Monatsbericht des BMF - August 2019 - Bundesfinanzministerium
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Titelbild: Gutes bewahren Auf dem BMF-Gartengelände wurde ein Wildbienenhotel aus Holz und Schilfhalmen in den Buchstaben „BMF“ aufge- stellt, das den in Deutschland heimischen Wildbienenarten als Nisthilfe dienen soll. Das ist ein kleiner Beitrag dazu, ein funktionierendes, komplexes Ökosystem zu bewahren. Das BMF feiert 2019 Geburtstag, und das gleich mehrfach – 70 Jahre BMF, 20 Jahre BMF im Detlev-Rohwedder-Haus in Berlin und 100 Jahre Reichsfinanzministerium, das als Vorgänger-Institution des BMF gilt. Mit diesen Jubiläen feiern wir vor allem eins: die Demokratie in Deutschland. Um sie zu bewahren, müssen wir uns Tag für Tag für sie einsetzen. Weitere Informationen zur Geschichte des Bundesministeriums der Finanzen und seines Dienstgebäudes finden Sie unter: www.bundesfinanzministerium.de/geschichte
Editorial Editorial Monatsbericht des BMF August 2019 Weg gebracht. Damit wollen wir die dringend not- wendige Verkehrswende hin zu klimaschonendem Verhalten steuerlich fördern. Bessere steuerliche Re- gelungen für Jobtickets und Maßnahmen, die die Nutzung von Elektrofahrzeugen begünstigen, finden sich ebenso in dem Entwurf wie Regelungen für Mit- arbeiterwohnungen und den ermäßigten Mehrwert- steuersatz gleichermaßen für die Papierzeitung wie für das E-Paper. Mit einem weiteren Gesetz sollen die Möglichkeiten von Share Deals eingeschränkt wer- den. Mittels Share Deals kann man Grundstücke, die Teile eines Unternehmens sind, grunderwerbssteuer- frei veräußern. Ein dritter Gesetzentwurf enthält ein Maßnahmenpaket für die effizientere und zielgenau- Liebe Leserinnen, liebe Leser, ere Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfi- nanzierung. Damit wird unter anderem die Financial die Ferienzeit neigt sich fast überall in Deutschland Intelligence Unit (FIU), die Zentralstelle des Bundes dem Ende zu. Die Bundesregierung war auch in der zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismus- vermeintlichen „Sommerpause“ aktiv und hat ei- finanzierung beim Zoll, gestärkt. nige Gesetzentwürfe des Bundesfinanzministers beschlossen. Aber auch auf der internationalen Bühne gab es Be- wegung. Für die Nachfolge von Christine Lagarde an Am 21. August hat das Kabinett den Gesetzentwurf der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) von Olaf Scholz zum Solidaritätszuschlag verab- haben sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Kan- schiedet. Ab 2021 wird der „Soli“ für 90 Prozent de- didatin geeinigt. Die ehemalige Vizepräsidentin der rer, die ihn derzeit auf ihre Lohn- oder Einkommen- EU-Kommission, Kristalina Georgieva, ist eine exzel- steuer zahlen, vollständig wegfallen. Für weitere rund lente Ökonomin, die als Geschäftsführerin und Ver- 6,5 Prozent entfällt der Zuschlag teilweise in der so- treterin des Präsidenten bei der Weltbank bewiesen genannten Milderungszone. Im Ergebnis werden hat, dass sie über die nötigen diplomatischen und 96,5 Prozent der Zahlenden ab dem 1. Januar 2021 Führungsfähigkeiten verfügt, um eine so wichtige finanziell bessergestellt. Besonders profitieren wer- globale Institution wie den IWF zu leiten. Wir haben den Steuerzahlende bis zu einer mittleren Einkom- mit ihr insbesondere bei der G20-Initiative für den menshöhe. Insgesamt steigen ihre Nettoeinkommen Compact with Africa sehr gut zusammengearbeitet durch das geplante Gesetz im Jahr 2021 um voraus- und freuen uns auf die Fortsetzung nun beim IWF. sichtlich rund 10 Mrd. Euro. Die weitgehende Ab- schaffung des Solidaritätszuschlags ist Teil unserer Mit den Beratungen zum Bundeshaushalt 2020 im Gesamtstrategie für eine sozial gerechte und wachs- Deutschen Bundestag Anfang September endet auch tumsfreundliche Steuer- und Abgabenpolitik, die ins- offiziell die parlamentarische Sommerpause. Ich besondere Familien sowie Bürgerinnen und Bürger wünsche Ihnen einen guten Start in die zweite Hälfte mit niedrigeren und mittleren Einkommen finanzi- des politischen Jahres. ell besserstellt. Das stärkt die Nachfrage und damit die Binnenkonjunktur. Bereits Ende Juli hat das Bundeskabinett den „Ge- setzentwurf zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerli- Wolfgang Schmidt cher Vorschriften“ (Jahressteuergesetz 2019) auf den Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Der Aufbau der europäischen Kapitalmarktunion_________________________________________________________ 8 Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich____________________________________________________ 12 Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds mit Deutschland_________________________ 21 50 Jahre Haushaltsreform 1969 – ein Meilenstein für das Haushaltswesen________________________________ 27 Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage____________________________31 Überblick zur aktuellen Lage_____________________________________________________________________________ 32 Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht______________________________________________________ 33 Steuereinnahmen im Juli 2019___________________________________________________________________________ 40 Entwicklung des Bundeshaushalts bis einschließlich Juli 2019____________________________________________ 45 Entwicklung der Länderhaushalte bis einschließlich Juni 2019___________________________________________ 50 Finanzmärkte und Kreditaufnahme des Bundes__________________________________________________________ 52 Aktuelles aus dem BMF__________________________________________59 Im Portrait: Dr. Martina Stahl-Hoepner, Leiterin der Zentralabteilung____________________________________ 60 Termine_________________________________________________________________________________________________ 63 Publikationen___________________________________________________________________________________________ 64 Statistiken und Dokumentationen_______________________________65 Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 66 Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte_______________________________________________________ 67 Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunkturkomponenten des Bundes________________ 67 Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 68
Analysen und Berichte Der Aufbau der europäischen Kapitalmarktunion 8 Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 12 Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds mit Deutschland 21 50 Jahre Haushaltsreform 1969 – ein Meilenstein für das Haushaltswesen 27
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF August 2019 Der Aufbau der europäischen Kapitalmarkt union ●● Die Kapitalmarktunion ist ein wichtiges Querschnittsthema der Finanzmarktpolitik der Euro- päischen Union (EU), das vor allem darauf abzielt, die europäische Wirtschaft zu stärken und Kapitalmarkt-Finanzierungen in Ergänzung zur bankbasierten Kreditfinanzierung zu fördern. Sie soll den freien Kapitalverkehr, eine der vier Grundfreiheiten des europäischen Binnen- markts, vertiefen und erweitern. ●● Der 2015 von der EU-Kommission vorgelegte Aktionsplan sieht dazu eine Vielzahl von Maß- nahmen vor, die u. a. dazu beitragen sollen, regulatorische und bürokratische Hürden innerhalb der EU zu überwinden, Informationsasymmetrien zwischen Investoren und Unternehmen zu ver- ringern und das Angebot an grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsprodukten auszuweiten. ●● Auch wenn bereits große Fortschritte beim Aufbau der Kapitalmarktunion erzielt wurden, bleibt noch mehr zu tun, um die Integration der überwiegend national ausgerichteten Kapital- märkte innerhalb der EU voranzutreiben und international wettbewerbsfähig zu machen. Herausforderungen für die den Finanzierungsbedingungen. So bestehen z. B. europäischen Kapitalmärkte für Finanzprodukte wie Verbriefungen oder pri- vate Anlagen unterschiedliche Bestimmungen Der Aufbau der Kapitalmarktunion ist zentral für und Marktpraktiken. Daher überschreiten Akti- die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Fi- onäre und Käufer von Unternehmensschuldver- nanzplatzes und der Realwirtschaft in Europa. schreibungen bei ihren Investitionen nur selten Denn Investitionen und Finanzierungen sind in Landesgrenzen. Diese Umstände verteuern die Fi- Europa stark vom Bankensektor abhängig – die nanzierungen, schränken die Anlagemöglichkei- Folgen der Finanzkrise haben gezeigt, wie wichtig ten von Investoren und Anlegern ein und belasten hier alternative marktbasierte Finanzierungsquel- die Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumschancen len für die Wirtschaft und die Stabilität des Sys- der europäischen Finanzdienstleistungsindustrie. tems sind. Grenzüberschreitend tätige Finanzdienstleistungs- unternehmen und die Diversifikation von Assets Der Zugang zu Finanzmitteln ist insbesondere im Euroraum wären zudem auch wichtig für eine für zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen geringere Kapitalflucht und eine schwächere Ab- (KMU) in Europa besonders schwierig. Gute Ideen hängigkeit zwischen Banken und Staaten. und Köpfe brauchen in der Start- und Wachstums phase ein breites Angebot an günstigen und flexi- Eine besondere Herausforderung ist in diesem Zu- blen Finanzierungsquellen, um sich am Markt zu sammenhang der Brexit, der zu einer Reorganisa- etablieren und international wettbewerbsfähig tion des europäischen Finanzmarkts führt. Es be- werden zu können. steht die Gefahr einer weiteren Fragmentierung der europäischen Kapitalmärkte durch einen Regu- Darüber hinaus sind die Kapitalmärkte in Europa lierungswettbewerb zwischen den EU-27 auf dem stark fragmentiert. Es existieren zwischen den ein- Kontinent. Die Schaffung einer Kapitalmarktunion zelnen EU-Ländern erhebliche Unterschiede bei ist daher wichtiger denn je. 8
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Der Aufbau der europäischen Kapitalmarktunion August 2019 Ein europäisches Projekt Maßnahmen und gliedert sich in folgende sechs Bereiche: Vor dem Hintergrund der skizzierten Herausfor- Analysen und Berichte derungen war eines der Kernanliegen des im No- 1. Marktbasierte Wachstumsfinanzierung für vember 2014 angekündigten Investitionsplans von Start-ups und KMU, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Schaffung eines echten Kapitalbinnenmarkts 2. Vereinfachung des Kapitalmarktzugangs für für alle 28 EU-Mitgliedstaaten bis 2019. Oberstes KMU, Ziel der EU-Kommission und des Rates der Europä- ischen Union (Rat) war es dabei, zur Schaffung von 3. Förderung von Langfrist-, Infrastruktur- und Arbeitsplätzen die EU-Wirtschaft zu stärken und nachhaltigen Investitionen, Investitionen anzuregen. Dabei sollten mehr Inves- titionen für Unternehmen und Infrastrukturpro- 4. Stärkung von Privatanlegern und institutionel- jekte freigesetzt werden, mehr Investitionen vom len Investoren, Rest der Welt in die EU fließen, das Finanzsystem durch ein breiteres Angebot alternativer Finanzie- 5. Unterstützung der Banken bei ihrer Finanzie- rungsquellen gestärkt und die finanzielle Integra- rungsaufgabe sowie tion durch eine verstärkte grenzüberschreitende private Risikoteilung vertieft werden. Dazu braucht 6. Vereinfachung von grenzüberschreitenden es einen starken, einheitlichen europäischen Ka- Investitionen. pitalmarkt, der eine breitere Palette an Finanzie- rungs- und Anlagemöglichkeiten bietet. Der Auf- Bis 2017 konnten 20 Maßnahmen abgeschlossen bau der Kapitalmarktunion war daher zusammen werden, die insbesondere Kapazitäten in den Bank- mit der Bankenunion eines der wesentlichen Quer- bilanzen für zusätzliche Finanzierungsmittel frei- schnittsthemen der EU-Finanzmarktpolitik in den machen und Investitionen in innovative KMU er- vergangenen Jahren. leichtern (z. B. durch eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarkts, durch Erleichterungen im Prospektrecht beziehungsweise für Wagniskapi- Mit der europäischen Bankenunion talfinanzierungen und für Infrastrukturinvestiti- wird ein System für die Beaufsichtigung und onen im Versicherungsrecht). Ergänzend legte die Abwicklung von Banken auf EU-Ebene ge- EU-Kommission weitere neun Maßnahmen vor. schaffen, das auf der Grundlage unionswei- Diese dienen vorrangig der Stärkung und Förde- ter Vorschriften funktioniert. Ihr Ziel ist es, rung einer wirksamen und kohärenten Aufsicht in sicherzustellen, dass der Bankensektor im der EU, der Nutzung des Potenzials von FinTechs Euroraum und in der EU insgesamt sicher zur Erweiterung der Kapitalmärkte, der Entwick- und zuverlässig ist und dass die Abwicklung lung lokaler Kapitalmärkte und der Ausrichtung insolvenzgefährdeter Banken nicht zulas- der Kapitalströme auf nachhaltigere Investitionen. ten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geht und möglichst geringe Auswirkungen Zwischen Anfang 2018 und Mitte 2019 konnten auf die Realwirtschaft hat. große Fortschritte beim Aufbau der Kapitalmarkt union und auch bei der Stärkung der Banken- union erreicht und bei 13 Gesetzgebungsverfahren Die Agenda zum Aufbau der Kapitalmarktunion auf europäischer Ebene eine politische Einigung wurde Ende 2015 aufgesetzt und umfasst einen Ak- erzielt werden. So ist es gelungen, zu fast allen tionsplan, der bis 2019 die Kernelemente einer Ka- seit 2015 vorgeschlagenen Maßnahmen eine Eini- pitalmarktunion in Kraft setzen soll. Er beinhal- gung zwischen Rat und Europäischem Parlament tet eine Vielzahl legislativer und nicht-legislativer zu erreichen. 9
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Der Aufbau der europäischen Kapitalmarktunion August 2019 Chancen für Wirtschaft, Durch die Umsetzung des ambitionierten Aktions- Investoren und Umwelt plans zu Sustainable Finance können sich Deutsch- land und Europa eine Vorreiterrolle in diesem Die verabschiedeten Maßnahmen sind bedeutende wichtigen Zukunftsmarkt erarbeiten. Die Vorgaben Erfolge für Europa, denn sie stärken u. a. die Wett- zu Transparenz über Nachhaltigkeitsaspekte und bewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, die Diskussionen zu Benchmarks für klimafreund- verbessern das Anlageuniversum der Investoren liche Investments leisten international Pionierar- und unterstützen die Transformation hin zu mehr beit und setzen Standards. Nachhaltigkeit. So wird durch Erleichterungen für den grenzüber- Grenzüberschreitender Vertrieb von Invest schreitenden Vertrieb von Investmentfonds die As- mentfonds set-Management-Industrie gestärkt und eine In- Mit dem Maßnahmenpaket wird der Regelungs- tegration dieser national ausgerichteten Märkte rahmen für Investmentfonds verbessert. So wer- beschleunigt. Über eine neue Richtlinie wurde ein den beispielsweise die Kundendienstpflichten EU-einheitlicher präventiver Restrukturierungs- für Vermögensverwalter in deren Aufnahme- rahmen geschaffen, der es Unternehmensschuld- staat klarer festgelegt, die Vertriebsregeln für nern und Gläubigern ermöglicht, im Rahmen von Verwalter kollektiver Vermögensanlagen verein- außergerichtlichen Verhandlungen eine Sanie- heitlicht und über ein Online-Portal Transparenz rungslösung zu vereinbaren. Damit können die über nationale Bestimmungen in Bezug auf Ver- Kosten von Restrukturierungsprozessen gesenkt triebsanforderungen und Gebühren geschaffen. werden, wodurch insbesondere Investitionen in Paneuropäisches Privates Pensionsprodukt KMU günstiger und attraktiver werden. Die Finan- (PEPP) zierung für KMU wurde darüber hinaus u. a. über Mit der PEPP-Verordnung wird der Rahmen vereinfachte Prospektregeln und erleichterte Zu- für ein europaweites freiwilliges privates Al- gänge zu europäischen Risikokapitalfonds und tersvorsorgeprodukt geschaffen, das die ge- KMU-Wachstumsmärkten (Börsensegment) ge- setzliche, betriebliche und private Altersvorsor- stärkt. Durch die Regelungen zur Beaufsichtigung ge ergänzen soll. Es hat europaweit einheitliche zentraler Clearingstellen aus Drittstaaten und von Produkteigenschaften, unterliegt zusätzlichen großen Wertpapierfirmen sowie die punktuelle Er- Verbraucherschutzbestimmungen, kann von un- weiterung der Befugnisse der europäischen Auf- terschiedlichen Anbietern über den EU-Pro- sichtsbehörden wird die Vorbereitung der EU-27 duktpass vertrieben werden und ist bei Umzug auf einen Brexit verbessert. in einen anderen Mitgliedstaat übertragbar. Sustainable Finance Mit dem Paneuropäischen Privaten Pensionspro- Mit dem Aktionsplan sollen Kapitalströme in dukt, dem Pan-European Personal Pension Product nachhaltige Anlagen gelenkt, Risiken besser (PEPP), und dem EU-weit einheitlichen European gemanagt und ein Langfristdenken gestärkt Covered Bond werden neue Finanzierungsinstru- werden. Dazu dienen u. a. Vorgaben an Fi- mente geschaffen, die dem EU-Kapitalmarkt zu- nanzmarktteilnehmer, ihren Umgang mit Nach sätzliche Mittel zuführen und Skaleneffekte durch haltigkeitsaspekten gegenüber ihrer Kundschaft einen europaweiten Vertrieb ermöglichen sol- darzustellen (Transparenz), die Einführung von len. Ersteres soll darüber hinaus den Europäerin- Anforderungen an Indexanbieter, die Vergleichs nen und Europäern einen vereinfachten Zugang zu indizes für klimafreundliche Investments an- standardisierten kostenbegrenzten privaten Alters- bieten wollen (Benchmarks), und die aktuell vorsorgeprodukten in allen Mitgliedstaaten bieten. verhandelte Einführung eines Klassifizierungs- systems zur Identifizierung von nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeiten (Taxonomie). 10
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Der Aufbau der europäischen Kapitalmarktunion August 2019 Ausblick werden – denn digitale Finanztechnologien kön- nen ein wesentlicher Treiber kapitalmarktbasierter Die Bewertungen über die Reichweite und die Aus- Finanzierung und Schlüssel zu finanzieller Integra- Analysen und Berichte wirkungen der Initiativen auf einen tieferen und tion und Inklusion der Menschen in Europa sein. stärker integrierten europäischen Kapitalmarkt Darüber hinaus muss die zunehmende Dringlich- gehen auseinander. So bieten die verabschiede- keit zur Dekarbonisierung der Wirtschaft kapital- ten Maßnahmen zur Schaffung der Kapitalmarkt marktseitig effektiver und effizienter unterstützt union das Potenzial, neue Finanzierungsquellen werden. Der Brexit verlangt zusätzliche Antworten zu erschließen. Die Auswirkung wird je nach Aus- zur Stärkung der Kohäsion des europäischen Ka- gangslage und finanzieller Kultur in den einzelnen pitalmarkts, zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sein. Ein An- Europas und zur weiteren Stärkung des Finanz- stieg kapitalmarktbasierter Finanzierung wird erst standorts Deutschland. mit sukzessiver Umsetzung der Maßnahmen in na- tionales Recht und Implementierung durch die Letztlich ist noch viel zu tun, um einen eigenstän- Marktteilnehmer messbar werden. digen, attraktiven, dynamischen und zukunftsori- entierten europäischen Kapitalmarkt zu verwirkli- Während hier Fortschritte zur Vertiefung einzelner chen und um eine neue Aktien- und Finanzkultur europäischer Kapitalmärkte erreicht werden konn- über die Grenzen hinweg zu schaffen. Wesentliche ten, was die Ausgewogenheit und Kohärenz zwi- Fortschritte dürften dabei nur zu erreichen sein, schen den nationalen Finanzplätzen fördert, blei- wenn sich die Mitgliedstaaten für die schwierigen ben die Initiativen zur Integration hin zu einem Themen öffnen, die traditionell als nationale Ange- einheitlichen europäischen Kapitalmarkt hinter legenheit angesehen werden. den Erwartungen zurück. So stellen die steuerli- che Fragmentierung in Europa oder teilweise in- Vor diesem Hintergrund haben die Finanzminister effiziente Insolvenzverfahren in einzelnen Mit- der Niederlande, Frankreichs und Deutschlands in gliedstaaten weiterhin wesentliche Barrieren für einem gemeinsamen Brief zur Weiterentwicklung grenzüberschreitende Investitionen dar. Zudem der Kapitalmarktunion und zur Einsetzung einer braucht es eine breitere Vertrauensbasis bei den hochrangigen Arbeitsgruppe von Fachleuten auf- Anlegerinnen und Anlegern und eine stärkere Ka- gerufen, die hierzu Vorschläge vorlegen soll.1 Eine pitalmarktkultur in Europa über diversifizierte und vollendete Kapitalmarktunion bietet die Chance, kundenorientierte Produkte, die Vermeidung von über die grenzüberschreitende Schaffung von An- Fehlanreizen in der Governance, finanzielle Bil- lage- und Finanzierungsmöglichkeiten, die höhere dung und Transparenz. Resilienz gegenüber Krisen und über die Förderung der wirtschaftlichen Konvergenz der Regionen ein Darüber hinaus sind neue Herausforderungen für für die Menschen in Europa greifbares und verbin- den europäischen Finanzsektor verstärkt in den dendes Element zu werden und damit den Zusam- Fokus gerückt. So muss der Kapitalmarkt im Zuge menhalt in der Union insgesamt zu stärken. der sich beschleunigenden Digitalisierung Teil ei- nes vernetzten digitalen europäischen Ökosystems 1 http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20190811 11
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF August 2019 Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich ●● Die deutsche Abgabenquote – d. h. das Verhältnis der Steuern und Sozialabgaben zum Bruttoinlandsprodukt – lag mit 37,5 % im Jahr 2017 international im oberen Mittelfeld. Den Steuern und Abgaben stehen in Deutschland umfangreiche öffentliche Leistungen und verlässliche, gut ausgebaute soziale Sicherungssysteme gegenüber. ●● Die tarifliche Besteuerung des Gewinns von Kapitalgesellschaften bleibt in Deutschland insgesamt knapp unter der Marke von 30 %. ●● Bei ausgeglichenen Haushalten und zugleich höheren Ausgaben für Zukunftsinvestitionen setzt die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode wichtige Akzente für eine wachstumsfreundliche und sozial gerechte Steuer- und Abgabenpolitik: Vom vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlags für rund 90 % der hiervon betroffenen Einkommensteuerzahlerinnen und -zahler, dem Ausgleich der kalten Progression, deutlich verbesserten Familienleistungen (z. B. höheres Kindergeld) und Sozi- alabgabensenkungen profitieren insbesondere Familien sowie Menschen, die untere und mittlere Einkommen beziehen. Einleitung erfasst. Es sei darauf hingewiesen, dass sich bei vie- len Vergleichen erst aus dem Gesamtkontext heraus Der folgende Beitrag stellt überblicksartig grundle- sinnvolle Schlussfolgerungen ziehen lassen. Dies gilt gende Vergleiche zur internationalen Besteuerung insbesondere für das Zusammenspiel von nomina- an. Dabei werden die Ergebnisse für die wesentli- len Steuersätzen und unterschiedlich ausgestalteten chen Steuerarten aus der Neuauflage der BMF-Bro- Bemessungsgrundlagen in den einzelnen Staaten. schüre „Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2018“ zusammengefasst.1 Die Länderver- gleiche erstrecken sich auf die EU-Staaten und ei- Gesamtwirtschaftliche nige andere Industriestaaten (USA, Kanada, Japan, Kennzahlen die Schweiz und Norwegen). Sie geben grundsätz- lich den Rechtsstand zum Ende des Jahres 2018 wie- Gesamtwirtschaftliche Steuerquoten weisen die in der; abgesehen vom letzten verfügbaren Vergleichs- einer Volkswirtschaft gezahlten Steuern bezogen auf jahr 2017 für die Steuer- und Abgabenquoten, die die Wirtschaftsleistung aus. Die Aussagekraft dieser von der Organisation für wirtschaftliche Zusam- Steuerquoten ist aber begrenzt, weil die in den Ver- menarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlicht gleich einbezogenen Staaten ihre staatlichen Sozi- werden. Angekündigte oder beschlossene Maßnah- alversicherungssysteme in unterschiedlichem Aus- men, die sich erst ab 2019 auswirken, sind noch nicht maß über eigenständige Sozialbeiträge (die nicht in der Steuerquote enthalten sind) oder aus allge- 1 Die ausführliche Broschüre „Die wichtigsten Steuern im meinen Haushaltsmitteln und damit über entspre- internationalen Vergleich 2018“ kann im Internetangebot des chend hohe Steuern finanzieren. Erst die Abgaben- BMF bestellt und von der BMF-Homepage heruntergeladen werden. quote, die sowohl Steuern als auch Beiträge zur http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20190821 Sozialversicherung ins Verhältnis zum jeweiligen 12
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich August 2019 Bruttoinlandsprodukt (BIP) setzt, ermöglicht ei- insbesondere in den meisten skandinavischen Staa- nen gesamtwirtschaftlich sinnvollen Steuer- und ten, aber auch in Frankreich, Belgien, Italien und Abgabenvergleich. Österreich vergleichsweise hoch ist (> 40 %). Da- Analysen und Berichte gegen weisen Irland, die USA, die Schweiz und Li- Abbildung 1 zeigt, dass nach den Abgrenzungs- tauen relativ niedrige Abgabenniveaus auf (< 30 %). merkmalen der OECD (Revenue Statistics mit Die deutsche Abgabenquote bewegt sich im oberen letztem Vergleichsjahr 2017) die Abgabenquote Mittelfeld (2017: 37,5 %). Steuer- und Abgabenquoten 2017 Abbildung 1 in % des BIP Irland 19,0 22,8 USA 20,9 27,1 Schweiz 21,8 28,5 Litauen 17,5 29,8 Lettland 22,0 30,4 Japan1 18,2 30,6 27,6 32,2 Kanada 18,4 Slowakei 32,9 Estland 21,8 33,0 Vereinigtes Königreich 26,9 33,3 Spanien 22,2 33,7 Polen 21,0 33,9 Portugal 25,4 34,7 Tschechien 19,9 34,9 Slowenien 21,6 36,0 Deutschland 23,3 37,5 Ungarn 24,9 37,7 Norwegen 27,9 38,2 Luxemburg 27,6 38,7 Niederlande 24,9 38,8 Griechenland 27,7 39,4 Österreich 27,2 41,8 Italien 29,5 42,4 Finnland 31,2 43,3 Schweden 34,3 44,0 Belgien 31,0 44,6 Dänemark 45,9 46,0 Frankreich 29,4 46,2 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Steuerquote Abgabenquote 1 Stand 2016 Quelle: OECD (Hrsg.), Revenue Statistics 1965 - 2017, Paris 2018 13
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich August 2019 Besteuerung des Gewinns von einen Vergleich der tariflichen Besteuerung von Kapitalgesellschaften Kapitalgesellschaften. Den nominalen Steuersätzen kann eine Signal- Im Jahr 2018 senkten einige Staaten ihre nominalen funktion bei internationalen Besteuerungsver- Körperschaftsteuersätze (die USA, Belgien, Luxem gleichen zugesprochen werden. Die tatsächliche burg und Norwegen). In Lettland hingegen stieg oder auch effektive Besteuerung ergibt sich jedoch der Steuersatz. In den übrigen untersuchten Staa- erst aus dem Zusammenspiel von Steuerbemes- ten blieben die nominalen Standardsätze unverän- sungsgrundlage und tariflichem Steuersatz. Die- dert. Abbildung 2 zeigt die im Jahr 2018 geltenden ser zusammenfassende Artikel beschränkt sich auf Abbildung 2 Körperschaftsteuersätze 2018 ohne Zuschläge und Steuern der nachgeordneten Gebietskörperschaften Standardsätze in % Schweiz 8,5 Ungarn 9,0 Bulgarien 10,0 Irland 12,5 Zypern 12,5 Deutschland 15,0 Kanada 15,0 Litauen 15,0 Rumänien 16,0 Kroatien 18,0 Luxemburg 18,0 Polen 19,0 Slowenien 19,0 Tschechien 19,0 Vereinigtes Königreich 19,0 Estland 20,0 Finnland 20,0 Lettland 20,0 Portugal 21,0 Slowakei 21,0 USA 21,0 Dänemark 22,0 Schweden 22,0 Norwegen 23,0 Japan 23,4 Italien 24,0 Niederlande 25,0 Österreich 25,0 Spanien 25,0 Belgien 29,0 Griechenland 29,0 Frankreich 33,3 Malta 35,0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Quelle: Bundeszentralamt für Steuern 14
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich August 2019 Körperschaftsteuersätze (ohne Steuern nachgeord- Ebenen. Die Höhe all dieser die Kapitalgesellschaf- neter Gebietskörperschaften). ten betreffenden Unternehmensteuern, die bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage den Gewinn Analysen und Berichte Über die zentralstaatliche Ebene hinaus erheben in zugrunde legen, ist in Abbildung 3 dargestellt. Zu be- mehreren Staaten nachgeordnete Gebietskörper- achten ist, dass die von lokalen Gebietskörperschaf- schaften (Einzelstaaten, Provinzen, Regionen, Ge- ten erhobenen Steuern in manchen Staaten von der meinden usw.) noch eigene Körperschaftsteuern Steuerbemessungsgrundlage der übergeordneten oder ihnen ähnliche Steuern, wie z. B. in Deutschland Gebietskörperschaften abzugsfähig sind (z. B. in Ja- und Luxemburg die Gewerbesteuer. Hinzu kommen pan und in den USA). Die Gesamtsteuerbelastung vielfach Zuschläge auf verschiedenen staatlichen auf Unternehmensebene ergibt sich demzufolge aus Unternehmensbesteuerung 2018 Abbildung 3 Tarifliche Besteuerung des Gewinns von Kapitalgesellschaften 2018 (Körperschaftsteuern, Gewerbe- ertragsteuern und vergleichbare andere Steuern des Zentralstaats und der Gebietskörperschaften) nominal in % Bulgarien 10,0 Ungarn 10,8 Irland 12,5 Zypern 12,5 Litauen 15,0 Rumänien 16,0 Kroatien 18,0 Polen 19,0 Slowenien 19,0 Tschechien 19,0 Vereinigtes Königreich 19,0 Estland 20,0 Finnland 20,0 Lettland 20,0 Schweiz (Zürich) 20,7 Slowakei 21,0 Dänemark 22,0 Schweden 22,0 Portugal 22,5 Norwegen 23,0 Niederlande 25,0 Österreich 25,0 Spanien 25,0 Luxemburg 26,0 USA (Staat New York) 26,1 Kanada (Ontario) 26,5 Italien 27,9 Griechenland 29,0 Belgien 29,6 Deutschland 29,9 Japan 31,7 Frankreich 34,4 Malta 35,0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Quelle: Bundeszentralamt für Steuern 15
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich August 2019 einer abgestuften Rechnung und nicht aus einer ein- Einkommens-/Lohnsteuer fachen Addition der nominalen Steuersätze der ein- und Sozialabgaben auf zelnen Steuern. Die steuertarifliche Gesamtbelas- tung von Kapitalgesellschaften reicht im Jahr 2018 Arbeitseinkommen von 10 % in Bulgarien bis über 34 % in Frankreich (ohne den Sonderfall Malta mit eigenen Sonder- Für Arbeitnehmerhaushalte in verschiedenen Fa- sätzen beziehungsweise -regelungen; Frankreich milienverhältnissen und Einkommensgruppen ver- wendet seit 2018 einen ermäßigten Eingangstarif- öffentlicht die OECD regelmäßig eine international bereich an). Deutschland bleibt weiterhin knapp un- vergleichende Untersuchung. Abbildung 4 zeigt für terhalb einer tariflichen Gesamtbesteuerungsmarke das Jahr 2018 die Besteuerung des durchschnittli- von 30 %. chen Bruttoarbeitslohns eines Arbeitnehmerhaus- halts mit Lohn- oder Einkommensteuer klassifiziert nach verschiedenen Familienverhältnissen (allein- stehend; Familien, in denen einer der Eheleute ein Einkommen erzielt; Familien, in denen von beiden Eheleuten ein Einkommen erzielt wird). In vielen Ländern sorgen Maßnahmen im Rahmen der Fa- milienbesteuerung für eine Besserstellung von Fa- milien mit Kindern (so auch deutlich erkennbar in Deutschland bei Menschen mit durchschnittlichem Verdienst vor allem durch das Kindergeld). Abbil- dung 5 stellt unter zusätzlicher Berücksichtigung des Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteils zur So- zialversicherung den gesamten Steuer- und Abga- benanteil an den Arbeitskosten dar. 16
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich August 2019 Einkommen-/Lohnsteuer bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 2018 Abbildung 4 in % des Bruttoarbeitslohns Analysen und Berichte Polen Japan Griechenland Slowakei Schweiz Slowenien Litauen Estland Tschechien1 Vereinigtes Königreich Österreich Spanien Ungarn Portugal Kanada USA Frankreich Luxemburg Lettland Niederlande Schweden Deutschland Norwegen Finnland Irland Italien Belgien Dänemark -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Alleinstehend, kein Kind, Durchschnittseinkommen Verheiratet, zwei Kinder, alleinverdienend mit einem Durchschnittseinkommen Verheiratet, zwei Kinder, beide Eheleute haben je ein Einkommen (Durchschnittseinkommen + 33 % eines Durchschnittseinkommens) 1 Ein negativer Wert bedeutet insgesamt unter Berücksichtigung von Einkommen-/Lohnsteuerzahlungen und empfangener Familienleistungen eine Steuergutschrift beziehungsweise -erstattung. Quelle: OECD (Hrsg.), Taxing Wages 2017 – 2018, Paris 2019 17
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich August 2019 Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung Abbildung 5 1 und Einkommen-/Lohnsteuer 2018 in % der Lohnkosten2 Schweiz USA Kanada Vereinigtes Königreich Japan Irland Dänemark Norwegen Polen Estland Niederlande Luxemburg Spanien Litauen Portugal Griechenland Slowakei Lettland Finnland Schweden Slowenien Tschechien Ungarn Frankreich Österreich Italien Deutschland Belgien 0 10 20 30 40 50 60 Alleinstehend, kein Kind, Durchschnittseinkommen Verheiratet, zwei Kinder, alleinverdienend mit einem Durchschnittseinkommen Verheiratet, zwei Kinder, beide Eheleute haben je ein Einkommen (Durchschnittseinkommen + 33 % eines Durchschnittseinkommens) 1 Definiert als Arbeitgeberbeitrag zuzüglich Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung und Lohnsteuer (gegebenenfalls einschließlich anteiliger Lohnsummensteuer), gemindert um die familienbezogenen Leistungen (z. B. Kindergeld). 2 Lohnkosten definiert als Bruttoarbeitslohn zuzüglich Arbeitgeberbeitrag (gegebenfalls einschließlich anteiliger Lohnsummensteuer). Quelle: OECD (Hrsg.), Taxing Wages 2017 – 2018, Paris 2019 18
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich August 2019 Umsatzsteuersätze Deutschland erhobene Umsatzsteuerregelsatz von 19 % liegt im EU-Vergleich nach wie vor in der In den meisten Industriestaaten blieben die Um- unteren Hälfte (siehe Abbildung 6). Analysen und Berichte satzsteuersätze im Jahr 2018 unverändert. Der in Umsatzsteuer-Normalsätze in der EU 2018 Abbildung 6 in % Luxemburg 17 Malta 18 Deutschland 19 Rumänien 19 Zypern 19 Bulgarien 20 Estland 20 Frankreich 20 Österreich 20 Slowakei 20 Vereinigtes Königreich 20 Belgien 21 Lettland 21 Litauen 21 Niederlande 21 Spanien 21 Tschechien 21 Italien 22 Slowenien 22 Irland 23 Polen 23 Portugal 23 Finnland 24 Griechenland 24 Dänemark 25 Kroatien 25 Schweden 25 Ungarn 27 0 5 10 15 20 25 30 Quelle: Bundeszentralamt für Steuern 19
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich August 2019 Fazit Sicherheit und eine effiziente Verwaltung. Die deut- schen Unternehmen sind wettbewerbsfähig und er- Deutschland verfügt insgesamt über ein leistungs- folgreich auf den internationalen Märkten tätig; gerechtes und faires Steuersystem. Den Steuern auch die Liquiditätssituation und Finanzierungs- und Abgaben steht ein für ein hochentwickeltes In- bedingungen stellen sich weiterhin als günstig dar. dustrieland angemessenes Niveau an öffentlichen Deutschland wird bei den Unternehmensteuern Leistungen gegenüber. Die Bürgerinnen und Bür- keinen Steuersenkungswettlauf nach unten unter- ger profitieren vor allem von gut ausgebauten sozi- stützen. Vielmehr setzt die Bundesregierung hier alen Sicherungssystemen und größtenteils gebüh- auf zielgerichtete Maßnahmen zur Verbesserung renfreier öffentlicher Infrastruktur (u. a. in Schulen, der Wachstums- und Investitionsfreundlichkeit des Hochschulen, zunehmend auch Kitas). In dieser Le- Steuersystems, wie etwa die Einführung einer steu- gislaturperiode stärken zudem Steuer- und Ab- erlichen Förderung von Forschung und Entwick- gabensenkungen insbesondere für Familien und lung. Darüber hinaus wird die Steuergerechtigkeit Menschen, die kleinere und mittlere Einkommen im nationalen und internationalen Rahmen kon- beziehen, die verfügbaren Einkommen und setzen sequent gestärkt. So treibt Deutschland zusammen positive Arbeitsanreize. mit Frankreich das Konzept einer effektiven globa- len Mindestbesteuerung voran, um die Herausfor- Auch Unternehmen berücksichtigen bei der Stand- derungen sowohl bei der Besteuerung der Digital- ortauswahl neben dem Besteuerungsniveau vor al- wirtschaft als auch bei den weiteren Anstrengungen lem die „Leistungsseite“ eines Standorts, wie etwa In- gegen Steuergestaltung und Steuervermeidung wir- frastruktur, Qualifikation der Fachkräfte, öffentliche kungsvoll zu adressieren. 20
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF August 2019 Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds mit Deutschland Analysen und Berichte ●● Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat am 8. Juli seine diesjährigen Artikel-IV-Konsultati onen mit Deutschland abgeschlossen. ●● Der IWF hebt die auf historischen Tiefstand gesunkene Arbeitslosenquote und das starke Wirt- schaftswachstum hervor. Zugleich weist er auf Risiken für die deutsche Wirtschaft in der kurz- und mittelfristigen Zukunft hin. Hierzu gehören die gestiegenen Spannungen im internationalen Handel sowie die Herausforderungen einer alternden Bevölkerung. ●● Der IWF befasste sich auch mit der Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland. Sozialtransfersystem und das progressive Steuersystem sorgen dafür, dass Deutschland eine der geringsten Einkommensungleichheiten unter den G20-Ländern aufweist. Vermögen sind jedoch stärker konzentriert. Die jährlichen Artikel-IV-Konsultationen des IWF Artikel-IV-Konsultationen mit Deutschland fanden vom 7. bis 17. Mai 2019 Zu den wesentlichen Aufgaben des Inter- statt. Die IWF-Delegation führte Gespräche mit nationalen Währungsfonds gehört der Dia- verschiedenen Bundesministerien, mit der Deut- log mit den Mitgliedsländern über die nati- schen Bundesbank, dem Deutschen Gewerk- onalen und internationalen Auswirkungen schaftsbund sowie mit Wirtschaftsverbänden in ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik. Der Berlin. Mit der Diskussion im Exekutivdirektorium IWF führt mit den Mitgliedsländern jähr- des IWF am 8. Juli 2019 wurden die diesjährigen liche Konsultationen durch. Die Grundsät- Artikel-IV-Konsultationen mit Deutschland abge- ze für diese Konsultationen sind in Artikel IV schlossen. Der Bericht des IWF wurde veröffent- des Übereinkommens über den IWF fest- licht und kann auf der Homepage des IWF einge- gelegt. Üblicherweise besucht zunächst ein sehen werden.1 Team des IWF das jeweilige Land, um sich über die Wirtschafts- und Finanzlage zu in- formieren und mit der Regierung die wirt- schafts- und finanzpolitische Ausrichtung zu diskutieren. Auf dieser Grundlage verfasst das IWF-Team einen Bericht, den die stän- digen Vertreter der Mitgliedsländer beim IWF, die Exekutivdirektorinnen und Exeku- tivdirektoren, erörtern. Der IWF veröffent- licht danach eine Presseerklärung, die die 1 PDF-Download (englisch): wesentlichen Ergebnisse der Konsultationen http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20190831 zusammenfasst. 21
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds mit Deutschland August 2019 In seiner Analyse würdigt der IWF die beeindru- Der antizyklische Kapitalpuffer ckende Wirtschaftsleistung in Deutschland wäh- (Countercyclical Capital Buffer, CCyB) wur- rend der vergangenen zehn Jahre. Insbesondere de als ein makroprudenzielles (also auf die die auf einen historischen Tiefstand gesunkene Stabilität des gesamten Finanzsystems ge- Arbeitslosigkeit wird positiv hervorgehoben. Die richtetes) Instrument mit den Reformen der wachstumsstärkenden Maßnahmen des Koaliti- europäischen Finanzmarktregulierung nach onsvertrags, die höheren öffentlichen Investiti- der Finanzkrise eingeführt. Er wird als An- onen und eine stärkere Erwerbsbeteiligung von teil an den inländischen Risikopositionen ei- Frauen werden ebenfalls anerkannt. ner Bank festgelegt und kann zwischen 0 % und 2,5 % variieren. Der Puffer ist mit har- Der IWF weist aber auch darauf hin, dass in Zukunft tem Kernkapital zu erfüllen. Mit ihm sollen externe Faktoren und strukturelle Herausforde- Risiken aus einer übermäßigen Kreditverga- rungen das Wachstum belasten werden. Insbeson- be reduziert werden. Ist die Kreditvergabe dere die deutsche Exportwirtschaft wird von der relativ zur gesamtwirtschaftlichen Entwick- jüngsten Abkühlung der weltweiten Nachfrage ge- lung zu hoch oder deuten andere Indikato- troffen. Hinzu kommen international protektionis- ren auf einen zyklischen Risikoaufbau hin, tische Tendenzen, die das Risiko für den deutschen kann ein zusätzlicher Kapitalpuffer festge- Außenhandel erhöhen. Mittelfristige Herausforde- legt werden. Dies stärkt die Widerstandsfä- rungen sieht der IWF durch die alternde Bevölke- higkeit der Banken. In Zeiten des wirtschaft- rung und ein geringes Produktivitätswachstum. lichen Abschwungs kann der antizyklische Kapitalpuffer aufgezehrt werden. Damit Der IWF ordnet die aktuellen deutschen Leis- kann der Puffer einer Verstärkung des Ab- tungsbilanzüberschüsse – ähnlich wie die Bun- schwungs durch eine geringere Kreditverga- desregierung – als hoch ein. Er würdigt in diesem be des Bankensektors entgegenwirken. Zusammenhang den Rückgang des Leistungsbilanz überschusses auf 7,3 % im Jahr 2018 (von 8,0 % im In Deutschland hat die Bundesanstalt für Fi- Jahr 2017). Es ist davon auszugehen, dass die exter- nanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als zu- nen Ungleichgewichte mit anhaltenden Lohnzu- ständige Behörde den CCyB erstmalig zum wächsen weiter abnehmen. 1. Januar 2016 mit 0 % festgelegt. Seit Be- ginn des 3. Quartals 2019 hat die BaFin auf Der IWF unterstützt den finanzpolitischen Kurs Empfehlung des Ausschusses für Finanzsta- der Bundesregierung. Die moderate fiskalische Ex- bilität (AFS) den CCyB erhöht und erstma- pansion ermöglicht Investitionen zur Stärkung des lig auf 0,25 % festgelegt.2 Der CCyB gilt für deutschen Wachstumspotenzials. Gleichzeitig wer- Banken; diese müssen die neue Vorgabe ab den angemessene fiskalische Spielräume erhalten, dem Zeitpunkt ihrer Aktivierung innerhalb um im Fall eines massiven Wirtschaftsabschwungs von zwölf Monaten erfüllen. entsprechend reagieren zu können. Unmittelbare Risiken für die Finanzmarktstabilität In einem Sonderkapitel beschäftigt sich der IWF in Deutschland sieht der IWF weiterhin nicht. Al- mit der Vermögensverteilung in Deutschland. Hier lerdings erfordern die weiter steigenden Preise für werden die Zusammenhänge zwischen hohen Wohn- und Gewerbeimmobilien insbesondere in Sparquoten von Unternehmen, Einkommens- und den Stadtgebieten besondere Aufmerksamkeit. Im Vermögensungleichheit und externen Ungleichge- Bankensektor belasten anhaltend niedrige Zinsen wichten beleuchtet. Da Unternehmenseigentum und hohe Betriebskosten gemäß seiner Analyse die Profitabilität. Die Aktivierung des antizyklischen 2 Siehe auch AFS-Empfehlung AFS/2019/1, PDF-Download: Kapitalpuffers für Banken wurde begrüßt. http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20190832 22
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds mit Deutschland August 2019 stark konzentriert ist, führten hohe Gewinne zu -zahler vollständig abgeschafft. Auch von höheren höherer Einkommensungleichheit. Das progressive Grundfreibeträgen bei der Einkommensteuer, dem Steuersystem und das Sozialtransfersystem wirken Ausgleich der kalten Progression, deutlich verbes- Analysen und Berichte dem entgegen. Deutschland hat zusammen mit serten Familienleistungen und Senkungen von So- Frankreich die niedrigste Einkommensungleich- zialabgaben profitieren insbesondere Familien so- heit unter allen G20-Ländern, jedoch eine hohe wie Personen, die untere und mittlere Einkommen Vermögensungleichheit. beziehen. Dies reduziert Deutschlands Anfällig- keit für externe Schocks und kann konjunkturelle Die Bundesregierung setzt in dieser Legislaturperi- Schwächephasen abmildern. ode wichtige Akzente für eine wachstumsfreundli- che und sozial gerechte Steuer- und Abgabenpoli- Die nächsten Artikel-IV-Konsultationen mit tik. Der Solidaritätszuschlag wird für rund 90 % der Deutschland finden 2020 statt. betroffenen Einkommensteuerzahlerinnen und Pressemitteilung des IWF vom 9. Juli 2019 IWF-Exekutivdirektorium schließt Artikel-IV-Konsultationen 2019 mit Deutschland ab Am 8. Juli 2019 schloss das Exekutivdirektorium des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Arti- kel-IV-Konsultationen mit Deutschland ab. Nach mehreren Jahren mit einem durchschnittlichen Wachstum des realen BIP oberhalb von 2 % p. a. hat sich die deutsche Konjunktur in der 2. Jahreshälfte 2018 deutlich abgeschwächt, was mit ei- nem Rückgang der globalen Nachfrage und nachteiligen Auswirkungen vorübergehender Störungen auf die Automobil- und Chemiebranche zusammenhing. Das Wachstum sank daher 2018 auf 1,5 %. Nichtsdestotrotz fiel die Arbeitslosigkeit auf ein neues Rekordtief, was den Lohnzuwachs auf über 3 % ansteigen ließ, und die Investitionstätigkeit blieb stark. Wie auch in anderen Industrienationen blieb der Inflationsdruck mit einer Kerninflation Ende 2018 von 1,6 % gedämpft. Der Gesamtstaat verzeich- nete das fünfte Jahr in Folge einen Haushaltsüberschuss, der mit 1,7 % des BIP den größten Über- schuss in annähernd 30 Jahren darstellte und auf die über Plan liegenden Steuereinnahmen und nied- riger als veranschlagt ausgefallenen Ausgaben zurückzuführen war. Der Leistungsbilanzüberschuss sank auf 7,3 % des BIP (von 8,0 % im Jahr 2017), worin eine Verschlechterung der Warenhandelsbi- lanz zum Ausdruck kam. Das Kreditwachstum entsprach 2018 weitgehend dem BIP-Wachstum, neue Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen wurden jedoch zunehmend an vergleichsweise riskantere Unternehmen vergeben, während gleichzeitig die Kreditrichtlinien gelockert wurden. Die Preise für Wohn- und Gewerbeimmobilien stiegen weiter rasant an, insbesondere in dynamischen Stadtgebie- ten. Das Umfeld lang anhaltender Niedrigzinsen belastet die Rentabilität des Finanzsektors weiter, wodurch sich das Problem hoher Kosten und schleppender Restrukturierungsfortschritte verschärft. Der wirtschaftliche Ausblick für Deutschland geht davon aus, dass die Produktion in diesem Jahr all- mählich zum Trend zurückkehrt, dies unterliegt jedoch erheblichen Unsicherheiten. Die Abhängig- keit des Landes vom Export und seine finanzielle Offenheit machen es besonders anfällig für externe Schocks. Die Zunahme des globalen Protektionismus, eine ausgeprägte konjunkturelle Abkühlung in China oder ein No-Deal-Brexit würden den Exporten und Investitionen schaden, gleichzeitig könnte eine angespanntere globale Finanzlage deutliche Korrekturen bei bereits übertriebenen Bewertungen 23
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds mit Deutschland August 2019 in allen Anlageklassen auslösen. Mittelfristig dürften die ungünstige Bevölkerungsentwicklung, das geringe Produktivitätswachstum und die bevorstehende Energiewende auf das Wachstum drücken. Bewertung durch das Exekutivdirektorium Die Exekutivdirektoren3 würdigten die kompetente Wirtschaftspolitik Deutschlands, die das Wachs- tum gestützt, die Haushaltslage gestärkt und die Arbeitslosigkeit auf einen historischen Tiefstand ge- senkt hat. Die Direktoren nahmen die jüngste Konjunkturabschwächung sowie Abwärtsrisiken zur Kenntnis, die die Wachstumsaussichten beeinträchtigen. Sie betonten die langfristigen Herausforde- rungen durch die ungünstige Bevölkerungsentwicklung und das schwache Produktivitätswachstum sowie die mit handelspolitischen Spannungen und dem Brexit verbundenen externen Risiken. Eine künftige Priorität sollte sein, diese Herausforderungen und externen Ungleichgewichte anzugehen. Die Direktoren stellten fest, dass sich zwar die externen Ungleichgewichte vor dem Hintergrund ei- nes schnelleren Lohnwachstums aufzulösen beginnen, Deutschlands hoher Leistungsbilanzüber- schuss aber zum Teil auf hohe Unternehmensrücklagen, die zunehmende Einkommensungleichheit zwischen Spitzenverdienern und anderen Einkommensgruppen und das gedämpfte Konsumverhal- ten der privaten Haushalte zurückzuführen ist. Die Direktoren hielten demnach energische politische Maßnahmen für erforderlich, damit die Vorteile der starken Wirtschaftsleistung allen zugute kom- men. Ein weiterhin rasches Lohnwachstum und eine Anhebung der verfügbaren Einkommen mithilfe des Steuer- und Sozialleistungssystems wären hierbei hilfreich. Die Direktoren begrüßten die moderate fiskalische Expansion in diesem Jahr. Während sie die Bedeu- tung anerkannten, die der Aufrechterhaltung adäquater Puffer zur Vorbereitung auf eine alternde Be- völkerung und potenzielle Eventualverbindlichkeiten zukommt, ermutigten die meisten Direktoren die Regierung, auch weiterhin den verfügbaren Haushaltsspielraum dafür zu nutzen, das Potenzial- wachstum zu stärken und den Abbau von Ungleichgewichten zu erleichtern. Hierzu empfahlen sie In- vestitionen in die Infrastruktur, steuerliche Maßnahmen zur Anhebung des verfügbaren Einkommens von Haushalten aus dem niedrigen und mittleren Einkommensbereich, Anreize zur Stärkung der Er- werbsbeteiligung von Frauen und älteren Arbeitnehmern sowie Steuervergünstigungen für weitere Forschung und Entwicklung. Die Direktoren begrüßten die Bereitschaft der Regierung, im Falle ei- nes schwerwiegenden Wirtschaftsabschwungs zusätzliche fiskalpolitische Impulse in Betracht zu zie- hen. Sie lobten die Regierung zudem für ihre Entschlossenheit, eine faire und wettbewerbsfähige Un- ternehmensbesteuerung zu fördern und nach gemeinsamen Lösungen für internationale steuerliche Herausforderungen zu suchen. Unter Hinweis auf das schwache Wachstum der Arbeitsproduktivität sowie angebotsseitige Ein- schränkungen bei Arbeit und Kapital unterstrichen die Direktoren die Bedeutung beschleunigter Strukturreformen zur Förderung von Innovation, Investition und Wettbewerb, auch bei Unterneh- mensdienstleistungen und reglementierten Berufen. Sie sprachen sich für die Modernisierung der di- gitalen Infrastruktur Deutschlands, die Umsetzung der E-Government-Strategie und einen verbes- serten Zugang zu Wagniskapital aus. Die Direktoren merkten an, dass Deutschland auf gutem Weg ist, 3 Nach Abschluss der Diskussion fasst der geschäftsführende Direktor in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Direktoriums die Ansichten des Exekutivdirektoriums zusammen und diese Zusammenfassung wird der Regierung des jeweiligen Mitgliedstaats übermittelt. Eine Erläuterung der in den Zusammenfassungen verwendeten Qualifikationsmerkmale finden Sie unter folgendem Link: http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20190833 24
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds mit Deutschland August 2019 seine Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien zu erreichen, und begrüßten die Überlegungen der Regierung zu einer Besteuerung und Bepreisung von CO2 -Emissionen als Teil ihrer Strategie zur Ein- dämmung klimaschädlicher Emissionen. Analysen und Berichte Die Direktoren begrüßten die Fortschritte bei der Umsetzung der Financial-Sector-Assessment-Pro- gram-Empfehlungen (FSAP). Sie nahmen die schwache Rentabilität sowohl des Finanz- als auch des Lebensversicherungssektors, erhöhte makrofinanzielle Anfälligkeiten und rasch steigende Immobili- enpreise in dynamischen Städten zur Kenntnis. Die Direktoren betonten die Notwendigkeit, die Zins- risiken zu überwachen und die Umstrukturierungsanstrengungen zu forcieren, um die Widerstands- fähigkeit des Finanzsektors dauerhaft zu verbessern. Sie begrüßten die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers und sprachen sich für weitere Maßnahmen zur Schließung von Datenlücken aus, wo- durch eine umfassendere Bewertung potenzieller Risiken für die Finanzstabilität ermöglicht würde. Sie unterstützten zudem die Erweiterung der makroprudenziellen Instrumentarien, einschließlich um Instrumente für den Gewerbeimmobilienmarkt. Die Direktoren würdigten die freiwillige Mitwirkung Deutschlands am erweiterten ordnungspoliti- schen Rahmen des IWF im Bereich Bekämpfung von Korruption. Sie lobten die Regierung für ihre überzeugenden Strafverfolgungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung und be- grüßten ihr Engagement für weitere Anstrengungen in diesem Bereich. 25
Sie können auch lesen