MIKROSYSTEMTECHNIK FÜR IN VITRO TESTSYSTEME
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MIKROSYSTEMTECHNIK FÜR IN VITRO TESTSYSTEME LAUFZEIT VON 2018 BIS 2021 Kontakt Dienstleister: Dr. Joachim Fröhlingdorf VDI Technologiezentrum GmbH Düsseldorf Telefon: +49 (0) 211 62 14-5 08 froehlingsdorf_j@vdi.de Baden-Württemberg Stiftung gGmbH Kriegsbergstr. 42, 70174 Stuttgart Tel: +49 (0) 711 248 476-0, info@bwstiftung.de
PROJEKTE DER AUSSCHREIBUNG MIKROSYSTEMTECHNIK FÜR IN VITRO TESTSYTEME Das Forschungsprogramm wurde in der Aufsichtsratssitzung am 08. November 2016 beschlossen. Die Projekte hatten eine Laufzeit von 3 Jahren. Die einzelnen Projekte starteten von Januar bis Juni 2018 und enden zwischen März und November 2021. Programmbudget: 4,8 Mio. € Bedingt durch die kontinuierlich steigende Lebenserwartung wirken sich frühzeitig erworbene Krankheiten über einen längeren Zeitraum als bisher auf die Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen aus. Lösungsansätze, dieser Entwicklung aktiv zu begegnen, erfordern eine kontinuierliche Steigerung der medizinischen Versorgung mit innovativen und möglichst nebenwirkungsfreien Arzneimitteln. Gerade im Bereich der in vitro Diagnostik bietet die Organ-Chip-Technologie einen neuen Ansatz, mit dem erstmals Substanzen unter körperähnlichen Bedingungen bereits in der präklinischen Phase - also vor der Exposition am Menschen - getestet werden. Sie stellt somit eine neue vielversprechende Strategie für die schnelle in vitro durchgeführte Prüfung neuer therapeutischer Methoden dar, mit dem großen Vorteil, Risiken für den Patienten zu minimieren, und der Möglichkeit, Tierversuche erheblich einzuschränken. Dadurch können relevante aussagekräftige Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Wirkstoffen bereits sehr früh und treffsicher erfasst und für den Entscheidungsprozess zum Start von kostenintensiven klinischen Studien herangezogen werden. Organ-on-a-Chip-Systeme ermöglichen die Kultivierung und Ko-Kultivierung spezifischer Zelltypen, indem sie eine organotypische Umgebung nachahmen, die über mikroskopische Strukturen verschiedenster Geometrien und Größe verfügen, wie zum Beispiel Kanäle mit einem Durchmesser von 10 µm, Membranen mit einer Dicke von 500 nm und einer Porengröße von 400 nm. Für die Fertigung solcher Systeme kommt der Mikrosystemtechnik eine herausragende Bedeutung zu. Des Weiteren ermöglicht die Mikrosystemtechnik die Integration biomedizinischer mikroelektromechanischer Bauteile wie z. B. Mikrocontrollern oder Signalprozessoren, die in komplexen Situationen ihr Umfeld analysieren. Mit dem Forschungsprogramm Mikrosystemtechnik für in vitro Testsysteme möchte die Baden- Württemberg Stiftung dazu beitragen, die Forschung in diesem Themenbereich in Baden- Württemberg gezielt voranzutreiben und dabei die führende Position des Landes im Bereich der Mikrosystemtechnik und Gesundheitswirtschaft zu stärken und auszubauen. Mikrosystemtechnik für in vitro Testsysteme 2
MIVT-1 (MEMONO) Metabolisches Monitoring in einem Organ-on-chip-System Projektleiter: Dr. Andreas Weltin; Prof. Dr. Gerald Urban Projektvolumen: 393.900€ Forschungseinrichtung: Universität Freiburg (IMTEK) Laufzeit des Projekts: 01.06.2018 - 30.11.2021 Besonderheit des Projekts: • Organ-on-a-Chip-Modell zur besseren Brustkrebs-Therapie • Laufende internationale Patentanmeldung Der aktuelle Trend in der Medizin geht hin zu einer individualisierten Diagnostik und Therapie von Patienten. Hierbei ist eine enge Verzahnung der Diagnostik mit Therapie, der sogenannte theranostische Ansatz, von großer Bedeutung. Insbesondere in der Tumortherapie möchte man mittels prognostischer Biomarker die ideale Therapie für den vorhandenen speziellen Tumor und den jeweiligen Patienten gezielt auswählen, um sofort die optimale Therapie anwenden zu können. Hierbei stehen einerseits die Wirksamkeit der Therpeutika, andererseits die Medikamentennebenwirkungen im Vordergrund. Dabei ist auch die Metabolisierungsrate, mit der das Medikament vom Organismus verarbeitet wird, wichtig, um eine gewünschte personalisierte Dosisanpassung vornehmen zu können. Die Entwicklung einer personalisierten Chemotherapie kann und sollte natürlich nicht an dem Patienten selbst (in vivo) erfolgen. Mittel der Wahl in der Krebsforschung sind daher außerhalb des Körpers (in vitro) kultivierte Nachbildungen des Tumorsystems. Im Rahmen des Vorhabens wurde ein entsprechendes Organ-on-a-Chip-Modellsystem realisiert, das einen Brustkrebstumor nachbildet. Brustkrebsstammzellen werden dabei gemeinsam mit tumorinduzierten Fibroblasten kultiviert und über Mikrokanäle mit Nährstoffen und Therapeutika versorgt. Die kleinen Volumina in den Mikrokanälen ermöglichen schnelle Konzentrationsänderungen und Reaktionen des Tumormodells auf Stimuli. Die weitgehende Verwendung transparenter Materialen erlaubt auch den Einsatz optischer Methoden zur Charakterisierung der Tumorzellen. Hauptmerkmal des entsprechenden Organ-on- a-Chip-Systems sind weiterhin integrierte Mikrosensoren, mit denen die metabolischen Parameter Sauerstoff, Glucose und Lactat in Echtzeit gemessen werden können. Gleichzeitig besteht auch die Möglichkeit zur laufenden Entnahme von Medienproben, die ergänzend im Labor untersucht werden können. Das Organ-on-a-Chip-System wurde erfolgreich realisiert, das Vorhaben ist aber noch nicht abgeschlossen und z. B. erste Messungen der Metabolik stehen noch aus! Mikrosystemtechnik für in vitro Testsysteme 3
MIVT-2 (SensorTransBBB) Mikrophysiologisches in vitro Modell der Blut-Hirn-Schranke mit integrierten Mikrosensoren als in vivo Krankheitsmodell für Wirkstofftests Projektleiter: Dr. Martin Stelzle, Prof. Dr. Gert Fricker Projektvolumen: 474.348 € Forschungseinrichtungen: NMI Reutlingen (Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen- Reutlingen, Universität Heidelberg Laufzeit des Projekts: 01.01.2018 - 30.04.2021 Besonderheit des Projekts: In-vitro-Modellsystem für die Blut-Hirn-Schranke In der Wirkstoffentwicklung folgt nach der ersten Identifizierung einer potentiell wirksamen chemischen Substanz ein Prozess, in dem die Forscher versuchen, die Wirksamkeit durch chemische Modifikation der zunächst gefundenen wirksamen Grundstruktur systematisch zu verbessern und die unerwünschten Nebenwirkungen zu reduzieren. Dazu werden Wirkstoffkandidaten im Rahmen der präklinischen Forschung an Zellkulturmodellen und nachfolgend an Tieren, insbesondere Nagern wie Mäusen und Ratten, getestet. Wird dabei Wirksamkeit bei geringer Toxizität festgestellt, folgen klinische Studien an menschlichen Probanden. Erst wenn auch hier therapeutische Effizienz und Sicherheit des neuen Wirkstoffs nachgewiesen wurden, kann dieser zugelassen und vertrieben werden. Gerade in Bezug auf toxische Nebenwirkungen wie z.B. einer Schädigung der Leber durch einen Wirkstoff hat sich jedoch gezeigt, dass Tierversuche die Effekte und insbesondere schädliche Nebenwirkungen im Menschen nicht hinreichend zuverlässig vorhersagen können. Zu groß sind die Unterschiede im Vergleich zum menschlichen Organismus mit manchmal lebensbedrohlichen Folgen. Ähnlich problematisch ist die Verwendung statischer Modelle der Blut-Hirn-Schranke zur Beurteilung der Barrieregängigkeit von Wirkstoffen. So lassen sich z.B. strömungsbedingte Effekte wie Scherkräfte oder der Einfluss des Blutdruckes kaum simulieren. In Zellkulturen können zwar menschliche Zellen eingesetzt werden, um Effekte aufgrund der Speziesunterschiede auszuschließen, aber konventionelle Kulturmodelle entbehren wesentliche und für die Zellfunktion essentielle Merkmale eines Organs. Entsprechend begrenzt ist daher der Nutzen auch dieser Testsysteme. Das Projekt SensorTransBBB verfolgte daher erfolgreich folgende Ziele, die diese bisherigen Schwächen kompensieren sollen und können: 1. Mikrosystemtechnische Entwicklung elektrisch bzw. optisch auslesbarer Mikrosensoren und deren Integration in mikrophysiologische Systeme im Mikrotiterplattenformat 2. Mikrosystemtechnische Realisierung eines Blut-Hirn-Schranke-Modells Mikrosystemtechnik für in vitro Testsysteme 4
3. Untersuchung des Einflusses pathologischer Bedingungen, speziell Hypoxie (Sauerstoffmangel) und Hyperglykämie (zu hoher Blutzucker), auf das mikrofluidische in vitro Blut- Hirn-Schranke-Modell MIVT-3 (Herzklappe on-a-chip) Integration biofunktionaler Trägersubstrate in einem mikrofluidischen Chip Projektleiter: Dr. Peter Loskill, Dr. Svenja Hinderer Projektvolumen: 762.050 € Forschungseinrichtungen: Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB), Universität Tübingen Laufzeit des Projekts: 01.02.2018 - 31.05.2021 Besonderheit des Projekts: Organ-on-a-Chip-System für Herzklappenuntersuchungen Die Organ-on-a-Chip (OoC)-Technologie hat sich in den letzten Jahren von einer konzeptionellen Idee zu einer realistischen Alternative zu Tiermodellen und klassischen Zell-Assays entwickelt. Die Technologie ist speziell in Europa von großem Interesse, u. a. aufgrund der REACH Verordnung zur Produktion und Verwendung von Chemikalien, dem generellen Verbot von Tierversuchen für Inhaltsstoffe von Kosmetika sowie auch einer “Citizen’s Initiative”, unterzeichnet von 17 Millionen EU Bürgern, die ein generelles Verbot von Tierversuchen in der EU fordert. Bisher entwickelte OoCs bestehen zumeist aus (Mono-)Lagen von unterschiedlichen Organ-spezifischen Zellen, die auf beiden Seiten einer inerten porösen Membran kultiviert werden, die wiederum in eine mikrofluidische Umgebung integriert ist. Systeme dieser Art sind zwar in vielen Fällen in der Lage, die In-vivo-Struktur und Funktionalität von Barrieregeweben nachzubilden. Für andere Gewebetypen ermöglichen sie jedoch zumeist keine geeignete physiologische Nachbildung. Um physiologische Umgebungen für diese Gewebe zu schaffen, müssen daher neue innovative Systeme und Trägersubstrate entwickelt werden, welche die natürliche Einbettung der Zellen in eine dreidimensionale Struktur und damit die 3D native Umgebung abbilden. Ziel des Projektes war es, Technologien der Materialherstellung und der Mikrofluidik zu vereinen, um synthetische dreidimensionale Trägerstrukturen in Chipsystemen zu integrieren. Vorgesehen ist die Integration einer elektrogesponnenen Matrix sowie von strukturierten Hydrogelen. Als Anwendungsbeispiel, wurden beide mit Herzklappeninterstizialzellen und -endothelzellen im Chipsystem besiedelt, um eine Nachbildung einer Herzklappe zu erhalten. Mittels Strukturierungstechniken, spezieller Chip Designs und spezifischer Strömungsparameter konnte zudem die Klappenbewegung imitiert werden. Dieses Projekt bietet damit einerseits die Grundlage für ein neuartiges Herzklappentestsystem mit großem Potenzial für die Grundlagenforschung und Mikrosystemtechnik für in vitro Testsysteme 5
die Entwicklung neuer Therapieansätze, andererseits resultiert eine Technologieplattform, die dreidimensionale Materialien in Organ-on-a-Chip-Systemen integriert und die zukünftig eine reellere Abbildung der Organstruktur für eine Vielzahl weiterer Testsysteme ermöglicht. MIVT-4 (MicroLungDetect) Entwicklung und Validierung eines Lungen-Mikrochips zur präklinischen Detektion von Medikamenten in der Atemluft – MicroLungDetect Projektleiter: Prof. Dr. Ralf Kemkemer, Prof. Dr. Jörg Baumbach, Prof. Dr. Petra Kluger Projektvolumen: 371.000 € Forschungseinrichtungen: Hochschule Reutlingen Laufzeit des Projekts: 01.03.2018 - 30.11.2021 Besonderheit des Projekts: Modellsystem zur Detektion von Medikamenten in der Atemluft Üblicherweise erfolgt die Dosierung von Medikamenten anhand des Körpergewichtes oder der Wirkung. Die Messung von Blut-Konzentrationen ist zeitaufwendig, invasiv und teuer. Die gemessenen Blut-Konzentrationen stehen nur mit erheblicher Zeitverzögerung zur Verfügung. Diese Nachteile entfallen bei der Messung in der Ausatemluft. Die Messung der Konzentration von Medikamenten in der Ausatemluft ist daher ein vielversprechender Ansatz für das Monitoring, die Diagnostik oder Entwicklungen in der individualisierten Medizin. Für einige Anästhetika ist das Verfahren bereits etabliert und klinischer Standard. Für andere Wirkstoffe gilt dies jedoch nicht. Die Ursache dafür ist in bislang fehlenden validierten in vitro Modellen zu sehen, für die Organ-on- Chip-Systeme als aussichtsreiche Varianten anzusehen sind. Die Zielstellung des Projektes „MicroLungDetect“ ist die Entwicklung und Validierung eines “Lungen-Mikrochips” zur präklinischen Detektion von Medikamenten in der Atemluft. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung eines zellbasierten in vitro Testsystems zur modellhaften Bestimmung, welche Medikamente über die Lunge abgeatmet werden und deren Detektion im Spurenbereich (ng/L bis pg/L-Bereich). Das interdisziplinäre Projekt verband thematisch einen Mikrochip mit simuliertem Lungengewebe mit der unmittelbaren Detektion durch Ionenbeweglichkeitsspektrometrie (IMS) im Trägergas Luft und damit die Bereiche Tissue Engineering, Mikrochip & Gasspurenanalytik. Hierbei wurden mittels lithographischer Methoden zwei Chip-Einheiten, der Lung-on-a-Chip und eine µ- Preconcentrator-Unit, entwickelt und produziert und damit der Übergang von ausgewählten Medikamenten durch das Lungen-Endothelium und -Epithelium in die Gasphase simuliert und charakterisiert. Diese Messung erfolgte durch die funktionelle Verbindung der Chip-Einheiten mit der IMS. Somit konnte die Detektion von Medikamenten (später auch flüchtigen Mikrosystemtechnik für in vitro Testsysteme 6
Stoffwechselprodukten) in der Luft validiert (Identifizierung und Quantifizierung) werden, um eine Übertragung der Atemgasanalytik in das klinische Monitoring zu ermöglichen und “MicroLungDetect” als Testsystem im Bereich Pharma zu etablieren. MIVT-5 (Retina on-a-chip) A retina on-a-chip for high-throughput mechanobiology of retinal tissues Projektleiter: Dr. Friedhelm Serwane Projektvolumen: 261.000 € Forschungseinrichtungen: Max-Planck Institut für Medizinische Forschung Heidelberg Laufzeit des Projekts: 01.05.2018 - 30.08.2021 Besonderheit des Projekts: Organ-on-a-Chip-System zur Untersuchung von Retinagewebe Das Auge stellt eines der wichtigsten Sinnesorgane dar. Viele seiner Fehlfunktionen wurden mit mechanischen Veränderungen in Verbindung gebracht, wie beispielsweise einem Anstieg des Druckes oder der Elastizität. Mechanische Einflüsse reichen von der Wirkung auf einzelne Neuronen, einschließlich dem Absterben von Retinalen Ganglienzellen (Glaukom), bis hin zu morphologischen Veränderungen auf der Größenordnung von Geweben (Netzhautablösung). Das Verständnis, wie die mechanische Landschaft der Netzhaut (Retina) zur Funktion des Auges beiträgt, kann Wege eröffnen, um Krankheiten zu bekämpfen. Dies stellt jedoch eine enorme technische Herausforderung dar, da es Mechanikmessungen an einer Netzhaut erfordert, deren Zelltypen und Gewebemorphologie der Retina des Patienten entsprechen. Experimente an menschlicher Netzhaut sind aufgrund ihrer Unzugänglichkeit schwer zu realisieren. Hinzu kommt, dass herkömmliche Mechanikmesstechniken auf Oberflächen beschränkt sind, wie z.B. das Rasterkraftmikroskop, oder die Mechanik nur auf einer Größenordnung gemessen wird, die viel kleiner oder grösser ist als die zelluläre Mikroumgebung. Ziel des Projekts war es, einen Netzhautchip zu konstruieren, der patientenspezifische 3D- Mechanikmessungen mittels Hochdurchsatzverfahren ermöglicht. Dies wurde durch die Vereinigung zweier Spitzentechnologien in einem Organ-chip möglich: Mechanikmesstechnik von 3D-Geweben, basierend auf ferrofluiden Tröpfchen, sowie stammzellbasierte Retina-Organoide. Der Retinachip konnte dazu beitragen, ein grundlegendes Verständnis des Einflusses der Gewebemechanik auf die Funktion der Netzhaut zu entwickeln. Darüber hinaus eröffnen sich medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten, die bei der Retinamechanik ansetzen, um die Sehkraft zu erhalten. Mikrosystemtechnik für in vitro Testsysteme 7
MIVT-6 (ExPO-Chip) Exocrine Pancreas Organoids on Chip Projektleiter: Prof. Dr. Alexander Kleger Projektvolumen: 537.000 € Forschungseinrichtungen: Universitätklinikum Ulm Laufzeit des Projekts: 01.04.2018 - 31.03.2021 Besonderheit des Projekts: Organ-on-a-Chip-Modell, das zu einer besseren (früheren) Diagnose von Bauchspeicheldrüsenkrebs führen soll Das Pankreaskarzinom (Adenokarzinom des Pankreas, Bauchspeicheldrüsenkrebs) steht bei Frauen an sechster, bei Männern an zehnter Stelle der häufigsten, neuaufgetretenen Krebserkrankungen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 70-75 Jahren, Personen mit genetischer oder erworbener Belastung können schon im frühen Erwachsenenalter erkranken. Das Pankreaskanal-Adenokarzinom (PDAC) ist die häufigste Form des Pankreaskarzinoms und hat trotz intensiver Bemühungen in der Grundlagen- und Translationsforschung eine düstere Prognose. PDAC hat eine Überlebensrate von nur 4% für 5 Jahre. Therapie und Prognose des Pankreaskarzinoms sind abhängig vom Krankheitsstadium bei der Erstdiagnose. Die einzige potenziell kurative Behandlung ist eine Operation, aber diese ist nur 15% bis 20% der PDAC- Patienten möglich und nach einer Operation überleben nur noch 25% - 30% der Betroffenen. Die genetische Komplexität und inter- / intratumorale Heterogenität von PDAC verhindert die Entwicklung maßgeschneiderter Therapien. Darüber hinaus gibt es keine prädiktiven Biomarker, die die individuellen Tumoreigenschaften berücksichtigen. Der vielversprechendste Weg, um PDAC in seiner heilbaren Phase zu diagnostizieren, wäre die Identifizierung von Tumoren in einem prämalignen Stadium (noch nicht bösartige Vorstufe des Krebses), wie z. B. bei Kolonadenomen zur Vorbeugung von Darmkrebs. Bisher gibt es keine wirksamen Früherkennungsmaßnahmen, auch nicht bei Risikopersonen. Im Projekt konnten iPSC-abgeleitete Pankreas-Vorläuferzellen zu Organoiden synthetisiert werden. Unter Ausnutzung der hohen Durchsatzvorteile des zuvor entwickelten mikrofluidischen Large- Scale-Integration-Chips (mLSI) wurden Differenzierungsfaktoren systematisch optimiert, um Pancreas-Organoide zu erzeugen. Für den on-line-analytischen Nachweis von Proteinsekretionsprofilen, die die Funktionalität der erhaltenen exokrinen Pankreasorganoide (ExPOs) widerspiegeln, wurde ein neuer Mikrofluidik-Chip entwickelt, mit dem die Kultivierung und zeitliche Veränderung der chemischen Mikroumgebung von Organoiden überwacht werden kann. In Zukunft sind die entwickelten Chips und der analytische Workflow so konzipiert, dass sie den Anforderungen des Screenings früher Biomarker auf preneoplastische PDAC-Läsionen (Vorstufe eines Krebses) entsprechen. Mikrosystemtechnik für in vitro Testsysteme 8
MIVT-7 (Newron3D) Development of a 3D in vitro phenotypic platform for interrogating human iPSC-derived neuronal circuits Projektleiter: Dr. Paolo Cesare, Prof. Dr. Peter Heutnik Projektvolumen: 452.000 € Forschungseinrichtungen: NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen-Reutlingen, Hertie-Institut für klinische Hirnforschung Tübingen Laufzeit des Projekts: 01.01.2018 - 30.06.2021 Besonderheit des Projekts: Modellsystem zur Untersuchung und besseren Behandlung neuronaler Erkrankungen Neurodegenerative Erkrankungen (z.B. Alzheimer, Parkinson) stellen in einer alternden Gesellschaft ein dramatisch wachsendes Problem dar. Trotz der erheblichen Anstrengungen öffentlicher und privater Interessengruppen waren die Fortschritte bei der Suche nach einer Heilung bisher jedoch äußerst begrenzt. Bei der Suche nach neuen Therapien sind die Forscher noch weitgehend auf 2D-In-vitro-Experimente und Tiermodelle angewiesen. Diese Ansätze repräsentieren die vielfältigen Eigenschaften neurodegenerativer Prozesse im menschlichen Gehirn nur unzureichend und haben daher in klinischen Studien einen geringen Vorhersagewert gezeigt. Um diese Lücke zu schließen, wurde im Projekt Newron3D eine phänotypische Plattform für Gehirn-auf-einem-Chip (hBoC) erarbeitet, die auf der Integration von Mikrofabrikationstechnologien, Elektroden-Arrays und Mikrofluidik basiert und in der Lage ist, 3D- Gehirnschaltungen in einem Hochdurchsatzformat zu rekonstruieren, abzufragen und abzubilden. Zur Erzeugung von dreidimensionalen, gehirnähnlichen mehrzelligen Architekturen in mikrofabrizierten Bioreaktoren wurden menschliche Gehirnzellpopulationen (Neuronen und Glia) verwendet, die aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs) stammen und in Hydrogelgerüsten gezüchtet werden. Mit Hilfe von Arrays mit integrierten Mikroelektroden konnte deren elektrische Aktivität nicht-invasiv überwacht werden. Gleichzeitig lieferte die konfokale Mikroskopie 3D-Strukturinformationen mit subzellulärer Auflösung durch vollautomatische High-Content-Analyse (HCA). In Kombination mit der Verwendung von iPSCs, die von neurodegenerativen Patienten und gesunden Probanden stammen, bietet Newron3D Wissenschaftlern und der Industrie damit ein neues, gehirnrelevantes In-vitro-System mit hohem Durchsatz zur Erkundung menschlicher Krankheitsmechanismen und zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit neu entwickelter Verbindungen. Mikrosystemtechnik für in vitro Testsysteme 9
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