Modellvorhaben Land(auf)Schwung - Erfolge - Herausforderungen - Praxistipps - Bundesministerium für ...
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I N H A LT S V E R Z E I C H N I S 1 Vorwort 03 1. Land(auf)Schwung im Überblick 04 2. Zukunft gestalten, Schwerpunkte setzen 08 2.1 Daseinsvorsorge und Wertschöpfung als Handlungsschwerpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 08 2.2 Die 13 Land(auf)Schwung-Regionen – Maßgeschneiderte Förderung dank Schwerpunktsetzung . . . . . . . . 10 2.3 Digitalisierung der Altmark – Entwicklungschance für die Region Stendal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3. Gut aufgestellt: Akteure und Aufgaben in den Regionen 14 3.1 Passgenaue Strukturen vor Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.2 Nachhaltige Regionalentwicklung im Landkreis St. Wendel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.3 „Gewinnbringend für die Region“ – Das Entscheidungsgremium im Hochsauerlandkreis . . . . . . . . . . . . 19 4. Regionalentwicklung nach Plan 20 4.1 „Das Ziel ist der Weg“ – Die Bedeutung von Zielen bei Land(auf)Schwung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.2 Ziele in der Land(auf)Schwung-Praxis. Interview mit Michael Stolte aus Höxter . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.3 Kreative starten durch im Werra-Meißner-Kreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.4 Aus Alt mach Neu – Upcycling in Neunkirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 5. Die Region entscheidet – Das Regionalbudget in Land(auf)Schwung 28 5.1 Flexibel und selbstbestimmt mit dem Regionalbudget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 5.2 Land(auf)Schwung im Landkreis Wittmund. Interview mit Landrat Holger Heymann . . . . . . . . . . . . . 30 5.3 Spielraum genutzt: Kleinprojektepool Mittelsachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Gastbeitrag Starke ländliche Entwicklung: Ein Blick über den Tellerrand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 6. Erfolge vor Ort 36 6.1 Viel bewegt mit Land(auf)Schwung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 6.2 „Telepräsenz lernen“ – Medienkompetenz in Elbe-Elster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 6.3 14-Jährige setzen Impulse in Sigmaringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 6.4 Unternehmerische Menschen bringen ihre Region voran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 6.5 Vorpommern-Rügen: Eine Region mit Potenzial und Engagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 6.6 Frisch ans WERK in Greiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 7. Zusammen arbeiten, voneinander lernen 48 7.1 Vernetzung und Austausch im Fokus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 7.2 Kooperation und Vernetzung – Ein Werkstattbericht aus Kronach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 7.3 Die Begleitforschung – Fragen an Dr. Patrick Küpper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 8. Fünf Jahre Land(auf)Schwung – auf den Punkt gebracht 51 Impressum
VORWORT 3 Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, die Stärkung ländlicher Regionen ist eine der zentralen Das Modellvorhaben Land(auf)Schwung hat gezeigt, dass Aufgaben dieses Jahrzehnts. Wir brauchen gleichwertige sich dieser Ansatz lohnt: In den 13 Regionen wurden Lebensverhältnisse – in ganz Deutschland. Wie wir leben, mehr als 500 Projekte umgesetzt, viele mit Leuchtturm- darf nicht eine Frage der Ortsgröße oder Himmelsrich- charakter. Einige dieser Projekte werden in dieser tung sein. Denn nur, wer überall findet, was er zum Leben Broschüre vorgestellt. Darüber hinaus bündelt sie die braucht, kann auch frei entscheiden, wo er leben möchte. wichtigsten Erkenntnisse für die Förderung ländlicher Regionen, die mit Land(auf)Schwung gesammelt wurden. Homeoffice, Videokonferenzen, Hybrid-Veranstaltungen: Die Corona-Pandemie hat zu einem Modernisierungs- Wenn wir die Belange der ländlichen Räume in allen schub in unserem Land geführt. Es ist wichtig, dass auch Angelegenheiten nicht nur mitbedenken, sondern auch strukturschwache Regionen daran teilhaben. Schnelles umsetzen wollen, brauchen wir starke und lebenswerte Internet und entsprechende Anwendungen, maßge- Dörfer, Gemeinden und Kleinstädte. schneiderte Mobilitätsangebote, medizinische Versor- gung, Einkaufsmöglichkeiten, Betreuungsangebote, Die 13 Land(auf)Schwung-Regionen haben gezeigt, wie berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und attraktive es gehen kann. Ich freue mich, dass wir als Bundesland- Freizeitangebote – all das brauchen wir, wenn das Leben wirtschaftsministerium Katalysator für diesen Erfolg sein auf dem Land auch in Zukunft attraktiv sein soll. konnten, und hoffe, dass die Regionen diesen „Schwung“ noch lange Zeit weitertragen. Für die Politik ist das eine Daueraufgabe, die nur gemein- sam mit den Menschen in der Region zu stemmen ist. Genau hier hat das Modellvorhaben Land(auf)Schwung Herzlichst angesetzt. 13 strukturschwache Regionen in ganz Ihre Deutschland haben von 2015 bis 2020 vom Bundesmi- nisterium für Ernährung und Landwirtschaft insgesamt rund 32 Millionen Euro erhalten, um die Daseinsvorsorge und die regionale Wertschöpfung zu verbessern. Das Besondere an Land(auf)Schwung ist, dass es den Menschen vor Ort die notwendige Freiheit, aber auch Julia Klöckner die Verantwortung gegeben hat, passgenaue Lösungen Bundesministerin für Ernährung zu erarbeiten. Dank des Regionalbudgets konnten die und Landwirtschaft Regionen selbst entscheiden, wo der Bedarf am größten ist und welche Maßnahmen zielführend sind. Denn auch das zählt zu einer Begegnung von Stadt und Land auf Augenhöhe: Wir müssen die Menschen in den Regionen aktiv einbeziehen. Sie wissen am besten, wo die Stärken ihrer Region liegen, wo es noch hakt und was zu tun ist. Und sie sind es, die etwaigen Strukturnachteilen mit Zusammenhalt entgegentreten und eine Region mit Herzblut und Engagement voranbringen. Umso wichti- ger ist es, dass mit Land(auf)Schwung auch nachhaltige Strukturen aufgebaut wurden, dank derer sich die Regi- onen auch nach dem Ende des Förderprogramms ziel gerichtet weiterentwickeln können.
1. Land(auf)Schwung im Überblick 13 500 32 Über Rund Regionen Projekte Mio € Mit dem Modellvorhaben Land(auf)Schwung unterstützte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zwischen 2015 und 2020 insgesamt 13 ausgewählte ländliche Regionen, die besonders vom demografischen Wandel, wirtschaftlicher Strukturschwäche und Problemen bei der Bereitstellung der Daseinsvorsorge betroffen waren. Im Zeitraum von Juli 2015 bis April 2020 erhielten diese Förderregionen ein Regi- onalbudget für eigenverantwortliche Projektumsetzungen vor Ort. Die ursprüng- lich von Juli 2015 bis Juni 2018 geplante Förderphase wurde vom BMEL verlängert. So konnten die Regionen bis Ende 2019 Projekte fördern und die Abwicklung und Ergebnisaufbereitung bis Ende April 2020 abschließen. Das BMEL unterstützte die Regionen mit insgesamt rund 32 Millionen Euro. Die Geschäftsstelle war im Kompetenzzentrum Ländliche Entwicklung in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) angesiedelt. Sie unterstützte die Regionen und war ihr zentraler Ansprechpartner während der gesamten Laufzeit. Das Vorhaben wurde vom Thünen-Institut für Ländliche Räume wissenschaftlich begleitet.
LAND(AUF)SCHWUNG IM ÜBERBLICK 5 Diese Broschüre stellt die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse seitens der Geschäftsstelle des Modellvor- habens vor. In Ergänzung zu den Auswertungen der Be- gleitforschung, die das Thünen-Institut vorlegen wird, formuliert sie konkrete Praxisempfehlungen für Politik, Verwaltung und Praxis. Hierfür kommen an vielen Stel- len Akteurinnen und Akteure aus den Regionen und Pro- jekten zu Wort. Weitere Quellen waren die regelmäßigen Auswahl der Förderregionen Berichte der Regionen sowie die zahlreichen praktischen Erfahrungen, über welche die Regionen bei Vernetzungs- Für die Start- und Qualifizierungsphase des Modell- treffen, Workshops und im direkten Austausch berichtet vorhabens wurden zunächst 39 strukturschwache haben. ländliche Landkreise ermittelt. Die Auswahl dieser peripheren, strukturschwachen Regionen erfolgte Zentrale Ansatzpunkte des Modellvorhabens durch das Thünen-Institut anhand eines demogra fischen Herausforderungsindexes aus 37 Indika- Mit dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung er- toren. Neben den demografischen Prozessen der probt das BMEL neue Ideen sowie modellhafte Lösungs- Alterung und Bevölkerungsabnahme bilden die ansätze für attraktive Lebensbedingungen auf dem Land Indikatoren auch ungünstige Bedingungen zur und schafft übertragbares Wissen. Land(auf)Schwung war Daseinsvorsorge und wirtschaftliche Struktur ein Baustein dieses Programms. Ein wesentliches Ziel schwäche ab. Konkret wurden unter anderem war es daher, mit dem Modellvorhaben neue Wege in der die Erreichbarkeit von Mittel- und Oberzentren ländlichen Entwicklung zu beschreiten. Die folgenden oder die Siedlungsstruktur berücksichtigt, eben- Aspekte, die im Verlauf der Broschüre noch ausführlich so die Faktoren Einkommen, Arbeitslosigkeit, Infra erläutert werden, standen dabei im Mittelpunkt: struktur und Erwerbstätigenprognose. Für jedes Flächenbundesland wurden die drei Landkreise Die Regionen wählten selbstständig ihre Schwerpunkte ausgewählt, die nach diesem Index den höchsten in den Themenfeldern Sicherung der Daseinsvorsorge Handlungsbedarf aufwiesen. Ziel war es, alle und regionale Wertschöpfung. Flächenländer zu beteiligen und somit bundesweit Erfahrungen sammeln zu können. Das BMEL hat den Regionen zwei Schwerpunktthe- men vorgegeben: Sicherung der Daseinsvorsorge und Die 39 ausgewählten Landkreise wurden aufgefor- regionale Wertschöpfung. Innerhalb dieser Themen- dert, sich mit einem regionalen Zukunftskonzept felder konnten die Land(auf)Schwung-Regionen eige- für das Modellvorhaben Land(auf)Schwung zu ne Schwerpunkte setzen und passgenaue Lösungen für bewerben. Die Zukunftskonzepte der Landkreise die Herausforderungen vor Ort erarbeiten. Denn – so sollten sich mit den speziellen Herausforderungen die Ausgangsüberlegung – die Menschen vor Ort wissen der jeweiligen Region befassen. Am 18. Juni 2015 selbst am besten, wo Unterstützung benötigt wird und wählte eine unabhängige Jury aus den 37 eingegan- an welchen Stellen eine zielgerichtete Förderung in genen Bewerbungen 13 Regionen aus. ihrer Region ansetzen muss. Die Regionen steuerten die Projektauswahl über zuvor festgelegte strategische und operative Ziele. Die Förderregionen orientierten sich bei der Projektaus- wahl an Zielen, die zu Beginn des Modellvorhabens je- weils in einem mit dem BMEL geschlossenen Entwick- lungsvertrag festgeschrieben wurden. Dabei dienten übergeordnete Zielvorstellungen – als strategische Ziele bezeichnet – in den beiden Schwerpunkten Daseinsvor- sorge und regionale Wertschöpfung als Orientierung.
6 LAND(AUF)SCHWUNG IM ÜBERBLICK Um die Zielerreichung messbar zu machen, formulierten Zur Durchführung von Land(auf)Schwung mussten die Regionen davon ausgehend genauer bestimmbare die Regionen geeignete Strukturen bereitstellen. operative Ziele mit überprüfbaren Indikatoren. Die geför- derten Projekte sollten dann Schritt für Schritt dazu bei- Jede Region musste ein Entscheidungsgremium ins Le- tragen, die vereinbarten Ziele zu erreichen. ben rufen, das die zu fördernden Projekte diskutierte, bewertete und schließlich auswählte. Zudem war eine Die Regionen entwickelten eigenständig Projekte und Stelle der öffentlich-rechtlichen (Landkreis-)Verwaltung förderten diese mit Mitteln aus dem Regionalbudget. zu bestimmen, die als Abwicklungspartner für die Pro- jektförderung zuständig war. Eine regionale Entwick- Jeder Landkreis konnte über ein „Regionalbudget“ verfü- lungsagentur unterstützte das Entscheidungsgremium gen und damit die Projektförderung vor Ort eigenverant- sowie den Abwicklungspartner und beriet die potenziel- wortlich steuern. Die entscheidenden Schritte – von der len Antragstellerinnen und Antragsteller. Um Förder Auswahl der Förderprojekte durch ein Entscheidungsgre- lücken ausfindig zu machen und zur Vernetzung mit mium über die Betreuung der Projektbeteiligten bis zur anderen Förderangeboten kam schließlich noch ein För- finanziellen Abwicklung – setzten die Regionen in Eigen- derlotse hinzu. Die regionalen Umsetzungsstrukturen regie um. dienten nicht nur der Umsetzung des Modellvorhabens, Aufbau des Modellvorhabens BMEL GESCHÄFTSSTELLE THÜNEN-INSTITUT LAND(AUF)SCHWUNG FÜR LÄNDLICHE Entwicklungsverträge Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung RÄUME weist Regionalbudget zu, vernetzt und berät 13 FÖRDERREGIONEN Begleitforschung – Entscheidungsgremium – Abwicklungspartner beim Landkreis – Entwicklungsagentur – Förderlotse wählen Projekte aus, begleiten und fördern RUND 500 PROJEKTE
LAND(AUF)SCHWUNG IM ÜBERBLICK 7 sondern auch dem langfristigen Aufbau von Kompeten- Auf LandZukunft folgt Land(auf)Schwung zen mit Blick auf Regionalentwicklung und Projektförde- rung. Land(auf)Schwung baute auf dem Vorgängervor- haben LandZukunft auf. In kleinerem Rahmen Land(auf)Schwung erzielte entscheidende Erfolge vor Ort als bei Land(auf)Schwung hatte das BMEL hierbei und beteiligte neue Akteure von 2012 bis 2014 in vier Landkreisen erste Er- kenntnisse zu Themen wie „Steuern über Ziele“, Die passgenau ausgewählten und oftmals innovativen „Aktivierung unternehmerischer Menschen“ und Projekte brachten die Landkreise jeweils auf ihre eigene „Alternative Finanzierungsinstrumente“ gewon- Weise voran. Insgesamt wurden über 500 Ideen unter nen. In Land(auf)Schwung wurden die Konzepte dem übergreifenden Motto „aus der Region – für die auf diesen Erfahrungen aufbauend weiterent Region“ in die Tat umgesetzt. Zudem ist es gelungen, wickelt und mit einer größeren Anzahl von viele engagierte Menschen zu motivieren, sich in ihrer Regionen erprobt. Außerdem wurden weitere Region einzubringen. Instrumente wie der Förderlotse hinzugenom- men. Thematisch erfolgte eine Fokussierung auf zwei Schwerpunkte pro Region.
8 Z U K U N F T G E S TA LT E N , S C H W E R P U N K T E S E T Z E N 2. Zukunft gestalten, Schwerpunkte setzen 2.1 Daseinsvorsorge und Wertschöpfung Netzwerk aus ehrenamtlichen Patinnen und Paten, die als Handlungsschwerpunkte ältere Menschen im Alltag begleiten. Vom Fachkräftemangel über die Schließung von Schulen Zur Gewährleistung der Daseinsvorsorge gehört ebenso, bis hin zum Aussterben des lokalen Einzelhandels – die eine funktionierende Gesundheitsversorgung aufrecht- Vielfalt an Herausforderungen, mit denen struktur- zuerhalten. Bedarfsgerechte und wohnortnahe medizi- schwache ländliche Räume konfrontiert sind, ist groß. nische Versorgung setzt eine ausreichende Anzahl an gut Damit sich jede Region auf ihre individuellen Bedürfnis- erreichbaren Haus- und Fachärztinnen und -ärzten in der se fokussieren konnte, legte jede Region zu Beginn von Region voraus. Ländliche Gebiete stehen diesbezüglich Land(auf)Schwung je einen Schwerpunkt in den The- vor der Herausforderung, genügend Ärztinnen und Ärz- menfeldern Daseinsvorsorge und regionale Wertschöp- te anzuwerben, um die medizinische Versorgung lang- fung fest. Dies ermöglichte ihr die passgenaue Förderung fristig zu sichern und beispielsweise das altersbedingte notwendiger und zielgerichteter Projekte, ließ aber auch Ausscheiden der ansässigen Mediziner auszugleichen. Im genügend Freiräume, um einer Vielfalt unterschiedlicher Rahmen des Projekts „KommaufsLand.Arzt!“ entwickel- Problemlagen zu begegnen. Die Bandbreite der in allen ten die Städte Brilon und Olsberg im Hochsauerlandkreis Regionen bearbeiteten Themen ist daher sehr groß. eine Kampagne, mit der junge Medizinerinnen und Dennoch fällt auf, dass die Regionen die im Folgenden Mediziner vor allem im Fachbereich Allgemeinmedizin dargestellten Themen wie Ehrenamt, Digitalisierung und akquiriert werden sollten. Der Landkreis Wittmund prä- Fachkräftemangel besonders oft aufgegriffen haben. sentierte sich mit dem Projekt „Landpartie Harlinger- land“ Studierenden der Medizin als attraktive und le- Sicherung der Daseinsvorsorge – Neue Wege für die Praxis benswerte Region zur Eröffnung oder Übernahme einer Landpraxis. Auch die Vernetzung und Zusammenarbeit Lebensqualität bedeutet auch, sich auf eine funktionie- von Gesundheitsakteuren stand im Fokus der Land(auf) rende Daseinsvorsorge verlassen zu können. Um sowohl Schwung-Regionen. Digitale Lösungen können hierbei die technische als auch die soziale Infrastruktur aufrecht- unterstützen, etwa beim Datenaustausch zwischen Kran- erhalten und weiterentwickeln zu können, müssen insbe- kenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Apotheken oder sondere ländliche, vom demografischen Wandel geprägte bei der Kommunikation zwischen ärztlichem Fachperso- Regionen innovativ sein und neue Wege gehen. nal sowie Patientinnen und Patienten. Beispielsweise tes- tete das Projekt „Krankenakte für die Hosentasche“ aus Hierbei werden sie vielerorts von Ehrenamtlichen un- Stendal, wie Patientinnen und Patienten digital auf Daten terstützt. Sei es die Jugendarbeit im Sportverein oder der eigenen Krankenakte, zum Beispiel Termine, Diagno- die Begleitung älterer Menschen beim wöchentlichen sen oder Röntgenbilder, zugreifen können. Einkauf – all dies braucht engagierte Menschen. Umso wichtiger ist es, ehrenamtliche Strukturen und engagier- Ländliche Regionen sehen neue digitale Technologien auch te Menschen in ihrer Arbeit zu stärken. Daher war dies außerhalb des Gesundheitsbereiches als Chance, um sich in vielen Land(auf)Schwung-Regionen ein Schwerpunkt. zukunftsfähig aufzustellen. Viele Land(auf)Schwung-Re- Dazu gehörte die Schaffung von Austausch- und Vernet- gionen griffen die Digitalisierung daher als Querschnitts- zungsmöglichkeiten sowie Unterstützungsangeboten, thema auf. Die Region Stendal setzte sich den Schwer- zum Beispiel in Form von Fortbildungen. So konnten im punkt „Digitalisierung der Altmark“ und ging damit Kreis Höxter Seniorinnen und Senioren Hilfe dabei er- einen großen Schritt in Richtung digitale Zukunft (siehe halten, eine erfüllende ehrenamtliche Tätigkeit für die Kapitel 2.3). Lebensphase nach dem Beruf zu finden. In Sigmaringen beteiligten sich Jugendliche im Projekt „14er-Räte“ in Potenziale kreativ nutzen – Stärkung lokaler und der Kommunalpolitik ihrer Heimatkommune (siehe regionaler Wertschöpfung Kapitel 6.3). Auch die Stärkung von Vereinen oder ande- ren Organisationsformen ehrenamtlichen Engagements Neben der Sicherung der Daseinsvorsorge war der zweite ist für ein gut funktionierendes soziales Miteinander von Schwerpunkt des Modellvorhabens, Lösungsansätze zentraler Bedeutung. St. Wendel förderte deshalb ein für die Stärkung der regionalen Wertschöpfung in den
Z U K U N F T G E S TA LT E N , S C H W E R P U N K T E S E T Z E N 9 Durch aktives Leerstandsmanagement haben viele Land(auf)Schwung-Regionen historische Bausubstanz wieder nutzbar gemacht. Förderregionen zu entwickeln, und zwar ausgehend sachsen mit den Projekten „Heimvorteil HSK“ und der von der lokalen Wirtschaft und den unternehmerischen „Nestbau-Zentrale“ Service- und Beratungsstellen auf, die Menschen der Region. es Zuzugsinteressierten und Rückkehrenden einfacher machen, Fuß zu fassen, und sich um Bleibewillige küm- Die Verarbeitung und Veredelung regionaler Ressourcen, mern. Zielgruppe waren insbesondere Familien, da sie oft der Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten und letzt- Unterstützung bei der Suche nach einem Kitaplatz oder endlich die Vermarktung regionaler Lebensmittel stan- einer geeigneten Immobilie brauchen. den für viele Regionen hierbei im Mittelpunkt. Der Land- kreis Vorpommern-Rügen baute beispielweise einen An Immobilien mangelt es den ländlichen Kommunen Erzeugerverbund auf, der lokale Unternehmen im Be- in den Land(auf)Schwung-Regionen meist nicht. Ganz reich der Lebensmittelherstellung vernetzt. Ob fermen- im Gegenteil: Leerstände prägen immer häufiger das tiertes Gemüse aus dem Trebeltal, Senf aus Schlemmin Bild ländlicher Ortskerne. Deshalb setzten viele Land(auf) oder Fisch von der Insel Hiddensee – durch die Fokus- Schwung-Regionen auf ein aktives Leerstandsmanage- sierung auf regionale Qualitäten konnten unternehme- ment. Viele Regionen haben die historische Bausubstanz risches Potenzial in der Region aktiviert, die Wahrnehm- in den Blick genommen und mit Land(auf)Schwung dazu barkeit heimischer Produzentinnen und Produzenten beigetragen, dass diese Gebäude wieder genutzt und mit gestärkt und Arbeitsplätze geschaffen werden (siehe Leben gefüllt werden. Außerdem wurde Leerstand vieler- Kapitel 6.5). orts als vermarktbare Ressource erkannt – und dies nicht nur fürs Wohnen, sondern auch für gewerbliche Nutzun- Trotz eines ausreichenden Angebotes an Arbeitsplätzen: gen. Durch den Aus- und Umbau eines für die Region ty- Die Abwanderung junger Menschen und die Schrump- pischen Vierseithofes entstand so im Landkreis Greiz ein fung der Zahl der Erwerbstätigen stellen Dörfer und Re- Eventhof mit einer Mit-Mach-Küche und einer Veran- gionen häufig vor besondere Herausforderungen. Um staltungshalle. Eine alte Schule in Werben im Landkreis dem Fachkräftemangel vorzubeugen, setzen viele Regi- Stendal verwandelte sich in ein Biedermeiercafé als neuer onen auf die Unterstützung von Jugendlichen beim Be- Treffpunkt für die Menschen vor Ort. rufseinstieg. Der Werra-Meißner-Kreis startete das Pro- jekt „PraxisPool – Unternehmen“, bei dem Schülerinnen Die Idee der regionsspezifischen thematischen Fokussie- und Schüler Betriebe und Unternehmen aus der Region rung hat im Rahmen des Modellvorhabens zu einem ge- kennenlernen und erste Ideen für die spätere Berufswahl zielten Einsatz der Mittel geführt. Sie ermöglichte zudem sammeln. Aber auch nach der Ausbildung oder dem Stu- eine sinnvolle Ergänzung bestehender Förderprogram- dium stellt sich die Frage der Berufsstandortwahl. Daher me. Einen Überblick über die Themenvielfalt gibt die bauten der Hochsauerlandkreis und der Landkreis Mittel- Karte auf der folgenden Seite.
10 Z U K U N F T G E S TA LT E N , S C H W E R P U N K T E S E T Z E N 2.2 Die 13 Land(auf)Schwung-Regionen – Maßgeschneiderte Förderung dank Schwerpunktsetzung Wittmund Unter dem Leitmotiv „Migration als Schlüssel zur Regionalentwicklung“ unterstützte der Landkreis Wittmund neue unternehmerische Initiativen von Zuwanderern, um ihnen Bleibeperspektiven zu bieten und die Grundversorgung vor Ort zu sichern. Die Region stärkte das soziale Engagement und Miteinander aller Kulturen und verbesserte damit die Lebensqualität. www.bmel.de/las-wittmund Höxter Gemäß dem Motto „Menschen halten – Wertschöpfung generieren“ leitete der Kreis Höxter vor allem in den Bereichen Digitalisierung sowie Bindung von Fachkräften Hamburg Wittmund und Jugendlichen Verbesserungen ein. Auch hinsichtlich regenerativer Energien aus heimischer Biomasse und der Vermarktung regionaler Produkte arbeitete der Landkreis daran, seine Potenziale weiter auszuschöpfen. www.bmel.de/las-hoexter Hochsauerlandkreis Der Hochsauerlandkreis trieb den Ausbau und die Sicherung einer guten medizinischen Versorgung mit Nachdruck voran. Dem lokalen Fachkräftemangel begegnete er gemeinsam mit den Unternehmen vor Ort mit innovativen Maßnahmen. Höxter www.bmel.de/las-hochsauerlandkreis Hochsauerlandkreis Werra-Meißner-Kreis Der Werra-Meißner-Kreis zeigte jungen Menschen Bleibe- und Köln Rückkehrperspektiven auf, baute das außerschulische Bildungsangebot Werra-Meißner- aus und steigerte die Zukunftschancen durch die Digitalisierung. Die Ausbildung von Fachkräften und die Förderung von Existenz- Kreis gründungen stärkten den Wirtschaftsstandort Werra-Meißner. www.bmel.de/las-werra-meissner-kreis St. Wendel Unter dem Motto „Netzwerk Dorf: Mitmacher aktivieren – miteinander gestalten“ förderte und vernetzte der Landkreis St. Wendel Vereine sowie St. Wendel Ehrenamtliche und sorgte für zukunftsfähige Strukturen des Mit- und Füreinanders. Die Region begriff Problemfelder als Chance und trieb zum Beispiel die Dorfinnenentwicklung voran, indem Leerstände beseitigt wurden. Neunkirchen www.bmel.de/las-st-wendel Neunkirchen Die Region Neunkirchen positionierte sich als „Bürgerlandkreis“ und stellte die Bewohner und ihr bislang ungenutztes Potenzial, sich aktiv in die Gestaltung der Region einzubringen, Sigmaringen in den Mittelpunkt. Dabei wurden auch alternative Finanzierungsformen wie ein regionales Bürgerkapital erprobt. Als „Vitalregion“ richtete sie die Gesundheitsversorgung gezielt auf die Bedürfnisse der Bewohner aus. www.bmel.de/las-neunkirchen
Z U K U N F T G E S TA LT E N , S C H W E R P U N K T E S E T Z E N 11 Vorpommern-Rügen Der Landkreis Vorpommern-Rügen hatte sich zum Ziel gesetzt, die Lebensqualität für seine Einwohner zu verbessern und die Grundversorgung dauerhaft zu sichern. Die Vernetzung und das Zusammenwirken verschiedener Akteure sowie die Weiter- verarbeitung und Hochveredelung regionaler Produkte standen deshalb im Mittel- punkt der Aktivitäten. www.bmel.de/las-vorpommern-ruegen Vorpommern-Rügen Stendal Der Landkreis Stendal trieb die Digitalisierung der Altmark voran und band die Bürger aktiv in den Prozess ein. Parallel zum Ausbau der Infrastruktur wuchs somit auch die Nachfrage nach digitalen Lösungen. Zudem sorgte die Nach- und Umnutzung wertvoller historischer Gebäude für den Erhalt intakter Ortskerne und damit für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung. Stendal www.bmel.de/las-stendal Berlin Elbe-Elster Der Landkreis Elbe-Elster schaffte Bildungsangebote für Jung und Alt und setzte dabei auf die Kooperation von Vereinen, Ehrenamtlichen, öffentlicher Hand und Unternehmen. Projekte zur Medienkompetenz ermöglichten Einwohnern kleiner Orte, real und virtuell an der Wissens- Elbe-Elster und Mediengesellschaft teilzuhaben. www.bmel.de/las-elbe-elster Mittelsachsen Mittelsachsen Das Förderspektrum in Mittelsachsen war groß: Es reichte von einer Begegnungs- werkstatt im Kindergarten über innovative Kulturangebote bis zum Bildungscafé. Im Mittelpunkt stand das Bestreben, die Region für junge Familien attraktiv zu machen. Hierbei unterstützte die Nestbau-Zentrale. Greiz www.bmel.de/las-mittelsachsen Greiz Die Stärkung der regionalen Identität stand für den Landkreis Greiz an oberster Stelle. Besonders wichtig waren die Vermarktung regionaler Produkte, die Unterstützung Kronach unternehmerischen Engagements sowie die Nutzung historischer Vierseithöfe. www.bmel.de/las-greiz Kronach Kooperation war in Kronach zentral: Bei der Stärkung der Partnerschaft von Wirtschaft und Region, dem Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten und dem Leerstandsmanagement in dörflichen Ortskernen war die Zusam- menarbeit von Kommunen und Landkreis ein zentraler Ansatzpunkt. www.bmel.de/las-kronach München Sigmaringen Innovativ und vernetzt: Sigmaringen setzte auf den Unternehmergeist junger Menschen. Neben einer Entrepreneurship-Strategie erhöhten Netzwerke die Wettbewerbsfähigkeit lokaler Unternehmen. Durch ein Jugendkulturnetzwerk engagierten sich viele junge Menschen im Landkreis. www.bmel.de/las-sigmaringen
12 Z U K U N F T G E S TA LT E N , S C H W E R P U N K T E S E T Z E N 2.3 Digitalisierung der Altmark – Region zu einem Zweckverband zusammengeschlossen. Entwicklungschance für die Region Stendal Der so entstandene Zweckverband Breitband Altmark (ZBA) forciert seitdem entschlossen den umfassenden Die Altmark in Sachsen-Anhalt – ein Gebiet, das sich über Glasfasernetzausbau in der Altmark. Eine Aufgabe im den Landkreis Stendal und den Altmarkkreis Salzwedel Rahmen von Land(auf)Schwung bestand darin, Bevöl erstreckt – ist ein häufig genanntes Beispiel für die Aus- kerung, Wirtschaft und Kommunen auf dem Weg zur wirkungen des demografischen Wandels und für man- digital gut aufgestellten Region mitzunehmen. Bei der gelnde Perspektiven für junge Menschen auf dem Land. Festlegung der Ziele ihres thematischen Schwerpunk- Die Region Stendal stellte sich dieser Herausforderung, tes orientierte sich die Region an der selbst entwickelten indem sie neue digitale Technologien und Innovationen Wertschöpfungskette „Digitale Vernetzung“ (siehe Grafik). im Bereich der Daseinsvorsorge fördert. Der Zweckverband informierte die Bürger gezielt über den Breitbandausbau und die damit verbundenen Vor- Die Anbindung an schnelles Internet ist eine wesentliche teile und Chancen für die Altmark (Stufen 1 und 2). Die Voraussetzung dafür, dass auch ländliche Regionen begleitenden Aktivitäten zum Breitbandausbau zielten vom digitalen Wandel profitieren und die vielfältigen auch darauf ab, eine Zusammenarbeit von Unternehmen Möglichkeiten in den für sie relevanten Entwicklungs- mit potenziellen Kunden zu initiieren. bereichen nutzen können. Ebenso wichtig ist es, dass die Bevölkerung digitalen Anwendungen und Diensten So konnten viele neue Ideen, zum Beispiel eine digitale offen gegenübersteht. Der digitale Wandel ist somit Patientenakte, umgesetzt und Produkte und Angebote Chance und Herausforderung zugleich. entwickelt werden (Stufen 3 und 4): Ob WLAN auf dem Flugplatz, verschiedene Onlineportale, digitale Hausin- Schnelles Internet gab es in weiten Teilen der Altmark lan- formationstafeln für Mieterinnen und Mieter in Mehr- ge Zeit nicht, da privatwirtschaftliche Unternehmen den parteienhäusern oder Wohnungen mit altersgerechten Ausbau nicht übernehmen. Um dennoch in Zukunft auf Assistenzsystemen – der Landkreis Stendal ist mit digitale Technologien bauen zu können, haben sich im Jahr Land(auf)Schwung erfolgreich einen großen Schritt in 2012 fast alle kommunalen Gebietskörperschaften der die digitale Zukunft gegangen. Wertschöpfungskette Digitale Vernetzung STUFE 01 Bedarf Akzeptanz für Digitalisierung schaffen, Chancen kommunizieren, Nachfrage nach digitalen Angeboten erzeugen STUFE 02 Breitbandnetz Unterstützung des Zweckverbandes Breitband Altmark bei seinen Aktivitäten zum Aufbau des Breitbandnetzes mit FTTH (fibre to the home, Glasfaser bis in die Wohnung des Kunden) STUFE 03 Produktentwicklung Förderung innovativer Geschäftsideen regionaler Unternehmen (u. a. Start-ups) für die ländlichen Räume, Wissenstransfer STUFE 04 Angebote Unterstützung bei der Entwicklung und Einführung digitaler Angebote im Bereich der Daseinsvorsorge STUFE 05 Updates Unterstützung bei der notwendigen Weiterentwicklung von Angeboten und Diensten, Anpassung und Pflege (falls notwendig) Quelle: Zukunftskonzept der Region Stendal, verändert durch Geschäftsstelle Land(auf)Schwung
Z U K U N F T G E S TA LT E N , S C H W E R P U N K T E S E T Z E N 13 Die Region Stendal beschreitet mit dem Projekt IPGarten und anderen Maßnahmen neue Wege in der digitalen Kommunikation zwischen Stadt und Land Digitale Dienstleistungen selbstbestimmtes Leben im Alter entwickelt. Interessierte können sich in einer Musterwohnung in Stendal ein Mit dem Aufbau und Betrieb eines Onlinemarktplatzes Bild der zahlreichen Möglichkeiten vom sogenannten werden regionale Unternehmen sowie potenzielle Kun- „Ambient Assisted Living“ (AAL) machen. Altersgerechte dinnen und Kunden in der Altmark zusammengebracht. Assistenzsysteme sollen den Verbleib in den eigenen Auf Grundlage einer Studie und Befragung in der Region vier Wänden auch im Alter ermöglichen. Dazu gehören hat die Hochschule Magdeburg-Stendal das Portal „Hallo etwa spezielle Dienstleistungen, Produkte und Techno- Altmark“ entwickelt. Nahezu 40 Händler, u. a. aus Stendal, logien wie die automatische Abschaltung des Herdes bei Tangermünde, Gardelegen und Salzwedel, sind bereits Abwesenheit. Die Wohnung ist zudem mit zusätzlichen vertreten und können die Bevölkerung somit auf sich Alltagshilfen wie speziellem Besteck und Geschirr sowie und ihre Produkte aufmerksam machen. Haltegriffen ausgestattet. Auch in bereits bewohnten Wohnungen rüstet das DRK altersgerechte Systeme nach. Digitales Gesundheitsmanagement Digitale Wirtschaft Mit dem Pilotprojekt „Krankenakte für die Hosentasche“ hat die Region die digitale Kommunikation zwischen Das Projekt IPGarten beschreitet nicht nur neue Wege in Patientinnen und Patienten sowie ärztlichem Fachperso der digitalen Kommunikation zwischen Stadt und Land, nal vorangebracht. Gemeinsam mit dem Krankenhaus sondern schafft ebenso einen neuen Absatzmarkt und Gardelegen in der Altmark als Praxispartner entwickelte eine Wertschätzung für die Arbeit heimischer Erzeuger die Innocon Systems GmbH ein digitales Patientenportal. in der Altmark. IPGarten ist ein virtueller Garten mit Durch die Softwarelösung können Patientinnen und realem Ertrag. Die Kundschaft aus Berlin oder Potsdam Patienten auf ihre gespeicherten Daten in der Klinik pachtet eine „eigene“ Parzelle und bewirtschaftet sie zugreifen. So sind Termine, Diagnosen oder Röntgen online, wählt also am PC oder Smartphone aus, welches bilder auch auf dem Smartphone verfügbar. Gemüse angepflanzt und wann gedüngt oder gejätet wird. Einmal wöchentlich wird die Ernte in einer Gemü- Auch die zunehmende Anzahl an älteren Menschen sekiste nach Hause oder zur nächsten Ausgabestelle erfordert innovative, digitale Lösungen im Bereich der geliefert. Bewirtschaftet wird der Garten analog von Pflege und Versorgung. Mit dem Projekt „AAL-Muster- biozertifizierten landwirtschaftlichen Betrieben aus der wohnung – Die altersgerechte Wohnung auf dem Land“ Altmark. Das Projekt schafft somit Arbeitsplätze in der hat der Kreisverband Östliche Altmark des Deutschen Region und leistet einen Beitrag zu umweltbewusster, Roten Kreuzes (DRK) ein Versorgungsnetzwerk für ein gesunder Ernährung.
14 G U T A U F G E S T E L LT: A K T E U R E U N D A U F G A B E N I N D E N R E G I O N E N 3. Gut aufgestellt: Akteure und Aufgaben in den Regionen 3.1 Passgenaue Strukturen vor Ort Abwicklungspartner Das selbstbestimmte und eigenverantwortliche Han- deln der Regionen war eine zentrale Prämisse im Die Aufgaben des Abwicklungspartners übernahm eine Modellvorhaben Land(auf)Schwung. Den Rahmen Einrichtung der öffentlichen Verwaltung. In der Regel war hierfür bildeten allgemeingültige rechtliche Voraus- dies der Landkreis. Der Abwicklungspartner verwaltete das setzungen, ergänzt durch wenige Vorgaben vom Bun- Regionalbudget, prüfte die Förderfähigkeit der Projekte und desministerium für Ernährung und Landwirtschaft regelte die formalen Schritte im Rahmen der Förderung. (BMEL). So mussten die Förderregionen folgende Die Abwicklung von Land(auf)Schwung war somit direkt in Strukturen einrichten: eine Verwaltungsstruktur eingebettet, die über Kapazitäten verfügte, öffentliche Mittel zu bewirtschaften und gleich – Abwicklungspartner, zeitig mit den anderen, parallel ablaufenden Regionalent- – regionale Entwicklungsagentur, wicklungsprozessen vor Ort vertraut war. – Entscheidungsgremium Schließlich begünstigte die Verortung der Abwicklung im – Förderlotsen. Landkreis den Kompetenzaufbau in der Region, da so das Diese sollten die Umsetzung des Modellvorhabens angeeignete Wissen im Bereich der Projektförderung auch unterstützen und lokale Akteurinnen und Akteure nach Ende des Modellvorhabens in der Region verbleibt. in die mit Land(auf)Schwung verbundenen Entschei- dungsprozesse einbeziehen. Parallelstrukturen galt es dabei möglichst zu vermeiden. Vielmehr sollten die Regionen an bestehende Strukturen anknüpfen, Kapazitäten ausbauen und Netzwerke stärken. Ziel war ein langfristiger Kompetenzgewinn in der regi- onalen Entwicklung und der Projektförderung, der auch nach Abschluss des Modellvorhabens in der Region verbleibt. Entscheidungsgremium Im Entscheidungsgremium wurden die zu fördernden Projekte diskutiert und ausgewählt. Das Gremium setzte sich aus Vertreterinnen und Vertretern ENTSCHEIDUNGSGREMIUM verschiedenster Bereiche zusammen, zum Beispiel aus Unternehmen, der öffentlichen Verwaltung, Vereinen, Genossenschaften und der Zivilgesellschaft. In der Praxis bauten die Entscheidungsgremien dort, wo es möglich war, auf bereits vorhandenen Strukturen wie LEADER auf. So kam in den Entscheidungsgremien die Expertise aus lokalen Aktionsgruppen, Regionalbeiräten und themenspezifischen acharbeits kreisen zusammen. Dadurch konnte auf eingespielte Kommunikationswege sowie Insiderwissen zu Entwicklungsprozessen und spezifischen Bedar en in der Region zurückgegriffen werden. Dies erleichterte es, potenzielle Förderprojekte fundiert zu beurteilen und effizient zu bearbeiten Zudem sicherte die Einbindung bestehender Netzwerke das neu gewonnene Know-how zu FÖRDERLOTSE innovativen Regionalentwicklungsprojekten und den Umgang mit Zielsystemen auch über das Laufzeitende hinaus.
G U T A U F G E S T E L LT: A K T E U R E U N D A U F G A B E N I N D E N R E G I O N E N 15 Regionale Entwicklungsagentur Die regionale Entwicklungsagentur unterstützte den Abwicklungspartner und das Entscheidungsgremium und half mit, erste Ideen in entscheidungsreife Projekte zu verwandeln. Die Entwicklungsagentur fungierte als direkter Ansprechpartner für die Projektnehmerinnen und Projektnehmer und unterstützte sie bei der Umsetzung ihres Projektes. Darüber hinaus behielt die Entwicklungsagentur die strategische Ausrichtung der Region im Blick und koordinierte den Austausch der Beteiligten in der Region durch Arbeitskreise und Vernet- zungstreffen. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, sollten Abwicklungspartner und Entwicklungsagentur organisatorisch voneinander getrennt sein. Allerdings war es durchaus erwünscht, die Entwicklungsagentur an bereits vorhandene Strukturen der Regionalentwicklung anzukoppeln – zum Beispiel an die Wirtschafts- förderung oder das Regionalmanagement für LEADER. Entscheidend für eine erfolgreiche Arbeit der Land(auf)Schwung-Region war – in der Rückschau betrachtet – letztlich weniger die Organisationsform der Entwicklungsagentur. Wichtiger war, dass mit der Entwicklungsagentur neue Perspektiven in die Regionalent- wicklung eingebracht und moderierende sowie beratende Aufgaben übernommen wurden. Förderlotse Der Förderlotse hatte die Aufgabe, einen Überblick über bestehende Förderangebote zu schaffen. Die För- derung aus Land(auf)Schwung war „nachrangig“ zu anderen Fördermöglichkeiten, das heißt, dass Mittel aus Land(auf)Schwung erst zum Zuge kamen, wenn keine andere Finanzierungsmöglichkeit bestand. Hintergrund war, dass in Land(auf)Schwung neue, zusätzliche Maßnahmen zur modellhaften Regionalentwicklung unterstützt werden sollten, für die es keine anderen passenden Förderprogramme gab. Der Förderlotse sondierte also, welche Förderung für neue Projektideen infrage kam und stimmte die Aktivitäten im Modellvorhaben mit anderen Maßnahmen der ländlichen Entwicklung ab, zum Beispiel mit LEADER. Die Funktion des Förderlotsens – der je nach Region bei unterschiedlichen Einrichtungen wie dem Landkreis, der Wirtschafts- förderung oder der Entwicklungsagentur angesiedelt war – wurde idealerweise über den Förderzeitraum von Land(auf)Schwung hinaus im Landkreis verankert. Oft war der Förderlotse gemeinsam mit der Entwicklungsagentur in die Beratung potenzieller Projektnehmerinnen und Projektnehmer einbezogen.
16 G U T A U F G E S T E L LT: A K T E U R E U N D A U F G A B E N I N D E N R E G I O N E N Strukturen in Land(auf)Schwung haben sich bewährt dere die regelmäßig auftretenden Herausforderungen – von zuwendungsrechtlichen Fragen über die Motivati- Obwohl viele Regionen zu Beginn des Modellvorhabens on neuer Zielgruppen zur Mitarbeit bis hin zum Umgang an vorhandene Prozesse und Einrichtungen anknüp- mit Zielsystemen – erforderten eine intensive Kommuni- fen konnten, war die Anfangsphase stark vom Aufbau der kation und Kooperation zwischen den Akteurinnen und Land(auf)Schwung-spezifischen Umsetzungsstrukturen Akteuren vor Ort. So wurde die Verzahnung zwischen geprägt: Abstimmungswege wurden geklärt, Zuständig- Landkreisverwaltung, externen Institutionen, regionalen keiten festgelegt und alle betroffenen Akteurinnen und Unternehmen, Kommunalpolitik und Wirtschaftsförde- Akteure in das Modellvorhaben eingearbeitet. Die Ent- rung strukturiert verfolgt. Abstimmungswege wurden ge- wicklungsagenturen wurden teils ausgeschrieben, was festigt und das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. ebenfalls Zeit in Anspruch nahm. Die Strukturen in Land(auf)Schwung stell- ten zudem sicher, dass es einerseits klare Ansprechpartnerinnen und Ansprechpart- ner gab und andererseits die Unterstüt- zung der Projektnehmerinnen und Pro- jektnehmer auf mehrere Schultern verteilt war. Viele Projektverantwortliche, die über keinen Verwaltungshintergrund verfü- gen und nicht regelmäßig mit Förderpro- grammen arbeiten, benötigten intensive Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Projekte. Neben dem Abwicklungspart- ner begleiteten die Entwicklungsagentur, der Förderlotse sowie das Entscheidungs- gremium die Projektnehmerinnen und Projektnehmer von der ersten Projekt idee bis zur Umsetzung. So standen auf verschiedenen Ebenen Ansprechpersonen mit ganz unterschiedlicher Expertise be- reit, die je nach Betreuungsbedarf fachli- chen und förderrechtlichen Input anbie- ten konnten. Insbesondere die enge Zusammenarbeit zwischen Abwicklungspartner und Ent- wicklungsagentur hat sich bewährt, so- fern diese eine vertrauensvolle und abge- stimmte Aufgabenteilung vorgenommen haben. Eine Entwicklungsagentur kann Letztlich hat sich die Vorgabe der Grundstruktur – Ab- neue Perspektiven einbringen sowie Moderations- und wicklungspartner, Entwicklungsagentur, Entscheidungs- Beratungsleistungen übernehmen, treibt die Netzwerkar- gremium und Förderlotse – bewährt, nicht nur mit Blick beit voran und unterstützt den Abwicklungspartner in auf die Umsetzung und Abwicklung des Modellvorha- strategischen Fragestellungen. bens. Sie half auch dabei, neue Kooperationen zwischen verschiedenen Akteurinnen und Akteuren in der Regi- on zu erschließen, bestehende Netzwerke zu stärken und bereits vorhandene Kompetenzen in der Projektförde- rung und Regionalentwicklung auszubauen. Insbeson-
G U T A U F G E S T E L LT: A K T E U R E U N D A U F G A B E N I N D E N R E G I O N E N 17 P R A X IE SH LU N GEN 3.2 Nachhaltige Regionalentwicklung E MPF e ren Struktu im Landkreis St. Wendel Regional Land(auf)Schwung sollte an vorhandene Strukturen und Netzwerke in der Region anknüpfen und Kapazitäten ge- zielt ausbauen. So weit die Theorie – was aber passiert mit • Bei zukünftigen Fördermaßnahmen mit diesem Anspruch, wenn er in die Praxis umgesetzt wird? ähnlichem Format wie Land(auf)Schwung sollte eine Aufbau- oder Konsolidierungs- Ein Blick auf die Regionalentwicklung im Landkreis phase eingeplant werden, in der Strukturen St. Wendel macht deutlich, welche Bedeutung funktionie- eingerichtet und Projektideen entwickelt rende Strukturen für eine erfolgreiche Regionalentwick- werden. So wird gewährleistet, dass zum lung haben. Schon vor Land(auf)Schwung erkannten die Start der Förderphase die volle Arbeitsfä- Verantwortlichen im St. Wendeler Land die Regionalent- higkeit sichergestellt ist und die Projekte wicklung als Instrument, um relevante Zukunftsfelder erfolgreich starten können. gezielt zu besetzen und anzugehen. Dabei übernahm der Landkreis die Rolle des Koordinators und Ansprechpart- • Es lohnt sich, den Betreuungsbedarf von ners für die verschiedenen Akteurinnen und Akteure, die Projektnehmerinnen und Projektnehmern in der Regionalentwicklung aktiv sind. Gleichzeitig schob von Anfang an in der Planung zu berück- er gemeinsam mit seinen acht Kommunen eigene Pro- sichtigen. So sollte eine kompetente An- jekte an, zum Beispiel die Initiative „Null-Emission Land- laufstelle eingerichtet und mit ausreichend kreis St. Wendel“. Unterstützt wird der Landkreis von der Kapazitäten für Beratungstätigkeiten aus- KulturLandschaftsInitiative St. Wendeler Land (KuLanI) gestattet sein. Neben der unmittelbaren e. V., einem gemeinnützigen Verein, der als Lokale Aktions- Beratung bieten sich weitere Formate an. gruppe für die Umsetzung von LEADER zuständig ist, und In Facharbeits- und Lenkungskreisen zum der Wirtschaftsförderungsgesellschaft St. Wendeler Land Beispiel können Projekte längerfristig be- mbH (WFG). Letztere bearbeitet neben den klassischen gleitet werden. Vernetzungstreffen geben Aufgaben die Zukunftsfelder Digitalisierung, Erneuerbare Projektverantwortlichen die Möglichkeit, Energien, Gesundheitswirtschaft und Ausbildungsför- sich untereinander über Hemmnisse und derung. Die drei Institutionen – Landkreis, KuLanI und Lösungsansätze auszutauschen und aus WFG – sind in der Region und untereinander eng ver- den Erfahrungen der anderen zu lernen. netzt, was eine konzeptionell abgestimmte und zielfüh- rende Arbeit ermöglicht. • Die aktuelle Förderlandschaft macht einen fachlich kompetenten Ansprechpartner Stabile Strukturen und aktive Vernetzung unerlässlich. Diese zentrale Stelle berät in Fragen rund um Förderung und Vergabe, Mit Start des Modellvorhabens Land(auf)Schwung 2015 fungiert als Schnittstelle zwischen den konnte die Region St. Wendel somit direkt auf bereits verschiedenen regionalen Akteuren und funktionierende Strukturen zurückgreifen. Während der begleitet regionale Entwicklungsprozesse. Landkreis als Abwicklungspartner das Regionalbudget Diese Aufgaben wurden in Land(auf) verwaltete und als Bewilligungsstelle agierte, wurde die Schwung von der Entwicklungsagentur WFG mit den Aufgaben der regionalen Entwicklungs- im Zusammenspiel mit dem Förderlotsen agentur beauftragt. Sie übernahm das Tagesgeschäft des übernommen. Nach Einschätzung der Regionalmanagements, darunter die Qualifizierung von Regionen haben sich diese Strukturen Projektideen und die Betreuung der Projektnehmerinnen bewährt. und Projektnehmer. Auch von den langjährigen LEADER- Erfahrungen der KuLanI profitierte die Region St. Wendel: Der Regionalmanager der Lokalen Aktionsgruppe über- nahm für Land(auf)Schwung die Rolle des Förderlotsen und koordinierte die verschiedenen Förderangebote.
18 G U T A U F G E S T E L LT: A K T E U R E U N D A U F G A B E N I N D E N R E G I O N E N Strukturen der Regionalentwicklung im Landkreis St. Wendel Das Entscheidungsgremium, das in Land(auf)Schwung sich sehr bewährt“, bestätigt Thomas Gebel, Leiter des Quelle: Landkreis St. Wendel, verändert durch Geschäftsstelle Land(auf )Schwung die zu fördernden Projekte auswählte, bestand aus Kreisamtes Entwicklung ländlicher Raum und Ehrenamt. Schlüsselpersonen des sogenannten „Inno-Teams „Die regionale Entwicklungsagentur hat neue Perspekti- St. Wendeler Land“. Das Inno-Team ist ein Zusammen- ven in die Regionalentwicklung eingebracht und zudem schluss von über 40 besonders engagierten lokalen Ak- die tragende Rolle des ‚Kümmerers‘ übernommen.” Umso teurinnen und Akteuren aus dem regionalen Wirtschafts- wichtiger ist es, dass die neu gewonnenen Kapazitäten und und Sozialleben sowie aus Politik und Verwaltung, die Kompetenzen bei der Projektförderung und Regional- sich als Impulsgeber für die Regionalentwicklung vor entwicklung auch nach Auslaufen des Modellvorhabens Ort verstehen. erhalten bleiben. Die stabilen Strukturen vor Ort bieten dafür eine optimale Grundlage. Neben abgestimmten Fünf Jahre Land(auf)Schwung in der Region St. Wendel Konzepten, engagierten Menschen und funktionierenden machen deutlich, dass die intensive Vernetzungsarbeit Netzwerken braucht eine gelungene Regionalentwicklung und der kontinuierliche Austausch – die als integrale aber auch Geld, um konkrete Projekte zu fördern. Der Bestandteile des Modellvorhabens immer wieder einge- Landkreis St. Wendel will deshalb eine konstante Finan- fordert wurden – zu einer verstärkten Zusammenarbeit zierung der Regionalentwicklung über die Kommunal innerhalb der Region und optimierten Kommunikations- finanzen etablieren, um unabhängiger von zeitlich befris- wegen führten. „Insbesondere die Arbeitsteilung zwischen teten Förderprogrammen zu werden. Landkreis und regionaler Entwicklungsagentur hat
G U T A U F G E S T E L LT: A K T E U R E U N D A U F G A B E N I N D E N R E G I O N E N 19 3.3 „Gewinnbringend für die Region“ – Das Entscheidungsgremium im Hochsauerlandkreis Als „für die Region gewinnbringend und in der Sache zielorientiert“ bezeichnet Kreistagsmitglied Dr. Michael Schult die Arbeit des Entscheidungsgremiums rückblickend. Seit dem Start von Land(auf)Schwung im Jahr 2015 hatte er den Vorsitz des Entscheidungsgremiums der Förderregion Hochsauerlandkreis (HSK) inne. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung vor Ort war es ihm besonders wichtig, mit Land(auf)Schwung die Themen Gesundheitsversorgung und Fach- kräftesicherung voranzutreiben. Interview mit Kreistagsmitglied Dr. Michael Schult Wie bewerten Sie nun, nach fünf bringen werden. Denn vor allem konnten. Die Lenkungskreise Jahren Land(auf)Schwung, die unsere regionalen Akteure wis- sollen in der Regel auch nach Einrichtung eines Entscheidungs- sen, wo in unserer Region der Auslaufen der jeweiligen Förde- gremiums für die Umsetzung des Schuh drückt, und können so die rung weiter bestehen bleiben. Modellvorhabens? besten Lösungsansätze mit den Die Arbeit in Gremien war für die entsprechenden Partnern erar- Was bleibt vom Entscheidungsgre- meisten Mitglieder unseres Ent- beiten. mium nach Land(auf)Schwung? Ist scheidungsgremiums nicht neu. es der Region gelungen, langfristig Im Hochsauerlandkreis haben wir Kernaufgabe des Entscheidungs- Kapazitäten aufzubauen? insgesamt sehr gute Erfahrun- gremiums war es, Projektideen Über das Modellvorhaben gen mit interkommunaler und zu diskutieren und auszuwählen. Land(auf)Schwung konnten vie- überinstitutioneller Zusammen- Endete die Gremienarbeit nach der le interkommunale Netzwerke arbeit gemacht, zum Beispiel im Projektauswahl? in den beiden Handlungsfeldern Rahmen der REGIONALE 2013 Nein, denn wir haben die Pro- „medizinische Versorgung“ und bzw. 2025 in Südwestfalen und im jektnehmerinnen und -nehmer „Fachkräftesicherung“ initiiert LEADER-Prozess. Daran konnten darüber hinaus bei der Umset- werden, die auch nach der Förde- wir mit unserer Arbeit nahtlos an- zung ihrer Vorhaben oder bei der rung Bestand haben werden. schließen. Vernetzung in der Region unter- Insbesondere im Bereich der stützt. Fachkräftesicherung sind nach- Durch das große Expertenwissen in haltige Strukturen aufgebaut den Reihen unserer Mitglieder Ohnehin wurden bei vielen Pro- worden. So ist die Zusammenar- sind oftmals schon während der jekten eigene Lenkungskreise beit zwischen den mithilfe von Projektkonzipierung, also vor den eingerichtet, in die auch Mitglie- Land(auf)Schwung realisierten eigentlichen Entscheidungen, der des Entscheidungsgremiums Projekten „Heimvorteil HSK“, Impulse und Weichenstellungen involviert waren und in denen „#G.A.S.T.“ und „Hand ans Werk“ für Projekte gesetzt worden, die direkt und unmittelbar Kurskor- fest eingeplant. unsere Region langfristig voran- rekturen vorgenommen werden
20 REGIONALENTWICKLUNG NACH PLAN 4. Regionalentwicklung nach Plan 4.1 „Das Ziel ist der Weg“ – Die Bedeutung Die Zielvorgaben erfüllten gleich mehrere Zwecke. Zum von Zielen bei Land(auf)Schwung einen motivierten sie die Projektpartner vor Ort. Her- ausfordernde und dennoch erreichbare Ziele dienten als Zu Beginn des Modellvorhabens definierten die Förderre- Ansporn und stellten eine direkte Verbindung vom ein- gionen strategische Ziele in beiden Schwerpunktthemen. zelnen Projekt zur Gesamtstrategie der Region her. Zum Diese übergeordneten, eher langfristig angelegten Vorga- anderen halfen die strategischen und operativen Ziele ben unterlegten sie mit konkreteren, operativen Zielen. den Regionen, den für Land(auf)Schwung gewählten Kurs Um die operativen Ziele messbar und damit auch über- beizubehalten. Denn die Regionen überprüften nicht nur prüfbar zu machen, wurden im gleichen Arbeitsschritt die generelle Förderfähigkeit eingereichter Projektideen, Indikatoren für jedes Jahr der Projektlaufzeit festgelegt. sondern auch, wie gut das jeweilige Projekt zu den Zielen aus ihren Entwicklungsverträgen passte und welche Bei- Die sogenannten Entwicklungsverträge, die zwischen träge zur Zielerreichung zu erwarten wären. Schließlich den Regionen und dem Bundesministerium geschlossen war die jeweilige Zielerreichung auch Grundlage dafür, wurden, hielten die strategischen und operativen Ziele den Fortschritt der gesamten Region zu dokumentieren. sowie die angestrebten Zielgrößen für die Gesamtlaufzeit Dazu meldeten die 13 Förderregionen der Geschäftsstel- des Modellvorhabens fest. Bei den Entwicklungsverträ- le in der BLE in jährlichen Berichten den aktuellen Stand gen wurden auch die Bundesländer eingebunden – in der Zielerreichung. allen Fällen in beratender und unterstützender Funktion und in einigen Fällen darüber hinaus sogar als dritter Die Anwendung der Ziele in der Praxis Vertragspartner. Die in Land(auf)Schwung geförderten Projekte leisteten dann nach und nach Beiträge zur Generell galt in Land(auf)Schwung: Wenn Zielvorgaben Erreichung der Ziele. nicht erreicht werden konnten, steuerten die Förderregi- onen zunächst mit Blick auf ihre Projekte nach. Blieb dies Ziele in Land(auf)Schwung Regionsspezifischer Schwerpunkt zu: WERTSCHÖPFUNG Regionsspezifischer DASEINSVORSORGE Schwerpunkt zu: STRATEGISCHE ZIELE n langfristige Leitlinien n Vision, was mit Land(auf)Schwung erreicht werden soll n nicht direkt messbar Projekte Operative Ziele Projekte müssen zu Zielen passen der konkretisieren strategische Ziele Projekte tragen zur Zielerreichung bei Region OPERATIVE ZIELE n mittelfristig erwartete Ergebnisse n meßbar und auf konkrete Zeiträume bezogen n Erfolgskontrolle durch Indikatoren
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