Möglichkeiten demo kratischer Mitwirkung in Sachsen
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Inhalt 03 Vorwort 04 Repräsentative Demokratie – Wahlen, Abgeordnete, Parlamente 04 Parlamentarismus in Deutschland 06 Die Petition – Der direkte Draht zum Parlament 07 Europa – Gar nicht so weit weg 08 Politik in der Kommune – Gemeinderäte, Kreistage, Bürgermeister und Landräte 10 Das Volk entscheidet – Direkte Demokratie im Freistaat Sachsen 10 Volksantrag, Volksbegehren und V olksentscheid 12 Direkte Demokratie vor Ort – Möglichkeiten in Gemeinden, Städten und Kreisen 12 Einwohnerversammlung und Einwohnerantrag 12 Bürgerentscheid und Bürgerbegehren 15 Formelle Anhörungs- und Beteiligungsverfahren 15 Anhörung und Beteiligung bei der Gesetzgebung 15 Beteiligung von Kindern und J ugendlichen 16 Anhörung und Beteiligung bei Infrastrukturvorhaben 17 Früh übt sich … 18 Bauplanung in den Kommunen – Zwei Stufen der Beteiligung 18 Beteiligung in der Raumordnungsplanung 19 Europäische Bürgerinitiative
20 Informelle Beteiligungsverfahren der Beratung und des Meinungsaustauschs 21 Die »Planungszelle« – Seit 30 Jahren erprobt und bewährt 22 Der Bürgerhaushalt – Wenn es ums Geld geht 22 Der Bürgerrat 23 Das »World Café« – Vielseitig und offen 23 BürgerKompass Sachsen 2012 24 Beteiligung zur Novelle des Schulgesetzes 25 Bürgerdialog »Miteinander in Sachsen – Für eine starke Zukunft« 25 Direktformate 26 Das Sachsengespräch 26 Direkt – Michael Kretschmer im Gespräch 27 Görlitz – Eine Satzung schafft Klarheit 28 Online-Beteiligung – Mitwirkung im virtuellen Raum 28 Sachsens Plattform im Netz 29 nixlos.de – Aktivitäten im Leipziger Land 30 Rat und Tat – Wer hilft weiter? 30 Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung 31 Kommune im Dialog – Ein Angebot bei Konflikten 31 Bürgerinnen und Bürger einbeziehen 31 Konkret und praxisorientiert 32 Kommunale Herausforderungen der Zukunft 33 Dank und Hinweis
Vorwort Ministerpräsident Michael Kretschmer (© Pawel Sosnowski) Liebe Leserinnen und Leser, unser politisches System in Deutschland ist auf allen Ebenen Viele Bürger wollen sich außerdem zu Fragen des Gemeinwesens (Bund, Land, Kommune) durch die repräsentative Demokratie einbringen und gehört werden – und zwar unabhängig von geprägt. Das bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger in re- Wahlterminen, einzelnen direktdemokratischen Verfahren wie gelmäßigen Abständen ihre Vertreter (Repräsentanten) in die Volksentscheiden oder in förmlichen Verwaltungsverfahren. Gemeinde-, Stadt- oder Kreisräte, die Landesparlamente (Land- Diese Form der Bürgerbeteiligung wird oft in informellen Ver- tage, Senate), in den Bundestag oder das Europäische Parlament fahren organisiert. Das bedeutet, dass Bürger mitreden und Vor- wählen können. Dabei gilt grundsätzlich, dass die Parteien, die schläge zu einem Thema oder einem Vorhaben formulieren, je- bei Wahlen Bewerber aufstellen, in ihren Organisationen, ihren doch keine formale und verbindliche Entscheidung treffen. Landes- oder Kreisverbänden vom Engagement der Mitglieder leben. Die vorliegende Broschüre will über die große Bandbreite der Möglichkeiten politischer Mitwirkung informieren und anregen, Ergänzend gibt es auf Ebene der Länder und der Kommunen sich damit weitergehend zu befassen. (Landkreise, Städte und Gemeinden) auch verschiedene Verfah- ren, mittels derer Bürger direkt über Gesetze beziehungsweise Ich ermutige ausdrücklich alle, sich am gesellschaftlichen Leben Vorhaben entscheiden können. Die Möglichkeiten und Bedin- und im Miteinander für die freiheitliche Demokratie zu engagie- gungen dieser direktdemokratischen Verfahren unterscheiden ren. Reden Sie miteinander und beteiligen Sie sich an der Ge- sich von Bundesland zu Bundesland. staltung von Politik in unserem Freistaat. Zudem besteht die Möglichkeit, in Verwaltungsverfahren Vor- schläge oder Einwände gegenüber der Verwaltung kundzutun. Diese gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungen bestehen zum Beispiel in Planfeststellungsverfahren zu größeren Infrastruk- Michael Kretschmer turvorhaben. Vorwort | 03
Repräsentative Demokratie – Wahlen, Abgeordnete, Parlamente Parlamentarismus in Deutschland Wahl der Landesparlamente und der Gemeindevertretungen, also Kreistage und Stadt- beziehungsweise Gemeinderäte. Repräsentative Demokratie bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bei den Wahlen zum Sächsischen Landtag oder zum Deutschen Bürger eines Landes Abgeordnete und damit Vertreter (Reprä- Bundestag haben die Wähler zwei Stimmen. Mit der ersten sentanten) wählen, die in einem Parlament wie dem Deutschen Stimme werden die Direktkandidaten für den jeweiligen Wahl- Bundestag (www.bundestag.de) oder – auf Landesebene – dem kreis, mit der zweiten Stimme die Kandidatenlisten von Parteien Sächsischen Landtag (www.landtag.sachsen.de) Gesetze be- oder Wählervereinigungen gewählt. Unterm Strich wählt man schließen, den Landeshaushalt festlegen und die Arbeit der Re- mit der Zweitstimme eine Partei und beeinflusst so die Anzahl gierung kontrollieren. der Sitze einer Partei im Parlament, während mit der Erststimme einzelne Kandidaten gewählt werden. Direktkandidaten können Weil nicht alle vier Millionen Sachsen alle politischen Fragen unabhängig von einer Partei kandidieren, zumeist jedoch sind es miteinander diskutieren können, werden die Bürger im Landtag Bewerber, die von Parteien aufgestellt und unterstützt werden. durch Abgeordnete vertreten (repräsentiert). Diese Form der Ar- beitsteilung ist schon aus zeitlichen und organisatorischen Für den Landtag wie auch für den Bundestag gilt die Fünf-Pro- Gründen eine praktische Notwendigkeit. Alle demokratischen zent-Hürde, nach der eine Partei landes- oder bundesweit min- Staaten sind deshalb maßgeblich durch Formen der Repräsen- destens fünf Prozent der gültigen abgegebenen Stimmen auf tation geprägt. Ergänzend können die Bürger aber durch Volks- sich vereinen muss, damit deren Vertreter in das Parlament ein- entscheide über einzelne wichtige Sachfragen auch direkt ent- ziehen können. scheiden (vgl. Abschnitt zur direkten Demokratie unten). Diese Hürde ist der Erfahrung der »Weimarer Republik« geschul- Zu den Wahlgrundsätzen heißt es in Artikel 38 unseres Grund- det, als eine Vielzahl von sehr kleinen Parteien die Arbeit im gesetzes (GG): »Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages damaligen Reichstag erschwert und dazu beigetragen haben, werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und gehei- dass das politische System instabil wurde. Heute wird die Fünf- mer Wahl gewählt.« Diese Wahlgrundsätze gelten auch für die Prozent-Hürde in Deutschland auch bei Wissenschaftlern, Juris- 04 | Repräsentative Demokratie – Wahlen, Abgeordnete, Parlamente
Plenarsitzung im Sächsischen Landtag (© Steffen Giersch) ten und Politikern wieder vermehrt diskutiert, da durch sie grö- Dabei kann der Fall eintreten, dass eine Partei mehr Direktman- ßere Stimmenanteile »unter den Tisch fallen« können. date und damit mehr Sitze erhält, als ihr aufgrund ihres Prozent anteils bei den Zweitstimmen zustehen. Dieser Überhang bei den Der Bundestag wird für vier Jahre gewählt, der Sächsische Landtag direkt gewählten Abgeordneten wird dann durch zusätzliche – wie auch (mit Ausnahme der Bremischen Bürgerschaft) alle an- »Ausgleichsmandate« ausgeglichen. deren Länderparlamente – für eine Wahlperiode von fünf Jahren. Die Abgeordneten sind laut Grundgesetz, Artikel 38, »Vertreter Der Sächsische Landtag hat mindestens 120 Abgeordnete. Die des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden eine Hälfte wird in den 60 Wahlkreisen direkt gewählt (Erst- und nur ihrem Gewissen unterworfen«. In der Praxis formulieren stimme), die andere Hälfte gelangt über die Zweitstimme, also die Fraktionen meist eine »Fraktionsdisziplin«, die überspitzt über die Wahl der Listen ins Parlament. Bei der Wahl der Wahl- auch als »Fraktionszwang« bezeichnet wird. Das bedeutet, dass kreisabgeordneten ist ausschlaggebend, welcher Kandidat die innerhalb von Fraktionen bereits vor einer Abstimmung im Par- meisten Stimmen (»einfache Mehrheit«) auf sich vereint. lament intern in den Fraktionen diskutiert und abgestimmt wird Repräsentative Demokratie – Wahlen, Abgeordnete, Parlamente | 05
und dieses Ergebnis dann als bindend gilt. Ein echter Zwang, Die Petition – Der direkte Draht zum Parlament dass sich die einzelnen Abgeordneten daran zu halten haben, Der Bundestag sowie die Länderparlamente sind auch die Stel- existiert jedoch nicht und wäre verfassungswidrig. len, bei denen jeder Bürger eine Petition einreichen kann. Diese Bitten und Beschwerden können sehr persönlicher Natur sein Die Fraktionsdisziplin soll der Verlässlichkeit und Planbarkeit wie auch allgemeine politische Fragen betreffen. Sie können von politischen Handelns dienen. Gleichzeitig gibt es immer wieder Einzelpersonen, aber auch in gemeinschaftlicher Form, zum Bei- grundlegende Entscheidungen und Abstimmungen zu Gewis- spiel von Initiativen oder Verbänden, eingereicht werden. Ge- sensfragen, bei denen Fraktionen die Fraktionsdisziplin aufhe- nauere Informationen über die Petitionen an den Deutschen ben. Bundestag finden sich unter https://epetitionen.bundestag.de. Dort können Petitionen an den Bundestag auch elektronisch Politische Strömungen und Meinungen werden in demokratisch eingereicht werden. verfassten Staaten in der Regel in politischen Parteien organi- siert und gebündelt. Auch hierzu sei nochmal auf das Grundge- Ebenso nimmt auch der Sächsische Landtag Petitionen online setz verwiesen. Dort heißt es in Artikel 21: »Die Parteien wirken entgegen. Die den Sächsischen Landtag betreffenden Informa- an der Bildung des politischen Willens des Volkes mit. Ihre Grün- tionen zu Petitionen und deren Bearbeitung finden sich unter dung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grund- www.landtag.sachsen.de/de/mitgestalten/petition. sätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Ver wendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Das Petitionsrecht ist in der Sächsischen Verfassung verankert. Rechenschaft geben.« Artikel 35 Satz 1 lautet: Jede Person hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Darüber hinaus besagt das Parteiengesetz, dass politische Par- Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertre- teien eine bestimmte Mindestgröße und organisatorische Fes- tung zu wenden. Privatrechtliche Angelegenheiten wie etwa tigkeit haben müssen. Zudem müssen sie dauerhaft oder zumin- Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter, Probleme im Ge- dest über längere Zeit darauf hinwirken, in einem Landtag oder schäftsleben, in der Nachbarschaft oder in der Familie werden im Bundestag vertreten zu sein. Mit dem Status einer politischen jedoch nicht behandelt. Partei sind staatliche Zuschüsse verbunden, die sich nach der Zahl der Wählerstimmen richten. Bei der Bundestagswahl 2017 stellten sich 34 Parteien mit Lan- deslisten zur Wahl. Weitere acht Parteien hatten einzelne Be- werber aufgestellt. Bei der Wahl zum Sächsischen Landtag 2014 traten 14 Parteien mit Listen an. Darüber hinaus gab es bei der sächsischen Landtagswahl auch Einzelbewerber sowie zwei Ver- einigungen, die lediglich Direktkandidaten ins Rennen geschickt haben. 06 | Repräsentative Demokratie – Wahlen, Abgeordnete, Parlamente
Europa – Gar nicht so weit weg Das EU-Parlament hat 751 Abgeordnete, die sich derzeit (2018) in acht Fraktionen organisiert haben. 22 EU-Parlamentarier ge- hören keiner Fraktion an. Deutschland stellt 96 Abgeordnete, Europa – das klingt für manche nach viel Verwaltung im fernen davon kommen vier aus Sachsen. Brüssel. Dabei ist Europa hier vor Ort. Nicht nur mit Förderung von Sozialprojekten, Infrastruktur oder Innovation, sondern Wichtigste Befugnis des EU-Parlamentes ist es, das letzte Wort auch mit Abgeordneten, die sich hier für das Europaparlament zum EU-Haushalt zu haben. Dies gilt seit dem Inkrafttreten des zur Wahl stellen. Das Europaparlament wird alle fünf Jahre ge- Vertrags von Lissabon im Jahr 2009. Seitdem hat das Parlament wählt. Bei dieser Wahl gilt die in Deutschland sonst übliche gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union die Kompetenz, Fünf-Prozent-Hürde bei Parlamentswahlen nicht. über den Haushalt der EU zu entscheiden. Gebäude des Europäischen Parlaments in Straßburg (©European Union / EP Louise WEISS building / Architecture Studio) Repräsentative Demokratie – Wahlen, Abgeordnete, Parlamente | 07
Soweit sich Rat und Parlament nicht einigen können, liegt die Politik in der Kommune – Gemeinderäte, letzte Entscheidung beim Parlament. Über die Gesetze entschei- den der Rat (dies sind vor allem die Regierungschefs der Mit- Kreistage, Bürgermeister und Landräte gliedstaaten) und das Parlament in der Regel gemeinsam. Auch hier gibt es Abstimmungsverfahren, falls Rat und Parlament Besonders greifbar und konkret wird Politik auf der Ebene der unterschiedlicher Auffassung sind. Landkreise, Städte und Gemeinden. In Sachsen können die Bür- ger die Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte jeweils Das Ordentliche Gesetzgebungsverfahren verleiht dem Europä- für sieben Jahre direkt wählen. Die (Ober-)Bürgermeister und ischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union auf einer Landräte sind die politischen Spitzenvertreter der Gemeinde Vielzahl von Gebieten (zum Beispiel wirtschaftliche Ordnungs- oder des Kreises. Das bedeutet, dass sie die Vorsitzenden der politik, Einwanderung, Energie, Verkehr, Umweltschutz, Verbrau- Gemeindevertretung (Gemeinderat, Stadtrat oder Kreistag) und cherschutz) das gleiche Gewicht. Die überwiegende Mehrheit zugleich die Leiter der jeweiligen Verwaltung sind (§ 51 der aller Gesetze der EU wird vom Europäischen Parlament und vom Sächsischen Gemeindeordnung). Rat gemeinsam erlassen. Die Gemeinde- und Stadträte sowie die Kreistage werden alle Außerdem übt das Parlament die parlamentarische Kontrolle fünf Jahre gewählt. Dabei haben die Wähler maximal drei Stim- über die Europäische Kommission und den Rat der Europäischen men, die sie entweder einem Kandidaten geben oder auf mehrere Union aus. Hierfür kann es Untersuchungsausschüsse einrichten Kandidaten aufteilen können. Für eine gültige Wahl reicht es und gegebenenfalls Klage beim Europäischen Gerichtshof erhe- jedoch auch, nur eine Stimme oder zwei Stimmen zu vergeben. ben. In Sachsen kann außerdem der Bürgermeister, der ja von den Das Europäische Parlament besitzt eine Reihe von Kontrollmög- wahlberechtigten Bürgern einer Stadt oder Gemeinde direkt ge- lichkeiten. Dadurch kann es die Arbeit anderer EU-Institutionen wählt wurde, auch vorzeitig wieder abgewählt werden. Ein Bür- überwachen, die angemessene Verwendung des EU-Haushalts germeister ist nach § 51 Absatz 7 Satz 2 der Sächsischen Ge- beaufsichtigen und die korrekte Umsetzung von EU-Recht si- meindeordnung abgewählt, wenn sich für die Abwahl eine cherstellen. Mehrheit der gültigen Stimmen ergibt, sofern diese Mehrheit mindestens fünfzig vom Hundert der Bürger beträgt. Weitere Informationen finden sich unter anderem auf www.europarl.europa.eu. Um ein Abwahlverfahren einzuleiten, bedarf es eines Bürgerbe- gehrens. Dieses muss von mindestens einem Drittel der Bürger der Gemeinde unterzeichnet sein; in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern kann die Hauptsatzung ein geringeres Quo- rum, jedoch nicht weniger als ein Fünftel, festsetzen. Außerdem können die Mitglieder eines Stadt- oder Gemeinderats mit min- destens drei Viertel der Stimmen ein Abwahlverfahren in Gang setzen. 08 | Repräsentative Demokratie – Wahlen, Abgeordnete, Parlamente
Untermarkt Rathaus in Görlitz (©Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH) Apropos Mitmach- und Einflussmöglichkeiten: Wer wählen oder auch die übrigen rechtlichen Grundlagen für Wahlen auf kom- abstimmen darf, kann auch selbst kandidieren und dann viel- munaler Ebene. leicht gewählt werden. Und wer mit »den Parteien« nicht so viel anfangen kann, der kann sich gerade auf kommunaler Ebene in Ausnahmsweise sind nach § 6b Absatz 3 Satz 1 Kommunalwahl- den vielen lokalen Wählervereinigungen engagieren. Die stellen gesetz keine Unterschriften notwendig, wenn »der Wahlvor- auch Kandidaten auf und haben in Sachsen etliche Mandatsträ- schlag einer Partei oder einer mitgliedschaftlich organisierten ger in den Gemeinderäten oder Kreistagen. Wählervereinigung, die aufgrund eigenen Wahlvorschlags im Sächsischen Landtag vertreten ist oder seit der letzten Wahl im Jeder Wahlvorschlag muss eine bestimmte Anzahl an Unter- Gemeinderat der Gemeinde vertreten ist oder im Gemeinderat stützungsunterschriften erhalten. Wie viele Unterschriften einer an einer Gemeindeeingliederung oder Gemeindevereini- jeweils erforderlich sind, hängt letztlich von der Einwohnerzahl gung beteiligten früheren Gemeinde im Wahlgebiet zum Zeit- der Gemeinde ab und ist im Sächsischen Kommunalwahlgesetz punkt des Erlöschens der Mandate vertreten war«. genau aufgeschlüsselt. Im Kommunalwahlgesetz finden sich Repräsentative Demokratie – Wahlen, Abgeordnete, Parlamente | 09
Das Volk entscheidet – Direkte Demokratie im Freistaat Sachsen Volksantrag, Volksbegehren und Der Volksantrag wird beim Landtagspräsidenten eingereicht, der eine Stellungnahme der Staatsregierung einholt und über die Volksentscheid Zulässigkeit des Antrags entscheidet. Hält der Landtagspräsident den Volksantrag für verfassungswidrig, entscheidet der Sächsi- Neben der Gesetzgebung durch das Parlament gibt es auf Lan- sche Verfassungsgerichtshof. desebene auch das direktdemokratische Verfahren der Volksge- setzgebung. Die nachfolgenden Erläuterungen beziehen sich Ist ein Volksantrag zulässig, veröffentlicht ihn der Landtagsprä- dabei nur auf das im Freistaat Sachsen vorgesehene Verfahren sident einschließlich einer Begründung. Darüber hinaus gibt der und die hier geltenden Bedingungen. Landtag den Antragstellern Gelegenheit zur Anhörung. Die Möglichkeit der Volksgesetzgebung ist in der Verfassung des Wenn der Landtag dem Volksantrag nicht innerhalb von sechs Freistaates Sachsen geregelt. Artikel 70 sagt, dass Gesetzesvor- Monaten zustimmt, können die Antragsteller ein Volksbegehren lagen auch »vom Volk durch Volksantrag« initiiert werden und in Gang setzen. Ziel eines Volksbegehrens ist es, einen Volksent- Gesetze entweder vom Landtag oder »unmittelbar vom Volk scheid über den Volksantrag herbeizuführen. durch Volksentscheid« beschlossen werden können. Um einen Volksentscheid durchführen zu können, müssen min- Die direktdemokratische Mitwirkung auf Landesebene ist mehr- destens 450.000 oder aber mindestens 15 Prozent der Stimm- stufig aufgebaut, wobei der Prozess mit dem Volksantrag be- berechtigten das Volksbegehren durch ihre Unterschrift unter- ginnt. Um einen solchen Volksantrag in Gang zu setzen, bedarf stützen. Die 15-Prozent-Klausel sichert ab, dass bei einem es der Unterschriften von mindestens 40.000 Stimmberechtig- erheblichen Rückgang der Zahl an Stimmberechtigten auch die ten. Dem Volksantrag muss »ein mit Begründung versehener Hürde für ein Volksbegehren entsprechend niedriger würde. Gesetzentwurf zugrunde liegen« (Artikel 71 der Verfassung des Freistaates Sachsen). An einem Volksentscheid können alle stimmberechtigten Bürger Sachsens teilnehmen. Dabei wird mit Ja oder Nein gestimmt. Ent- scheidend ist die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. 10 | Das Volk entscheidet – Direkte Demokratie im Freistaat Sachsen
Volksgesetzgebung in Sachsen Volksantrag Volksbegehren Volksentscheid 40.000 Unterstützer bringen 450.000 Stimmberechtigte Alle stimmberechtigten Bürger Gesetzesvorlage in Landtag ein können Volksbegehren in Gang können am Volksentscheid teil- setzen nehmen. Es zählt die Mehrheit der gültigen Ja-Stimmen Bei Nichtzustimmung Landtag entscheidet seitens Landtag Für die Unterstützung müssen mindestens sechs Monate zur Die detaillierten Anforderungen und Abläufe sind im Sächsi- Verfügung stehen. Der Landtag kann zum Volksentscheid einen schen Gesetz über Volksantrag, Volksbegehren und Volksent- eigenen Gesetzentwurf beifügen. scheid und in der Verordnung des Sächsischen Staatsministeri- ums der Justiz zur Durchführung dieses Gesetzes geregelt. Zwischen einem erfolgreichen Volksbegehren und dem Volksent- Letztere enthält auch Formblätter zu einzelnen Schritten des scheid muss ein Zeitraum von mindestens drei und höchstens Volksgesetzgebungsverfahrens. sechs Monaten liegen. Dieser soll der öffentlichen Information und Diskussion des Themas dienen. Das Volk entscheidet – Direkte Demokratie im Freistaat Sachsen | 11
Direkte Demokratie vor Ort – Möglichkei Außerdem sind »Vorschläge und Anregungen der Einwohnerver- sammlung … innerhalb von drei Monaten von dem zuständigen ten in Gemeinden, Städten und Kreisen Organ der Gemeinde zu behandeln. Das Ergebnis der Behand- lung der Vorschläge und Anregungen ist in ortsüblicher Weise Die oben beschriebenen Möglichkeiten auf Landesebene haben bekanntzugeben«. ihre Entsprechungen auf der kommunalen Ebene – also in den Landkreisen, Städten und Gemeinden Sachsens. Geregelt sind Einwohnerversammlungen können allerdings nur in den Städten sie in der Sächsischen Gemeindeordnung und in der Sächsischen und Gemeinden einberufen oder beantragt werden. In den säch- Landkreisordnung. Diese beiden Gesetze werden auch als Kom- sischen Landkreisen sind sie nicht vorgesehen. munalverfassungen bezeichnet. Mittels eines Einwohnerantrags können die Bürger einer Ge- Elemente direkter Demokratie in sächsischen Kommunen sind meinde dafür sorgen, dass der Gemeinderat innerhalb von drei die Einwohnerversammlung, der Einwohnerantrag, das Bürger- Monaten eine Gemeindeangelegenheit behandeln muss. Dabei begehren und der Bürgerentscheid. gelten die oben genannten Bedingungen und Verfahren, wie zum Beispiel die Unterstützung des Antrags durch die Unter- Einwohnerversammlung und Einwohnerantrag schriften von zehn (oder gegebenenfalls weniger und mindes- Gemäß Sächsischer Gemeindeordnung sollen auf Einwohnerver- tens fünf) Prozent der Einwohner über 16 Jahren. sammlungen »allgemein bedeutsame Gemeindeangelegenhei- ten« erörtert werden. Dazu soll der »Gemeinderat mindestens Die genauen und vollständigen gesetzlichen Regelungen zur einmal im Jahr eine Einwohnerversammlung anberaumen«. Die Einwohnerversammlung finden sich in der Sächsischen Gemein- Versammlungen können auf Gemeindeteile beschränkt werden, deordnung, § 22; der Einwohnerantrag ist dort in § 23 geregelt. was insbesondere in größeren Städten sinnvoll ist. Gemeinderäte und Vertreter der Gemeindeverwaltung müssen bei den Ver- Auch in den sächsischen Landkreisen gibt es die Möglichkeit des sammlungen für Fragen zur Verfügung stehen. Einwohnerantrags. Allerdings müssen hier mindestens zehn Pro- zent der Einwohner, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, Außerdem können die Einwohner ihrerseits beantragen, dass einen Einwohnerantrag unterzeichnen, damit dieser zum Tragen eine Einwohnerversammlung einberufen wird. Der Antrag ist kommt. Das heißt, die Landkreise haben nicht die Möglichkeit, schriftlich (nicht jedoch elektronisch) einzureichen. Er muss von das Quorum auf fünf Prozent abzusenken und unterschreiben mindestens zehn Prozent der Einwohner, die das 16. Lebensjahr dürfen auf Landkreisebene nur die volljährigen Einwohner. Ge- vollendet haben, unterzeichnet sein. Allerdings können die setzliche Grundlage ist § 20 der Sächsischen Landkreisordnung. Städte und Gemeinden in ihren Hauptsatzungen einen geringe- ren Prozentsatz als Hürde festsetzen. Dieses sogenannte Quo- Bürgerentscheid und Bürgerbegehren rum darf jedoch nicht weniger als fünf Prozent betragen. Die Die Bürger in Sachsen können anstelle der Gemeindevertretun- Einwohnerversammlung ist innerhalb von drei Monaten nach gen (Gemeinde- oder Stadtrat, Kreistag) über eine Gemeinde- Eingang des Antrags durchzuführen. oder Kreisangelegenheit abstimmen und diese somit entschei- 12 | Das Volk entscheidet – Direkte Demokratie im Freistaat Sachsen
Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Sachsen Bürgerbegehren Bürgerentscheid 10 % der Stimmberechtigten einer Vorschlag wird bei Mehrheit der gülti- Kommune (in Städten und Gemeinden gen Stimmen angenommen, notwen- auch 5 % möglich) können Bürger dig ist jedoch Zustimmung von min- begehren zu einem Vorschlag in Gang destens 25 % der Stimmberechtigten setzen den. Voraussetzung für diesen Bürgerentscheid ist jedoch, dass festsetzen. Dieses Quorum darf jedoch nicht weniger als fünf vorab ein Bürgerbegehren Erfolg hatte. Außerdem kann der Prozent betragen. Stadt- oder Gemeinderat mit Zwei-Drittel-Mehrheit seiner Mit- glieder einen Bürgerentscheid beschließen. In den Landkreisen hingegen ist das Quorum auf zehn Prozent festgelegt und darf durch die Kreistage nicht abgesenkt werden. Der Vorschlag des Bürgerentscheids ist mit der Mehrheit der gültigen Stimmen angenommen. Dabei muss diese Mehrheit Das Bürgerbegehren muss einen mit Ja oder Nein zu entschei- jedoch mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten betragen. denden Vorschlag und eine Begründung enthalten. Es muss au- Der Bürgerentscheid ist einem Rats- oder Kreistagsbeschluss ßerdem einen »Vorschlag zur Deckung der Kosten oder zum gleichgestellt und kann »innerhalb von drei Jahren nur durch Ausgleich der Einnahmeausfälle der verlangten Maßnahme ent- einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden«. halten«. Ein Bürgerentscheid kann schriftlich – nicht aber elektronisch Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheidet die jewei- – von Bürgern einer Gemeinde oder eines Kreises beantragt wer- lige Gemeindevertretung, also der Gemeinde- oder Stadtrat bezie- den (Bürgerbegehren). Ein erfolgreiches Bürgerbegehren muss hungsweise der Kreistag. Ist das Bürgerbegehren zulässig, so muss von mindestens zehn Prozent der Bürger einer Kommune unter- der Bürgerentscheid binnen drei Monaten durchgeführt werden. zeichnet sein. Allerdings können die Städte und Gemeinden in Außerdem darf eine Gemeindevertretung dann keine Entschei- ihren Hauptsatzungen einen geringeren Prozentsatz als Hürde dung treffen, die dem zulässigen Bürgerbegehren widerspricht. Das Volk entscheidet – Direkte Demokratie im Freistaat Sachsen | 13
Ein Bürgerentscheid unterliegt einigen gesetzlichen Einschrän- kungen. Mit ihnen soll sichergestellt werden, dass durch einen Bürgerentscheid nicht die Handlungsfähigkeit der Kommune im Ganzen gefährdet ist. So sind etwa Bürgerentscheide über Ge- bühren und Abgaben unzulässig. Auch kann ein Bürgerentscheid nicht über Aufgaben durchgeführt werden, zu denen die Ge- meinde verpflichtet ist. Allerdings kann die Frage eines Gemein- dezusammenschlusses durchaus per Bürgerentscheid entschie- den werden. Dies war in Sachsen bisher recht häufig der Fall. Im Einzelfall kann es schwierig sein, festzustellen, ob ein Abstim- mungsgegenstand unter die Einschränkungen des § 24 Absatz 2 der Sächsischen Gemeindeordnung fällt. Aus diesem Grund bie- tet es sich an, bereits frühzeitig abzuklären, ob es sich um einen zulässigen Gegenstand für ein Bürgerbegehren handelt. Die genauen und vollständigen Gesetzestexte zu Bürgerbegeh- ren und Bürgerentscheid finden sich in den §§ 24 und 25 der Sächsischen Gemeindeordnung beziehungsweise für die sächsi- schen Landkreise in den §§ 21 und 22 der Sächsischen Landkreis- ordnung. 14 | Das Volk entscheidet – Direkte Demokratie im Freistaat Sachsen
Formelle Anhörungs- und Beteiligungsverfahren Das Bundes- und Landesrecht enthält in seiner Gesamtheit viel- Zudem ist in § 38 der aktuellen Geschäftsordnung des Sächsi- fache Anhörungs- und Beteiligungsrechte für die Bürger oder schen Landtages das Recht von Parlamentsausschüssen gere- betroffene Gruppen von Bürgern, Abgeordnete oder Gebietskör- gelt, öffentliche Anhörungen von Sachkundigen zu Gesetzge- perschaften. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich bungsvorlagen durchzuführen. Dieses Recht wird von den auf die Darstellung einer Auswahl dieser Rechte. Abgeordneten intensiv wahrgenommen. Anhörung und Beteiligung bei der Beteiligung von Kindern und Gesetzgebung Jugendlichen Formelle Anhörungs- und Beteiligungsrechte sind bei der Ge- Seit dem 1. Januar 2018 ist in Sachsen auch die förmliche Be- setzgebung in Sachsen schon in der Sächsischen Verfassung teiligung von Kindern und Jugendlichen bei Planungen und Vor- geregelt. So sind nach deren Art. 84 Abs. 2 vor Erlass von Geset- haben auf kommunaler Ebene geregelt. Auf Grundlage des § 47a zen oder Rechtsverordnungen, die allgemeine Fragen regeln, der Sächsischen Landkreisordnung und § 47a der Sächsischen welche die Gemeinden und Gemeindeverbände berühren, diese Gemeindeordnung soll ihre Beteiligung in angemessener Weise oder ihre Zusammenschlüsse anzuhören. Vor einer Gemeinde- dann erfolgen, wenn die Planungen und Vorhaben die Interessen gebietsänderung muss nach Art. 88 Absatz 2 Satz 3 der Sächsi- von Kindern und Jugendlichen berühren. schen Verfassung die Bevölkerung der unmittelbar betroffenen Gebiete gehört werden. Formelle Anhörungs- und Beteiligungsverfahren | 15
Anhörung und Beteiligung bei Ein Planfeststellungsverfahren ist das Genehmigungsverfahren für größere Infrastrukturvorhaben wie zum Beispiel der Bau von Infrastrukturvorhaben Straßen, von Eisen- oder Straßenbahntrassen, von Energielei- tungen, Flugplätzen oder Hochwasserschutzbauten. Notwendig Beteiligung von Bürgern findet auch in Verwaltungsverfahren ist das Verfahren dann, wenn durch das Vorhaben viele öffent- wie dem Planfeststellungsverfahren statt. Geregelt ist dies liche und private Interessen berührt werden. grundsätzlich im Verwaltungsverfahrensgesetz, einem Bundes- gesetz, das weitestgehend auch in Sachsen angewandt wird. Das Planfeststellungsverfahren mündet in einen Planfeststel- Daneben ist in Fachgesetzen wie Straßen- oder Eisenbahngeset- lungsbeschluss. In diese Entscheidung werden die verschiedens- zen des Bundes oder der Länder dargelegt, für welche Projekte ten Belange (zum Beispiel Verkehrssicherheit, Naturschutz) und Planfeststellungsverfahren durchzuführen sind. Interessen von betroffenen Bürgern, Behörden oder Verbänden Auch zum Bau der Hochwasserschutzmauer in Mulda gab es ein Planfeststellungsverfahren mit Beteiligung. (© Landestalsperrenverwaltung) 16 | Formelle Anhörungs- und Beteiligungsverfahren
abgewogen mit den Argumenten und Anliegen, die für das je- Der Vorhabenträger erhält nach Ablauf der Fristen sämtliche weilige Vorhaben sprechen. Dabei sollen die verschiedenen In- Stellungnahmen und Einwendungen zur Gegenäußerung. Das teressen und Belange so gut wie möglich berücksichtigt und heißt, er kann seinerseits eigene Stellungnahmen zu den Äuße- ausgeglichen werden. rungen von Bürgern oder Trägern öffentlicher Belange abgeben. Wie jedoch verläuft ein Planfeststellungsverfahren? Die Behörde Gibt es solche Gegenäußerungen, setzt die Planfeststellungsbe- oder das Unternehmen, das ein Vorhaben umsetzen will (»Vor- hörde einen öffentlich bekannt zu machenden Erörterungster- habenträger«), stellt einen Antrag auf Durchführung des Plan- min an, bei dem die Gelegenheit besteht, die Stellungnahmen feststellungsverfahrens und reicht die Planunterlagen ein. Vor- und Einwendungen mit dem Vorhabenträger zu diskutieren. Die habenträger in Sachsen können zum Beispiel das Landesamt für Betroffenen können ihre Stellungnahmen und Einwendungen Straßenbau und Verkehr, die Landestalsperrenverwaltung, pri- mündlich vortragen, während der Vorhabenträger gefordert ist, vate oder kommunale Betreiber von Bahn- oder Straßenbahn die Argumente für seine Planung darzulegen und zu prüfen, ob linien, Betreiber von Flugplätzen oder von Energieanlagen oder auf die einzelnen Einwendungen zum Beispiel durch Umplanun- -leitungen sein. gen oder Ergänzungen eingegangen werden kann. Nach Sichtung und Vollständigkeitsprüfung der Planunterlagen Mit dem Ende des Erörterungstermins ist auch die Anhörungs- führt die Planfeststellungsbehörde (in Sachsen meist die Lan- phase beendet. Eine abschließende Entscheidung trifft anschlie- desdirektion) eine umfassende Anhörung durch. Das bedeutet, ßend die Planfeststellungsbehörde. dass die Planunterlagen mit der Aufforderung zur Stellung- nahme an sämtliche »Träger öffentlicher Belange« (Fachbehör- den, Gemeinden, Energie- oder Wasserversorger, Verkehrsunter- nehmen, Verbände usw.), die in ihrer Zuständigkeit betroffen Früh übt sich … sein könnten, verschickt werden. Zusätzlich zur Beteiligung bei Planfeststellungsverfahren gibt es Gleichzeitig werden die Unterlagen in den betroffenen Gemein- Regelungen zur sogenannten »frühen Öffentlichkeitsbeteili- den einen Monat lang zur Einsicht öffentlich ausgelegt. Auf gung«. Demnach soll der Vorhabenträger bereits vor Beginn des diese Auslegung der Pläne muss »ortsüblich« hingewiesen wer- formellen Verfahrens die betroffene Öffentlichkeit über die Ziele den, was in der Regel im Amtsblatt der Gemeinde, in der örtli- von Vorhaben und die Mittel der Umsetzung informieren. Damit chen Tageszeitung und im Internet geschieht. Während dieser sollen Transparenz geschaffen, Akzeptanz gefördert und die Pla- Anhörung kann jeder begründete Einwendungen erheben, des- nung optimiert werden. sen Belange von dem jeweiligen Vorhaben betroffen sind. Dies kann auch noch bis zwei Wochen nach Ende der öffentlichen Hier gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes, § 25: »Die Auslegung erfolgen. Einwendungen per E-Mail sind grundsätz- Behörde wirkt darauf hin, dass der Träger bei der Planung von lich nicht möglich. Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, Formelle Anhörungs- und Beteiligungsverfahren | 17
die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Aus- Die zweite Stufe ist auch unter dem Begriff »öffentliche Ausle- wirkungen des Vorhabens unterrichtet (frühe Öffentlichkeitsbe- gung« bekannt. Hier muss der Öffentlichkeit die Gelegenheit teiligung).« eingeräumt werden, innerhalb der Auslegungsfrist eine Stel- lungnahme zu einem konkreten Planentwurf abzugeben. Der Der VDI (Verein Deutscher Ingenieure) hat für die Praxis früher Planentwurf muss der Öffentlichkeit allgemein zugänglich ge- Beteiligung gemeinsam mit anderen Einrichtungen die Richtlinie macht werden. Darauf wird auch in der zuvor erfolgten ortsüb- lichen Bekanntmachung hingewiesen. »VDI 7000 Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei Industrie- und Infrastrukturprojekten« erarbeitet. Weitere Information hält der An die zweite Stufe schließt sich das Kernstück jeder Bauleitpla- VDI unter anderem im Internet unter www.vdi.de/7000 bereit. nung an, nämlich die abschließende Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und unterei- nander; dabei werden alle Stellungnahmen berücksichtigt. Diese erfolgt durch einen Ratsbeschluss in öffentlicher Sitzung. Bauplanung in den Kommunen – Zwei Stufen der Beteiligung Beteiligung in der Raumordnungsplanung Auch in der Bauleitplanung (Flächennutzungsplan, Bebauungs- plan) auf kommunaler Ebene ist die Beteiligung der Öffentlich- Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen – auf Landes- keit vorgeschrieben. Hier gilt Bundesrecht, nämlich § 3 des Bau- ebene des Landesentwicklungsplans, auf regionaler Ebene der gesetzbuches (BauGB). Regionalpläne oder der Braunkohlenpläne – gilt im Prinzip ein ähnliches Verfahren wie zur Bauleitplanung beschrieben. Bei der Das Gesetz sieht in der Regel eine zweistufige Beteiligung vor. Aufstellung von Raumordnungsplänen ist gemäß § 10 des In der ersten Stufe erfolgt die sogenannte »frühzeitige Öffent- Raumordnungsgesetzes in Verbindung mit § 6 des Landespla- lichkeitsbeteiligung«. Hier muss die Gemeinde die Öffentlichkeit nungsgesetzes die Öffentlichkeit zu unterrichten und ihr Gele- über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich we- genheit zur Stellungnahme zu geben. sentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die Neben der Auslegung in öffentlichen Behörden ist der Entwurf voraussichtlichen Auswirkungen der Planung unterrichten. Der ins Internet einzustellen. Für die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Öffentlichkeit muss die Gelegenheit zur Äußerung und Erörte- Entwurf des Landesentwicklungsplanes 2013 hatte das Innen- rung eingeräumt werden. Dies kann zum Beispiel in öffentlichen ministerium erstmals eine Onlinebeteiligung durchgeführt. Da- Veranstaltungen, den verbreiteten Bürgerversammlungen oder bei floss eine Vielzahl von Einwendungen auch von privater Seite über das Internet geschehen. Je nach Planungsstand kann auch in die Abwägung ein. Die Regionalen Planungsverbände in Sach- schon ein erster Planentwurf Gegenstand der frühzeitigen Be- sen bieten diese Beteiligungsform bei der Fortschreibung der teiligung sein. Regionalpläne ebenso an. 18 | Formelle Anhörungs- und Beteiligungsverfahren
Möglichkeit, ihr Anliegen bei einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament vorzustellen. Ebenfalls innerhalb dieser Frist veröffentlicht die Kommission Europäische Bürgerinitiative eine formelle Antwort, in der sie erläutert, ob und welche Maß- nahmen sie als Antwort auf die Bürgerinitiative vorschlägt, und Mit der Europäischen Bürgerinitiative besteht die Möglichkeit, die Gründe für ihre – möglicherweise auch ablehnende – Ent- Einfluss auf die Politik der EU zu nehmen. Eine Initiative muss scheidung darlegt. von sieben EU-Bürgern aus sieben Mitgliedstaaten gestartet werden. Sie bedarf einer Million Unterstützungsbekundungen. Der vorstehende Text basiert auf der Broschüre »Leitfaden zur Eine Europäische Bürgerinitiative ist in jedem Bereich möglich, Europäischen Bürgerinitiative« (Herausgeber: Europäische Kom- in dem die Europäische Kommission befugt ist, Rechtsakte vor- mission) sowie den entsprechenden offiziellen Informationssei- zuschlagen, beispielsweise Umwelt, Landwirtschaft, Verkehr, ten. Diese finden sich unter http://ec.europa.eu/citizens-initiative/ Handel oder öffentliche Gesundheit. public/basic-facts. Rechtsgrundlage ist der Vertrag über die Europäische Union. Eine Europäische Bürgerinitiative kann jeder Staatsangehörige eines EU-Landes, der das für die Wahlen zum Europaparlament erforderliche Mindestalter erreicht hat, organisieren. Zuerst wird ein Bürgerausschuss gegründet, der sich aus min- destens sieben EU-Bürgern zusammensetzen muss, die in min- destens sieben verschiedenen EU-Ländern leben müssen. Der Bürgerausschuss ist während des gesamten Verfahrens für die Verwaltung der Initiative verantwortlich. Bürgerinitiativen können nicht von Organisationen geleitet werden. Eine Organi- sation kann jedoch eine Initiative fördern oder unterstützen, sofern dies in voller Transparenz geschieht. Binnen drei Monaten nach Eingang der Initiative werden die Organisatoren von Vertretern der Europäischen Kommission empfangen. Aus diesem Anlass können sie ihre Initiative erläu- tern. Außerdem haben die Organisatoren der Bürgerinitiative die Formelle Anhörungs- und Beteiligungsverfahren | 19
Informelle Beteiligungsverfahren der Beratung und des Meinungsaustauschs Die sogenannten informellen Beteiligungsverfahren setzen auf krete Rückmeldungen von Verantwortlichen frustrieren die Teil- Diskussion oder auf Vorschläge zu mehr oder weniger konkreten nehmer und untergraben ebenfalls die Idee von Bürgerbeteili- Themen oder Projekten. Hierbei gibt es eine enorme Vielzahl an gung. Möglichkeiten und Methoden. Ihnen gemeinsam ist, dass Politi- ker oder Verwaltungen in einem Land oder einer Gemeinde ein Grundsätzlich sollte auch gelten, bei Themen oder Vorhaben von Meinungsbild oder konkrete Vorschläge zu einem Thema oder allgemeinem Interesse möglichst alle Bevölkerungsgruppen zu einem Vorhaben erhalten. beteiligen und etwaige Schwellen zum Mitmachen möglichst niedrig zu halten. Das heißt, es sollten nach Möglichkeit zum Entscheidend ist der Hinweis, dass es sich nicht um Verfahren Beispiel verschiedene Altersgruppen sowie Menschen mit ver- handelt, mit denen Bürger über Themen oder Vorhaben ent- schiedenen Bildungsabschlüssen teilnehmen. Dies kann auf viel- scheiden. Dies ist grundsätzlich den gewählten Parlamenten und fältige Weise erfolgen. So kann der Ort oder die Zeit von Veran- Kommunalvertretungen vorbehalten – es sei denn, Bürger stren- staltungen günstig oder ungünstig für die Teilnahme einzelner gen auf Ebene eines Bundeslandes oder einer Kommune direkt- Bevölkerungsgruppen sein. demokratische Verfahren wie Bürger- oder Volksentscheide an. Diejenigen, die informelle Verfahren der Bürgerbeteiligung ini- Zudem kann man mit einer direkten Ansprache versuchen, tiieren wollen, sollten dies von Beginn an klar äußern. Schließ- auch diejenigen Bürger zu erreichen, die sich tendenziell eher lich ist einer Bürgerbeteiligung nicht gedient, wenn die Teilneh- weniger beteiligen. Auch sollten Einladungen, Informationen mer enttäuscht sind, weil sie von einem informellen Verfahren und Fragestellungen verständlich und in klarer Sprache formu- direkte Mitbestimmung oder bindende Entscheidungen – und liert sein. somit »eine andere Politik« – erwarten. Die wünschenswerte Einbeziehung möglichst aller Bevölke- Klar kommuniziert und begründet werden sollte immer auch das rungsgruppen muss jedoch nicht in jedem Fall beachtet werden. Thema, das gewählte Verfahren und der anschließende Umgang Schließlich kann es Beteiligungsformen geben, die sich an be- mit den Ergebnissen seitens der Politik und/oder der Verwaltung. stimmte Bevölkerungsgruppen wie zum Beispiel Eltern, junge Unklare Methoden oder fehlende beziehungsweise wenig kon- Menschen oder bestimmte Berufsgruppen richten. 20 | Informelle Beteiligungsverfahren der Beratung und des Meinungsaustauschs
Auch sollte Bürgerbeteiligung immer ergebnisoffen angelegt Die »Planungszelle« – sein. Dazu gehört, über ein Thema oder Vorhaben nicht einseitig oder beeinflussend zu informieren. Seit 30 Jahren erprobt und bewährt Auf den folgenden Seiten stellen wir Methoden der Bürgerbe- Eine Planungszelle ist eine Gruppe von etwa 25 zufällig ausge- teiligung vor. Angesichts der Fülle an Möglichkeiten, denkbarer wählten Bürgern, die für etwa eine Woche Lösungsvorschläge Kombinationen und Varianten kann dies nur eine begrenzte Aus- für ein vorgegebenes Planungsproblem erarbeiten. Die Themen wahl von sehr verbreiteten oder besonders interessanten Me- sollten konkret und angemessen dimensioniert sein. Die Ergeb- thoden sein. Umfangreichere Darstellungen finden sich im In- nisse werden in einem sogenannten Bürgergutachten zusam- ternet derzeit unter anderem auf folgender Internetseite: www. mengefasst und politischen Entscheidern (zum Beispiel Stadt- beteiligungskompass.org. räten oder Kreistagen) als eine Grundlage für Beratungen und Entscheidungen zur Verfügung gestellt. Die Planungszelle eignet sich insbesondere für konkrete Vorhaben vor allem auf kommu- naler Ebene. Bürgerrat 12 –18 zufällig gewählte Bürger Gemeinsame Erklärung Kommune Ergebnis eines moderierten Work- Bürgerräte zum Umgang mit shops mit den Bürgerräten den Vorschlägen Bürgerversammlung Austausch zwischen Bürger räten, Politik, Verwaltung und Bevölkerung Quelle: Büro für Zukunftsfragen, Amt der Vorarlberger Landesregierung Informelle Beteiligungsverfahren der Beratung und des Meinungsaustauschs | 21
Je mehr Menschen sich äußern oder über ein Thema diskutieren, Ursprünglich kommt das Modell Bürgerhaushalt aus Brasilien. desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dabei die verschiede- In deutschen Kommunen geht es meist um die Vermittlung der nen Meinungen oder Interessen zum Ausdruck kommen können. Haushaltslage gegenüber der Öffentlichkeit, die verknüpft wird Um diese Repräsentativität zu erhöhen, arbeiten in der Regel meh- mit Vorschlägen der Bürger zu konkreten Investitions- oder rere Planungszellen parallel zum gleichen Thema. Zudem wird bei Sparmaßnahmen. der Auswahl der Teilnehmer darauf geachtet, dass möglichst alle in der Sache kontroversen Meinungen vertreten sind und darge- Das bedeutet, dass die Kommune die Bürger zunächst über den stellt werden können. Um Meinungsführerschaften zu reduzieren, Haushalt, also Einnahmen und Ausgaben, informiert. Anschlie- wird die Planungszelle immer wieder in wechselnde Kleingruppen ßend können die Bürger in öffentlichen Versammlungen oder (zum Beispiel fünf Gruppen à fünf Personen) unterteilt. über das Internet Vorschläge einbringen und angeben, wofür das Geld vorrangig ausgegeben werden soll. Diese Vorschläge wer- Bei ihren Beratungen werden die zufällig ausgewählten Bürger den dann von der Verwaltung auf ihre Machbarkeit sowie Kosten durch professionelle Moderation unterstützt. Erforderliche fach- oder Einsparungen hin geprüft und anschließend zur Diskussion liche Informationen zum jeweiligen Thema gewinnen die Teil- und Beschlussfassung in den Gemeinderat eingebracht. Zum nehmer durch Anhörung und Befragung von Fachleuten und Abschluss berichtet der Rat, welche Vorschläge der Bürger an- Vertretern von jeweiligen Interessengruppen. genommen und umgesetzt werden. Die Grundlage für die oben stehenden Ausführungen und wei- Weitere Informationen und Praxisbeispiele zum Bürgerhaushalt tere Informationen finden sich unter www.planungszelle.de. finden sich unter anderem auf der Seite www.buergerhaushalt. org. Der Bürgerhaushalt – Der Bürgerrat Wenn es ums Geld geht Beim Bürgerrat werden mit zufällig ausgewählten zwölf bis 18 Im Bürgerhaushalt nehmen Bürger an der Erstellung des Ent- Bürgern einer Gemeinde, einer Region oder eines Landes Lösun- wurfs für den Gemeindehaushalt teil. Im Unterschied zu anderen gen für konkrete Herausforderungen ausgearbeitet. Er ist – wie Beteiligungsverfahren stehen im Zentrum dieses Beteiligungs- auch die übrigen informellen Verfahren – ein Instrument der verfahrens finanzielle Aspekte. Die Bürger entscheiden entweder Beratung und der Zusammenarbeit von Bürgern, Politik und Ver- auf der Grundlage einer Diskussion im Rahmen besonderer Tref- waltung. Durch die Teilnahme am Bürgerrat beschäftigen sich fen oder online beziehungsweise auf der Grundlage von Kombi- Menschen eigenverantwortlich mit den Problemen ihrer Lebens- lösungen. Beim Bürgerhaushalt sollte es sich um einen auf welt und suchen selbst nach möglichen Lösungen. Dauer angelegten Prozess handeln. Die Verwaltung muss über den Umgang mit den Ergebnissen und über die Diskussion im Bürgerräte können – je nach Zielsetzung oder Thema – in ver- Rat Rechenschaft ablegen. schiedenen Formen und mit verschiedenen Teilnehmergruppen 22 | Informelle Beteiligungsverfahren der Beratung und des Meinungsaustauschs
durchgeführt werden. Zu einem Bürgerrat kann themenbezogen Die Teilnehmer sitzen meist mit je vier bis sechs Personen an Ti- (konkretes Projektvorhaben, bestimmtes Politikfeld) oder offen schen und erörtern bestimmte Fragen. Die gemeinsam entwickel- eingeladen werden. Das gemeinsam entwickelte Statement wird ten Diskussionsergebnisse werden auf Papiertischdecken oder anschließend öffentlich präsentiert und mit Politik, Verwaltung großen Papierbögen (zum Beispiel »Flipchart«-Bögen) festgehalten. und Bürgern diskutiert. Danach löst sich der Bürgerrat wieder auf und ist damit auch keine Konkurrenz zum bestehenden po- Nach 20 bis 30 Minuten wechseln die Teilnehmer an andere Ti- litischen System, sondern eine sinnvolle Ergänzung. sche. Lediglich einer der Teilnehmer, der zu Beginn von den Teil- nehmern auserkorene sogenannte »Tischgastgeber«, bleibt je- Ein Bürgerrat wird meist aus einer repräsentativen Zufallsaus- weils am Tisch sitzen. Er erläutert den »neuen« Teilnehmern an wahl an Bürgern zusammengesetzt, sodass »ganz normale« Per- seinem Tisch die bisherigen Diskussionsergebnisse. Auf diese sonen im Rat vertreten sind und nicht Vertreter von Interessens- Weise werden die verschiedenen Ideen und Lösungsansätze aus- gruppen. Ebenso wird durch die Zufallsauswahl erreicht, dass getauscht. Abschließend werden die zentralen Ideen der Ge- unterschiedliche Interessen und Ansichten an einem Tisch Platz samtheit aller Teilnehmer (»Plenum«) erläutert und diskutiert. finden. Während der Veranstaltungen oder im Anschluss daran kann es sinnvoll sein, über eine Onlinebeteiligung die Gruppe der Disku- tanten und Auffassungen zu vergrößern. Dies gilt vor allem Das »World Café« – Vielseitig und offen dann, wenn die Ergebnisse des Plenums feststehen und dazu eine weitere Onlinebefragung stattfindet. Ziel ist hier festzustel- Das sogenannte »World-Café« ist eine vielfach erprobte Me- len, ob die Ergebnisse der Teilnehmer auch von weiteren Nutzern thode, die sich in unterschiedlichen Zusammenhängen an geteilt werden. (siehe dazu das Kapitel: Online-Beteiligung – wenden lässt. Sie ermöglicht, verschiedene Sicht- oder Heran- Mitwirkung im virtuellen Raum, S. 28) gehensweisen kennenzulernen, Ziele zu bestimmen oder Problemlösungen zu erarbeiten. Das »World Café« eignet sich für BürgerKompass Sachsen 2012 kleine Gruppen ebenso wie für große Diskussionsveranstaltun- Gerade das Format des »World Cafés« lässt sich vielfältig variie- gen mit Hunderten von Teilnehmern. ren und mit weiteren Methoden oder Formaten verknüpfen. So hat die Sächsische Staatsregierung im November 2012 den so- Im Kern geht es darum, mit offenen und zugleich konkreten genannten BürgerKompass durchgeführt. Dabei haben rund 170 Fragen eine Diskussion zu eröffnen und zu strukturieren. Dabei zufällig ausgewählte Bürger aus Sachsen in bestimmten The- sollen möglichst alle Teilnehmer zu Wort kommen können. Be- menfeldern anhand selbst erarbeiteter Beurteilungsmaßstäbe züglich der Fragen kann es sinnvoll sein, diese im Voraus mit die Politik der Landesregierung beurteilt und Vorschläge formu- einigen der eingeladenen Teilnehmer zu formulieren, um auf liert. Die Themen wurden zuvor von einer aus den Teilnehmern diese Weise eine am Ziel orientierte Diskussion zu ermöglichen. bestehenden Vorbereitungsgruppe identifiziert. Die Veranstal- Gerade bei größeren Gruppen verlöre man viel Zeit, wenn tung lief im Wesentlichen wie ein »World Café« ab, wurde aller- zunächst die Fragestellungen gemeinsam auszuformulieren dings technisch umfangreich unterstützt. Dazu gehörte, dass wären. über die von den Tischgruppen erarbeiteten Ergebnisse jeweils Informelle Beteiligungsverfahren der Beratung und des Meinungsaustauschs | 23
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