Monatsbericht des BMF November 2017
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Monatsbericht des BMF November 2017
Editorial Monatsbericht des BMF November 2017 Bereich. In der europapolitischen Diskussion war er immer Wortführer eines solidarischen, aber auch auf Subsidiarität und Eigenverantwortung fu- ßenden Europa. Diese Prinzipien haben entschei- dend dazu beigetragen, die Herausforderungen der vergangenen Jahre in Europa und dem Euro- raum zu meistern. Von Juli 2014 bis Dezember 2015 hatte Deutschland die G7-Präsidentschaft inne, am 1. Dezember 2016 hat Deutschland für ein Jahr lang die Präsidentschaft der G20 übernommen. Minister Dr. Schäuble hat mit großem Einsatz dafür gesorgt, dass beide Präsidentschaften zum Erfolg wurden. Liebe Leserinnen, liebe Leser, Trotz eines schwierigen weltpolitischen Umfelds für die deutsche G20-Präsidentschaft wurden we- am 24. Oktober 2017 ist Dr. Wolfgang Schäuble aus sentliche Fortschritte in allen Bereichen der G20- dem Amt als Bundesfinanzminister ausgeschie- Agenda erzielt. Ein wichtiger Faktor hierfür war die den und wurde am gleichen Tag zum Präsidenten besonders enge Zusammenarbeit mit China und des Deutschen Bundestages gewählt. Im Bundesfi- Argentinien – den Vorgängern und Nachfolgern nanzministerium endete damit eine Ära. Seit 1969 als G20-Präsidentschaft. Diese Kontinuität liegt war es vor ihm keinem Bundesfinanzminister ge- Deutschland am Herzen, weil die meisten globa- lungen, den Bundeshaushalt ohne neue Schulden len Herausforderungen nicht binnen eines Jahres auszugleichen. Dies über mehrere Jahre erreicht zu bewältigt werden können. Als besonderen Erfolg haben und auch die Grundlage dafür gelegt zu ha- möchte ich den auf deutsche Initiative hin geschaf- ben, dass dies in Zukunft so bleiben kann, gehört fenen „G20 Compact with Africa“ hervorheben, der zu den großen Verdiensten von Dr. Schäuble als dazu beiträgt, die Investitionsbedingungen in afri- Bundesfinanzminister. Sicher wurde dies durch ein kanischen Ländern zu verbessern. Außerdem konn- günstiges wirtschaftliches Umfeld erleichtert. Zwar ten wir deutlich machen, dass die Widerstandsfä- befanden sich auch andere Länder in ähnlich güns- higkeit der G20-Volkswirtschaften gestärkt werden tiger Lage, konnten diese indes nicht nutzen, um muss. Bei unserer dritten Priorität, der Gestaltung ihre Haushalte ohne Schulden auszugleichen. Der von Digitalisierung im Finanzsektor, haben wir das in den vergangenen Jahren erreichte Konsolidie- weltweite Verständnis für das volkswirtschaftli- rungserfolg ist deshalb gar nicht hoch genug zu be- che Potenzial der Digitalisierung vertieft, aber auch werten. Minister Peter Altmaier, der bis zur Bildung die Diskussion ihrer Risiken (Stichwort „Cyber Se- der neuen Bundesregierung geschäftsführend die curity“) sowie der Besteuerung der digitalen Wirt- Leitung des BMF übernommen hat, betonte anläss- schaft auf den Weg gebracht. lich seiner Amtsübernahme: „Diese historische Er- rungenschaft, um die uns viele beneiden, darf auch künftig nicht gefährdet werden. Dafür arbeite ich in den nächsten Wochen mit ganzer Kraft.“ Dr. Thomas Steffen Akzente setzte Dr. Schäuble als Bundesfinanzmi- Staatssekretär im Bundesministerium nister auch im europäischen und internationalen der Finanzen 3
Inhaltsverzeichnis Analysen und Berichte____________________________________________7 Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich___________________________________________ 8 Ergebnisse der Steuerschätzung vom 7. bis 9. November 2017____________________________________________ 20 Die neue europäische Prospekt-Verordnung – ein Ausblick auf die kommenden Änderungen_____________ 27 IWF-Jahrestagung und Treffen der G20 vom 12. bis 15. Oktober 2017 in Washington, D.C._________________ 32 Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten im Jahr 2016__________________________ 37 12. ASEM-Tagung der Generalzolldirektoren in Berlin____________________________________________________ 44 Ergebnisse der steuerlichen Betriebsprüfung 2016_______________________________________________________ 47 Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage____________________________51 Überblick zur aktuellen Lage_____________________________________________________________________________ 52 Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht______________________________________________________ 53 Steuereinnahmen im Oktober 2017______________________________________________________________________ 60 Entwicklung des Bundeshaushalts bis einschließlich Oktober 2017_______________________________________ 64 Entwicklung der Länderhaushalte bis September 2017___________________________________________________ 69 Finanzmärkte und Kreditaufnahme des Bundes__________________________________________________________ 72 Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik_____________________________________________________________ 79 Aktuelles aus dem BMF__________________________________________83 Termine_________________________________________________________________________________________________ 84 Publikationen___________________________________________________________________________________________ 85 Hinweise auf Ausschreibungen__________________________________________________________________________ 86 Statistiken und Dokumentationen_______________________________87 Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 88 Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte_______________________________________________________ 89 Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunkturkomponenten des Bundes________________ 89 Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 90
Analysen und Berichte Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich 8 Ergebnisse der Steuerschätzung vom 7. bis 9. November 2017 20 Die neue europäische Prospekt-Verordnung – ein Ausblick auf die kommenden Änderungen 27 IWF-Jahrestagung und Treffen der G20 vom 12. bis 15. Oktober 2017 in Washington, D.C. 32 Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten im Jahr 2016 37 12. ASEM-Tagung der Generalzolldirektoren in Berlin 44 Ergebnisse der steuerlichen Betriebsprüfung 2016 47
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF November 2017 Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich ●● Deutschland hat vom 1. Dezember 2016 bis zum 30. November 2017 die Präsidentschaft der G20 inne, des weltweit wichtigsten Forums für internationale wirtschaftliche Zusammenar- beit. ●● Auf dem G20-Gipfeltreffen am 7./8. Juli 2017 in Hamburg haben die Staats- und Regierungs- chefs trotz eines nicht ganz leichten politischen Umfelds ein klares Bekenntnis zum Multila- teralismus abgegeben und gemeinsames Handeln verabredet, um zentrale globale Herausfor- derungen wie Terrorismus, Migrations- und Flüchtlingsbewegungen, den fortschreitenden Klimawandel und Pandemien anzugehen. ●● Auch im G20-Finanzministerprozess wurden wesentliche Fortschritte erzielt. Hervorzuheben ist der auf deutsche Initiative hin geschaffene „G20 Compact with Africa“ zur Verbesserung der Investitionsbedingungen in afrikanischen Ländern. ●● Auch die Fortschritte in den Bereichen ökonomische Widerstandsfähigkeit, internationale Finanzarchitektur, internationale Kooperation im Steuerbereich, Finanzmarktregulierung, Cyber-Sicherheit im Finanzsektor und Heimatüberweisungen sind beträchtlich. ●● Deutschland wird die G20-Präsidentschaft am 1. Dezember 2017 an Argentinien übergeben. Dabei wird Deutschland den reibungslosen Übergang aktiv mitgestalten, für Kontinuität sorgen und die argentinische G20-Agenda umfassend unterstützen. Einleitung Der G20 gehören 19 Staaten sowie die EU an. Diese Deutschland hatte am 1. Dezember 2016 die Staaten sind: Argentinien, Australien, Brasi- G20-Präsidentschaft von China übernommen und lien, China, Deutschland, Frankreich, Indien, wird diese zum 1. Dezember 2017 an Argentinien Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, übergeben. Es gab drei Schwerpunktthemen der Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südko- deutschen Präsidentschaft im Finanzbereich: rea, Türkei, die USA und das Vereinigte König- reich. 1. Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Welt- wirtschaft, Daneben standen Fragen der internationalen Fi- 2. Verbesserung der Bedingungen für private In- nanzarchitektur, der internationalen Steuerpolitik, vestitionen in Afrika – „Compact with Africa“, der Finanzmarktregulierung sowie weitere The- men von globaler Bedeutung auf der Agenda, wobei 3. Gestaltung von Digitalisierung im Finanzsektor. auch wichtige Themen früherer Präsidentschaften 8
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 weitergeführt wurden. Aus deutscher Sicht ist diese Um die drei Schwerpunktthemen mit den G20-Part- Kontinuität in der G20-Arbeit essenziell. nern gemeinsam inhaltlich vorzubereiten, wurde zu jedem Thema eine eigene Konferenz ausgerich- Analysen und Berichte Den Auftakt bildete das Treffen der Stellvertreter der tet: „Towards a More Resilient Global Economy“ G20-Finanzminister und -Notenbankgouverneure am 30. November 2016 in Berlin, „Digitising Fi- am 1. Dezember 2016 in Berlin. Hierauf folgte das nance, Financial Inclusion and Financial Literacy“ erste Treffen der G20-Finanzminister und -Noten- am 25./26. Januar 2017 in Wiesbaden und „G20 Af- bankgouverneure unter deutscher Präsidentschaft rica Partnership – Investing in a Common Future“ am 17./18. März 2017 in Baden-Baden. Weiterhin am 12./13. Juni 2017 in Berlin. Ergänzend hierzu trafen sich die G20-Finanzminister und -Noten- fanden außerdem das G20-High-Level-Sympo- bankgouverneure auch am Rande der Frühjahrs- sium „Global Economic Governance in a Multipo- und Jahrestagung von Internationalem Währungs- lar World“ am 17. März 2017 in Baden-Baden sowie fonds (IWF) und Weltbank am 20./21. April und am der G20-Workshop „Helping SMEs go global – 12./13. Oktober 2017 in Washington, D.C. Auch auf Moving forward in SME Finance“ am 23./24. Feb- dem G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am ruar 2017 in Frankfurt am Main statt. Organisiert 7./8. Juli in Hamburg, bei dem die Finanzminister zu wurden diese Ereignisse gemeinsam vom BMF und einem informellen Arbeitsessen zusammenkamen, der Deutschen Bundesbank. standen Finanzthemen auf der Tagesordnung. Ins- gesamt gab es unter deutscher Präsidentschaft im Es konnten wichtige Ergebnisse in allen Bereichen Finanzbereich zwei Treffen weniger als unter den der G20-Agenda im Finanzbereich erzielt werden, vorangegangenen Präsidentschaften – ein kleiner die im Folgenden dargestellt werden. Beitrag zur Verschlankung der Prozesse. 9
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 Überblick über wichtige Ergebnisse im G20-Finanzbereich im deutschen Präsidentschaftsjahr 1. Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft durch die Vereinbarung von Prinzipien zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der G20-Volkswirtschaften und auf deren Grundlage For- mulierung von neuen nationalen Maßnahmen in den Wachstumsstrategien der G20-Mitglieder. 2. G20-Initiative „Compact with Africa“ mit den Elementen erstens bessere Koordinierung be- stehender Initiativen, zweitens Identifizierung und Förderung von Möglichkeiten für private und Infrastrukturinvestitionen in Afrika, drittens politische Unterstützung für die Vereinbarung von Investitionsabkommen, viertens Aufbau eines Prozesses für die Implementierung der Abkommen und fünftens Weiterführung des „Compact with Africa“-Prozesses im G20-Finanzbereich. 3. Verbesserung der internationalen Finanzarchitektur durch erstens Prinzipien für die effektive Koordinierung zwischen multilateralen Entwicklungsbanken (Multinational Development Banks, MDB) und IWF sowie zur Verbesserung der Effizienz der Arbeiten und der Kooperation der MDB untereinander, u. a. durch gemeinsame Prinzipien und Ziele zur Mobilisierung privater Finanzmittel, zweitens operative Leitlinien für Gläubiger- und Schuldnerländer für tragfähige öffentliche Finan- zen in einkommensschwachen Ländern, drittens durch einen „Kompass“ zu Vorteilen und Heraus- forderungen von an das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gebundenen Staatsanleihen und viertens Beauf- tragung einer Gruppe herausragender Experten, konkrete Optimierungsvorschläge zur Arbeitsweise innerhalb der globalen Finanzarchitektur zu unterbreiten. 4. Besserer Umgang mit volatilen Kapitalströmen durch den Beitritt einiger nicht der Organisati- on für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development, OECD) angehörenden, G20-Staaten zum OECD-Kodex zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs. 5. Umsetzung und Weiterentwicklung der Finanzmarktreformen durch Unterstützung der Arbei- ten des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht zur Finalisierung des Basel III-Reformpakets sowie Verabschiedung der Empfehlungen des Finanzstabilitätsrats (Financial Stability Board, FSB) in den Bereichen Asset Management, zentrale Gegenparteien, Schattenbanken und Schaffung eines Rah- menwerks zur Ex-post-Evaluierung von bereits implementierten Reformen. 6. Verbesserung finanzieller Inklusion und Bildung in der digitalen Welt durch eine Erhebung zur finanziellen Allgemeinbildung der Bevölkerung in G20-Mitgliedstaaten, einen Erfahrungsaustausch über geeignete Politikmaßnahmen zur Förderung der digitalen finanziellen Teilhabe und die Unter- stützung der Umsetzung des G20-Aktionsplans zur Finanzierung von kleinen und mittleren Unter- nehmen (KMU). 7. Analyse von Chancen und Risiken der Digitalisierung im Finanzsektor durch eine erste FSB-Bestandsaufnahme von digitalen finanziellen Innovationen (insbesondere sogenannten Fin- Tech) und ihren Implikationen für die Finanzstabilität sowie von internationalen Regulierungsan- sätzen in diesem Bereich. 10
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 8. Green Finance: Bessere Identifizierung und Bewertung von aus Umwelt- und Klimaaspekten resultierenden Finanzrisiken durch Fortführung der im Vorjahr von China initiierten „G20 Green Finance Study Group“ und der von Experten aus der Privatwirtschaft geführten „Task Force on Cli- Analysen und Berichte mate-related Financial Disclosures“. 9. Erhöhung der Cyber-Sicherheit im Finanzsektor zur Verbesserung der Stabilität des Finanz systems, dazu erfolgte eine Bestandsaufnahme durch das FSB zu bestehenden Regelwerken und Aufsichtspraktiken bei G20-Mitgliedern. 10. Initiative zum verbesserten internationalen Datenaustausch zwischen bestehenden Institutionen und Aufbau einer öffentlich zugänglichen IWF-Datenbank zu makroprudenziellen Instrumenten. 11. Weiterentwicklung des internationalen Steuerrechts, insbesondere durch Umsetzung des Maßnahmenplans gegen Gewinnkürzungen und –verlagerungen international agierender Konzerne (Base Erosion and Profit Shifting, kurz BEPS) und Verbesserung der steuerlichen Transparenz (Aus- tausch von Informationen zu Finanzkonten und zu wirtschaftlich Berechtigten). 12. Initiative zur Verbesserung der Rechtssicherheit im Steuerbereich durch Erarbeitung konkreter Maßnahmen für eine verlässlichere Rechtssetzung und effizientere Rechtsanwendung sowie Fort- führung der G20-Unterstützung von Entwicklungsländern beim Kapazitätsaufbau ihrer Steuerver- waltungen. 13. Initiierung einer Diskussion über Auswirkungen des digitalen Wandels auf die Besteuerung auf G20-Ebene und Beauftragung der OECD mit weiteren Arbeiten in diesem Bereich. 14. Verbesserung der Bedingungen für Heimatüberweisungen (sogenannte Remittances), insbeson- dere die Behebung von Problemen von Remittances-Dienstleistern beim Zugang zu Banken, durch FSB-Arbeiten und Dialog mit dem Privatsektor. 15. Förderung der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche durch eine Stär- kung der Financial Action Task Force (FATF), insbesondere durch effizientere Governance-Struk- turen und ausreichende Finanzmittel. Stärkung der Widerstands Anfälligkeiten für Schocks insbesondere durch zu fähigkeit der Weltwirtschaft hohe Verschuldung zu vermeiden; sowie drittens Schocks abzufedern und rasch auf einen nachhal- Ziel dieses Schwerpunktthemas der deutschen Prä- tigen Wachstumspfad zurückzukehren. sidentschaft war es, die Weltwirtschaft robuster zu machen, indem die Widerstandsfähigkeit (oder Während sich die G20 bis dato weitgehend mit der „Resilienz“) jeder einzelnen G20-Volkswirtschaft Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Finanz- verbessert wird, im Sinne der Fähigkeit, erstens märkte beschäftigt hatte, standen unter deutscher nachhaltiges Wachstum im Angesicht langfristi- Präsidentschaft auch andere Aspekte im Vorder- ger struktureller Herausforderungen sicherzustel- grund, wie beispielsweise die Stärkung der Wider- len, wie z. B. der demografischen Entwicklung; standsfähigkeit der Realwirtschaft durch Struk- zweitens exzessive Ungleichgewichte, Risiken und turreformen. Somit wurde auch ein Thema der 11
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 chinesischen G20-Präsidentschaft aufgegriffen Bereiche Realwirtschaft, Finanzwirtschaft des Pri- und weiterentwickelt. vatsektors, öffentliche Finanzen, Geldpolitik und Außenwirtschaft. Um die Diskussionen mit neuesten wissenschaft- lichen Erkenntnissen zu unterfüttern, fand am Zum G20-Gipfel im Juli 2017 legten fast alle Mit- 30. November 2016 die Konferenz „Towards a More glieder neue nationale Maßnahmen zur Steigerung Resilient Global Economy“ statt (s. a. Monatsbericht der Widerstandsfähigkeit in ihren Wachstumsstra- Dezember 2016). An ihr nahmen über 200 G20-De- tegien vor. Die Gesamtzahl der neuen Maßnah- legierte und rund 80 Experten vor allem aus dem men belief sich auf über 50. Davon wurden 20 be- akademischen Raum teil, darunter auch die beiden sonders bedeutsame Maßnahmen in den Annex Wirtschaftsnobelpreisträger Prof. Dr. Robert Shiller der Gipfel-Abschlusserklärung „Hamburg Action (Universität Yale) und Prof. Dr. Christopher Sims Plan“ aufgenommen. Eine Reihe von Mitgliedern (Universität Princeton). (Argentinien, Brasilien, Deutschland und Mexiko) verpflichtete sich beispielsweise, die öffentliche Unter dem Vorsitz von renommierten Wissen- Verschuldung zu reduzieren, um die Nachhaltig- schaftlern und Vertretern internationaler Orga- keit der öffentlichen Finanzen sowie makroökono- nisationen diskutierten die Teilnehmer in sechs mische Stabilität zu gewährleisten. Andere Mitglie- Gruppen zu den Themengebieten Verschuldung der kündigten z. B. weitere Maßnahmen im Kampf öffentlicher Haushalte, private Verschuldung, Real- gegen Steuervermeidung (Italien) oder Korruption wirtschaft, Steuern, Kapitalströme und globale Fi- (Frankreich) an. nanzarchitektur und erarbeiteten Handlungsop- tionen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Besonders erfreulich ist, dass das Thema Resilienz Weltwirtschaft. Diese Ergebnisse waren ein wichti- auch über den G20-Rahmen hinaus auf der inter- ger Input für die Diskussion am Folgetag beim Tref- nationalen Agenda verankert und damit ein neuer fen der Stellvertreter der G20-Finanzminister und Impuls für Strukturreformen und Schuldenabbau -Notenbankgouverneure zu diesem Thema. gegeben wurde: Auf EU-Ebene erhielten im dies- jährigen Europäischen Semester alle EU-Länder Zu diesem Treffen legten drei internationale Orga- Empfehlungen zur Steigerung der Widerstandsfä- nisationen Berichte vor, die unterschiedliche Fa- higkeit. In der Eurogruppensitzung am 15. Septem- cetten wirtschaftlicher Resilienz beleuchteten: Ein ber 2017 stand die ökonomische Resilienz der Eu- IWF-Bericht („A Macroeconomic Perspective on ropäischen Währungsunion auf der Tagesordnung. Resilience“) betrachtet makroökonomische As- Es gab einen breiten Konsens, dass für den Abbau pekte der Resilienz, ein Bericht der OECD („OECD von Risiken nationale Strukturreformen in ver- G20 Policy Paper on Economic Resilience and schiedenen Bereichen essenziell seien. Structural Policies”) untersucht den Zusammen- hang zwischen Strukturreformen und Resilienz, Auch der IWF betonte bei der Jahrestagung von während sich ein Bericht der Bank für Internatio- IWF und Weltbank im Oktober 2017 die Bedeutung nalen Zahlungsausgleich („Economic Resilience: A einer Stärkung der Widerstandsfähigkeit durch fis- Financial Perspective“) insbesondere Aspekten des kalische Puffer, den Abbau von notleidenden Kre- Finanzmarkts widmet. diten sowie Strukturreformen und machte auf Ri- siken für die Finanzstabilität aufmerksam. Diese Bei ihrem Treffen im März 2017 verständigten sich Themen wurden auch im „World Economic Out- die G20-Finanzminister und -Notenbankgouver- look“ und dem „Global Financial Stability Report“ neure auf Prinzipien, um die Widerstandsfähigkeit des IWF behandelt. Die Regierungen sollten die der G20-Volkswirtschaften durch entsprechende günstige weltwirtschaftliche Gelegenheit nutzen, nationale Maßnahmen zu erhöhen (s. a. Monats- um die Widerstandsfähigkeit gegen Abwärtsrisiken bericht April 2017). Diese Prinzipien umfassen die zu stärken. 12
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 Investitionspartnerschaft mit sowie anderen beteiligten Akteuren gemeinsam Afrika entwickelt wurde. Die genannten internationa- len Organisationen legten den Finanzministern Analysen und Berichte In einer zunehmend vernetzten Welt müssen auch und Notenbankgouverneuren zu deren Treffen im jenseits des G20-Rahmens globale Partnerschaften März 2017 einen Bericht mit Vorschlägen für ei- gebildet werden. Dies gilt insbesondere für den af- nen solchen Modulbaukasten vor. Aus dem Bau- rikanischen Kontinent. Um eine nachhaltige Ent- kasten können für jede Investitionsvereinbarung wicklung zu fördern und die Beschäftigungs- („Compact“), die zwischen einzelnen afrikanischen chancen vor Ort zu erhöhen, müssen in vielen Ländern, internationalen Finanzinstitutionen und afrikanischen Ländern die Rahmenbedingungen bilateralen Partnerländern geschlossen wird, die je- für private Investitionen, insbesondere Investitio- weils geeigneten Verfahren und Instrumente aus- nen in die Infrastruktur, verbessert und die Inves- gewählt und bedarfsgerecht angepasst werden. titionsrisiken verringert werden. Zu diesem Zweck hat die deutsche G20-Präsidentschaft die Partner- Im Laufe der deutschen G20-Präsidentschaft haben schaft mit Afrika zu einem zentralen Thema ih- sich zehn afrikanische Länder der Initiative ange- rer Präsidentschaft gemacht. Im Annex „G20-Af- schlossen und Investitionspartnerschaften auf den rika-Partnerschaft“ zur Abschlusserklärung des Weg gebracht oder sind dabei, dies zu tun: Ägypten, G20-Gipfels wurden die wesentlichen Elemente Äthiopien, Benin, Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, der Partnerschaft festgehalten: Marokko, Ruanda, Senegal und Tunesien. In einem ersten Schritt haben diese Länder je einen „Prospec- 1. Verbesserte Teilhabe an Wirtschaftswachstum tus“ vorgelegt, welcher die Reformabsichten des je- und Beschäftigung, weiligen Landes skizziert. Sieben der oben genann- ten Länder haben ihre Investitionspartnerschaften 2. Entwicklung hochwertiger Infrastruktur insbe- schon weiter konkretisiert und eine „Policy Matrix“ sondere im Energiebereich und entwickelt, in der die Reformvorhaben des jeweiligen Landes sowie komplementäre Unterstützungsmaß- 3. „Compact with Africa“ – Stärkung der Rahmen- nahmen von bilateralen Partnern (internationale bedingungen für private Finanzierung. Organisationen und Partnerländer aus dem Kreis der G20 und darüber hinaus) detailliert beschrieben Die Initiative „Compact with Africa“ wurde im werden. Alle Dokumente sind auf der dafür einge- G20-Finanzbereich mit dem Ziel ins Leben gerufen, richteten Internetseite www.compactwithafrica.org private Investitionen in afrikanischen Ländern zu zu finden. Außerdem haben alle Länder „Country fördern. Der „Compact with Africa“ soll außerdem Teams“ aus den beteiligten Akteuren gebildet, die ei- helfen, bestehende Initiativen der G20-Mitglieder, nen „One Stop Shop“ für alle öffentlichen Partner internationaler Organisationen und afrikanischer und privaten Investoren bieten. Es ist Aufgabe der Länder besser zu vernetzen und damit deren Wirk- Country Teams, die Initiative in den einzelnen Län- samkeit und politische Sichtbarkeit zu erhöhen. dern zu koordinieren. Der „Compact with Africa“ verfolgt einen bedarfs Entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung des orientierten Ansatz, berücksichtigt länderspezifi- „Compact with Africa“ ist die geeignete Einbindung sche Rahmenbedingungen und beruht auf den Pri- des privaten Sektors, um auf neue Investitionsmög- oritäten der afrikanischen Länder. Ein zentrales lichkeiten aufmerksam zu machen, die Umsetzung Element ist ein Katalog modular nutzbarer Maßnah- von Investitionsprojekten in afrikanischen Län- men zur Verbesserung der makroökonomischen, dern zu unterstützen und die Weiterentwicklung unternehmens- und finanzpolitischen Rahmen- der Investitionspartnerschaften zu fördern. In die- bedingungen, der von der Afrikanischen Entwick- sem Sinne hatten das Bundeskanzleramt, das BMF lungsbank, dem IWF und der Weltbankgruppe und das Bundesministerium für wirtschaftliche 13
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 Zusammenarbeit und Entwicklung sowie die Deut- sowie möglicher Herausforderungen aus innova- sche Bundesbank am 12./13. Juni 2017 in Berlin tiven digitalen Anwendungen und Geschäftsmo- zur internationalen Konferenz „G20-Partnerschaft dellen für gut funktionierende und stabile Finanz- mit Afrika – Investitionen in eine gemeinsame Zu- märkte auf die G20-Agenda. Dabei geht es etwa um kunft“ eingeladen (s. a. Monatsbericht Juli 2017). Potenziale zur Förderung wirtschaftlichen Wachs- Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel eröffnete die tums und finanzieller Inklusion. Es sind jedoch Konferenz, die afrikanische Staatschefs und Minis- auch mögliche Auswirkungen auf die Finanzstabi- ter, Vertreter der G20-Finanzministerien und inter- lität zu beachten. Zu diesem Themenbereich fand nationalen Organisationen sowie Experten aus der am 25./26. Januar 2017 die oben bereits erwähnte Wirtschaft und dem Finanzsektor aus aller Welt Konferenz „Digitising Finance, Financial Inclusion zusammenbrachte. and Financial Literacy“ statt (s. a. Monatsbericht Fe- bruar 2017). Die „Compact with Africa“-Initiative wird im G20-Finanzbereich im Rahmen der G20-Partner- Auf Bitte der G20-Finanzminister und -Notenbank- schaft mit Afrika weiter fortgeführt werden. Die gouverneure führte der internationale Finanz- Finanzminister und Notenbankgouverneure wer- stabilitätsrat (FSB) eine erste Bestandsaufnahme den die Umsetzung der Investitionsvereinbarun- internationaler Regulierungsansätze zu techno- gen zwischen afrikanischen Ländern, internatio- logiegetriebenen Finanzinnovationen (FinTech) nalen Organisationen und Partnerländern auch durch. Der zum G20-Gipfel vorgelegte Abschluss- künftig begleiten und unterstützen. Es wurde die bericht des FSB („Financial Stability Implications Arbeitsgruppe „G20 Africa Advisory Group“ (AAG) from FinTech – Supervisory and Regulatory Issues eingerichtet. Diese Gruppe wird unter gemein- that Merit Authorities‘ Attention“) identifizierte samem deutschen und südafrikanischen Vorsitz mehrere Themenfelder für eine intensivierte inter- den „Compact with Africa“ auch in der Zukunft nationale Zusammenarbeit, die auch in den kom- betreuen. Sie soll regelmäßig der G20 über Fort- menden Jahren G20-Beratungen erfordern werden. schritte bei der Umsetzung der Compacts berich- Dabei geht es insbesondere um Risiken bei der Cy- ten. ber-Sicherheit und um die Inanspruchnahme von Drittdienstleistern, die nicht der Finanzregulierung Deutschland engagiert sich – wie eine ganze Reihe unterliegen. von G20-Mitgliedern – als bilateraler Partner für drei Compact-Länder, und zwar die Elfenbeinküste, Ghana und Tunesien. Cyber-Sicherheit Das Thema Cyber-Sicherheit im Finanzsektor Gestaltung von Digitalisierung wurde von der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzsektor erstmals auf die G20-Agenda im Finanzbereich ge- setzt. Bereits bei ihrem ersten Treffen unter deut- Die Digitalisierung im Finanzsektor führt zu schem Vorsitz in Baden-Baden stellten die G20-Fi- schnell wachsenden, breiten Anwendungsmög- nanzminister und -Notenbankgouverneure klar, lichkeiten, die mit großen Chancen für das Finanz- dass Cyber-Angriffe eine erhebliche Bedrohung system, die Realwirtschaft und die Gesellschaft ver- für das Finanzsystem sind – sowohl für einzelne bunden sind, aber auch mit möglichen Risiken. Die Akteure als auch für die Stabilität des Finanzsys- deutsche G20-Präsidentschaft setzte daher die Un- tems als Ganzes. Mit dem ausdrücklichen Ziel, die tersuchung des volkswirtschaftlichen Potenzials Widerstandsfähigkeit sowohl der Akteure als auch 14
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 des Finanzsystems insgesamt sowie die grenz Principles and Ambitions on Crowding-In Private übergreifende Zusammenarbeit zu verbessern, be- Finance) der multilateralen Entwicklungsbanken auftragten sie deshalb das FSB, als ersten Schritt verabschiedet. Analysen und Berichte eine Bestandsaufnahme bestehender Regelwerke und Aufsichts-Praktiken bei den G20-Mitgliedern durchzuführen. Der vom FSB hierzu zum Treffen Hamburg Principles and Ambitions der Finanzminister und Notenbankgouverneure Die beim G20-Gipfel in Hamburg gebillig- im Oktober in Washington vorgelegte Ergebnis- ten „MDBs‘ Joint Principles and Ambitions bericht ist ein wichtiger Beitrag zur Förderung on Crowding-In Private Finance“ („Hamburg der Finanzstabilität. Auf seiner Basis bekräftigte Principles and Ambitions“) sehen vor, dass die G20 auch auf diesem Treffen noch einmal ihr die Mobilisierung von Privatsektormitteln Ziel, das internationale Finanzsystem gegen an- durch die MDB in den nächsten drei Jahren haltende Bedrohungen durch Cyber-Angriffe zu substanziell erhöht wird. Die MDB wurden stärken und internationale Bestrebungen zur Er- dabei auch aufgefordert, die Zusätzlichkeit höhung der Cyber-Sicherheit im Finanzsystem zu (sogenannte additionality) öffentlicher Fi- unterstützen. Für eine noch intensivere Zusam- nanzierung zu bewerten und zu stärken. menarbeit in diesem Bereich beauftragten sie das FSB, seine Arbeiten fortzusetzen. Ferner wurden während der deutschen Präsi- dentschaft die bereits unter den vorhergehenden Internationale G20-Präsidentschaften begonnenen Arbeiten zur Finanzarchitektur und Global Optimierung der Bilanzen der MDB und zur Erhö- hung ihrer Infrastrukturinvestitionen weitergeführt. Financial Governance Die Finanzminister und Notenbankgouverneure haben u. a. „Prinzipien für die effektive Koordinie- Unter deutschem G20-Vorsitz wurde die interna- rung zwischen multilateralen Entwicklungsbanken tionale Finanzarchitektur in verschiedenen Berei- und IWF“ (Principles for Effective Coordination chen gestärkt. Die G20 führte die Diskussion des between the IMF and MDBs) verabschiedet, die die globalen finanziellen Sicherheitsnetzes fort, insbe- Zusammenarbeit der Institutionen mit den betrof- sondere mit Blick auf den IWF, der im Mittelpunkt fenen Ländern bei der Bewältigung von Zahlungsbi- dieses Netzes steht, und seiner 15. Allgemeinen lanzkrisen verbessern und zu einem kohärenten An- Quotenüberprüfung, die bis Herbst 2019 abge- satz über die Institutionen hinweg führen sollen. schlossen werden soll. Um die Schuldentragfähigkeit in einkommens- Außerdem haben die Finanzminister und No- schwachen Ländern sicherzustellen, haben die tenbankgouverneure im Bereich der multilatera- G20-Mitglieder operative Leitlinien für Gläubiger- len Entwicklungsbanken Initiativen gestartet und und Schuldnerländer für tragfähige öffentliche Fi- fortgesetzt, die darauf abzielen, die Erreichung der nanzen (Operational Guidelines for Sustainable Fi- globalen Entwicklungsziele (Agenda 2030) und nancing) vereinbart. Daneben wurden innovative der Klimaschutzziele von Paris zu unterstützen. Schuldeninstrumente analysiert und konkret ein Angesichts knapper öffentlicher Mittel soll dies „Kompass für BIP-gebundene Staatsanleihen“ erar- durch Effizienzverbesserungen seitens der Ent- beitet. Der Kompass informiert interessierte Staa- wicklungsbanken beziehungsweise durch Hinzu- ten und Investoren über Vorteile und Herausforde- ziehung privaten Kapitals geschehen. Dazu haben rungen solcher Anleihen, deren Zinszahlung und/ die Staats- und Regierungschefs beim G20-Gip- oder Schuldendienst an die Entwicklung des BIP ge- fel die „Hamburger Prinzipien und Ziele zur Mo- knüpft sind. bilisierung privater Finanzmittel“ (Hamburg 15
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 Ein weiteres wichtiges Thema während der Tref- Über dieses grundsätzliche Bekenntnis hinaus fen war das Auftreten von volatilen Kapitalströmen wurden zahlreiche konkrete Arbeiten fertigge- und geeignete Maßnahmen zum Umgang mit die- stellt beziehungsweise auf den Weg gebracht: Zur sen. Besondere Beachtung fand dabei der Einsatz Finalisierung des Aufsichtsrahmenwerks für Ban- makroprudenzieller Instrumente. Darüber hinaus ken („Basel-III-Reformpaket“) wurden beträchtli- haben mehrere G20-Staaten, die nicht Mitglied der che Fortschritte erzielt. Bei ihrem Treffen im März OECD sind, ihre Absicht bekundet, dem OECD-Ko- billigten die G20-Finanzminister und -Notenbank- dex zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs beizu- gouverneure zudem Regulierungsempfehlungen treten. Dieser fördert ein geordnetes Management des FSB zur Vermeidung struktureller Risiken im der Kapitalströme und bildet hierfür einen effekti- Zusammenhang mit Asset-Management-Aktivitä- ven internationalen Ordnungsrahmen. ten. Im Juli begrüßten die G20-Staats- und -Regie- rungschefs u. a. Empfehlungen und Leitlinien zur Schließlich haben die Finanzminister und Noten- Verbesserung der Widerstandsfähigkeit, Sanierbar- bankgouverneure bei ihrem Treffen im April eine keit und Abwickelbarkeit von zentralen Gegenpar- Gruppe herausragender Experten („Eminent Per- teien. Ebenso nahmen sie eine umfassende Analyse sons Group on Global Financial Governance“) be- des FSB zu (verbleibenden) Risiken aus Finanzie- auftragt, bis zum Oktober 2018 konkrete Ver- rungen über den sogenannten Schattenbanken- besserungsvorschläge zur globalen finanziellen sektor (siehe hierzu auch Monatsbericht April 2017 Governance und insbesondere zum Zusammen- inklusive einer Erläuterung des Begriffs „Schatten- wirken der internationalen Finanzinstitutionen banken“) und zur Angemessenheit der mittlerweile zu unterbreiten. Den Vorsitz der Gruppe hat der geschaffenen Überwachungs- und Regulierungs- Vize-Premierminister von Singapur, Tharman instrumente entgegen. Das FSB kommt hierin zu Shanmugaratnam, übernommen. dem Ergebnis, dass diese Instrumente derzeit an- gemessen sind. Daraufhin verständigten sich die Staats- und Regierungschefs auf eine Fortsetzung Finanzmarktentwicklung und der genauen Beobachtung. -regulierung Angesichts der fortschreitenden Umsetzung der G20-Reformen im Finanzmarktbereich wurde Umsetzung und Weiterentwicklung beim G20-Gipfel mit der Verabschiedung des vom der Finanzmarktreformen FSB erarbeiteten Rahmenwerks zur Ex-post-Evalu- ierung von hinreichend weit implementierten Re- Im Bereich der internationalen Finanzmarktent- formen ein weiterer wichtiger Schritt unternom- wicklung und -regulierung ziehen die G20-Mitglie- men. Bis zum Oktober-Treffen der Finanzminister der weiterhin an einem Strang. Sowohl die Finanz- und Notenbankgouverneure verständigte man sich minister und Notenbankgouverneure als auch die bereits auf die erste Anwendung dieses Rahmen- Staats- und Regierungschefs bekräftigten während werks. der deutschen G20-Präsidentschaft ihre Entschlos- senheit, die als Reaktion auf die Finanzkrise verein- Ebenso breite Unterstützung der G20 fanden die barten Reformen zu finalisieren beziehungsweise von der deutschen Präsidentschaft vorgeschla- weiterhin konsequent und international konsistent gene institutionenübergreifende internationale In- umzusetzen. Damit ist es der deutschen G20-Präsi- itiative zum verbesserten Datenaustausch und der dentschaft gelungen, auch in politisch komplizier- vom IWF initiierte Aufbau einer öffentlich zugäng- ten Zeiten die G20 in Kernfragen zusammenzuhal- lichen Datenbank zu makroprudenziellen Instru- ten. menten. 16
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 All diese Elemente werden dazu beitragen, die Wi- zuletzt darum, besser zu verstehen, welche Förder- derstandsfähigkeit des internationalen Finanzsys- maßnahmen effektiv helfen. Die Umfrageergebnisse tems weiter zu stärken. unterscheiden sich zwischen den einzelnen Ländern Analysen und Berichte teils sehr stark, identifizieren jedoch auch einen ge- nerellen Bedarf an verbesserter finanzieller Allge- Green Finance meinbildung innerhalb der gesamten G20. Fortschritte gab es auch bei den G20-Arbeiten zur Darüber hinaus wurde ein Erfahrungsaustausch besseren Identifizierung und Bewertung von aus über Politikmaßnahmen zur Förderung der digita- Umwelt- und Klimaaspekten resultierenden Fi- len finanziellen Teilhabe zwischen G20-Mitgliedern nanzrisiken: Die G20 Green Finance Study Group, und Nicht-Mitgliedern eingeleitet. Ausgetauscht die 2016 unter chinesischer G20-Präsidentschaft wurden beispielsweise Erfahrungen mit Maßnah- ins Leben gerufen worden war, legte zum Gipfel in men zur Verbesserung des Zusammenspiels von Hamburg ihren Ergebnisbericht vor. Zahlungsdienstleistungen, die über mobile Endge- räte genutzt werden, oder zur Förderung digitaler Der Bericht beschreibt konkrete Optionen zur ver- Zahlungen von staatlichen Leistungen, etwa sozia- besserten Analyse umweltbezogener Risiken im Fi- ler Transfers. nanzsektor. Zudem untersucht er Möglichkeiten, wie für Finanzanalysen relevante öffentlich zugäng- Wie schon in den vergangenen Jahren lag auch un- liche Umweltdaten leichter verfügbar und nutz- ter der deutschen G20-Präsidentschaft ein weite- bar gemacht werden können. Auch die auf Initia- rer Schwerpunkt auf der Verbesserung des Zugangs tive des FSB von Experten aus der Privatwirtschaft zu Finanzdienstleistungen für KMU. Die G20-Mit- geführte „Task Force on Climate-related Finan- glieder haben daher in Umsetzung des G20-Akti- cial Disclosures“ legte ihren Abschlussbericht zum onsplans zur Finanzierung von KMU ihre Kreditin- G20-Gipfel vor. Dieser Bericht enthält konkrete, für frastruktur für KMU analysiert und Reformbedarfe große kapitalmarkt-orientierte Unternehmen und identifiziert. den Finanzsektor handhabbare Empfehlungen zur freiwilligen Offenlegung klimabezogener finanziel- ler Risiken. Am 15. November 2017 hat zudem eine Internationale Steuerpolitik G20-Konferenz zum Thema Green Finance in Sin- Im Bereich der internationalen Besteuerung ha- gapur stattgefunden. ben die G20-Mitglieder ihr Bekenntnis zur Unter- stützung eines gerechten und modernen internati- onalen Steuersystems bekräftigt. Dieses Bekenntnis Verbesserung von finanzieller umfasst namentlich die Umsetzung des Maßnah- Inklusion und Bildung in der menplans gegen Gewinnkürzungen und -verlage- digitalen Welt rungen international agierender Konzerne (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS). Wie im Bereich Digitalisierung ermöglicht es mehr Menschen, fi- der Finanzmarktregulierung ist es der deutschen nanzielle Dienstleistungen in Anspruch zu neh- G20-Präsidentschaft auch hier gelungen, in politisch men, erhöht aber auch die Notwendigkeit zur För- schwierigen Zeiten den G20-Konsens in Kernfragen derung der finanziellen Allgemeinbildung, und zu erhalten. zwar auch, damit Risiken besser abgeschätzt wer- den können. Vor diesem Hintergrund wurde unter Um die internationale Kooperation der OECD, der deutscher G20-Präsidentschaft die finanzielle Allge- G20 und der Entwicklungsländer fortzusetzen, meinbildung in den G20-Ländern mittels eines von wurde das „Inclusive Framework on BEPS“ einge- der OECD entwickelten und standardisierten Fra- richtet, welches eine verstärkte Einbindung insbe- genkatalogs genauer untersucht. Dabei ging es nicht sondere von Entwicklungsländern vorsieht. Über 17
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 100 Staaten haben sich mittlerweile dem Inclusive Die Finanzminister und Notenbankgouverneure ha- Framework angeschlossen. Damit haben sich auch ben außerdem die Fortsetzung ihrer Unterstützung zahlreiche Nicht-OECD- oder G20-Staaten und -Ju- von Entwicklungsländern beim Kapazitätsaufbau risdiktionen zur Umsetzung der Anti-BEPS-Emp- ihrer Steuerverwaltungen bekräftigt. Deutschland fehlungen verpflichtet. Die Fortschritte der Staaten hat bei der bereits erwähnten Afrika-Konferenz ge- bei der Umsetzung werden durch einen Monito- meinsam mit OECD, Kenia und Italien das „Africa ring-Prozess überprüft. Hervorzuheben ist der Ab- Academy Programme for Tax and Financial Crime schluss des „Multilateralen Instruments“: Dieser Investigation“ in Kenia gegründet. Der erste Pilot- völkerrechtliche Vertrag soll zur gleichzeitigen Än- kurs fand erfolgreich im Sommer 2017 in Nairobi derung bestehender Doppelbesteuerungsabkom- statt. men führen, um die neuen Standards gegen BEPS in allen Abkommen zu berücksichtigen. Damit Entwicklungsländer bestmöglich von einer Verbesserung der Rechtssicherheit profitieren kön- Weiter wurden erhebliche Fortschritte bei der Ver- nen, hat Deutschland zudem in Kooperation mit besserung der steuerlichen Transparenz erzielt. Der OECD, IWF und dem African Tax Administration Fo- automatische Austausch von Informationen über rum im Oktober 2017 in Tansania einen Workshop Finanzkonten auf Basis des gemeinsamen Stan- zu diesem Thema für Vertreter von afrikanischen dards „Common Reporting Standard“ hat im Sep- Steuerverwaltungen und Finanzministerien ausge- tember 2017 fristgerecht und erfolgreich begonnen. richtet. Zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung sowie Ter- Darüber hinaus hat die deutsche G20-Präsident- rorismusfinanzierung, Geldwäsche und Korruption schaft eine wichtige Diskussion im G20-Kreis über wurde der internationale Austausch von Informati- die Auswirkungen des digitalen Wandels auf die Be- onen über die wirtschaftlich Berechtigten von Un- steuerung angestoßen. Eine Kernfrage ist die Mes- ternehmen – insbesondere sogenannter Briefkasten- sung und Zuordnung von Wertschöpfung in digi- firmen – verbessert. Die Arbeiten, die im Jahr 2016 talisierten, nicht mehr zwingend an Ländergrenzen angesichts der „Panama Papers“ mit Nachdruck auf- gebundenen Geschäftsmodellen. Bei ihrem Treffen genommen wurden, werden auch 2018 weitergehen. im März 2017 haben die Finanzminister und No- tenbankgouverneure eine erste breite und grund- Mit einer Initiative zur Verbesserung der Rechtssi- sätzliche Diskussion über Fragen des Umgangs mit cherheit hat die deutsche G20-Präsidentschaft einen (stärker) digitalisierten Wertschöpfungsketten sowie neuen Schwerpunkt für die steuerpolitische Agenda mit Datennutzungsmodellen geführt und die OECD der G20 gesetzt. Im Auftrag der G20 haben OECD wurde mit weiteren Arbeiten hierzu beauftragt. Ein und IWF im März 2017 einen Bericht zur Verbes- erster Zwischenbericht der OECD soll den G20-Fi- serung der steuerlichen Rechtssicherheit vorgelegt, nanzministern und -Notenbankgouverneuren zur der auch beim G20-Gipfel von den Staats- und Re- Frühjahrstagung 2018 in Washington, D. C. vorgelegt gierungschefs begrüßt wurde. Darin schlagen OECD werden. und IWF konkrete Maßnahmen für eine verlässli- chere Rechtssetzung durch die nationalen Gesetz- geber und eine effizientere Rechtsanwendung durch Weitere Themen die nationalen Steuerverwaltungen vor. Dadurch sollen die Investitionsbedingungen für Unterneh- men verbessert und die Stabilität der Steuereinnah- Remittances men erhöht werden. Die G20-Mitglieder wollen die unterbreiteten Vorschläge auf freiwilliger Basis um- Ein weiteres wichtiges Thema für die deutsche setzen. Im Jahr 2018 werden OECD und IWF einen Präsidentschaft war die Verbesserung der Bedin- Fortschrittsbericht vorlegen. gungen für Heimatüberweisungen, sogenannte 18
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Resümee der deutschen G20-Präsidentschaft im Finanzbereich November 2017 Remittances, anhand eines im G20-Kreis verein- Abbau der Subventionen für fossile barten Arbeitsplans zur Lösung verbleibender Pro- Brennstoffe bleme der Dienstleister von Heimatüberweisungen Analysen und Berichte beim Zugang zu Banken. Dieser Plan beinhaltet, Die G20-Finanzminister und -Notenbankgouver- dass das FSB bis zum ersten Treffen der G20-Fi- neure haben ihre Absicht bekräftigt, mittelfris- nanzminister und –Notenbankgouverneure im tig ineffiziente Subventionen für fossile Brenn- Jahr 2018 einen Bericht hierüber vorlegt. In diesen stoffe abzubauen, dabei aber die Notwendigkeit werden auch die Schlussfolgerungen des hochran- der Unterstützung armer Bevölkerungsgruppen gigen Runden Tisches mit dem Privatsektor zu die- zu berücksichtigen. Des Weiteren haben sie alle sem Thema am 12. Oktober 2017 in Washington G20-Länder ermutigt, baldmöglichst einen „Peer einfließen. Die Finanzminister und Notenbank- Review“ zu ineffizienten Subventionen für fossile gouverneure verständigten sich im Oktober zudem Energieträger einzuleiten. darauf, dass das FSB im Falle der Identifikation un- vertretbarer Hindernisse für Remittances-Dienst leister beim Zugang zu Bankdienstleistungen bis Fazit Anfang 2018 Maßnahmen zu deren Überwindung entwickeln soll. Diese Gegenmaßnahmen sollen im Während der deutschen G20-Präsidentschaft konn- Anschluss durch die G20-Mitglieder und die Inter- ten in allen Bereichen der G20-Agenda im Finanzbe- nationalen Organisationen umgesetzt werden. reich konkrete Ergebnisse erzielt werden. Das ist ein gutes Zeichen für den Zusammenhalt dieses wich- tigsten Forums internationaler Kooperation in Fi- Bekämpfung von Terrorismus nanz- und Wirtschaftsfragen in einem herausfor- finanzierung und Geldwäsche dernden internationalen politischen Umfeld. Die G20-Mitglieder haben gezeigt, dass sie zu vertrau- Die G20 zeigte sich erneut einig und entschlossen ensvoller und enger Zusammenarbeit auf allen Ebe- in ihrem Willen, sämtliche Quellen, Methoden und nen und zu allen wichtigen Themen bereit sind. Kanäle der Terrorismusfinanzierung und Geldwä- Angesichts der vielfältigen globalen Herausforde- sche zu bekämpfen. Beim Gipfel in Hamburg be- rungen im Bereich der Finanzpolitik und darüber tonten die G20-Staats- und -Regierungschefs die hinaus sind das BMF und die Deutsche Bundesbank zentrale Bedeutung einer konsequenten weltwei- froh und stolz, dass sie im Rahmen des deutschen ten Umsetzung der Standards der Financial Action G20-Vorsitzes ihren Beitrag zu dieser internationa- Task Force und unterstützten die FATF als zentra- len Kooperation im Finanzbereich leisten konnten. les Gremium für den internationalen Kampf ge- gen Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche aus- Am 1. Dezember 2017 wird Deutschland die drücklich in ihren Bemühungen zur Stärkung ihrer G20-Präsidentschaft an Argentinien übergeben. Schlagkraft. Die G20 rief alle FATF-Mitgliedstaa- Dabei wird Deutschland den reibungslosen Über- ten dazu auf, ausreichende Unterstützung und Res- gang aktiv mitgestalten und die argentinische G20- sourcen zur Erfüllung des FATF-Mandats sicherzu- Agenda im Geiste von Kontinuität und enger kolle- stellen. Zugleich begrüßte sie die im Juni 2017 vom gialer Zusammenarbeit unterstützen; das gilt auch FATF-Plenum vereinbarten Reformen zur Stärkung für den Finanzbereich. Gleiches wurde Deutsch- und internen Führung der FATF, einschließlich ih- land von chinesischer Seite beim Übergang von der rer Absicht, ihre Überführung in die Rechtsform ei- chinesischen zur deutschen Präsidentschaft zuteil. ner eigenständigen juristischen Person weiter aus- Denn Kontinuität und präsidentschaftsübergrei- zuloten. fende Agenden tragen erheblich dazu bei, die kom- plexen Herausforderungen der globalen Wirtschaft zu bewältigen. 19
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF November 2017 Ergebnisse der Steuerschätzung vom 7. bis 9. November 2017 ●● Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ erwartet für den gesamten Schätzzeitraum 2017 bis 2022 für Bund, Länder und Gemeinden eine kontinuierliche Zunahme des Steueraufkommens. ●● Die der Schätzung zugrunde gelegten Eckdaten zur aktuellen Herbstprojektion der Bundesre- gierung gehen von einer nun beschleunigten konjunkturellen Aufwärtsbewegung aus, die sich entsprechend im Ergebnis der Steuerschätzung widerspiegelt. ●● Gegenüber dem Ergebnis der Mai-Steuerschätzung 2017 werden für den Gesamtstaat begrenzte zusätzliche Steuereinnahmen erwartet. ●● Die erstmals in der Schätzung berücksichtigte Neuregelung des Finanzausgleichs führt zu einer Umverteilung in beträchtlicher Höhe zwischen Bund und Ländern ab dem Jahr 2020. Einleitung Vom 7. bis 9. November 2017 fand in Braunschweig auf Einladung des Niedersächsischen Finanzminis- Die erfreuliche wirtschaftliche Entwicklung in teriums die 152. Sitzung des Arbeitskreises „Steuer- Deutschland setzt sich fort. Die Herbstprojek- schätzungen“ statt. Geschätzt wurden die Steuer- tion der Bundesregierung, die der aktuellen Steu- einnahmen für die Jahre 2017 bis 2022. erschätzung zugrunde liegt, wurde gegenüber der Frühjahrsprojektion nach oben angepasst. We- sentliche Impulse kommen von einer nun kräfti- Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ ger erwarteten Dynamik der gesamtwirtschaftli- Die Steuerschätzung für Bund, Länder und chen Entwicklung. Der Aufschwung hat insgesamt Gemeinden wird in Deutschland durch den an Breite gewonnen. Die Inlandsnachfrage bleibt unabhängigen Arbeitskreis „Steuerschätzun- dabei eine tragende Säule des Wirtschaftswachs- gen“ erstellt. Dem seit 1955 bestehenden tums und der Beschäftigungsaufbau hat sich ver- Gremium gehören Experten der Bundes- stärkt. Löhne und Gewinne steigen kontinuierlich länder, von fünf führenden Wirtschafts- an. Dadurch können Bund, Länder und Gemeinden forschungsinstituten (DIW, Ifo, IfW, RWI, in den nächsten Jahren mit weiterhin steigenden IWH), des Sachverständigenrats, der Deut- Steuereinnahmen rechnen. sche Bundesbank, des Statistische Bundes- amts, des Deutsche Städtetags, des Bun- desministeriums für Wirtschaft und Energie und des BMF, welches den Vorsitz führt, an. In der Regel finden zwei Sitzungen im Jahr statt: im Mai und November. 20
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ergebnisse der Steuerschätzung vom 7. bis 9. November 2017 November 2017 Ergebnis der Steuerschätzung November 2017 Tabelle 1 Ist Schätzung 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Analysen und Berichte 1. Bund Mrd. € 289,0 308,6 315,8 329,1 335,3 348,4 360,7 Veränderung gegenüber Vorjahr (v. H.) 2,6 6,8 2,3 4,2 1,9 3,9 3,5 2. Länder Mrd. € 288,7 298,1 306,8 316,2 332,4 345,4 358,7 Veränderung gegenüber Vorjahr (v. H.) 7,7 3,3 2,9 3,1 5,1 3,9 3,8 3. Gemeinden Mrd. € 98,8 105,5 109,5 113,2 121,6 126,5 131,3 Veränderung gegenüber Vorjahr (v. H.) 6,5 6,7 3,8 3,3 7,4 4,0 3,8 4. EU Mrd. € 29,3 22,4 32,2 37,0 37,2 37,6 38,9 Veränderung gegenüber Vorjahr (v. H.) -5,4 -23,6 43,9 14,8 0,7 1,0 3,5 5. Steuereinnahmen insgesamt Mrd. € 705,8 734,5 764,3 795,4 826,5 857,9 889,6 Veränderung gegenüber Vorjahr (v. H.) 4,8 4,1 4,1 4,1 3,9 3,8 3,7 Quelle: Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ Entwicklung der Einnahmen gemeinschaftlichen Steuern (+5,8 %). Der Bund im Schätzzeitraum muss dagegen in diesem Jahr mit einem Rückgang bei den Bundessteuern rechnen (-4,2 %), was aber Die Schätzergebnisse sind der Tabelle 1 zu ent- gänzlich auf die geleisteten Erstattungen der Kern- nehmen.1 Danach werden die Steuereinnahmen brennstoffsteuer zurückzuführen ist. Das Aufkom- insgesamt im Jahr 2017 gegenüber dem Ist-Er- men der Ländersteuern wird nach den kräftigen gebnis 2016 um 28,7 Mrd. € (+4,1 %) ansteigen. Al- Anstiegen in den beiden Vorjahren in diesem Jahr lerdings verteilt sich der Zuwachs ungleich auf die voraussichtlich um 0,3 % zurückgehen. Bei den Ge- Gebietskörperschaften: Die Steuereinnahmen des meindesteuern ergibt sich im Jahr 2017 ein kräfti- Bundes weisen voraussichtlich ein Plus von 6,8 % ger Einnahmeanstieg von 5,4 %. auf. Der Anstieg der Einnahmen der Länder hinge- gen fällt mit 3,3 % wesentlich niedriger aus. Auch Im weiteren Verlauf des Schätzzeitraums rechnet die Gemeinden werden in diesem Jahr voraus- der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ – basierend sichtlich mit einem Aufkommenszuwachs in Höhe auf den gesamtwirtschaftlichen Vorgaben – mit von 6,7 % rechnen können. einem kontinuierlichen Anstieg des Steuerauf- kommens insgesamt. Ausgehend vom letzten Ist- Alle Gebietskörperschaften profitieren von ei- Jahr 2016 wird bis zum Jahr 2022 ein Zuwachs der nem weiteren Zuwachs der Einnahmen aus den Steuereinnahmen um 26,0 % erwartet. Die größte Dynamik der Aufkommensentwicklung weisen die gemeinschaftlichen Steuern auf, die bis 2022 um 1 Hinsichtlich der Ergebnisse für die Einzelsteuern wird auf die online veröffentlichten Ergebnistabellen verwiesen: http:// rund 31,4 % gegenüber 2016 ansteigen werden. www.bundesfinanzministerium.de/mb/20171121 21
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