Medien und Marken im Web 2.0 - Erlösmodelle für Medien in der digitalen Welt In Kooperation mit
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Vorwort Der Begriff „Web 2.0“ steht für eine veränderte Nutzung und Wahrnehmung des Internets. Neue, interaktive Technologien in der Informations- und Kommunikationstechnik und ein neuer, aktiv am Kommunikationsprozess teilnehmender Typus des Verbrauchers – diese beiden Basisfaktoren symbolisieren im Web 2.0 den Wandel weg vom klassischen Modell der Massenkommunikation. Denn während dieses noch ganz auf den (passiven) Konsu- menten medialer Botschaften ausgerichtet war, muss sich die dialogische Kommunikation im „Mitmach-Web“ auf den „Prosumer“ einstellen. Der Begriff ist eine Wortschöpfung aus „Producer“ und „Consumer (Alvin Toffler) und bezeichnet einen neuen, souveränen Typus des Mediennutzers, der die ihm angebotenen Inhalte nicht nur konsumiert, sondern sich (und anderen) durch eigene Aktivität neue Inhalte schafft. Zwar wäre es übereilt, ja falsch zu behaupten, die klassischen Medien stünden vor einem nachhaltigen Bedeutungsverlust. Dennoch steht das Web 2.0 aktuell als klarer „Shooting- star“ am Medienhimmel – als Hoffnungsträger für dauerhaft steigende Erlöse in der Zukunft und als Kompensation für die Ertragsrückgänge in vielen Medienunternehmen. Durch seine Möglichkeiten zur Interaktion schafft das Web 2.0 eine ganz neue Art, Medien- inhalte zu konsumieren und gleichzeitig aktiv zu kommunizieren – sowohl mit den Absen- dern der medialen Botschaften als auch mit anderen Nutzern. Damit werden Web-2.0-An- gebote die Gesellschaft künftig nachhaltig verändern. Aber wie lassen sich diese neuen Nutzungsformen im Internet in ertragsstarke Geschäftsmo- delle umwandeln? Ist nachhaltiger Erfolg mit sprudelnden Erlösquellen zu erwarten? Oder ist das Web 2.0 womöglich überhaupt keine Plattform für tragfähige Geschäftsmodelle? Die Phänomene des „Mitmach-Webs“ wie Social Communities, User-Generated Content (UGC), Blogs, Mobile TV etc. transformieren die lineare Wertschöpfungskette. Klar ver- teilte Rollen gehören der Vergangenheit an: Der Kampf um Werbegelder und Kunden findet mittlerweile im Kreis aller Anbieter entlang der kompletten Wertschöpfungskette statt. Für Medienunternehmen heißt das: Sie sind gefordert, ihren Platz neu zu definieren, etablierte Erlösquellen zu verteidigen und neue Geschäftsfelder zu besetzen. Dabei wird zunehmend der Begriff der „Marke“ im Medienkontext thematisiert. Welche Rolle spielen dabei etablierte Marken und welche Auswirkungen hat die interaktive, digitale Welt mit ihren crossmedialen Angeboten auf die Werthaltigkeit von Marken? Antworten und Meinungen von Marktexperten zu diesen und anderen Fragen finden Sie im vorliegenden Berichtsband. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre mit vielen interessanten Erkenntnissen! 2 Medien und Marken im Web 2.0
Inhaltsverzeichnis Vorwort 2 Die Kernergebnisse im Überblick 6 Teil 1: Medien und Märkte im Wandel 8 1.1. Die Kernelemente des „Digital Shift“ 8 Megatrend 1: User-Generated Content (UGC) im „Mitmach-Web“ 9 Megatrend 2: Vom Massenmarketing zum Kundendialog 10 Megatrend 3: Konvergenz der Medienmarken 14 1.2. Erlösmodelle im Internet – die gängigsten Erlösformen mit Beispielen 16 Teil 2: Expertenmeinungen – die Studienergebnisse im Detail 20 Markterfolg in der digitalen Welt: Die Bedeutung von Web 2.0 20 Das Mitmach-Web: User-Generated Content und seine Folgen 22 Marketing und Marke im Web 2.0 24 Medien im Web 2.0: Markenstärkung durch Ergänzungen 26 Crossmedia: Effizienz durch Medienkonvergenz 27 Erlösfelder bei digitalen Medienangeboten 28 Personalisierung in der Verbraucheransprache 31 Web-2.0-Angebote: Anforderungen an die Leistungswerte 32 Geschäftsmodelle im Web 2.0: die Risiken 33 Marktsättigung für Social Communities? 34 Quo vadis, Web 2.0? 34 Das Design der Studie 35 Ihre Anprechpartner 35 Medien und Marken im Web 2.0 5
Die Kernergebnisse im Überblick Die vorliegende Studie befasst sich mit eigene Erfahrungen mit Produkten und Marktplätzen oder das Eingehen strategi- Veränderungen der Medienlandschaft und Marken einem weiten Kreis von Nutzern scher Allianzen gewinnen an Bedeutung. einem veränderten Verbraucherverhalten. bzw. Verbrauchern zugänglich zu machen. Sie geht vor allem der Frage nach, inwieweit Für den Prozess der Markenkommunikation Die Kapitalisierbarkeit von Angeboten im sich durch die Digitalisierung der Medien hat dies Auswirkungen, die in ihrer vollen Netz, insbesondere die von Web-2.0-Ange- bzw. durch Weiterentwicklungen im Wachs- Konsequenz noch längst nicht bekannt sind. boten, hängt vom Nachweis der werblichen tumsbereich Internet neue Erlösfelder erge- Klar ist aber schon jetzt: Dieser Prozess ist Leistungsfähigkeit ab. Zunehmend lösen ben – und ob alte Geschäftsmodelle ergänzt nicht mehr strikt zentralisiert steuerbar. hierbei qualifizierte Kontakte, sogenannte werden müssen oder vielleicht sogar vor Durch den souveränen Verbraucher erhält „Leads“, aus Sicht der Nachfrager und der Ablösung stehen. er ein – nur wenig beeinflussbares – Gegen- Reichweiten aus Sicht insbesondere der gewicht. Online-Vermarkter die Page Impressions als Die Erlösentwicklung der klassischen Me- dominierende Größe der „Online-Währung“ dienkanäle ist allgemein leicht rückläufig, Dennoch sind sich die befragten Experten ab. Den Page Impressions bleibt künftig während das Internet als Werbeträger noch weitgehend einig in der Bewertung: Die eher die Rolle einer Marketing-Kennzahl, immer starke jährliche Zuwächse verzeich- Gesetze der klassischen Markenführung weniger aber die eines monetarisierbaren net. Insbesondere im Status des Web 2.0 müssen im Web 2.0 keineswegs grundle- Leistungskriteriums. eröffnet die Digitalisierung neue Möglichkei- gend neu geschrieben werden. Vor allem ten, einen wechselseitigen Austausch mit das Vertrauen in die Marke, das diese Für den Leistungsnachweis digitaler Nutzern bzw. Kunden zu pflegen. Als Folge immer wieder neu rechtfertigen muss, ist Web-2.0-Angebote fehlt in Deutschland ein dieser Trends entfernt sich der Medien- und bleibt auch im Web 2.0 von zentraler wichtiges Maß, das sich in den USA bereits markt in seinen Erlösmodellen zusehends Bedeutung, um ein Zielpublikum erfolgreich erfolgreich etabliert hat, noch völlig: die vom Modell der Massenkommunikation ansprechen und nachhaltig erreichen zu gemessene Nutzungsdauer eines Angebots mit großer Reichweite und hohen Streu- können. durch einen User („Use Time“). Hiervon verlusten – ohne aber darauf verzichten zu erhoffen sich vor allem die Betreiber von können. Web-2.0-Angebote stehen dabei im Kontext Social Communities in Zukunft ein adäqua- integrierter Markenkommunikation an tes Abrechnungsmodell. Dem Marketing verleihen diese Entwicklun- wichtiger, meist aber nicht an erster Stelle. gen eine völlig neue Qualität der kunden- Crossmedialität bzw. Konvergenz in der individuellen Anpassung. Der sogenannte Markenführung erlauben es vielmehr, eine TOP 7: Die sieben wichtigsten Kern- „Long Tail“ eröffnet Nischenpotenziale intensivere und direktere Kundenbeziehung aussagen der Studie zu vergleichsweise geringen Kosten – und aufzubauen – wenn es denn gelingt, den ermöglicht so auch kleineren Anbietern passenden Kommunikationsmix zu finden. 1. Die Entwicklung nachhaltiger, ökono- und Werbungtreibenden den Zugang zum misch ertragreicher Erlösmodelle im überregionalen, ja weltweiten Kommunika- Allerdings ist die konkrete Umsetzung Web 2.0 ist bei den Medienanbietern tionsmarkt. wirksamer crossmedialer Markenführung noch in vollem Gang. Einige Erfolgs- vielfach noch unscharf, die Entwicklung tendenzen sind inzwischen erkennbar: Allerdings erreichen Medienangebote mit ihrer Instrumente bei Weitem noch nicht ab- Personalisierung von Inhalten und Wer- personalisierter, individualisierter Verbrau- geschlossen. Die Möglichkeiten zur Perso- bung, Kooperationen und Syndication, cheransprache gegenwärtig bei Weitem nalisierung, die das Web 2.0 bietet, werden E-Commerce. noch nicht das Umsatzniveau reichweiten- häufig als zusätzliches Erlösfeld neben basierter Volumenangebote. In den etablier- der „klassischen“ Online-Bannerwerbung 2. Bei Social Communities liegen die Erlöse ten Medienunternehmen mit ihren bekann- gesehen. Moderne Tools zur Kundengewin- noch immer auf eher niedrigem Niveau. ten Marken bleiben sie derzeit überwiegend nung und zur Personalisierung eröffnen hier Sie stellen derzeit noch keine Alternati- noch eine Beigabe. vielversprechende Optionen zur effiziente- ve zu den bisherigen Einnahmequellen ren Werbemittelaussteuerung. Aber auch großer Medienhäuser dar. Erheblich an Einfluss gewinnt bei alldem alternative Erlösquellen wie die Verbindung der Nutzer von Medien – der Kunde. User- von Inhalten verschiedener Websites, die 3. Von einzelnen Nischenbereichen Generated Content bietet die Möglichkeit, thematische oder regionale Ausweitung von abgesehen (Erotik, B2B u. a.), bieten 6 Medien und Marken im Web 2.0
Subscriber-Modelle, bei denen Nutzer für Premium-Inhalte zahlen müssen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine adäqua- te, nachhaltige Erlösperspektive. 4. Personalisierung wird immer wichtiger: Behavioural Targeting und eine ange- messene Dosierung der Verbraucher- ansprache werden künftig die Werbung „nach dem Gießkannenprinzip“ ablösen – auch wenn derzeit noch die klassische Bannerwerbung dominiert. 5. Aber: Bislang wird die personalisierte Ansprache von Web-2.0-Angeboten noch längst nicht angemessen kapitali- siert. Das liegt unter anderem auch am Fehlen wichtiger qualitativer Leistungs- merkmale, die dazu dienen können, die Wertigkeit der personalisierten Werbung zu erhöhen. Beispiel: die Use Time von Angeboten. 6. Die Grundregeln der Markenführung bleiben auch im Umfeld des Web 2.0 gül- tig. Allerdings wird die Markenbindung kurzlebiger werden. Die Markenführung wird nicht mehr allein zentralisiert von den Marketingverantwortlichen umge- setzt werden können: Aktive „Prosumer“ werden direkten Einfluss darauf nehmen. 7. In Ergänzung zu bisherigen Medienange- boten sind Web-2.0-Applikationen eine notwendige zusätzliche Option, um eine Marke attraktiv zu erhalten. Sie stellen keine Kannibalisierungsgefahr dar. Medien und Marken im Web 2.0 7
Teil 1: Medien und Märkte im Wandel 1.1.Die Kernelemente des „Digital Shift“ Rund 20 Jahre nach dem Aufkommen des Status quo: Internet verbessert sich gegenüber anderen Medien privaten Rundfunks und Fernsehens Mitte (Grafik 1) der 80er-Jahre erlebt die Medien- und Marketingwirtschaft derzeit einen neuen 100% fundamentalen Umbruch: Das Internet Internet 8 12 15 12 mit seinen neuen Möglichkeiten wird mehr 3 und mehr zu einem bestimmenden Faktor 4 Zeitschriften 5 20 für Mediennutzer, Medienschaffende und 80% 5 Zeitungen 20 Medienvermarkter – und damit auch für die Marketingverantwortlichen in allen Unter- nehmen der werbungtreibenden Wirtschaft. 60% 38 35 Hörfunk 26 24 Diese Bemühungen spiegeln sich deutlich in den drei „Megatrends“, die die derzeitige Umbruchsituation im Medienmarkt prägen. 6 6 40% 20% 42 42 Fernsehen 40 38 0% Nutzungsdauer Werbeumsätze 2006 2007 2006 2007 Basis: Bevölkerung ab 14 Jahren Quelle: Timebudet 12/OVK, Datenstand Juli 2007 8 Medien und Marken im Web 2.0
Megatrend 1: User-Generated Content (UGC) im „Mitmach-Web“ Besonders eine Entwicklung zwingt sowohl Medienentwicklung die „Macher“ in den klassischen und den (Grafik 2) digitalen Medien als auch die Marketingab- teilungen der Unternehmen und die Agentu- ren zu einer grundlegenden Überprüfung Von der „One-Way“-Massenkommunikation zur „Interaction by Media“ ihrer Strategien: die Mutation des Internets in seiner „One-Way“-Ausprägung 1.0 hin Früher Heute zum Web 2.0. Denn im „Mitmach-Web“ ver- ändern sich fundamental die Rollen der Ab- Monolog Dialog/ „Multi-log“ sender medialer Botschaften (Medienpro- duzenten und Werbeverantwortliche) sowie der Empfänger dieser Botschaften (Medien- Kollektiv Individuum nutzer und Adressaten der Werbung). Im Web 2.0 nehmen die Nutzer zunehmend all die Möglichkeiten wahr, die ihnen die neue Massenware „Tailor-Made“ interaktiv-digitale Medienwelt bietet: Sie kommentieren Informationen und Produkte, sie nehmen an Umfragen teil, sie schicken Bedarfsnutzen Zusatznutzen Meldungen und Produktinfos an ihre Freun- Deckung der Grundbedürfnisse Generierung von „Mehrwert“ de in den „Peergroups“ weiter, sie bloggen, chatten und stellen eigene Inhalte in die Quelle: Hubert Burda Media Research dafür angebotenen Websites ein. Dieser User-Generated Content, der nicht „Prosumer“ – und nicht nur als passiv von TV-Sendern und Automobilkonzernen, von einem Medienhaus oder einem marken- aufnehmender Consumer – am Prozess der von Zeitungs-/Zeitschriftenverlagen und führenden Unternehmen produziert wurde, medialen Kommunikation teilnimmt, steht Telecom-Providern, von Suchmaschinen- lässt sich von den „Medienprofis“ kaum im Mittelpunkt unzähliger Bemühungen der anbietern und den Machern neuer „Social noch beeinflussen. professionellen Anbieter im Medien- und Communities“. Marketingbusiness. Ihn zu erreichen, zu Der neue, souveräne Typus des Medien- begeistern und für die eigenen Zwecke nutzers, der als aktiv mitgestaltender „nutzbar zu machen“ ist das erklärte Ziel Medien und Marken im Web 2.0 9
Megatrend 2: Vom Massenmarketing zum Kundendialog Aktuell lässt sich beobachten, dass die klassischen Absatz- bzw. Erlöskanäle in der Medienwirtschaft vielfach stagnieren oder leicht rück- läufig sind. Werbeausgaben 2008 nach Mediengruppen Bruttowerbevolumen in Above-the-Line-Mediengattungen (Mediengruppen) Ausgaben Januar–Juli in Tsd. Euro Veränderungen Euro Veränderungen Euro Juli 2008 Mediengruppe zum Vorjahr in Prozent zum Vorjahr in Prozent in Tsd. Euro 2008 2007 bereinigt Zeitungen 3.041.623 3.026.234 0,5 0,5 368.208 Publikumszeitschriften 2.227.067 2.267.664 -1,8 -2,9 249.032 Fachzeitschriften 245.975 252.256 -2,5 -2,0 28.168 Fernsehen 4.855.583 4.682.070 3,7 2,4 533.258 Radio 722.630 737.633 -2,0 -3,7 95.526 Plakat 441.841 433.760 1,9 1,9 55.499 Kino 38.649 39.825 -3,0 -3,0 3.163 Above-the-Line-Medien insgesamt 11.573.369 11.439.442 1,2 0,3 1.332.854 Bruttowerbevolumen in den neuen Mediengattungen (Mediengruppen) Ausgaben Januar–Juli in Tsd. Euro Veränderungen Euro Juli 2008 Mediengruppe zum Vorjahr in Prozent in Tsd. Euro 2008 2007 Werbesendungen* 2.039.039 kA kA 239.452 Internet 778.160 551.520 41,1 108.937 Fachzeitschriften Transport Media 26.554 28.870 -8,0 3.694 At-Retail-Media kA kA kA kA * Im Jahr 2007 wurde das Direct Mail Panel von 5.000 Haushalten auf 10.000 Haushalte aufgestockt. Dadurch ist die Abdeckung von kleineren Aussendungen repräsen- tativer und die Varianz ist bei allen Aussendungen gesunken, was zu einer weiteren Verbesserung der Direct Mail Informationen führt. Ein wesentlicher Teil des ausge- wiesenen Wachstums im Direct-Mail-Markt ist dementsprechend auf die verbesserte Beobachtung im Medium zurückzuführen und nicht ausschließlich auf ein reelles Wachstum. Daher werden ab 2008 keine Vorjahresvergleiche für dieses Medium mehr veröffentlicht. Wir werden Sie selbstverständlich über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden halten. Vergleichszeitraum Direct Mail: 1. Januar bis 31. Juli 2008 Quelle: Nielsen Media Research Tabelle 1 10 Medien und Marken im Web 2.0
Dialogorientierte Angebotsformen, die die Gesamtausgaben: Response- und Non-Responsewerbung Möglichkeit zur individualisierten, response- (Grafik 3) orientierten Kundenansprache bieten, gewinnen daher zunehmend an Bedeutung. Auch in den klassischen Medien spielen sie Basis: Unternehmen ab 0,25 Mio. Euro Jahresumsatz (Angaben in Mrd. Euro) mittlerweile eine zentrale Rolle: Ein Großteil der aktuellen Werbekampagnen enthält Sonstiges Direktmarketing Klassik* bereits heute Responseelemente. Faxwerbung, Kinowerbung mit TV-Werbung, Funkwerbung, Response, Promotionaktionen, Anzeigenwerbung, Beilagen- Kundenzeitschriften, Messen, werbung, Plakat- und Außen- Mobile Marketing, Couponing 18,0 20,9 werbung, Kinowerbung * Ohne Response-Anteil Direktmarketing/Dialogmedien 5,1 Vollständig adressierte Werbe- 27,6 Klassik mit Response sendungen, teil- und unadressierte Werbesendungen, aktives Telefon- Anzeigenwerbung mit marketing, passives Telefonmarketing, Response, Beilagenwerbung E-Mail-Marketing, interner (Aufbau mit Response, Plakat- und und Pflege der Homepage, Such- Außenwerbung mit Response, maschinen), Bannerwerbung TV-Werbung mit Response, Funkwerbung mit Response Gesamtausgaben 2007: 71,6 Mrd. Euro Direktmarketing 2007: 32,7 Mrd. Euro Quelle: MRSC/IPSOS 2008 © Deutsche Post Medien und Marken im Web 2.0 11
Die individualisierte Verbraucheransprache Erlöspotenziale im Web 2.0: the „Long Tail“ wird zunehmend zum relevanten Wettbe- (Grafik 4) werbsfaktor für die werbungtreibenden Unternehmen – und somit ein zentrales Erlösfeld für die Medien- und Kommunika- tionswirtschaft. Hier zeigt sich ein Kenn- Popularität zeichen reifer Märkte: Nach Deckung des Grund- bzw. Bedarfsnutzens sind Erträge häufig nur noch über Zusatzangebote bzw. Zusatznutzen steigerbar. Um einen solchen Zusatznutzen stiften zu können, wird es zunehmend erforder- Long Tail lich, auf die individuellen Bedürfnisse der Verbraucher einzugehen. Die Digitalisierung der Medien, wie sie vor allem das Inter- net bietet, ermöglicht diese individuelle Verbraucheransprache. Sie erlaubt es, auch Produkte kleine Zielgruppen wirksam anzusprechen. Damit eröffnen die digitalen Medien das Feld „Werbung“ auch für jene Anbieter, die sich den Einstieg in klassische Werbung dass in vielen Branchen die Angebotsvielfalt andere, kostengünstig vorgehalten werden. bislang nicht leisten konnten oder wollten. erheblich eingeschränkt wurde: Nach dem Sie werden von so wenigen Kunden nach- „Aldi-Prinzip“ konzentrieren sich die Anbie- gefragt, dass sie im stationären Handel gar Im Zusammenhang mit Web 2.0 sprechen ter nur auf wenige Top-Seller. nicht geführt werden. Anbieter häufig von der Nutzbarkeit des „Long Tail“. Dieser Begriff bezeichnet War der „Long Tail“ der Produkte und Dies kommt dem Trend einer Individualisie- die große Mehrzahl der Produkte und Dienstleistungen aus Kosten-Nutzen-Grün- rung von Verbraucherwünschen sehr ent- Dienstleistungen, die nur von einer ver- den bislang für viele Anbieter unattraktiv, gegen und eröffnet neue Möglichkeiten der gleichsweise geringen Anzahl von Kunden so erhält er in Zeiten reifer Märkte durch Erlösgenerierung durch Transaktion. Die nachgefragt werden – und daher, dem Web 2.0 eine ganz neue, zunehmend wichti- Digitalisierung erlaubt zudem den ortsun- „Pareto-Prinzip“ folgend, von vielen Anbie- ge Bedeutung. Bedingt durch vergleichswei- gebundenen Zugang sowie die Nutzung von tern entweder gar nicht oder zeitlich nicht se günstige, leistungsstarke Server-Kapazi- Informationen über mobile Endgeräte. lange vorgehalten werden. Diese Grundre- täten können „online“ bestimmte Angebote, gel der „Old Economy“ hat dazu geführt, z. B. Musik, Filme, Druck-Services oder 12 Medien und Marken im Web 2.0
Im Web 2.0 bieten dialogorientierte Internet- Brutto-Werbeumsätze nach Gattungskategorien angebote wie z. B. Social Communities die Social Communities mit höchsten Zuwachsraten Möglichkeit, in einen besonders intensiven (Grafik 5) Kundenkontakt zu treten. Der Vergleich der aktuellen Wachstumsraten lässt vermuten, Brutto-Werbeumsätze in Mio. € von 1–7/2007 vs. 1–7/2008 dass hier ein Erlösmodell für die Zukunft 1–7/2007 liegt – auch wenn die absoluten Umsätze 386,2 1–7/2008 derzeit noch von geringer Bedeutung sind. 333,9 % +25% % 0% +16 +26 +24 81,7 65,1 55,3 16,3 Destination Sites Social Communities Portal Quelle: Nielsen Media Research Medien und Marken im Web 2.0 13
Megatrend 3: Konvergenz der Medienmarken Zielgruppen zersplittern, thematische Komplexe Lebens- bzw. Erwerbsbiografien: Bindungen sind von immer kürzerer das Modell der biografischen Lebenswelten Dauer. Unsere Gesellschaft ist zunehmend (Grafik 6) gekennzeichnet durch „Multi-Optionalität“: Ausbildung Erwerbs-/Hausarbeit Ruhestand Menschen haben immer komplexere Le- Lebenslage bensentwürfe und Erwerbsbiografien, die Hohe Änderungsdynamik Geringe Änderungsdynamik sie im Lauf ihres Lebens vor ständig neue Herausforderungen stellen – und vor neue Chancen. Junge Mittleres Haus- Top Alter frauen Ältere Ältere Top Top Männer Frauen Studie- 5% 8% 7% rende Mittel- Mittel- schicht schicht 4% Jugend- Junge Mittleres Haus- 5% 5% Allein- liche Mitte Alter frauen stehende Mitte Mitte Ältere 8% 7% 10 % 11 % Arbeiter- Arbeiter- 5% schicht schicht Männer Frauen 5% 4% einfache einfache Lebens- Lebens- lage lage 7% 7% Lebensphasen Socialising Homing Cocooning Quelle: Hubert Burda Media Reserach, nach Professor Kleining 14 Medien und Marken im Web 2.0
Paradoxerweise führt diese Zersplitterung Vertikalisierung bei Medienmarken zu einem Zusammenwachsen, einem Verbindung Medienqualitäten – Kundennutzen „Bundling“ von Medienangeboten – mit (Grafik 7) dem Ziel, dieser „Atomisierung“ zum Trotz Inserentenmarke auch in Zukunft Skaleneffekte erzielen zu können. In der Verbraucherkommunikation Medienangebote Ziel Marken- kommunikation stellen sich Werbungtreibende auf mobile Zielgruppen ein: Angesichts einer wach- Events, Online communities Customising Loyalty, Cross Selling senden Zahl konkurrierender Angebote und einer damit verbundenen steigenden Direktmarketing, Below the Line Response, Reizüberflutung lässt sich Markenbindung Kundenzeitschriften, Targeting Kaufimpuls, nur noch durch intensive kommunikative Supplements, Aufforderung Internet Ansprache „auf allen Kanälen“ erzielen. Erfolgreiche Medialösungen bedienen dabei Publikumszeitschriften, Mass Market Bekanntheit, Image Anforderungen an integrierte Kommunika- Internet, TV, Hörfunk tion. + Starke Medienmarken dienen den Nutzern Medienmarke Zunahme vertikaler als Navigatoren rund um ihre Kompetenz- Integration felder. Sie bieten ihnen Orientierung über = höhere Wertschöpfung alle medialen Ausdrucksformen hinweg: als pro Kontakt Zeitungs-/Zeitschriftenmarke mit „Brand Quelle: Hubert Burda Media Research Extensions“ im TV und Internet (FAZ, Süddeutsche, Bild, Focus, Wirtschaftswoche u. a.) ebenso wie als TV-Sender mit starker Medienmarke um und wechseln die Kanäle Online-Präsenz (RTL, ProSieben, ARD, ZDF je nach aktueller Situation: Sie lesen „ihre“ u. a.) oder als Internet-Marktplatz mit eige- Zeitschrift zur grundlegenden Orientierung, ner Kundenzeitschrift (amazon.de u. a.). nutzen deren Website, um sich über aktuelle Ereignisse zu informieren, und holen sich Die Nutzer allerdings sind längst keine Kurzinfos via Handy oder PDA, wenn sie un- passiven Rezipienten von Kommunika- terwegs sind. Starke Medienmarken müssen tionsbotschaften mehr: Sie nutzen „ihre“ daher medienübergreifend Kontaktpunkte Medienmarke, um Themen zu vertiefen, den bieten, um für ihre Kunden – ob Leser, Zu- Dialog zu suchen und – zumindest tempo- schauer oder Online-Nutzer – als „Trusted rär – Gemeinschaften (Communities) zu Media Brand“ jederzeit und überall auf der bilden. Dabei gehen sie spielerisch mit der Welt verfügbar zu sein. Medien und Marken im Web 2.0 15
1.2.Erlösmodelle im Internet – die gängigsten Erlösformen mit Beispielen Vier grundlegende Formen der Vermark- Erlösform Ausprägungen Beispiele tung sind es, mit denen die Produzenten und Vermarkter von Websites gegenwärtig Werbung Reichweite Display Ads versuchen, aus dem immensen Aufwand, den sie in ihre Online-Angebote stecken, Targeting glam.com, gofeminin.com ihrerseits wieder Einnahmen zu erzielen: Search google.com Werbung, bezahlte Inhalte, Transaktionen und die Vermarktung des Ergebnis-Ran- Transaktionen Marktplatz ebay.com kings in Suchmaschinen. Daneben gewinnt amazon.com, burdastyle.com, auch die Vermarktung über Partner-Netz- Handels-/Vertriebsplattformen hallohund.de werke (Affiliate Networks) an Boden. Die Finanzierung über anderswo erhobene Subscriber/Paid Content Abo von Inhalten/on Demand lynda.com Teilnehmergebühren spielt nur bei den Mitgliedschaften xing.com Websites öffentlich-rechtlicher TV-Anbieter eine (untergeordnete) Rolle. Tabelle 2 Wie bei den herkömmlichen Medien werden über die Bannerwerbung erzielen, daneben diese grundsätzlichen Erlösmodelle de aber durchaus auch Erlöse aus dem Verkauf facto auch in jeder beliebigen Kombina- archivierter Inhalte zu erzielen versuchen. tion eingesetzt. So verkaufen die Anbieter Und natürlich verzichten auch die Anbie- von Suchmaschinen auf ihren Sites auch ter lupenreiner Transaktionsdienste wie klassische Bannerwerbung, während die Amazon oder eBay nicht auf die Zusatz- „Destination Websites“ großer Medienmar- einnahmen aus der gezielten Platzierung ken zwar den Löwenanteil ihrer Einnahmen unterschiedlichster Werbebanner. 16 Medien und Marken im Web 2.0
Werbung Die nach wie vor gängigste Werbeform im Internet ist das Werbebanner, mittlerweile ergänzt um Formate wie Layer, Skyscraper, Rectangles, Video-Ads u. a. Über Mess- größen wie Page Impressions und Unique User wird der Erfolg einer Website, also Zugriffe und Reichweite, ermittelt. Die gemessene Reichweite als Grundlage für die Erlösgenerierung durch Werbung gibt an, wie viele Personen einer Zielgruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum Kontakt mit dem Das zielgruppenspezifische Targeting bietet Glam verfolgt in Bezug auf Werbekunden Werbemittel hatten. Sie gibt den Werbekun- genauere Möglichkeiten, Zielgruppen im das Ziel, Unternehmen aus dem Premium- den Aufschluss über die Wirtschaftlichkeit Internet ohne nennenswerte Streuverluste markensegment einen neuen Zugang der Site. zu erreichen. Dabei kann man zwischen zu Online-Reichweiten und Zielgruppen- Targeting nach technografischen, geogra- Targeting zu bieten. Glam Media hat 2008 Eine Werbeform mit zunehmender fischen, zeitlichen, soziodemografischen Glam Evolution entwickelt – eine Plattform Bedeutung sind Display Ads: Hier wird Merkmalen oder nach Affinitäten oder für „primetime placement und vertical Onlinewerbung auf Webseiten mit ziel- Milieus unterscheiden. targeting brand engagement advertising“. gruppenorientiertem Inhalt geschaltet. Über diese Plattform können die Werbung- Diese Werbung kann vom Format her Beim Behavioural Targeting hängt das Ein- treibenden das gewünschte Publikum sehr vielschichtig sein und reicht von simplen blenden der Werbung direkt vom aktuellen gezielt ansprechen. Textanzeigen über Banner und Flashani- Surfverhalten der User ab. Einen Schritt mationen bis hin zu Video- und Gadget weiter geht das Predictive Targeting: Hier In Bezug auf die Wirksamkeit von Targeting Ads. Die Abrechnung bei Display Ads ist werden die Echtzeit-Onlinenutzungsdaten ist nun eine multidimensionale Untersu- anbieter- bzw. positionsabhängig und der User zusätzlich mit Daten kombiniert, chung möglich. Die Plattformen verwenden reicht von Cost-per-Impression (klassi- die aus der Befragung registrierter User- soziodemografische Aspekte, beobachten sche TKP-Kampagnen) über Cost-per- gruppen gewonnen wurden. Diese Methode Einstellungen und Interessen der User, stel- Click bis hin zu Cost-per-Action. soll helfen, die Streuverluste weiter zu len fest, welche Seiten die User aufsuchen, minimieren. Eine spezielle Form des Targe- welche Suchbegriffe sie verwenden und wie Die Auslieferung der Display Ads kann tings stellt das Geo-Targeting dar. Bei dieser ihr grundsätzliches Verhalten im Netz ist. auf einer gesamten Website oder aber Variante werden IP-Adressen ihrer geo- Im Prime Targeting Ranking werden unun- auf einer Reihe von Unterseiten auf grafischen Herkunft zugeordnet. Dadurch terbrochen die wichtigen Ergebnisse von dieser Website erfolgen. Es kann auch kann national, ja sogar regional spezifische „Prime Placement“ und „Vertical Targeting“ ein bestimmter Anzeigenblock auf einer Werbung eingeblendet werden. Das Integra- aufgezeichnet, um den Anzeigenkunden die oder mehreren Seiten gebucht werden. ted Targeting vereint alle Methoden des höchste Werbewirkung zu garantieren. Beispielsweise könnte ein Display Ad Targetings, integriert Marktforschungs- und ausschließlich für die Nachrichtenseiten kundenspezifische Daten und ermöglicht der Website einer Zeitung bestimmt sein, flexible Einsatzoptionen. für das Kinoprogramm einer Film-Web- site oder ein bestimmter Anzeigenblock Diesen Weg sind die Portale „Glam“ und befindet sich immer an derselben Stelle „gofeminin“ gegangen. Beide sind erfolg- in einem politischen Blog oder auf einer reiche Frauenportale im Netz und enthalten bestimmten Unterseite. Themen wie Mode, Stars, Gesundheit und Wellness. Medien und Marken im Web 2.0 17
Suchwortvermarktung Das Modell der Suchwortvermarktung baut im Grundsatz darauf auf, dass Werbungtrei- bende ihre Angebote möglichst prominent, d. h. weit oben in der Liste der Sucher- gebnisse, sehen möchten. Das Prinzip: Je prominenter das Ranking, desto höher der Preis. Ein gutes Beispiel, wie verschiedene Formen des Suchmaschinenmarketings funktio- nieren können, ist Google. Der weltweite Marktführer finanziert seine Suchmaschine zum größten Teil mit Werbung. Der Vorteil für den User ist, dass er für seine Suchan- frage nichts bezahlen muss. Dafür muss er die zielgerichtete Werbung auf den Ergeb- nisseiten in Kauf nehmen. Ein modifiziertes Werbekonzept sind die Adwords: Auf der Ergebnisseite zu einem eingegebenen Suchbegriff erscheint die „passende“ Werbung. Die Abrechnung er- folgt voll automatisiert: Bei jedem Klick wird dem Werbekunden Geld von seinem vorher festgelegten Budget abgezogen. Ist dieses als eine Art virtueller Marktplatz, auf dem Content mit nutzergenerierten Inhalten. Mit aufgebraucht, erscheint die Anzeige bei der Anbieter ihre Produkte anbieten, die von Web-2.0-Features wie Bildern und Videos, nächsten Anfrage nicht mehr. Yahoo geht in Interessenten ersteigert werden können. Testing- und Ratingmöglichkeiten sowie mit diesem Punkt den gleichen Weg. Dafür nimmt eBay eine Vermittlungsgebühr, Socialising- und Service-Schwerpunkten um das Portal zu finanzieren. Amazon, eine kann der Hundefreund das Portal perso- Ein weiteres Angebot ist Google AdSense. der größten Handels- und Vertriebsplatt- nalisieren und individualisieren. In der Dieses Tool ist für Content-Seiten interes- formen im Netz, erhält für jedes umge- Vermarktung gibt es Kooperationen, z. B. sant. Es durchsucht den Content der Seite setzte Produkt einen prozentualen Anteil. mit dem Partner Masterfoods. Zudem wird und stellt Anzeigen zur Verfügung, die dazu Nach demselben Erlösprinzip agieren die eine gemeinsame E-Commerce-Plattform passen. Damit soll erreicht werden, dass Websites der meisten Fluglinien, Reisever- mit Zooplus betrieben. Die exakte Ausrich- der User die Werbung nicht als störend, mittler und der Anbieter aus vielen anderen tung der Community auf strikt themenaf- sondern als nützlich empfindet. Mittlerweile Branchen. fine Nutzer ermöglicht eine punktgenaue verkauft Google seine Suchmaschinen- Zielgruppenvermarktung anstatt einer breit technologie auch an andere Anbieter. Für Die Community burdastyle.com etwa ist gestreuten Reichweitenvermarktung. Unternehmen bietet Google zudem Hard- im englischen Sprachraum aktiv. Sie zielt und Softwarelösungen an, um Datenbanken auf alle „Netties“, die nicht auf Mode „von Subscriber/Paid Content zu verwalten. der Stange“ zurückgreifen, sondern ihre Eine weitere Form, um Erlöse zu generie- eigenen Kleidungsstücke nähen wollen. Die ren, sind Subscriber- bzw. Paid-Content- Transaktion/E-Commerce angebotenen Schnittmuster sind gegen ein Modelle: Der Anbieter verlangt vom Neben der klassischen Werbung werden Entgelt zu bekommen. Nutzer Geld für seine Inhalte in Form eines Web-2.0-Angebote heute auch mithilfe di- Abonnements oder punktueller Zahlungen rekt ausgeführter Transaktionen finanziert. Die Hunde-Community „hallo Hund“ für angeforderte Einheiten – und verzichtet eBay beispielsweise fungiert im Internet kombiniert professionellen redaktionellen dafür auf Werbung. Ein solches Modell funk- 18 Medien und Marken im Web 2.0
tioniert nur, wenn es sich um ein besonders gutes oder einzigartiges Angebot handelt: Erfahrungsgemäß sind die User nur unter dieser Voraussetzung bereit, wirklich Geld zu investieren. Ein Beispiel für einen solchen Anbieter ist lynda.com, eine Plattform im Internet, die Schulungsmaterial im kreativen Arbeits- bereich vertreibt. Die verschiedenen Trainingsangebote werden in Form eines Subscriber-Modells an die Kunden verkauft. Neben Lehrbüchern bietet lynda.com prak- tische Trainingsprogramme, eine Online- Bibliothek und auf CD oder DVD basierte Trainingseinheiten. Das Portfolio beinhaltet Kurse zu Flash, Photoshop oder auch zu digitaler Fotografie. Ein weiteres Erlösmodell verfolgt die Netzwerkplattform Xing durch ein Business- Kontaktmanagement zwischen Ansprech- partnern vieler Unternehmen bzw. Orga- nisationen. Geld verdient wird dabei vor allem über Clubbeiträge bei Premiummit- gliedschaft, über die etwa ein Zehntel der Teilnehmer verfügen. Die Kontakte erfolgen exklusiv über die Netzwerkplattform, was eine intensivere Bindung an das Netzwerk unterstützt. Als Beispiel für ein weiteres Erlösmodell kann der Community-Anbieter Ning genannt werden. Dieser verzichtet nicht auf Erlöse durch Werbung. Daneben kann jeder Benutzer eine eigene Commu- nity starten und wird somit zum „Subun- ternehmer“. Seine eigene Subdomain oder aber ein gezieltes Ausblenden von Werbung werden separat berechnet. Der Ning- „Partner“ kann folglich selbst entscheiden, welche Dienstleistungen er in Anspruch nehmen bzw. welchen Betrag er dafür inves- tieren möchte. Medien und Marken im Web 2.0 19
Teil 2: Expertenmeinungen – die Studienergebnisse im Detail Markterfolg in der digitalen Welt: die Bedeutung von Web 2.0 In der Ausprägung „Web 2.0“ hat das Rolle des Web 2.0 im Marketing und in der Generierung Internet heute ein Stadium erreicht, in von Erlösen dem es als Mediengattung direkt gegen die (Grafik 8) klassischen Medien antritt – als Informa- tions- und Unterhaltsplattform ebenso wie – + als Werbeträger. Diese „Normalisierung“ „Bietet in der Bewertung der aktuellen Bedeutung Die Entwicklungen ungeahnte Chancen“ von Web 2.0 spiegelt sich in den Antworten werden nur beobachtet, Betreiber Social Communities aber „mit großer der befragten Experten wider: Die Euphorie Aufmerksamkeit.“ „Expand your Brand“ der Anfangsjahre ist einer eher nüchternen Film-, TV-Produktionen Verlage Einschätzung der Chancen und Risiken gewichen. „Die klassischen Printmarken oder deren Ableger wachsen 10 bis Dabei hat das Thema „Web 2.0“ für die „Mittel zum Zweck“ 20 % pro Jahr, aber die Verantwortlichen in verschiedenen Positio- Vermarkter Mitmach-Angebote wachsen deutlich stärker.“ nen der Branche ein völlig unterschiedliches Verlage Gewicht. Denn der Blickwinkel verändert sich – abhängig davon, ob der Befragte für „Wir beobachten, Reichweiten- Generierung erhöhung weiterer Erlöse die Produktion von Medieninhalten, für wie über die Marke Branchen- gesprochen wird, was Branchen- deren Vermarktung, für das Beteiligungs- übergreifend übergreifend über die Marke gesprochen management eines Verlagshauses oder für wird – das hat eine gewisse Monotoring-Funktion.“ Kundenbindung die Markenkommunikation eines großen Branchen- Automobilbranche werbungtreibenden Unternehmens verant- übergreifend wortlich ist. Quelle: Hubert Burda Media Research So verwundert es nicht, dass Märkte und Marktentwicklungen teilweise recht unterschiedlich beurteilt werden. Auffällig allerdings: Als wirklich bedeutungslos für das eigene berufliche Umfeld schätzte keiner der Befragten das Thema „Web 2.0“ ein – ein Ergebnis, das noch vor nicht allzu langer Zeit deutlich anders hätte ausfallen können. 20 Medien und Marken im Web 2.0
Die Betreiber von Social Communities, Viele Angebote, die derzeit unter dem Stich- deren Geschäftsmodell auf Web 2.0 wort Web-2.0 auf den Markt kommen, sind basiert, betonen – wenig überraschend – im Grunde „natürliche“ Weiterentwickun- die ungeahnten Chancen, die ihnen der gen der Medien. So sind die Medienkanäle „Digital Shift“ heute bietet. Vertreter der seit einigen Jahren technisch aufeinander „Old Media Economy“, etwa aus Film- und zugegangen – und heute lässt sich das so- TV-Produktion, verfolgen die Entwick- genannte Triple Play realisieren, also ein lung momentan zwar noch distanzierter, Zusammenspiel von Fernsehen, Internet aber mit durchaus großem Interesse. Ein und Telefon. Ein Verlagsvertreter ordnet Gesprächspartner aus der Markenkommu- das Thema in einen zeitlichen Zusammen- nikation eines großen Automobilkonzerns hang ein: sieht den zentralen Vorzug vor allem in der ungetrübten Sicht auf den Verbraucher und „Heute funktionieren die multimedialen dessen Meinung. Modelle von vor sechs oder sieben Jahren auch auf der technischen Ebene. Die Ideen „Wir beobachten, was und vor allem wie waren damals schon da – aber die tech- über unsere Marke gesprochen wird. Das nischen Möglichkeiten haben noch nicht hat eine gewisse Monitoring-Funktion!“ ausgereicht“. Für TV-Sender ist ein Engagement im Be- Bei aller Begeisterung für die technischen reich Web 2.0 aufgrund der möglichen Port- Fortschritte bleiben die Befragten realis- folioerweiterung durch Video-Communities tisch: Web 2.0 und alle darin bisher verfolg- unabdingbar. Medienvermarkter sehen im ten Erlöswege, so betonen sie, entsprechen Web 2.0 die Möglichkeit, neue Zielgruppen momentan bei Weitem nicht den Umsatz- zu erreichen und entsprechende Erlöse zu größen klassischer, überwiegend reichwei- erzielen. tenbasierter Vermarktungsmodelle. „Nach Durchsicht unseres Portfolios ist für Printableger im Internet von Wachs- tumsraten zwischen zehn und 20 Prozent auszugehen. Mitmach-Angebote aber wachsen aktuell noch schneller.“ Medien und Marken im Web 2.0 21
Das Mitmach-Web: User-Generated Content und seine Folgen Bei der Beurteilung von User-Generated UGC und Markenkern: Chancen und Risiken Content und seinen Auswirkungen auf Me- (Grafik 9) dien und Marken scheiden sich die Geister: UGC, so die gebräuchliche Abkürzung, ist für die befragten Unternehmensvertreter – + Fluch und Segen zugleich. „Gefahr von Copyright- „User-Generated Verletzungen“ content ist „Mehr Chancen Community-basierte Websites beruhen in Betreiber Fluch und Segen als Risiken“ ihrer Grundidee auf den Eigenaktivitäten Social Communities zugleich.“ Operator Medienkonzern ihrer Mitglieder – und setzen darauf, von dieser neuen Form des Medienangebots Probleme der Klassische Werbung Urheberrechte wird „ohnehin nicht mehr auch ökonomisch auf Dauer leben zu Betreiber Social akzeptiert“. können. Communities Betreiber Social Communities „Die Etablierung eigener Sub-Brands, die durch „UGC ist ein ernst zu nehmender Community-Nutzer Konkurrent zur Werbung.“ „Die Marke ist selbst zu einem Biotop Betreiber Social geführt werden, führt zu einer Ausbreitung der Community.“ geworden. Sie entwickelt sich durch die „Kontrollverlust“ Communities Betreiber Social Möglichkeit der Open Source – das ist Tageszeitungen Communities richtig gut!“ „Es gibt auch den erfolgreichen Einzelakteur. „Den Betrieb eines Aber das werden immer nur Für Medienmarken bieten stark genutzte Social Networks würde ich eine Handvoll sein, die so UGC-Aktivitäten die Möglichkeit, authenti- als hochgradiges Risiko für exzellent sind, dass Sie sich die Marke bezeichnen.“ absetzen können.“ sche Einzelmarken und eventuell ganz neue Betreiber Social Mediendachverband „Sub-Brands“ zu schaffen. Communities Quelle: Hubert Burda Media Research Beispiele für die Bildung von Sub-Brands aus dem Bereich der Social Communities: In einer regionalen Social Community schaffte es ein einziger Blogger, eine eigene Fan- gemeinde von über 3.000 Personen zu versammeln. Da die Fangemeinde ihrerseits Traffic generiert, trägt der Blog dazu bei, das Netz der Community-Brand immer weiter auszu- breiten. Auf diese Weise wird eine Medienmarke für den Nutzer immer transparenter. Die US-Tageszeitung „New York Times“ geht auf ihrer Website sogar noch einen Schritt weiter: Bestimmte „Super-Blogger“, die die Attraktivität ihrer Beiträge für relevante Lesergruppen bereits nachgewiesen haben, werden für aufmerksamkeitsstarke Beiträ- ge auf einem eigens dafür eingerichteten „User-Generated Portal“ von der Redaktion bezahlt. 22 Medien und Marken im Web 2.0
Ein Teil der befragten Experten nimmt UGC aber die sogenannten „Edelgruppen“ haben als natürliche, unverfälschte Ausdrucksform zu einer wesentlich stärkeren Bindung der des Kunden wahr, der klassische Werbung Mitglieder an die Marke geführt, die mit „ohnehin nicht mehr akzeptiert“, wie es einem einfachen Banner nie zu erreichen ein Interviewpartner ausdrückt. In dieser gewesen wäre. Schärfe bleibt dies zwar eine Einzelmei- nung, dennoch ist UGC für Marketingver- Ein Verlagsvertreter wäre jederzeit bereit, antwortliche zweifellos eine authentische UGC in seine Printmedien einfließen zu Form, um Einblicke in die Wahrnehmung lassen: des Kunden zu den eigenen Marken und Produkten zu gewinnen. Kundenreaktionen „Wenn die User ‚Good News‘ lesen wollen, auf Web-Foren könnten nach Einschätzung könnte es dazu führen, dass man eben eine einiger Gesprächspartner durchaus zu ei- Seite nur mit ‚Good News‘ macht.“ nem festen Bestandteil der Markenführung werbungtreibender Unternehmen werden Neue Chancen für die Marke durch mehr – und damit zu einem ernst zu nehmenden Nähe zum Endverbraucher und mehr Trans- Konkurrenten zur klassischen, unterneh- parenz sieht auch ein Medienmanager. Das mensgesteuerten Werbung. positive Szenario, das er zeichnet, setzt für ihn aber zwingend voraus, dass die Medien- „Fluch und Segen zugleich“: An kaum einer marke ein gewisses Maß an journalistischer anderen Stelle tritt die Gültigkeit dieser und inhaltlicher Qualität bietet. Die Frage, bereits zitierten Einschätzung zu User-Ge- ob es der UGC-Akteur, also der Blogger oder nerated Content so deutlich zutage wie hier. Forenteilnehmer, oder aber die Medien- Einerseits sind ungefilterte Meinungsäuße- marke ist, die letztlich den Markenerfolg rungen von Kunden in Community Sites und ausmacht, lässt sich seiner Meinung nach User-Foren zu Produkten und Marken von noch nicht klar beantworten. einer kaum zu überbietenden Authentizität und Glaubwürdigkeit. Andererseits aber „Interaktion“ ist auch hier das entscheidende stellt produktbezogener UGC im Web jeden Stichwort. Ein Verlagsvertreter weist expli- Markenverantwortlichen vor ein gefürchte- zit auf die Wechselwirkung zwischen Marke tes Problem: Die Kundenäußerungen lassen und Kunde hin: „Die Zielgruppe prägt sich nicht in gewohnter Weise steuern – entscheidend das Image einer Community- und können die Markenpflege daher recht Marke. StudiVZ beispielsweise ist geprägt schnell zu einem unkalkulierbaren Risikofak- durch die Studenten selbst. Denen geht es tor werden lassen. in erster Linie um die Community – also um das Wissen: Dort treffe ich andere Studen- Doch auch hier sehen vor allem Community- ten.“ Portale eher Chancen als Risiken. Ein gängi- ges Instrument sind von Firmen gesponser- Deutlich mehr Fluch als Segen jedoch sehen te Diskussionsgruppen, in die Inhalte gezielt die Experten im Zusammenhang mit UGC eingestellt und von ausgewählten Communi- bei der Frage der Urheberrechte. Die weit- ty-Mitgliedern anschließend diskutiert wer- verbreiteten Copyright-Verletzungen in den den. Zwar mussten die Firmen den Umgang von Kunden erzeugten Inhalten werden als mit diesem neuen Instrument erst lernen, ernsthafte Gefahr wahrgenommen. da das Gesagte nicht immer positiv ausfällt, Medien und Marken im Web 2.0 23
Marketing und Marke im Web 2.0 Markenführung in der digitalen Welt muss Web 2.0: Besonderheiten bei der Markenführung sich – so die einhellige Meinung aller Befrag- (Grafik 10) ten – erheblich veränderten Rahmenbedin- gungen und Anforderungen stellen. Für die Markenverantwortlichen bietet der „Digital – + Shift“ einerseits neue, faszinierende Mög- „Der Marketing- aufwand hat sich erhöht.“ lichkeiten. Andererseits aber wirft er auch Betreiber Social „… ein Umdenken in den Es gelten im Web 2.0 neue Fragestellungen und Aufgaben auf, die Communities Verlagen ist unbedingt dieselben Gesetze der Markenführung wie im es zu lösen gilt. „Die Hürden sind größer geworden.“ erforderlich, das kann nicht so statisch bleiben „klassischen“ Marketing. Betreiber Social Communities wie bei Print.“ Branchen- „Besonders Video- übergreifend Die einschneidendste Veränderung sehen Communities sind von dieser Verlage die Experten übereinstimmend in der neu- Entwicklung betroffen.” Betreiber Social Communities artigen Interaktivität der Online-Medien: Sie gestattet es dem Endverbraucher, durch die „Ein ganz klares Jein. Kreation und ungefilterte Veröffentlichung Sie müssen sich ständig Marken müssen sich neu erfinden.“ auch im Web 2.0 treu eigener Inhalte aktiv in den Prozess der Betreiber Social bleiben, um das Vertrauen der Markenkommunikation einzugreifen. Communities Kunden zu gewinnen. „…eine Marke, wie sie Branchenübergreifend früher durch Pushmarketing Die Mechanik der Markenführung ändert positioniert wurde, lässt „Diese Änderungen dürfen nicht in einer sich heute im Internet nicht Schlagzahl von ein oder zwei Jahren kommen, sich dadurch gravierend: Die gewohnte, vergleichbar positionieren.“ sondern müssen Konstanz aufweisen. nahezu vollständige Kontrolle über die Online-Vermarkter Markenführung an sich hat Laufzeiten und Zyklen, die gehen über Jahre und nicht Botschaften, die an den Endverbraucher über Quartale oder Halbjahre.“ ausgesandt werden, wird den Markenver- Operator antwortlichen im Web 2.0 aus der Hand genommen – zumindest bei den Zielgrup- Quelle: Hubert Burda Media Research pen, die mit den neuen Informations- und Austauschmöglichkeiten vertraut sind und souverän damit umgehen. Dies erfordert eine zumindest teilweise Ab- klassischen Medien mussten sie nicht kehr vom klassischen Push-Marketing und überwinden.“ eine Hinwendung zum Pull-Marketing, bei dem Medien„mittler“ wie Blogger, Forenver- Häufig geäußert wird die Ansicht, Marken- antwortliche und andere markenbezogene führung werde durch bzw. mit Web 2.0 Inhalte aufgreifen und entweder verfrem- schneller, unterliege über kürzere Aktuali- den oder eigenständig beeinflussen. sierungszyklen einer höheren Dynamik. So äußerte sich ein Verlagsvertreter: „Es entsteht sehr viel mehr Mitbestim- mungsbedürfnis von der Nutzerseite aus. „Ein Umdenken in den Verlagen ist Das hat Vor- und Nachteile: Im Idealfall unbedingt erforderlich. Das kann nicht so kann eine Marke extrem stark positioniert statisch bleiben wie bei Print.“ werden, ohne dass eine begleitende Me- diakampagne dahinter liegt, wie z. B. die Andererseits wird Konstanz im Marken- ‚Horst-Schlämmer–Kampagne‘ von VW.“ auftritt durchaus auch als Wert an sich be- trachtet. Vor allem eine Orientierungsfunk- „Es geht um Schnelligkeit und Agilität. Die tion für den Verbraucher sowie ein klares, Communities am Markt sind entstanden, wiederholt eingelöstes Leistungsverspre- weil sie nicht nach strategischen Gesichts- chen seien für Medienanbieter und deren punkten geplant wurden. Das ‚Joch‘ der Inhalte hierbei maßgeblich. Diese beiden 24 Medien und Marken im Web 2.0
Anforderungen muss ein erfolgreiches Web- 2.0-Angebot erfüllen. Vertrauen bei Kunden und Marktpartnern zu schaffen ist von jeher das zentrale Anliegen erfolgreicher Markenführung. Vertrauen erlangt die Marke dadurch, dass sie sich treu bleibt und für die Marktpartner langfristig eine verlässliche Größe darstellt. Web-Communities bieten für Marketing und Werbung den Vorteil, dass sie stark involvierte Zielgruppen versammeln, die der Markenbotschaft hohe Aufmerksam- keit entgegenbringen, die teilweise über die „klassische“ Werbung gar nicht mehr erreicht werden kann. Allerdings sind die Hürden für erfolgreiche Geschäftstätigkeit im Web 2.0 mittlerweile höher geworden. Der Marketingaufwand ist gegenüber der Anfangsphase erster erfolg- reicher Website-Marken deutlich gestiegen. Das ist nicht verwunderlich, bedenkt man, dass – anders als zu Zeiten der ersten Internet-Blase – heute ein Angebot für In- vestoren nur interessant ist, wenn es seinen Erfolg schon deutlich unter Beweis gestellt hat. Entsprechend steigt der Kaufpreis – ein Umstand, der zunächst zu deutlicher Re- serviertheit im Hinblick auf Investitionsvor- haben führt. Diese Schwierigkeiten gelten insbesondere für den Bereich der Bewegt- bild-Angebote (Video-Communities), bei denen die entsprechenden Erlösprognosen häufig unsicher sind. Dennoch sind sich die Experten in der zusammenfassenden Bewertung einig: Die Marketinglehrbücher müssen für Web 2.0 keineswegs neu geschrieben, sondern allen- falls ergänzt werden. Im Grundsatz gelten dort dieselben Gesetze der Markenführung wie im „klassischen“ Marketing. Vereinzelt werden sogar Altmeister des Marketings wie Hans Domitzlaff explizit als „Vordenker“ für das Web 2.0 herangezogen. Medien und Marken im Web 2.0 25
Medien im Web 2.0: Markenstärkung durch Ergänzungen Mit Blick auf die zunehmende Bedeutung wie den Online-Angeboten großer Zeitungs-, blikationen (B2B) als bei den allgemeinen des nutzergenerierten Contents stellt sich Zeitschriften- oder TV-Anbieter sorgfältig Wirtschaftstiteln. für alle etablierten Medienmarken die darauf geachtet werden, dass zusätzliche, ernsthafte Frage, ob die journalistische Web-2.0-orientierte Angebote nur eine Neue, zielgruppenadäquate Inhalte und Dar- Qualität und Glaubwürdigkeit des originären Ergänzung darstellen. Sie dürfen keinesfalls stellungsformen auf der eigenen Website Medienangebots unter Umständen durch als Substitut für Bestehendes wahrgenom- können dazu beitragen, die Online-Platt- den Einsatz UGC-getriebener Instrumente men werden – und müssen daher entspre- form eines Printmagazins zur Ansprache beschädigt wird. chend konzipiert und geführt werden. neuer Leser für das Kernprodukt Zeitschrift zu nutzen. Gerade Printmedien, denen weit- Im Markt überwiegt die Einschätzung, dass Gleiches gilt für die Medienvermarkter: Als hin Lesernachwuchs in jungen Zielgruppen Kannibalisierung kein aktuelles Problem ergänzende Marken müssen sich Web-2.0- fehlt, stehen unter einem hohen Markt- mehr darstellte. Vielmehr richten die Ver- Angebote wie z. B. Social Communities druck, altersgerechte Angebotsformen im treter etablierter Medienmarken den Blick harmonisch in ihr bestehendes Portfolio Internet zu schaffen und Bewegtbild-Ange- auf die sich bietenden Chancen. einfügen. Die neuen Marken müssen so ins bote zu integrieren. Aber gerade in dieser Gesamtangebot integriert werden können, Ziel- bzw. Altersgruppe wird der Loyalitäts- „Unsere Hauptmarke wird durch Web-2.0- dass sie ein journalistisches Kompetenz- aufbau aufgrund hoher Wechselbereitschaft Applikationen nicht in Mitleidenschaft feld anreichern und nicht etwa dessen zur besonderen Herausforderung. gezogen. Die Entwicklung im Web 2.0 Glaubwürdigkeit beschädigen. Fragen nach lässt sich nicht aufhalten. Wir müssen den der Zusammensetzung und Eigenart der „Wenn er auf der Community-Plattform intelligenten Umgang damit lernen und die bestehenden Zielgruppen spielen bei derar- nicht mehr die Freunde findet, die er sucht, neuen Möglichkeiten für uns nutzen.“ tigen Überlegungen eine zentrale Rolle. Im wandert der Nutzer automatisch in ein Bereich der Fachverlage, insbesondere der anderes Angebot ab.“ Allerdings muss bei den contentgetriebenen Wirtschaftspresse, sieht man margenträch- „Destination Sites“ bekannter Redaktionen tige Potenziale eher im Bereich der Fachpu- 26 Medien und Marken im Web 2.0
Sie können auch lesen