Magazin - Milchkuh Rosa - ein Leben am Limit Fokus - Zürcher Tierschutz

Die Seite wird erstellt Hendrik Freitag
 
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Magazin - Milchkuh Rosa - ein Leben am Limit Fokus - Zürcher Tierschutz
Magazin
1 | 21

Fokus

 Milchkuh
 Rosa – ein Leben
 am Limit
Seite 6

ZT-Thema
Eine Oase
für Wildtiere
Seite 12

Interview mit Tierärztin
Nicole Wengi
«Kein Tag ist wie
der nächste.»
Seite 16
Magazin - Milchkuh Rosa - ein Leben am Limit Fokus - Zürcher Tierschutz
3   Editorial

                                      Trauriger Rekord
                                 4    Kurz & bündig

                                      Vermischtes
                                 6    Fokus

                                      Rosa – ein Leben am Limit

                                 10   Poster

                                      Hauskatze
                                 12   ZT-Thema

                                      Eine Oase für Wildtiere
                                 14   Kolumne

                                      Tragische Eitelkeit
Impressum
ZT-Magazin                       15   ZT-intern
Erscheint halbjährlich
Ausgabe 1/2021                        Meine Woche im Tierheim
Auflage
20 000 Exemplare
                                 16   Interview
Herausgabe & Copyright
Zürcher Tierschutz
8044 Zürich                           Tierärztin Nicole Wengi:
Spenden: PC-Konto 80-2311-7

Redaktionsschluss
                                      «Kein Tag ist wie der nächste.»
8. Januar 2021

Redaktion                        18   Tierhaus
Pascal Girod

Mitarbeit an dieser Ausgabe           Happy End für …
Nadja Brodmann, Serge Deville,
Sharon Merki, Martina Monti,
Bea Roth, Alexandra Schmid,
Anja Stettin
                                 19   Tierisch interessant

Abonnement
Im Mitgliederbeitrag von
                                      Der Dreistachlige Stichling
Fr. 30.– inbegriffen

Konzept & Grafik                 20   Helfen
Schrägstrich GmbH
Rorschacher Strasse 71a
9008 St. Gallen
                                      Tierpatenschaften
Gestaltung
Spinas Civil Voices GmbH
Ankerstrasse 112
8004 Zürich

Lektorat & Korrektorat
Text Pistols, Luzern
z.a.ch, Langenthal

Druck
Brüggli Medien, Romanshorn

Bilder ©
S. 1 Shutterstock
S. 4 Thomas Wilken/Pixabay
S. 5 iStock
S. 6 Shutterstock
S. 7 Anita Müller/Strickhof
S. 10–11 Shutterstock
S. 13 Shutterstock
S. 19 Shutterstock
S. 20 Shutterstock
Copyright aller anderen Fotos:
Zürcher Tierschutz
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Editorial

                                      Trauriger Rekord
Zürcher Tierschutz

Geschäftsstelle
Zürichbergstr. 263, 8044 Zürich
044 261 97 14 (Mo–Do)
info@zuerchertierschutz.ch

Zürcher Tierhaus
Besuchszeiten nach Absprache:
Zürichbergstr. 265, 8044 Zürich
044 261 97 14 (Mo–Do)
                                      In der Landwirtschaft sind hohe Milchleistungen gefragt.
tierheim@zuerchertierschutz.ch
                                      Den Preis dafür zahlen die Kühe: Sie geben zwar immer
Katzenpension
Anmeldung per Telefon
unter 044 261 97 14 oder
                                      mehr Milch, landen dafür aber früher im Schlachthof.
info@zuerchertierschutz.ch

Unsere Präsenz im Internet
                                      Höchste Zeit, umzudenken!
www.zuerchertierschutz.ch
und auf Facebook
www.facebook.com/ZuercherTierschutz
                                      Wussten Sie, dass Schweizer Bauern europaweit am meisten Antibiotika gegen Euter-
Heimtierberatung des
                                      entzündungen einsetzen? Ein Grund für den traurigen Rekord sind die übertriebenen
Zürcher Tierschutz                    Hygienevorschriften der Schweizer Milchabnehmer. Werden die Limiten überschritten,
Für Hunde und Katzen                  drohen den Bauern happige Abzüge beim Milchgeld. Um das zu vermeiden, greifen sie in
044 261 97 14
                                      der Not öfter zu Antibiotika.
Für alle Heimtiere, v.a. Exoten
044 635 83 43
                                      Die Kühe sind auf maximale Milchleistung gezüchtet. Das Motto lautet: immer mehr,
                                      immer schneller, immer billiger. Daher werden die Kühe mit Kraftfutter zu permanenten
Tierrettungsdienst
044 211 22 22                         Höchstleistungen getrieben. In der Folge werden viele von ihnen krank, haben Euterent-
(24h-Notfallzentrale)
                                      zündungen und sind so ausgelaugt, dass sie nicht mehr trächtig werden. Dann bleibt nur
                                      noch der Gang in den Schlachthof – denn ohne Kalb keine Milch. Die Kuh wird «nutzlos»
Meldestelle Findeltiere               und entsorgt.
des Kantons Zürich
0848 848 244
                                      Unser Fokusbeitrag ab Seite 6 befasst sich mit dem Schicksal der Milchkühe. Die Lösung
                                      heisst wie so oft: Weniger ist mehr. Zurück zu robusten, extensiven Rassen, die nur Gras
                                      zu Milch verwandeln. Positives haben wir dafür auf Seite 12 über unsere Förderung der
                                      Biodiversität rund ums Tierhaus zu erzählen – eine wahre Freude für grössere und kleinere
                                      Wildtiere und ihre Fans!

                                                                    Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.

                                                                    Nadja Brodmann dipl. Zoologin,
                                                                    Mitglied der Geschäftsleitung

                                                                                                     Zürcher Tierschutz Magazin 1/21   3
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Kurz & bündig

Jagdgesetz                                                      Umfrage

Mehr Tierschutz bei der Zürcher Jagd                            Wie gefällt Ihnen unser Magazin?
Ende 2020 hat der Zürcher Kantonsrat das kantonale              Zweimal jährlich erscheint unser ZT-Magazin, mit dem wir
Jagdgesetz revidiert und wesentliche Verbesserungen im          uns und unsere Arbeit vorstellen. Nun möchten wir gerne
Tier- und Artenschutz eingeführt: Die tierquälerische Bau-      wissen, wie Ihnen das Heft gefällt. Gibt es Rubriken, die
jagd wird endlich abgeschafft, die Anzahl Treibjagden auf       Sie besonders ansprechen? Themen, auf die Sie verzichten
ein Minimum beschränkt und der Alkoholkonsum während            könnten? Oder solche, die bislang fehlen? Nehmen Sie
der Jagd verboten. Weiter werden gefährdete Arten wie           online an unserer Umfrage teil und helfen Sie uns, unser
Feldhase und Waldschnepfe geschützt. Zudem gilt wäh-            Magazin weiter zu verbessern. Wir sind gespannt auf Ihre
rend der Brut- und Setzzeit von Anfang April bis Ende Juli      Meinung! Unter allen Teilnehmer*innen verlosen wir eine
Leinenpflicht im Wald und am Waldrand.                          Führung durch unser Tierhaus für 10 Personen. Teilnah-
    Hingegen darf weiterhin auf (scheinbar) verwilderte         meschluss ist der 30. April 2021.
Hauskatzen geschossen werden. Auch ein Verbot von Krä-
henkastenfallen fehlt. Trotzdem bedeutet die Revision                        www.zuerchertierschutz.ch/
einen erfreulichen Fortschritt und zeigt, wie ein modernes                   publikationen
Jagdgesetz dem Tier- und Artenschutz Rechnung tragen
kann. Nun erwarten wir dasselbe auf nationaler Ebene.
                                                                Vorsorge
            www.zuerchertierschutz.ch
            tierschutzthemen jagd aktuell                       Notfallkarte für Tierhalter*innen
                                                                Ein gesundheitliches Problem oder ein Unfall können dazu
                                                                führen, dass Sie unvermittelt ins Spital müssen und Ihr Haus-
                                                                tier plötzlich allein zu Hause ist. Weiss niemand von ihm,
                                                                kann ihm das schnell zum Verhängnis werden. Beugen Sie
                                                                vor, indem Sie immer eine Notfallkarte mit Hinweis auf Ihren
                                                                tierischen Begleiter bei sich tragen. So kann ihm selbst dann
                                                                geholfen werden, sollten Sie nicht mehr ansprechbar sein.
                                                                Falls sich niemand aus Ihrem Umfeld um Ihr Tier kümmern
                                                                kann, können Sie auch mit dem Zürcher Tierschutz vor-
                                                                sorgen. Wir beraten Sie gerne unter 044 545 54 30 oder
                                                                vorsorge@zuerchertierschutz.ch.

                                                                Bestellen Sie kostenlos Ihre Zürcher Tierschutz
                                                                Notfallkarte für Tierhalter*innen unter:
                                                                             www.zuerchertierschutz.ch/
                                                                             notfallkarte

2019 wurden in der Schweiz mehr als 20 000 Füchse geschossen.   Es lohnt sich, für den Notfall vorzusorgen.

4   Zürcher Tierschutz Magazin 1/21
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Kurz & bündig

Kampagne «Echt Pelz – echt grausam»                               Sachspenden

 Hoffen auf Importverbot                                          Material für unser Tierhaus
Im November 2020 wurden in Dänemark 17 Millionen Nerze            Bei unserer Arbeit zugunsten der Tiere sind wir auf Unter-
getötet, weil sie ein mutiertes Coronavirus auf Menschen          stützung angewiesen und freuen uns über jede Art von
übertrugen. Doch statt die Pelzfarmen für immer zu schlies-       Zuwendung – auch in Form von Sachspenden. Haben Sie
sen, zahlt der dänische Staat Entschädigungen: In zwei, drei      zu Hause noch gut erhaltenes Zubehör, das Sie nicht mehr
Jahren sollen hier wieder Nerze in den engen Gitterkäfigen        benötigen? Dieses Material können wir im Tierhaus immer
vegetieren – auch für Mode in der Schweiz. Wegen Corona           brauchen:
und dem globalen Online-Handel sind die Modehäuser
enorm unter Druck. Viele zögern daher, aus dem profitab-            •	ungeöffnetes, nicht abgelaufenes Futter und
len Pelzgeschäft auszusteigen. Bei unseren Recherchen                  Kauartikel für Hunde
fanden wir erneut viele undeklarierte Pelzartikel – de facto
                                                                    •	gereinigte Kratzbäume in gutem Zustand
Gesetzesverstösse! Mit rund 15% waren es ähnlich viele wie
                                                                       (ausser solche, die an der Decke befestigt werden)
im Vorjahr, eine Verbesserung ist also nicht auszumachen.
Um der importierten Tierquälerei endlich ein Ende zu set-           •	waschbare Hundebetten
zen, braucht es dringend ein Pelz-Importverbot. Dies fordert        •	vollständige Katzenboxen aus Plastik, die nach
die «Motion Aebischer», die hoffentlich in der Frühjahrs-              oben oder vorne aufgehen
session endlich in den Nationalrat kommt.
                                                                    •	waschbare Frotteetücher ab der Grösse eines
                                                                       Badetuches
Natur liegt nahe
                                                                    •	saubere Einrichtungsgegenstände aus Holz für
                                                                       Kleintiere
 Förderung der Natur
 im Siedlungsraum                                                 Ganz herzlichen Dank für Ihre Unterstützung! Bitte haben
                                                                  Sie Verständnis dafür, dass wir nur die angegebenen Mate-
«Natur liegt nahe» (NLN) ist ein Zusammenschluss von              rialien annehmen können.
Organisationen, um die Natur im Siedlungsraum durch
Standaktionen zu fördern. Gemeinsam mit Pro Natura
Zürich haben wir den 1998 gegründeten Verein umstruk-
turiert. Natur- und Tierschutzorganisationen fungieren
weiterhin als Mitglieder, Behörden und Stiftungen nehmen
neu als Donatoren Einsitz in eine Begleitgruppe. Die
Geschäftsführung liegt wie bis anhin beim Naturschutzbüro
Schudel in Zürich. Nun suchen wir neue Mitgliedsorgani-
sationen und freuen uns auf weitere gemeinsame Taten
für die Tiere und die Natur!

             www.natur-liegt-nahe.ch

NLN klärt beispielsweise über die Haltung von Hund & Katze auf.

                                                                  Unsere Bewohner freuen sich über ihre Spende.

                                                                                                     Zürcher Tierschutz Magazin 1/21   5
Magazin - Milchkuh Rosa - ein Leben am Limit Fokus - Zürcher Tierschutz
Fokus

Rosa – ein Leben am Limit
Das ist die Geschichte der Milchkuh Rosa. Sie zeigt, welche immense Leistung
die Milchproduktion den Tieren abverlangt und welchen Preis sie dafür zahlen.
In unserem Nutztier-Dossier «Die Milchkuh – eine fitgespritzte Ausdauer­
sportlerin» kritisieren wir diese Ausbeutung und stellen Lösungen für einen
vertretbaren Milchkonsum vor.
Bea Roth

«Rosa kommt im Frühling auf einem Schweizer Milchvieh-                            voll, die männlichen werden an einen Mäster verkauft oder
betrieb auf die Welt. Sie ist ein schwarz-weiss geflecktes Kalb                   auf dem Betrieb ausgemästet und dann geschlachtet.
der Rasse Holstein. Ihre Mutter hat sie seit der Geburt nicht
mehr gesehen, die beiden wurden bereits nach wenigen Stun-                        Enthornen – ein hochbelastender Eingriff
den voneinander getrennt. Ihre tägliche Milchration trinkt Rosa                   Nach etwa drei Wochen werden den Kälbern die Hornansatz-
darum aus einem Nuckeleimer. Nach wenigen Wochen wur-                             stellen mit einem heissen Eisen ausgebrannt – ein äusserst
den all ihre männlichen Gschpändli in einen Transporter ge­-                      schmerzhafter Eingriff. In der Schweiz ist deshalb eine lokale
laden. Seither sind sie verschwunden. Momentan hat Rosa                           Betäubung vorgeschrieben. Diese hält aber nur wenige Stun-
fürchterliche Kopfschmerzen, nachdem der Bauer ihr ein paar                       den an, während manche Tiere noch wochenlang an Kopf-
Spritzen gegeben und mit einem heissen Eisen am Kopf rum-                         schmerzen leiden. Schätzungsweise 90% aller Milchkühe in
hantiert hat.»                                                                    Laufställen sind enthornt. Als Hauptargument für den Eingriff
                                                                                  dient die Verletzungsgefahr für Tier und Mensch. Betriebe
Als Mittel zum Zweck missbraucht                                                  mit behornten Kühen zeigen aber, dass bei optimalen Platz-
In der Schweiz leben etwa 550 000 Milchkühe auf insge-                            verhältnissen, gezielter Gruppenzusammensetzung und
samt 25 000 Milchviehbetrieben. Jede dieser Kühe bringt                           guter Mensch-Tier-Beziehung das Risiko sehr gering ist.
ein Kalb pro Jahr zur Welt. Ansonsten würden sie keine
Milch geben. Die Kühe werden dafür fast ausnahmslos                               «Rosa ist mittlerweile 2 1/2 Jahre alt. Sie ist zu einem stattlichen
künstlich besamt. Um zu verhindern, dass Kuh und Kalb                             Rind herangewachsen und erwartet bald ihr erstes Kalb. Kurz
eine Bindung aufbauen, werden sie kurz nach der Geburt                            vorher wird sie vom Jungviehstall in einen Laufstall geführt
getrennt. Das Muttertier wird gemolken, die Kälber erhalten                       und trifft da auf viele fremde Kühe. Zu Beginn wird sie ange-
die Milch aus einem Eimer oder einem Automaten. Ohne                              rempelt, rumgeschubst und durch den Stall gejagt. Die Situa­
Mutter aufzuwachsen, ist für Säugetiere unnatürlich, die                          tion beruhigt sich nach einigen Tagen und Rosa freundet sich
meisten Kälber entwickeln dadurch Verhaltensstörungen.                            mit ein paar Kühen an. In dem Stall leben nur etwa 25 Tiere,
Für die Milchproduktion sind nur die weiblichen Tiere wert-                       so dass sie bald ihren Platz in der Gruppe findet.»

Behornte Kühe können einander auf Distanz klare Signale vermitteln. Unbehornte lösen Konflikte eher mit Körpereinsatz, etwa mit Kopfstössen.

6    Zürcher Tierschutz Magazin 1/21
Magazin - Milchkuh Rosa - ein Leben am Limit Fokus - Zürcher Tierschutz
Im Laufstall (links) können sich die Tiere den ganzen Tag frei bewegen. Im Anbindestall (rechts) sind sie stark eingeschränkt.

Kleinstrukturierte Schweizer Milchproduktion                                         nötig. Ein betonierter Laufhof ist kein tiergerechter Ersatz.
Mit 20 bis 23 Monaten werden Rinder zum ersten Mal künst-                            Immerhin werden vom Bund Laufställe und regelmässiger
lich besamt und etwa zwei Monate vor der Geburt des ersten                           Auslauf mit finanziellen Anreizen gefördert (siehe Box zu
Kalbes wechseln sie vom Jungvieh- in den Kuhstall. Die                               BTS & RAUS). Alle Bio-Labels schreiben zwar regelmässigen
Milchviehhaltung in der Schweiz ist noch immer kleinbäuer-                           Auslauf (RAUS), aber keine Laufstallhaltung vor.
lich geprägt: Im Schnitt werden 22 Kühe gehalten, wobei der
Trend klar zu weniger Betrieben mit grösseren Herden hin-                            «Rosa hat vor 10 Monaten ihr erstes Kalb geboren. Es war
geht. Im Vergleich dazu werden in Deutschland durch-                                 eine schwierige Geburt, Rosa war erschöpft. Trotzdem
schnittlich über 60, in den USA gar über 200 Tiere pro Betrieb                       wurde sie bereits einen Tag später in den Melkstand getrie-
gehalten. Rund 50% der Milch aus den USA stammt von                                  ben und an eine laute Maschine angehängt. Die Saug-
Herden mit über 1000 Tieren.                                                         becher, die an ihren Zitzen angebracht wurden, verunsi-
                                                                                     cherten sie sehr. Heute ist Rosa ein Melkprofi und ihr Euter
Gruppenlaufstall versus Anbindehaltung                                               mächtig gewachsen, die Milch fliesst täglich literweise.
In der Schweiz wird nur etwa die Hälfte der Milchkühe in                             Trotzdem hört der Bauer eines Tages plötzlich auf, sie zu
einem Laufstall gehalten. Die anderen leben in Anbinde-                              melken. Rosa versteht die Welt nicht mehr. Ihr Euter drückt
haltung, wo sie die meiste Zeit am selben Platz angebun-                             und schmerzt tagelang, bis der Bauer den Tierarzt holt.
den sind. Sie können sich kaum bewegen, nur aufstehen,                               Sie bekommt Antibiotika und bald geht es ihr etwas besser.
fressen und abliegen. Sich putzen, kratzen und belecken                              Gleichzeitig ist ihr Bauch schon wieder dicker geworden.
ist nicht möglich. Häufig sind über dem Rücken der Tiere                             Zwei Monate später wird Rosa erneut in die Abkalbebucht
Elektrobügel installiert, damit der Liegeplatz sauber bleibt.                        geführt. Die Wehen setzen ein, das nächste Kalb kommt
Die Kühe sollen vor dem Koten und Harnen einen Schritt                               zur Welt.»
zurücktreten. Tun sie es nicht, erhalten sie einen Strom-
schlag. Bei neuen Ställen sind Elektrobügel verboten. Die                            Abrupter Melkstopp
Kühe im Laufstall haben es besser. Sie können sich ganztags                          Nach etwa 305 Tagen wird die Milchproduktion künstlich
frei bewegen und in Strohliegeboxen ausruhen.                                        beendet – die Kuh wird trockengestellt (s. Schema S. 8),
Das Gesetz schreibt für Kühe an 90 Tagen pro Jahr Aus-                               damit sich das Euter erholen kann, bevor das nächste Kalb
lauf auf einem Laufhof oder auf der Weide vor. Um ihr                                zur Welt kommt und die nächste Laktation beginnt. Dieser
natürliches Bedürfnis nach Bewegung zu stillen, wäre aber                            abrupte Stopp ist oft mit zusätzlicher Antibiotikagabe ver-
regelmässiger oder gar täglicher Auslauf auf einer Weide                             bunden und für die Kuh umso belastender, je mehr Milch
                                                                                     sie zu diesem Zeitpunkt noch gibt. Meist sind es noch über
                                                                                     15 Liter pro Tag. Besser wäre es, die Tiere zu melken, bis
Besonders Tierfreundliche Stallhaltung (BTS)                                         der Milchfluss natürlicherweise nachlässt. Mit einer spä-
& Regelmässiger Auslauf im Freien (RAUS)                                             teren Besamung würde zudem die Erholungsphase vor
                                                                                     der nächsten Geburt verlängert und der Körper der Kühe
                                                                                     geschont.
 BTS: Laufstallhaltung mit freier Bewegung der Tiere.
Die Tiere werden in Gruppen gehalten, können sich zwi-                               «Nun sind schon fünf Jahre vergangen, seit Rosa im Kuh-
schen Liege-, Aktivitäts- und Fressbereich bewegen und                               stall eingezogen ist – vor zwei Monaten hat sie ihr fünftes
dürfen nur kurzzeitig etwa für Pflegemassnahmen fixiert                              Kalb zur Welt gebracht. Bis auf die kurzen Pausen vor den
werden.                                                                              Geburten wurde Rosa jeden Tag zweimal gemolken. Etwa
                                                                                     30 Liter Milch hat sie täglich gegeben und dafür so viel
 RAUS: Regelmässiger Auslauf. Die Kühe müssen im                                     Kraftfutter, Silage und Gras gefressen, wie sie nur konnte.
Sommerhalbjahr an mindestens 26 Tagen und im Winter-                                 Aber sie war doch immer zu dünn. Rosa fühlt sich aus-
halbjahr an 13 Tagen pro Monat Auslauf erhalten. Im                                  gelaugt. Ihre Füsse tun weh und ihr Euter ist schon wieder
Sommer ist Weidegang vorgeschrieben, im Winter genügt                                entzündet, obwohl sie schon viele Male Antibiotika erhal-
ein Laufhof. Sowohl Anbindehaltung als auch Laufstall
sind zugelassen.
                                                                                                                             Zürcher Tierschutz Magazin 1/21   7
Magazin - Milchkuh Rosa - ein Leben am Limit Fokus - Zürcher Tierschutz
Fokus
Fokus

                                                                                     Ca. 25 Liter Milch gibt eine Kuh im
                                                                                     Schnitt pro Tag – Hochleistungs-
                                                                          25–40 l    tiere sogar bis 40 Liter.
    Mit ca. 2,5 Jahren gebärt die Kuh
                                                                          pro Tag
    ihr erstes Kalb. Ab jetzt produziert
    sie Milch. Jedes Jahr hat die Kuh
    wieder ein Kalb.

                                                                                               2 Monate nach der Geburt
                                                                                               wird die Kuh künstlich
                                                                                               besamt und wird wieder
                                                                                               trächtig.

                                           Der Jahreszyklus
    2 Monate lang hat die                   einer Milchkuh
    Kuh Zeit, sich von der
    Laktation zu erholen und
    sich auf die nächste Geburt
    vorzubereiten.

                                                                                             305 Tage lang wird die Kuh
                                                                                             zweimal pro Tag gemolken.
                                                                                305          Diese Phase nennt man
    Die Kuh wird nicht                                                          Tage         Laktation.
    mehr gemolken, d.h.
    «trockengestellt», oft
    mithilfe von Antibiotika.

ten hat. Der Besamer kam die letzten Wochen dreimal            wird ihnen (meist importiertes) Kraftfutter aus Getreide
vorbei – ihr werden Hormone gespritzt, aber es passiert        und Soja verfüttert. Eine so energiereiche Ernährung kann
einfach nichts. Der Bauer schüttelt den Kopf, wenn er sie      aber zu Verdauungs- und Stoffwechselstörungen führen.
anschaut. Wenige Tage später holt sie ein Transporter ab       Auch Klauenentzündungen werden gefördert. Diese sind
und bringt sie zum Schlachthof, wo Rosa kurz vor ihrem         extrem schmerzhaft und werden oft erst spät erkannt und
siebten Geburtstag viel zu jung stirbt.»                       behandelt. Weiter gehören Euter- und Gebärmutterer-
                                                               krankungen zu den häufigsten Problemen. Auch eine akute
Der Weg zur Hochleistungskuh                                   Euterentzündung ist mit grossen Schmerzen verbunden.
In den letzten 50 Jahren wurde die Milchleistung der Kühe      Dann ist eine Antibiotika-Behandlung unabdingbar, um
durch gezielte Zucht und Fütterung verdoppelt. In der          das Absterben von Eutergewebe oder gar den Tod des
Schweiz liegt die Tagesleistung mittlerweile bei bis zu 35     Tieres zu verhindern. Antibiotika sind hier ein Segen:
Litern, die Jahresleistung im Schnitt bei knapp 7000 Litern.   Zusammen mit Schmerzmitteln können sie die Kühe vor
Damit ist sie noch deutlich geringer als in Ländern wie        massivem Leid bewahren. Aus Kostengründen wird jedoch
Deutschland oder den USA. Extremleistungen bis 50 Liter        oft auf Schmerzmittel verzichtet.
pro Tag sind hier keine Seltenheit. Und das genetische
Potenzial ist noch nicht ausgereizt, obwohl die Tiere          Viel zu kurze Lebenserwartung
gesundheitlich am Limit laufen.                                Eine Kuh könnte 20 Jahre alt werden. Schweizer Milchkühe
                                                               leben im Schnitt aber nur knapp sieben Jahre. Nach der
Das Hochleistungssystem krankt                                 vierten Laktation sind sie bereits stark strapaziert, von
Mit Gras allein können Hochleistungskühe nicht ernährt         Krankheiten geprägt und oft so ausgelaugt, dass sie trotz
werden, sonst magern sie ab und werden krank. Deshalb          Hormonen nicht mehr trächtig und damit nutzlos werden.

8   Zürcher Tierschutz Magazin 1/21
Magazin - Milchkuh Rosa - ein Leben am Limit Fokus - Zürcher Tierschutz
Fokus

 2630 kg    2970 kg    3280 kg    4680 kg       5470 kg    6972 kg

  1920      1940        1960        1980          2000      2019            6972 kg                  8063 kg                  10 463 kg

Milchleistung in der Schweiz pro Kuh und Jahr seit 1920              Milchleistung pro Kuh und Jahr in der Schweiz, Deutschland und den USA
                                                                     im Jahr 2019

Dann werden sie geschlachtet. Dasselbe Schicksal droht
ihnen, wenn die Leistung nicht mehr stimmt, Antibiotika                 Tipps für nachhaltigen Konsum
nicht mehr helfen oder der Pflegeaufwand zu hoch wird.
Der ausgemergelte Körper wird für Sied- und Hackfleisch,                tierfreundlicher Produkte
Hamburger, Salami und andere Würste verwertet und
bringt so noch einen letzten, geringfügigen Ertrag.                         	Milch und Milchprodukte bewusst konsumieren.

Neues Milchkuh-Dossier klärt auf                                            	Wenn möglich Bio-Qualität aus regionaler
In den letzten Jahrzehnten wurden Kühe wie Rosa zu                            Herkunft kaufen.
wahren Ausdauersportlerinnen hochgezüchtet, von denen                       	 B
                                                                                illigprodukte aus intensiver Haltung meiden.
stets Maximalleistungen abverlangt werden. Die Dauer-                          Besser weniger, dafür aus besserer Haltung kaufen.
trächtigkeit, die intensive Fütterung und hohe Milchpro-
duktion bringen einen hohen körperlichen Verschleiss mit                    	Zutatenliste genau studieren. Häufig sind Milch-
sich. Viel zu jung werden die Kühe entsorgt und durch                          produkte (z.B. Milchpulver) drin, wo man es nicht
neue Tiere ersetzt. Dabei geht schnell vergessen, dass                         erwarten würde (Brot, Saucen etc.).
Milch ein hochwertiges Lebensmittel ist, hinter dem emp-
findungsfähige Lebewesen stehen. Unser neues Nutztier-                      	Im Ausland hergestellte Milchprodukte meiden.
dossier «Die Milchkuh – eine fitgespritzte Ausdauersport-                      Die Haltungsbedingungen sind dort meist
lerin» geht vertieft auf diese Themen ein und zeigt anhand                     deutlich schlechter als in der Schweiz.
von Hintergrundinformationen, wo das System der Milch-                      	Produkte direkt ab Hof beziehen und die Tiere
produktion krankt und welche Lösungen es für einen tier-                       samt Stall selbst begutachten.
gerechten Milchkonsum gibt.

                                         Lesen Sie in unserem
                                         Dossier nach …                 Spezialtipp:
                                         … wie Kühe zu Milchma-         Muttergebundene Aufzucht
                                         schinen degradiert werden
                                         und körperlich am Limit        Wenige Betriebe in der Schweiz lassen die Kälber bei
                                         laufen wie Radrennfahrer.      den Kühen aufwachsen und melken nur die restliche
                                         … weshalb ohne Antibio-        Milch. Unter www.cowpassion.ch kann bereits
                                         tika und Hormonbehand-         Käse aus dieser tiergerechten
                                         lungen das heutige             Haltungsform bestellt werden.
                                         «Hochleistungssystem           Mehr Tipps finden Sie in unserem
                                         Kuh» nicht funktioniert.       Dossier.

                                         Wir klären auf.

                                                                            Poster (Seiten 10/11): Rund 1,7 Millionen Hauskatzen leben in der
                                                                            Schweiz – die Katze ist mit Abstand unser beliebtestes Heimtier.
                                                                       Die meisten geniessen viele Freiheiten und Streicheleinheiten. Sie be-
            www.zuerchertierschutz.ch/medienmit-                       nötigen aber auch täglich Pflege und regelmässige Gesundheitschecks.
                                                                       Man sollte sich also vor dem Kauf überlegen, ob man die notwendige
            teilungen/ausdauersportlerin-milchkuh                      Zeit und das Geld für ein Büsi aufwenden möchte. Foto: Shutterstock

                                                                                                         Zürcher Tierschutz Magazin 1/21      9
Magazin - Milchkuh Rosa - ein Leben am Limit Fokus - Zürcher Tierschutz
ZT-Thema

       Die Sprechblasen
     erklären, worauf bei
       den Massnahmen
            zu achten ist.

Aufkleber gegen Vogelschlag gibt es beispiels-   Den Fledermauskasten haben wir nach
weise bei der Vogelwarte zu kaufen.              Anleitung der Stiftung Fledermausschutz gebaut.

Eine Oase für Wildtiere
In einer der Tränken vor dem Tierheim nimmt eine Blaumeise ein erfrischendes
Bad. Nicht weit davon schwirrt eine Mauerbiene von einer Wildblume zur
nächsten. Und unter einem Mauervorsprung schaut eine imposante Ringel-
natter hervor: Dank unserer Massnahmen zur Förderung der Biodiversität
tauchen immer mehr Wildtiere um unsere Geschäftsstelle auf.
Pascal Girod

Neben der Einfahrt haben wir an sonniger Lage einen Stein-                    Ein Hauptgrund dafür liegt im konstanten Verlust von
haufen aufgeschichtet. Hier können sich Reptilien aufwär-                     Lebensraum. Täglich wird Boden zubetoniert, Bäume wer-
men, Insekten nutzen ihn als Paarungsplatz und Kleinsäuger                    den gefällt, Gewässer mit Pestiziden verunreinigt. Entspre-
finden Unterschlupf. Gleich daneben lenkt ein (unechtes)                      chend ist jeder Quadratmeter wertvoll, den man den Tieren
Fernrohr den Blick auf den neuen Fledermauskasten an der                      (wieder) zur Verfügung stellen kann.
Hauswand. Noch ist dieser unbewohnt, aber vielleicht nut-
zen ihn Zwerg- oder Bartfledermäuse schon diesen Sommer                       Also haben wir einen Asthaufen errichtet, Tränken installiert,
als Wochenstube zur Aufzucht ihrer Jungen. Unter dem                          eine Igeltreppe gebaut, Bewegungsmelder statt Dauerlicht
Balkon des Tierhauses steht ausserdem eine grosse Schei-                      an den Aussenlampen angebracht und Vogelnester für so
terbeige. Auch diese bietet Rückzugsort, Aufzuchtplatz und                    unterschiedliche Arten wie Grauschnäpper und Mehl-
Überwinterungsquartier für allerlei Kleintiere.                               schwalbe aufgehängt. Zudem haben wir eine Vielzahl ein-
                                                                              heimischer Sträucher, Wildblumen und mehrjähriger Stau-
Bedrohte Lebensräume                                                          den gepflanzt. Denn eine vielfältige Flora ist die Basis für eine
15 solcher Biodiversitäts-Massnahmen haben wir letztes                        reiche Tierwelt: Sie bietet Nahrung für Insekten, die ihrerseits
Jahr rund um unser Tierheim umgesetzt. Damit wollen wir                       selber als Futter dienen. Fertig sind wir mit unseren Förder-
den Wildtieren zumindest ein kleines Stück Lebensraum                         massnahmen aber noch nicht. Wir haben viele weitere Ideen,
zurückgeben. Gerade in der Schweiz ist das dringend nötig                     wie wir den Wildtieren helfen können – einige werden wir
– rund ein Drittel unserer Tier- und Pflanzenarten ist bedroht.               in diesem Jahr angehen.

12   Zürcher Tierschutz Magazin 1/21
ZT-Thema

Eine Scheiterbeige bietet Unterschlupf, Warte- und Aufzuchtplatz für   Auch der Fuchs schaut nachts hin und wieder vorbei.
Reptilien, Amphibien, Wiesel, Igel, Vögel und Rauhautfledermäuse.

Mitmachen erwünscht                                                    Warum sind sie hier? Was brauchen sie? Wie kann man sie
Wer zu Besuch kommt oder vorbeispaziert, wird mit Schil-               unterstützen? Welche Probleme mit Wildtieren können auf-
dern in Form von Sprechblasen auf die einzelnen Lebens-                treten und wie lassen sie sich vermeiden? Unsere Biodiversi-
räume hingewiesen. Die kurzen Texte erläutern den Zweck                täts-Massnahmen dienen dabei als Anschauungsobjekte und
der Massnahmen und laden zum Nachahmen ein. Auf einer                  Beobachtungsorte. Zurück in der Schule können die Kinder
grossen Tafel sind alle Fördermassnahmen aufgeführt, Inte-             ihre Erlebnisse und Erfahrungen weitertragen und anwenden
ressierte finden auf unserer Website weiterführende Infor-             – auf dass so weiteren Igeln, Ohrwürmern und Blindschlei-
mationen und Tipps zur Biodiversitätsförderung (siehe Kas-             chen geholfen wird. Acht Klassen nehmen am diesjährigen
ten). Die Idee ist simpel: Je mehr Leute mitmachen und auf             Pilotprojekt teil. Ist es erfolgreich, wird das Angebot in den
ihrem Balkon, an der Hausfassade oder im Garten Lebens-                kommenden Jahren weitergeführt und ausgebaut.
räume schaffen, desto mehr profitieren die Wildtiere.
                                                                       Kleiner Aufwand, grosser Lohn
Wildtiere in der Schule                                                Profitieren werden von den Massnahmen übrigens nicht nur
Um die Wirkung weiter zu vergrössern, tragen wir das Projekt           die Tiere. Auch für uns Menschen sind naturnahe Lebens-
auch in die Schulen. In Zusammenarbeit mit Grün Stadt                  räume und ihre Bewohner eine Bereicherung. Hat man also
Zürich und dem Igelzentrum Zürich haben wir ein Angebot                erst mal Wildblumen gepflanzt oder einen Asthaufen ange-
für Kinder der zweiten und dritten Klasse entwickelt. Im Ver-          legt, sollte man sich ab und zu etwas Zeit nehmen, sich
lauf eines Semesters lernen sie verschiedene Wildtiere und             hinsetzen und einfach nur beobachten. Denn es hat etwas
ihre Lebensräume kennen. Nebst einem Tag im Wald und                   ganz und gar Friedliches, Faszinierendes und Befriedigendes,
einer Exkursion zu den Igeln steht dabei ein Besuch bei uns            «seinen» Wildtieren zuzusehen. Probieren Sie es aus – es
im Tierheim auf dem Programm. Hier befassen sich die Kin-              lohnt sich!
der spielerisch mit den Wildtieren, die in der Stadt leben.

                                                                       Tipps für mehr Biodiversität
                                                                       Helfen Sie mit und verwandeln Sie Ihr Haus, Ihren Balkon
                                                                       oder Ihren Garten in ein Paradies für Wildtiere. Mit ein-
                                                                       fachen Mitteln und wenig Aufwand können Sie Lebens-
                                                                       raum und Nahrungsangebote schaffen. Die Wildtiere
                                                                       freuen sich über jede Hilfe!

                                                                       Wie legt man einen Stein- oder einen Asthaufen richtig
                                                                       an? Wie kann man die vielen Wildbienen-Arten unter-
                                                                       stützen, die im Boden nisten? Wie lässt sich ein katzen-
                                                                       sicheres Vogelhäuschen montieren? Und welche Wild-
                                                                       blumen und Sträucher eignen sich besonders gut als
                                                                       Lebensraum und Nahrung für Insekten? Besuchen Sie
                                                                       dazu unsere Website. Wir liefern Ihnen Infos und Tipps.

                                                                                  www.zuerchertierschutz.ch
                                                                                  tierschutzthemen biodiversitaet

                                                                                                          Zürcher Tierschutz Magazin 1/21   13
Kolumne

                                                                unheimlich beliebt. Und so einen wollte sie jetzt auch in ihrer
                                                                Chronik haben. Weil aber Mary meistens wegläuft, wenn
                                                                Andrin ihr zu nahe kommt, verlegte die Mama die Liegedecke
                                                                so in die Zimmerecke, dass Mary nicht ausweichen konnte.
                                                                     Zunächst ist wohl auch alles gut gegangen. Andrin hatte
                                                                versucht, mit Mary Cowboy zu spielen, sei aber immer von
                                                                ihr runtergefallen. Deshalb wollte er lieber Tierarzt sein,
                                                                untersuchte mit den Fingern ihre Ohren, guckte mit einer
                                                                Taschenlampe in ihre Augen. Mary habe sich ein paarmal
                                                                über das Maul geleckt, ansonsten aber mucksmäuschenstill
                                                                dagesessen und Andrin sogar interessiert angeschaut. Als er
                                                                ihr aber für die Zahnkontrolle die Lefzen hochziehen wollte,
                                                                sei das Unfassbare passiert: Mary biss Andrin ins Gesicht –
                                                                aus dem Nichts, ohne jede Warnung – und rannte weg.
                                                                Andrins Mama könne es immer noch nicht begreifen – die
                                                                friedliche, süsse Mary ein bissiger Hund!
                                                                     Mir war beim Zuhören damals richtiggehend schlecht
                                                                geworden, und auch während ich das hier schreibe, wird
                                                                mir wieder übel vor Entsetzen. Denn obwohl diese
Tragische Eitelkeit                                             Geschichte wahr ist, stimmt an ihr Entscheidendes nicht.
                                                                Und was noch viel schlimmer ist: Das Unglück hätte ver-
                                                                mieden werden können. Mary hat nämlich nicht «plötzlich»
                                                                oder «aus dem Nichts» zugebissen. Sondern erst, als sie sich
Hallo und grüezi miteinander!                                   nicht mehr anders zu helfen wusste. Weil die Mutter jede
                                                                ihrer «Bitten», Andrin möge sie in Ruhe lassen, ignoriert hatte
Mein Kumpel Gandalf und ich leben ja in einem relativ ruhi- – das Lecken über das Maul (beschwichtigen), das Erstarren
gen Quartier. Nette Nachbarn mit netten Hunden, man ver- (der Versuch, es einfach auszuhalten), das Anstarren als War-
steht sich, auch ein etwas lauteres Fest liegt da allemal drin, nung an Andrin, jetzt endlich aufzuhören und wegzugehen.
weil die meisten sowieso eingeladen sind. Es ist so unspek- Hätte sie gekonnt, sie wäre wie immer vor Andrin und seiner
takulär entspannt hier, dass unter «besondere Vorkomm- Zudringlichkeit davongelaufen. Aber das konnte sie nicht,
nisse» läuft, wenn sich jemand in                                                         weil die Mutter ja ein Video für
der Nachbarschaft ein neues Auto                                                          Facebook und viele «Likes» wollte.
oder eine Katze zulegt. Bis zu
                                               «Schuld sind am Ende                       Mary ist so wenig ein bissiger Hund,
jenem verhängnisvollen Samstag-                  immer die Hunde.»                        wie derlei Videos niedlich oder süss
nachmittag vor zwei Wochen.                                                               sind. Sie sind Dokumente ahnungs-
    Mit Sirene und Blaulicht fuhren nacheinander eine oder verantwortungsloser Erwachsener, die Kinder für ein
Ambulanz und ein Polizeiauto in die Strasse, in der Gandalf bisschen Facebook-Applaus in Gefahr bringen. «Schuld»
wohnt. Kurze Zeit später hörte man ein laut weinendes Kind, sind am Ende immer die Hunde. Obwohl sie hinsichtlich des
bevor Autotüren hektisch zugeschlagen wurden und der Geschehens so unschuldige Opfer sind wie die Kinder. Eine
Krankenwagen mit Blaulicht und Sirene wieder davonfuhr.         doppelte Tragödie.
    Gandalf hatte aus nächster Nähe gesehen, was da los              Andrin war am nächsten Tag übrigens wieder zu Hause.
war, denn er kam gerade von seinem Gassi zurück. Das Mit einem Wundpflaster über der ganzen linken Gesichts-
schreiende Kind war der kleine Andrin, der dreijährige Sohn hälfte, das Auge war zum Glück unverletzt geblieben. Mary
von Gandalfs Nachbarn. Sein Gesicht war blutüberströmt. ist bis heute nicht zurückgekehrt.
Das seiner Mutter hingegen war kreidebleich, als sie ihren
Jungen auf dem Arm zum Krankenwagen trug. Kurz darauf                Bis zum nächsten Mal, euer Paul
führte ein Polizist Mary aus dem Haus und lud sie in das
Polizeiauto. Mary ist ein wunderhübsches, sensibles Golden-
Retriever-Mädchen, das Gandalf und ich gut kennen.                 Paul schreibt regelmässig als Reporter für
    Was zuvor im Haus passiert war, erfuhr ich, als sich am        den Zürcher Tierschutz. In seiner Kolumne
Abend meine Menschen darüber unterhielten. Andrins Mama            berichtet er aus tierischer Perspektive
hatte für Facebook einen Film von Andrin und Mary machen           von seinem Alltag, in dem für Tiere keines-
wollen, wie sie miteinander spielen. Solche Filme, so die
                                                                   wegs alles mit rechten Dingen zugeht.
Mutter, gebe es ganz viele, die seien wahnsinnig süss und

14   Zürcher Tierschutz Magazin 1/21
ZT-intern

Meine Woche im Tierheim
Wer würde nicht gerne einmal in einem Tierheim arbeiten und den ganzen
Tag mit Tieren verbringen? Der Zürcher Tierschutz hat mir diesen Wunsch
erfüllt und mir ein einwöchiges Praktikum in der Tierpflege ermöglicht.
Ich habe fast mein ganzes Leben mit Hunden verbracht und fühlte mich gut
gewappnet. Schnell musste ich erkennen, wie weit meine Vorstellungen
und die Realität auseinanderliegen.
Serge Deville

                                                               Tag 3
                                                               Heute werde ich zu den Kleintieren eingeteilt. Hier kann ich
                                                               mich von der harten körperlichen Arbeit der letzten Tage
                                                               erholen. Ein Chinchilla ist ja kaum grösser als eine Maus.
                                                               Wie viel Dreck kann der schon machen? Nach 4 Stunden
                                                               ausmisten, staubsaugen, neu einstreuen und einrichten wird
                                                               mir klar: Auch Kleinvieh ist anspruchsvoll und macht ordent-
                                                               lich Mist.

                                                               Tag 4
                                                               Der heutige Tag ist besonders hart, aber nicht wegen der
                                                               körperlichen Arbeit. Heute kommt Bexter, ein junger Appen-
                                                               zeller-Rüde, ins Tierheim. Seine Besitzer können ihn nicht
                                                               behalten. Sichtlich um Fassung bemüht, übergeben sie uns
                                                               den verängstigten Kerl. Er heult herzergreifend, als wir ihn
                                                               in seine Box bringen. «Wie kann man nur …», denke ich.
Tag 1                                                          Aber ich versuche, die Familie zu verstehen. Wer bin ich,
Auch ohne Expertenwissen sehe ich sofort: Dieses Tierheim      um über ihre Lebenssituation zu urteilen? Es fällt mir schwer,
gehört zu den modernsten Institutionen für heimatlose          das Erlebte zu verarbeiten, und mir wird klar: Diesen Teil
Tiere in der Schweiz. Hier ist alles blitzblank geputzt, die   des Tierheim-Alltages möchte ich nicht regelmässig
Mitarbeiter*innen folgen einem durchchoreografierten           machen müssen.
Tagesablauf, die Tiere fühlen sich sichtlich wohl. Ich hin-
gegen – gut genährt und als Schreiberling höchstens in den     Letzter Tag
Fingern trainiert – komme schon nach der dritten Hunde-        Ich bin erschöpft und auch ein bisschen froh, dass heute
box, die ich aufräumen, staubsaugen und feucht aufnehmen       mein letzter Tag ist. Meine romantisierte Vorstellung wurde
muss, ins Schwitzen. Mir wird klar: Tierpflege hat sehr viel   von der Realität überrollt. Bin ich enttäuscht? Nein, im
mit Putzen zu tun.                                             Gegenteil. Mir ist klar geworden: Hier geben Profis Tag für
                                                               Tag alles, damit notleidende Tiere ein besseres Leben erhal-
Tag 2                                                          ten. Der Zürcher Tierschutz vermittelt jedes Jahr weit über
Nach der Boxenreinigung freue ich mich, den Hunden ihr         300 Tiere in neue Familien. Und das ist besser, als meine
Essen bringen zu dürfen. Das ist eine gute Gelegenheit, mit    Vorstellung von einem Tierheim es je war.
den Tieren eine Beziehung aufzubauen. Aber die cleveren
Vierbeiner merken sofort, dass ich neu bin: Emris reisst mit
einem eleganten Täuschungsmanöver aus der Box aus. Der
kleine Aramis unterstützt seinen Kumpel und kläfft mich an.
Der Rest der Truppe stimmt ein. Ein Riesengaudi – ausser
für mich. Ich stehe verdutzt da und mir wird klar: Ein Hun-
debesitzer ist noch lange kein Hundebetreuer.

                                                                                            Zürcher Tierschutz Magazin 1/21   15
Interview

«Kein Tag ist wie der nächste.»
Bis vor knapp einem Jahr arbeitete     Frau Wengi, Sie kommen gerade aus unserem
                                       Tierarztzimmer im Tierheim. Welche Behandlungen
Tierärztin Nicole Wengi in einer       haben Sie heute durchgeführt?
Kleintierpraxis im Kanton Aargau.      Heute war ein ruhiger Tag: Routineuntersuchungen, Imp-
                                       fungen, Entwurmungen und die Kontrolle einer Katze, der
Seit Mai 2020 ist sie nun am Zürcher   ich letzte Woche ein paar Zähne ziehen musste. Zudem
Tierspital angestellt. Zweimal die     haben wir die laufenden Fälle besprochen.
Woche besucht sie unser Tierheim
                                       Führen Sie hier im Tierhaus andere Eingriffe durch
und kümmert sich medizinisch um        als im Tierspital?
unsere tierischen Bewohner. Eine       Ich habe hier deutlich mehr Routinechecks als in einer
                                       gewöhnlichen Praxis, da jedes Tier beim Ein- und Austritt
Arbeit, die manchmal schwierig, oft    untersucht wird. Das Tierarztzimmer des Zürcher Tier-
schön und immer bereichernd ist.       schutz ist für diese Basisversorgung sehr gut ausgestat-
                                       tet. Für weitergehende Abklärungen oder Eingriffe wie
Pascal Girod
                                       Röntgenuntersuchungen oder Operationen werden die
                                       Tiere ins Tierspital gebracht.

16   Zürcher Tierschutz Magazin 1/21
Interview

Hat die Corona-Pandemie einen Einfluss auf                        Sehen Sie diesbezüglich Unterschiede zwischen
die Anzahl oder Art der Fälle?                                    einem Tier mit Zuhause und einem im Tierheim?
Ich habe meine Arbeit im Tierheim mitten im Lockdown              Auch im Tierheim sind die finanziellen Mittel begrenzt. Und
begonnen, da war es sehr ruhig. Den grössten Einfluss der         auch hier versuche ich, mit dem Team tierschutzkonforme
Pandemie erwarte ich in den Jahren nach Corona: Ich               Lösungen zu finden, die finanziell tragbar sind. Nicht immer
befürchte, dass dann deutlich mehr Tiere im Tierheim abge-        ist die teuerste Option die beste. Auf der anderen Seite
geben werden. Ich stelle nämlich fest, dass sich derzeit viele    haben wir auch schon dank eines Spendenaufrufs genü-
Leute Tiere anschaffen, da sie mehr Zeit zu Hause verbringen.     gend Geld zusammentragen können, um einem jungen
                                                                  Hund eine teure Operation zu ermöglichen. Dieser Hund
Gibt es typische Fälle, die durch schlechte Haltung               hat dank Tierfreunden eine Chance auf ein langes, gesun-
verursacht werden? Fälle, bei denen man sagen                     des Leben erhalten.
muss, wenn die Leute das besser wüssten, könnte viel
Tierleid erspart werden?                                          Gleichzeitig gibt es ja auch die schönen Seiten
Den Klassiker gibt es nicht, aber natürlich resultieren aus       des Berufs. Was macht Ihnen bei Ihrer Arbeit
schlechter Haltung oder Vernachlässigung viele Probleme.          besonders Freude?
So kann die körperliche Gesundheit leiden, aber auch die          Darüber könnte ich fast ein Buch schreiben. In erster Linie
psychische Gesundheit der Tiere wird beeinträchtigt. Diese        liebe ich die aussergewöhnliche Vielseitigkeit. Kein Tag ist
Tiere leiden oft im Verborgenen. Viele von ihnen sehen wir        wie der nächste, nie weiss ich mit Sicherheit, was mich
Tierärzte gar nicht oder erst dann, wenn es bereits zu spät       heute erwartet. Ich mag es zudem sehr, sowohl mit Men-
ist. Die Aufklärung punkto Haltung von Tieren ist etwas sehr      schen als auch mit Tieren zu arbeiten, und bin stets mit
Wichtiges. Sinnvollerweise informieren sich Halter*innen,         Kopf, Herz und Hand dabei. Zu den schönsten Momenten
bevor sie überhaupt ein Tier anschaffen. Leider entspricht        gehört, wenn Tierbesitzer*innen strahlend auf mich
das nicht immer der Realität.                                     zukommen und mir erzählen, wie gut es ihrem Tier inzwi-
                                                                  schen wieder geht. Oder wenn ein Findling medizinisch
Die Arbeit als Tierärztin ist manchmal belastend.                 versorgt, gesund gepflegt und schlussendlich mit den
Wie gehen Sie persönlich mit den traurigen Fällen um?             Besitzer*innen wiedervereinigt oder neu platziert werden
Ich verkrafte es unterschiedlich gut, traurige Fälle gehen mir    kann. Solche Momente sind Glücksmomente.
oft nahe. Aber auch in diesen Situationen versuche ich, so
rasch wie möglich wieder einen klaren Kopf zu bekommen
und mich darauf zu konzentrieren, das betroffene Tier best-       Auch privat ist Nicole Wengi meist von Tieren umgeben.
möglich zu unterstützen. Der Tierarztberuf endet nicht
abends beim Abschliessen der Praxistür. Es gibt Fälle, die
trage ich in Gedanken mit nach Hause. Glücklicherweise
habe ich eine Familie, die mich in meiner Tätigkeit unterstützt
und mich auffängt, wenn ich traurige Erfahrungen mitbringe.

Viele Heimtier-Besitzer*innen scheuen keine Mühen
und geben grosse Summen aus, um ihre Lieblinge
zu retten. Wo ist aus Ihrer Sicht die Grenze, wann man
ein Tier gehen lassen sollte?
Für mich ist es zunächst weniger eine finanzielle als vielmehr
eine Frage nach der Lebensqualität, die sich durch die
Behandlung für das Tier ergibt. Vereinfacht gesagt ziehe ich
die Grenze dort, wo ein Tier leidet und wenig Hoffnung auf
Besserung besteht. Im konkreten Fall sieht das aber oft sehr
viel komplexer aus: Wann genau wird der Leidensdruck für
das Tier zu gross? Wie können wir Leid messen und wo fängt
unsere eigene Interpretation an? Es gibt nicht immer eine
eindeutige Schwelle, oft ist der Übergang fliessend. Im
Gespräch mit den Tierbesitzer*innen wäge ich die Möglich-
keiten ab und versuche, die beste Lösung fürs jeweilige Tier
zu finden. Dabei fliessen neben medizinischen Überlegun-
gen dann unweigerlich auch Faktoren wie die finanziellen
Möglichkeiten ein.

                                                                                                     Zürcher Tierschutz Magazin 1/21   17
Tierhaus

Happy End für …
Fast 20 Achatschnecken tummelten sich zeitweise in einem unserer
Terrarien. Einige von ihnen waren bei uns gelandet, nachdem ihr
Besitzer verstorben war. Die anderen waren im Wald gefunden worden
und hatten sich danach rasant vermehrt. Nun haben vier von ihnen
ein neues Zuhause bekommen.
Sharon Merki

Eigentlich waren Franziska und Philipp Neukom
auf der Suche nach neuen Kaninchen, als sie auf
unserer Website auf die Bilder der Achatschnecken
stiessen. Da Franziska diese aussergewöhnlichen
Haustiere aus ihrer Kindheit kannte und Platz und
Zeit vorhanden waren, entschlossen sich die bei-
den, das Projekt Achatschnecken in Angriff zu
nehmen. Einige Zeit später war alles bereit und
Horst, Gerry, Athene und Hyperion konnten im
Oktober 2020 ihr neues Zuhause beziehen.

In ihrem Terrarium haben die vier Schnecken nun
alles, was sie brauchen: Äste, Baumrinde und viel
Moos bieten ihnen tagsüber genügend Verstecke,
um zu schlafen. Sobald es aber dunkel wird,
machen sich die nachtaktiven Tiere auf die Suche
nach leckerem Grünzeug oder entspannen sich
bei einem kurzen Bad in den Wasserschalen. Für
Achatschnecken ist zudem wichtig, dass sie genü-
gend Kalk zu sich nehmen (zum Beispiel über
angereicherten Boden oder Sepia-Schalen) und
im Terrarium die richtige Luftfeuchtigkeit und die
richtigen Temperaturen herrschen.

Es dauerte eine Weile, bis sich das Grüppchen
eingewöhnt hatte. Mit der Zeit wurden die vier
aber immer aktiver und mittlerweile stellen sie bei   Bei so viel Futterauswahl ist für jeden etwas dabei, auch für Gerry, Athene
                                                      und Hyperion, die etwas wählerischer sind als ihr Mitbewohner Horst.
ihren nächtlichen Erkundungstouren die ganze
Einrichtung des Terrariums auf den Kopf. Von
wegen Schnecken sind langweilig! Achatschne-          Sie wünschen sich ein Heimtier?
cken sind aktiver, als man denken könnte, und sie     Hier gehts zur Liste unserer heimatlosen Tiere:
haben alle ihre ganz eigenen Persönlichkeiten.
Während Horst als eher unkomplizierter Geselle                    www.zuerchertierschutz.ch/tierheim/
am liebsten direkt neben dem Futter schläft, sind                 tiervermittlung
die anderen drei wählerischer, was Schlafplatz und

                                                                               !
Futter und Fressen angeht. Bei ganz besonderen
                                                              ren
Leckerbissen wie Bananenstücken kann aber keine       Adoptie
der vier nein sagen.                                           fen
                                                      statt kau

18   Zürcher Tierschutz Magazin 1/21
Tierisch interessant

              al
         Diesm
Der Dreistachlige Stichling
Der Dreistachlige Stichling (Gasterosteus aculeatus), der bekannteste Vertreter
der Stichlinge, verdankt seinen Namen den drei aufrichtbaren Stacheln,
die er auf dem Rücken trägt. Er ist ein regelrechter Allrounder unter den Fischen
und kann sich den unterschiedlichsten Lebensräumen anpassen. Egal ob
Süss- oder Salzwasser, klare oder verschmutzte Gewässer – der Stichling fühlt
sich fast überall auf der Nordhalbkugel wohl. Seine aussergewöhnliche
Anpassungsfähigkeit, die vielerorts explosionsartige Vermehrung und das
komplexe Balzverhalten machen den flinken Schwimmer zu einem beliebten
Untersuchungsobjekt in der Verhaltens- und Evolutions­biologie und
brachten ihm den Titel «Fisch des Jahres 2018» ein.
Sharon Merki

                          Spannende Fakten
                           Dreistachliger Stichling

 Lebenserwartung           2 bis 3 Jahre

 Grösse                  	5 bis 11 cm
 Nahrung                   Würmer, Insektenlarven, Krebse, Fischeier und -larven
 Wanderung               	Der Stichling bewohnt Meere, Seen und Flüsse der Nordhalbkugel.
                           Im Frühling wandern die marinen Populationen über weite
                           Strecken in die Süssgewässer zu ihren Laichplätzen. Die Stichlinge,
                           die das ganze Jahr über im Süsswasser leben, können sich diese
                           lange Wanderung hingegen sparen.
 Farbe                      chwarzbraune Marmorierung auf silbrigem bis goldenem
                           S
                           Grund. Während der Laichzeit glänzen Rücken und Augen der
                           Männchen blaugrün, die Körperunterseite färbt sich rot-orange.
                           Diese Farben leuchten intensiver, wenn ein passendes Weibchen
                           oder ein Nebenbuhler auftauchen.
 Knochenplatten             tatt Schuppen trägt der Stichling an den Seiten ziegelartige
                           S
                           Knochenplatten.
 Feinde                    Wenige aufgrund seiner Stacheln. Teilweise Aale, Hechte, Forellen.
 Zickzack-Tanz              ithilfe eines auffälligen Balztanzes, des sogenannten Zickzack-
                           M
                           Tanzes, lockt das Männchen laichbereite Weibchen an und
                           löst die Eiablage aus.

Tierischer Irrtum                                                            Tierische Fachfrage

Das Weibchen kümmert sich                                                    Unter wie vielen anderen Namen ist der
                                                                             Dreistachlige Stichling heute auch noch bekannt?
um die Aufzucht der Jungen.                                                  den Dreistachligen Stichling.
Männchen jedoch oft nicht das Ende der Brutsaison.                           dass es sich z.B. sowohl beim Östlichen als auch beim Westlichen Stichling um dieselbe Art handelt,
aggressiv gegen Feinde. Durch die grossen Anstrengungen überleben            variiert, wurden diese Formen früher alle als separate Arten beschrieben. Heute ist man sich einig,
zucht zuständig. Auch nach dem Schlüpfen verteidigen sie den Nachwuchs       Antwort: 33! Da der Stichling je nach Lebensraum stark in Grösse, Farbe oder Anzahl Knochenplatten
Falsch: Bei den Stichlingen sind die Männchen für den Nestbau und die Auf-

                                                                                                                                  Zürcher Tierschutz Magazin 1/21         19
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          Paten
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und unser Tierhaus wohl nur noch ganz selten und wir könnten alle
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perlich nicht ganz perfekt oder es denkt einfach niemand          * Steckbrief der gewählten Tierart
an sie, wie etwa an unsere Schlangen und Achatschnecken.          * Exklusives Kartenset mit handgezeichneten
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