quelle: Bildarchiv Preussischer Kulturbesitz) Luftnummer den Teraflops »Jeder schimpft auf das Wetter, aber keiner tut etwas dagegen.« Was ist dran am Hundertjährigen Ka- lender? Die Entstehungsgeschichte lässt keinen Zweifel: nichts. Sieben Jah- re lang, von 1652 bis 1658, registrierte Mauritius Knauer, Abt des Klosters Mark Twain Langheim bei Bamberg, das örtliche Wetter. Aus diesen Aufzeichnungen fertigte ein Arzt aus Erfurt, Christoph Haben auch Sie häufig Wissenschaft- bare Geschehen oft den Launen ihrer Hellwig, Wettervorhersagen für die ler zu Besuch? Warten Sie an manchen Götter zuschrieben. Immerhin aber ver- Jahre 1701 bis 1801, indem er das Wet- Tagen auch schon gespannt auf die muteten griechische Gelehrte schon ter sich alle sieben Jahre wiederholen neuesten Forschungsergebnisse, die seit dem sechsten Jahrhundert vor ließ. Es war eine Geschäftsidee von Resultate höchst aufwändiger Prozedu- Christus, dass das Wetter natürliche Ur- dauerhaftem Erfolg: Bis heute machen ren? Von Supercomputern nach ausge- sachen hat. Zu einer systematischen Er- die vom Bamberger Uralt-Wetter ab- feilten mathematischen Modellen aus forschung waren jedoch Messinstru- geleiteten Prognosen jedes Jahr aufs Fluten von Messdaten berechnet, die mente erforderlich, um Veränderungen neue die Runde. aus aller Welt und aus dem All ständig in der Luft exakt zu registrieren. Im 17. heranströmen? Die Wahrscheinlichkeit Jahrhundert wurden Thermometer dafür ist beträchtlich, denn: Wetterbe- und Barometer erfunden, Anfang des regeln widerspiegelt. Immerhin liegt richte im Fernsehen haben ein großes 19. Jahrhunderts entstand die erste bei nicht allzu hohen Ansprüchen im Publikum… Wetterkarte. Sie zeigte allerdings le- Mittel zu 78 Prozent richtig, wer vor- diglich die Vergangenheit, denn die aussagt, dass das Wetter morgen etwa Wie das Wetter morgen und übermor- eingetragenen Werte des Luftdrucks so sein wird wie heute. Doch gerade gen und in einer Woche sein wird, hät- mussten per Post übermittelt werden. jene Fälle, in denen sich das Wetter ten die Menschen schon immer gern Mit der Telegrafie ging die Übertra- ändert, mitunter überraschend heftig gewusst. Um in die Wetterzukunft bli- gung schneller. 1851 wurden auf der und manchmal katastrophal, sind die cken zu können, musste man allerdings Weltausstellung in London nur weni- interessantesten. überhaupt erst einmal verstehen, wie ge Stunden alte Wetterbeobachtungen Wetter funktioniert. von 22 Stationen präsentiert. Vorher- > Erster Wetterdienst sagen ließen sich freilich auch daraus Verständlich, dass die Menschen in noch nicht ableiten. Da half nur Alltags- Den Anstoß zur Einrichtung von Wet- früheren Zeiten das schwer durchschau- erfahrung, wie sie sich in vielen Bauern- terdiensten gab eine militärische Ka- 14 15
Ein Meer voller Winde: Ein Satellit hat die Richtungen (Linien) und Stärken (Farben) der wassernahen Winde über dem Atlantik an einem einzigen Tag gemessen. (Foto: NASA) tastrophe. Während des Krimkrieges land und Ungarn heranziehenden Hoch- und Tiefdruckgebiete ab, aber meteorologischen Aus- letzten Jahrzehnten also unverhältnismäßig schnell wächst. 1854 zerschellten englische und franzö- Sturm telegrafisch gewarnt worden noch wusste man wenig über die Zu- gangsdaten die Wet- zwar kaum noch ver- Das war die Geburtsstunde des „Schmet- sische Kriegsschiffe in einem plötzlich wäre. Zwei Jahre darauf richtete Frank- sammenhänge. Der Durchbruch kam terentwicklung. Je grö- bessert werden, aber terlingseffekts“, den Lorenz in der Fra- aufgekommenen Sturm an der felsi- reich als erstes Land einen Wetterdienst erst Anfang des 20. Jahrhunderts, als ßer die Kapazität der die Vorhersagen sind ge formulierte: „Löst der Flügelschlag gen Küste des Schwarzen Meeres. Eine ein. Andere Länder folgten. der norwegische Geophysiker Vilhelm Rechner ist, desto dichter wesentlich differenzierter eines Schmetterlings in Brasilien einen Untersuchung ergab: Das Unglück hät- Bjerknes die wetterbestimmenden Vor- kann das Gitter gezogen wer- geworden. Hieß es früher für Tornado in Texas aus?“ Als Synonym te vermieden werden können, wenn die Doch das Geschäft war schwierig. Auf gänge in der Atmosphäre in mathema- den. ein größeres Gebiet „heiter bis wol- für unvorhersehbare Entwicklungen Flotte vor dem über England, Deutsch- den Wetterkarten zeichneten sich zwar tische Formeln fassen konnte. Damals kig“, so wird heute auch angegeben, wurde der Schmetterlingseffekt zum war es jedoch unmöglich, die Gleichun- > Wetterfrösche und Schmetterlinge wo etwa gute Chancen für Sonnen- Symbol der Chaosforschung. gen schnell genug für eine Vorhersage schein bestehen. Bei der mittelfristi- zu lösen. Noch für Jahrzehnte blieben Die noch zu weiten Maschen führen gen Vorhersage erreichen Prognosen Neuere meteorologische Untersuchun- Wenn das Christkind kommt die Meteorologen darauf angewiesen, dazu, dass Meteorologen immer wie- auf fünf Tage die Zuverlässigkeit von gen zeigten allerdings, dass die Unsi- das aktuelle Wettergeschehen auf Wet- der auf Unglauben stoßen, wenn sie Zwei-Tage-Prognosen zu Anfang der cherheit in der Regel lediglich am An- „El Niño“, das (Christ-)Kind, nannten reiches Wasser einer kalten Strömung terkarten möglichst genau zu erfassen von über 90 Prozent Treffern bei ihren siebziger Jahre. Darüber hinaus kön- fang exponentiell wächst, später aber peruanische Fischer schon im 19. Jahr- auf und beschert den Fischern reiche und dann aus Erfahrung auf die zu- Vorhersagen für den nächsten Tag nen Vorhersagen bis auf etwa zehn viel langsamer (linear), weil neue Phä- hundert einen Anstieg der Wasser- Beute, bis gegen Jahresende warmes künftige Entwicklung zu schließen – bis sprechen. Im großen Zusammenhang Tage voraus noch nützliche Informa- nomene statistischer Natur ins Spiel temperatur, der alljährlich um die Wasser aus dem Westen zurückfließt. nach dem Zweiten Weltkrieg die Com- mag etwa die Prognose „Schauernei- tionen liefern. Das erschien Anfang der kommen. So ähnlich, wie sich die Be- Weihnachtszeit die Fischfangsaison Alle paar Jahre aber kehrt sich der puter kamen. gung“ stimmen, doch Laien kommt es 1960er Jahre schier aussichtslos. wegungen einzelner Moleküle in einem vor ihrer Küste beendete. In unregel- Luftdruck in einer Art Schaukeleffekt darauf an, ob es nun bei ihnen gereg- Liter Luft bei der Vielzahl von Kollisio- mäßigen Abständen, alle zwei bis sie- völlig um. Die Passatwinde erlahmen. Die Leistungsfähigkeit der Rechner net hat oder nicht. Wo aber genau Damals machte der amerikanische nen unmöglich verhersagen lassen, das ben Jahre, ist die Erwärmung beson- Das warme Wasser schwappt mit verzehnfachte sich alle fünf bis sechs Schauer niedergehen, lässt sich nicht Meteorologe Edward Lorenz bei Unter- Verhalten aller Moleküle zusammen ders stark. Dann wird gleichzeitig die Macht zurück und verdrängt das kalte Jahre, aber gleichzeitig wuchs auch vorhersagen. Doch es gibt auch echte suchungen an einem vereinfachten aber schon: mess- und berechenbar mit Atmosphäre in weiten Teilen der Erde für längere Zeit. die Menge der zu verarbeitenden Pannen. So wurde 1999 das verheeren- Modell von Luftströmungen in der At- Größen wie Druck, Temperatur oder in Wallung gebracht: mit sintflutarti- Klimatologen können heute die Ent- Daten. Die schnellsten Computer be- de Orkantief Lothar von den Wetter- mosphäre eine Aufsehen erregende Dichte.Was immer die Meteorologen al- gen Regenfällen in Trockengebieten wicklung eines El Niño monatelang im wältigen heute drei Billionen Rechen- diensten falsch eingeschätzt. Entdeckung: Schon kleinste Störungen so von noch besseren und längerfristi- und Dürrekatastrophen in sonst reich- Voraus erkennen. Solche langfristigen operationen pro Sekunde (drei Tera- können enorme Auswirkungen haben, gen Vorhersagen abhält – die Schmet- lich mit Niederschlägen bedachten Vorhersagen sind von großer volks- flops), aber die Meteorologen sind Bei den Prognosen für den nächsten weil die dadurch entstehende Un- terlinge sind es nicht. Regionen. Dieses Phänomen ist ge- wirtschaftlicher Bedeutung. So kann damit noch längst nicht zufrieden. In Tag konnte die Trefferquote in den sicherheit mit der Zeit exponentiell, meint, wenn man heute von einem El man je nach den erwarteten Nieder- ihren Rechenmodellen überziehen sie Niño spricht. schlägen Vorsorge treffen: etwa Vor- die Erde mit einem dreidimensionalen Roboter sorgen für Ordnung in Die im tropischen Pazifik wehenden sichtsmaßnahmen gegen Waldbrände Gitter, und der Rechner ermittelt für diesem vollautomatischen Mag- Passatwinde (siehe S. 11) treiben war- verstärken oder dem erwarteten jeden einzelnen Gitterpunkt aus den netband-Silo im Deutschen Klima- rechenzentrum in Hamburg. Hier mes Oberflächenwasser von Osten Klima gemäße landwirtschaftliche werden die Daten für die Klima- nach Westen. Dadurch steigt vor der Kulturen anbauen. modellierung gespeichert und südamerikanischen Küste nährstoff- verwaltet. (Foto: DKRZ) Ein Ehepaar paddelt in der Chinesischen Stadt Wuhan zum Einkaufen, indonesische Schon kleinste Störungen können für die Wettermaschine grosse Auswir- Schuljungen laufen in einer Vorstadt von Jakarta durch einen ausgetrockneten See – kungen haben. Dass der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Tornado in beiden fällen wird ein El Niño als Ursache für Flut bzw. Dürre vermutet. (Foto: dpa) auslösen kann, bleibt allerdings ein Mythos. (Foto: photodisc/ius) 17 16
Händler verkaufen 1997 in einer indonesischen Stadt Waldluft auf Knopfdruck. In dieser Simulationskammer Atemschutzmasken an die Autofahrer. Ursache der werden die Selbstreinigungskräfte der Atmosphäre er- gesundheitsschädlichen Rauchschwaden sind grosse forscht. Luft unterschiedlichster Zusammensetzung wie Waldbrände in Südostasien. (Foto: dpa) Stadtluft, Waldluft oder Atlantikluft kann hier erzeugt werden. (Foto: Forschungszentrum Jülich) Rauchende Schlote: Was früher ein Symbol für Wohlstand war, wirkt heute bedrückend und bedrohlich. (Foto: photodisc) »Die frische Luft des freien Feldes ist der eigentliche Ort, wo wir hingehören; es ist, als ob der Geist Gottes dort den Menschen unmittelbar anwehte ...« Verhältnisse in der Atmosphäre sowie Johann Wolfgang von Goethe die vielfältigen Wechselwirkungen mit den Ozeanen, den riesigen Eisflä- chen und der Vegetation machen es bislang unmöglich, verlässliche Vorher- Die missbrauchte angestiegen ist wie in jüngster Zeit. Natürliche Ursachen haben zum ge- genwärtigen Anstieg allenfalls teilwei- Aber die globale Temperatur-Erhöhung ist nur die am leichtesten fassbare Größe des Klimawandels. Neben den sagen für bestimmte Regionen abzu- geben. Fest steht indes, dass es zahlreiche Ver- Atmosphäre se beigetragen. Temperaturen ändern sich auch die lierer des Klimawandels geben wird. Niederschläge. Erwartet wird zudem, Nur die größten Optimisten können Der Temperaturanstieg wird sich nach dass Wetterextreme zunehmen: schwe- annehmen, dass Abermillionen ihrer den Voraussagen der Forscher in den re Stürme, Regenfluten, Dürreperioden. bisherigen Lebensgrundlagen beraub- kommenden Jahrzehnten noch erheb- ter Menschen von den besser davon- lich beschleunigen. Der Zwischenstaat- > Wer verliert? gekommenen mit offenen Armen auf- liche Ausschuss zum Klimawandel genommen werden. Die historische (Intergovernmental Panel on Climate Doch mit detaillierten Aussagen tun Erfahrung lehrt das Gegenteil. Danach Ein „grosses geophysikalisches Expe- Über die Auswirkungen von zusätzli- gen – eine beachtliche Steigerung, wie drohen Unruhen und Konfrontatio- Change, IPCC), ein Experten-Gremium, sich die Forscher schwer. Wo wird es riment“ nannte vor zwei Jahrzehnten chem Kohlendioxid (CO2) in der Luft Klimatologen immer wieder versichern. nen, Verteilungskämpfe auf einer dicht dem mehrere tausend Wissenschaft- besonders warm – und wo vielleicht der amerikanische Meeresforscher haben Gelehrte schon im 19. Jahrhun- Die 1990er Jahre waren das wärmste bevölkerten Erde mit weltweit ver- ler in aller Welt zuarbeiten, gab in sei- auch kälter? Welche Gebiete trocknen Roger Revelle, was die Menschheit mit dert nachgedacht. Sie kamen zu dem Jahrzehnt. Nach Auswertung natür- flochtenen Strukturen. nem jüngsten Bericht Anfang 2001 die aus und welche werden häufiger von der Lufthülle treibt. Es ist ein sehr ein- Schluss, dass sich die Atmosphäre er- licher Klimaarchive wie Baumschei- Prognose ab, dass die Durchschnitts- „Jahrhundertfluten“ heimgesucht? faches Experiment: Man lässt so viel wärmen müsste. Das tut sie nun auch. ben, Korallen und Eisbohrkerne kamen Mit dem abgeklärten Blick auf Jahr- temperatur im Jahr 2100 zwischen 1,4 Wo kommt es zu abrupten Klimaän- Kohlendioxid in die Luft, wie bei stei- Die am Boden gemessenen Tempera- die Wissenschaftler zu dem Schluss, millionen weisen manche Geowissen- und 5,8 Grad höher liegen wird als derungen, zu „Klimasprüngen“? Etwa gendem Wirtschaftswachstum eben turen sind im weltweiten Durchschnitt dass die Temperatur im letzten Jahr- schaftler darauf hin, dass die Erde schon 1990. Der Meeresspiegel wird zwischen bei uns in Europa, falls der wärmende anfällt. seit 1860 um 0,7 Grad Celsius gestie- tausend niemals so schnell und so hoch ganz anderes überstanden hat. In der 9 und 88 Zentimeter ansteigen. Golfstrom erlahmt? Die komplizierten 18 19
Jedes Jahr ein neuer Rekord: Die Kurve zeigt den CO2- Gehalt der Atmosphäre nach Messungen auf dem Mauna Loa in Hawaii. In der Wachstumsperiode der Pflanzen auf der Nordhalbkugel fällt sie jeweils leicht zurück. (Foto: NOAA) CO2-Gehalt in % 0,038 0,037 0,036 0,035 0,034 Auch Pflanzen produzieren Stoffe, die 0,033 zum Sommersmog beitragen. In dieser Kammer werden sie gemessen. (Foto: FZJ) 0,032 Das Wohlstandsgas 0,031 1955 1965 1975 1985 1995 2005 Reizendes Wetter Jedes Jahr bringt die Menschheit bei der Energieerzeugung durch Kohle, Öl Am Boden entsteht das Reizgas Ozon (O3) in Brandrodung in Belize südlich von und Gas 22 Milliarden Tonnen CO2 in Mexiko. (Foto: photodisc) gesundheitsschädlichen Konzentrationen, die Luft. Dazu kommen noch einmal wenn durch menschliche Aktivitäten in die über sieben Milliarden Tonnen, die Luft gebrachte Stickoxide und hauptsächlich durch Vernichtung von Wäldern und von Pflanzen abgegebene flüchtige organi- die Zerstörung anderer Naturräume sche Verbindungen miteinander reagieren. freigesetzt werden. Ohne die fossilen Stickoxide gehen bei Verbrennungsprozes- Energieträger aber und den Strom, der sen in die Luft. Die pflanzlichen Produkte aus ihnen erzeugt wird, läuft so gut werden zum Anlocken von bestäubenden In- wie nichts in der Welt von heute. Ob sekten, zum Abschrecken von Fressfeinden, wir heizen oder kühlen, mit dem Auto als Stresssignale und aus noch unbekann- oder der Bahn fahren – immer entsteht tiker auf internationalen Konferenzen Energieverbrauch vor allem in den Mit dem aufkommenden Industriezeit- nicht wieder los. In einem komplizier- ten Ursachen zu hunderten von Millionen CO2. (Foto: DPA) um Vereinbarungen, die „UN-Klima- industrialisierten Ländern und zum alter nahm die Luftverschmutzung im- ten System von Kreisläufen zirkuliert Tonnen jährlich abgegeben. Voraussetzung rahmenkonvention“, „Kyoto-Protokoll“ geringeren Teil aus großflächigen mer weiter zu. Als in den 1970er Jahren das CO2: Es findet sich nicht nur in der für die Reaktion ist starke Sonnenstrah- oder „Bonner Beschluss“ heißen. Bis- Brandrodungen in den Tropenwäldern. die Belastung durch Stäube und Ruß Atmosphäre, sondern auch in den Ge- lung. Deshalb gibt es Smogalarm nur bei lang handelt es sich vornehmlich um sowie den durch Schwefeldioxid und wässern und Ozeanen, im Boden und schönstem Wetter. Tat: Der Erde machen Klimawandel Absichtserklärungen, meist leider auf Die Luft muss seit jeher viele Substan- Stickoxide ausgelösten sauren Regen in den Gesteinen. Lebewesen verarbei- nichts aus. Die längste Zeit ihrer Ge- kleinstem gemeinsamem Nenner. Ein zen aus den anderen Sphären aufneh- in manchen Gebieten unerträglich ten CO2 zu Biomasse – beim Abbau schichte war das Klima wärmer als Wunder ist das nicht, denn die Mensch- men, von vulkanischen Gasen bis zu geworden war, halfen gesetzliche Auf- organischer Substanz wird es wieder heute, aber vor etwa 600 Millionen heit hat sich in eine extrem schwieri- flüchtigen Stoffen, die von Pflanzen lagen schnell – der Himmel über dem frei. Das eingespielte Gleichgewicht schleust. Die andere Hälfte bleibt 50 Jahren war die Erde auch bis in die ge Lage gebracht. und Tieren abgegeben werden. Im Ruhrgebiet wurde wieder blau. Die wird nun durch die Menschheit schwer bis 200 Jahre lang in der Atmosphäre Tropen vereist. Schaden erleidet die Laufe langer Zeiträume hat sie sich klassischen Schadstoffe halten sich gestört. In ihrem Energiehunger setzt hängen. Lag der CO2-Gehalt der Luft menschliche Gesellschaft, die in der > Das Dilemma zwar in ihren Grundbestandteilen ver- ohne Nachschub nur wenige Tage, sie schlagartig gewaltige Mengen CO2 vor der Industrialisierung bei 0,028 heute überfüllten und global vernetz- ändert, doch im Allgemeinen sorgen höchstens Wochen in der Luft. Auch frei, die über Millionen Jahre in den Prozent, so ist er inzwischen auf 0,037 ten Welt auf Änderungen der gewohn- Kohlendioxid kann nicht wie gewöhn- Selbstreinigungsmechanismen dafür, der berüchtigte Sommersmog mit ho- fossilen Brennstoffen gebunden wa- Prozent gestiegen. ten Verhältnisse höchst empfindlich liche Luftverunreinigungen mit Elek- dass Fremdstoffe schnell wieder ent- hen Ozon-Konzentrationen in Boden- ren. Jeden Tag wird davon weltweit reagiert. Ein Klimawandel wird sich trofiltern, Entschwefelungsanlagen fernt oder zersetzt werden. nähe dauert nicht lange an, der Alarm mehr verbrannt als in tausend Jahren > Wer im Glashaus sitzt umso gravierender auswirken,je schnel- und Katalysatoren einfach aus den kann immer schnell wieder abgebla- Erdgeschichte aus unverwesten Lebens- ler er eintritt. Abgasen zurückgehalten werden. Es Jahrhundertelang wurde die Atmo- sen werden. resten entstanden ist. CO2 übt in der Atmosphäre eigentlich ist das natürliche Endprodukt jegli- sphäre ohne größere Folgen auch mit eine segensreiche Wirkung aus: Zu- Während Wissenschaftler vor dem cher Verbrennung. Sein Anstieg in der dem fertig, was der Mensch ihr zumu- Das ihr aufgebürdete Kohlendioxid hin- Nur etwa zur Hälfte wird der jährliche sammen mit Wasserdampf, der den „Treibhauseffekt“ warnen, ringen Poli- Luft resultiert aus dem immensen tete, etwa bei Verhüttungsprozessen. gegen wird die Atmosphäre so schnell Zugang an CO2 in die Kreisläufe einge- größten Teil beiträgt, hält es die Erde 20 21
Am 1. März 2002 startete der bisher grösste Umweltsatellit ins All: ENVISAT. Der rund acht Tonnen schwere und zehn Meter hohe Koloss wird in 800 Kilometern Höhe mit zehn wissen- schaftlichen Instrumenten fünf Jahre lang Daten sammeln. (Foto: ESA, Montage: ius) Das „Ozonloch“ über der Antarktis 2001: Die inzwi- schen aus dem Alltag verbannten Chemikalien , die es verursachen, sind in der Höhe noch lange aktiv. (Fotos: AWI oben, NASA rechts) Im Thüringer Nationalpark Hainich untersuchen Forscher hoch über den Wipfeln den Gasaus- tausch der Bäume. (Foto: Thomas Stephan/MPI für Das Loch über der Antarktis Biogeochemie) Sie galten als eine der großartigsten des Jahr im September/Oktober ein Auf- Entdeckungen der chemischen Indus- reißen des „Ozonlochs“ fest – immer trie: Fluorchlorkohlenwasserstoffe dann, wenn die Sonne wieder die ant- (FCKW) sind sehr stabil und langle- arktische Stratosphäre erreicht, die big, ungiftig und unbrennbar. In hö- Temperatur dort aber noch sehr nie- heren Sphären machen sie jedoch drig ist. In den letzten Jahren war die- Ärger: in der Troposphäre wir- se Zone starker Ausdünnung fast drei- warm. Ähnlich den Glasscheiben eines Der zusätzliche „anthropogene“ Anteil europäische Umweltsatellit ENVISAT da es global erfolgen muss, eine Auf- ken sie als starke Treibhausgase mal so groß wie Europa. Auf der Nord- Gewächshauses lassen beide zwar das ist heute meist gemeint, wenn vom liefert ein Fülle neuer klimarelevanter gabe für Titanen. Um den CO2-Gehalt und in der Stratosphäre werden halbkugel wird es für derart dramati- Sonnenlicht zur Erde strömen, fangen Treibhauseffekt gesprochen wird. Da- Messdaten etwa über die Zusammen- der Atmosphäre auch nur bei 0,055 sie von UV-Strahlen zerlegt. Die dabei sche Auswirkungen nicht kalt genug. aber die in längeren Wellen schwin- ran sind einige weitere „Treibhausgase“ setzung der Atmosphäre, die Tempe- Prozent zu stabilisieren, so haben Be- freigesetzten Chlor-Atome greifen das Immerhin enthält die Stratosphäre gende Infrarot-Strahlung ab, die von beteiligt: neben Methan, dessen na- ratur und den Wellengang der Meere, rechnungen ergeben, müsste der Aus- Ozon an, das die Erde wiederum vor über Deutschland heute in den Win- der erwärmten Erdoberfläche ausge- türlicher Gehalt in der Atmosphäre Veränderungen des Meeresspiegels stoß weltweit um 50 Prozent, in den UV-Strahlen schützt. Dabei ist das termonaten 10 bis 15 Prozent weniger sandt wird. Ohne diesen natürlichen durch menschliche Aktivität erhöht und der Eiskappen, den Zustand der Industrieländern sogar noch stärker ge- Chlor als Katalysator derart effektiv, Ozon als 1970. Treibhauseffekt betrüge die Tempera- wird, sind das Distickstoffoxid, Ozon Wälder. Immer leistungsfähigere Com- senkt werden. Doch auch ein weniger dass ein einziges Atom bis zu 100 000 Die internationale Staatengemein- tur an der Erdoberfläche statt durch- und Fluorchlorkohlenwasserstoffe puter ermöglichen eine ständige Ver- radikaler Kurswechsel wäre nicht oh- Ozon-Moleküle zerstören kann. Vor- schaft reagierte schnell mit Einschrän- schnittlich +15 nur -18 Grad. Das zusätz- (FCKW), die Ozonkiller in der Strato- besserung der Klimamodelle mit einer ne Wirkung. Er könnte die Entwick- aussetzung für diesen Prozess ist ein- kungen und Verboten. Weil jedoch lich in die Luft gebrachte CO2 verstärkt sphäre. Doch Kohlendioxid ist der zen- feineren Auflösung und einer stär- lung immerhin verlangsamen und der erseits Sonnenschein, andererseits viele FCKW-Moleküle die Ozonschicht nun diese Wirkung direkt und indi- trale Faktor. keren Berücksichtigung der Wechsel- Menschheit mehr Zeit verschaffen, sich extreme Kälte von etwa minus 80 erst jetzt erreichen, hat sich der rekt. Indem es nämlich die Lufttem- wirkungen. auf veränderte Bedingungen einzu- Grad. Prozess noch nicht umgekehrt. Die ur- peratur erhöht, ermöglicht es der Luft, Um die Folgen genauer abzuklären, stellen. Anfang der achtziger Jahre wurde der sprünglichen Verhältnisse in der Stra- mehr Feuchtigkeit aufzunehmen, und nutzen die Wissenschaftler das ganze Der erreichte Wissensstand gibt indes Ozon-Abbau über der Antarktis ent- tosphäre werden erst wieder Mitte so wird der Treibhauseffekt weiter ver- Instrumentarium modernster High längst hinreichend Anlass für ent- deckt. Seitdem stellen die Forscher je- des Jahrhunderts erwartet. stärkt. Tech. Der am 1. März 2002 gestartete schlossenes politisches Handeln. Das ist, 22 23
Die Schalen abgestorbener Kieselalgen dienen den Auch im Kalk von Korallen findet sich ein „Thermometer“, Forschern zur Klimabestimmung bei ehemaligen das Auskunft gibt über die Klimabedingungen zur Zeit seiner Gewässern. Hier sind sie unter dem Rasterelektro- Entstehung. Hier pirscht sich ein Taucher an ein besonders nenmikroskop zu sehen. (Foto: LfUG Sachsen) grosses Exemplar heran. (Foto: Geomar) Pollenkorn unter dem Mikroskop. Findet man Blüten- staub, wie hier von einem Nelkengewächs, in einer Sedimentschicht, so deutet dies auf eine waldfreie Um- gebung hin. Denn: die Vertreter dieser Familie sind an helle Standorte gebunden. (Foto: LfGR Brandenburg) Dabei geht es auch immer darum, den Sonnenstrahlung zu immer weiterer Ursachen für die natürlichen Klima- Abkühlung. Wie das Zusammenspiel wechsel auf die Spur zu kommen. Kli- zwischen der Atmosphäre und den Auf den Spuren der matologen unterscheiden interne, in- nerhalb des Systems Erde wirkende und externe Faktoren. Externe Einflüsse kön- nen Veränderungen der Sonnenaktivi- anderen Sphären im Einzelnen funktio- niert, suchen die Forscher durch ihre Untersuchungen herauszubekommen. vergangenen Zeit tät sowie Variationen der Erdbahn und Um das Klima vergangener Zeiten zu der Neigung der Erdachse sein. Intern rekonstruieren, bedarf es ausgefeilter wirken etwa Veränderungen in der Aus- Detektivarbeit. Temperaturmessungen dehnung des Eises, in der Vegetation, gibt es erst seit dem 17. Jahrhundert. im Verlauf von Meeresströmungen, in Weiter zurück reichen Chroniken mit den Oberflächenformen der Erde. Berichten über Dürren, Fluten und schneereiche Winter, über gute und von Norden her weit nach Mitteleuropa ob es Signale gibt, die frühzeitig das > Einfluss der Sonne schlechte Ernten, die Ausdehnung des »Erzähle mir die Vergangenheit, und ich werde vorgestoßen ist – mehrmals in Abstän- Ende unserer Warmzeit ankündigen. Weinanbaus. Aus all dem zeichnen sich den von jeweils rund 100 000 Jahren. Obgleich die astronomischen Unregel- im letzten Jahrtausend eine wärmere die Zukunft erkennen.« Konfuzius Aktueller ist jedoch die Diskussion um mäßigkeiten die Sonneneinstrahlung und eine kältere Phase deutlich ab. Nach den Erkenntnissen der Paläokli- den von der Menschheit bewirkten auf der Erde nur um weniger als ein Zum einen das warme „Mittelalterliche matologen ist das Eiszeitalter, das vor Treibhauseffekt, der nach nahezu ein- Prozent verändern, genügt das nach Klimaoptimum“ von etwa 900 bis 1300, 2,5 Millionen Jahren anbrach, noch helliger Meinung der Fachwelt das den Berechnungen der Wissenschaft- in dem die Wikinger die heutige Eis- Jahrzehntelang mussten Forscher des nicht zu Ende: Wir leben lediglich in ei- Erdklima schon in den nächsten Jahr- ler, Klimaschwankungen bis hin zum insel Grönland „grünes Land“ nannten 19. Jahrhunderts um Anerkennung für ner milden Phase. Bis zur nächsten Kalt- zehnten gravierend beeinflussen wird. Wechsel von Warm- und Kaltzeiten an- (auch wenn sie damit vielleicht nur ihre Entdeckung kämpfen, dass die zeit dauert es wohl noch ein paar tau- Um die Auswirkungen genauer ab- zuschieben. Wechselwirkungen und den besiedelbaren Rand meinten). Gletscher in den Alpen einst viel mäch- send Jahre, doch ganz sicher ist das schätzen zu können, studieren die Rückkoppelungen auf der Erde verstär- Zum anderen die „Kleine Eiszeit“ von tiger waren und viel weiter reichten als nicht. Da möchte man gern wissen, wie Forscher, wie sich das Klima schon oh- ken den Effekt. So führt eine Ausdeh- etwa 1500 bis 1800 mit häufigen Miss- heute. Noch viel schwerer fiel die Er- ein so ausgeprägter Klimawandel ab- ne menschlichen Einfluss verändert nung ständig schneebedeckter Flä- ernten und Hungersnöten in Mittel- kenntnis, dass kilometerdickes Eis auch läuft, wie schnell er vor sich geht und hat. chen durch verstärkte Reflexion der und Westeuropa. 24 25
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