Mitteilung - zur Kenntnisnahme-Abgeordnetenhaus Berlin

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Drucksache 18/3685
                                                                       03.05.2021
18. Wahlperiode

Mitteilung – zur Kenntnisnahme –

Berliner Taxigewerbe schützen! Aufzeichnungspflichten und Kontrollen von Mietwa-
genunternehmen sicherstellen – Ausnahmegenehmigungen im Berliner Mietwagensek-
tor zurücknehmen.
Drucksachen 18/2726, 18/2726-1, 18/2995 und 18/3348
Abgeordnetenhaus von Berlin   Seite 2   Drucksache 18/3685
18. Wahlperiode
Der Senat von Berlin
UVK IV C 56
Tel.: 9025-1887

An das

Abgeordnetenhaus von Berlin

über Senatskanzlei - G Sen -

Mitt eilung

- zur Kenntnisnahme -

über

Berliner Taxigewerbe schützen! Aufzeichnungspflichten und Kontrollen von Mietwa-
genunternehmen sicherstellen – Ausnahmegenehmigungen im Berliner Mietwagen-
sektor zurücknehmen.

– Drucksachen Nrn. 18/2726, 18/2726-1,18/2995 und 18/3348 –
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Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung
vor.

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 17.9.2020 Folgendes beschlossen:

„Der Senat wird aufgefordert, die Kontrollen von in der Personenbeförderung tätigen
Mietwagenunternehmen zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen deutlich zu
verstärken und die Bedingungen für Kontrollen zu verbessern. Dabei sollen sowohl die
Einhaltung der Rückkehrpflicht als auch die Umsetzung des Mindestlohngesetzes, des
Arbeitszeitgesetzes, der Arbeitsstättenverordnung, die Erfüllung der abgaben- und so-
zialrechtlichen Verpflichtungen und die Einhaltung von Vorschriften zur Sicherheit der
Fahrgäste kontrolliert sowie eine fälschungssichere Aufzeichnung der einzelnen Be-
triebsvorgänge sichergestellt werden.
Bestandteile der zu ergreifenden Maßnahmen sind unter anderem:
Zugelassene Mietwagen sind zur Installation von Wegstreckenzählern mit fiskalischer
Erfassungseinrichtung zu verpflichten. Bestehende Ausnahmegenehmigungen sind –
sofern rechtlich möglich – zu widerrufen bzw. im Rahmen der regelmäßigen Konzes-
sionsverlängerungen zurückzunehmen.
   - Es sind Maßnahmen zu ergreifen, um die revisionssichere Aufzeichnung der
       einzelnen Geschäftsvorgänge hinsichtlich der erfolgten Buchungen, Fahrzeiten,
       Besetztkilometer, Arbeitszeitbeginn und -ende, Pausen sowie steuerlich rele-
       vanter Einzeldaten sicherzustellen. In diesem Zusammenhang soll geprüft wer-
       den, wie die in Hamburg verlangten Anforderungen an das Mietwagengewerbe

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auch in Berlin umgesetzt werden können (siehe „Hinweise für Antragstellungen
      im Mietwagenverkehr“, www.hamburg.de/mietwagen).
  -   Mit dem Land Brandenburg und den Genehmigungsbehörden der an Berlin an-
      grenzenden Landkreise sind Gespräche mit dem Ziel einer effektiven Kontrolle
      des Mietwagenverkehrs zu führen.
  -   Es ist zu prüfen, ob die Struktur und Personalausstattung der zuständigen Kon-
      trollstellen des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten ange-
      messen bzw. ausreichend für eine effektive Kontrolle ist und gegebenenfalls
      sind entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Weiterhin ist zu prüfen, ob die
      zuständige Eichbehörde (Landesamt für Mess- und Eichwesen Berlin-Branden-
      burg) personell und technisch ausreichend ausgestattet ist, um die Wegstre-
      ckenzähler in Mietwagen regelmäßig prüfen und im Rahmen einer Markt- und
      Verwendungsüberwachung überwachen zu können. Ggf. sind Anpassungen
      vorzunehmen.
  -   Die Kontrollen sind allgemein zu verstärken. Insbesondere ist eine Schwerpunk-
      taktion der zuständigen Finanzämter zur Kontrolle der Einhaltung der finanz-
      rechtlichen Bestimmungen durch die Senatsverwaltung für Finanzen zu initiie-
      ren und zu koordinieren.
Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31. Dezember 2020 zu berichten.“

Hierzu wird berichtet:

Vorab-Hinweise

Ziel des Beschlusses ist es, die Taxen vor konkurrierenden Mietwagenverkehren zu
schützen. Dazu sollen verstärkte Kontrollen der Mietwagenunternehmen zur Einhal-
tung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgen. Explizit aufgeführt wird insofern die Ein-
haltung der Rückkehrpflicht nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG), die Um-
setzung des Mindestlohngesetzes, des Arbeitszeitgesetzes, der Arbeitsstättenverord-
nung, die Erfüllung der abgaben- und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen
und die Einhaltung von Vorschriften zur Sicherheit der Fahrgäste. Sichergestellt wer-
den soll eine fälschungssichere Aufzeichnung der einzelnen Betriebsvorgänge. Ein-
zelne erstrebte Maßnahmen werden genannt, auf die nachstehend im Einzelnen ein-
gegangen wird.
Das erstrebte Ziel verstärkter Kontrollen des Mietwagengewerbes, um Gesetzesver-
stöße zu Lasten des Taxigewerbes zu verhindern, wird vom Senat geteilt. Zum Ver-
ständnis, welche Handlungsmöglichkeiten bestehen, bedarf es folgender Vorab-Hin-
weise:
Derzeitige Fassung des PBefG
Das PBefG in seiner geltenden Fassung stellte bis zur Verbreitung von Vermittlungs -
Apps mit seinen spezifischen Regelungen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den
unterschiedlichen Verkehrsarten her. Mit dem Angebot einer individuellen Beförde-
rungsmöglichkeit dienen Taxen auch der Daseinsvorsorge. Um diese sicherzustellen,
unterliegen Taxen besonderen Pflichten – nämlich der Betriebs-, Beförderungs- und
Tarifpflicht. Zudem dürfen Leistungen grundsätzlich nur in dem Bediengebiet des Be-
triebssitzes erbracht werden. Damit korrespondieren spezifische Rechte: Taxen müs-
sen nach Beendigung eines Beförderungsauftrages nicht zum Betriebssitz zurückkeh-
ren. Vielmehr dürfen sie sich an behördlich zugelassenen Stellen bereithalten und Be-
förderungsaufträge auch während der Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen.
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Mietwagen, die ebenfalls individuelle Beförderungsleistungen anbieten, unterliegen
den o.g. Pflichten des Taxigewerbes nicht und dürfen ihre Leistungen auch außerhalb
des Gebiets ihres Betriebssitzes erbringen. Dadurch besteht die Gefahr, dass sie -
etwa durch das Angebot von Fahrten zu niedrigen Preisen – in ruinösen Wettbewerb
zu Lasten der Taxen treten. Deshalb legt das PBefG in § 49 Absatz 4 den Mietwagen
besondere Beschränkungen auf, um damit die Taxen zu schützen. Insoweit dürfen mit
Mietwagen nur Beförderungsaufträge durchgeführt werden, die am Betriebssitz oder
in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind. Nach Ausführung des Beförde-
rungsauftrages hat der Mietwagen unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren.
Ausnahmen von dieser Rückkehrpflicht gelten für ihn nur dann, wenn er vor der Fahrt
von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich ei-
nen neuen Beförderungsauftrag erhalten hat. Den Eingang des Beförderungsauftrags
am Betriebssitz oder in der Wohnung hat der Mietwagenunternehmer buchmäßig zu
erfassen und die Aufzeichnung ein Jahr aufzubewahren. Annahme, Vermittlung und
Ausführung von Beförderungsaufträgen, das Bereithalten des Mietwagens sowie Wer-
bung für Mietwagenverkehr dürfen weder für sich allein noch in ihrer Verbindung ge-
eignet sein, zur Verwechslung mit dem Taxenverkehr zu führen. Den Taxen vorbehal-
tene Zeichen und Merkmale dürfen Mietwagen nicht verwenden.
Einfluss neuerer Entwicklungen
Dieses im PBefG seit langem geregelte Normengefüge berücksichtigt naturgemäß
nicht neue (technische) Entwicklungen in Form von Vermittlungs-Apps. Diese ermög-
lichen dem Mietwagenunternehmer technisch die Annahme von Aufträgen am Be-
triebssitz und die schnelle Weiterleitung an die einzelnen Fahrzeuge bzw. Fahrer*in-
nen noch während der Auftragserledigung oder der Rückfahrt und damit ein taxiähnli-
ches Verhalten. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden: Erhält der Fahrer oder die Fah-
rerin eines Mietwagens auf diesem Weg einen Folgeauftrag, darf der nächste Fahrauf-
trag gleich im Anschluss an die gerade abgeschlossene Fahrt ausgeführt werden,
ohne dass vorher eine Rückkehr zum Betriebssitz erforderlich ist. Soweit dagegen kein
Folgeauftrag vorliegt und der Fahrer oder die Fahrerin dennoch nicht zum Betriebssitz
zurückkehrt, erweist sich die Aufklärung solcher Verstöße gegen das Bereithaltungs-
verbot unter den genannten Umständen als schwierig. In der Regel führen Ordnungs-
widrigkeitenverfahren zur Einstellung, wenn ein Vorwurf des unerlaubten (taxi-ähnli-
chen) Bereithaltens nicht bewiesen werden kann.
Allein die für Mietwagen gesetzlich geregelte Rückkehrpflicht stellt für das Taxige-
werbe seit der Praktizierung von App-vermittelten Mietwagenverkehren somit keinen
ausreichenden Schutz gegen die Mietwagenkonkurrenz mehr dar. In attraktiven, nach-
fragestarken Märkten wie der Berliner City nutzt eine stetig wachsende Zahl von Miet-
wagenunternehmen aus Berlin und dem Umland zum Teil mehrere digitale Vermitt-
lungsplattformen gleichzeitig, um an Aufträge zu kommen. Dadurch können in dichter
Folge Aufträge angenommen werden. Selbst wenn der Fahrer oder die Fahrerin nicht
sofort einen Folgeauftrag erhält und zunächst in Richtung seines Betriebssitzes fahren
muss, geht der nächste Auftrag i.d.R. so schnell ein, dass die Rückkehrpflicht faktisch
keine Rolle mehr spielt. Insofern können Mietwagenunternehmen (wegen des Fehlens
der den Taxen obliegenden Pflichten) derzeit ein taxiähnliches Produkt zu deutlich
günstigeren Konditionen anbieten als ein Taxi.

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Handlungsmöglichkeiten
Die Forderung des Beschlusses, insbesondere die bisherige Ausnahmepraxis des
Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) zur Wegstrecken-
zählerpflicht zu ändern, steht im Kontext der oben genannten neuen Vermittlungs -
Apps. Vorbild im Beschluss ist dabei das Vorgehen in Hamburg. Der verpflichtende
Wegstreckenzähler soll die Kontrolle der Mietwagen im Hinblick auf die Einhaltung der
Rückkehrpflicht verbessern und die Kontrolle von Steuer- und Abgabepflichten erleich-
tern.
Der genannten, für das Taxigewerbe negativen Entwicklung kann allerdings nicht allein
mit Maßnahmen nach dem geltenden Recht entgegengewirkt werden. Abgesehen von
der geschilderten tatsächlichen Entwicklung hin zu App-vermittelten Verkehren, die
das PBefG in seiner geltenden Fassung noch nicht berücksichtigt, verpflichtet das
PBefG auch nicht zum Einbau von Wegstreckenzählern, die die im Antrag genannten
weitergehenden Angaben enthalten. Insbesondere sieht das PBefG für Wegstrecken-
zähler keine Daten vor, die eine Aussage darüber ermöglichen, ob die den Mietwagen
obliegende Rückkehrpflicht eingehalten wird, zumal keine GPS-Daten zu speichern
sind. Solange das PBefG auf Bundesebene die Pflicht zur Erfassung solcher Daten in
Wegstreckenzählern nicht regelt, kann das Land Berlin auf Landesebene von den Un-
ternehmen den Einsatz von Wegstreckenzählern mit entsprechend höheren Anforde-
rungen nicht verlangen. Insbesondere die Reduzierung der vom LABO erteilten Aus-
nahmen von der Pflicht zum Einbau von Wegstreckenzählern kann deshalb nur ein
Baustein für bessere, insbesondere steuerliche und arbeitsrechtliche Kontrollmöglich-
keiten sein und letztlich nur einen kleinen Ausschnitt der Problematik abdecken. Auch
in dem im Antrag genannten Hamburger Modell ist der zwingend über den Wegstre-
ckenzähler zu ermittelnde Datensatz noch sehr begrenzt in seiner Aussagekraft und
lässt Lücken für sog. „Schwarze Schafe“ im Gewerbe. Die Hamburger Behörde ver-
weist in ihrem Merkblatt für Mietwagen zwar darauf, dass auch für Mietwagenunter-
nehmen die Möglichkeit besteht, zur Erfüllung der steuerlichen Anforderungen Weg-
streckenzähler mit dahinter geschalteter TIM-Signatur- und Verschlüsselungs-Karte
der Bundesdruckerei für die Übertragung der Daten zu nutzen. Sie verweist aber auch
auf die Möglichkeit der Nutzung anderer geeigneter Verfahren für die Einhaltung der
steuerlichen Pflichten.
Insoweit bedarf es in erster Linie einer Änderung des Personenbeförderungsrechts des
Bundes, die unter Berücksichtigung der heute bestehenden Vermittlungsmöglichkeiten
einen adäquaten Interessenausgleich zwischen Taxen- und Mietwagengewerbe be-
wirken muss. Nur mit Regelungen, die über die Dokumentation der Rückkehrpflicht
hinausgehen, kann der mit dem Beschluss erstrebte Schutz des Taxigewerbes vor
dem konkurrierenden Mietwagengewerbe sinnvoll erreicht werden. Entscheidend ist,
dass im Rahmen der anstehenden PBefG-Novelle entsprechende bundesrechtliche
Regelungen geschaffen werden (Kennzeichnungspflicht, Datenübermittlungs-, Auf-
zeichnungs- und Monitoring-Pflichten), die bei plattformbasierten, digital vermittelten
taxiähnlichen Verkehren, soweit diese künftig zulässig sind, eine manipulationssichere
aufwandsarme Kontrolle durch die jeweils zuständigen Behörden ermöglichen. Dafür
setzt Berlin sich im Rahmen des Möglichen bei der PBefG-Novelle ein, die vom Bun-
desministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erarbeitet wurde und sich derzeit
im Gesetzgebungsprozess befindet.

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Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat im Dezember
2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungs-
rechts zur Ermöglichung digitalbasierter Geschäftsmodelle vom Bundeskabinett be-
schließen lassen und in den Bundesrat eingebracht. Dieser beschäftigt sich insbeson-
dere mit der Genehmigung sogenannter bedarfsgesteuerter Pooling-Verkehre
– sowohl als in den ÖPNV integriertes Angebot der Daseinsvorsorge als auch in kom-
merzieller Ausgestaltung. Eine allgemeine Rückkehrpflicht zum Betriebssitz soll für
diese Angebote nicht gelten. Allerdings sollen Kommunen bei kommerziellen Angebo-
ten, insbesondere auch zum Schutz des ÖPNV, unter anderem die Möglichkeit erhal-
ten, für auftragslose Pooling-Fahrzeuge eine Rückkehrpflicht und deren Ausgestaltung
bei Bedarf zu regeln.
Für das Taxigewerbe sind nach aktuellen Stand regulatorische Entlastungen vorgese-
hen. Unter anderem soll die Taxitarifpflicht auf dem Bestellmarkt gelockert werden und
die Ortskundeprüfung soll durch die Pflicht zur Vorhaltung eines dem Stand der Tech-
nik entsprechenden Navigationsgeräten ersetzt werden. Betriebs- und Beförderungs-
pflicht sollen dagegen beibehalten werden.
Für Mietwagen soll an der Rückkehrpflicht für auftragslose Mietwagen festgehalten
werden. Die Kommunen sollen aber unter bestimmten Voraussetzungen die Möglich-
keit erhalten, die Rückkehrpflicht auszugestalten. Die buchmäßige Erfassung soll um
die Möglichkeit einer elektronischen Erfassung von Auftragseingängen beim Unterneh-
mer (nicht unmittelbar beim Fahrer) ergänzt werden. Auch App-basierte Auftragsein-
gänge sollen hierdurch expressis verbis ermöglicht werden. Neben dem Wegstrecken-
zähler soll auch die Nutzung eines zugelassenen App-basierten Systems zulässig
sein. Kommunen sollen die Möglichkeit erhalten, Anti-Dumping-Regelungen (z.B. Min-
destpreis) festzulegen.
Bei Verkehren in Orten über 50.000 Einwohnern sollen Taxen, Mietwagen und Pooling
durch eine Kennzeichnungspflicht jeweils eindeutig erkennbar sein.
Schließlich soll die Genehmigungspflicht der digitalen Vermittlung im PBefG für den
Fall klargestellt werden, dass der Vermittler maßgeblich Einfluss auf die Bedingungen
der ausgeführten Fahrt nimmt oder aus Kundensicht als Vertragspartner erscheint.
Haltung Berlins zur PBefG-Novelle
Das Land Berlin hat sich bereits im Vorfeld der anstehenden Novellierung des PBefG
dazu bekannt, dass das Taxigewerbe Teil der Daseinsvorsorge mit den Kernelemen-
ten Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht zu erhalten ist. Damit müssen in der Ge-
setzesnovelle zugleich wirksame Kontrollmöglichkeiten des Mietwagengewerbes ein-
schließlich der aufgrund des Abstandsgebots grundsätzlich weiterbestehenden Rück-
kehrpflicht einhergehen. Die Kontrolle der Einhaltung von Steuer-, Sozial- und Arbeits-
recht setzt die verpflichtende Vorgabe fälschungssicherer Aufzeichnungen vergleich-
bar dem Fiskaltaxameter voraus. Wegstreckenzähler bilden aktuell nicht mittels GPS
die Standorte und damit die Route ab. Diese Informationen haben aber die Internet-
plattformen. Insofern hat das Land Berlin angemahnt, dass vor allem die Vermittlungs-
plattformen Gegenstand der Regulierung sein müssen. Diese Kritikpunkte wurde u.a.
bei der Anhörung der Länder zum Referentenentwurf des BMVI im Herbst letzten Jah-
res eingebracht und ausführlich begründet.
Der dann in den Bundesrat eingebrachte Regierungsentwurf greift die von Berlin dar-
gestellten Ausgestaltungserfordernisse nicht auf, sondern verfestigt die bereits skiz-

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zierte Schieflage in den verkehrsgewerberechtlichen Ausgangsbedingungen, die ein-
seitig den Mietwagen begünstigen. Für Mietwagenunternehmen sollen keine Anforde-
rungen an Barrierefreiheit und Sozialstandards gelten, sie können App-basierte Ver-
mittlungssysteme in Echtzeit nutzen, die faktisch die Erbringung taxiähnlicher Leistun-
gen ermöglichen, verfügen andererseits aber über mehr Freiheitsgrade bei der Preis-
und Angebotsgestaltung als die regulierten Unternehmer des Taxiverkehrs (bisher) so-
wie des gebündelten Bedarfsverkehrs (zukünftig). Auswirkungen dieser Schieflage
sind bereits heute in deutschen Metropolen sichtbar als Boom der Mietwagenneuzu-
lassungen, kritische Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Taxigewerbes und
Zunahme des Individualverkehrs zu Lasten des Umweltverbunds. Wirksame Instru-
mente der Gegensteuerung durch die öffentliche Hand enthält der Regierungsentwurf
nicht. Das dem Mietwagenverkehr obliegende Rückkehrgebot wird durch die Zulas-
sung der App-Vermittlung in Echtzeit ausgehöhlt und ist nur schwer kontrollierbar. Im
Ergebnis besteht das Risiko einer erheblichen Schwächung von Taxi und ÖPNV. Zu-
dem wird die Entfaltung solcher Anbieter verhindert, deren Geschäftsmodelle aus-
schließlich auf die neu eingeführten gebündelten Bedarfsverkehre abzielen. Ohne fai-
ren Ausgleich („level playing field“) wird der Taxiverkehr wie auch der gebündelte Be-
darfsverkehr gegenüber dem Mietwagenverkehr an Konkurrenzfähigkeit verlieren. Es
droht daher eine allgemeine „Flucht“ in den – weitgehend unregulierten – Mietwagen-
verkehr stattzufinden.
Im Verkehrsausschuss des Bundesrates wurden daher von Berlin zu den zentralen
Kritikpunkten Anträge mit konkreten Änderungsvorschlägen und zum Gesetzentwurf
allgemein gestellt. Die beiden angenommen Berliner Anträge fordern die Implementie-
rung von Sozialverträglichkeit als Kriterium für den Ermessens- oder Beurteilungsspiel-
raum bei der Genehmigung von App-vermittelten Fahrdiensten und die Möglichkeit für
eine Auflage, per Allgemeinverfügung im Mietwagensektor eine Zeitspanne zwischen
Buchung und Fahrtantritt vorzugeben (Vorausbuchungsverpflichtung). Angenommen
wurde auch auf Antrag Berlins parallel im Umweltausschuss eine allgemeine Stellung-
nahme (Entschließung), die eine Reihe von Änderungsvorstellungen thematisiert. Al-
lerdings sind diese Anträge im ersten Durchgang im Plenum des Bundesrats am
12.02.2021 nicht angenommen worden. Entscheidend war daher, welche der Berliner
Kritikpunkte ungeachtet der Beschlusslage im Bundesrat im Rahmen der Befassung
des Bundestages aufgegriffen wurden. Dabei kam auch zum Tragen, dass verschie-
dene Verbände inklusive der kommunalen Spitzenverbände, in ihren Stellungnahm en
die o.g. Defizite ebenfalls nachdrücklich kritisierten und Nachbesserungen einforder-
ten.
Der am 05.03.2021 im Bundestag in 2. und 3. Lesung beschlossene Gesetzesentwurf
bringt deutliche Verbesserungen im Sinne eines Schutzes des Taxigewerbes und bes-
serer kommunalen Regulierungsmöglichkeiten (Sozialstandards, Barrierefreiheit, Um-
weltstandards) von App-basierten Mietwagenverkehren, ohne die u.a. vom Land Berlin
geforderten Anpassungen umfassend zu übernehmen. So sollen Kommunen zusätzli-
che Möglichkeiten erhalten, Mietwagen stärker zu regulieren, wenn der Mietwagenan-
teil in Städten ab 100.000 Einwohnern mindestens 25 Prozent des Fahrtaufkommens
im Gelegenheitsverkehr mit Taxen, Mietwagen und gebündeltem Bedarfsverkehr aus-
macht. Zudem sollen die Genehmigungsbehörden zum Schutz der öffentlichen Ver-
kehrsinteressen für den Verkehr mit Mietwagen, der in ihrem Bezirk betrieben wird,
tarifbezogene Regelungen, insbesondere Mindestbeförderungsentgelte festlegen dür-
fen. Die Beschlussfassung im Bundesrat erfolgte am 26. März 2021.

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Maßnahmen in der Übergangszeit
Wie welche Regelungen der PBefG-Novelle im o.g. Sinne die erforderliche Wirksam-
keit entfalten werden, ist zu aktuellen Zeitpunkt nicht absehbar. Bis zu einer Anpas-
sung des PBefG bleibt somit nur die Möglichkeit, im Rahmen des derzeit noch gelten-
den Rechts tätig zu werden. Insoweit wird nachstehend auf die im Beschluss genann-
ten Maßnahmen eingegangen und das Vorgehen der Verwaltung – in Abhängigkeit
der unterschiedlichen Zuständigkeiten – dargelegt.

Verpflichtung der Mietwagenunternehmen zur Installation von Wegstreckenzählern mit
fiskalischer Erfassungseinrichtung
(1) Verzicht auf Ausnahmegenehmigungen von der Wegstreckenzählerpflicht
Ziel des Beschlusses ist es, dass Mietwagen künftig mit Wegstreckenzähler ausge-
stattet sind. Der verpflichtende Wegstreckenzähler soll die Kontrolle der Mietwagen
insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der Rückkehrpflicht verbessern und die
Kontrolle von Steuer- und Abgabepflichten erleichtern. Insofern fordert der Beschluss,
die in Berlin erteilten Ausnahmen von der Wegstreckenzählerpflicht für Mietwagen
rückgängig zu machen.
In bisheriger Praxis hat das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheit en
(LABO) (ebenso wie viele andere Genehmigungsbehörden) regelmäßig von der im
Personenbeförderungsrecht vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, Mietwa-
genunternehmen von der Pflicht zum Einbau von Wegstreckenzählern zu entbinden.
Hintergrund: Zwar regelt die zum PBefG erlassene Verordnung über den Betrieb von
Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) in § 30 Absatz 1, dass in Miet-
wagen ein leicht ablesbarer Wegstreckenzähler anzubringen ist. § 40 BOKraft regelt
aber auch, dass im Mietwagenverkehr die Beförderungsentgelte (nur dann) nach der
Anzeige des Wegstreckenzählers (§ 30 Absatz 1) zu berechnen sind, wenn nichts an-
deres vereinbart ist. Der Wegstreckenzähler hat damit nach dem geltenden Recht nur
die Aufgabe, die jeweils für die Fahrt zurückgelegte Wegstrecke zu erfassen, um im
Interesse des Fahrgastes den Fahrpreis für den Fall zu ermitteln, dass eine kilometer-
abhängige Berechnung erfolgt. Da aber in der Praxis bei Mietwagen sehr weitgehen d
(zulässigerweise) mit Festpreisen gearbeitet wird, gibt es in der Regel keinen Anwen-
dungsbedarf für die ursprünglich vom Gesetzgeber gesehene Funktion von Wegstre-
ckenzählern für die Preisbildung.
Aus heutiger Sicht trägt die bisherige Berliner Praxis, Ausnahmegenehmigungen von
der Wegstreckenzählerpflicht zu erteilen, den Transparenzbedürfnissen der Fahrgäste
noch nicht hinreichend Rechnung. In deren Interesse liegt es, auch bei Vereinbarung
von Festpreisen im Nachhinein feststellen zu können, ob diese Vereinbarung mit Rück-
sicht auf die tatsächlich zurückgelegten Kilometer angemessen war.
Insoweit erteilt das LABO sowohl im Interesse der Fahrgäste als auch im Interesse
einer besseren Überwachung der Mietwagenverkehre seit 01.01.2021 in einem ersten
Schritt bei Neuerteilungen, Verlängerungen und Erweiterungen von Mietwagengeneh-
migungen keine Ausnahmen mehr für den Einbau von Wegstreckenzählern. Die Rück-
nahme bereits erteilter Ausnahmegenehmigungen ist dagegen nicht vorgesehen, weil
das für das LABO einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten würde und die be-
stehenden Mietwagengenehmigungen ohnehin nach spätestens fünf Jahren (i.d.R.
aber früher) zur Erneuerung anstehen.
(2) Wegstreckenzähler mit fiskalischer Erfassung

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Der Beschluss fordert weiterhin, dass die Verpflichtung zur Installation von Wegstre-
ckenzählern auch deren Ausstattung mit fiskalischer Erfassungseinrichtung erfasst.
Dem trägt das geltende Recht bereits Rechnung:
Steuerrechtlich sind die erforderlichen Aufzeichnungen einzeln, vollständig, richtig,
zeitgerecht und geordnet vorzunehmen und es ist sicher zu stellen, dass eine Buchung
nicht in einer Weise verändert wurde, sodass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr fest-
stellbar ist (§ 146 Abs. 1 und 4 der Abgabenordnung). Diese Pflichten können durch
analoge Aufzeichnungen erfüllt werden. Sie gelten aber auch dann, wenn ein elektro-
nisches Aufzeichnungssystem verwendet wird. Ein elektronisches Aufzeichnungssys-
tem ist die zur elektronischen Datenverarbeitung eingesetzte Hardware und Software,
die elektronische Aufzeichnungen zur Dokumentation von Geschäftsvorfällen und so-
mit Grundaufzeichnungen erstellt (vgl. BMF-Schreiben IV A 4 - S 0316/13/10005:053
vom 19. Juni 2018). Im Ergebnis ist also auch ein Wegstreckenzähler ein elektroni-
sches Aufzeichnungssystem.
Aus steuerlicher Sicht sind mindestens folgende Informationen des Wegstreckenzäh-
lers elektronisch und unveränderbar zu sichern und aufzubewahren:
      Gesamt mit dem Fahrzeug zurückgelegte Wegstrecke (Totalkilometerzähler
       des Wegstreckenzählers)
      Die für jede einzelne Fahrt zurückgelegte Wegstrecke (Besetztkilometerzähler
       des Wegstreckenzählers)
      Schichtbeginn und Schichtende, wenn Fahrpersonal beschäftigt wird (Schicht-
       anmeldung und Schichtabmeldung am Wegstreckenzähler)
Diese Aufzeichnungen sind für die Steuerverwaltung erforderlich, um festzustellen, ob
die am Betriebssitz erfassten Auftragseingänge mit den tatsächlich gefahrenen Kilo-
metern im konzessionierten Fahrzeug korrespondieren.
Die Daten sind manipulationssicher aufzubewahren.
revisionssichere Aufzeichnungen
Der Beschluss fordert, die revisionssichere Aufzeichnung einzelner, aufgelisteter Ge-
schäftsvorfälle. In diesem Zusammenhang soll geprüft werden, wie die in Hamburg
verlangten Anforderungen an das Mietwagengewerbe auch in Berlin umgesetzt wer-
den können.
(1) Steuerlich relevante Einzeldaten
Für steuerrechtliche Zwecke sind elektronische Aufzeichnungen bereits jetzt manipu-
lationssicher aufzubewahren.
Aus Sicht der Steuerverwaltung ist eine Maßnahme zur Sicherung der Einhaltung die-
ser Vorgaben die Schwerpunktprüfung in 2021 (vgl. die Ausführungen zur Verstärkung
von Kontrollen).
(2) Relevante Daten nach der Arbeitsstättenverordnung und dem Arbeitszeitgesetz
Die im Beschluss enthaltenen Ausführungen zur Einführung von fiskalischen Erfas-
sungseinrichtungen erleichtern der für den Arbeitsschutz zuständigen Ordnungsbe-
hörde (LAGetSi) die Arbeitszeitkontrollen in keiner Weise. Diese sind (wie die Erfah-
rungen von Kontrollen des Taxigewerbes gezeigt haben) nicht geeignet, um gerichts-
feste Arbeits- bzw. Pausenzeiten zu erfassen und zu belegen.

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Für eine revisionssichere Aufzeichnung der Arbeitszeiten und zur Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen bedarf es einer umfassenden Aufzeichnungspflicht unab-
hängig von einer Branchenzugehörigkeit und der vertraglichen Gestaltung des Arbeits-
verhältnisses. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, RS.C-55/18,
CCOO) ergibt sich für die Bundesregierung der deutliche Handlungsauftrag, Arbeitge-
bende zu verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Auf-
zeichnung jeder geleisteten Arbeitsstunde einzurichten, den Schutz der Beschäftigten
branchenunabhängig zu gewähren und zugleich den Arbeitsschutzbehörden eine wirk-
same Überwachungs- und Kontrollmöglichkeit in die Hand zu geben.
Aus diesem Grund hat das Land Berlin eine entsprechende Beschlussvorlage zur Ar-
beitszeiterfassung – Umsetzung des Urteils des EuGH – im Rahmen der kommenden
Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und
Soziales (ASMK) am 26.11.2020 eingebracht.
Zudem enthält der Beschluss unter dem 4. Spiegelstrich lediglich den Auftrag, die Per-
sonalausstattung des LABO und des LME BB zu überprüfen. Soweit eine intensivere
Kontrolle der Einhaltung der arbeits(zeit)schutzrechtlichen Bestimmungen (AZG, Ar-
bStättV) weiterhin Gegenstand des o.g. Antrages bleiben sollte, wäre zwingend auch
die Überprüfung einer adäquaten Personalausstattung des LAGetSi erforderlich.
Abschließend ist zu erwähnen, dass für Transportmittel, die im öffentlichen Verkehr
eingesetzt werden, nur § 5 ArbStättV (Nichtraucherschutz) und Anhang 1.3 (Sicher-
heits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung) gelten.
(3) Relevante Daten zur Überprüfung der Rückkehrpflicht von Mietwagen
Wie oben dargelegt, hat der Wegstreckenzähler nach der aktuellen Fassung des
PBefG nur die Aufgabe, bei kilometerbezogener Fahrpreisermittlung die tatsächlich
gefahrenen Kilometer zu erfassen. Um weitere revisionssichere Aufzeichnungen über
den Wegstreckenzähler vom Mietwagenunternehmen verlangen zu können, bedarf es
der in der Einleitung angeführten Gesetzesänderungen, für die sich das Land Berlin
im Rahmen der PBefG-Novelle einsetzt.
Gespräche mit Brandenburg
Der Beschluss fordert, dass Berlin mit Brandenburg Gespräche mit dem Ziel einer ef-
fektiven Kontrolle des Mietwagenverkehrs führt.
Die Kontrolle von Mietwagen obliegt in jedem Bundesland den jeweils eigenen Behör-
den. Diese führen insbesondere Betriebsprüfungen am Ort des Betriebssitzes durch.
Gehen Anzeigen oder Beschwerden gegen Mietwagenunternehmen aus einem ande-
ren Bundesland ein, werden diese schon jetzt an die zuständige Behörde weitergelei-
tet.
Unabhängig davon wird sich das Land Berlin mit Brandenburg über die Möglichkeiten
einer verstärkten Kontrolle im Interesse einheitlichen Handelns ins Benehmen setzen.
Personalausstattung
Der Beschluss fordert die Prüfung und ggf. erforderliche Anpassung der Personalaus-
stattung des LABO und der personellen / technischen Ausstattung des LME BB.
   (1) LABO
Der Schwerpunkt der vom zuständigen Bereich LABO III C 3 durchgeführten Betriebs-
prüfungen lag bisher – neben den Krankentransporten – in erster Linie beim Taxige-
werbe.

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Diese Schwerpunktsetzung ist jedoch aufgrund der weiterhin steigenden Zahl von Un-
ternehmen und Fahrzeugen im Mietwagengewerbe nicht mehr gerechtfertigt. Daher
werden nunmehr auch bei diesen Unternehmen verstärkt Betriebsprüfungen durchge-
führt.
Eine verstärkte Prüfung der Mietwagenunternehmen führt jedoch zwangsläufig zu ei-
nem Rückgang der Kontrollen im Taxigewerbe, da der Personalbestand in diesem Be-
reich seit 2018 unverändert geblieben ist. Die Anzahl der Fahrzeuge im Taxi- und Miet-
wagengewerbe insgesamt ist im gleichen Zeitraum jedoch um rund 13 % gestiegen.
Soweit Bedarf an verstärkten Kontrollen besteht, ist in der Regel auch mit einem ent-
sprechenden Anstieg der Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen zu rechnen.
Über Mehrbedarfe kann erst im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zum Haushalts-
plan 2022/23 entschieden werden. Das gleiche gilt – soweit möglich – für die abseh-
baren Bedarfe aufgrund der Novellierung des PBefG und die damit verbundenen
neuen, deutlich anspruchsvolleren Kontrollaufgaben. Die Anmeldung wird durch die
für die Dienstaufsicht zuständige Senatsverwaltung (SenInnDS) – ggf.in Abstimmung
mit der für die Fachaufsicht zuständigen Senatsverwaltung – erfolgen.
    (2) Landesamt für Mess- und Eichwesen Berlin-Brandenburg
Sachlage
Ausgehend von dem Bestreben, die Konformitätsbewertungen/ Eichungen von Weg-
streckenzählern von Mietwagen mit gestelltem Fahrer für die Region Berlin durchzu-
führen, ist die Abdeckung des Bedarfs beim Landesamt für Mess- und Eichwesen Ber-
lin-Brandenburg (LME BB) unter Berücksichtigung der Zahl an Wegstreckenzählern in
Mietwagen zu klären, die voraussichtlich zusätzlich zu eichen sein werden.
Dabei wurde bisher von folgenden Zahlen ausgegangen:
-     Im Jahr 2021 wären monatlich etwa 185 Fahrzeuge zusätzlich zu eichen.
-     Ab etwa 2022 wären aufgrund des Auslaufens von Übergangsregelungen mo-
      natlich ca. 220 Fahrzeuge zusätzlich zu eichen.
Bisher eichten die Beschäftigten des LME BB in Berlin fast ausschließlich Taxameter
von Taxibetrieben und bewerten die Konformität von Taxametern mit den einschlägi-
gen Bestimmungen. In den vergangenen Jahren waren dabei die vorhandenen Kapa-
zitäten des LME BB mit ca. 9000 Prüfungen pro Jahr stets ausgelastet. Noch nicht
berücksichtigt sind hier allerdings die Auswirkungen der Covid 19-Pandemie auf das
Antragsverhalten im Gewerbe. Die Umsatzeinbrüche sowohl im Taxen- als auch im
Mietwagengewerbe dürften sich in 2021 auch im Hinblick auf die Anzahl beantragter
Neukonzessionen niederschlagen.
Diese ggf. entlastenden Effekte werden jedoch durch die ebenfalls gravierenden Aus-
wirkungen der Covid 19-Pandemie auf die Prüfkapazität im LME BB überlagert. Das
LME BB war bereits im Frühjahr 2020 und ist jetzt erneut vom Lockdown betroffen.
Prüfungen werden in dieser Phase nur für Härtefälle angeboten, die Prüfverfahren sind
generell wegen der Hygieneregeln zeitaufwändiger und es müssen Personalausfälle
kompensiert werden. Rückstände aus dem Zeitraum seit dem letzten Tarifwechsel
konnten nicht abgebaut werden. Zur Aufarbeitung dieser Rückstände wurde von der
Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe im Rahmen der Haushaltswirt-
schaft befristet Personal eingestellt, was aber die o.g. Auswirkungen derzeit nicht kom-
pensieren kann.

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Im Ergebnis konnten bereits im Herbst über die Terminvergabewebsite des LME BB
reguläre Termine nur noch über ein Jahr im Voraus gebucht werden. Für die Unter-
nehmen ist zwar eine Terminbuchung ausreichend, um hinsichtlich der Eichpflicht nicht
in Verzug zu geraten, aber das Problem des immer größeren Rückstaus beim tatsäch-
lichen Eichen bleibt. Es ist vor diesem Hintergrund festzustellen, dass der fachlich zu-
ständige Bereich des LME BB aktuell personell und technisch nicht ausreichend aus-
gestattet ist, um zusätzlich Wegstreckenzähler in Mietwagen regelmäßig prüfen und
im Rahmen einer Markt- und Verwendungsüberwachung überwachen zu können.
Demnach sind Anpassungen vorzunehmen.
Bedarfsfeststellung des LME BB
Unter Berücksichtigung vorhandener Prüfkapazitäten am Standort Berlin (ca. 9.000
Prüfungen im Jahr) bedarf es aufgrund des Alters der Rollenprüfstände sowie bei
Übernahme zusätzlicher Prüfaufgaben (Wegstreckenzähler Berlin) sowohl infrastruk-
tureller Maßnahmen als auch personeller Verstärkung. Auch erfordern die bevorste-
henden Konformitätsbewertungen von Messgeräten in Zusammenarbeit mit den Her-
stellern einen erhöhten Verwaltungsaufwand für die Konformitätsbewertungsstelle, für
den derzeit kein Personal vorhanden ist. Über Personalmehrbedarfe kann erst im Rah-
men der Dienstkräfteanmeldung mit dem Haushaltsplan 2022/2023 entschieden wer-
den. Da der entsprechende längerfristige Personalaufwuchs aber angesichts der o.g.
genannten erheblichen Bearbeitungsengpässe zu spät käme, laufen derzeit intensive
Abstimmungen, wie übergangsweise eine schnelle Verbesserung der Personalsitua-
tion geschaffen werden kann. Zur Überbrückung sind bereits befristete Beschäfti-
gungspositionen (4,5 Stellen befristet 31.12.2023) bewilligt worden. Über die Umwand-
lung dieser Beschäftigungspositionen in Stellen für planmäßige Tarifbeschäftigte wird
zur Zeit verhandelt. Des Weiteren ist das Online-Terminbuchungssystem zu erweitern:
Die Vereinbarungen zu zusätzlichen Prüfungen und Eichungen im LME BB können
nur über das Online-Terminvergabesystem getroffen werden. Das bestehende System
wird ohnehin abgelöst. Um die zusätzlichen zu erwartenden Prüfungen abzubilden,
entsteht kurzfristig ein Mehraufwand für Einrichtung, Pflege und Betreuung des Sys-
tems in Höhe von ca. 1.000 €.
Die Rollenprüfstände am Standort Lentzeallee sollen für einen langfristigen Betrieb
erneuert werden, um den technologischen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Eine
Anmeldung der geschätzten Kosten für den Doppelhaushalt 2022/2023 ist vorzuse-
hen. Um die Aufgabe der Prüfung von Wegstreckenzählern kurzfristig zu bewältigen,
soll eine temporäre Ausweichlösung am Standort Kleinmachnow geschaffen werden.
Dazu sollen die dort vorhandenen Rollenprüfstände zusätzlich genutzt werden und die
räumlichen Gegebenheiten der Örtlichkeit entsprechend ertüchtigt werden.
Mit dieser Interimslösung in Kleinmachnow wird angestrebt, eine Beschleunigung ggf.
dadurch zu ermöglichen, dass Berliner Mietwagenunternehmen bzw. Berliner Taxiun-
ternehmen ihre Wegstreckenzähler an anderen Stellen (als in Berlin), d.h. in Branden-
burg eichen lassen können. Ziel ist eine Mitnutzung des Berlin-nahen Standorts Klein-
machnow für die Prüfung von Wegstreckenzählern von in Berlin gemeldeten Mietwa-
gen. Die anderen Standorte in Brandenburg sind aufgrund ihrer Entfernung von Berlin
sowie der limitierten Prüfkapazitäten nicht geeignet, einen relevanten Beitrag bei der
Prüfung von Wegstreckenzählern in Mietwagen zu leisten.

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Skizzierung einer Zeitlinie zur „Ertüchtigung des Standortes Kleinmachnow als Inte-
rimslösung“
Nach planmäßiger Umsetzung der notwendigen Anpassungen – also der noch aus-
stehenden Ertüchtigung des Standorts Kleinmachnow in Verbindung mit der Bereit-
stellung des erforderlichen Personals – kann die für das LME BB zusätzliche Prüftä-
tigkeit zur Eichung von Mietwagen mit gestelltem Fahrer tatsächlich erfolgen, sobald
nach Ende des Lockdowns Eichungen von Taxametern und Wegstreckenzählern wie-
der regulär möglich sind und unter Berücksichtigung des oben benannten Zuwachses
an Messgeräten.
Für diese zusätzlichen Eichungen sind reguläre, verbindliche Terminbuchungen im
Online-Buchungssystem des LME BB vorzunehmen. Nach Bereitstellung des erforder-
lichen Personals wird ein gesonderter Kalender für die Prüfung der Wegstreckenzähler
am Standort Kleinmachnow freigeschaltet. Die aktuell (Stand 22.02.2021) nächsten
verfügbaren Termine im Bereich der Taxieichung bzw. Wegstreckenzählereichung
Standort Lentzeallee 100 sind leider nicht vor März 2022.
Verstärkung von Kontrollen
Der Beschluss fordert schließlich eine allgemeine Verstärkung der Kontrollen – insbe-
sondere eine Schwerpunktaktion der zuständigen Finanzämter.
   (1) Senatsverwaltung für Finanzen – Einhaltung finanzrechtlicher Bestimmungen
Um dem Auftrag des Abgeordnetenhauses nachzukommen, beabsichtigt die Senats-
verwaltung für Finanzen in 2021 eine Schwerpunktprüfung der Berliner Mietwagen-
branche durchzuführen. Diese soll nach dem Vorbild der Schwerpunktprüfungen der
vergangenen Jahre (Taxi, Gastronomie, Geldgewinnspielgeräte) erfolgen.
Geplant ist, dass 66 % der beim LABO angemeldeten Fahrzeuge und 35 % der dort
gemeldeten Mietwagenunternehmen im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung
geprüft werden.
Diese Ziele entsprechen im Umfang dem Ergebnis der Schwerpunktprüfung im Taxi-
gewerbe.
   (2) LABO – Einhaltung personenbeförderungsrechtlicher Bestimmungen
Anders als im Taxigewerbe sind Schwerpunktkontrollen im Verkehr bei Mietwagen nur
bedingt möglich. Dies liegt in erster Linie an der fehlenden eindeutigen Erkennbarkeit
von Mietwagen im fließenden und ruhenden Verkehr.
Das LABO wird jedoch zusammen mit der Polizei Berlin und anderen zuständigen
Dienststellen nach Wegen suchen, wie auch Mietwagen im Verkehr effektiv kontrolliert
werden können.
Im Rahmen der PBefG-Novelle setzt sich das Land Berlin für entsprechende Kenn-
zeichnungspflichten ein.
   (3) Zoll – Einhaltung der Bestimmungen des Mindestlohngesetzes
Auf die Ausweitung von Mindestlohnkontrollen im Berliner Taxen- und Mietwagenge-
werbe hat der Senat keine direkten Einflussmöglichkeiten.
Die Durchführung von Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung des Mindestlohngesetzes
obliegt originär der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls (FKS). Das Personenbe-
förderungsgewerbe gehört auch im Land Berlin bereits zu den Branchen, die von der

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FKS mit am häufigsten überprüft werden (nach dem Baugewerbe und dem Gaststät-
tengewerbe). Wie nahezu alle FKS-Standorte in Deutschland, ist auch die FKS beim
Hauptzollamt Berlin personell unterbesetzt. Der Senat hat daher bereits in der Vergan-
genheit eine ausreichende Personalausstattung der FKS angemahnt. Vor diesem Hin-
tergrund ist ausdrücklich zu begrüßen, dass die Personalstärke der FKS bis zum Jahr
2030 schrittweise und in Abhängigkeit vom tatsächlichen Bedarf auf rund 13.500
Dienstkräfte anwachsen soll. Ausgehend von den noch bis zum Jahr 2016 für die Fach-
aufgabe Finanzkontrolle Schwarzarbeit im Bundeshaushalt vorgesehenen 6.865 Plan-
stellen käme dies in etwa einer Verdoppelung des bei der FKS angesetzten Personals
gleich. Eine Ausweitung von Mindestlohnkontrollen im Berliner Personenbeförde-
rungsgewerbe hängt auch davon ab, in welchem Umfang zusätzliche Stellen beim
Hauptzollamt Berlin in den kommenden Jahren zur Verfügung gestellt werden und in
welchem Maße die vorhandenen Stellen besetzt werden können. Den Vollzug der bei
der FKS geplanten Personalverstärkung gilt es in den kommenden Jahren regelmäßig
zu überprüfen. Eine unmittelbare Einflussnahme durch den Senat ist in diesem Zu-
sammenhang allerdings nicht gegeben.
Insoweit wurde die Generaldirektion – Direktion VII Finanzkontrolle um Stellungnahm e
gebeten. Deren Antwort wird hier wie folgt wiedergegeben:
„Der Beschluss des Abgeordnetenhauses Berlin betrifft die sachliche Zuständigkeit der
Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS), sofern er sich auf die Kon-
trolle des Mindestlohns und in Teilen die Prüfung der abgaben- und sozialrechtlichen
Verpflichtungen (vgl. § 2 Abs. 1 SchwarzArbG) bezieht. Sofern der Beschluss Bezüge
zu anderen Prüf- bzw. Kontrollfeldern aufweist, trifft die FKS im Umfang des § 6 Abs.
4 SchwarzArbG gegebenenfalls eine Unterrichtungspflicht.
Die FKS verfolgt bei allen Prüfungen einen ganzheitlichen Prüfungsansatz. Dies be-
deutet, dass nicht nur die Einhaltung des Mindestlohngesetztes (MiLoG), sondern alle
in Frage kommenden Vorschriften geprüft werden. Die Auswahl der zu prüfenden
Branchen und Unternehmen erfolgt dabei risikoorientiert, um insbesondere gegen or-
ganisierte Formen der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung vorgehen zu kön-
nen, ohne den präventiven Aspekt einer sichtbaren Präsenz der FKS in allen Branchen
zu vernachlässigen.
Als besonders von Mindestlohnverstößen betroffene Branche steht das Personenbe-
förderungsgewerbe hierbei im besonderen Fokus der FKS.
In der Arbeitsstatistik der FKS werden Unternehmen, welche Mietwagen mit Fahrer im
Personenbeförderungsgewerbe anbieten, nicht gesondert erfasst. Die Branche des
Personenbeförderungsgewerbes umfasst dabei neben Taxi- und den genannten Miet-
wagenunternehmen unter anderem auch Busunternehmen.
Die in den Jahren 2018, 2019 und dem ersten Halbjahr 2020 im Bundesland Berlin
von der FKS durchgeführten Arbeitgeberprüfungen und Personenüberprüfungen im
Personenbeförderungsgewerbe sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

Personenbeförderungsgewerbe
Bundesland Berlin                       2018           2019            1. HJ 2020
Arbeitgeberprüfungen                    88             122             24
Personenüberprüfungen                   802            851             387

Im Jahre 2018 hat im Bundesland Berlin die letzte Schwerpunktprüfung im Personen-
beförderungsgewerbe stattgefunden. Dabei wurden 33 Arbeitgeberprüfungen und 652

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Personenüberprüfungen durchgeführt. Die FKS arbeitet bei Prüfungen des Personen-
beförderungsgewerbes eng mit der Landespolizei, der Landesfinanzverwaltung und
der nach Landesrecht für die Genehmigung und Überwachung des Gelegenheitsver-
kehrs mit Kraftfahrzeugen nach § 46 des Personenbeförderungsgesetztes zuständi-
gen Behörde zusammen.“

Wir bitten, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.

Berlin, den 27.04.2021

                                           Der Senat von Berlin

Michael Müller                                          R. G ü n t h e r
........................................                .............................................
Regierender Bürgermeister                               Senatorin für
                                                        Umwelt, Verkehr und Klimaschutz

                                                                                                        14
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