Barrierefreies Bauen in öffentlich zugänglichen Gebäuden
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Inhalt Einleitung 3 Rechtliche Grundlagen 6 Technische Baubestimmungen - DIN 18040-1 12 Gestaltungs- und Ausstattungsmerkmale 16 Barrierefreiheit und Denkmalschutz 38 Fördermöglichkeiten barrierefreien Bauens 40 Normen und weiterführende Informationen 55 Impressum 56 Diese Handreichung wurde vom „Örtlichen Teilhabemanagement“ Landkreis Saalekreis erstellt. Das Projekt „Örtliches Teilhabemanagement im Landkreis Saalekreis“ ist Bestandteil des Landesprogrammes „Örtliches Teilhabemanagement“ und wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt gefördert.
Einleitung Jede und jeder macht im Alltag Erfah- Ziel einer zuverlässigen Erreichbarkeit rungen, die eine barrierefreie Aus- von Angeboten des täglichen sowie des stattung notwendig machen. Etwa die kulturellen, touristischen und sozialen kurzweilige Mitnahme eines Gepäck- Bedarfs. stücks, das Schieben des Kinderwagens oder das Gehen mit Unterarmstützen mit Das Wissen um barrierefreies Planen einem gebrochenen Bein zeigt deutlich, und Bauen stellt somit hohe Ansprüche dass längst nicht nur Menschen mit (er- an Planer/innen. Daher ist das Ziel der worbenen oder angeborenen) Behinde- vorliegenden Broschüre, insbesondere rungen von Barrierefreiheit profitieren. Mitarbeiter/innen der öffentlichen Bau- verwaltung und Unternehmer/innen „So ist bekannt, dass eine barrierefrei wesentliche Informationen zur barriere- zugängliche Umwelt für etwa 10 % freien Gestaltung von Bereichen öffent- der Bevölkerung zwingend erforder- lich zugänglicher Gebäude zur Verfügung lich, für etwa 30 bis 40 % notwendig zu stellen. Darüber hinaus stellt die und für 100 % komfortabel ist (…)“¹ Broschüre eine Auswahl an Fördermög- lichkeiten zum barrierefreien Bauen vor. Barrierefreiheit beschränkt sich al- lerdings nicht nur auf die stufenfreie Im ersten Teil wird in die Thematik der Herrichtung eines Gebäudes oder die Barrierefreiheit mit einem definitori- akustische Signaleinrichtung von Ampel- schen und einem rechtlichen Teil ein- anlagen. Barrierefreiheit stellt insbeson- geführt. Im Anschluss daran erfolgt ein dere für Menschen mit Behinderungen Überblick zu technischen Anforderungen eine Grundvoraussetzung dar, ohne die für eine barrierefreie Planung einzelner sie in ihrem jeweiligen Sozialraum nicht Gebäudebereiche. Im dritten Teil wird aktiv teilhaben können. Die Qualität und eine Auswahl an Bundes- sowie Landes- das Maß einer barrierefreien Lebens- fördermöglichkeiten vorgestellt, um raumgestaltung entscheidet demnach Barrieren zu vermeiden oder abzubauen. über das Einbezogensein in Lebens- welten, folglich über In- oder Exklusion. Die vorliegende Handreichung nimmt im Wesentlichen Menschen mit Behinde- Vor dem Hintergrund des demografi- rungen in den Blick, ohne dabei andere schen Wandels und insbesondere in in ihrer Mobilität beeinträchtige Perso- ländlich geprägten Regionen ist eine nengruppen außer Acht zu lassen. barrierefreie Gestaltung des Wohn- und Lebensumfeldes ein wesentlicher Aspekt bei der Wahl des Lebensmittelpunktes. Eine Gesellschaft, die zunehmend älter wird, benötigt kurze Wege mit dem ¹ Neumann, Peter & Reuber, Paul: Ökonomische Impulse eines barrierefreien Tourismus für Alle - Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, 2004, S. 13 3
Was ist Barrierefreiheit? Eine allgemeingültige zielgruppenspezifi- Zu vermeiden sind daher unspezifische sche Definition von Barrierefreiheit gibt Formulierungen wie „behindertenge- es nicht. Barrieren, mit denen Menschen recht“. Sie suggerieren eine vollumfäng- mit Behinderungen konfrontiert sind, liche Barrierefreiheit, egal welche Form sind vielfältig. Sie reichen von bau- der Beeinträchtigung zugrunde liegt. Zu lichen Hürden (z.B. Stufen, Treppen), vermeiden sind ebenfalls Begriffe, die über visuelle-taktile Hindernisse (z.B. auf „-freundlich“ enden. Diese Ausdrucks- fehlender Leitstreifen an der Ampel) weise meint die Berücksichtigung von und umfassen auch auditive Erschwer- Behinderung in lediglich einem Bereich. nisse (z.B. fehlende Induktionsschleife So kann ein Gebäude als behinderten- in Räumen oder keine vorhandene freundlich gelten, weil es eine Aus- Gebärdensprachübersetzung). schilderung in Leichter Sprache vorhält, jedoch mit Stufen den Zugang für Nutzer/ Im Rahmen der vorliegenden Hand- innen eines Rollstuhls verwehrt. reichung wird Barrierefreiheit insbe- sondere im Kontext der Mobilitäts- und Ist ein Objekt, ein Flächengebiet oder Sinnesbeeinträchtigungen thematisiert. eine Dienstleistung barrierefrei, dann ist Barrierefreie Gestaltung des Lebensum- damit die Gestaltung im Sinne des Prin- feldes umfasst darüber hinaus auch die zips „Design für Alle“ gemeint. Demnach Lebenswelt von Menschen mit kognitiven können alle Menschen, mit oder ohne und psychischen Beeinträchtigungen. Einschränkung, uneingeschränkt an allen Angeboten des Objektes teilhaben bzw. Aufgrund der unterschiedlichen Verwen- diese nutzen. Dies spiegelt den heutigen dungsweise des Begriffs der Barriere- Gedanken von Inklusion wider, nach dem freiheit kann für Personen, welche auf Menschen mit Behinderungen gleichbe- sie angewiesen sind, genauer präzisiert rechtigte Mitglieder der Gesellschaft sind. werden. • rollstuhlgerecht/-geeignet • blindengerecht • gehörlosengerecht • geeignet für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen • geeignet für Menschen mit psychischen Erkrankungen 4
Barrierefreiheit und Behinderung Der moderne Behinderungsbegriff Dennoch lässt sich hieraus keine Genera- zeichnet sich durch ein Wechselwir- lisierung ableiten - für jeden Menschen kungsmodell aus, nach dem Behinderung sind Umweltbedingungen entweder eine aus dem Zusammenspiel von individu- Barriere oder eine essentielle Voraus- ellen Gesundheitsstörungen und einstel- setzung: Der abgesenkte Bordstein ist lungs- und umweltbedingten Barrieren für Rollstuhlfahrer/innen förderlich, für erst entsteht. Das heißt, fehlende einen blinden Menschen dagegen kann Barrierefreiheit ist eine Ursache für Be- dieser Umstand gefährlich sein. hinderung, da hierdurch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist. Das bio-psycho-soziale Modell der WHO veranschaulicht die Wechselwirkungen zwi- schen Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren. 5
Rechtliche Grundlagen Welche Gesetze müssen beachtet werden, wenn man barrierefrei bauen möchte? © Ingo Bartussek - stock.adobe.com
Den Variationen von Barrieren versucht „ohne besondere § 4 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) des Bundes gerecht zu werden, Erschwernis“ indem es Barrierefreiheit wie folgt Zugang und Nutzung ist für Menschen definiert: mit Behinderungen ohne zusätzliche, komplizierte Vorkehrungen möglich. „Barrierefrei sind bauliche und sons- tige Anlagen, Verkehrsmittel, techni- Die Nutzung von Hinter- und Seiten- sche Gebrauchsgegenstände, Systeme eingängen kann eine „besondere Er- der Informationsverarbeitung, akusti- schwernis“ darstellen, da ein höherer sche und visuelle Informationsquellen Zeitaufwand zur Bewältigung des Weges und Kommunikationseinrichtungen nötig ist. sowie andere gestaltete Lebensberei- che, wenn sie für Menschen mit Be- Beispiel: Die von der Deutschen Bahn hinderungen in der allgemein üblichen geforderte notwendige Voranmeldung Weise, ohne besondere Erschwernis bei Fahrten im Nah- und Fernverkehr und grundsätzlich ohne fremde Hilfe stellt eine „besondere Erschwernis“ auffindbar, zugänglich und nutzbar dar. sind. Hierbei ist die Nutzung behinde- rungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“ Der Legaldefinition sind fünf sogenannte „grundsätzlich ohne fremde unbestimmte Rechtsbegriffe zu ent- nehmen, die nachfolgend näher erläutert Hilfe“ werden. Vorzug derjenigen technischen Lösung, die ohne Inanspruchnahme zusätzlicher Unterstützung von allein bedient oder erreicht werden kann. „allgemein übliche Weise“ Beispiel: Eine Rampe ist so gebaut, Zugang und Nutzbarkeit erfolgt für alle dass ein/e Rollstuhlnutzer/in alleine Personen auf dieselbe Weise das Gebäude erreichen kann, ohne ge- schoben oder getragen zu werden. Beispiel: Eine Treppe am Vorderein- gang eines Gebäudes ist nicht in der Hinweis: Das Wort „grundsätzlich“ „allgemein üblichen Weise“ nutzbar, weist darauf hin, dass eine fremde wenn Menschen mit Behinderungen Hilfe nicht in jedem Fall zu vermeiden auf einen Hintereingang verwiesen ist. werden. 7
„Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel“ Die Weiterentwicklung der Hilfsmittel- technik ist im Planungsumfang der Bar- rierefreiheit zu berücksichtigen. Es ist die Frage zu klären, welcher Stan- dard des Hilfsmitteleinsatzes von Planer/ innen vorausgesetzt werden darf. Dem Bundesgesetz folgt im Wesentlichen auch das Behindertengleichstellungsge- setz des Landes Sachsen-Anhalt. Für sich genommen resultieren aus der gesetz- lichen Begriffsbestimmung noch keine Umsetzungspflichten zum barrierefreien Neu-, Aus- und Umbau. Hierzu bedarf es der systematischen Betrachtung ver- wandter gesetzlicher Grundlagen, wie der Bauordnung Sachsen-Anhalts, dem Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) sowie der Behindertenrechtskonvention der Ver- einten Nation (UN-BRK). 8
Barrierefreiheit im Sinne der Behindertenrechtskonvention Die UN-BRK ist ein Völker- und Men- Über die Definition der Zugänglichkeit schenrechtsvertrag, dem die Bundes- hinaus verpflichteten sich die Vertrags- republik Deutschland mitsamt den staaten mit der Unterzeichnung der Bundesländern per Ratifikation bei- Konvention zu Maßnahmen, die das Ziel getreten ist. Seit 2009 ist sie geltendes eines gleichberechtigten Zugangs haben Bundesrecht und gilt somit neben dem sowie Zugangshindernisse festzustellen BGG des Bundes. Zudem konkretisiert und diese zu beseitigen. Neben Art. 9 sie das im Grundgesetz verankerte Be- geht die Konvention an anderen Stellen nachteiligungsverbot aufgrund einer auf verschiedene Lebensbereiche ein, die Behinderung. Das Grundgesetz ist völker- zugänglich sein sollen, etwa im Bildungs- rechtsfreundlich im Einklang mit der wesen (Art. 24), im Gesundheitswesen Konvention auszulegen: (Art. 25) sowie im kulturellen, Erholungs-, Freizeit- und Sportbereich (Art. 30). „Niemand darf wegen seiner Behinde- Damit reichen die Anforderungen der rung benachteiligt werden.“ UN-Behindertenrechtskonvention an die Vertragsstaaten weit über die Maßgabe Art. 9 UN-BRK normiert die Zugänglich- des BGG von Bund und Ländern, die keit („accsessibility“). Hiernach besteht lediglich auf staatlich gestaltete Lebens- das Ziel der Zugänglichkeit darin, Men- bereiche sowie auf Neu- und Umbauten schen mit Behinderungen eine unabhän- Bezug nehmen, hinaus. Die Konvention gige Lebensführung und selbstbestimmte stellt eine Auslegungshilfe für nationale Teilhabe zu ermöglichen. Konkret geht es Bauvorschriften dar und ist bindendes darum, Recht in der Bundesrepublik Deutschland. „Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physi- schen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, ein- schließlich Informations- und Kommu- nikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten.“ 9
Barrierefreiheit in den Landesgesetzen Sachsen-Anhalts Neben einer allgemeinen Definition von Geschosses vor und bestimmt, dass die Barrierefreiheit enthält die Bauordnung Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, des Landes Sachsen-Anhalts in § 49 ein Bad sowie die Küche oder die Koch- BauO LSA Vorschriften zum barriere- nische mit dem Rollstuhl zugänglich sein freien Bauen, insbesondere zu baulichen müssen. Anlagen. Das Gesetz sieht vor, dass öffentlich zugängliche bauliche Anlagen Aus dem Gesetz über den Öffentli- in den Bereichen, die dem allgemeinen chen Personennahverkehr des Landes Besucher/innenverkehr dienen, von Sachsen-Anhalt (ÖPNVG LSA) resultieren Menschen mit Behinderungen, alten Förderprogramme des Landes zur bar- Menschen und Personen mit Klein- rierefreien Gestaltung von Bahnanlagen kindern barrierefrei erreicht und ohne (Schnittstellen- und Bahnhofsprogramm). fremde Hilfe zweckentsprechend genutzt Gefördert werden u.a. durch die Installa- werden können. Die Bauordnung sieht tion von Rampen und Aufzügen im Zuge beim Neubau von Wohngebäuden mit der Modernisierung und Sanierung von mehreren Wohnungen die Verpflich- Verkehrsstationen bzw. bei Neubauten. tung zur Schaffung einer barrierefreien Erreichbarkeit von Wohnungen eines Verpflichtung zur Barrierefreiheit Objektiv resultiert aus § 8 Abs. 1 BGG Subjektiv lassen sich Rechte auf eine und § 49 der Bauordnung Sachsen-Anhalt barrierefreie Gestaltung der Lebensbe- die Verpflichtung zur Gewährleistung reiche nicht pauschalieren, es kommt auf von Barrierefreiheit bei Neu- und Um- die einzelfallbezogene Betrachtung an. bauten. Diese sind „entsprechend den Als Faustregel gilt: allgemein anerkannten Regeln barriere- frei“ zu gestalten. Dies trifft einerseits „Wo Barrierefreiheit generell vorge- auf Behörden unmittelbar zu, indem sie schrieben ist, sollten Ansprüche auf in ihrem eigenen Bereich, der öffentlich individuelle Hilfen entfallen können.“³ zugänglich ist, Barrierefreiheit zu ge- währleisten haben. Andererseits werden Umso bedeutungsvoller ist daher das (Bau-)Behörden verpflichtet, privaten Bewusstsein von baugenehmigenden Rechtsträgern im Zuge der Erteilung Behörden für die Bedarfe von Menschen einer Baugenehmigung Barrierefreiheit mit Behinderungen, um wirkungsvoll vorzuschreiben. Barrierefreiheit in möglichst vielen Be- ³ Welti, Felix. (2013). Barrierefreiheit als Rechtsbegriff. In: ders.: Rechtliche Instrumente zur Durch- setzung von Barrierefreiheit. Kassel: kassel university press GmbH, S. 28 10
reichen des täglichen Lebens voranzu- treiben. Je ungenauer die Anforderungen des BGG LSA durch Bauträger und Be- hörden umgesetzt werden, desto höher liegt die Verantwortung zum Ausgleich fehlender Barrierefreiheit aufseiten der Menschen mit Behinderungen. Sie sind mithin auf die Leistungen der Sozial- leistungsträger angewiesen, etwa für die Genehmigung der Wohnraumanpassung durch die gesetzliche Pflegeversicherung. 11
.com dobe tock.a blick - s ustrie © ind Baubestimmungen Technische 12
Zur Realisierung des Anspruchs einer Konkretisierung allgemeiner Anforde- barrierefreien Gestaltung von Gebäuden rungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte verweisen die maßgeblichen Gesetze und andere Anlagen und Einrichtungen. (§ 13 BGG LSA) auf die „allgemein an- Konkretisiert werden die landesrecht- erkannten Regeln der Technik“. Die lichen Abweichungen in den Anlagen für Normen dienen der Umsetzung des Ziels die Verwaltungsvorschrift zur Einfüh- einer baulichen Barrierefreiheit, wie sie rung Technischer Baubestimmungen. Sie in § 4 BGG definiert ist. Darüber hinaus können abgerufen werden unter dem berücksichtigen sie auch die Nutzungser- folgenden Link: leichterung etwa für ältere Mitmenschen oder Personen mit Kleinkindern. https://mlv.sachsen-anhalt.de/ Die bauaufsichtliche Einführung der DIN themen/bauen-und-wohnen/ 18040-1 bis 3 erfolgte entsprechend der oeffentliches-baurecht/#c243820 Vorgabe aus § 85a Abs. 5 BGG LSA. Der Landesgesetzgeber ist demnach ermäch- tigt, eine Verwaltungsvorschrift zur Ein- führung Technischer Baubestimmungen (VV TB) zu erlassen. Diese dienen der Zentrale Begriffe der DIN 18040-1 Zwei-Sinne-Prinzip stufenlos Informationen werden gleichzeitig auf • bezeichnet die mit Mobilitätshilfen zwei Wegen übertragen (z.B. visuelle und befahrbaren Oberflächen, die Kanten, akustische Information) Schwellen und Neigungen aufweisen können • bis zu 3 cm gilt als stufenlos Bewegungsfläche Flächenbedarf für Personen mit Mobili- tätshilfen (Rollstuhl, Rollator, etc.) zur barrierefreien Nutzung von baulichen Anlagen 13
DIN 18040-1:2010-10 Dieser Normteil ist anzuwenden für die barrierefreie Planung, Ausführung und Motorische Ausstattung von öffentlich zugänglichen Gebäuden und deren Außenanlagen, die Einschränkungen der gebäudetypischen Nutzung dienen. • Funktionseinschränkungen von Kopf, Körper und Gliedmaßen (z.B. Geh- bzw. Anzuwenden ist die DIN 18040-1 als Bewegungseinschränkungen, Verlust Planungsgrundlage für: oder Teilverlust von Gliedmaßen) • allgemeine Anforderungen: • öffentlich zugängliche Gebäude, › größere Bewegungsflächen durch • für deren Außenanlagen (zur Erschlie- Nutzung von Rollstuhl oder ßung der Gebäude) und Gehwagen • für Neubauten bzw. sinngemäß auch › Zugänglichkeit stufenlos, Rampe für Umbauten und Modernisierungen oder Aufzug › Schwellenlosigkeit Zu den öffentlich zugänglichen Gebäuden › Unterfahrbarkeit am Tisch, Tresen gehören in Anlehnung an § 49 BGG LSA: und Waschbecken › angepasste Greifbereiche • Einrichtungen der Kultur und des › leichte Bedienbarkeit wegen ver- Bildungswesens, minderter Kraft • Sport- und Freizeitstätten, • Einrichtungen des Gesundheitswesens, • Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude, • Verkaufs-, Gast- und Beherbergungs- stätten und • Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen In ihrem allgemeinen Bereich nimmt die DIN 18040-1 eine nähere Bestimmung wesentlicher Begriffe vor. Diese sollen nachfolgend in abgewandelter Formulie- rung erläutert werden: 14
Sensorische Kognitive Einschränkungen Einschränkungen • Einschränkungen der sensorischen Fä- • Einschränkung der Wahrnehmung higkeiten (Sinne: sehen, hören, riechen, durch verminderte Aufmerksamkeit schmecken und tasten) und Informationsaufnahme sowie • Sehbehinderung: Funktionseinschrän- vermindertes Erkennen, Verstehen kung des Sehsinns und/oder des und demzufolge verzögertes re- Sehvermögens, visuelle Orientierung agieren auf neue Informationen (z.B. jedoch möglich durch neurologische oder psychische • Blindheit: Ausfall des Sehvermögens Erkrankungen, Hirnverletzungen, bzw. so geringe Lichtwahrnehmungs- Hirnleistungsstörungen, Demenz, fähigkeit, sodass eine taktile und Suchtkrankheiten) akustische Orientierung und Informa- • allgemeine Anforderungen: tionsbeschaffung notwendig ist. Häufig › Verwendung der Leichten Sprache anzutreffende Hilfsmittel sind der Blin- › Verwendung von Bildzeichen wie denstock oder der Blindenführhund. Piktogrammen zur Ergänzung von • Hörbehinderung: Funktionseinschrän- Texten kung oder Ausfall des Hörvermögens › übersichtliche Grundrissgestaltung • allgemeine Anforderungen: › einfache, intuitive Kennzeichnung › Wahl geeigneter Materialeigen- von Geschossen, Gebäudetrakten, schaften und Oberflächenformen Eingängen und Wohnbereichen (z. B. entspiegeltes Glas, matte (z.B. mittels Farbkonzept) Oberflächen) › konsequente Umsetzung des sog. › geeignete Anordnung (z. B. ge- Zwei-Sinne-Prinzips neigte Sichtflächen) › erkenn- und unterscheidbare akustische Informationen als Töne oder Tonfolgen bei Alarm- und Warnsignalen › gute unterscheidbare taktil er- fassbare Orientierungshilfen durch Form, Material, Härte und Oberflächenrauigkeit › kontrastreiche Bodenbeläge und Türen zur Unterscheidung anderer Flächen 15
om be.c k.ado stoc a- i re luci la ©c Gestaltungs- und Ausstattungsmerkmale für öffentlich zugängliche Gebäude 16
Zugänge zum Gebäude Entsprechend der gesetzlichen Maßgabe Schwellen zu vermeiden sind, für Men- müssen Zugänge für alle Menschen auf- schen mit einer Sinnesbeeinträchtigung findbar, zugänglich und gleichberechtigt müssen geeignete Orientierungshilfen nutzbar sein. Dazu gehört es, dass für vorhanden sein. Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung Gehwege und Verkehrsflächen allgemein Erschließungsflächen • stufen- und schwellenloser Zugang zu • feste und ebene Oberflächen allen öffentlich zugänglichen Bereichen • leichte und erschütterungsarme • großflächige Glaswände und -türen an Befahrbarkeit Verkehrsflächen müssen deutlich er- • Breite mind. 1,5 m; Wege bis 6 m kennbar sein (z.B. durch kontrastreiche Länge mind. 1,2 m breit mit Wende- Sicherheitsmarkierungen) flächen am Anfang und Ende mit einer • lichte Durchgangshöhe im öffentlichen Breite von jeweils 1,5 m x 1,5 m) Freiraum: 2,25 m • Begegnungsfläche von 1,8 m x 1,8 m • lichte Durchgangshöhe bei Flächen mit nach max. 15 m Weglänge Leitstreifen: 2,30 m • 2,5% max. Querneigung • max. 3,0% Neigung • 3,0% max. Längsneigung; Wege mit • max. 4,0% Neigung bei max. 10,0 m max. 10 m max. 6,0% Längsneigung, Länge anschließend Zwischenpodest mit max. 3,0% Längsneigung Eingangstüren • Gehwegbreite in Arbeitsstätten mind. 1,0 m, wenn nächste Begegnungsfläche • leicht auffindbar, z.B. durch visuell einsehbar ist kontrastierende Gestaltung und gute • Wege unmittelbar an Eingängen Beleuchtung mit max. 10 m Länge max. 4,0% • Karussell- und Pendeltüren sind Längsneigung unzulässig • Gehwegabgrenzung mind. 3,0 cm hoch • wenn Pendeltüren: Schließvor- (z.B. mit Rasenkantenstein als Tast- richtungen, um Durchpendeln zu leiste für den Langstock) verhindern • idealerweise automatische Öffnung • untere Türanschläge und -schwellen sind unzulässig - wenn technisch nicht vermeidbar, max. 2,0 cm • gut lesbare, beleuchtete Beschilderung oder Hausnummer • Abstreifroste berollbar und geeignet für Gehilfen mit kleinem Gitter 17
Türöffner und Service-Schalter, Kassen, Gegensprechanlagen Kontrollen und Automaten • Drehflügel bei frontaler Anfahrt: • schwellen- und stufenlose Abstand des Anforderungstasters Zugänglichkeit in Öffnungsrichtung mind. 2,5 m, in • mind. ein Tresenplatz mit Rollstuhl Schließrichtung mind. 1,5 m unterfahrbar, Tresenhöhe max. 0,8 m • Schiebetür bei frontaler Anfahrt: Ab- • Bewegungsfläche vor Tresen und stand des Anforderungstasters in beide Automaten mind. 1,5 m x 1,5 m mit Richtungen mind. 1,5 m Wendemöglichkeit • Türen bei seitlicher Anfahrt: Abstand • Durchgänge mind. 0,9 m breit des Anforderungstasters mind. 0,5 m • Ausstattung mit induktiver Höranlage • optische Anzeige der Hörbereitschaft bei bei Gegensprechanlagen › Service-Schaltern, • optische Signalisierung der Freigabe › Kassen mit geschlossenen bei Türsummern Verglasungen, › Gegensprechanlagen oder Bedienelemente (Klingeln, Taster, › in lautem Umfeld Automaten) • optische Displayauskunft für Men- schen mit Hörbeeinträchtigungen • Bedienbarkeit mit max. Kraftaufwand (Zwei-Sinne-Prinzip) von 2,5 N bis 5,0 N • Gewährleistung der Auffindbarkeit für • Umsetzung des Zwei-Sinne-Prinzips blinde Menschen und Personen mit (taktil oder akustisch wahrnehmbar), Sehbeeinträchtigungen visuell kontrastreich gestaltet • Sensibilisierung des Personals für • keine ausschließliche Verwendung von Bedarfe von Menschen mit kognitiven Sensortaster, Touchscreens oder be- Beeinträchtigungen, ggf. Vermeidung rührungslosen Bedienelementen wechselnder Ansprechpartner/innen • Bewegungsfläche vor Bedienele- menten mind. 1,5 m x 1,5 m mit Wendemöglichkeit • Anbringung in 0,85 m Höhe, bei Mehr- fachanbringung übereinander zwischen 0,85 m und 1,05 m • Funktionsauslösung immer eindeutig mit Rückmeldung 18
Rettungswegesystem • maßgebend sind Sicherheits- • organisatorische Maßnahmen sind zu anforderungen, insbesondere treffen (z.B. Aufstellen einer Brand- Brandschutzbestimmungen schutzordnung, Installation eines/r • Sonderbauten (siehe § 2 Abs. 4 der Brandschutzbeauftragten) Musterbauordnung) verlangen ein • regelmäßige Durchführung von Brandschutzkonzept mit Berücksichti- Evakuierungsübungen gung von Menschen mit motorischen • Fluchtwege sind als Rettungswege in und sensorischen Beeinträchtigungen Flucht- und Rettungsplänen anzugeben • Rettungswege dienen der Evakuierung • Anbringung von Flucht- und Rettungs- aus gefährdeten Bereichen, daher: plänen an verschiedenen (zentralen) › muss die Fluchtrichtung ausge- Gebäudestandpunkten schildert sein, • Fluchtwegschilder müssen taktil er- › müssen Menschen mit Sehbeein- fassbar sein trächtigungen taktile und/oder akustische Informationen zum Fluchtweg erhalten, › müssen Menschen mit Mobili- tätsbeeinträchtigungen einen brandfalltauglichen Aufzug nutzen können, › müssen Menschen mit Mobili- tätsbeeinträchtigungen Zwi- schenlösungen (z.B. separate Brandabschnitte) vor der ge- zielten Evakuierung vorfinden können und › müssen alternative Evakuie- rungstechniken (z.B. Schlauch für Fenster- oder Stuhl für Treppen- evakuierungen) vorhanden sein 19
© An dy Shell - sto ck.adobe .com Informations- und Orientierungssysteme Solche Systeme dienen der Orientierung Dafür müssen alle wesentlichen Gebäu- und Information nicht ortskundiger deteile sowie funktionalen Elemente in Personen. Zufriedenstellend erfüllen sie das Leitsystem einbezogen werden. ihren Zweck jedoch nur dann, wenn sie lückenlos und in ihrer Signalwirkung aus- reichend gestaltet sind. Information – allgemein Beschilderung • alle Informationen und Orientierungs- • Beschilderung gut sichtbar durch große systeme sollten im Sinne des Zwei- Hinweisschilder Sinne-Prinzips angeboten werden (z.B. • Informationen eindeutig, z.B. durch neben akustischer auch visuelle oder geeignete Kombination von Symbolen taktile Vermittlung) und Schrift • Platzierung von Informationen • Verwenden von bekannten und intui- sollten nicht überlappen, etwa mit tiven Symbolen und Piktogrammen Werbeflächen • Informationen und Orientierungs- Visuelle Informationen systeme nicht im gleichen Blick- und Hörfeld anbringen • Informationen sollten einen ausrei- chenden Leuchtdichtekontrast auf- Besucher/innenleitsystem weisen (Helligkeitsunterschied zweier benachbarter farbiger Flächen, z.B. • lückenlose Ausschilderung der unter- schwarz/weiß bzw. hell/dunkel) schiedlichen Wegebeziehungen • Informationen dürfen nicht beeinträch- • Anbringen von Übersichtsplänen und tigt sein, etwa durch Spiegelungen, -tafeln an zentralen Stellen Blendungen oder Schattenbildungen • Unterstützung des Leitsystems, etwa • Informationen mit kurzer Lesedistanz durch Farb- und Lichtkonzepte (z.B. Text neben Bildern) müssen für • Informations- und Leitsystem bei seh- oder mobilitätsbeeinträchtigte größeren Gebäudekomplexen in (z.B. Rollstuhlnutzer/innen) erkennbar Außenanlagen sein 20
Akustische Informationen Leichte Sprache • Informationen sollten auch für Men- • Ziel der Verwendung der Leichten schen mit Hörbeeinträchtigungen Sprache ist das Verstehen von abrufbar sein Informationen • Störgeräusche in Räumen, von Außen • Texte sind in Leichter Sprache zu auf den Raum einwirkende Lärm- ergänzen quellen und eine schlechte Raum- • Verwendung von Symbolen der akustik mit langen Nachhallzeiten sind Leichten Sprache zu vermeiden • hilfreich sind Symbole, Piktogramme, • sprachliche Informationen müssen ver- Bilder und Fotos ständlich sein • Alarm- und Warnsignale müssen ein- Warten deutig erkennbar und unterscheidbar sein • Einsatz von optischen und akustischen Informationssystemen Taktile Informationen • schriftliche Informationen in erha- bener Profil- als auch in Brailleschrift anbringen • Ergänzungen mittels tastbarer Pikto- gramme und Sonderzeichen • zusätzlich bauliche Elemente und taktil kontrastreiche Bodenstrukturen bzw. -indikatoren können verwendet werden; weitere Anforderungen: siehe Blindenleitsystem © vladim_ka - stock.adobe.com 21
.com .adobe stock KC - © Tham Blindenleitsysteme Für Menschen mit Beeinträchtigungen gestalten. Insbesondere eine einheitliche der Sehfunktion dienen Blindenleitsys- Ausgestaltung erleichtert ortsfremden teme zur Orientierung und Sicherheit. Personen die Orientierung. Sinnvoll er- Um dieses Ziel sicherzustellen, besteht gänzt werden kann ein bodengebundenes die Anforderung darin, das System Leitsystem durch tastbare Orientierungs- vollständig, lückenlos und in wieder- pläne und Hinweise. kehrenden Situationen einheitlich zu Blindenleitsystem • vor allem Eingangsbereich leicht auf- • Profil- und Brailleschrift auf Schildern findbar gestalten in einer Höhe zwischen 1,3 und 1,6 m • eindeutige mittels Langstock tast- • DIN 32986 (Taktile Schriften und Be- bare Wegeleitung mit Leitstreifen und schriftungen) für erhabene Profil- und Aufmerksamkeitsfeldern Brailleschrift • tastbare Übersichtspläne mit Gebäude- grundriss, Symbolen und Legende zur Taktile Bodenindikatoren Orientierung • Verwendung von Bodenindika- • Grundlage für Bodenindikatoren bildet toren zur Kennzeichnung von die DIN 32984:2020-12 Informationsstandorten • Leitstreifen ausgehend vom Eingang • Kennzeichnung von Abzweigungen zum zentralen Info-Punkt bzw. Emp- bzw. Wegekreuzungen durch fang sowie zu Treppen und Aufzügen Aufmerksamkeitsfelder und zum Ausgang zurück • taktile Informationen an Treppen- und • Bodenindikatoren in einzelnen Etagen Wandhandläufen zu Haupttreppen, Fahrtreppen, Auf- • Beschilderungen mit erhabener Profil- zügen, Info-Punkten, Wartebereichen und Brailleschrift versehen sowie zu Sanitärräumen • Beschilderungen i.d.R. auf die Seite des • Wegeführung durch Flur kann Boden- automatischen Türdrückers indikatoren verzichtbar machen 22
Gefahrenstellen und Hindernisse Maßnahmen zur Gefahrenabwehr • Gefahrenstellen durch Absperrungen • ertastbar mit einem Langstock sind mit hohem Kontrast, welche auch mit Ausstattungselemente, die z.B. einem Langstock tastbar sein müssen › bis auf den Boden reichen • tastbares Feld vor Treppen (siehe › max. 15 cm über dem Boden Treppen) enden • Gefahrenstellen und Hindernisse › ergänzt werden durch ca. 3 cm (z.B. Feuerlöscher, Schilder, Vitrinen) hohen Sockel müssen mit Langstock tastbar sein › eine Tastleiste aufweisen, die max. 15 cm über dem Boden endet .com .adobe tock C-s amK © Th 23
©n gst ock - st ock .ad obe .co m Rampen Rampen dienen der Überwindung belages für Hilfsmittel und die Vermei- geringer Höhenunterschiede von in dung von vorspringenden Gegenständen der Regel bis zu sechs Prozent Höhe. im Rampenbereich. Erforderlich sind Allgemeine Anforderungen an die Rampen im Innenbereich dann, wenn die Funktionalität der Rampe sind: Witte- Neigung von Erschließungsflächen über rungsbeständigkeit, Entwässerung von drei bzw. vier Prozent beträgt. Rampenpodesten, Eignung des Boden- Grundanforderungen Handläufe • 1,20 m nutzbare Mindestbreite • auf beiden Seiten, Oberkante in 0,85 - • auf eine Länge von 6 m sowie bei Rich- 0,90 m Höhe tungswechseln sind Zwischenpodeste • gute Griffsicherheit und Umgreifbarkeit mit Länge von mind. 1,5 m notwendig • Querschnitt kann rund oder oval sein, • max. 6% Steigung Durchmesser 3 - 4,5 cm • kein Quergefälle • lichter Abstand zur Wand oder zur • keine abwärts führende Treppe im An- Halterung 5 cm, Halterung unter dem schluss an eine Rampe, Abstände: Griffbereich • am unteren Ende der Rampe: 10 m • Handlaufenden nicht in den Raum • am oberen Ende der Rampe: 3 m hineinragend, sondern nach unten oder • Bewegungsfläche von mind. 1,5 m x zur Seite abrunden 1,5 m am Beginn und Ende der Rampe • kontrastreiche Gestaltung • Kennzeichnung des Beginns einer steilen Rampe durch Belagswechsel 24
Radabweiser • beidseitig der Rampe und den Podesten in 10 cm Höhe • lichte Breite zwischen Radabweisern mind. 1,2 m • nicht erforderlich, wenn Rampe seitlich durch Wand begrenzt ist Mobile Rampe • möglich, wenn keine bauliche Lösung umsetzbar ist • dient lediglich der Überwindung we- niger Treppenstufen • muss ausreichende Belastbarkeit auf- weisen (mind. 250 kg) © nak a - sto ck.ad obe.c om 25
© Sinuswelle - stock.adobe.com Flure und Türen Bei der Gestaltung der Flure ist auf eine barkeit, Leichtgängigkeit beim Öffnen helle und blendfreie Beleuchtung sowie sowie Schließen. auf Übersichtlichkeit zu achten. All- gemeine Anforderungen an Türen sind: deutliche Erkennbarkeit, sichere Passier- Verkehrsflächen – allgemein Flure • lichte Durchgangshöhe über Ver- • Mindestflurbreite mind. 1,5 m bei nach kehrsflächen von mind. 2,20 m; außen öffnenden Türen; Ausnahme: außer: Türen, Durchgänge sowie lichte Mindestbreite von 1,2 m für max. 6,0 Treppendurchgangshöhen m Länge ohne Richtungswechsel bei • erforderliche Breiten und Höhen nach innen öffnenden Türen dürfen nicht durch in den Raum hinein- • in Durchgängen mind. 90 cm Breite ragende Bauteile oder Ausstattungs- • Längsneigung max. 3%, bei max. Länge elemente eingeschränkt werden (z.B. von 10 m bis max. 4% Feuerlöscher, Schilder, Mobiliar) • nach max. 15 m Flurlänge Begegnungs- • Bauteile bzw. Ausstattungselemente, fläche von 1,8 m x 1,8 m für Personen welche in nutzbare Fläche hineinragen, mit Rollstühlen anordnen müssen für Menschen mit Sehbeein- trächtigungen erkennbar sein (siehe Blindenleitsystem) • Beschilderung muss eindeutig sein (siehe Informations- und Orientierungssystem) • Bodenbeläge sind rutschhemmend, rollstuhlgeeignet und fest zu verlegen 26
Türen Automatiktüren • Kraftaufwand von max. 25 N (ca. 2,5 • Öffnungstaster in 0,85 m Höhe kont- kg) beim Öffnen und Schließen rastreich gestalten • wenn mehr als 25 N, dann Einsatz • Öffnungsrichtung zur anfordernden einer automatischen Türöffnung Person: Öffnungstaster mind. in Höhe • zu vermeiden sind untere Türan- von 2,5 m anbringen vor der Tür schläge; wenn unumgänglich, dann • Öffnungsrichtung zur Gegenseite: max. 2 cm Taster mind. in Höhe von 1,5 m • mind. 0,90 m lichte Durchgangsbreite • Phase der maximalen Türöff- • mind. 2,05 m lichte Türhöhe nung ausreichend lang einstellen • max. 26 cm Laibungstiefe (v.a. für Menschen mit physischen • für aufschlagende Seite: mind. 1,5 m x Einschränkungen) 1,5 m Bewegungsfläche (bei manuellen • Vermeidung von Quetsch- und Scher- Drehflügeltüren) stelle sowie des Anstoßens • für nicht aufschlagende Seite: mind. • Wechsel des Bodenbelags vor automa- 1,2 m x 1,5 m Bewegungsfläche (bei tischen Drehflügel- oder Karusselltüren manuellen Drehflügeltüren) sowie kontrastreiche Gestaltung der • bei erforderlichem Richtungswechsel: Oberflächen mind. 1,5 m x 1,5 m Bewegungsfläche Türen und Böden Türöffner • Türbereiche kontrastreich ausgestalten • keine Drehgriffe, z.B. Knäufe, keine (z.B. helle Wand/dunkler Türrahmen) eingelassenen Türgriffe • vorhandene Schwellen im Kontrast • geeignet sind bogen- und u-förmige zum Bodenbelag gestalten Türgriffe • kontrastreiche Gestaltung des Boden- • Greifhöhe bei 0,85 cm (in Ausnahme- belags zu anderen Bauteilen, z.B. der fällen: max. 1,05 m) Wand • Gewährleistung der Erreichbarkeit: mind. 0,50 m (aus dem Rollstuhl) bzw. Markierung von Glasflächen mind. 0,60 m (vom Rollator) Ab- stand zu Bauteilen, Ausrüstungs- und • Sicherheitsmarkierungen bei Ganzglas- Ausstattungselementen sowie großflächig verglasten Türen • Vornahme des Wechselkontrastes der Markierung (z.B. gelb/schwarz) • Anbringung der Markierung in einer Höhe von 0,40 - 0,70 m sowie 1,20 - 1,6 m 27
© Jirapas - stock.adobe.com Aufzüge Die vertikale Erschließung von Gebäude- sich alternativ auch mobile Rampen. In teilen wird durch Aufzüge, Hub- oder öffentlich zugänglichen Gebäuden ent- Treppenliften ermöglicht. Zur Überwin- spricht die Art des Aufzugs mindestens dung kleiner Steigungen (≤ 6 %) eignen Typ 2 nach DIN EN 81-70:2018-07. Grundanforderungen Fahrkorb • Bewegungsflächen vor dem Aufzug • Innenmaße: mind. 1,1 m x 1,4 m mind. 1,5 m x 1,5 m • lichte Zugangsbreite: mind. 0,9 m • Durchgangsbreite zwischen einer auf • Beleuchtung mind. 100 lx, Punkt- einen Rollstuhl angewiesenen vor dem strahler lediglich optional zulässig Aufzug wartenden Person mind. 0,9 m • Innenwände: nicht reflektierend, matte • Vermeidung von abwärts führenden Oberfläche und kontrastierend zur Treppen gegenüber einem Aufzug; Farbe des Fußbodens wenn unmöglich: Abstand mind. 3,0 m • mind. an einer Seite einen Handlauf • kontrastierende Schachttüren sowie mit Oberkante in Höhe zwischen 87,5 Anforderungstaste gegenüber der rest- cm und 92,5 cm lichen Farbgebung • Klappsitz als Sitzgelegenheit, Tragfä- • Wechsel des Bodenbelags vor Aufzug higkeit mind. 100 kg. sowie kontrastreiche Ausgestaltung • Spiegel zur Orientierung beim Rück- wärtsmanövrieren mit einem Rollstuhl in einer optimalen Höhe von 30 cm über dem Boden beginnend bis mind. 2,0 m • berührungslose Lichtschranke in Höhe von 2,5 cm bis 1,8 m 28
Innen- und Außentasten Sprachansage • Abstand außen: 0,50 m von der Tür, • akustische und optische innen: mind. 0,40 m Stockwerksangabe • Höhe außen: mind. 0,90 m, max. 1,1 m; • optionale Angaben zu weiteren innen: max. 1,2 m Zielen in jeweiligem Stockwerk (z.B. • Tasten stehen hervor und sind Veranstaltungsräume) drückbar; Sensortasten sind zu vermeiden Notruf • Tastengröße • Quadratform: 0,5 x 0,5 cm • akustische und optische • rund: 0,5 cm im Durchmesser Notrufbestätigung • im tastbaren Bereich sind Symbole und • akustische und optische Anzeige der Schrift erhaben und kontrastierend Hörbereitschaft der Gegenseite zum Hintergrund; Größe: 0,3 - 0,4 cm • Profilschrift auf Tasten mind. 0,8 mm hervorstehend • zusätzlich Brailleschrift © Pe ter J esche - stoc k.adobe .com 29
.com ck.adobe - sto man ©a ndy0 Treppen Menschen mit Mobilitäts- und Sinnes- Handläufen angewiesen, um diese einer- beeinträchtigungen sind auf eine richtige seits sicher nutzen und andererseits Ausstattung von Treppenstufen und Stürze vermeiden zu können. Grundanforderungen Handläufe • nutzbare Laufbreite mind. 1,0 m • beidseitige, durchgängige Anbringung • Steigung: mind. 14 cm, max. 19 cm ohne Unterbrechung an Treppenaugen • Auftritt: mind. 26 cm, max. 37 cm und Zwischenpodesten • lichte Durchgangshöhe von Stufenvor- • Anbringung in einer Höhe von 0,85 - derkante gemessen: mind. 2,0 m 0,90 m • Höhe des Bereichs unter Treppen: • Ende des Handlaufs mind. 30 cm mind. 2,20 m über Beginn oder Ende der Treppe • Treppenverläufe dürfen nur gerade waagerecht sein • Handlaufenden nicht frei in den Raum • Voraussetzung für gebogene Treppen- hineinragen lassen; das Ende nach läufe ist ein Innendurchmesser von 2,0 unten oder zur Seite führen m des Treppenauges • Handlauf muss griffsicher und gut • Stufen müssen geschlossen, also mit umgreifbar sein Setzstufe versehen sein • Querschnitt ist rund oder oval, Durch- • kein Vorsprung der Trittstufe über die messer beträgt 3 - 4,5 cm Setzstufe • an der Unterseite eine Halterung • schräge Setzstufen benötigen Unter- • ausreichender Kontrast zwischen scheidung bis 2,0 cm Handlauf und Hintergrund • Unterbrechung durch ein Zwischen- podest nach max. 18 Stufen • helle blendfreie Ausleuchtung der Treppenbereiche • taktil erfassbare Informationen zu Aus- gängen in Fluchttreppenhäusern 30
Beschaffenheit von Handläufen Taktile Orientierung • Vermittlung taktiler Informationen • Gefahrbereich unter einer Treppe muss durch erhabene Profilschrift bzw. von Menschen mit Langstock ertastbar Brailleschrift entsprechend der „DIN sein 32986:2019-06 Taktile Schriften und • Maßnahmen zur Gefahrenabwehr: Beschriftungen“ siehe Blindenleitsystem • Vermittlung von Informationen, z.B. • Gefahrenstellen vermeiden, etwa bei zum Stockwerk oder Wegebeziehungen frei im Raum endenden Treppen • Vermittlung von Informationen in Höhe • taktiler Kontrast mittels Bodenbelags- der ersten und der letzten Stufe wechsel oder Bodenindikatoren • integraler Bestandteil eines in sich ge- • Tastfeld mind. 0,60 m tief, Breite wie schlossenen und einheitlichen Orien- Treppe tierungs- und Leitsystems • Tastfeld am Treppenende bis zur untersten Setzstufe Stufen • Tastfeld am Treppenende unmittelbar hinter der obersten Trittstufe • kontrastreiche Stufenmarkierung und guter Kontrast zwischen Stufen und Podesten • Trittstufenmarkierung ab Vorderkante 4 - 5 cm breit • Setzstufenmarkierung ab Oberkante 1 - 2 cm breit • Markierung aller Stufen, wenn • Treppen frei im Raum enden und • Treppen nur bis zu drei Stufen haben • Markierung der ersten und der letzten Stufe in Treppenhäusern 31
© kasto - stock.adobe.com Versammlungs- und Besprechungsräume Die Funktion von Versammlungs- und Anforderung der Barrierefreiheit die Be- Besprechungsräumen ist in erster Linie reiche Zugänglichkeit, Orientierung und der Informationsaustausch. Zur Gewähr- Kommunikation. leistung dieses Anspruchs umfassen die Grundanforderungen • mind. 1 % der maximal zulässigen Personenzahl müssen als Rollstuhl- • Verordnung über den Bau und Betrieb plätze ausgewiesen sein, hiervon 50 % von Versammlungsstätten (Versamm- barrierefrei – zum Beispiel: 1.000 lungsstättenverordnung - VStättVO) Besucher/innen › 1 % = 10 Plätze für Möblierung und Plätze für Rollstuhlnutzende Rollstühle › davon 50 % = (mindestens) 5 barrierefreie Stellplätze • Bestuhlung funktional und ergono- • Installation von Hinweisschildern zur misch geformt Auffindung von Rollstuhlplätzen • für Menschen mit Mobilitätsbeein- • Tische sind unterfahrbar, Höhe der trächtigungen bzw. für große Men- Tischplatte mind. 0,67 m schen ist auf ausreichend Beinfreiheit zu achten Redner/innenpult • integrierte Rollstuhlplätze mit benach- barten Sitzplätzen für Begleitpersonen • höhenverstellbar für Rollstuhlnutzende • in Veranstaltungsräumen mit Anhö- oder Menschen mit Kleinwuchs hung des Publikumsbereichs (z.B. • unterfahrbar, Kniefreiheit mind. 0,67 m Hörsaal) sind barrierefrei zugängliche • auch das Mikrofon ist höhenverstellbar Rollstuhlplätze zentral einzurichten • helle und blendfreie Ausleuchtung des • Standfläche für einen Rollstuhl: mind. Pultes sowie der Person zur Gewähr- 0,9 - 1,3 m leistung des Lippenlesens • Vorhandensein zusätzlicher Bewe- gungsflächen zum Rangieren bzw. zur Erreichung des Stellplatzes 32
Beleuchtung Informations- und Kommunikationshilfen • Ausleuchtung ist stufenlos und blend- frei regulierbar und weist eine hohe • Bereitstellung von Hilfen zur erleich- Leuchtdichte auf terten Informationsaufnahme von • Vermeiden von plötzlichen Helligkeits- Menschen mit sensorischen Einschrän- unterschieden, weiten Schattenwürfen kungen (siehe DIN 18041) sowie blendendem Scheinwerferlicht • Verwendung von Hör- bzw. Induktions- • Fensterbereiche sind abdunklungsfähig anlagen im gesamten Zuhörer/innen- bereich bei einer elektroakustischen Beschallung Raumakustik • Verwendung von Höranlagen sind mit entsprechendem Symbol zu • relevant ist die DIN 18041 kennzeichnen • störende Geräusche von außen sind zu vermeiden Einsatz der Gebärdensprache • störende Fremdgeräusche (z.B. Lüf- tungsanlage) ist so gering wie möglich • Dolmetscher/innen sind gut sichtbar, in zu halten der Nähe der sprechenden Person • Geräuschdämpfung zum Beispiel durch • gute und blendfreie Ausleuchtung Teppichböden sowie abgedunkelter Hintergrund • Nachhallen reduzieren, etwa durch Schallabsorption (Decken- und Wandbekleidung) 33
©Jörg Lantelme - stock.adobe.com Sanitärräume Die barrierefrei nutzbare und auffind- Voraussetzung dar, um hier selbständig bare Toilettenanlage stellt besonders für und möglichst ohne fremde Hilfe zurecht diesen sensiblen Bereich eine wichtige zu kommen. Grundanforderungen Toilettentür • keine festgelegte Anzahl, jedoch • nach außen öffnende oder zu schie- mindestens eine barrierefreie bende leichtgängige Tür Toilettenanlage • von außen muss Entriegelung möglich • idealerweise jeweils in der Damen- sein und Herrentoilette integriert oder aber • lichte Breite: 0,90 m separat und geschlechterneutral • Höhe des Türöffners: 0,85 m • vor dem WC-Becken und Wickeltisch: • handbetätigte Drehflügeltüren benö- Bewegungsfläche mind. 1,50 x 1,50 m tigen Schließstange zum Ziehen, Höhe: • links und rechts vom WC-Becken: 0,85 m 0,90 m breit, 0,70 m tief • Schließzylinder in öffentlichen WC-An- • Ausstattungselemente sind zur Um- lagen müssen mit EURO-Schlüssel zu gebung kontrastierend öffnen sein Ausschilderung • auf Sanitärräume für Menschen mit Be- hinderungen hinweisende Schilder • Piktogramme auf Außenseite der WC-Anlage kontrastreich und taktil erfahrbar 34
Sanitärobjekte • Höhe des WC-Beckens (inkl. Sitz): 46 - › angrenzende Flächen entspre- 48 cm chend ASR A1.5/1.2 mit Bewer- • Abstand Vorderkante WC zur Rücken- tungsgruppe R10 lehne: 0,55 m (WC-Deckel ist als Lehne › Bedienelemente in einer Höhe ungeeignet) von 85 cm, übereinander bis zu • Spülung und Toilettenpapier ist ohne 1,05 m Änderung der Sitzposition mit der › Anbringen von vertikalen Hand oder dem Arm erreichbar Griffstangen • beidseitig Stützgriffe › einfache Bedienung von › Höhe über WC-Sitz: 28 cm Einhebelduscharmaturen › Abstand zueinander: › Tiefe eines Dusch-Klappsitzes: 65 - 70 cm mind. 45 cm, Höhe: 46 - 48 cm › Abstand nach vorn ab WC-Vorder- • zwei Varianten für Kleiderhaken: für kante: 15 cm sitzende und stehende Personen › leichtgängige und stufenfreie Klappbarkeit Notruf • Waschbecken › Höhe Vorderkante: max. 0,80 m • Notruf erreichbar vom WC aus und von › Tiefe: mind. 0,55 m auf dem Boden liegenden Personen › Beinfreiheit im Kniebereich • eindeutige Kennzeichnung sowie (Höhe x Tiefe): 67 x 30 cm leichte visuelle und taktile › Abstand Armatur zu Vorderkante: Auffindbarkeit max. 40 cm • Einhebelarmaturen oder berührungs- Warnleuchten lose Bedienung, Wassertemperatur max. 45°C • zusätzliche visuelle Wahrnehmbarkeit • Seifenspender einhändig bedienbar, bei akustischen Alarm- bzw. Warnsig- Handtuchspender bzw. Handtrockner nalen in geschlossenen Räumen und Abfallbehälter in Nähe des • insbesondere für Menschen mit Waschtisches Hörbeeinträchtigungen • Abfallbehälter einhändig bedienbar, dicht und selbstschließend • im Sitzen einsehbarer Spiegel mit max. 1,0 m Höhe • Duschen › schwellenfreier Duschplatz › durch Schräge auszubildende Hö- hendifferenz von max. 2 cm › Bodenbelag gemäß GUV-I 8527 mit einer Rutschhemmung der Klasse B 35
© Kittichet - stock.adobe.com Parkplätze Menschen mit Beeinträchtigungen in Nutzung von Hilfsmitteln (z.B. Rollstuhl) ihrer Mobilität sind zur Wahrnehmung sind Rangierflächen im öffentlichen Ver- ihrer alltäglichen Erledigungen auf kurze kehrsraum oft nicht ausreichend. Wege angewiesen. Insbesondere bei der Grundanforderungen Ausschilderung • mind. 1 %, aber wenigstens einer der • Verkehrszeichen 314 (Park- vorhandenen PKW-Stellplätze sind platz) in Verbindung mit für Menschen mit Behinderungen Zusatzzeichen 1044-10 (nur Schwer- eingerichtet behinderte mit außergewöhnlicher • Abmaßungen: Gehbehinderung und Blinde) nach › Breite: 3,5 m Straßenverkehrsordnung › Länge: 5,0 m • PKW-Stellplatz mit Rollstuhl- › seitlicher Abstand zu Objekten: Piktogramm auf der Parkfläche 1,5 m kennzeichnen • Besonderheit für Kleinbusse: › Breite: 3,5 m › Länge: 7,5 m › lichte Höhe: mind. 2,5 m • kurze Wege zu barrierefreien Objektzugängen Wegebeziehungen • Anbindung an angrenzende Verkehrs- flächen schwellenfrei, beispielsweise über eine Bordsteinabsenkung 36
Notizen zu Gestaltungs- und Ausstattungsmerkmalen 37
adobe.com © biggi62 - stock. Barrierefreiheit und Denkmalschutz 38
Baudenkmäler gehören zum soziokul- oft mangelhaft. Zum anderen sollen zu turellen Erbe, die für alle Generationen weitreichende Eingriffe in die historische einen Einblick in die gesellschaftlichen Bausubstanz so vermieden werden. Un- Epochen ermöglicht. Zurecht besteht ein vermeidlich ist die Auseinandersetzung Schutzziel darin, einen sensiblen Umgang deshalb, da sich die Gesellschaft in einem mit historischer Bausubstanz zu wahren. Wandel befindet. Beispielsweise führt Daher scheint das Schutzziel der Barrie- der demografische Wandel zu einem refreiheit in einem Spannungsverhältnis Umdenken an eine barrierefreie (Um-)Ge- zum Denkmalerhalt zu stehen, sind staltung des öffentlichen Raums. Darüber beide doch Ziele im öffentlichen Inter- hinaus ermöglicht Barrierefreiheit eine esse. Denkmalschutz- und Baurecht sind selbstbestimmte Teilhabe am kulturellen beides Bestandteile des Verwaltungs- Leben, wie es die UN-Behindertenrechts- rechts, sodass die Schutzzielreichweite konvention in Artikel 30 Abs. 1c vorgibt: der Barrierefreiheit juristisch umstritten ist. „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderun- Es gilt einen Weg zu finden, der gleicher- gen, gleichberechtigt mit anderen am maßen den Interessen der Denkmal- kulturellen Leben teilzunehmen, und erhaltung und der Teilhabebedarfe von treffen alle geeigneten Maßnahmen, Menschen mit Behinderungen gerecht um sicherzustellen, dass Menschen wird. Das Denkmalschutzrecht des mit Behinderungen [...] Zugang zu Landes Sachsen-Anhalt eröffnet für die Orten kultureller Darbietungen oder Belange von Menschen mit Behinde- Dienstleistungen, wie Theatern, Museen, Kinos, Bibliotheken und rungen einen Gestaltungsspielraum in der Tourismusdiensten, sowie, so weit wie Berücksichtigung von Denkmalschutz und möglich, zu Denkmälern und Stätten Barrierefreiheit: von nationaler kultureller Bedeutung haben.“ „[...] Bei der Zugänglichmachung der im Eigentum von Land oder Kommu- Die DIN 18040-1 ermöglicht einen nen stehenden Kulturdenkmale ist den Gestaltungsspielraum für eine denkmal- Belangen von behinderten Menschen sensible barrierefreie Bauausführung. Rechnung zu tragen. Kulturdenkmale, Somit sind zwischen allen Beteiligten deren Sinn und Nutzung öffentli- (Denkmalschutz und Planer/innen für cher Bildung dient, sind schrittweise Barrierefreiheit) Wege zu diskutieren, die barrierefrei zu gestalten, es sei denn, beiden Schutzzielen gerecht werden. Eine das öffentliche Erhaltungsinteresse an generelle Unmöglichkeit der barriere- dem Denkmal überwiegt.“ freien Denkmalsanierung ist jedenfalls In der täglichen Bauplanung und -aus- nicht gegeben. führung ist die barrierefreie Ausge- staltung von Baudenkmälern oft nicht ausgeschöpft. Zum einem ist das Wissen der am Planungsprozess Beteiligten in Bezug auf das Thema Barrierefreiheit 39
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