LE NOZZE DI FIGARO Materialmappe zur Inszenierung von
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Materialmappe zur Inszenierung von LE NOZZE DI FIGARO Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Musikalische Leitung: Alexander Drcar Inszenierung: Igor Folwill Bühne: Manfred Kaderk Kostüme: Angela C. Schuett Wie eben moderne Ehemänner so sind: grundsätzlich untreu, launisch und aus Hochmut eifersüchtig. GRÄFIN ALMAVIVA Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
2 Inhalt Einleitung S. 3 Zusammenfassung S. 4 Der Komponist S. 4 Der Librettist S. 6 Entstehung der Oper LE NOZZE DI FIGARO S. 8 Der Begriff des „ius primae noctis“ S. 9 Inhalt der Oper NOZZE DI FIGARO S. 10 Besetzung S. 11 So munter kann Geschlechterkampf sein - Premierenkritik S. 12 Theaterpädagogische Anregungen S. 13 Anhang S. 16 Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
3 Liebe Lehrerinnen und Lehrer, wir glauben, dass das Erlebnis Theater erst dann richtig beginnt, wenn man begreift. Schüler sollten auf den Theaterbesuch vorbereitet werden, damit sie ihn genießen kön- nen. Die kleinen Materialsammlungen zu den Inszenierungen am Theater Ulm sollen Ihnen zur Vorbereitung des Theaterbesuchs mit Ihrer Klasse dienen. Neben Hintergrundinformationen zu Autor und Werk enthalten sie Materialien, die für den Zugriff des jeweiligen Regisseurs von Bedeutung sind. Außerdem am Ende einige theaterpädagogische Anregungen, mit denen Sie bestimmte Themenkomplexe der In- szenierung mit ihren Schülern praktisch „anSPIELEN“ können. Sie können sich aus diesen Materialien einzelne Dinge herausgreifen, sie abwandeln oder das gesamte Material verwenden. Viel Freude beim Ausprobieren und dem Theaterbesuch wünschen Nele Neitzke & Bodo Neemann Altersempfehlung: Ab 14 Jahren Dauer: Ca. 3 Stunden 30 Minuten, eine Pause Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
4 Das „ius primae noctis“ soll abgeschafft werden, doch ausgerechnet der großherzige Gönner Graf Almaviva will sich angesichts der bevorstehenden Hochzeit Figaros mit Susanne nicht so recht daran halten. Das lässt Figaro nicht mit sich machen und int- rigiert seinerseits was das Zeug hält, ohne allerdings den Überblick über seine Spiel- chen zu behalten. Dabei unterschätzt er seine zukünftige Susanna gewaltig, die sehr gut selbst auf sich aufpassen kann und wiederum ihre eigenen Intrigen spinnt. Im Laufe dieses „tollen Tages“ findet Figaro unbeabsichtigt seine leiblichen Eltern, muss der liebestolle Page Cherubino zum Militär, beklagt der Gärtner Antonio einen erhebli- chen Schaden in seinem Blumenbeet und findet der Graf zu seiner Gräfin zurück – ach ja: Und Figaro darf endlich heiraten! Der Komponist Allseits bekannt ist: Mozart war ein Wunderkind. Bereits mit drei Jahren fing er an, Klavier zu spielen, mit vier Geige, mit fünfeinhalb gab er sein erstes öffentliches Kon- zert. Sein Gehör war absolut. Schon als Vierjähriger konnte er hören, wenn eine Geige um einen Viertelton verstimmt war. Mit zwölf Jahren hatte Mozart bereits drei Opern komponiert, sechs Sinfonien und hunderte anderer Werke. Wolfgang Amadeus Mozart wurde am 27. Januar 1756 in Salzburg geboren. Sein Vater erkannte früh das herausragende Talent seines Sohnes und vor allem, dass sich damit Geld verdienen ließ. Von Mozarts sechstem Lebensjahr an war die Familie fast ständig auf Reisen. Der klei- ne Wolfgang spielte zusammen mit seiner fünf Jahre älteren Schwester Maria Anna - dem Nannerl - an fast allen europäischen Fürstenhöfen. Zu Mozarts Repertoire ge- hörten kleine Kunststücke, die sich der Vater ausgedacht hatte, wie das Spiel mit ver- deckten Tasten oder das Vom-Blatt-Spielen der Noten sämtlicher Musikstücke, die die Zuhörer mitbrachten. Die ständigen Reisen und häufigen Auftritte gingen nicht spurlos an Mozart vorüber. Er war kleiner als andere Kinder seines Alters und häufig krank, oft sogar lebensge- fährlich. 1765 erkrankte er an Typhus, zwei Jahre später an Pocken. Mozarts heiteres Wesen trug viel zu seiner Popularität bei. Da die Familie jedoch ständig unterwegs war, hatte er kaum Gelegenheit, mit anderen Kindern zu spielen oder Freundschaften zu schließen. 1769 - mit 13 Jahren! - wurde er erzbischöflicher Hofkonzertmeister in Salzburg. An- schließend traten er und sein Vater die erste Reise nach Italien an. Nach bestandener Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
5 Aufnahmeprüfung wurde er in die Bologneser Accademia de Filarmonica aufgenom- men. Wolfgang und sein Vater setzten ihre Italienreise 1770 fort, 1771 fuhren sie nach Salz- burg zurück, wo er an geistlichen Werken und Sinfonien arbeitete. Im August traten sie ihre zweite Italienreise an, kehrten dann wieder nach Salzburg zurück. Trotz vieler Aufgaben fühlte er sich in Salzburg nicht wohl und begab sich mit seinem Vater auf die dritte Italienreise. 1773 kehrte Mozart für vier Jahre nach Salzburg zurück, bevor er im August 1777 zu einer weiteren Konzertreise aufbrach, auf der er auch die 17jährige Aloysia Weber kennen lernte, die eine verheißungsvolle Zukunft als Opernsängerin vor sich hatte. Mozart verliebte sich in sie. Da die Familie in Vater Leopolds Augen nicht wohlhabend genug war, untersagte er seinem Sohn die Heirat. Mozart reiste weiter nach Paris. Doch der Neuigkeitswert, den er als Wunderkind ge- habt hatte, war verflogen. Die Pariser Öffentlichkeit interessierte sich nun für anderes. Als Mozarts Mutter 1778 starb, kehrte der inzwischen 22jährige nach Salzburg zurück und nahm eine Stelle als Hoforganist des Fürsterzbischofs von Salzburg an. Mozart blieb nicht lange in seiner Heimatstadt. Schon bald wurden ihm die Einschrän- kungen, die ihm sein Arbeitgeber auferlegte, zuviel. Mozart kündigte seinen Dienst und wurde vom erbosten Oberkämmerer des Fürsterzbischofs buchstäblich mit einem Fußtritt hinausbefördert. Mozart zog nach Wien und wohnte bei Aloysia Webers Mutter. Da Aloysia inzwischen geheiratet hatte, übertrug er seine Liebe auf ihre Schwester Constanze. Die beiden heirateten 1782, obwohl Vater Leopold nach wie vor gegen eine solche Verbindung war. Für die damalige Zeit verdiente Mozart viel Geld. Er erhielt Honorare für Kompositio- nen, Vorstellungen und Unterricht. Allein seine drei wohlhabendsten Schüler zahlten ihm etwa 700 Gulden im Jahr, was heute etwa 15000 Euro entsprechen würde. Aber weder Mozart noch seine Frau konnten mit Geld umgehen. Sie hatten deshalb ständig Schulden und lebten am Rande des Ruins. Mozarts Rastlosigkeit war ein weiteres Problem. Nie blieb er lange an einem Ort, stän- dig brauchte er Abwechslung. In einem einzigen Jahr zog er neunmal um. Die letzten Jahre seines Lebens waren gekennzeichnet von Armut und hohen Schulden. Dennoch Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
6 schrieb er in dieser Zeit einige seiner schönsten Werke, darunter „Don Giovanni“ und „Die Zauberflöte“. Ende November 1791 erkrankte Mozart schwer. Wenige Tage vor seinem Tod boten ihm ungarische Adlige eine jährliche Ehrengabe von 1000 Gulden, holländische Mu- sikfreunde einige Tage später sogar noch mehr. Dieses Geld hätte seine finanziellen Probleme gelöst, doch es kam zu spät. Mozart starb am 5. Dezember 1791. Der Librettist Lorenzo da Ponte hieß ursprünglich Emmanuele Conegliano, war Jude und nahm sei- nen neuen Namen an, als sein Vater Geronimo, ein Gerber und Lederhändler, im Au- gust 1763 in zweiter Ehe eine Christin heiratete und dessen drei Söhne aus erster Ehe ebenfalls zum Katholizismus übertraten. Den Namen übernahm er vom damaligen Bischof von Ceneda, von dem er adoptiert wurde. Konvertierte Juden ließen sich im 18. Jahrhundert in Italien oft von katholischen Geistlichen adoptieren, um in der Gesell- schaft aufsteigen zu können. Da Ponte hatte bis zum Alter von 14 oder 15 Jahren keinen regelmäßigen Schulunter- richt bekommen. Nach dem Tod des Bischofs von Ceneda im Jahre 1768 blieb da Ponte zunächst ohne finanzielle Unterstützung und entschloss sich, Priester zu werden. 1769 zog er ins Priesterseminar von Portogruaro, wurde dort 1770 Lehrer für Rhetorik, 1772 stellvertretender Direktor und erhielt im März 1773 die Priesterweihe. Im Herbst des- selben Jahres ging er nach Venedig, verliebte sich in eine Patrizierin und wurde 1774 Lehrer für klassische Literatur im nahe gelegenen Treviso. Wegen seiner Ansichten über die Naturgesetze wurde er dort im Jahre 1776 entlassen. Von der Republik Venedig wurde da Ponte am 17. Dezember 1779 wegen Ehebruchs und Konkubinats mit einer verheirateten Frau für 15 Jahre aus dem venezianischen Gebiet verbannt. 1781 kam er auf Vermittlung des Dresdener Hofpoeten Caterino Maz- zolà in Kontakt mit Antonio Salieri, der ihm eine Stelle am Wiener Hof verschaffte. Bis 1791 arbeitete er dort als Textdichter für das italienische Theater. Er legte etwa 40 Li- bretti für eine ganze Reihe von Komponisten vor, darunter Antonio Salieri und Joseph Weigl. Berühmt wurde er für seine Texte zu Mozarts Opern Le nozze di Figaro (1786, Figaros Hochzeit), Don Giovanni (1787) und Così fan tutte (1790). Im Frühling 1791 verlor da Ponte wegen einiger Intrigen seine Stelle am Theater. Im Herbst 1792 reiste er nach London, wo er Italienisch unterrichtete und Libretti für eine italienische Operntruppe schrieb. Von dieser Zeit an war mit der 20 Jahre jüngeren Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
7 Nancy Grahl eine Frau an seiner Seite. 1793 wurde da Ponte Impresario am King‘s Theatre. Von 1794 bis 1804 sind 28 Premi- eren mit Werken verzeichnet, die auf seine Texte verfasst wurden. Ab 1800 bekam da Ponte Schwierigkeiten mit einigen Gläubigern, weil er sich für Wechsel eines Parlamentariers verbürgt hatte und diese nicht gedeckt waren. Deshalb schickte er seine Familie 1804 nach Amerika, folgte ihr ein Jahr später und ließ sich zuerst in Pennsylvania, später in New York nieder. Er versuchte sich in verschiedenen Geschäftszweigen. So betätigte er sich als Tabak- und Branntweinhändler und hatte einen Obst- und Gemüseladen in der Bowery, bevor er später als Privatlehrer Unter- richt in Italienisch erteilte. 1825 wurde er zum Professor für italienische Literatur am Columbia College in New York ernannt und veröffentlichte eine Reihe von Büchern in der eigenen Verlagsbuch- handlung. Höhepunkt seines Aufenthaltes in den USA war die Aufführung von Don Giovanni im Jahre 1825. Ab 1830 setzte sich da Ponte verstärkt dafür ein, der Oper in Amerika zum Durchbruch zu verhelfen. Er konnte Sponsoren für den Bau des ersten Opernhauses in New York gewinnen. Finanziell rechnete sich dieses jedoch nicht, zumal das Gebäude 1836 ab- brannte. Da Pontes Begräbnis wurde 1838 mit großem Pomp in der damaligen St. Patrickska- thedrale (heute Old St. Patrick) begangen. Die herausragendste Eigenschaft da Pontes war seine Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse des jeweiligen Komponisten. Dies zeigt sich in seinen Texten, die er in der Saison 1787-1788 für Martín y Soler, Mozart und Salieri schrieb. In LE NOZZE DI FIGARO ist die politische Botschaft von Beaumarchais‘ Vorlage abgemildert; Neben- rollen (Bartolo, Marcellina und Basilio) erhalten Buffoeigenschaften zugeordnet. Auch in DON GIOVANNI verwendet da Ponte das gängige Repertoire der Opera buffa - Ver- kleidungen, Stockschläge, Versteckspiele -, um die Vorlage von Giuseppe Gazzaniga zu erweitern. Sein Libretto für COSI VAN TUTTE galt im 19. Jahrhundert als frivol und unmoralisch, wird aber heute mit seiner eleganten Diktion, seinem symmetrischen Aufbau und seiner Behandlung von ernsthaften menschlichen Fragen innerhalb eines stilisierten, künstlichen Rahmens als sein gelungenstes Werk angesehen. Entstehung der Oper LE NOZZE DI FIGARO Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
8 Mozarts große komische Oper DIE HOCHZEIT DES FIGARO gehört seit ihrer Urauffüh- rung 1786 in Wien zu den meistgespielten und beliebtesten Opern überhaupt. Zahlrei- che Musiknummern sind mittlerweile Dauerbrenner und fester Bestandteil von ein- schlägigen Wunschkonzerten. [„Sagt, holde Frauen“ (Voi che sapete); „Will der Herr Graf ein Tänzchen wohl wagen“ (Se vuol ballare, Signor Contino); das Briefduett u.a.] DIE HOCHZEIT DES FIGARO ist 1783 der Auftakt zu der berühmten Operntrias von Mo- zart und seinem Textdichter Lorenzo Da Ponte. Die beiden späteren Opern DON GIO- VANNI (1787) und COSÌ FAN TUTTE (1790) waren in Ulm zuletzt in der Spielzeit 2005/06 zu sehen. FIGARO komplettiert also diesen Zyklus. Die Vorlage dieser Oper ist das damals zeitgenössische Schauspiel DER TOLLE TAG von Beaumarchais, das durchaus revolutionäres Gedankengut verbreitete und vielerorts sogar verboten war, weil der Adel um seine Privilegien und seine Vormachtstellung fürchtete. Die Uraufführung fand im Frühjahr 1784 statt. Vier Jahre kämpfte Beau- marchais zuvor gegen das Verbot seines Stückes durch den französischen Monarchen. Die Auseinandersetzung hatte die Öffentlichkeit beschäftigt, dem König wurden Un- terdrückung und Tyrannei vorgeworfen. Nur mit Hilfe einflußreicher Personen am kö- niglichen Hofe war es gelungen, Ludwig XVI. die Aufhebung des Verbotes abzuringen. Napoleon bezeichnete dieses Stück als den „Sturmvogel der Revolution“. Die erste öffentliche Aufführung der Komödie „Die Hochzeit des Figaro“ dauerte fünf Stunden, denn häufig wurden die Schauspieler durch die Beifallsstürme des Publikums unterbrochen und mußten einzelne Passagen wiederholen. Zwar spielte die Handlung im spanischen Andalusien und die Schauspieler trugen spanische Kostüme, doch der Inhalt war brisant: Figaro, Diener des Grafen Almaviva, möchte Susanna heiraten, die Dienerin der Gräfin. Doch dazu muß der Graf nach altem Recht seine Zustimmung ge- ben. Der Graf will nicht, denn auch er hat Gefallen an der hübschen Dienerin gefunden. Im Bündnis mit der Gräfin siegt schließlich der listige Diener. Der adelige Graf wird lächerlich gemacht. Der lange Monolog des Figaro im V. Akt galt Zeitgenossen als dramaturgisches Wag- nis. Doch die darin ausgedrückten Gedanken sowie das geschilderte Schicksal mach- ten gerade diese Stelle zu einer der am meisten beklatschten Szenen des Stückes: „Nein, Herr Graf, Sie werden Susanna nicht haben ... Sie werden sie nicht haben! Weil Sie ein großer Herr sind, glauben Sie, auch ein großer Geist zu sein! Adel, Reichtum, Rang und Würden, all das macht Sie so stolz! Was haben Sie denn geleistet für so viele Vorteile? Sie haben sich die Mühe gegeben, geboren zu werden, weiter nichts. Im übrigen sind Sie ein ganz gewöhnlicher Mensch. Während ich, zum Donnerwet- ter, verloren im dunkelsten Gewühl der Menge, mehr Fleiß und Verstand aufwenden mußte, um überhaupt existieren zu können, als seit hundert Jahren für die Regierung Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
9 von ganz Spaniens aufgebracht wurden! Und Sie wollen den Kampf mit mir ... Gibt es etwas Wunderlicheres als mein Schicksal? ... Wenn man den Geist nicht unterdrücken kann, rächt man sich, indem man ihn mißhandelt. - Es erhebt sich gerade ein Streit über das Wesen des Reichtums, und ... so schreib´ ich eine Abhandlung über den Wert des Geldes und über seinen Ertrag: Sofort befinde ich mich am Eingang einer Gefäng- nisfestung, wo ich Hoffnung und Freiheit ließ. Oh, könnt´ ich nur mal einen von den Mächtigen zu fassen kriegen, die so schnell das Böse verdammen, das sie selber be- fohlen haben, wenn eine gerechte Ungnade seinen Hochmut gebrochen hat! Ich würd´ ihm sagen, daß die gedruckten Dummheiten nur dann wichtig werden, wenn man ihre Verbreitung behindert, daß gerade die Freiheit des Tadelns den Wert des Lobes erhöht, und daß nur die kleinen Menschen die kleinen Stiche der Feder fürchten. Eines Tages wurde man es überdrüssig, einen so unbedeutenden Menschen wie mich auf Kosten des Staates zu füttern und setzte mich wieder auf die Straße. ... Ich greife wieder zu meiner Barbier-Ausrüstung, ... ziehe rasierend von Stadt zu Stadt und lebe endlich ohne Sorgen. In Sevilla treff´ ich einen vornehmen Herrn; ... ich verhelf´ ihm zu einer Frau, und zum Dank dafür will er mir die meinige wegnehmen ... Wie ist mir dies all widerfahren? Warum dieses und nicht anderes? Wer hat das über mich verhängt?“ Auch das Libretto aus der Feder Da Pontes war ein Wagnis. Da Ponte musste dem Kaiser in Wien versichern, dass kein Wort von Sozialkritik oder anderen gefährlichen Dingen darin zu finden sein würde. Wenngleich aber dem Libretto die Schärfe fehlen mag, bleibt das eigentliche Thema dennoch bestehen: Ein Diener nimmt den Kampf gegen seinen Herrn, einen Grafen, auf. Auch wenn sich Da Ponte recht nah an der Vorlage Beaumarchais’ bewegt, geben er und Mozart dem Werk starke Gewichtungen. Der Verlauf dieser Charakterkomödie zielt nicht wie beim Schauspiel auf das Erken- nen der leiblichen Eltern Figaros als Höhepunkt hin – dieser Umstand findet bei Mo- zart nur in einem kleinen Ensemble Verwendung –, sondern intensiviert und betont die zwischenmenschlichen Momente, die Missverständnisse, das Versteckspielen, die geistige und nun auch musikalische Konfusion – das geordnete Chaos! Somit entsteht das wohl großartigste Finale einer komischen Oper, das sogenannte Ketten-Finale am Ende des zweiten Aktes. Der Begriff des „ius primae noctis“ Das „ius primae noctis“ (lat. für „das Recht der ersten Nacht“) ist das Recht von Lan- desherren mit einer Frau die erste Hochzeitsnacht zu verbringen, wenn das Brautpaar unter seiner Herrschaft steht. Ob dieses Gesetz früher so umgesetzt wurde, ist um- stritten. Inhalt der Oper LE NOZZE DI FIGARO Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
10 Graf Almaviva hat mit Figaros Hilfe das bürgerliche Mündel Rosina dem Vormund Bar- tolo ausgespannt und geheiratet. Figaro, inzwischen Kammerdiener des Grafen, schuldet Marcellina, der ehemaligen Hausangestellten Bartolos und nun Schließerin im Schloss Almaviva, Geld. Kann er es nicht zurückzahlen, muss er Marcellina heiraten. Der Graf hat seinen Verzicht auf das „ius primae noctis“ – das Recht der ersten Nacht – verkündet, stellt aber der Zofe Susanna nach: Wenn sie Figaro heiratet und damit ins gräfliche Schloss ziehen würde, soll sie eine Mitgift erhalten. 1. Akt Am Hochzeitsmorgen klärt Susanna ihren Figaro über die wahren Gründe der schein- baren Großzügigkeit des Grafen auf: Auf sie selbst, Figaros Braut, habe der Herr es abgesehen. Figaro beschließt, gegen den Grafen anzutreten. Marcellina lässt sich von Bartolo die Rechtskräftigkeit und Fälligkeit ihres Vertrags mit Figaro bestätigen. Der Page Cherubino hat den fremdgehenden Grafen ertappt und ist nun entlassen worden. Nun bittet er Susanna um Fürsprache bei der Gräfin. Unbeabsichtigt wird er Zeuge einer Liebeserklärung des Grafen an Susanna. Als Basilio hereintritt, verbirgt sich der Graf. Durch Basilios provkante Bemerkung, Cherubinos Schwärmerei für die Gräfin sei alles andere als unschuldig, gibt der Graf sein Versteck auf. Auch Cherubino wird entdeckt. Figaro drängt mit Hilfe aller Bedienten auf die Abwicklung der Hochzeitszeremonie. Doch Graf verlangt Aufschub. Er Marcellinas Anspruch klären lassen, den unliebsa- men Cherubino aber schickt er unverzüglich zum Militär. 2. Akt Figaro hat einen Plan: Über Basilio „informiert“ er den Grafen, dass nicht nur die Grä- fin sich mit einem Liebhaber treffe, sondern dass ihn Susanna am Abend im Park er- warte. In ihren Kleidern solle dann Cherubino erscheinen, die Gräfin dazwischentreten und den Grafen somit doppelt blamieren. Mitten in die Anprobe Cherubinos platzt aber unerwartet der Graf. Schnell versteckt sich Cherubino im Nebenzimmer. Geistesgegenwärtig verhilft Susanna Cherubino zur Flucht und schließt sich selbst ins Versteck ein. Als sie heraustritt, ist die Überra- schung groß. Figaro drängt erneut auf seine Hochzeit, der Graf will aber erst dessen Intrige geklärt wissen, die jetzt ohne Schaden einzugestehen wäre. Aber Figaro begreift die Situation nicht. Auch trägt der Indizienbeweis zertretener Blumen vor dem Fenster der Gräfin nicht gerade zur Aufklärung bei. Figaro behauptet kühn, er sei es gewesen und habe dabei das Offizierspatent Cherubinos verloren, da es noch zum Siegeln müsse. Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
11 Marcellina und Bartolo haben einen Richter gefunden, der Figaro den Prozess machen will. Aus seiner Hochzeit mit Susanna wird vorerst nichts. 3. Akt Die Gräfin verfolgt einen neuen Plan: In Susannas Kleidern will sie ihren Gatten am Abend selbst des Treuebruchs überführen. Susanna selbst soll den Grafen zum schein- baren Schäferstündchen locken. Doch er durchschaut die Intrige. Der Prozess ‚Marcellina gegen Figaro’ nimmt ungeahnte Formen an: Figaro stellt sich als das uneheliche und verloren geglaubte Kind von Bartolo und Marcellina heraus. Der Vertrag ist hinfällig und die Mitgift des Grafen nicht mehr notwendig. Als man Cherubino, der sich als Mädchen verkleidet hat, noch immer im Schloss an- trifft, gelingt es Barbarina durch gezielte Indiskretionen, den Grafen zur Einwilligung in eine Heirat mit Cherubino zu bringen. Die Gräfin diktiert Susanna ein fingiertes „Billet d’amour“, das sie dem Grafen heim- lich zuspielt. 4. Akt Am Abend verplappert sich Susanna bei Figaro, der nun an ein Stelldichein seiner Braut mit dem Grafen glauben muss. Doch er erkennt die Verkleidung Susannas und spielt nun seinerseits der scheinbaren Gräfin eine falsche Liebesszene vor. Der Graf aber lässt sich täuschen, macht der Gräfin alias Susanna den Hof und bla- miert sich aufs Äußerste. Figaro darf nun endlich heiraten. Besetzung Musikalische Leitung Alexander Drcar Inszenierung Igor Folwill Bühne Manfred Kaderk Kostüme Angela C. Schuett Graf Almaviva Tomasz Kaluzny Gräfin Almaviva Hélène Lindqvist Figaro Jie Mei Susanna Arantza Ezenarro Cherubino Gillian Crichton Marcellina Anita Hartinger Bartolo Alexander Egorov Don Basilio Alexander Schröder Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
12 Don Curzio Thomas Schön Antonio Joachim Pieczyk Barbarina Melanie Zacharias Zwei Baunermädchen Martina Pieczyk Wieneke van der Valk Opernchor des Theaters Ulm Philharmonisches Orchester der Stadt Ulm So munter kann der Geschlechterkampf sein - Premierenkritik ULM - Schon wieder Mozart! Halt, nein! Ein solcher Stoßseufzer wäre hier fehl am Platz. Denn, was als Schielen nach Laufkundschaft erscheinen mag, nämlich Mozarts „Hochzeit des Figaro“, kommt so, wie lgor Folwill die opera buffa in Ulm auf die Büh- ne bringt, musikalisch geleitet von Alexander Drcar, als das Besondere daher. Große Klasse! Bietet Folwill mit seinem Team aus dem Bühnenbildner Manfred Kaderk und der Kos- tümbildnerin Angela C. Schuett also die total neue, womöglich letztgültige Lesart dieses kleinen Lexikons des Geschlechterkampfes, das „Le nozze“ ja ist? O nein! Die Inszenierung ist konventionell, sogar sehr konventionell. Aber sie strotzt vor Ideen und verblüfft dabei, weil sie ohne Schnapsideen auskommt. Ganz logisch umgesetzt wird die theatrale Einheit von Zeit, Ort und Handlung mit einem Einheitsbühnenbild unter einem blauen Himmel mit schönen weißen Wölkchen: Der „tolle Tag“ ist ein Sommertag. Und bis die laue Nacht eintritt, da der ewig erotisierte Graf Almaviva end- lich im Garten an die Kammerjunger Susanna heranzukommen glaubt, bevor sie den Diener Figaro heiratet, ist der ursprüngliche Saal im Schloss gleichsam ausgebeint. Von den Wänden mit Türen und Fenstern stehen nur noch die Rahmen. Bäumchen und Gartenlauben werden nicht vermisst. Gute Idee auch, dass Fußgänger im Hinter- grund so etwas wie laufende Bühnenprospekte abgeben. Diese Damen und Herren in schalkhaft historisch geschneiderten Roben, Wämsen und Gehröcken sind selbst Natur: die menschliche Natur. Sie finden sich - wie von einem Ballettmeister cho- reografiert - zu Pärchen und Grüppchen zusammen, etwa im grandiosen Finale des zweiten Aktes. Sie empfinden füreinander, indem sie sich zum Beispiel beim über die vier Akte verteilten Hagel von Ohrfeigen jeweils alle an den Kopf fassen. Ebenso fühlen sie ihr eigenes Menschsein. Und damit die Ulmer auch klarsehen, wenden sie sich direkt ans Parkett, kriechen und gucken am Ende zum Applaus gar unter dem Vorhang hervor. Besonders ist an dieser Inszenierung auch die musikalische Qua- lität. Zum spritzig, tonschön, vielgestaltig und farbig spielenden Philharmonischen Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
13 Orchester unter Drcar, der bei den Secco-Rezitativen rasch selbst ans Hammerkla- vier wechselt, kommen der von Wolfgang Wels vorbereitete spielfreudige Chor und ein Solistenensemble ohne Schwachstellen. Tomasz Kaluzny singt die Baritonpartie des Grafen beweglich, mit unaufdringlicher Dominanz und zeichnet dessen Charakter als janusköpfigen Blaubart. Hélène Lindqvist gibt die Rolle der Gräfin nicht nur glaubhaft als große Dame. Sie gestaltet ihre Soloeinsätze wie das Andantino „Dove sono“ oder die Kavatine „Porgi, amor“ vornehm mit ihrem warmen Soprantimbre. Ihre Stimmkol- legin Arantza Ezenarro als beinahe allgegenwärtige Susanna ist zwar nur eine, aber die wichtigste und imponierendste Entdeckung oder neue Kraft im Haus. Jie Mei, der junge, schlank-elegante Bass aus China, ist indes längst ein Hauptkapital der Truppe. Wunderbar, wie sensibel er seine vitale Stimme in den Ensembles einfügt, wie er aber im ariosen „Se vuol ballare, Signor Contino“ auch souverän hervortritt. Trefflich spielt die Mezzosopranistin Gillian Chrichton den Cherubino, den agilsten all der lustigen Typen: Alexander Egorov, der senile Basilio, der am Ende doch im Otto-Waalkes-Spurt von der Bühne zu rennen vermag. Anita Hartinger, die den Wandel von der erwünsch- ten Braut zur tatsächlichen Mutter des Figaro tantchenartig brav akzeptiert. Alexander Schröder als steifer Musikus Basilio, der die sonst oft gestrichene Arie „In quegli anni“ nutzt, sich als fähigen Mozart-Tenor einzuführen. Thomas Schön, der den Winkeladvo- katen Don Curzio dezent als naseweisen Schlauberger zeichnet. Melanie Zacharias als kecke, lieblich tönende Barbarina. Und Joachim Pieczyk - eigentlich ja der Anführer der komischen Abteilung! - als Gärtner Antonio. - Schon wieder Mozart? Die Botschaft lautet: Reingehen! Günther Buhles in: Schwäbische Zei- tung, 25.01.2009 Theaterpädagogische Anregungen Gesprächsanlässe Wie hat euch das Bühnenbild gefallen? Welche Figur hat euch am besten gefallen? Und warum? Welche Figur hat euch nicht so gut gefallen? Und warum? Welche Szene hat Euch am besten gefallen und warum? Welche Szene hat euch nicht gefallen und warum? Wie gefällt euch das Ende der Oper in der Inszenierung von Igor Folwill? Ist es ein „Happy End“? Wie kommt es dazu? Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
14 Spielanlässe Warm-Up ca. 10 Minuten Die Schüler bewegen sich kreuz und quer durch den Raum. Der Spielleiter lässt sie die Geschwindigkeit mehr und mehr erhöhen, bis ein Maximum erreicht ist. Dann werden auf Zuruf alle wieder langsamer. Der Spielleiter ruft nun „Stop“ und alle bleiben wie angewurzelt stehen. Der Fortgang des Spiels wird erklärt: Der Spielleiter ruft „Stop“, alle bleiben stehen, der Spielleiter nennt einen Begriff, den die Schüler sofort und jeder für sich in eine Statue/ein Stand- bild umsetzen sollen. Haben alle eine Standbild-Positon eingenommen, können sich alle vorsichtig (ohne ihr Standbild zu zerstören) umsehen und schauen, was die ande- ren gefunden haben. In einer zweiten Runde sollen die Schüler sich nach dem „Stop“ zu zweit zusammen tun und gemeinsam Begriffe als Standbild darstellen. Dann sehen sich alle um und es geht weiter. Mögliche Begriffe: Verwirrung, Wut, Fröhlichkeit, Lie- be, Verrat, Betrug. Assoziationskreis ca. 10 Minuten Alle TN stehen in einem weiten Kreis. Nacheinander macht jeder einen Schritt in die Kreismitte und assoziiert zu dem Begriff Eifersucht. Z.B.: Eifersucht ist gefährlich, Eifersucht kommt in jeder Beziehung vor etc. Wenn sich alle in der Mitte getroffen ha- ben, also Schulter an Schulter stehen, sagt jeder reihum den für ihn wichtigsten Satz zu Vertrauen, gleichgültig ob er ihn selbst gesagt oder von einem anderen gehört hat. Anschließend werden auf die selbe Weise Assoziation zu den Begriffen Misstrauen, Liebe und Beziehung gesammelt. Knoten und Lösung ca. 10-15 Minuten In LE NOZZE DI FIGARO gibt es ständig eine neue Verwirrung, eine neue Verdrehung, die die Figuren nicht durchschauen und ihnen das Leben schwer macht. Diese Ver- wicklungen kann man in diesem einfachen Spiel quasi „nachempfinden“. Alle Teilnehmer stehen im Kreis. Sie schließen die Augen und bewegen sich langsam aufeinander zu, bis ein großes Knäuel entstanden ist. Dann strecken alle ihre Arme in die Luft und greifen blind mit jeder Hand eine andere Hand. Wenn jeder zwei Hände hält (der Spielleiter sollte von außen sortieren und die letzten Hände zusammen brin- gen), dann öffnen alle die Augen. Aufgabe ist nun, ohne die Hände los zu lassen, wieder einen Kreis zu bilden, den Knoten also zu entwirren. Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
15 Arbeit mit Rollentexten Wer bin ich? ca. 15 Min. Für diese Übung können die Rollentexte aus dem Anhang verwendet werden oder die Schülern schreiben selbst Rollentexte oder -biographien. Der Lehrer gibt jedem Schüler einen Rollentext, dabei sollte darauf geachtet werden, dass bei der Verteilung alle Figuren gleichmäßig vergeben werden. Bei 24 Schülern wären es also 6 komplette Ensembles. Die Schüler bewegen sich durch den Raum und lesen die Rollentexte laut und für sich. Auf Anweisung des Lehrers probieren die Schüler für ihre Figur verschiedene Möglichkeiten des Sprechens, der Bewegung aus, bis sie meinen, eine angemessene gefunden zu haben. So kann Schritt für Schritt eine Figur entwickelt werden. - Welche Körperhaltung hat die Figur (aufrecht, gebückt, angespannt, entspannt...)? - Wie würde die Figur sich hinsetzen? - Welche Bewegungen macht die Figur? - Hat die Figur einen Tick (z.B. immer Haare zurückstreichen, Nägel kauen...)? - Wie setzt die Figur ihre Füße auf? - Wie ist der Gang der Figur? - Welche Sprache benutzt die Figur (Akzent, Lautstärke... – Anhand eines der Zitate unter den Rollentexten)? Figurengruppen Da es jede Figur mehrfach gibt, sammeln sich alle Grafen, alle Gräfinnen, alle Figaros und alle Susannas in Gruppen. Alle Figurengruppen stellen sich dann gemeinsam an- hand der Rollentexte den anderen vor, so dass sie in möglichst gutem Licht dastehen. Wichtig ist die Ich-Form und der Sprachgestus der Figur. Wie spricht eine enttäuschte Gräfin, wie ein verliebtes Mädchen? Beziehungsgeflecht/Soziogramm – Was wollen denn die von mir? ca. 30 Min. a) Wenn alle Schüler eine Figur entwickelt haben, teilen sich die Schüler in Klein- gruppen in Ensemblestärke: In jeder Gruppe sind ein Graf, eine Gräfin, Figaro und Susanna. Wenn die Gruppe nicht durch vier glatt teilbar ist, kann man die z.B. Gräfin weglassen. Bei 28 Schülern wären es z.B. 7 komplette Ensembles. Zuerst erzählen die Schüler sich gegenseitig, wer die jeweiligen Figuren sind und zeigen, wie sie sich ihrer Meinung nach bewegen, wie sie gehen und sprechen. In den Kleingruppen entsteht so ein erstes Verständnis für die Struktur der Verhältnisse im Stück. Die reine Gespräch- Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
16 sphase sollte nicht lange dauern, lieber schnell mit dem Ausprobieren anfangen. b) Die Figuren gehen nacheinander auf eine von der Gruppe festgelegte Bühne, und stellen sich mit der Körper-, Bewegungs- und Sprechhaltung in Ich-Form vor. Am Ende sprechen sie das von ihnen ausgewählte Zitat der Figur aus dem Text. Zu dem Satz soll eine entsprechende Haltung und Position auf der „Bühne“ gefunden werden, in der die Figuren „einfrieren“. Die folgenden Figuren ordnen sich den schon stehenden Figuren zu. Dabei zu beachten: An wen richtet sich das Zitat? Beginnen sollte die Gruppe in diesem Fall mit der Figur der Susanna. Die restlichen Figuren ordnen sich ihr zu. c) Eine Bühne und ein Zuschauerraum werden festgelegt. Eine Gruppe beginnt damit, ihr Standbild vor der anderen Gruppe aufzubauen, wieder werden die Haltungen ein- genommen, das Zitat wird gesprochen und die Figuren frieren zum Standbild ein. Die andere Gruppe sieht zu. Wenn alle Figuren eines Ensembles auf der Bühne stehen, sollte Raum für „Korrektu- ren“ sein: Was sehen die Zuschauer? Meinen sie, dass noch etwas verändert werden sollte? Wenn ja: Was? Und Wie? Wie geht es den einzelnen Figuren im Standbild? Soll- te noch etwas verändert werden? Dieses Prozedere wird mit allen Ensembles durchgespielt. Zum Ende der Übung ha- ben die Schüler mehrere Standbilder gebaut, in denen sowohl die Beziehungen der Figuren untereinander deutlich wurden, als auch jede Rolle kurz eingeführt wurde. Durch die verschiedenen Ensembles wurden im besten Falle Charakterzüge und Be- ziehungen der einzelnen Figuren unterschiedlich beleuchtet. Anhang ROLLENTEXTE Graf Almaviva Graf Almaviva ist der Mann von der Gräfin Almaviva. Allerdings interessiert er sich auch für andere Frauen. Besonders für Susanna. Eigentlich ist das „ius primae noctis“ (das Recht, dass der Graf bei jeder Braut das „Recht der ersten Nacht“ hat - vor dem Bräutigam) abgeschafft, aber da Susanna nun Figaro heiraten möchte, will er es aus egoistischen Gründen wieder einführen. Zitate: - Was höre ich?! Geh‘ und wirf den Verführer aus dem Haus! - Du bist nicht geboren, mich zu quälen und darüber noch zu lachen! Mich tröstet die Hoffnung auf Rache und schenkt mir Vorfreude. Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
17 Gräfin Almaviva Die Gräfin Almaviva ist die Frau des Grafen. Sie liebt diesen und trauert darüber, dass er Susanna (und diversen anderen Frauen) nachstellt. Zusammen mit ihrer Zofe Su- sanna spinnt sie eine Intrige, um den Grafen zu blamieren. Zitate: - Gib mir meinen Liebsten wieder oder lass mich wenigstens sterben. - Wie eben moderne Ehemänner so sind: grundsätzlich untreu, launisch und aus Hoch- mut eifersüchtig. Figaro Figaro ist der Geliebte von Susanna und er plant sie so rasch wie möglich zu heiraten. Er hält den Grafen für gütig, da der Graf Figaro und Susanna ein Zimmer direkt neben seinem eigenen Zimmer anbietet. Als Susanna Figaro über die Absichten des Grafen aufklärt, ändert sich seine Meinung. Er will nicht, dass der Graf Gebrauch von seinem (inzwischen abgeschafften) Recht macht. Daraufhin intrigiert er, wo er kann, um sich so schnell wie möglich mit Susanna zu vermählen. Zitate: - Wenn das Gräfchen tanzen will, mache ich Musik dazu. - Ich verstehe nicht, warum dir das schönste Zimmer missfällt. Susanna Susanna ist die Zofe der Gräfin Almaviva. Sie liebt Figaro und will ihn heiraten. Sie will sich dem Grafen nicht hingeben. Susanna durchschaut den Grafen, der ihr und Figaro ein Zimmer direkt neben seinem anbietet, um sie in der Nähe zu haben. Mit der Gräfin und aus eigener Rachsucht schmiedet sie eine Intrige, um den Grafen zu blamieren. Zitate: - Und das Wichtigste an seinem Geschenk ist seine Nähe zu mir. Seine Gunst bedeutet, dir die Braut zu nehmen. - Mein Herr, eine Frau kann sich immer Zeit lassen mit dem „Ja“. Nele Neitzke Theater Ulm Herbert-von-Karajan-Platz 1 89073 Ulm Tel: 0731-161 4411 E-Mail: theaterpaedagogik@ulm.de
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