Merkblatt zu den Entwicklungen des Iran Embargos

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Merkblatt zu den
Entwicklungen des Iran
Embargos
Merkblatt zu den Entwicklungen des Iran Embargos                                            1

                                              Einfü hrung
Dieses Merkblatt soll eine erste Übersicht über die anstehenden Schritte zur Änderung der
Iransanktionen im Anschluss an den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen über das iranische
Nuklearprogramm vermitteln. Es spiegelt die Sach- und Rechtslage zum 02.08.2015 wider und be-
rücksichtigt insbesondere den „Joint Comprehensive Plan of Action“ (im Folgenden JCPOA) der
E3+3-Staaten und Iran sowie die Resolution 2231 (2015) der Vereinten Nationen (im Folgenden VN-
Resolution 2231 (2015)), die am 20.07.2015 vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verabschiedet
wurde.

Bitte beachten Sie, dass dieses Merkblatt nicht auf alle denkbaren Einzelaspekte eingehen kann und
deshalb kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird. Dies gilt vor allem unter dem Aspekt, dass
es sich um einen schrittweisen Umsetzungsprozess handelt, dessen genauer Verlauf zum jetzigen
Zeitpunkt nicht absehbar ist. Bei dem Merkblatt handelt es sich zudem um ein „wachsendes Doku-
ment“, da eine zeitnahe und sukzessive Überarbeitung stattfinden soll, sobald neue Erkenntnisse
bzw. Entwicklungen im Rahmen des Umsetzungsprozesses vorliegen.

Dieses Merkblatt ist keine rechtlich verbindliche Festlegung bezüglich der Reichweite einzelner
Embargoregelungen. Die Aussagen in dem Merkblatt erfolgen vorbehaltlich einer abweichenden
Einschätzung von Straf- und Ermittlungsbehörden.

     I. Hintergrund der aktuellen Entwicklung
Anknüpfungspunkt für die weiteren Entwicklungen im Rahmen des Außenwirtschaftsverkehrs mit
Iran ist der JCPOA, auf den sich Iran und die E3+3-Staaten (FRA, GBR, DEU, RUS, CHN, USA) unter
Verhandlungsführung der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik am
14.07.2015 in Wien verständigt haben. Die auf VN- und EU-Ebene seit 2006 gegen Iran verhängten
Sanktionen sollen danach ebenso wie die sog. „secondary sanctions“ der USA schrittweise aufgeho-
ben werden. Die geltenden Sanktionen umfassen insbesondere vielfältige Handelsbeschränkungen,
das Einfrieren von Vermögenswerten und die Beschränkung des internationalen Zahlungsverkehrs
für iranische Banken und Unternehmen. Der JCPOA ist als Annex A Bestandteil der VN-Resolution
2231 (2015) veröffentlicht.

                             II. Allgemeine Hinweise
    •   Es ist zu beachten, dass mit der VN-Resolution 2231 (2015) noch keine sofortige Aufhebung
        der internationalen Embargo-Bestimmungen erfolgt ist.
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    •   Erst wenn die IAEO am sog. Implementation Day die Umsetzung von ersten grundlegenden
        technischen Schritten zum Rückbau im Nuklearbereich, die im JCPOA und dessen Anhängen
        im Detail aufgeführt sind, durch den Iran bestätigt, wird der Sanktionsabbau rechtskräftig
        vollzogen.

    •   Damit ist nach aktuellem Stand nicht vor dem 1. Quartal 2016 zu rechnen (für weitere In-
        formationen s. u. „Zeitplan gem. VN-Resolution“)

    •   Achten Sie somit darauf, dass derzeit keine rechtlich bindenden Vereinbarungen zulässig
        sind, mit denen Sie sich in Widerspruch zum fortgeltenden Sanktionsrecht setzen würden.

    •   Es bestehen seit dem 02.08.2015 Ausnahmeregelungen in der Verordnung (EU) Nr. 267/2012
        (Art. 43b und 43c),1 aufgrund derer die Ausfuhr bestimmter Güter, die für den Rückbau des
        iranischen Nuklearprogramms erforderlich sind, bereits jetzt unter engen Voraussetzungen
        genehmigt werden kann (weitere Informationen s.u. „Änderung der Iran-Embargo-VO zur
        Umsetzung des JCPOA“).

    •   Bei den bestehenden EU-Embargoverordnungen (u.a. VO (EU) Nr. 267/2012) handelt es sich
        um europäisches Recht, dass nicht eigen- bzw. selbstständig durch den deutschen Gesetzge-
        ber geändert werden kann.

    •   Wichtiger Bestandteil des JCPOA und der VN-Resolution 2231 (2015) ist der sogenannte
        "Snap-Back-Mechanismus“. Demnach können gelockerte Sanktionen wieder in Kraft treten,
        falls die iranische Seite gegen die Vereinbarung verstößt.

    •   Das VN-Waffenembargo bleibt für 5 Jahre weiter bestehen. Ebenfalls bestehen bleiben VN-
        Handelsbeschränkungen für Nukleartechnologie (Aufhebung spätestens nach 8 Jahren).

           III. Hinweise bzgl. der VN-Resolution
Der JCPOA ist als Annex A Bestandteil der VN-Resolution 2231 (2015). Dessen Anhänge befassen
sich mit (a) dem Rückbau des iranischen Nuklearprogramms (Annex I), (b) Sanktionslockerungen,
insbesondere seitens der EU und der USA (Annex II), (c) einer Liste der Personen und Unternehmen,
bei denen Individualsanktionen (Einfrieren von Vermögenswerten und Bereitstellungsverbot) auf-
gehoben werden sollen (Annex II Attachment), (d) Aussagen zum sog. Beschaffungskanal (Annex
III) und (e) der Arbeitsweise der zu bildenden „Joint Commission“ (Annex IV) sowie (f) einer Be-
schreibung eines genauen Zeitplans betr. der Umsetzungsmaßnahmen (Annex V).

1
  Durch die Verordnung (EU) 2015/1327 vom 31. Juli 2015 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restrik-
tive Maßnahmen gegen Iran.
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Nach der Verifizierung grundlegender iranischer Schritte durch die IAEO sollen die Wirtschafts-
und Finanzsanktionen der EU umfassend abgebaut werden (vgl. Annex II in Zusammenschau mit
Annex V). Dies betrifft vor allem den Energiebereich (u.a. Importverbote für iranisches Öl, Gas und
Petrochemie; Exportverbot von Schlüsselausrüstung für den iranischen Energiesektor) sowie den
Finanzbereich (u.a. Überwachung des Iran-Zahlungsverkehrs). Auch sollen zahlreiche iranische Per-
sonen und Entitäten, insbesondere im Energiesektor sowie zahlreiche Banken, die bislang mit Sank-
tionen (sog. Listungen) belegt waren, von den entsprechenden Listen gestrichen werden. In einem
späteren Schritt sollen die übrigen Nuklear-Sanktionen abgebaut werden. Die näheren Details hier-
zu sind aber nch nicht vollumfänglich abzusehen.

Aufrechterhalten bleiben daneben:
             o Sanktionen gegen den Iran wegen Menschenrechtsverletzungen (Verordnung (EU)
                 Nr. 359/2011);
             o Regelungen der EU wie z. B. Art. 4 EG-dual-use-VO Nr. 428/2009;
             o nationale Regelungen wie etwa § 9 AWV.

  IV. Erste Anderungen der Iran-Embargo-VO
            zur Umsetzung des JCPOA
Mit Wirkung zum 02.08.2015 wurde die VO (EU) Nr. 267/2012 in Umsetzung der Ziffern 21 bis 23 der
VN-Resolution 2231 (2015) um die Art. 43b und 43c ergänzt. Dabei handelt es sich um Ausnahmen
von den bestehenden Sanktionen, die die ersten grundlegenden Schritte zur Umsetzung des JCPOA
seitens Iran ermöglichen sollen.

Art. 43b der VO (EU) Nr. 267/2012 betrifft Ausfuhren bzgl. bestimmter Verwendungen im Zusam-
menhang mit der iranischen Einrichtung Fordow, dem Reaktor Arak und der Ein-/Ausfuhr von an-
gereichertem Uran. Art. 43c der VO (EU) Nr. 267/2012 befasst sich generell mit Aktivitäten und
Transfers im Zusammenhang mit der Umsetzung des JCPOA.

Um diese Verwendungen zu ermöglichen, wird eine Genehmigungsmöglichkeit geschaffen. Bei je-
dem Antrag, der auf die oben genannten Artikel gestützt wird, wird seitens des BAFA eine Einzel-
fallprüfung durchgeführt. Sofern es um eine Ausnahme von den VN-Sanktionen geht, muss die VN-
Ebene befasst werden.

                   V. Zeitplan gem. VN-Resolution
Aus dem Annex V der VN-Resolution 2231 (2015) ergibt sich der folgende zeitliche Fahrplan betr.
des Außenwirtschaftsverkehrs mit dem Iran:
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1. Finalisation Day
   Dieser fand bereits am 14. Juli 2015 in Wien sowie im Anschluss daran durch die Einigung bzgl.
   des JCPOA im Rahmen der E3+3-Verhandlungen mit Iran und der Übermittelung des Entwurfs
   einer indossierenden VN-Resolution an den VN-Sicherheitsrat statt.

2. Adoption Day
   Der Adoption Day betrifft die Rechtswirksamkeit des JCPOA und ist auf 90 Tage nach der VN-
   Resolution datiert (20. Oktober 2015); der Termin kann im Einvernehmen der Parteien des
   JCPOA vorgezogen werden. Mit dem Adoption Day muss der Iran mit dem Rückbau des Nukle-
   arprogramms gemäß des Implementierungsplans (z.B. Abbau Anreicherungskapazitäten) begin-
   nen. Außerdem müssen bereits zu diesem Zeitpunkt Rechtsakte zur Umsetzung des Sanktions-
   abbaus veröffentlicht werden, in der EU insbesondere eine Änderungsverordnung zur VO (EU)
   Nr. 267/2012. Die darin vorgesehenen Änderungen werden jedoch nicht unmittelbar in Kraft
   treten, sondern aufschiebend bedingt bis zum Bericht der IAEO (am Implementation Day) über
   die Durchführung der ersten grundlegenden Rückbauschritte ausgestaltet sein. Die Veröffentli-
   chung der Rechtsakte bereits am Adoption Day hat den Vorteil, dass der Umfang der beabsichtig-
   ten Sanktionserleichterungen frühzeitig festgeschrieben wird.

3. Implementation Day
   Als nächster Schritt erfolgt der sog. Implementation Day, nachdem die IAEO bestätigt hat, dass
   der Iran erste zentrale Rückbauschritte umgesetzt hat. Momentan ist davon auszugehen, dass
   der Implementation Day im 1. Quartal 2016 liegen wird.2

    Erst dann soll eine Änderung der Rechtslage durch Aufhebung zahlreicher EU-
    Sanktionsbestimmungen erfolgen. Dies beinhaltet u.a. die Aufhebung nicht unmittelbar prolife-
    rationsbezogener Wirtschafts- und Finanzsanktionen und die Entlistung von Unternehmen und
    Personen, insbesondere solcher des Energie- und Finanzsektors (vgl. Ziffer 16 des Annex V zum
    JCPOA i.V.m. Ziffer 1 und Attachment 1 des Annex II zum JCPOA) . Ferner wird eine Aufhebung
    der bisherigen VN-Resolutionen unter Beibehaltung/Neufestlegung eines Kernbestands an
    Sanktionen (Waffen, Personen- und Unternehmenslistungen aus dem Nuklearbereich) erfolgen
    (vgl. Ziffer 7 der VN-Resolution 2231 (2015) i.V.m. mit deren Annex B). Im Rahmen eines „Snap-
    Back-Mechanismus“ ist die Möglichkeit eines Wiederauflebens der VN-Sanktionen für den Fall
    von Verstößen gegen grundlegende Verpflichtungen aus dem JCPOA vorgesehen (vgl. Ziffer 10
    ff. der VN-Resolution 2231 (2015))..

4. Transition Day
   Spätestens nach 8 Jahren (2023) oder nach dem Bericht der IAEO, dass jegliches Nuklearmaterial
   in Iran zu friedlichen Zwecken verwendet wird, erfolgt am Transition Day eine Aufhebung der
   verbliebenen europäischen proliferationsbezogenen Sanktionen (inkl. Personen- und Unter-

2
 Der geplante zeitliche Ablauf wird auch durch die Verlängerungen der Sanktionserleichterungen unter Geltung des
„Joint Plan of Action“ bis Januar 2016 verdeutlicht, vgl. Art. 26a des Beschlusses 2010/413/GASP.
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    nehmenslistungen; vgl. Ziffer 20 des Annex V zum JCPOA i.V.m. Ziffer 1 und Attachment 2 des
    Annex II zum JCPOA).. Unberührt bleiben jedoch Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzun-
    gen.
    Die Regierung in Teheran muss sich zu diesem Termin um eine Ratifikation des Zusatzproto-
    kolls zum Nichtverbreitungsvertrag bemühen.

5. Termination Day
   Der Termination Day erfolgt nach 10 Jahren (2025), wobei dann die verbliebenen VN-Sanktionen
   (auch mittels entsprechender europäischer Umsetzungsakte) aufgehoben werden sollen.

             VI. Zustä ndigkeiten, Auskü nfte und
                        Kontaktadressen
Die Liste der im Einzelfall zuständigen Behörden ist unter
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Aussenwirtschaft/aussenwirtschaftsrecht
(dort unter „Embargos“) abrufbar.

Die momentan geltende EU-Embargoverordnung und der GASP-Beschluss betr. der Islamischen
Republik Iran ist unter
http://www.ausfuhrkontrolle.info/ausfuhrkontrolle/de/embargos/iran/index.html
abrufbar.

Die VN-Resolution 2231 (2015) kann unter:
http://www.un.org/en/sc/inc/pages/pdf/pow/RES2231E.pdf
abgerufen werden. Bitte beachten Sie, dass momentan ausschließlich eine englische Sprachfassung
vorliegt.

Kontaktadressen:
Betreffend Güter, technische Hilfe und wirtschaftlicher Ressourcen:
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)

Referat 211 für Grundsatz- und Verfahrensfragen
Referat 214 für Iran

Telefon:         +49 6196 908-0
Telefax:         +49 6196 908-800
E-Mail:          poststelle@bafa.bund.de
Internet:        http://www.ausfuhrkontrolle.info

Betreffend Gelder, Finanzmittel und Finanzhilfe:
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Deutsche Bundesbank
Servicezentrum
Finanzsanktionen
80281 München
Telefon:     +49 89 2889 - 3800
Telefax:     +49 69 709097- 3800

Amtsblatt der Europäischen Union im Internet und Such-Datenbank für Rechtstexte der Europäi-
schen Union:

http://eur-lex.europa.eu (Die Suche sollte auf „Verordnung“ und „letzte konsolidierte Fassung“ ein-
gegrenzt werden)
Impressum

Herausgeber
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle                                  Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
Leitungsstab Presse- und Sonderaufgaben                                        ist mit dem audit berufundfamilie für seine familien-
Frankfurter Str. 29 - 35                                                       freundliche Personalpolitik ausgezeichnet worden.
65760 Eschborn                                                                 Das Zertifikat wird von der berufundfamilie GmbH,
                                                                               einer Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung,
                                                                               verliehen.
http://www.bafa.de/

Referat: 211
E-Mail: Poststelle@bafa.bund.de
Tel.: +49(0)6196 908-2458
Fax: +49(0)6196 908-1916

Stand
05.08.2015

Diese Druckschrift wird im Rahmen des Leitungsstabs "Presse- und Sonderaufgaben" des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhr-
kontrolle herausgegeben. Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt.
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