Markt & Meinung Russland-Ukraine-Krieg treibt Inflation in Europa - Postbank

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Markt & Meinung Russland-Ukraine-Krieg treibt Inflation in Europa - Postbank
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Märkte und Anlagen im Fokus | 18.03.2022

Russland-Ukraine-Krieg treibt Inflation in Europa
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Markt & Meinung | 18.03.2022   2

Russland-Ukraine-Krieg
treibt Inflation in Europa
−       Die Inflation in der Eurozone zog zuletzt weiter an
−       Der Krieg in der Ukraine lässt die Energiepreise deutlich steigen
−       Notenbanken im geldpolitischen Dilemma

Inflation und kein Ende? Schon vor beziehungsweise zu         Barrel so teuer gehandelt wie zuletzt 2008, ebenso wie
Beginn des Einmarschs russischer Truppen in die Ukraine       die Nordseesorte Brent, deren Preis sogar die 125-US-Dol-
am 24. Februar waren die Preise in der Eurozone weiter        lar-Marke überschritt. Der Preis für Erdgas sprang an der
angestiegen, von 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahres-         niederländischen Terminbörse auf ein Rekordhoch von
monat im Januar auf 5,8 Prozent im Februar. In Deutsch-       199,99 Euro pro Megawattstunde (MWh). Noch eine Wo-
land kletterte die Inflationsrate im selben Zeitraum von      che zuvor hatte er unter 70 Euro/MWh notiert, vor einem
4,9 Prozent auf 5,1 Prozent, nach dem harmonisierten          Jahr bei gerade einmal 15 Euro/MWh. Zwar sind Erdöl und
Verbraucherpreisindex der Europäischen Union berechnet        Erdgas aus Russland bislang noch von den Sanktionen der
sogar auf 5,5 Prozent. Einer der Haupttreiber für die stei-   EU ausgenommen; viele Marktteilnehmer befürchten je-
genden Inflationsraten waren erneut die Energiepreise:        doch, nachträglich für Käufe von russischem Öl oder Gas,
Sie lagen im Februar um fast 32 Prozent höher als im Vor-     zum Beispiel in verflüssigter Form auf Tankern, belangt zu
jahresmonat.                                                  werden. Via Pipeline wird Erdgas bislang in unveränderter
                                                              Menge aus Russland Richtung Westeuropa exportiert.
Stark steigende Energiepreise
Auf die Energiepreise hat sich der Russland-Ukraine-Krieg     Mittelfristig stellt sich jedoch die Herausforderung, die
wie ein Beschleuniger ausgewirkt: US-amerikanisches Öl        Erdgasspeicher vor dem kommenden Winter aufzufüllen –
der Sorte West Texas Intermediate (WTI) wurde in der er-      zumal die EU plant, bis zum Jahresende 2022 die rus-
sten Märzwoche mit zeitweise mehr als 120 US-Dollar pro       sischen Gasimporte um zwei Drittel zu reduzie-        >>
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ren. Die Importe aus Russland könnten zwar insbesondere       onserwartungen weiter mit zum Teil erheblichen Schwan-
durch Käufe von Flüssiggas (LNG) ersetzt werden, deren        kungen zu rechnen sein.
Notierung beispielsweise in den USA derzeit noch deutlich
unter dem europäischen Gaspreis liegt. Allerdings dürfte      Geldpolitik als Zünglein an der Waage?
sich durch die steigende LNG-Nachfrage auch dessen            Die Zentralbanken stehen aktuell vor der Herausforde-
Preis weltweit nachhaltig erhöhen.                            rung, einerseits ihre Glaubwürdigkeit in puncto Inflations-
                                                              bekämpfung nicht zu verlieren und andererseits die vor
Weitere mögliche Inflationstreiber                            dem Russland-Ukraine-Krieg begonnene Konjunkturerho-
Zugenommen hat zuletzt die Möglichkeit sogenannter            lung nicht abzuwürgen. Die Postbank rechnet aktuell da-
Zweitrundeneffekte auf die Inflation: Die Arbeitslosen-       mit, dass die Notenbanken grundsätzlich an ihrem Willen
quote in der Eurozone sank im Januar zum ersten Mal           festhalten werden, die Geldpolitik zu straffen. Die US-No-
überhaupt unter 7 Prozent. Sollten Arbeitskräfte weiter       tenbank Fed hat in diesem Zusammenhang am 16. März
knapp werden, könnten auf Basis der aktuell hohen Infla-      einen wichtigen Schritt getätigt und ihren Leitzins um
tion auch die Lohnforderungen der Gewerkschaften hö-          0,25 Prozentpunkte angehoben. Zudem wurden bis zu
her ausfallen, was wiederum die Preise treiben dürfte         sechs weitere Zinsanhebungen und eine Verringerung der
(Lohn-Preis-Spirale) – noch ist eine solche Entwicklung je-   Fed-Anleihebestände für den weiteren Jahresverlauf an-
doch nicht zu beobachten. Ein weiterer möglicher Inflati-     gekündigt. Auch die EZB dürfte sich in Zukunft stärker auf
onstreiber ist die aktuell schwache europäische Gemein-       die Bekämpfung der Inflation fokussieren. Grundsätzlich
schaftswährung: Der Euro war zuletzt unter anderem            sollte das weitere geldpolitische Vorgehen ab sofort von
durch den Ausblick auf steigende Energieimportkosten          noch größerer Vorsicht und Flexibilität geprägt sein. Die
unter Druck geraten, was Importe in die Eurozone auf          Notenbanken dürften kaum Interesse haben, nach dem
mittlere Sicht verteuern könnte.                              externen Schock des Kriegsausbruchs durch ein zu schnel-
                                                              les Anheben der Zinsen auch noch die Finanzmarktkondi-
Märkte im Risk-off-Modus                                      tionen deutlich zu verschlechtern.
Unter starken Druck gerieten im Zuge des Russland-Ukra-
ine-Kriegs auch die Aktienkurse sowie die laufenden Ren-      Hohe Schwankungsanfälligkeit auf absehbare Zeit
diten von Staatsanleihen. Viele Marktteilnehmer schal-        Die Postbank erwartet im Gesamtjahr 2022 für die Euro-
teten nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die         zone und Deutschland eine Inflation von 8 Prozent. Insbe-
Ukraine in den Risk-off-Modus. Deutliche Abwärtsbewe-         sondere in Europa könnten sich die gestiegenen Energie-
gungen an den Aktienmärkten waren die Folge. Ausnah-          preise belastend auf die Konjunkturerholung auswirken.
men zeigten sich nur in Einzelfällen, etwa bei Rüstungs-      Eine Rezession scheint aufgrund einer anhaltend starken
konzernen oder bei Herstellern von Anlagen zur Nutzung        fiskalischen Unterstützung und einer möglichen verzöger-
erneuerbarer Energien.                                        ten geldpolitischen Straffung seitens der EZB jedoch un-
                                                              wahrscheinlich.
Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen gab Anfang
März zwischenzeitlich um mehr als 25 Basispunkte auf          Für das laufende Jahr geht die Postbank von einem
1,70 Prozent nach, die Rendite 10-jähriger Bundesanlei-       Wachstum des Bruttoninlandsprodukts (BIP) von 2,8 Pro-
hen rutschte teilweise wieder in den negativen Bereich.       zent in der Eurozone und 3,0 Prozent in Deutschland aus.
Die Gründe: In unsicheren Zeiten greifen Anleger ver-         2023 könnte sich die Inflationsrate in beiden Regionen auf
mehrt zu als sicher geltenden Staatsanleihen.                 3,3 Prozent normalisieren und das BIP-Wachstum bei
                                                              2,2 Prozent in Europa beziehungsweise 3,2 Prozent in
Seither haben sich die Renditen im Zuge weiter steigender     Deutschland liegen.
Inflationserwartungen jedoch wieder erholt: Insbesonde-
re bei den langen Laufzeiten kletterten diese auf Niveaus,    Solange der Ausgang der geopolitischen und humani-
die zuletzt Mitte 2019 notiert worden waren. 10-jährige       tären Krise in der Ukraine ungewiss ist, dürfte die Volati-
Bundesanleihen rentierten Mitte März mit 0,36 Prozent,        lität an den Märkten hoch bleiben. Aktien sollten sich,
10-jährige US-Treasuries mit deutlich über 2 Prozent. In      abhängig von den Entwicklungen in Osteuropa, im Jahres-
den kommenden Wochen und Monaten dürfte hier je               verlauf jedoch etwas erholen können. Die Renditen von
nach Entwicklung der geopolitischen Lage und der Inflati-     Staatsanleihen könnten weiter zulegen.
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Entsprechend risikobereiten Anlegern mit einem langfris-
tigen Anlagehorizont könnten sich bei aller Vorsicht Ein-
stiegschancen bieten. Das könnte vor allem für Unterneh-
men gelten, die im Rahmen der aktuellen Entwicklungen
in den Fokus der Anleger treten und von fiskalpolitischer
Unterstützung profitieren könnten, etwa aus den Be-
reichen Cybersicherheit sowie erneuerbare Energien – die
gegenwärtigen Entwicklungen könnten dazu führen, dass
die Bemühungen um die Energiewende in Europa intensi-
viert werden. Sollte sich die Konjunktur gestützt von einer
robusten Nachfrage zügig erholen, könnten im Umfeld
steigender Zinsniveaus zudem Finanztitel einen Blick wert
sein. Zur Absicherung im Rahmen eines breit aufgestellten
Depots erscheint weiterhin eine Beimischung von Gold
sinnvoll.

   Wichtige Hinweise

   Redaktionsschluss: 17.03.2022 / 10:00 Uhr

   Herausgeber: Chef-Anlagestratege Deutsche Bank Privat- und Firmenkunden

   Fotohinweis zum Titelmotiv: Vitalii Vodolazskyi / Adobe Stock

   Postbank – eine Niederlassung der Deutsche Bank AG.

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