Wildnis - Schmutzig und glücklich - so lernen Kinder im Sihlwald S.4 - Wildnispark Zürich
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Frühling/Sommer 2018 Wildnis Nr. 17 Schmutzig und glücklich – so lernen Kinder im Sihlwald S.4 Wildnis Nr. 17 Frühling/Sommer 2018 1
Agenda 13. Schweizer 18. Sihlwald-Kino Grüezi CHF 50.–/10.–, mit Anmel- dung. In Zusammenarbeit mit Wandernacht Besucherzentrum in Fischotter Pro Natura Zürich. Sa 23. Juni, Sihlwald Sihlwald – willkommen zurück bis Langenberg Wildnis Tag der 17.45 – 23.30 Tag offenen Tür Nachtwanderung zu Totholz, Sonderausstellung 25. März bis der Naturzentren Wölfen und rauschenden 28. Okt. 2018 und Abenteuer Bächen. Ein Genuss für 31. Aug – 9. Sept. 2018 StadtNatur Erwachsene und Kinder. 20. Sihlwald-Kino u.a. mit So 27. Mai, Besu- Three Billboards outside Ebbing Wildnis Eröffnungs- cherzentrum in Kurs Tiere zeichnen Papa Moll Jubiläumstag 2.9. Filme von 10 –22 h Tag Tag Sihlwald 13 – 17 Mi 8. August, Eintritt: Einzeleintritt CHF 18.— Pro Natura-Mitglieder CHF 14.— Kinder bis 16 Jahre CHF 12.— So 25. März, Abwechslungsreiches Pro- Langenberg 14 – 16 Detailprogramm: ab Juli 2016 an den Vorver- Besucherzentrum in gramm mit Blick hinter die Vermittlung der Grundlagen Sihlwald 9 – 17.30 Kulissen, Chaschperlitheater für tierisches Zeichnen mit Wildnis Pilz-Tag Feierliche Eröffnung der Sai- und Spielspass für die einheimischen Tieren als Vor- Tag So 30. Sept., son und Vernissage der neuen Kleinen. lage. Für Erwachsene und Besucherzentrum in Sonderausstellung «Grüezi Kinder ab 8 Jahren in Be Sihlwald 11 – 17 Fischotter – willkommen zu- Moos- und gleitung. Erw./Kind CHF 40.– Ein Genuss für alle Sinne mit rück». Mit Kurzführungen, Flechtenexkursion /15.–, mit Anmeldung. Ständen voll mit frischen Apéro, «Märli-Gschichte» und Sa 2. Juni, Sihlwald Pilzen. Basteln. Programm zwischen 13.45 – 16.30 Wildnis Ranger-Tag 13 und 16 Uhr. Entdeckungsreise zur Arten- Tag So 26. Aug., Wildnispark-Fest und Formenvielfalt der Moose Sihlwald 11 – 16 Sihlwald und Erlebnis-Samstage und Flechten im Naturwald. Ein Tag im Zeichen unserer Langenberg jeden ersten Sa von CHF 30.–, mit Anmeldung. In Rangerin und unserer Ranger: April bis Oktober, Zusammenarbeit mit For- mit Infostand, Kurzführungen Besucherzentrum in schenden der WSL. und Basteltisch für die So Sihlwald 14 −16 Kleinen. 16. Sept Wir halten jeden Monat eine Wildnis Jungtiere im «wilde» Idee für Sie bereit. Tag Langenberg Wildnis So 17. Juni, park Exkursion Mäuse jäger Sa 14. April, Langenberg 13 – 17 Spannendes und Spieleri- F est Sihlwald 15 – 18.30 sches zu ausgewählten Wild- Spannende Entdeckungsreise tieren und ihren Jungen. Ein auf den Spuren von Mauswie- tierischer Erlebnistag für die ☛ Alle Angebote des Wildnispark Zürich finden Sie unter sel und Hermelin. Erw./Kind ganze Familie. www.wildnispark.ch/veranstaltungen 2
Inhalt Editorial Schmutzig und glücklich – so lernen Kinder im Sommer wie Winter halte ich Sihlwald Unsere Schulangebote sind weit mehr als mich sehr gerne in der Natur abenteuerliche Erlebnisse im Wald. S. 4 auf und geniesse ausgedehn- te Waldspaziergänge. Meist Eine neue Chance für den Fischotter Lange aus sind auch meine (angeleinten) gestorben in der Schweiz, hinterlassen bei uns seit Hunde mit von der Partie. 2009 einzelne Fischotter wieder ihre Spuren. S. 9 Nicht selten beobachte ich auf meinen Spaziergängen am Albis Rehe und Füchse «Der Patentag ist ein Highlight» Nur ein Zaun oder ab und zu auch einen Dachs oder einen Iltis. Bei ei- trennt das Ehepaar Frieden von der Wisentanlage. ner direkten Begegnung halten beispielsweise Rehe Die langjährigen Paten erzählen. S. 13 kurz inne, wie um die Situation abzuschätzen, und flüchten dann in dichter bewachsene Waldflächen. Ich Einsame Wildnis Wie Elsbeth Flüeler Wildnis auf habe mich schon oft gefragt, welchen Einfluss ich als dem Wildalpili erlebt. S. 14 Spaziergängerin auf Wildtiere habe. Forschungsprojek- te zu diesem wichtigen Thema in unseren immer inten- Neues aus dem Wildnispark Stabübergabe im siver genutzten Naherholungsgebieten gibt es nicht vie- Besucherzentrum. S. 15 le. Eines davon hat in den letzten Jahren im Sihlwald stattgefunden. Erfahren sie mehr dazu auf Seite 16. Rehforschung im Sihlwald abgeschlossen Mit gezielter Besucherlenkung funktionieren Die Rückkehr einer ausgestorbenen Tierart ist ein span- Erholung und Naturschutz nebeneinander. S. 17 nendes und bewegendes Ereignis. Wir erleben es in dieser Zeit gleich mehrfach: beim Wolf, beim Rothirsch Kinderseite Fischotter-Rätsel S. 18 und auch beim Fischotter. Neben der meist sehr emoti- onal gefärbten Diskussion über Vor- und Nachteile einer Mein Wildnispark-Tipp Andres Türler beobachtet Rückkehr, Lebensrecht und gesellschaftlicher Akzep- seit seiner Kindheit Tiere im Langenberg. S. 19 tanz tritt der Kern dieser Entwicklung meist etwas in den Hintergrund: dass eine Tierart selbstständig wieder Fuss fassen kann in unserer Landschaft. Der Fischotter Titelbild: Feuersalamander. Bild: Wildnispark Zürich. kehrt zurück, weil sich seine Lebensbedingungen bei Rückseite: Schulkinder im Wald. Bild: Wildnispark Zürich. Heftmitte: Fischotter. Bild: Fredy Tschui. uns verbessert haben – das sollte uns mit Stolz erfül- len. Im Wildnispark Zürich können Fischotter, Wolf und Impressum «Wildnis» Nr. 17: Rothirsch nicht nur in ihren Tieranlagen beobachtet © Wildnispark Zürich, Redaktion: Bianca Guggenheim, Martin Kilchen- mann | Bilder: Wildnispark Zürich, Fredy Tschui | Gestaltung: Angelika werden. Die Naturlandschaft mit Sihlwald und Sihl Wey-Bomhard | Mitarbeit an dieser Nummer: Karin Hindenlang, Carmen bietet einen geeigneten Lebensraum für ihre Rückkehr. Herzog | Klimaneutral und mit Ökostrom gedruckt | Papier: Cyclus Print aus 100% Altpapier | Die «Wildnis» erscheint 2x jährlich. Abdruck mit Ich freue mich darauf, bei meinen Spaziergängen künf- Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht: Stiftung Wildnispark Zürich, Wildnis, Frühling 2018 | Die nächste «Wildnis» Nr. 18 erscheint im tig auch ihnen zu begegnen. September 2018 | Stiftung Wildnispark Zürich, Alte Sihltalstrasse 38, 8135 Sihlwald, Tel. 044 722 55 22, info@wildnispark.ch, www.wildnispark.ch, Konto 80-151-4, IBAN CH14 0070 0110 0017 3782 3 Herzlich, Ihre Karin Hindenlang Wildnis Nr. 17 Frühling/Sommer 2018 3
Schmutzig und glücklich – s Über einen kleinen «Höllenschlund» springen, gemeinsam einen steilen Hang erklimmen und über einen gekippten Baumstamm balancieren. Waldtage im Rahmen der Schulangebote des Wildnis- park Zürich ermöglichen Abenteuer. Durch diese entsteht auch eine tiefe Verbunden- heit mit der Natur. «Los geht’s, wir machen eine Mutprobe», verkündet Urs Hof stetter. Die Stimme des gross gewachsenen Mannes ist tief, rau und freundlich. Etwas Geheimnisvolles schwingt in ihr. Der Projektleiter Schulen des Wildnispark Zürich dreht sich um und rennt in geschicktem Zickzack einen baumdurchsetzten weglosen Hang hinauf. Die Dritt- und Sechstklässler, die an diesem kalten Wintertag gemeinsam mit ihren zwei Lehrerin- nen am Waldtag teilnehmen, folgen ihm mit munterem Ge- 4
«Buah, das Kind frei wie hier im Sihlwald, so ergänze es intuitiv das, was isch krass» es bereits kann mit einer zusätzlichen Herausforderung. «Im – selbst die Wald vermitteln wir Inhalte auf einem anderen Weg als im mutigsten Schulzimmer. Auch die Schwerpunkte liegen woanders. Muss Sechst- ein Kind entscheiden, an welcher Stelle es über den Graben klässler sind springt, so stärkt das ganz nebenbei seine Selbstkompetenz beeindruckt. und dadurch sein Selbstbewusstsein». Hinzu kommt, dass die Grobmotorik sowie das Gleichgewicht mit beinahe jedem schrei. Der Waldtag findet im Rahmen der vielseitigen Schul- Schritt abseits des Weges weiterentwickelt werden, erwähnt angebote des Wildnispark Zürich statt. Die Drittklässler neh- Hofstetter fast nebenbei. «Im Wald ist das Kind im Rahmen men am sogenannten Vier-Jahreszeitenprogramm teil; für sie des selbstbestimmten und entdeckenden Lernens also prak- ist es bereits der fünfte Tag im Sihlwald, die Sechstklässler tisch andauernd am Lernen», erklärt der Projektleiter Schulen. sind als «Göttiklasse» der Kleinen erstmals mit dabei. o lernen Kinder im Sihlwald Vielfältige Herausforderungen im Wald Im Wald lernen Kinder aus eigenen Erfahrungen Der Wind bläst kalt an diesem Wintertag. An schattigen Stel- Die Kinder stehen erneut vor einem Graben. Er ist deutlich tie- len liegt pulvriger Schnee. Der Boden ist mit einer dicken fer und breiter als der erste. «Buah, das isch krass» – selbst die Schicht verdorrter Laubblätter zugedeckt. Sie wirbeln den mutigsten Sechstklässler sind beeindruckt. An einer Stelle rennenden Kindern wild um die Beine. Abrupt stoppt Hof reicht ein gekippter, relativ schmaler Baumstamm bis an die ge- stetter auf einer Anhöhe. Vor ihm klafft ein Graben. «Diesen genüberliegende Seite. Ein langer, faustdicker Ast überquert kleinen Höllenschlund müssen wir nun überqueren», erklärt den Graben etwa einen Meter darüber und bildet so ein ‘natürli- Hofstetter. Ein paar Kinder drängeln nach vorne. Noch bevor ches Geländer’. Alles halb so wild? «Bei dieser Überquerung Unruhe aufkommen kann, erklärt der Pädagoge, dass es ver- geht es um Sachkompetenz», erklärt Hofstetter. «Jedes Kind schiedene Möglichkeiten gebe, den an der tiefsten Stelle etwa erlernt für sich, wie es den Fuss am besten platziert, um den anderthalb Meter tiefen und einen Meter breiten Graben zu Stamm sicher überqueren zu können.» Die Kinder reihen sich überqueren. Ein paar Schritte weiter ist der Graben nur noch ein und rutschen einen kurzen schlammigen Abhang hinunter in halb so tief und mit einem Schritt überwindbar. Die Kinder fin- Richtung ‘Brücke’. Einige nehmen dabei Hofstetters Hand zu den rasch ihren Platz. Ein paar Kinder brauchen noch etwas Hilfe. Manch ein Kinderfuss sucht erst vorsichtig den Halt auf Zeit, um sich zu sammeln, andere springen sofort. Stolz haben der Baumbrücke – ob es mit quer oder längs gestelltem Fuss alle die Mutprobe bestanden. besser geht? Überquere ein Kind einen Graben auf diese Art, so «Wichtig ist, dass wir den Kindern verschiedene Möglichkeiten taste es sich je nach ‘Walderfahrung’ langsam an die verschie- geben, um Herausforderungen entsprechend ihren Fähigkei- denen Möglichkeiten heran, sagt Hofstetter. Im Sihlwald ist es ten annehmen zu können», erklärt Urs Hofstetter. Lerne ein in diesen Morgenstunden noch immer knapp unter null Grad Wildnis Nr. 17 Frühling/Sommer 2018 5
Vom Wald-Erlebnis zum Naturschutz Mit unseren Schulangeboten ermöglichen wir jährlich rund 200 Schulklassen ein unvergessliches Erlebnis in der Natur. Durch wiederholte Besuche – ob in Mehrfachangeboten oder in der Freizeit mit der Familie – wächst eine Verbundenheit mit der entdeckten Natur heran. So entwickeln Kinder auf ganz natürliche Weise Interesse an Naturthemen und möchten Hand entgegen. Es wird gestöhnt und geschwitzt. von sich aus schützen, was sie kennen und schätzen gelernt Eine Viertelstunde später haben alle den Hang über- haben. Eine generationenübergreifende Voraussetzung für wunden. «Wer ist am schmutzigsten?» ruft Hofstet- einen langfristig geschützten Naturwald Sihlwald. ter. «Ich, ich, ich» – lautes Kindergeschrei erklingt, die Kinder drängen sich um Hofstetter. Nun sind alle schmutzig und wirken glücklich und erschöpft. «Auf Celsius, die Sonne steigt langsam über den Horizont, leichte dem ‘Seiliweg’ erlernen die Kinder auf ganz natürlichem Weg Nebelschwaden ziehen vorbei und verwandeln den Wald in Sozialkompetenz – neben der bereits erwähnten Selbst- und einen lichtdurchfluteten Märchenwald mit langen Schatten. der Sachkompetenz», erzählt Hofstetter. Er erwähnt mit einem Lächeln, dass es immer wieder beeindruckend sei, wie sich die «Soll ich dir helfen?» Kinder gegenseitig beim Überwinden besonders rutschiger oder Hofstetter zeigt auf einen steilen Hang. «Wir kommen zum steiler Partien auf dem ‘Seiliweg’ helfen w ürden. ‘Seiliweg’», erläutert der ehemalige Lehrer. Mehrere Seile sind Zwischen all den Herausforderungen haben die Kinder immer an Stämmen fixiert und hängen talwärts. Der Boden ist rutschig wieder Zeit für die Entwicklung eigener Spiele. Das liegt Urs und meist ohne Laub. Auch hier können die Kinder zwischen Hofstetter sehr am Herzen. Denn so können die Kinder den schwierigeren und einfacheren Routen auswählen. Voller Taten- Wald selbst entdecken und Freude an der Natur gewinnen. Ein drang stürmen sie los und kämpfen sich den steilen Hang hin- Drittklässler kriecht auf den Knien und schiebt mit den Armen auf – mancherorts auf allen Vieren. Halt geben die Seile, aber Laub zu einem Haufen: «Ich bin ein König. Wer ist mein Unter- auch Wurzeln und Baustämme. Hier und da rutscht ein Kind ein tan?» Der Junge legt sich auf das gerade entstandene Königs- Stück zurück. «Soll ich dir helfen?» Ruft eine Drittklässlerin und bett und lächelt. streckt einem gross gewachsenen Sechstklässler ihre helfende ✺ Bianca Guggenheim 6
Nachgefragt gend Raum und Zeit für Erholung und Reflexion bieten. Eine positive Natur erfahrung steht auch bei Erwachsenen Frau Gutbrodt, Sie im Vordergrund. sind Leiterin des Be- reichs Bildung. Was Hat der Sihlwald als Naturwald eine be- bewirken Natur sondere Bedeutung für die Bildung? erlebnisse wie die Der Sihlwald repräsentiert die wilde, ur- im Text beschriebe- sprüngliche Natur. Der natürliche Zyk- nen bei Kindern? lus ist eindrücklich – junge, alte sowie Wir ermöglichen Tausenden von Schüle- tote Bäume nebeneinander prägen das rinnen und Schülern unvergessliche Bild. Da ist aber noch viel mehr: Im Na- Abenteuer im Wald, so viel ist sicher. turwald ist die komplexe und verfloch- Und ich bin überzeugt, unsere Schulan- tene Lebensgemeinschaft direkt erleb- gebote haben daneben eine tiefgründi- bar. In diesem Umfeld sind überra- ge Auswirkung auf die Entwicklung der schende Beobachtungen möglich, die Kinder. Wir erstellen unsere Angebote Sinne werden geschärft. Hier können unter den Gesichtspunkten der Bildung Phantasien wahr werden und der Geist für nachhaltige Entwicklung, der Wild- kann sich entfalten. Wir werden wie nispädagogik und der naturbezogenen kaum anderswo mit unseren Ursprün- Umweltbildung: Kinder sollen sich in- gen und uns selbst konfrontiert. nerhalb ihrer Möglichkeiten frei entfal- ten können. Sie lernen sich dabei s elber Nur was das Herz liebt, wird auch als besser kennen, loten Grenzen aus und schützenswert empfunden. Haben Sie erleben sich gleichzeitig als Teil einer diese Erfahrung bei Ihren Besuchenden Gemeinschaft. Um dahin zu gelangen, gemacht? brauchen wir herausfordernde Aben- Mit unseren Angeboten begleiten wir teuer und Naturerfahrungen. unsere Besucherinnen und Besucher nur auf einem Teilstück dieses Prozes- Gilt dies auch für Waldführungen mit ses. Viele unserer Gäste haben bereits Erwachsenen? eine vertiefte Naturbeziehung, die bei Absolut. Als Erwachsene sind wir im uns nochmals gestärkt wird. Auffällig Alltag oft unter Zeitdruck und mit sozi- ist, dass viele immer wieder in den Sihl- alen Konventionen beschäftigt. Als Aus- wald oder Langenberg kommen. Die gleich dazu wird im Sihlwald Wildnis er- Mehrfachangebote bei den Schulklas- fahren und erlebt. Dadurch findet eine sen nehmen hier eine besondere Rolle Entschleunigung statt. Als Erwachsene ein. Es ist erstaunlich, wie schnell die haben wir den intuitiven, spielerischen Kinder sich in «ihrem» Sihlwald orien- Zugang zur Natur oftmals verloren. In tieren können und selbstständig Verän- der Waldwildnis knüpfen wir an Erinne- derungen im Jahresverlauf bemerken. rungen aus der Kindheit an und machen Damit leisten wir einen nachhaltigen neue Entdeckungen. In einer Gruppe er- Beitrag hin zu einer Generation, welche lebt der Einzelne den Wald daneben an- Naturwälder als selbstverständlichen ders. Mit unseren Angeboten möchten Teil unseres Landschaftsbilds versteht wir Wissen vermitteln, aber auch genü- und wertschätzt. 7
Grüezi Fischotter willkommen zurück Sonderausstellung 25. März bis 28. Oktober 2018 Naturmuseum im Besucherzentrum in Sihlwald wildnispark.ch Eine Ausstellung des Bündner Naturmuseums, der Stiftung Pro Lutra, des Zoos Zürich NATUR ERLEBNISPARK und des Zürcher Tierschutzes 8
Neue Chance für den Fischotter Lange ausgestorben in der Schlangen, Vögel und kleine Nagetiere. Schweiz, hinterlassen seit Abhängig vom Angebot an Nahrung und 2009 einzelne Fischotter Rückzugsorten bewohnt ein Fischotter wieder ihre Spuren. bis zu 40 Kilometer Ufer entlang eines Gewässers. Hier lebt er meist einzelgän- Fotos auf Wildtierkameras, Trittsiegel, gerisch und verteidigt gegenüber Art Kothaufen und vereinzelt überfahrene genossen das Revier. Tiere enthüllen, was selbst gestandene Forscher lange nicht zu glauben gewagt Bewegte Geschichte hätten: Der Fischotter ist zurück in der Fischotter (lutra lutra) Ende des 19. Jh. lebten in der Schweiz Schweiz. Spuren hinterlassen hat er bis- Aussehen: Fell braun; Kehle, geschätzt noch über 1000 Fischotter. Der her in den Kantonen Graubünden, Wallis, Schultern und Bauch heller schwindende Lebensraum, verschmutzte Tessin, Genf und Bern. Dies könnten Grösse: Körperlänge 50 – 80 cm, Gewässer, aber auch der rückläufige theoretisch Stationen eines einzelnen Schwanz 40 – 55 cm Fischbestand erschwerten dem Fisch Fischotters sein. Tatsächlich stammen Gewicht: m bis 12 kg, w bis 8kg otter zunehmend das Leben. Zudem die Spuren von mehreren Tieren. Die Tie- Lebensraum: Bäche, Flüsse und wurde er als Fischräuber konsequent re selbst bleiben in der Regel verborgen. Seen bis 1 600 m.ü.M. verfolgt. Letztmals 1989 am Neuenbur- Deshalb lohnt sich ein Besuch im Wild- Fortpflanzung: ganzjährig gersee nachgewiesen, gilt der Fischotter nispark Zürich, um mehr über die «Was- Bestand Schweiz: Gilt seit 1989 in der Schweiz seither als ausgestorben. sermarder» zu erfahren. als ausgerottet. Ab 2009 wieder Junge Fischotter in der freien Natur vereinzelte Nachweise lichteten Wildtierkameras im Herbst Im Element 2017 bei Bern ab – zudem ein erstes Ein- Beim Besucherzentrum in Sihlwald zeltier im Engadin. Die neusten Schnapp- scheint die Fischotteranlage verlassen. schlussartig ineinandergreifen, bleibt die schüsse nähren die Hoffnung, dass sich Weit und breit ist kein Tier zu sehen. Haut darunter trocken. Wer wie der Otter die Fischotter allenfalls wieder bei uns in Doch dann bahnen sich Luftbläschen auf immer in Bewegung ist, legt kaum Fett zu der Schweiz etablieren könnten. Bisher der Wasseroberfläche ihren Weg Rich- und muss viel fressen – rund ein Kilo- ist dies den «Wassermardern» bereits in tung Besucherkanzel. Dies verfolgen Be- gramm am Tag. Österreich, Italien und Frankreich ge suchende fasziniert. Sie können es kaum Wie sein Name vermuten lässt, mag der lungen. erwarten, dass der Fischotter endlich Otter Fisch und hat diesbezüglich kaum auftaucht. Er beäugt die Beobachtenden Vorlieben. Ein langgezogener Körper und Eintauchen kurz, zieht dann seine Kreise – wobei der Schwimmhäute zwischen den Zehen «Grüezi Fischotter – willkommen zu- Kopf kaum aus dem Wasser ragt –, dreht machen den Otter zum schnittigen rück»: In der von Bündner Naturmuseum, sich um die eigene Achse und balgt mit Schwimmer. Bis zu sieben Minuten lang Zoo Zürich und Pro Lutra konzipierten einem Artgenossen verspielt im Wasser. kann er tauchen. Dabei verschliesst er Ausstellung dreht sich ab dem 25. März Fischotter sind perfekt an ein Leben im Ohren und Nase. Dank langer Tasthaare 2018 im Naturmuseum des Besucher- Wasser angepasst. Ihr Pelz ist mit bis zu an der Schnauze findet er auch im trüben zentrums in Sihlwald alles ums Thema 50 000 Haaren pro Quadratzentimeter Wasser oder im Dunkeln Nahrung. Nebst Fischotter. unglaublich dicht. Da die Haare reissver- Fischen erbeutet er Krebse, Frösche, ✺ Carmen Herzog Wildnis Nr. 17 Frühling/Sommer 2018 9
Wildnis Nr. 17 Frühling/Sommer 2018 11
Damit die Natur ihre Freiräume behält: Wir unterstützen den Wildnispark Zürich. Mehr unter zkb.ch/wildnispark Unsere Kunden erhalten mit einer Karte der Zürcher Kantonalbank 30% Ermässigung für alle Ausstellungen und 20% auf Kurse. 12
Klaudia und Ernst Frieden sind Paten eines Wisents und schätzen es sehr, die Tiere täglich beobachten zu können. «Der Patentag direkt vom Sofa aus beobachten zu können. Das gibt’s nicht so schnell woanders. Die Patenschaft bringt uns das Tier gefühls- ist ein Highlight» mässig noch ein bisschen näher. Was gefällt Ihnen ganz besonders an diesem Tier? Ernst Frieden: Für mich sind Wisente von der Art her «typische Klaudia und Ernst Frieden sind seit vielen Schweizer»: Sie beobachten lange, bevor sie etwas tun. Die Jahren Wisent-Paten. Nur ein Zaun trennt Tiere sind nicht aggressiv, das gefällt mir ganz besonders. Das das Haus des Ehepaars von der Wisent passt zu uns. anlage im Langenberg. Die beiden schät- zen diese Nähe und freuen sich jedes Jahr Was ist das Schönste, das eine Patenschaft mit sich bringt? auf den traditionellen Patentag. Ernst Frieden: Der jährlich stattfindende Patentag ist jeweils ein Highlight für uns. Ein Tierpfleger führt uns an diesem Tag Was hat Sie dazu bewogen, Paten eines Wisents zu werden? durch den Park, wir kommen den Tieren dadurch näher als Ernst Frieden: Vor einigen Jahren wurde die Wisentanlage er- sonst. Die Pfleger beantworten unsere Fragen jeweils sehr weitert. Sie reicht nun bis direkt hinter unser Haus – nur ein kompetent, das beeindruckt mich. Zaun trennt uns von den Tieren. Die Wisente lassen sich seither von unserem Wohnzimmer aus beobachten, das ist einzigartig. Haben Sie einen Bezug zu den anderen Tieren im Langenberg? Während eines Spaziergangs durch den Tierpark bin ich durch Klaudia Frieden: Ich spaziere täglich durch den Park, manchmal die Tafel mit den Patinnen und Paten auf die Möglichkeit einer sogar zweimal. Am Schönsten ist es morgens, noch vor neun Tierpatenschaft aufmerksam geworden. Da wusste ich sofort, Uhr. Dann ist kaum jemand unterwegs. Bei den Steinböcken und dass ich Wisent-Pate werden möchte. den Hirschen durften wir schon mehrmals Geburten beobach- ten. Das sind faszinierende und unvergessliche Erlebnisse. Wie ist es, wenn man so nah beim Patentier wohnt? Klaudia Frieden: Es fühlt sich nach Natur pur an. Wer uns be- Weitere Informationen zu Patenschaften: sucht, ist tief beeindruckt – so ursprüngliche und grosse Tiere ≥ wildnispark.ch/patenschaften Wildnis Nr. 17 Frühling/Sommer 2018 13
Geführt zu den Wildschweinen – ein erfolgreiches Angebot Begleitet von einer Wildnisbotin oder einem Wildnisboten dür- fen Interessierte während der Saison jeweils sonntags auf Be- such zu den Wildschweinen in der begehbaren Anlage. Auch Gruppen und Schulklassen profitieren von dieser Möglichkeit. «Das besondere Angebot lief sehr gut an. Von Anfang August Stabübergabe im bis Ende Oktober 2017 haben wir gut 1000 Personen und 54 Gruppen durch die Anlage geführt», erzählt Carmen Herzog, Besucherzentrum Projektleiterin Freizeit im Wildnispark Zürich. In früheren Jah- ren durften Besucherinnen und Besucher ohne Begleitung in die Wildschweinanlage. «Dieses Angebot mussten wir im Som- mer 2015 stoppen», so Herzog, denn die Schweine seien teil- weise gefüttert oder gestreichelt worden und hätten so die Am 1. Februar hat Christine Jutz Portmann im Wildnispark Scheu vor den Menschen verloren. Zürich ihre Tätigkeit als Leiterin Kundendienst und Veranstal- Kleinere Schwierigkeiten des aktuellen Angebots sind bereits tungen begonnen. Die Geografin verfügt über fundierte Kennt- erfolgreich beseitigt: «Am Anfang mussten wir die Wildschwei- nisse und Erfahrungen, die für diese breit gefächerte Aufgabe ne ein paar Mal verscheuchen. So machen wir den Tieren die notwendig sind. «Ich freue mich, unseren Besuchenden die ein- Spielregeln klar», sagt Herzog, denn Wildschweine und Men- zigartige Wildnis präsentieren zu dürfen». Sie hat die verant- schen sollen Abstand bewahren. Die Tiere lernen rasch, die wortungsvolle Aufgabe von Florine Michaud übernommen, die weiteren Besuche verliefen wie gewünscht. «Das Angebot kann während 17 Jahren als Leiterin des Besucherzentrums tätig als grosser Erfolg bewertet werden», war. Michaud ist der Abschied nicht leicht gefallen: «Ich habe sagt Carmen Herzog, «es viel Herzblut in diese schöne Aufgaben fliessen lassen.» kam zu vielen spannen- Führungen durch Von den Fähigkeiten ihrer Nachfolgerin ist sie aber den Gesprächen». Das die Wildschweinanlage überzeugt. vertröstete einige Besu- 21. März bis 28. Oktober sonntags Ihren früheren Job beschreibt Michaud gerne als chende, die Pech hatten bei trockenem Wetter. Zeit: 13.30, eine Art Schaukel. Über die Wintermonate habe sie und keine Tiere zu Ge- 14.30, 15.30 Uhr. Dauer: 20 Min. in Ruhe vorbereitet, um im März jeweils mit neuem sicht bekamen. Denn Treffpunkt: beim Infopunkt neben Elan in die Saison zu starten. Michaud arbeitet auch das ist möglich in dem Restaurant Langenberg. noch bis Ende 2018 als Assistentin im Bereich Bil- einer grossen, natur Keine Anmeldung nötig. dung. Sie freut sich bereits jetzt auf die Zeit nach nahen Anlage. Gruppenführungen: buchen unter ihrer Pensionierung: «Bald habe ich viel Zeit für Rei- ✺ Bianca ≥ wildnispark.ch/fuehrungen. sen, meine Enkel und andere spannende Projekte». Guggenheim ✺ Bianca Guggenheim 14
Wildnis – Gedanken und Gesichter Elsbeth Flüeler «Ah, das Wildalpili», meinte der Älpler und Elsbeth Flüeler, Geografin, beschäftigt wünschte guten Aufstieg. Etwas erstaunt sich seit vielen Jahren mit der Wildnis. hatte er schon geschaut, wie ich so spät Als Bergwandererin, als Geschäftsleiterin unterwegs war, dazu mit Rucksack. Ich von Mountain Wilderness von 2001 bis würde auf dem Wild Einsame 2011 und heute als Wildheuerin. alpili übernachten, sagte ich. sie dies am fast senkrechten Berg getan. An diesem Wildnis Abend mied ich die Felswand. Ich suchte meinen Weg Alpili gibt es wenige. Aber wa- zwischen den Blöcken. So einfach würde es nicht sein, rum dieses eine die Bezeich- einen Schlafplatz zu finden. Ich entschied mich für ein nung «wild» im Namen trägt? fast ebenes Stück Gras und spannte meinen Tarp über Vielleicht weil kein Weg dahin führt. Vielleicht, weil es keinen einen Felsblock: eine Andeutung von Dach über dem Kopf. Grund gibt, dahin zu gehen. Überhaupt keinen. Die Sonne stand schon tief und schickte orangene Strahlen auf Vor langer Zeit hatte sich hier ein Stück Berg gelöst und war als die Felswand. Bald würde die Dunkelheit hereinbrechen. Ich felsiger Kegel etwas weiter unten zum Stillstand gekommen. schlüpfte in den Schlafsack, wickelte mich ein und träumte die Zurück geblieben waren der Abbruch, eine senkrechte Fels- Nacht herbei. Vor Wochenfrist hatte ein Wolf in nur sechs Kilo- wand und darunter eine Senke, ein wild kupiertes und mit metern Entfernung Schafe gerissen. Man würde ihm nachstel- groben Blöcken durchsetztes Gelände. Das ist das Wildalpili. len. Wenn er sich nun auf das Wildalpili geflüchtet hatte? Würde Der einfachste Weg es zu durchqueren, hatte ich einmal her- er mich aufspüren? Der Wolf und ich. Hier, auf dem Wildalpili? ausgefunden, ist der Wildwechsel, der, abschüssig und schmal, Für einen kurzen Moment war mir in meiner Wildnis etwas un- unter der Felswand verläuft. heimlich zumute. Im Aufstieg schaute ich zum gegenüberliegenden Berg. Eine Wochen später erhielt ich ein WhatsApp. Der Älpler hatte seine markante, horizontal in die stotzige Flanke gelegte Linie zeigte: Dexterrinder aufs Wildalpili getrieben. Es sei für die Tiere immer Bis zu diesem Zaun weidet das Vieh. Darüber, so hatte man mir der Höhepunkt des Alpsommers, schrieb er, und schickte ein Vi- erzählt, hatten die Wildheuer noch vor fünfzig Jahren Wildheu deo mit einem wilden Juiz (Jodlerjauchzer). geerntet: «So weit hinauf es eben ging.» Mir schien, als hätten ✺ Elsbeth Flüeler Wildnis Nr. 17 Frühling/Sommer 2018 15
Damit Erholung und Naturschutz im Natur gesamt 15 Rehen akribisch verfolgt, festgehalten erlebnispark Sihlwald nebeneinander und ausgewertet. Daneben zeichneten automati- funktionieren können, braucht es stö sche Zählstellen die Nutzung der Gebiete durch rungsfreie Räume für die Wildtiere und Fussgänger und Radfahrer auf. Ergänzend unter- eine bewusste Besucherlenkung. Dies suchte eine Arbeit die Anzahl Brutvögel in Abhän- bestätigen die Resultate eines fast fünf- gigkeit von der Distanz zu stark begangenen Wegen jährigen Forschungsprojekts. und Strassen. Gut viereinhalb Jahre später l iegen nun die Resultate vor. Mit dem Abschluss der Der Sihlwald ist eine einmalige Naturlandschaft, die es im Forschungen liefern die Forschungsgruppen um Schweizer Mittelland nirgendwo sonst gibt. Hier haben wir die Roland Graf und Reto Rupf auch Empfehlungen für einzigartige Chance, Naturschutz und Erholung zu kombinieren. das Management von Naherholungsgebieten. Als erster und bisher einziger Naturerlebnispark in der Schweiz Rehforschung im Sihlwald abg schützt die Stiftung Wildnispark Zürich den Naturwald auf ganz Balance zwischen Menschen und Wildtieren neue Weise: Die Menschen werden ermuntert und sogar aufge- Rehe, die in von Menschen stark genutzten Gebieten leben, fordert, sich die entstehende Wald-Wildnis mit eigenen Augen zeigen eine geringere Bewegungsaktivität als Rehe, die an ruhi- anzusehen. Besuchende werden hier gen Orten leben. Dies deutet darauf hin, dass sich nicht ausgeschlossen. Diese neue Form Die unmittelbare die Tiere in ihrem Verhalten durch die Menschen von Wildnis-Erlebnis birgt jedoch einige Nähe von Natur einschränken lassen – beispielsweise durch Stras- Herausforderungen. erlebnispark und sen und Wege. Diese werden von den Rehen ge Siedlungen führt mieden. Bevorzugt halten sich die Tiere in e iner Forschen für die Praxis dazu, dass praktisch Entfernung von mindestens 25 Metern zur nächsten Der Sihlwald bietet mit seinen mosaikar- rund um die Uhr Strasse auf. Überraschenderweise gilt dies nicht tigen Waldstrukturen zahlreiche und viel- Menschen auf den nur am Tag, sondern in abgeschwächter Form eben- fältige Lebensräume für Pflanzen, Pilze Wegen im Wald falls in der Nacht. Ähnlich verhalten sich auch Brut- und Tiere. Wie aber reagieren diese Wild- anzutreffen sind. vögel. So siedeln sich Waldvögel vermehrt weiter tiere auf die Präsenz von Erholungssu- weg von Wegen und Strassen an, wenn auf diesen chenden? Diese Frage liess sich die Stiftung Wildnispark Zürich wie im Sihlwald regelmässig Besuchende unterwegs sind. Die von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Forscher der ZHAW schlagen vor, dass in Naherholungsgebieten Wädenswil (ZHAW) beantworten. Dazu lancierten die beiden durch Rückbau von Strassen und Wegen möglichst grosse stö- Forschungsgruppen Wildtiermanagement sowie Umweltpla- rungsfreie Räume entstehen sollen. Zudem könnten mit einer nung das Projekt «Wildtier und Mensch im Naherholungsraum». geschickten Besucherlenkung störende menschliche Aktivitä- Seit Herbst 2013 haben Forscherinnen und Studierende der ten auf Gebiete konzentriert werden, die für Wildtiere keine ZHAW im Sihlwald und in der Umgebung das Verhalten von ins- attraktiven Lebensräume darstellen. 16
Rehe meiden eschlossen Strassen und Wege und werden dadurch in ihrer Bewegungsfrei heit ein geschränkt. Im Naturerlebnispark Sihlwald wird dem Ruhebedürfnis der Sihlwald mittels Fotofallen. Die grösste Schweizer Hirschart Wildtiere Rechnung getragen, indem die gesamte Waldfläche galt bei uns um 1850 als ausgestorben. Ende des 19. Jahrhun- grob in zwei Zonen mit unterschiedlichen Regeln aufgeteilt ist. derts wanderte der «König der Wälder» von Österreich wieder in In der Naturerlebniszone dürfen sich Besucherinnen und Besu- die Schweiz ein. Die Rückeroberung seiner einstigen Lebens- cher auch abseits der Wege im Wald bewegen, in der zentralen räume ist bis heute im Gange. So breiten sich Rothirsche aus Kernzone gilt ein Weggebot. Zudem sind die Veranstaltungen den Alpen immer mehr ins Mittelland aus. Diese Entwicklung und Aktivitäten durch die Stiftung auf das Areal rund um das wird nicht überall mit Wohlwollen verfolgt. Da die grosse Tierart Besucherzentrum in Sihlwald konzentriert. Diese Besucher durch ihr Verhalten auf die Gestaltung der Wälder Einfluss lenkung ist in einem siedlungsnahen Naturerlebnispark von nimmt, sind Rothirsche in Nutzwäldern nicht gern gesehen. Im zentraler Bedeutung. Die unmittelbare Nähe führt dazu, dass Sihlwald dagegen bietet sich durch den Prozessschutz die ein- praktisch rund um die Uhr Menschen auf den Wegen im Wald malige Chance, den tatsächlichen Einfluss von Frass- und anzutreffen sind. Insbesondere Bikerinnen und Biker sind ver- Schälspuren auf die Waldentwicklung zu erforschen. mehrt in den späteren Abendstunden unterwegs. ✺ Martin Kilchenmann Rothirsche im Fokus Trotz positiver Beurteilung des Managements im Naturerlebnis- ☛ Weitere Informationen: Das Faktenblatt der Akademie der park müssen Besucherlenkung und Akzeptanz der Regelungen Naturwissenschaften zum Projekt «Wildtier und Mensch im laufend überprüft und weiterentwickelt werden. Dazu schlagen Naherholungsraum» kann unter ≥ www.naturwissenschaften.ch die zwei Forschergruppen ein regelmässiges Monitoring vor. In ≥ Organisationen ≥ Parkforschung Schweiz ≥ Publikationen Planung befindet sich aktuell ein Monitoring der Rothirsche im heruntergeladen werden. Wildnis Nr. 17 Frühling/Sommer 2018 17
Fischotter- .. Ratsel 4 E B D Kannst du alle Fragen zum Thema Fischotter beantworten? Unser Tipp: Die gesuchten Wörter findest du alle C 6 in diesem Heft. A 2 6 3 G 1 9 5 A Am häufigsten frisst ein Fischotter… F B Der Fischotter gehört zur Familie der… C Sein Fell besteht aus vielen einzelnen… 8,11 7 10 D Die Farbe des Fells ist grösstenteils… E Der Fischotter hält sich vor allem in der Nähe von … auf F Die Haare seines Fells sind reissverschlussartig ineinander verzahnt, dadurch bleibt die Haut darunter … G Der Wildnispark Zürich eröffnet am 25. März im Besucherzentrum eine neue … zum Thema Fischotter Lösungswort: Der Fischotter gilt in der Schweiz seit 1989 als _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Man zum dala Aus mal en 18
Mein Wildnispark-Tipp von Andres Türler, Zürcher Stadtrat und Präsident der Stifterversammlung Wildnispark Zürich Wo ich im Wildnispark am liebsten hin lichkeit. Heute ist die ganze Anlage viel naturnaher. Aber das gehe? Diese Frage kann ich nicht beant- heisst dann auch, dass die Tiere nicht mehr ausgestellt sind, worten. Sehr wohl kann ich aber sagen, sondern entdeckt werden müssen. Das ist in unserer Hoch was ich für einen Besuch unbedingt geschwindigkeits-Zeit eine gute und günstige Massnahme zur brauche: Zeit und Geduld, und ich nehme Entschleunigung. Wir können uns in der Stadt Zürich glücklich meistens auch einen Stuhl mit, der mich beim Gedul- digsein unterstützt. Der Wildnispark ist kein Zoo, sondern wie es der Name schon sagt vergleichbar mit dem Leben in der freien Natur. Ich schaue gern der Natur und den Tieren zu, aber ich muss sie zuerst finden. Auch ausserhalb der Gehege halte ich nach Tieren Ausschau, zum Beispiel nach Auf den Knopf Vögeln. Auch diesen zuzuschauen kann drücken kann man sehr interessant sein. Auf den Knopf nirgends; wenn der drücken kann man nirgends; wenn der Bär nicht kommen Bär nicht kommen will, dann kommt er will, dann kommt er einfach nicht. einfach nicht. Besonders spannend finde ich, Tiere über längere Zeit zu beobachten, ganz gleich ob kleine oder grosse. Ich verfolge zum Beispiel eine Rotte Sauen und verstehe nach und nach, wie die Tiere miteinander umgehen und welche schätzen, einen solchen Erholungs- und Erlebnisraum quasi vor Verhaltensregeln innerhalb der Rotte gelten. Bei Wölfen ist es der Haustür zu haben, und wir müssen dafür nicht einmal genau das Gleiche. Auch diese behalte ich so lang wie möglich Eintritt bezahlen. im Auge und versuche h erauszufinden, wie das Rudel kommuni- Auch der Mensch ist ein Tier, nämlich ein Gewohnheitstier, und ziert. so gehe ich immer wieder in den alten Teil des Parks. Den neue- Meine ersten Erlebnisse in diesem Park reichen in die frühe ren Teil kenne ich gar nicht so gut, obwohl es dort für mich auch Kindheit zurück. Mit den Grosseltern gingen wir regelmässig noch viel zu entdecken gäbe. Rückblickend bin ich dankbar, hin, und es war für mich immer ein willkommener Ausflug. Da- dass ich als Präsident der Stifterversammlung bei der Entwick- mals war es einfacher, die Tiere zu Gesicht zu bekommen, denn lung des Parks habe mithelfen können und wünsche meiner sie waren in viel kleineren Gehegen ohne grosse Rückzugsmög- Nachfolge viel Freude bei dieser Aufgabe. Wildnis Nr. 17 Frühling/Sommer 2018 19
im Rhythmus der Natur Wussten Sie… …dass im vergangenen Jahr 2669 Kinderherzen beim Erkunden des Naturwalds Sihlwald höher geschlagen haben? 20
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