Mit einer "WebApp" Kinder- und Jugendzeichnungen gemeinsam erkunden - Georg Peez

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Mit einer "WebApp" Kinder- und Jugendzeichnungen gemeinsam erkunden - Georg Peez
BDK-Mitteilungen 2.2015 25

                                                                                              Ahmet Camuka & Georg Peez
                           Mit einer „WebApp“ Kinder- und
                  Jugendzeichnungen gemeinsam erkunden
                               Vertiefung, Reflexion und Partizipation durch den Einsatz
                           eines elektronischen Feedbacksystems in der Hochschullehre

Die Auseinandersetzung mit den Formen
ästhetischen Verhaltens von Kindern und
Jugendlichen ist elementar für das Studium
der Kunstpädagogik. Ohne ein Wissen über
diese Grundlagen der bildnerischen Ent-
wicklung, welche u.a. mit der kognitiven
und motorischen Entwicklung korreliert,
wäre keine altersangemessene Konzeption
von Aufgaben im Kunstunterricht möglich.
Somit ist es eines der zentralen Bestand-
teile des Studiums, die Entwicklung der Kin-
derzeichnung vom ersten Schmieren über
die Kritzel- und Schemaphase hin zur Aus-
differenzierung in der Jugendphase kennen
zu lernen. Mit Untersuchungen zur Kinder-
und Jugendzeichnung hat sich zudem seit
dem Ende des 19. Jahrhunderts die Diszip-
lin wissenschaftlich etabliert (Richter 1987,
S. 226ff.).
Im Folgenden wird eine Methode vorgestellt,
wie in der Hochschullehre mittels eines
mobilen elektronischen Endgeräts (Laptop,
Smartphone oder Tablet-Computer) die
Aneignung und Vertiefung von Wissen zu
diesem zentralen Themenbereich der Kunst-
                                                 Abb. 1 Schaubild zur Konzeption unterschiedlicher Fragekategorien aus den vom „Audience Response System“ (ARS) vorgegebenen drei Funkti-
pädagogik angeregt werden kann. Über-            onen Single-choice, Multiple-choice und Freitext.
tragungen auf den Kunstunterricht in der
Schule werden abschließend angedacht.            Audience Response System                                              „Student Response System“, „Life Feedback
                                                                                                                       System“ oder einfach als „Clicker“ bzw. „Kli-
Herausforderung und Setting                      Elektronische Feedbacksysteme funktio-                                cker“ bezeichnet (Magenheim u.a. 2012, S.
der Lehrveranstaltung                            nieren auf der Basis von „Bring your own                              16; Kundisch 2013). In der Lehrveranstaltung
                                                 device“ (BYOD) mittels bereits vorhandener                            wurde die browser-basierte, plattformüber-
Wir geben Einblicke in das fachdidaktische       mobiler Endgeräte, die fast alle Studieren-                           greifende, kostenlose, an der Technischen
Hochschulseminar „Spuren und Sinnzei-            den sowieso bei sich tragen. Prinzipiell lässt                        Hochschule Mittelhessen entwickelte soge-
chen. Ästhetisches Verhalten von Kindern         sich die Vorgehensweise mit der Publikums-                            nannte „WebApp“ (HTML5) „ARSnova“
und Jugendlichen“, welches im Winterse-          frage in der RTL-Quizsendung „Wer wird Mil-                           genutzt (Gerhardt u.a. 2013). Ihr Einsatz
mester 2013/14 am Institut für Kunstpäda-        lionär?“ vergleichen: Wenn der Kandidat die                           lässt sich methodisch unter dem weiteren
gogik der Goethe-Universität, Frankfurt am       Antwort auf eine Frage nicht weiß, kann er                            Oberbegriff „mobile learning“ subsummie-
Main stattfand. Die Herausforderung lau-         auf den Joker, das Studiopublikum zu befra-                           ren.
tete, dass eine Lehrveranstaltung, welche als    gen, zurückgreifen. Alle Anwesenden klicken                           Im Gegensatz zur Publikumsfrage in der
Seminar ursprünglich für ca. 30 Studierende      daraufhin eine der vier Antwortmöglich-                               Quiz-Sendung mit Günther Jauch bietet
ausgeschrieben war, fast 60 Teilnehmende         keiten auf einem handlichen Gerät an. Mit-                            dieses System eine didaktisch einsetz-
aufwies und deshalb in einem kleineren Hör-      tels eines Säulendiagramms baut sich dann                             bare Vielfalt an Frage- und Antwortmög-
saal stattfinden musste. Der Hörsaal ist frei-   das Ergebnis für alle sichtbar auf. Vergleich-                        lichkeiten. Es fördert durch die Eingabe von
lich durch die räumlichen Gegebenheiten          bar funktioniert das im Folgenden geschil-                            kürzeren Texten eine inhaltliche Auseinan-
auf die „Frontalvorlesung“ (Kundisch 2013,       derte System, nur dass die Studierenden ihre                          dersetzung, die über das reine Ja oder Nein
S. 296) ausgerichtet. Hingegen sollte die        mobilen Endgeräte nutzen.                                             weit hinausgeht. Die wichtigsten Optionen
Auseinandersetzung mit den Inhalten der          Elektronische Feedbacksysteme werden                                  werden kurz aufgelistet, anhand weniger
Lehrveranstaltung durch partizipative und        auch – mit leicht unterschiedlichen Schwer-                           Beispiele erläutert sowie in Hinblick auf die
aktivierende Elemente gestärkt werden.           punktsetzungen – als „Audience Response                               Nutzung reflektiert. Die Aussagen zur Nut-
                                                 System“ (ARS), „Electronic Voting System“,                            zungsakzeptanz wurden in einer themen-
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zentrierten Gruppendiskussion (Bohnsack                                                                                 den Monaten danach folgen so genannte
1999, 123ff.; Peez 2005, 61ff.; Przyborski/                                                                             Schwingkritzel, Kreiskritzel, Kreuzkritzel
Wohlrab-Sahr 2008, 101ff.) mit den Studie-                                                                              oder verschieden geformte Kritzel (Richter
renden ohne den Seminarleiter Georg Peez                                                                                1987, S. 27). Diese frühesten bildnerischen
am Ende der Lehrveranstaltung ermittelt.                                                                                Spur-Phänomene werden im Seminar mit
                                                                                                                        Bildbeispielen sowie den entsprechenden
Fragekategorien                                                                                                         Fachtermini vorgestellt und besprochen.
                                                                                                                        Hieran schließt sich der Einsatz des AR-Sys-
Das „Audience Response System“ „ARSnova“                                                                                tems an, beispielsweise mit folgender Frage:
(https://arsnova.eu) bietet technisch gese-                                                                             „Was sehen wir auf dieser Zeichnung (Anjo
hen zwar nur drei Optionen: Single-choice-                                                                              2;3 Jahre)? Beschreiben oder benennen Sie
und Multiple-choice-Fragen (wahlweise mit                                                                               bitte die Kritzel.“ (Abb. 3a).
oder ohne „Enthaltung“) sowie Freitext-Fel-                                                                             In Kleingruppen beraten sich daraufhin etwa
der. Auf der Grundlage dieser zunächst sehr                                                                             zwei bis vier Studierende und besprechen
eingeschränkt wirkenden Möglichkeiten                                                                                   mögliche Antworten. Denn es ist nicht davon
eröffnet sich jedoch in didaktischer Hinsicht                                                                           auszugehen, dass einerseits alle Studierenden
ein weites Feld unterschiedlicher Fragekate-                                                                            ein mobiles Gerät bei sich tragen oder nutzen
gorien (Abb. 1), u.a.:                                                                                                  möchten. Zum anderen ist die Kleingruppen-
•    Assoziationsfragen (Sammlung von                                                                                   phase didaktisch sinnvoll, weil dies die kom-
     Assoziationen, Auswertung ist Grund-                                                                               munikative Auseinandersetzung fördert.
     lage für weiterführende Überlegungen)
•    Brainstormingfragen (kollektive
     Begriffssammlungen, Ideenentwick-
     lung)
•    Fragen zu Vorerfahrungen (Ermittlung
     von Einstellungen und Vorwissen)
•    Partizipationsfragen (Einfluss auf den
     Seminarverlauf nehmen, Kollaboration,
     gemeinsam Interessenschwerpunkte
     setzen)
•    Feedback (Ermittlung aktueller Stim-
     mungsbilder zum Verlauf der Lehrver-
     anstaltung mittels Smiley-Gesichtern)
     (Abb. 2)
•    Meinungsfragen („Blitzlicht“, Evalua-
     tion, Auffassungen zum Seminarver-
     lauf)
•    Wissensabfragen (korrekte Nutzung
     von Fachbegriffen, Kopplung mit Ver-
     ständnis)
•    Anwendungsfragen (kasuistisch moti-
     vierte Vertiefung, Fallbeispiele bearbei-
     ten)
•    Reflexionsfragen (individuelle Aneig-
     nung, Vertiefung, Essenzen erkennen
     und Transfer schaffen)                                                                                             Über das AR-System geben die Studierenden
•    Verständnisfragen (Rückfragen live stel-                                                                           auf ihren mobilen Endgeräten ihre Antwor-
     len: „Ich habe eine Frage...“) (Abb. 2)                                                                            ten ein, diese werden nach dem Abschicken
                                                                                                                        anonym über Beamer-Projektion für das Audi-
Anwendungsfrage                                                                                                         torium im Hörsaal sichtbar. Spannung baut
                                                                                                                        sich auf, bevor sich die Aufmerksamkeit auf
In der Kritzelphase vollzieht das Kleinkind                                                                             die Projektion der Antworten richtet. Eine Ant-
verschiedene Hand- und Armbewegungen                                                                                    wort im Freitext-Feld lautet beispielsweise:
und hinterlässt dabei entsprechende Spuren                                                                              „Man sieht viele Schwingkritzel und Kreiskrit-
als Kritzel etwa auf einen Blatt Papier. Diese                                                                          zel sowie wenige Hiebkritzel. Außerdem wird
Bewegungen sind durch die Sensomotorik                                                                                  vertikal und horizontal gearbeitet. Ausprobie-
des Kleinkindes nach seinem ersten Geburts-                                                                             ren verschiedenster Möglichkeiten.“ (Abb. 3b)
tag geprägt. Laut der Fachliteratur (Meyers                                                                             Die Antworten weiterer Kommilitonen sind
nach Richter 1987, S. 27) ist der früheste Krit-                                                                        aufschlussreich, teils überraschend. Jede Stu-
zel der Hiebkritzel: das Kind haut mit dem                                                                              dentin bzw. jeder Student achtet automatisch
Stift auf das Blatt. Die Unterlage, meist eine                                                                          darauf, ob ihre oder seine Antwort projiziert
Tischplatte, bietet Widerstand, wodurch die                                                                             wird. All diese genannten Elemente fördern
Hand des Kindes wieder nach oben schnellt,                                                                              die Konzentration und Auseinandersetzung
                                                   Abb. 2 Screenshot zu den Feedback-Möglichkeiten im System „ARS-
um erneut mit dem Stift auf das Blatt ein-         nova“ der Technischen Hochschule Mittelhessen (https://arsnova.eu)   stärker als dies beispielsweise in einer reinen
zuklopfen. Knut Philipps nennt dies „einge-        Abb. 3a Kritzelzeichnung von Anjo, 2 Jahre; 3 Monate
                                                   Abb. 3b Eine Antwort auf die Anwendungsfrage zur Kritzelzeichnung
                                                                                                                        Vorlesung oder in einem Referat von Studie-
schlagene Punkte“ (Philipps 32011, S. 21). In      von Anjo, 2 Jahre; 3 Monate                                          renden im Seminar der Fall wäre.
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Diese Annahme wird gestützt von Aussagen          reflektieren, verstehen sie besser, wie Kinder                      Von den Studierenden wurde in der Evalua-
Studierender aus der evaluativen Gruppen-         in dieser Phase denken und welche Gestal-                           tionsdiskussion mehrmals betont, dass sich
diskussion. So sagte eine Studentin: „Ja, das     tungsprinzipien den Zeichnungen zu Grunde                           ein solches Vorgehen mit dem AR-System
macht auf jeden Fall die Stunde spannender,       liegen. Die Auflösung, was Hans zu seiner                           gruppendynamisch und atmosphärisch
und an den Zeitpunkten, wo die Aufmerk-           Zeichnung tatsächlich gesagt hat – nämlich                          positiv auswirke: Es ergebe sich „ein schö-
samkeit ein bisschen gesunken ist, dann ist       „Ein Käfer für Mama“ –, trägt dann zur Erhei-                       nes Gesamtbild, von der Gruppe“, ein guter
das schon sinnvoll das anzuwenden.“               terung bei. Zugleich sollte das Element des                         Überblick über die Auffassungen der Semi-
Zunächst weitgehend rezeptiv aufgenom-            Humors für Lernprozesse keinesfalls unter-                          nargruppe oder wie es ein Student formu-
mene Wissenselemente müssen bei der               schätzt werden. Der Zusatz „für Mama“                               lierte: „Nicht jeder macht seinen eigenen
Anwendungsfrage in Erinnerung gerufen             macht außerdem eindrücklich deutlich, dass                          Teil; sondern das setzt sich dann so zusam-
und individuell neu strukturiert werden. Die      die Zeichnung ein Zuneigungsbeweis sowie                            men, das fand ich eigentlich sehr schön.“
Studierenden sind aufgefordert, die Fachbe-       ein Kommunikationsangebot des Kindes ist.                           Daraufhin sei ein „spannendes Gespräch“
griffe auf der Grundlage der Seminarunterla-      Das Kind will mit seinem Sinnzeichen von                            im Plenum entstanden. Neben der länge-
gen bestimmten Zeichnungs-Phänomenen              anderen verstanden werden, es will sich mit-                        ren Eingabe- und somit auch Wartezeit von
zuzuordnen, die sich im konkreten Beispiel        teilen.                                                             wenigen Minuten wurde kritisch angemerkt,
nicht immer ganz so eindeutig identifizieren      Entscheidend für den Lernerfolg ist nicht –                         dass eine Gesprächsrunde – insbesondere in
lassen. Frisch erworbenes Wissen wird somit       wie beim Quiz – lediglich das richtige Ergeb-                       kleinen und mittelgroßen Gruppen – freilich
vertieft und gefestigt.                           nis eingetippt zu haben, sondern primär die                         auch ohne ARS möglich sei. Als Erweiterung
                                                  Reflexion darüber, welches Darstellungser-                          der Reflexionsfrage ließe sich im Bedarfs-
Reflexionsfrage                                   gebnis aus Sicht des Kindes beabsichtigt ist.                       fall – vor allem wenn mehrheitlich unzutref-
                                                  Es ließe sich einwenden, dass man vergleich-                        fende Antworten angeklickt werden – nach
Am Ende der Kritzelphase steht der so             bar auch ohne ein elektronisches System                             einer solchen Diskussion eine Zweitabstim-
genannte „Konzeptkritzel“: Nachdem zuvor          vorgehen könnte. In einer großen Gruppe                             mung durchführen, nach welcher abschlie-
beim „sinnunterlegten Kritzeln“ (Richter          wird es jedoch stets so sein, dass nur sehr                         ßend erst das richtige Ergebnis vorgestellt
1987, S. 27; Philipps 32011, S. 32) eine Bedeu-   wenige sich „konventionell“ melden, um ihre                         würde (Magenheim u.a. 2012, S. 23).
tung für den Kritzel nach dem Zeichnen            Einschätzung zu äußern. Die große Mehr-
assoziativ vom Kind vorgenommen wird,             heit bliebe still. Eine Aktivierung jedes Ein-                      Partizipationsfrage
hat das Kind nun ein Konzept von dem im           zelnen wäre in der klassischen Vorlesung
Kopf, was es zeichnen möchte. Es will etwas       kaum möglich. Außerdem ergibt sich durch                            Das Merkmal der Mitbestimmung am Semi-
Bestimmtes darstellen. Der Bildgegenstand         den ARS-Einsatz ein für diese Gruppe reprä-                         narverlauf durch sogenannte Partizipati-
wird so prägnant wie möglich auf wesent-          sentatives Meinungsbild. Zudem belegt die                           onsfragen berücksichtigt die Interessen der
liche Merkmale reduziert. Das Kind entwirft       Abstimmung in diesem Falle empirisch, dass                          Teilnehmenden und fördert somit die Aus-
aufgrund seiner kognitiven und motorischen        Hans hier bereits in frühem Alter eine zwar                         einandersetzung mit den Lehrinhalten.
Möglichkeiten ein Symbol oder „Sinnzei-           prägnante, aber noch nicht ganz eindeutige                          Beispielsweise wurde die Meinung zum
chen“ (Philipps 32011, S. 38) für den darzu-      Symboldarstellung entwickelt hat.                                   Statement erfragt: „Ich möchte noch ein
stellenden Gegenstand.                                                                                                weiteres Video (eines zeichnenden Kindes)
Zusammen mit einer Kinderzeichnung (Abb.                                                                              von einem anderen Kontinent betrachten.“
4a) wird den Studierenden beispielsweise                                                                              Fünf Antwortmöglichkeiten waren vorgese-
folgende Frage präsentiert: „Was für ein                                                                              hen: „trifft voll zu“, „trifft eher zu“, „weder
Sinnzeichen hat Hans (3;4 Jahre) mit seinem                                                                           noch“, „trifft eher nicht zu“, „trifft nicht zu“.
Konzeptkritzel gesetzt?“ Fünf Antworten mit                                                                           Doch wurden nur zwei der Antwortmög-
Multiple-Choice-Option werden angebo-                                                                                 lichkeiten im Multiple-Choice überhaupt
ten. Das daraufhin sich durch die Eingaben                                                                            genutzt, nämlich 78 % klickten auf „trifft
der Studierenden entwickelnde Ergebnis in                                                                             voll zu“ und 22 % auf „trifft nicht zu“. Alle
Form eines Säulendiagramms sah folgender-                                                                             Beteiligten hatten eine eindeutige Meinung
maßen aus: „A: Stier: 40%, B: Maus: 0%, C:                                                                            und brauchten keine Rating-Skala zur Ein-
Katze: 0%, D: Hund: 0%, E: Käfer: 60%“ (Abb.                                                                          schätzung. In diesem Falle hätte also eine
4b).                                                                                                                  Single-Choice-Option, d.h. Ja/Nein-Frage,
Nun ist im Plenum zu diskutieren, welche                                                                              ausgereicht.
Aspekte des Konzeptkritzels für welche Ant-                                                                           Diese Form der Mitgestaltung wurde in der
wortoption sprechen. Während die Opti-                                                                                Auswertungsdiskussion sehr positiv her-
onen Katze, Hund und Maus eindeutig                                                                                   vorgehoben, etwa mit folgendem Statem-
verworfen wurden, sind sich die Studieren-                                                                            ent: „Also, ich fand das auch toll, als wir eine
den bei den Antwortmöglichkeiten Stier und                                                                            kleine Abstimmung hatten bezüglich was
Käfer uneins. Die geschwungene Linie, die                                                                             beim nächsten Treffen kommt. Das fand ich
rechts die geschlossene ovale Form schnei-                                                                            schon sinnvoll, das würde ich bei mehreren
det, könnte entweder die Hörner eines Stiers                                                                          Seminaren machen, ja, wenn man denkt, das
oder die Fühler eines Käfers symbolisieren.                                                                           ist so ein bisschen frei (...), wie beim Thema
An dieser Stelle ist das Sinnzeichen also                                                                             ‚Arno Stern‘, dann haben da Leute eingege-
uneindeutig. Daraufhin sind die Beine – und                                                                           ben: ‚Ja, das würde uns interessieren‘; dann
besonders deren Anzahl – zu fokussieren.                                                                              haben wir davon auch ein bisschen mehr
                                                  Abb. 4a Zeichnung von Hans, 3 Jahre; 4 Monate
Nachvollziehbar spricht mehr für den Käfer        Abb. 4b Antworten als Säulendiagramme auf die Reflexionsfrage zur   erfahren, nächstes Seminar.“ (Abb. 5a u. 5b,
mit seinen vielen Beinen im Gegensatz zum         Zeichnung von Hans, 3 Jahre; 4 Monate                               S. 28)
Stier, der deutlich zwei Beine vorne und zwei
Beine hinten am Körper angesetzt bekäme.
Indem die Studierenden dies gemeinsam
Mit einer "WebApp" Kinder- und Jugendzeichnungen gemeinsam erkunden - Georg Peez
28 BDK-Mitteilungen 2.2015

                                                                        „Bitte schneller“, „Zu schnell“ und „Abge-         Verfahren ist lediglich eine didaktische Maß-
                                                                        hängt“ (Abb. 2).                                   nahme zur ersten Annäherung.
                                                                        In der Lehrveranstaltung gibt es zwei Mög-         In der Auswertungsdiskussion ergaben sich
                                                                        lichkeiten, den jeweils aktuellen Status des       für die Lehramtsstudierenden durchaus
                                                                        Feedbacks zu zeigen. Von „ARSnova“ ist vor-        Möglichkeiten zum Einsatz dieser „WebApp“
                                                                        gesehen, dass sich mit einem zusätzlichen          im Schulunterricht. So äußerte eine Stu-
                                                                        Programm auf dem Computer des Dozen-               dentin: „Ich glaube, dass das für die Kinder
                                                                        ten der Eingabestand durchgehend projizie-         super animierend sein kann. Wenn man
                                                                        ren lässt, da er sich in der Ecke rechts unten     das richtig aufbaut, das muss nicht in jeder
                                                                        transparent über die Vollbild-Ansicht der          Stunde sein, natürlich (...)“ Ihr Argument ist,
                                                                        Präsentation legt. Das Feedback ist also auf       dass in Phasen geringer Aufmerksamkeit
                                                                        diese Weise stets aktuell und präsent. Um          das Interesse der Schülerinnen und Schü-
                                                                        aber nicht ständig eine Art Nebenschauplatz        ler am Unterricht aufrechterhalten oder
                                                                        zur inhaltlichen Präsentation zu haben, lässt      neu geweckt werden kann. „Ich würde das
                                                                        sich im Laufe der Veranstaltung der jeweils        auf jeden Fall einsetzen.“ Denkbar sind fol-
                                                                        aktuelle Stand vom Dozenten immer mal              gende Szenarien, auch in anderen Schulfä-
                                                                        wieder einblenden. Unserer Erfahrung nach          chern: Brainstorming zur Sammlung erster
                                                                        gab es jedoch mit dieser angebotenen Funk-         Ideen für ein neues Themenfeld oder zu
                                                                        tion Probleme, die vor allem mit den wenig         einem Bild; Ermittlung des Vorwissens einer
                                                                        stabilen WLAN-Verbindungen im Hörsaal              Klasse zu einem neuen Unterrichtsthema
                                                                        zusammenhingen.                                    (s.o. „Fragen zu Vorerfahrungen“); Quizze zur
                                                                        In der Auswertungsdiskussion mit den               Vorbereitung auf Tests (s.o. „Wissensabfra-
                                                                        Studierenden wurde deutlich, dass die              gen“); „Feedback“-Fragen zur Optimierung
                                                                        Feed-back-Möglichkeit als äußerst sinnvoll         des Unterrichts (da anonym zu beantwor-
                                                                        angesehen wird. Eine exemplarische Aus-            ten) oder Abfrage von Interessenschwer-
                                                                        sage hierzu: „Das ist jetzt was, was jetzt nicht   punkten der Schülerinnen und Schüler für
                                                                        so benutzt wurde, was ich aber wirklich sehr       kommende Unterrichtseinheiten („Partizi-
                                                                        gut fände. Wenn man sagen könnte: Das ist          pationsfragen“).
                                                                        mir zu schnell oder zu langsam.“
                                                                                                                           Literatur
                                                                        Fazit                                              Bohnsack, Ralf: Rekonstruktive Sozialforschung. Opladen (Leske +
                                                                                                                                 Budrich) 1999.
                                                                                                                           Camuka, Ahmet/Peez, Georg: Einsatz eines „Audience Response
                                                                        In diesem Beitrag konnten lediglich vier Fra-            Systems“ in der Hochschullehre. Fragekategorien, didak-
                                                                        gekategorien zur Nutzung eines elektroni-                tische Strukturierungen und Praxisreflexionen zur Partizipa-
                                                                                                                                 tion im Hörsaal. In: Medienimpulse, Ausgabe 2, 2014. online
                                                                        schen Feedbacksystems im Hörsaal in Bezug                unter: http://medienimpulse.at/articles/view/656 (letzter
                                                                        auf die Thematik der Kinder- und Jugend-                 Zugriff: 01.12.2014).
                                                                                                                           Gerhardt, Daniel u.a.: ARSnova: ein Audience Response System für
                                                                        zeichnung vorgestellt werden. Ausführli-                 Inverted-Classroom-Szenarien mit Unterstützung von Just-
                                                                                                                                 in-Time Teaching und Peer Instruction, 2013. online unter:
                                                                        chere Darstellungen über den Einsatz und                 https://arsnova.eu/blog/blog/auf-der-delfi-2013/ (letzter
                                                                        die Nutzung finden sich online (Camuka/                  Zugriff: 01.07.2014).
                                                                                                                           Kundisch, Dennis: Direkte Rückmeldung erwünscht. Über
                                                                        Peez 2014).                                              „Live-Feedback-Systeme“ in der Lehre. In: Forschung & Lehre,
                                                                        Der Medienpädagoge Gerhard Scheidl                       Heft 4, 2013, S. 296–297.
                                                                                                                           Magenheim, Johannes u.a.: Einsatz mobiler Endgeräte zur Ver-
                                                                        bezeichnete die „mobile devices“, die fast               besserung der Lehrqualität in universitären Großveranstal-
                                                                        jeder inzwischen mit sich trägt, als „eine der           tungen. In: Lucke, Ulrike (Hg.): E-Learning Symposium 2012.
                                                                                                                                 Aktuelle Anwendungen, innovative Prozesse und neueste
                                                                        Schnittstellen von virtuellen Lernumgebun-               Ergebnisse aus der E-Learning-Praxis. Potsdam (Universität
                                                                        gen zum Präsenzunterricht in realen Lehr-                Potsdam) 2012, S. 15–26.
                                                                                                                           Peez, Georg: Evaluation ästhetischer Erfahrungs- und Bildungspro-
                                                                        und Lernumgebungen“ (Scheidl 2012, S. 6).                zesse. Beispiele zu ihrer empirischen Erforschung. München
                                                                        Was zunächst kaum etwas miteinander zu                   (kopaed) 2005.
                                                                                                                           Philipps, Knut: Warum das Huhn vier Beine hat. Das Geheimnis
                                                                        tun haben scheint, nämlich die Auseinander-              der kindlichen Bildsprache. Darmstadt (Toeche-Mittler
                                                                        setzung mit dem Thema des ästhetischen                   Verlag) 32011.
                                                                                                                           Przyborski, Aglaja/Wohlrab-Sahr, Monika: Qualitative Sozialfor-
                                                                        Verhaltens von Kindern und Jugendlichen                  schung. München (Oldenbourg Verlag) 2008.
                                                                        und die Nutzung eines elektronisch basier-         Richter, Hans-Günther: Die Kinderzeichnung. Entwicklung – Inter-
                                                                                                                                 pretation – Ästhetik. Düsseldorf (Schwann) 1987.
                                                                        ten Systems lassen sich unserer Erfahrung          Scheidl, Gerhard: Wissensmanagement und Medienbildung.
                                                                        nach didaktisch sinnvoll aufeinander bezie-              Herausforderungen für die Lehrerbildung. In: Medienim-
                                                                                                                                 pulse, 3, 2012. online unter: http://medienimpulse.at/arti
                                                                        hen. Das System eignet sich beispielsweise               cles/view/453 (letzter Zugriff: 01.12.2014).
                                                                        auch dafür, dass sich die Studierenden
Abb. 5a u. b Beispiel für eine Partizipationsfrage mit der Auswertun-
gen der Antworten hierauf                                               bereits in der Lehrveranstaltung auf die in
                                                                        Bachelor-Studiengängen inzwischen allzu
Feedback                                                                häufigen Tests vorbereiten können.
                                                                        Eine für die Profession relevante vertiefende
„ARSnova“ bietet folgende Feedback-Aussa-                               Beschäftigung mit dem ästhetischen Ver-            Ahmet Camuka ist Student für das Lehr-
gen zur Auswahl – jeweils visualisiert durch                            halten von Kindern und Jugendlichen muss           amt an Gymnasien (Kunst und Mathema-
ein Smiley-Gesicht mit dem entsprechend                                 selbstverständlich über eine solche Lehr-          tik) an der Goethe-Universität Frankfurt/M.;
passenden Ausdruck von zufrieden lächelnd                               veranstaltung hinaus sowohl an originalen          E-Mail: ahmet_camuka@me.com
bis zu traurig – und unterstützt durch die                              Zeichnungen bzw. bildnerischen Ergebnis-           Dr. Georg Peez ist Professor für Kunstpädago-
farbige Gestaltung der Buttons von Grün                                 sen als auch im Feld mit den Heranwachsen-         gik an der Goethe-Universität Frankfurt/M.;
über Gelb und Rot bis Grau: „Kann folgen“,                              den selbst geschehen. Das hier vorgestellte        E-Mail: peez@kunst.uni-frankfurt.de
Mit einer "WebApp" Kinder- und Jugendzeichnungen gemeinsam erkunden - Georg Peez Mit einer "WebApp" Kinder- und Jugendzeichnungen gemeinsam erkunden - Georg Peez
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